Ehegattenunterhalt: Schon vor Ablauf des Trennungsjahres kann eine Erwerbspflicht bestehen
Die Erwerbspflicht betrifft insbesondere den Fall, dass der Ehegatte während des ehelichen Zusammenlebens (weitgehend) erwerbstätig war, also keine klassische Haushaltsführungsehe vorlag. Dann kann er bereits mit der Trennung verpflichtet sein, eine Tätigkeit aufzunehmen oder seine Erwerbsbemühungen fortzusetzen. Das gilt auch, wenn er zum Zeitpunkt der Trennung erwerbslos war.
Quelle: OLG Koblenz, Beschluss vom 10.2.2016, (Az.: 7 WF 120/16).
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Annotations
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Andernach vom 30.11.2015 wird zurückgewiesen.
Gründe
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Die zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
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Das Amtsgericht hat Trennungsunterhalt ohne Berücksichtigung eines eigenen Einkommens der Antragstellerin für insgesamt sechs Monate für gerechtfertigt erachtet und danach laufenden monatlichen Trennungsunterhalt, wie er sich unter Berücksichtigung eines fiktiven Einkommens der Antragstellerin in Höhe des zuletzt erzielten bereinigten Nettoeinkommens ergibt.
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Das bereinigte Einkommen des Antragsgegners ist nicht zu Lasten der Antragstellerin zu niedrig angesetzt worden. …
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Zu Recht hat das Amtsgericht eine Erwerbsverpflichtung bereits vor Ablauf des Trennungsjahres, gut sechs Monate nach der Trennung, angenommen.
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Gemäß § 1361 Abs. 2 BGB kann zwar der nicht erwerbstätige Ehegatte nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit und unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann.
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Es kann also nicht davon ausgegangen werden, dass grundsätzlich während des ersten Trennungsjahres eine Erwerbstätigkeit nicht aufgenommen werden muss. Das ist zwar in der Regel der Fall, aber nicht immer und nicht im vorliegenden Fall.
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Die Antragstellerin hat, nachdem sie mit dem Antragsgegner zusammen gezogen ist, eine Erwerbstätigkeit bei einer Steuerberatungsfirma aufgenommen - sie ist Dipl.-Betriebswirtin mit Schwerpunkt „Steuerrecht“ - hat diese Stelle allerdings mit Ablauf der Probezeit verloren.
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Danach hat sie zwar beim Arbeitsamt vorgesprochen, sich aber nicht arbeitslos gemeldet und sich in der Folge - auch nach Angaben des Antragsgegners - verschiedentlich beworben. Es ist also davon auszugehen, dass sie wieder einer Erwerbstätigkeit nachgehen wollte, sich also dem angeblichen (bestrittenen) Wunsch des Antragsgegners nicht gebeugt hat, im Hinblick auf die angestrebte Kindererziehung zu Hause zu bleiben, so dass die Trennung für ihr Erwerbsleben keinen Einschnitt bedeutete und sie ohne weiteres ihre Bemühungen um Arbeit umgehend fortsetzen konnte und musste. In der Zeit seit der Trennung im April 2015 bis November 2015 hat sie überhaupt nur drei Bewerbungen (darunter als Werkstudentin und Fallmanagerin (?)) und eine Absage vorgelegt.
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Das sind völlig unzureichende Bemühungen, für ihren Unterhalt selbst zu sorgen. Aus der Bewerbung an die Firma E. vom 12.10.2015 geht zudem hervor, dass sie zum Wintersemester 2015 ein zweites Studium - Jura - begonnen habe, um ihre Kenntnisse in Steuern und Recht vertiefen.
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Diese Zweitausbildung muss der Antragsgegner nicht finanzieren.
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Ein ernsthaftes Bemühen um eine Erwerbstätigkeit ist nicht ersichtlich.
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Es ist auch anzunehmen oder jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass die Antragstellerin binnen sechs Monaten hätte eine Arbeit finden können.
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Auch aus der Dauer der Ehe bis zur Trennung ergibt sich nichts anderes. Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn der Ehe ist der Zeitpunkt der standesamtlichen Trauung. Aus Art. 13 Abs. 3 EGBGB ergibt sich, dass eine in Deutschland geschlossene Ehe nach deutschem Recht zu erfolgen hat. Im Übrigen ist eine nur vor dem Imam geschlossene Ehe auch in der Türkei nicht wirksam.
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