Energierecht: Neuregelung der Einspeisevergütung ist verfassungsgemäß

published on 02/12/2013 09:36
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Zur Vergütung von Strom aus mehreren Biosmasseanlagen.
Das BVerfG hat mit dem Beschluss vom 18.02.2009 (Az: 1 BvR 3076/08) folgendes entschieden:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.


Gründe:

Die Beschwerdeführerinnen wenden sich mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und der damit verbundenen Rechtssatzverfassungsbeschwerde unmittelbar gegen § 19 Abs. 1 des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz 2009 - EEG 2009) vom 25. Oktober 2008 (BGBl I S. 2074), soweit vor dem 1. Januar 2009 in Betrieb genommene Biomasseanlagen von dieser Bestimmung erfasst werden.

Seit Inkrafttreten des Gesetzes über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz (Stromeinspeisungsgesetz; BGBl 1990 I S. 2633) am 1. Januar 1991 sind Elektrizitätsversorgungsunternehmen verpflichtet, aus Erneuerbaren Energien erzeugten Strom abzunehmen und nach Maßgabe gesetzlicher Mindestsätze zu vergüten.

Das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz 2000 - EEG 2000) vom 29. März 2000 (BGBl I S. 305), das das Stromeinspeisungsgesetz zum 1. April 2000 ersetzte, und dessen am 1. August 2004 in Kraft getretene Neuregelung (Erneuerbare-Energien-Gesetz 2004 - EEG 2004) vom 21. Juli 2004 (BGBl I S. 1918) behielten das Fördersystem des Stromeinspeisungsgesetzes in Gestalt gesetzlicher Abnahme- und Mindestvergütungspflichten der Netzbetreiber und Letztversorger im Grundsatz bei.

Gemäß § 4 Abs. 1 EEG 2004 waren Betreiber von Netzen für die allgemeine Versorgung mit Elektrizität (vgl. § 3 Abs. 7 EEG 2004) verpflichtet, Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien unverzüglich vorrangig an ihr Netz anzuschließen und den gesamten aus diesen Anlagen angebotenen Strom aus Erneuerbaren Energien vorrangig abzunehmen und zu übertragen. § 4 Abs. 6 EEG 2004 verpflichtete den vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber zur vorrangigen Abnahme und Übertragung der von dem Netzbetreiber nach Absatz 1 oder Absatz 5 aufgenommenen Energiemenge.

§ 5 Abs. 1 und 2 EEG 2004 normierte die Vergütungspflicht der Netzbetreiber und der vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber für ausschließlich aus Erneuerbaren Energien erzeugten Strom. Inhaber des Vergütungsanspruchs war der Anlagenbetreiber im Sinne von § 3 Abs. 3 EEG 2004. Den Begriff der Anlage definierte § 3 Abs. 2 EEG 2004. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 EEG 2004 war eine Anlage jede selbständige technische Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien oder aus Grubengas. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 EEG 2004 galten mehrere Anlagen zur Erzeugung von Strom aus gleichartigen Erneuerbaren Energien oder aus Grubengas, die im Geltungsbereich des Gesetzes errichtet und mit gemeinsamen für den Betrieb technisch erforderlichen Einrichtungen oder baulichen Anlagen unmittelbar verbunden waren, als eine Anlage, sofern sich nicht aus den §§ 6 bis 12 EEG 2004 etwas anderes ergab. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 EEG 2004 galten insbesondere Wechselrichter, Wege, Netzanschlüsse, Mess-, Verwaltungs- und Überwachungseinrichtungen als nicht für den Betrieb technisch erforderlich.

Die Höhe der Vergütung für Strom aus Biomasse ergab sich aus § 8 EEG 2004. Sie setzte sich zusammen aus der Grundvergütung nach Absatz 1 und den Boni nach den Absätzen 2 bis 4. Die Höhe der Grundvergütung und des Bonus nach Absatz 2 war nach Leistungsklassen gestaffelt, wobei die Bonuszahlungen nach den Absätzen 2 und 4 nur für die unteren Leistungsklassen bis einschließlich einer Leistung von fünf Megawatt vorgesehen waren. Durch die Gewährung einer höheren Vergütung pro eingespeister Kilowattstunde für kleinere Anlagen sollte ausweislich der Gesetzesbegründung zu der ähnlich gestalteten Vorgängerregelung des § 5 Abs. 1 EEG 2000 den höheren Stromgestehungskosten kleinerer dezentraler Anlagen Rechnung getragen werden (vgl. BTDrucks 14/2776, S. 22 f.).

Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 EEG 2004 bestimmte sich die Höhe der Vergütung jeweils anteilig nach der Leistung der Anlage im Verhältnis zu dem jeweils anzuwendenden Schwellenwert (so genannte gleitende Vergütung).

Die nach den vorstehenden Grundsätzen zu berechnenden Mindestvergütungen waren gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 EEG 2004 vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Anlage an jeweils für die Dauer von 20 Kalenderjahren zuzüglich des Inbetriebnahmejahres zu bezahlen. Für Wasserkraftanlagen traf § 12 Abs. 3 Satz 2 EEG 2004 eine Sonderregelung. Durch die Befristung sollte einerseits eine dauerhafte gesetzliche Garantie der Mindestvergütung verhindert werden, andererseits diente die Regelung der Investitions- und Planungssicherheit (vgl. BTDrucks 15/2864, S. 46).

§ 14 EEG 2004 enthielt eine bundesweite Ausgleichsregelung. Gemäß § 14 Abs. 1 und 2 EEG 2004 hatten die Übertragungsnetzbetreiber die abgenommenen Strommengen und die hierfür gezahlten Vergütungen untereinander auszugleichen (vgl. BTDrucks 15/2864, S. 48). Auf der in § 14 Abs. 3 EEG 2004 geregelten nächsten Stufe des Ausgleichs wurden die von den Übertragungsnetzbetreibern aufgenommenen Strommengen in der Weise weiterverteilt, dass im Ergebnis alle Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die Strom liefern, zu prozentual gleichen Anteilen zur Stromabnahme und Vergütung verpflichtet waren (vgl. BTDrucks 15/2864, S. 48). Die Abwälzung der durch die Vergütungspflicht nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz 2004 im Vergleich zu den durchschnittlichen Strombezugskosten verursachten Mehrkosten („Differenzkosten“) durch die Letztversorger auf die Letztverbraucher war nach herrschender Meinung im Gesetz nicht geregelt, wurde vom Gesetzgeber aber vorausgesetzt (vgl. BTDrucks 15/2864, S. 49) und von den Elektrizitätsversorgungsunternehmen durch entsprechende vertragliche Gestaltungen in Form der so genannten EEG-Umlage auch praktiziert (vgl. EEG-Erfahrungsbericht 2007 des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, S. 39).

§ 19a Abs. 1 EEG 2004 in der Fassung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 7. November 2006 (BGBl I S. 2550) übertrug der Bundesnetzagentur die Aufgabe, die Einhaltung der Verpflichtungen der Netzbetreiber und Elektrizitätsversorgungsunternehmen nach § 5 Abs. 2 und § 14 EEG 2004 zu überwachen. Die Aufgabenzuweisung umfasste jedoch nicht die Frage der Berechtigung des von dem Anlagenbetreiber geltend gemachten Vergütungsanspruchs, da der Gesetzgeber insoweit ausweislich der Gesetzesbegründung die zivilrechtlichen und zivilprozessualen Möglichkeiten für ausreichend erachtete (vgl. BTDrucks 16/2455, S. 11). Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme zu dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ausgeführt, nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz 2004 habe keine Möglichkeit bestanden, von staatlicher Seite rechtswidrige oder rechtsmissbräuchliche Umgehungen der Vorgaben des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2004 zu Lasten der Allgemeinheit zu verhindern.

Am 6. Juni 2008 beschloss der Bundestag das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2009 (BGBl I S. 2074), das am 1. Januar 2009 in Kraft trat.

Die - im Wesentlichen unverändert gebliebenen - Pflichten der (Verteil-)Netzbetreiber und Übertragungsnetzbetreiber ergeben sich nunmehr aus § 5 (Anschluss), § 8 (Abnahme, Übertragung, Verteilung) und § 16 beziehungsweise § 35 (Vergütung) EEG 2009. Die Vergütung von Strom aus Biomasse ist in § 27 in Verbindung mit § 18 EEG 2009 geregelt. Die Vorschriften entsprechen unter Aufrechterhaltung insbesondere des Systems der gestaffelten Vergütungssätze im Grundsatz weitgehend den Regelungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2004.

§ 3 Nr. 1 EEG 2009 definiert den Begriff der Anlage. „Anlage“ im Sinne des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2009 ist danach jede Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien oder aus Grubengas. Als Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien oder aus Grubengas gelten auch solche Einrichtungen, die zwischengespeicherte Energie, die ausschließlich aus Erneuerbaren Energien oder aus Grubengas stammt, aufnehmen oder in elektrische Energie umwandeln. In der Gesetzesbegründung wird dazu ausgeführt, die in der Vorgängerregelung des § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 enthaltene Regelung zur Behandlung mehrerer Anlagen finde sich in § 3 Nr. 1 EEG 2009 nicht wieder. Diese Norm habe dazu gedient, die dem Gesetzeszweck widersprechende Umgehung der für die Vergütungshöhe geltenden Leistungsschwellen durch Aufteilung in kleinere Einheiten zu verhindern. Nunmehr werde diese Frage im Rahmen der Allgemeinen Vergütungsvorschriften - ohne inhaltliche Änderung - in § 19 EEG 2009 klargestellt (vgl. BTDrucks 16/8148, S. 38).

§ 19 EEG 2009, der die Vergütung für Strom aus mehreren Anlagen regelt, lautet:

Mehrere Anlagen gelten unabhängig von den Eigentumsverhältnissen und ausschließlich zum Zweck der Ermittlung der Vergütung für den jeweils zuletzt in Betrieb gesetzten Generator als eine Anlage, wenn sie sich auf demselben Grundstück oder sonst in unmittelbarer räumlicher Nähe befinden, sie Strom aus gleichartigen Erneuerbaren Energien erzeugen,  der in ihnen erzeugte Strom nach den Regelungen dieses Gesetzes in Abhängigkeit von der Leistung der Anlage vergütet wird und sie innerhalb von zwölf aufeinanderfolgenden Kalendermonaten in Betrieb gesetzt worden sind.

Anlagenbetreiberinnen und -betreiber können Strom aus mehreren Generatoren, die gleichartige Erneuerbare Energien einsetzen, über eine gemeinsame Messeinrichtung abrechnen. In diesem Fall ist für die Berechnung der Vergütungen vorbehaltlich des Absatzes 1 die Leistung jeder einzelnen Anlage maßgeblich.

In der Gesetzesbegründung (vgl. BTDrucks 16/8148, S. 50) wird hierzu ausgeführt, die Vorschrift sei inhaltlich mit der bisherigen Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 identisch. Das so genannte Anlagensplitting sei schon nach dem bislang geltenden Erneuerbare-Energien-Gesetz rechtswidrig gewesen. Da durch das Anlagensplitting volkswirtschaftlich unsinnige Kosten hervorgerufen würden, die im Ergebnis von den Stromverbrauchern zu tragen wären, habe der Gesetzgeber in § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 klargestellt, dass mehrere Anlagen zur Erzeugung von Strom aus gleichartigen Erneuerbaren Energien, die mit gemeinsamen für den Betrieb technisch erforderlichen Einrichtungen oder baulichen Anlagen unmittelbar verbunden seien, grundsätzlich als eine Anlage gälten. Es sei aber auch dann von einer rechtsmissbräuchlichen und damit rechtswidrigen Umgehung der Leistungsklassen auszugehen, wenn zwar keine gemeinsamen für den Betrieb erforderlichen Einrichtungen vorlägen oder die Module nicht mit baulichen Anlagen unmittelbar verbunden seien, aber ein vernünftiger Anlagenbetreiber, der die gesamtwirtschaftlichen Folgekosten bedenke, statt vieler kleiner Module mehrere größere Module oder eine einzige Anlage errichtet hätte. Die Regelung des § 19 Abs. 1 EEG 2009 stelle dies nun ausdrücklich klar.

§ 66 Abs. 1 EEG 2009 enthält eine Übergangsvorschrift, die etliche Vergütungsvorschriften sowie einige andere Regelungen, nicht aber § 19 Abs. 1 EEG 2009 von einer Geltung für Anlagen ausnimmt, die bereits vor Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2009 in Betrieb genommen worden sind. In § 66 Abs. 1 EEG 2009 nicht ausdrücklich genannte Regelungen finden ausweislich der Gesetzesbegründung auch auf bereits bestehende Anlagen Anwendung (vgl. BTDrucks 16/8148, S. 76). Der Vorschlag des Bundesrates in seiner Stellungnahme vom 15. Februar 2008 zu dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung, aus Gründen des Vertrauens- und Bestandsschutzes auch § 19 Abs. 1 EEG 2009 in die Übergangsregelung des § 66 Abs. 1 EEG 2009 aufzunehmen (vgl. BRDrucks 10/08, S. 19 f.), wurde nicht aufgegriffen.

Der bundesweite Ausgleich ist in §§ 34 ff. EEG 2009 geregelt, die Überwachungsaufgaben der Bundesnetzagentur ergeben sich aus §§ 61 ff. EEG 2009. Die Regelungen entsprechen inhaltlich im Wesentlichen den bislang geltenden Regelungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2004.

Am 28. November 2008 beschloss der Bundesrat einen Gesetzesentwurf, der die Aufnahme von § 19 Abs. 1 EEG 2009 in die Übergangsregelung des § 66 Abs. 1 EEG 2009 vorsieht (BRDrucks 824/08
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