Anwaltshaftung: Anwaltliche Beratungspflichten beim Abfindungsvergleich

published on 23/12/2011 13:04
Anwaltshaftung: Anwaltliche Beratungspflichten beim Abfindungsvergleich
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Author’s summary by Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

besondere Beratungspflichten bei dem Abschluss eines Vergleichs über Risikoabschätzungen - Abwägung von Vor- und Nachteilen - BGH vom 08.11.01 - Az: IX ZR 64/01
Der BGH  hat mit dem Urteil vom 08.11.01 (Az: IX ZR 64/01) folgendes entschieden:

Zu den Pflichten eines Anwalts, der den Mandanten beim Abschluss eines Abfindungsvergleichs berät.

Leistungen des Sozialhilfeträgers wegen unfallbedingt vermehrter Bedürfnisse sind dem Anspruch des Empfängers auf Ersatz seines Erwerbsschadens nicht kongruent.


Tatbestand:

Die Kl. nimmt die Bekl. - in einer Sozietät verbundene Rechtsanwälte - wegen Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrags auf Schadensersatz in Anspruch. Am 26. 9. 1992 erlitt die damals 25-jährige, verheiratete Kl. aus dem alleinigen Verschulden des bei der Versicherung AG (i. F. nur noch: Versicherung) haftpflichtversicherten Unfallgegners einen Verkehrsunfall. Seit dem 1. 9. 1992 lebte sie von ihrem Ehemann getrennt; ihr am 6. 12. 1990 geborener schwer behinderter Sohn, der nicht von dem Ehemann abstammt, wurde in einer Pflegestelle betreut. Die Kl. ging keiner Erwerbstätigkeit nach und bezog - allerdings erst seit kurzem - Sozialhilfe. Ob die Kl. vor dem Unfall jemals einen selbstständigen Haushalt geführt hatte, ist streitig. Bei dem Unfall wurde die Kl. schwer verletzt. Sie sitzt seither im Rollstuhl. Im Schwerbehindertenausweis ist der Grad ihrer Behinderung seit dem 29. 10. 1997 mit 100% angegeben. Sie bezieht weiterhin Sozialhilfe (mit einem 20%igen Aufschlag zum Regelsatz) und außerdem Pflegegeld gem. § 69aII BSHG. Nach dem Unfall nahmen die Kl. und ihr Ehemann die eheliche Gemeinschaft wieder auf. Den - nach dem Vortrag der Kl. seit 20. 8. 1993 (wieder) bestehenden - gemeinsamen Haushalt führt der nicht mehr berufstätige Ehemann, der zudem die Kl. und deren Sohn versorgt. Anfang 1995 beauftragte die Kl. die Bekl. mit der Geltendmachung von Schadensersatz und Schmerzensgeld gegenüber der Versicherung. Diese zahlte auf Grund von Verhandlungen mit dem sachbearbeitenden Bekl. zu 2 als Vorschuss auf das Schmerzensgeld bis Dezember 1995 insgesamt 50000 DM. Anschließend bemühte sich der Bekl. zu 2 um eine abschließende Regulierung. Mit Schreiben vom 26. 11. 1996 bat er die Kl., sie möge, nachdem ihr inzwischen eine restliche Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 46000 DM zugegangen sei, die anliegende Abfindungserklärung unterzeichnen. Mit ihrer am 4. 12. 1996 geleisteten Unterschrift erklärte sich die Kl. wegen aller Ersatzansprüche aus dem Schadensereignis vom 26. 9. 1992 gegen Zahlung eines Abfindungsbetrags von 96000 DM abzüglich bereits bezahlter 50000 DM endgültig und vorbehaltlos (ausgenommen weitere immaterielle Ansprüche für den Fall, dass der Kl. unfallbedingt das linke Bein abgenommen werden müsste) für abgefunden. Die Kl. wirft den Bekl. vor, sie hätten sie nicht darüber aufgeklärt, dass sie, wenn sie die Abfindungserklärung abgebe, auf Ansprüche wegen des materiellen Schadens verzichte. Eines solchen Hinweises hätte es um so mehr bedurft, als die Positionen Haushaltsführungs- und Kinderbetreuungskosten für sie überragende Bedeutung hätten. Die Bekl. hätten ihr den Abschluss des Abfindungsvergleichs überhaupt nicht vorschlagen dürfen, weil er für sie handgreiflich ungünstig gewesen sei.

Die auf Zahlung eines Betrags von 112451,95 DM sowie einer monatlichen Rente gerichtete Klage haben die Vorinstanzen abgewiesen. Die Revision hatte Erfolg und führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.


Entscheidungsgründe:

Das BerGer. hat sein Urteil wie folgt begründet:

Es spreche zwar einiges dafür, dass die Bekl. die Kl. nicht hinreichend über die Tragweite der Abfindungsvereinbarung belehrt hätten. Letztlich könne dies aber dahinstehen. Denn der geltend gemachte Regressanspruch scheitere jedenfalls an dem fehlenden Nachweis, dass die Kl. bei richtiger und vollständiger Aufklärung die Abfindungserklärung nicht unterschrieben hätte. Es sei auch nicht dargetan, dass die Versicherung den Schmerzensgeldanspruch im November 1996 reguliert hätte, wenn Ansprüche wegen des materiellen Schadens offen geblieben wären.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Die Bekl. haben ihre anwaltlichen Pflichten schuldhaft verletzt.

Die Kl. ist pflichtwidrig nicht darüber aufgeklärt worden, dass sie nach dem Wortlaut des Abfindungsvergleichs keine Ansprüche wegen eines materiellen Schadens mehr geltend machen kann.

Da der Mandant eigenverantwortlich zu entscheiden hat, wie er seine Interessen in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zur Geltung bringt, ist es auch seine Sache, darüber zu befinden, ob und mit welchem Inhalt er einen Rechtsstreit durch Vergleich beendet. Will der Prozessbevollmächtigte einen solchen abschließen, hat er sich deshalb grundsätzlich der vorherigen Zustimmung der Partei zu versichern. Zuvor muss er diese darüber informieren, mit welchem Inhalt er den Vergleich abzuschließen gedenkt, und sie über die Vor- und Nachteile ins Bild setzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Rechtsanwalt Anhaltspunkte dafür hat, dass der Mandant sich mehr davon verspricht. Selbst wenn der Rechtsanwalt der Meinung ist, das von ihm ausgehandelte Ergebnis sei schon das Äußerste, was bei der Gegenseite zu erreichen sei, entbindet ihn das nicht von seiner Aufklärungspflicht. Für einen Abfindungsvergleich gilt das in besonderem Maße.

Das BerGer. hat es letztlich zwar offen gelassen, ob die Bekl. dieser Aufklärungspflicht gerecht geworden sind. Nach seinen - durchaus erschöpfenden - tatsächlichen Feststellungen ist die Frage jedoch zu verneinen.

Danach haben die Bekl. zunächst die Erwartungshaltung der Kl. durch ein Schreiben vom 1. 12. 1995 geprägt. Darin teilten sie mit, dass die Versicherung dem Grunde nach Haushaltsführungs- sowie Kinderbetreuungskosten anerkenne, dass also eines „hoffentlich nicht mehr allzufernen Tages ein Gesamtkapitalbetrag für die Gesamtkosten ausgeschüttet … (wird), die bis zum 16. Lebensjahr Ihres Sohnes auflaufen werden”. Dass die Kl. angenommen hat, auf die Positionen Haushaltsführung und Kinderbetreuung werde ein größerer Betrag gezahlt, geht aus ihrem Schreiben vom 2. 4. 1996 hervor. Darin bat sie den Bekl. zu 2, eben dies mit der Versicherung zu klären. Mit Schreiben vom 6. 11. 1996 teilten die Bekl. der Kl. unter anderem mit: „Auf Grund Ihrer persönlichen Situation ist es zunächst einmal sinnvoll, jetzt im Zusammenhang mit den Unfallfolgen nur die Schmerzensgeldfrage zu regeln”. Dies ließ es möglich erscheinen, dass der materielle Schaden später geregelt werden sollte. Zwar fuhren die Bekl. in dem Schreiben fort: „Ansprüche auf Verdienstausfall oder andere stehen offensichtlich nicht im Raum. Sie waren bereits bei Eintritt des Unfalls Sozialhilfeempfängerin, Sie sind dies bis zum heutigen Tage”. Schon das BerGer. hat es aber als „zumindest fraglich” bezeichnet, ob die einfach strukturierte Kl. die Bedeutung dieses Satzes verstanden hat. Davon kann in der Tat nicht ausgegangen werden, weil ein rechtlicher Laie Haushaltsführungs- und Kinderbetreuungskosten nicht als Verdienstausfall qualifiziert. Die erforderliche Aufklärung hat auch nicht das Schreiben der Bekl. vom 26. 11. 1996 gebracht, in dem nur das Schmerzensgeld angesprochen wurde: „… nachdem Ihnen die restliche Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 46000 DM zugegangen ist …”. Das Aufklärungsdefizit wird schließlich auch dadurch belegt, dass die Bekl. selbst keine zutreffenden Vorstellungen über die Rechtslage hatten.

Dass sie an der Pflichtverletzung kein Verschulden trifft, haben die darlegungs- und beweispflichtigen Bekl. nicht dargetan.

Nach dem Vortrag der Kl., mit dem sich das BerGer. nicht befasst hat, kommt als weitere schuldhafte Pflichtverletzung in Betracht, dass die Bekl. der Kl. überhaupt den Abschluss des Abfindungsvergleichs vorgeschlagen haben. Dieser war für die Kl. insofern nachteilig, als sie sich darin - zumindest dem Wortlaut nach - wegen ihrer Ansprüche auf Ersatz materiellen Schadens für abgefunden erklärte, ohne dass ihr eine entsprechende Leistung zufloss.

Auf der Grundlage des für die Revisionsinstanz zu unterstellenden Sachverhalts hatte die Kl. einen Anspruch auf Schadensersatz für den Wegfall ihrer Arbeitskraft als Hausfrau und Mutter, durch deren Einsatz sie gem. § 1360 S. 2 BGB ihre Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind und - nach Beendigung des Getrenntlebens - dem Ehegatten hätte erfüllen können. Insoweit stellte sich die Einschränkung der Fähigkeit, Hausarbeiten zu verrichten, als Erwerbsschaden i.S. von § 843I Alt. 1 BGB dar. Allerdings begründet der bloße Ausfall der Arbeitskraft noch keinen Vermögensschaden, ebenso wenig die abstrakte Minderung der Erwerbsfähigkeit. Erforderlich ist vielmehr ein konkreter Ausfall an Arbeitsleistung oder Verdienst. Daran fehlt es aber nicht schon deshalb, weil die Kl. im Zeitpunkt des Unfalls keinen eigenen Haushalt unterhielt und das Kind in einer Pflegestelle betreut wurde. Etwas anderes hätte zwar zu gelten, wenn die Kl. auch schon vor dem Unfall nie in der Lage gewesen wäre, einen eigenen Haushalt zu führen und ein Kind zu versorgen, und dies demgemäß auch nie getan hätte. Das haben die Bekl. - unter Berufung auf „chronischen Alkoholabusus” der Kl. - in der Tat behauptet. Indes hat die Kl. das Gegenteil vorgetragen und dafür Beweis angetreten. Dieser Beweis ist - wie die Revision mit Recht rügt - nicht erhoben worden. Es ist deshalb zu unterstellen, dass die Kl. vor dem Unfall - wenn auch nicht im Unfallzeitpunkt - einen eigenen Haushalt hatte und ohne den Unfall mit Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen gewesen wäre (§ 252 S. 2 BGB), dass sie irgendwann wieder einen solchen haben würde. Das genügt für die Annahme eines konkreten Erwerbsschadens.

Der Schaden entfiel nicht dadurch, dass der unterhaltsberechtigte Ehemann nach Beendigung des Getrenntlebens den Ausfall der „Hausfrau” ausglich, indem er deren Rolle selbst mit übernahm. Dies folgt aus dem allgemeinen Rechtsgedanken, wonach ein Schadensersatzanspruch nicht dadurch geschmälert oder ausgeschlossen wird, dass der Vermögensnachteil durch freiwillige Leistung eines Dritten ausgeglichen wird.

Der Anspruch auf Ersatz des Erwerbsschadens war nicht auf den Sozialhilfeträger übergegangen und konnte auch nie auf diesen übergehen. Wegen des Erwerbsschadens hatte der Sozialhilfeträger keine Leistungen erbracht, und etwas Derartiges war auch in Zukunft nicht zu erwarten. Die Bekl. beziehen sich in diesem Zusammenhang vergeblich auf den 20%igen Aufschlag zum Regelsatz der Hilfe zum Lebensunterhalt (monatlich 86,40 DM) und das in wechselnder Höhe gewährte Pflegegeld gem. § 69aII BSHG. Diese Leistungen des Sozialhilfeträgers waren dem Anspruch der Kl. auf Ersatz ihres Erwerbsschadens nicht kongruent. Der 20%ige Aufschlag soll vermehrte Bedürfnisse zum Lebensunterhalt der Kl. selbst abdecken und hat mit ihrem Beitrag zum Familienunterhalt nichts zu tun. Ähnlich verhält es sich mit dem Pflegegeld. Nach § 69aI BSHG erhalten Pflegebedürftige, die bei der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität für mehrere Verrichtungen mindestens einmal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen, ein Pflegegeld; dieses wird gem. § 69aII BSHG auf das Doppelte angehoben, wenn die Notwendigkeit der Hilfe bei den Verrichtungen zur Körperpflege, Ernährung und Mobilität mindestens dreimal täglich besteht. Dabei geht es immer um Hilfen für den Pflegebedürftigen selbst, nicht um einen Ersatz für Leistungen, die er ohne seine Behinderung Dritten erbracht hätte.

Der Anspruch auf den Erwerbsschaden ist durch den - nach seinem Wortlaut umfassend angelegten - Abfindungsvergleich ausgeschlossen. Da die Kl. die Versicherung insoweit aus eigenem Recht und nicht nur auf Grund einer Einziehungsbefugnis in Anspruch nehmen konnte, stellt sich die Frage nicht, ob sich die Versicherung gegenüber dem Sozialhilfeträger auf den Abfindungsvergleich hätte berufen können.

Die im Vorstehenden beschriebene Rechtslage haben die Bekl., als sie der Kl. den Abschluss des Abfindungsvergleichs empfahlen, verkannt. Sie haben damals gemeint, es gebe - abgesehen vom Schmerzensgeld - keine Ansprüche der Kl., die nicht auf den Sozialhilfeträger übergegangen seien; mit den übergegangenen Ansprüchen habe die Kl. nichts zu tun. Diese Vorstellungen der Bekl. kommen in ihrem oben (1a bb) bereits wiedergegebenen Schreiben an die Kl. vom 6. 11. 1996 zum Ausdruck. An diesem Irrtum haben die Bekl. auch später festgehalten.

Dies ergibt sich zum einen aus ihrem Schreiben an die Kl. vom 16. 3. 1998, in dem sie ausführen: „Die Vereinbarung, die wir seinerzeit mit der … (Versicherung) getroffen haben, betrifft eindeutig nur solche Ansprüche, über die Sie selbst zum damaligen Zeitpunkt überhaupt noch verfügen konnten. Nicht beinhaltet sind damit alle Ansprüche, die zum damaligen Zeitpunkt bereits auf eine der vorgenannten Stellen im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs übergegangen waren. Ich verweise hierzu auf die Bestimmung des § 116 SGB X. Es ist grundsätzlich nicht Ihre und auch nicht unsere Sache, sich in den Regressstreit zwischen den vorgenannten Stellen und der … Versicherung einzumengen. Die Ansprüche stehen Ihnen insoweit nicht mehr zu. Es handelt sich dabei vor allem um die Dinge, deren Fehlen Sie heute aufs Schärfste monieren”, sowie - nach Geltendmachung des Regressanspruchs - aus dem Schreiben der Bekl. an die Kl. vom 27. 4. 1998: „Es wurde nicht übersehen, dass die Abfindungserklärung nur Schmerzensgeldansprüche betrifft. Zum Zeitpunkt der Abfindungserklärung war klar, dass außer dem immateriellen Schmerzensgeldanspruch sonstige materielle Schadensersatzansprüche der Frau … (Kl.) wegen der Bestimmung des § 116 SGB X mit der … (Versicherung) nicht zu regulieren sind, da diese Ansprüche auf Grund der vorgenannten Rechtsvorschrift zumindest zum Zeitpunkt der Abfindungserklärung samt und sonders auf die beteiligten Sozialhilfe- und Versorgungsträger übergegangen waren. Über diese Ansprüche hat Frau … (Kl.) auch nicht verfügt, was zwischen ihr und der … (Versicherung) klar war”. In dieselbe Richtung zielt der Prozessvortrag der Bekl.: „Damit wäre ein eventueller Erwerbs- und Fortkommensschadensersatzanspruch des den Haushalt führenden Ehepartners und Lebensgefährten gem. § 116 SGB X bereits mit dem Unfallereignis auf die jeweils beteiligten Träger der Sozialhilfe übergegangen”.

Selbst wenn die Bekl. im Ausgangspunkt Recht gehabt hätten - Ansprüche wegen Haushaltsführung und Kinderbetreuung also auf den Sozialhilfeträger übergegangen gewesen wären oder noch hätten übergehen können -, wäre die Ansicht verfehlt gewesen, die Kl. könne solche Ansprüche nicht geltend machen. Im Hinblick auf den Nachrang der Sozialhilfe und das Zusammenspiel des § 116 SGB X mit § 2 BSHG ist der Geschädigte sogar nach dem Rechtsübergang auf den Sozialhilfeträger - der nicht stets bereits mit dem Unfallereignis stattfindet - ermächtigt, zur Vermeidung der Hilfsbedürftigkeit die Ersatzleistung im eigenen Namen vom Schädiger einzufordern. Tatsächlich stand hier - wie bereits ausgeführt - in Bezug auf den Erwerbsschaden der Kl. ein Übergang auf den Sozialhilfeträger nicht in Rede.

Der Rechtsirrtum der Bekl. war schon deshalb schuldhaft, weil sie die anstehenden Rechtsfragen weder eigenverantwortlich noch gar mit der gebührenden Sorgfalt geprüft haben. Sie haben sich vielmehr insoweit auf die gegnerische Haftpflichtversicherung verlassen. Das ergibt sich aus dem von dem Bekl. zu 2 gefertigten Aktenvermerk vom 1. 12. 1995: „Herr … (Sachbearbeiter der Versicherung) versprach in der Zwischenzeit abzuklären, wieweit die Haushaltsführung und Kinderbetreuung überhaupt noch Anspruchsgegenstand bei unserer Mandantin sein kann”, sowie aus seinem inhaltsgleichen Schreiben vom selben Tage an die Versicherung.

Hatte die Kl. - was vom BerGer. nicht aufgeklärt worden ist - Ansprüche wegen eines Erwerbsschadens, besteht der regressfähige Schaden darin, dass sie nach dem Wortlaut des Abfindungsvergleichs solche Ansprüche nicht mehr geltend machen kann, obwohl sie darauf nichts erhalten hat.

Allerdings muss sich die Versicherung möglicherweise wegen eines „doppelten Motivirrtums” auf eine Anpassung des Vergleichs nach den Grundsätzen über das Fehlen der Geschäftsgrundlage einlassen. Das kommt dann in Betracht, wenn nicht nur die Kl., sondern auch die Versicherung bei Abschluss des Vergleichs davon ausgegangen ist, materieller Schaden werde davon nicht erfasst. Das Vorbringen der Bekl. könnte in diese Richtung deuten (vgl. auch deren - oben teilweise wiedergegebenes - Schreiben vom 27. 4. 1998).

Falls danach noch ein Anspruch der Kl. gegen die Versicherung bestehen sollte, entfällt deswegen aber nicht ihr Schaden. Denn es ist durchaus fraglich, ob die Versicherung sich nicht doch auf die Abfindungsklausel berufen wird. Gegebenenfalls droht der Kl. ein langwieriger Prozess mit ungewissem Ausgang. Diese von den Bekl. zu verantwortende Unsicherheit darf nicht zu Lasten der Kl. gehen. Die Bekl. können nur analog § 255 BGB Abtretung etwa noch bestehender Ansprüche gegen die Versicherung verlangen.

Zu Unrecht hat das BerGer. gemeint, die Kl. habe „wohl schon damals” (als sie durch die Bekl. ihre Ansprüche gegen die Versicherung geltend machte), „wie auch jetzt im Prozess”, keinen ausreichenden Vortrag „für einen konkreten Schaden … erbracht”. Nach dem - hier anzuwendenden - § 287 ZPO reicht eine deutlich überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit, dass ein Schaden entstanden ist, für die richterliche Überzeugungsbildung aus. § 287 ZPO erleichtert dem Geschädigten darüber hinaus die Darlegungslast. Die Klage darf nicht wegen eines lückenhaften Vortrags zum Schaden abgewiesen werden, solange greifbare Anhaltspunkte für eine Schätzung vorhanden sind. § 252 S. 2 BGB bringt für den Geschädigten eine zusätzliche Erleichterung, soweit er entgangenen Gewinn darzulegen und nachzuweisen hat. Nach dieser Vorschrift gilt als entgangen der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Entscheidend ist somit eine Prognose über die künftige Entwicklung. Fällt die Arbeitskraft einer Hausfrau aus, kann der Schaden anhand der in der Praxis entwickelten Berechnungsmodelle hinreichend genau erfasst werden. Dass die Kl. nach ihrem Vortrag gewisse hausfrauliche Tätigkeiten im Sitzen verrichten kann, sie also insoweit nicht zu 100% ausfällt, steht einer Schätzung des konkreten Schadens nicht entgegen.

Entgegen der Ansicht des BerGer. scheitert die Haftung der Bekl. auch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden.

Liegt die Pflichtverletzung in der Empfehlung eines der Kl. nachteiligen Vergleichs, ist die Frage des Ursachenzusammenhangs möglicherweise noch weniger problematisch als bei einer bloßen Aufklärungspflichtverletzung. Die zuerst genannte Alternative hat das BerGer. nicht geprüft.

Aber auch dann, wenn man - wie das BerGer. - nur die Aufklärungspflichtverletzung im Auge hat, kann die Kausalität für den Schaden nicht verneint werden.

Das BerGer. hat nicht verkannt, dass grundsätzlich ein Anscheinsbeweis dafür spricht, der Mandant hätte sich bei pflichtgemäßer Beratung durch seinen Rechtsanwalt „beratungsgerecht” verhalten. Es hat indes gemeint, hier hätten die Bekl. den Anscheinsbeweis erschüttert. Sie hätten dargetan, dass es der Kl. darauf angekommen sei, möglichst schnell eine möglichst hohe Summe von der Versicherung zu erhalten. Sie habe noch „im November/Dezember 1996” einen Abfindungsbetrag erhalten wollen. Daraus ergebe sich zumindest die ernsthafte Möglichkeit, dass sie den Abfindungsvergleich auch bei pflichtgemäßer Aufklärung über dessen weit tragende Folgen abgeschlossen hätte.

Dem kann nicht gefolgt werden. Soweit das BerGer. zur Bekräftigung seines Standpunkts den Gedanken herangezogen hat, die Kl. habe zunächst selbst nicht behauptet, dass sie im Falle ordnungsgemäßer Aufklärung den Abfindungsvergleich nicht unterschrieben hätte, hat es gegenteiligen Vortrag der Kl. im Schriftsatz vom 17. 12. 1999 übersehen. Ferner ist zwar zutreffend, dass die Kl. im November/Dezember 1996 Geldbedarf anmeldete, weil sie eine behindertengerechte Kücheneinrichtung bestellt hatte, die am 5. 12. 1996 geliefert und deren Preis von ca. 17000 DM bar bezahlt werden sollte. Auch darf davon ausgegangen werden, dass die Kl. zur Bezahlung mit vorhandenen Mitteln nicht in der Lage war. Es erscheint jedoch wenig lebensnah, dass die Kl. - wenn die Bekl. ihr gesagt hätten, dass sie bei Annahme des vorgeschlagenen Abfindungsvergleichs auf andere Ansprüche als Schmerzensgeld verzichte - sich auf diesen Vergleich eingelassen hätte, nur um die bestellte Küche zu erhalten, die ohne Bezahlung wohl nicht ausgeliefert worden wäre. Es ist nicht vorgetragen, dass die neue Küche zur Behebung einer dringenden Notlage unabweisbar gebraucht wurde. Die Lieferung hätte ohne weiteres zurückgestellt werden können. Zwar hatte die Kl. eine neue Wohnung bezogen. Der Umzug hatte aber spätestens im Juli 1996 stattgefunden. In der Zwischenzeit hatte sich die Kl. offenbar mit der alten Küche beholfen. Das hätte auch künftig geschehen können. Selbst wenn die neue Küche dringend benötigt wurde, ist die Ansicht des BerGer. nicht nachvollziehbar, dass die Kl. die Mittel zu ihrer Bezahlung von der Versicherung nur erhalten konnte, wenn sie den Abfindungsvergleich akzeptierte. Nach den Vorstellungen der Versicherung hatte die Kl. allein als Schmerzensgeld noch 46000 DM (allerdings darüber hinaus nichts) zu erwarten. Dass die Versicherung nicht bereit gewesen wäre, eine weitere Abschlagszahlung in Höhe von 17000 DM zu leisten, haben die Bekl. nicht dargetan. Dazu sind sie wohl auch nicht in der Lage, weil sie in der bezeichneten Richtung keine Bemühungen entfaltet haben. Die Bereitschaft der Versicherung, den Betrag von 17000 DM (oder auch mehr) als weiteren Abschlag zu zahlen, wäre überdies gefördert worden, wenn die Bekl. ihr pflichtgemäß deutlich gemacht hätten, dass wegen eines Haushaltsführungsschadens kein Anspruchsübergang auf den Sozialhilfeträger stattgefunden hat. Wieso die Kl. bei pflichtgemäßem Verhalten der Bekl. mit einem „langwierigen Prozess mit … ungewissem Ausgang” hätte rechnen müssen, ist deshalb nicht ohne weiteres ersichtlich.

Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 564I 1 ZPO). Die Sache ist an das BerGer. zurückzuverweisen (§ 565I 1 ZPO), weil sie noch nicht entscheidungsreif ist. Das BerGer. wird zunächst feststellen müssen, ob die Kl. ohne den Unfall wahrscheinlich irgendwann (wieder) einen Haushalt geführt und ihr Kind betreut hätte, also dem Grunde nach einen Erwerbsschaden hatte. Gegebenenfalls wird es die Höhe des Schadens schätzen müssen.


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published on 08/11/2001 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 64/01 Verkündet am: 8. November 2001 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGB §§ 675, 843; SGB X § 116 a) Zu den
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Die Rechtsprechung verschärft die Haftungsregeln für Berater, einschließlich Rechtsanwälte, hauptsächlich im Zusammenhang mit unterlassenen Warnungen vor Insolvenzgründen. Dies betrifft auch faktische Geschäftsleiter, die in den Schutzbereich des Mandatsvertrags einbezogen werden können. Berater müssen Geschäftsführer auf mögliche Insolvenzgründe hinweisen, wenn sie in Krisensituationen mandatiert werden. Die Haftung kann eingeschränkt werden, aber nur unter bestimmten Bedingungen. Diese Entwicklungen betonen die steigenden Anforderungen an Berater und die Bedeutung der Kenntnis aktueller rechtlicher Vorgaben und Urteile, um Haftungsrisiken zu minimieren und Mandanten bestmöglich zu schützen.
04/07/2017 11:13

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 64/01
Verkündet am:
8. November 2001
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Zu den Pflichten eines Anwalts, der den Mandanten beim Abschluß eines
Abfindungsvergleichs berät.

b) Leistungen des Sozialhilfeträgers wegen unfallbedingt vermehrter Bedürfnisse
sind dem Anspruch des Empfängers auf Ersatz seines Erwerbsschadens
nicht kongruent (im Anschluß an BGH NJW 1997,
256).
BGH, Urteil vom 8. November 2001 - IX ZR 64/01 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Kreft und die Richter Stodolkowitz, Dr. Ganter, Raebel und Kayser auf die
mündliche Verhandlung vom 8. November 2001

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 26. Januar 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt die Beklagten - in einer Sozietät verbundene Rechtsanwälte - wegen Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrages auf Schadensersatz in Anspruch.
Am 26. September 1992 erlitt die damals 25jährige, verheiratete Klägerin aus dem alleinigen Verschulden des bei der Versicherung AG (i.f. nur noch: Versicherung) haftpflichtversicherten Unfallgegners einen Verkehrsunfall. Seit
dem 1. September 1992 lebte sie von ihrem Ehemann getrennt; ihr am 6. Dezember 1990 geborener, schwerbehinderter Sohn, der nicht von dem Ehemann abstammt, wurde in einer Pflegestelle betreut. Die Klägerin ging keiner Erwerbstätigkeit nach und bezog - allerdings erst seit kurzem - Sozialhilfe. Ob die Klägerin vor dem Unfall jemals einen selbständigen Haushalt geführt hatte, ist streitig.
Bei dem Unfall wurde die Klägerin schwer verletzt. Sie sitzt seither im Rollstuhl. Im Schwerbehindertenausweis ist der Grad ihrer Behinderung seit dem 29. Oktober 1997 mit 100 % angegeben [GA II 105]. Sie bezieht weiterhin Sozialhilfe (mit einem 20 %igen Aufschlag zum Regelsatz) und auûerdem Pflegegeld gemäû § 69 a Abs. 2 BSHG. Nach dem Unfall nahmen die Klägerin und ihr Ehemann die eheliche Gemeinschaft wieder auf. Den - nach dem Vortrag der Klägerin seit 20. August 1993 (wieder) bestehenden - gemeinsamen Haushalt führt der nicht mehr berufstätige Ehemann, der zudem die Klägerin und deren Sohn versorgt.
Anfang 1995 beauftragte die Klägerin die Beklagten mit der Geltendmachung von Schadensersatz und Schmerzensgeld gegenüber der Versicherung. Diese zahlte aufgrund von Verhandlungen mit dem sachbearbeitenden Beklagten zu 2 als Vorschuû auf das Schmerzensgeld bis Dezember 1995 insgesamt 50.000 DM. Anschlieûend bemühte sich der Beklagte zu 2 um eine abschlieûende Regulierung. Mit Schreiben vom 26. November 1996 bat er die Klägerin, sie möge, nachdem ihr inzwischen eine restliche Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 46.000 DM zugegangen sei, die anliegende Abfindungserklärung unterzeichnen. Mit ihrer am 4. Dezember 1996 geleisteten Unterschrift erklärte sich die Klägerin wegen aller Ersatzansprüche aus dem Scha-
densereignis vom 26. September 1992 gegen Zahlung eines Abfindungsbetrages von 96.000 DM abzüglich bereits bezahlter 50.000 DM endgültig und vorbehaltlos (ausgenommen weitere immaterielle Ansprüche für den Fall, daû der Klägerin unfallbedingt das linke Bein abgenommen werden müûte) für abgefunden.
Die Klägerin wirft den Beklagten vor, sie hätten sie nicht darüber aufgeklärt , daû sie, wenn sie die Abfindungserklärung abgebe, auf Ansprüche wegen des materiellen Schadens verzichte. Eines solchen Hinweises hätte es um so mehr bedurft, als die Positionen Haushaltsführungs- und Kinderbetreuungskosten für sie überragende Bedeutung hätten. Die Beklagten hätten ihr den Abschluû des Abfindungsvergleichs überhaupt nicht vorschlagen dürfen, weil er für sie handgreiflich ungünstig gewesen sei.
Die auf Zahlung eines Betrages von 112.451,95 DM sowie einer monatlichen Rente gerichtete Klage haben die Vorinstanzen abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.


Das Berufungsgericht hat sein Urteil wie folgt begründet:
Es spreche zwar einiges dafür, daû die Beklagten die Klägerin nicht hinreichend über die Tragweite der Abfindungsvereinbarung belehrt hätten. Letztlich könne dies aber dahinstehen. Denn der geltend gemachte Regreûanspruch scheitere jedenfalls an dem fehlenden Nachweis, daû die Klägerin bei richtiger und vollständiger Aufklärung die Abfindungserklärung nicht unterschrieben hätte. Es sei auch nicht dargetan, daû die Versicherung den Schmerzensgeldanspruch im November 1996 reguliert hätte, wenn Ansprüche wegen des materiellen Schadens offengeblieben wären.

II.


Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Die Beklagten haben ihre anwaltlichen Pflichten schuldhaft verletzt.

a) Die Klägerin ist pflichtwidrig nicht darüber aufgeklärt worden, daû sie nach dem Wortlaut des Abfindungsvergleichs keine Ansprüche wegen eines materiellen Schadens mehr geltend machen kann.
aa) Da der Mandant eigenverantwortlich zu entscheiden hat, wie er seine Interessen in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zur Geltung bringt, ist
es auch seine Sache, darüber zu befinden, ob und mit welchem Inhalt er einen Rechtsstreit durch Vergleich beendet. Will der Prozeûbevollmächtigte einen solchen abschlieûen, hat er sich deshalb grundsätzlich der vorherigen Zustimmung der Partei zu versichern. Zuvor muû er diese darüber informieren, mit welchem Inhalt er den Vergleich abzuschlieûen gedenkt, und sie über die Vorund Nachteile ins Bild setzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Rechtsanwalt Anhaltspunkte dafür hat, daû der Mandant sich mehr davon verspricht. Selbst wenn der Rechtsanwalt der Meinung ist, das von ihm ausgehandelte Ergebnis sei schon das Äuûerste, was bei der Gegenseite zu erreichen sei, entbindet ihn das nicht von seiner Aufklärungspflicht (BGH, Urt. v. 14. Januar 1993 - IX ZR 76/92, WM 1993, 1197, 1199; vgl. auch Urt. v. 7. Dezember 1995 - IX ZR 238/94, NJW-RR 1996, 567). Für einen Abfindungsvergleich gilt das in besonderem Maûe (BGH, Urt. v. 21. April 1994 - IX ZR 23/93, NJW 1994, 2085, 2086; v. 13. April 2000 - IX ZR 372/98, NJW 2000, 1944).
bb) Das Berufungsgericht hat es letztlich zwar offengelassen, ob die Beklagten dieser Aufklärungspflicht gerecht geworden sind. Nach seinen - durchaus erschöpfenden - tatsächlichen Feststellungen ist die Frage jedoch zu verneinen.
Danach haben die Beklagten zunächst die Erwartungshaltung der Klägerin durch ein Schreiben vom 1. Dezember 1995 [Anlage K 1] geprägt. Darin teilten sie mit, daû die Versicherung dem Grunde nach Haushaltsführungs- sowie Kinderbetreuungskosten anerkenne, daû also eines "hoffentlich nicht mehr allzufernen Tages ein Gesamtkapitalbetrag für die Gesamtkosten ausgeschüttet ... (wird), die bis zum 16. Lebensjahr Ihres Sohnes auflaufen werden". Daû die Klägerin angenommen hat, auf die Positionen Haushaltsführung und Kin-
derbetreuung werde ein gröûerer Betrag gezahlt, geht aus ihrem Schreiben vom 2. April 1996 [Anlage B 20] hervor. Darin bat sie den Beklagten zu 2, eben dies mit der Versicherung zu klären. Mit Schreiben vom 6. November 1996 [Anlage K 3 = GA II 63] teilten die Beklagten der Klägerin u.a. mit: "Aufgrund Ihrer persönlichen Situation ist es zunächst einmal (Unterstreichung nicht im Original) sinnvoll, jetzt im Zusammenhang mit den Unfallfolgen nur die Schmerzensgeldfrage zu regeln." Dies lieû es möglich erscheinen, daû der materielle Schaden später geregelt werden sollte. Zwar fuhren die Beklagten in dem Schreiben fort: "Ansprüche auf Verdienstausfall oder andere stehen offensichtlich nicht im Raum. Sie waren bereits bei Eintritt des Unfalls Sozialhilfeempfängerin , Sie sind dies bis zum heutigen Tage." Schon das Berufungsgericht hat es aber als "zumindest fraglich" bezeichnet, ob die einfach strukturierte Klägerin die Bedeutung dieses Satzes verstanden hat. Davon kann in der Tat nicht ausgegangen werden, weil ein rechtlicher Laie Haushaltsführungsund Kinderbetreuungskosten nicht als Verdienstausfall qualifiziert. Die erforderliche Aufklärung hat auch nicht das Schreiben der Beklagten vom 26. November 1996 gebracht, in dem nur das Schmerzensgeld angesprochen wurde: "... nachdem Ihnen die restliche Schmerzensgeldzahlung in Höhe von DM 46.000,-- zugegangen ist ..." [Anlage K 2 = GA II 61]. Das Aufklärungsdefizit wird schlieûlich auch dadurch belegt, daû die Beklagten selbst keine zutreffenden Vorstellungen über die Rechtslage hatten (dazu Näheres unter b ee).
cc) Daû sie an der Pflichtverletzung kein Verschulden trifft, haben die darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten (vgl. BGH, Urt. v. 18. September 1986 - IX ZR 204/85, WM 1986, 1500, 1501; v. 20. Juni 1996 - IX ZR 106/95, WM 1996, 1832, 1835) nicht dargetan.


b) Nach dem Vortrag der Klägerin [GA I 6, 61], mit dem sich das Berufungsgericht nicht befaût hat, kommt als weitere schuldhafte Pflichtverletzung in Betracht, daû die Beklagten der Klägerin überhaupt den Abschluû des Abfindungsvergleichs vorgeschlagen haben. Dieser war für die Klägerin insofern nachteilig, als sie sich darin - zumindest dem Wortlaut nach - wegen ihrer Ansprüche auf Ersatz materiellen Schadens für abgefunden erklärte, ohne daû ihr eine entsprechende Leistung zufloû.
aa) Auf der Grundlage des für die Revisionsinstanz zu unterstellenden Sachverhalts hatte die Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz für den Wegfall ihrer Arbeitskraft als Hausfrau und Mutter, durch deren Einsatz sie gemäû § 1360 Satz 2 BGB ihre Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind und - nach Beendigung des Getrenntlebens - dem Ehegatten hätte erfüllen können (vgl. BGHZ 38, 55, 58; 50, 304, 306; 77, 157, 160 ff.; Palandt/Thomas, BGB 60. Aufl. Vorbem. vor § 249 Rn. 42 und § 845 Rn. 2). Insoweit stellte sich die Einschränkung der Fähigkeit, Hausarbeiten zu verrichten, als Erwerbsschaden im Sinne von § 843 Abs. 1 Alt. 1 BGB dar (BGH, Urt. v. 8. Oktober 1996 - VI ZR 247/95, NJW 1997, 256 f.). Allerdings begründet der bloûe Ausfall der Arbeitskraft noch keinen Vermögensschaden (BGHZ 54, 45, 50 ff.; BGH, Urt. v. 31. März 1992 - VI ZR 143/91, NJW-RR 1992, 852), ebensowenig die abstrakte Minderung der Erwerbsfähigkeit (BGHZ 38, 55, 58 f.; BGH, Urt. v. 17. Januar 1995 - VI ZR 62/94, NJW 1995, 1023, 1024). Erforderlich ist vielmehr ein konkreter Ausfall an Arbeitsleistung oder Verdienst. Daran fehlt es aber nicht schon deshalb, weil die Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls keinen eigenen Haushalt unterhielt und das Kind in einer Pflegestelle betreut wurde [vgl. GA I 38, 64, 79]. Etwas anderes hätte zwar zu gelten, wenn die Klägerin auch schon
vor dem Unfall nie in der Lage gewesen wäre, einen eigenen Haushalt zu führen und ein Kind zu versorgen, und dies demgemäû auch nie getan hätte. Das haben die Beklagten - unter Berufung auf "chronischen Alkoholabusus" der Klägerin - in der Tat behauptet [GA I 77-79]. Indes hat die Klägerin das Gegenteil vorgetragen und dafür Beweis angetreten [GA I 40, 65, 91, II 31]. Dieser Beweis ist - wie die Revision mit Recht rügt - nicht erhoben worden. Es ist deshalb zu unterstellen, daû die Klägerin vor dem Unfall - wenn auch nicht im Unfallzeitpunkt - einen eigenen Haushalt hatte und ohne den Unfall mit Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen gewesen wäre (§ 252 Satz 2 BGB), daû sie irgendwann wieder einen solchen haben würde. Das genügt für die Annahme eines konkreten Erwerbsschadens.
bb) Der Schaden entfiel nicht dadurch, daû der unterhaltsberechtigte Ehemann nach Beendigung des Getrenntlebens den Ausfall der "Hausfrau" ausglich, indem er deren Rolle selbst mit übernahm. Dies folgt aus dem allgemeinen Rechtsgedanken, wonach ein Schadensersatzanspruch nicht dadurch geschmälert oder ausgeschlossen wird, daû der Vermögensnachteil durch freiwillige Leistung eines Dritten ausgeglichen wird (BGHZ 21, 112, 117; 54, 269, 274; 91, 357, 364; Palandt/Heinrichs, Vorbem. vor § 249 BGB Rn. 131).
cc) Der Anspruch auf Ersatz des Erwerbsschadens war nicht auf den Sozialhilfeträger übergegangen und konnte auch nie auf diesen übergehen.
Wegen des Erwerbsschadens hatte der Sozialhilfeträger keine Leistungen erbracht, und etwas Derartiges war auch in Zukunft nicht zu erwarten. Der Beklagte bezieht sich in diesem Zusammenhang vergeblich auf den 20 %igen Aufschlag zum Regelsatz der Hilfe zum Lebensunterhalt (monatlich 86,40 DM)
und das in wechselnder Höhe gewährte Pflegegeld gemäû § 69 a Abs. 2 BSHG [vgl. Bescheide v. 21. September 1995, Anlage B 7, v. 5. Juli 1996, Anlage B 5, v. 18. Februar 1998, GA II 67, ferner Mitteilungen der Sozialämter GA I 28, II 101, Anlage K 13 alter Zählung]. Diese Leistungen des Sozialhilfeträgers waren dem Anspruch der Klägerin auf Ersatz ihres Erwerbsschadens nicht kongruent (vgl. BGH, Urt. v. 8. Oktober 1996 - VI ZR 247/95, aaO S. 257). Der 20 %ige Aufschlag soll vermehrte Bedürfnisse zum Lebensunterhalt der Klägerin selbst abdecken und hat mit ihrem Beitrag zum Familienunterhalt nichts zu tun. Ähnlich verhält es sich mit dem Pflegegeld. Nach § 69 a Abs. 1 BSHG erhalten Pflegebedürftige, die bei der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität für mehrere Verrichtungen mindestens einmal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen, ein Pflegegeld; dieses wird gemäû § 69 a Abs. 2 BSHG auf das Doppelte angehoben, wenn die Notwendigkeit der Hilfe bei den Verrichtungen zur Körperpflege, Ernährung und Mobilität mindestens dreimal täglich besteht. Dabei geht es immer um Hilfen für den Pflegebedürftigen selbst, nicht um einen Ersatz für Leistungen, die er ohne seine Behinderung Dritten erbracht hätte.
dd) Der Anspruch auf den Erwerbsschaden ist durch den - nach seinem Wortlaut umfassend angelegten - Abfindungsvergleich ausgeschlossen. Da die Klägerin die Versicherung insoweit aus eigenem Recht und nicht nur aufgrund einer Einziehungsbefugnis (vgl. dazu unten ee) in Anspruch nehmen konnte, stellt sich die Frage nicht, ob sich die Versicherung gegenüber dem Sozialhilfeträger auf den Abfindungsvergleich hätte berufen können (vgl. BGHZ 131, 274, 284 ff.).
ee) Die im Vorstehenden beschriebene Rechtslage haben die Beklagten , als sie der Klägerin den Abschluû des Abfindungsvergleichs empfahlen, verkannt. Sie haben damals gemeint, es gebe - abgesehen vom Schmerzensgeld - keine Ansprüche der Klägerin, die nicht auf den Sozialhilfeträger übergegangen seien; mit den übergegangenen Ansprüchen habe die Klägerin nichts zu tun. Diese Vorstellungen der Beklagten kommen in ihrem oben (1 a bb) bereits wiedergegebenen Schreiben an die Klägerin vom 6. November 1996 zum Ausdruck. An diesem Irrtum haben die Beklagten auch später festgehalten. Dies ergibt sich zum einen aus ihrem Schreiben an die Klägerin vom 16. März 1998 [Anlage K 8], in dem sie ausführen: "Die Vereinbarung, die wir seinerzeit mit der ... (Versicherung) getroffen haben, betrifft eindeutig nur solche Ansprüche, über die Sie selbst zum damaligen Zeitpunkt überhaupt noch verfügen konnten. Nicht beinhaltet sind damit alle Ansprüche, die zum damaligen Zeitpunkt bereits auf eine der vorgenannten Stellen im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs übergegangen waren. Ich verweise hierzu auf die Bestimmung des § 116 SGB X. Es ist grundsätzlich nicht Ihre und auch nicht unsere Sache, sich in den Regressstreit zwischen den vorgenannten Stellen und der ... Versicherung einzumengen. Die Ansprüche stehen Ihnen insoweit nicht mehr zu. Es handelt sich dabei vor allem um die Dinge, deren Fehlen Sie heute aufs Schärfste monieren", sowie - nach Geltendmachung des Regreûanspruchs - aus dem Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 27. April 1998 [Anlage K 15 neuer Zählung]: "Es wurde nicht übersehen, dass die Abfindungserklärung nur Schmerzensgeldansprüche betrifft. Zum Zeitpunkt der Abfindungserklärung war klar, dass auûer dem immateriellen Schmerzensgeldanspruch sonstige materielle Schadensersatzansprüche der Frau ... (Klägerin) wegen der Bestimmung des § 116 SGB X mit der... (Versicherung) nicht zu regulieren sind, da diese Ansprüche aufgrund der vorgenannten Rechtsvor-
schrift zumindest zum Zeitpunkt der Abfindungserklärung samt und sonders auf die beteiligten Sozialhilfe- und Versorgungsträger übergegangen waren. Über diese Ansprüche hat Frau ... (Klägerin) auch nicht verfügt, was zwischen ihr und der ... (Versicherung) klar war." In dieselbe Richtung zielt der Prozeûvortrag der Beklagten [GA I 21]: "Damit wäre ein eventueller Erwerbs- und Fortkommensschadensersatzanspruch des den Haushalt führenden Ehepartners und Lebensgefährten gemäû § 116 SGB X bereits mit dem Unfallereignis auf die jeweils beteiligten Träger der Sozialhilfe übergegangen."
Selbst wenn die Beklagten im Ausgangspunkt Recht gehabt hätten - Ansprüche wegen Haushaltsführung und Kinderbetreuung also auf den Sozialhilfeträger übergegangen gewesen wären oder noch hätten übergehen können -, wäre die Ansicht verfehlt gewesen, die Klägerin könne solche Ansprüche nicht geltend machen. Im Hinblick auf den Nachrang der Sozialhilfe und das Zusammenspiel des § 116 SGB X mit § 2 BSHG ist der Geschädigte sogar nach dem Rechtsübergang auf den Sozialhilfeträger - der nicht stets bereits mit dem Unfallereignis stattfindet (BGHZ 131, 274, 278 ff.) - ermächtigt, zur Vermeidung der Hilfsbedürftigkeit die Ersatzleistung im eigenen Namen vom Schädiger einzufordern (BGHZ 131, 274, 282 ff.; 133, 129, 135 f.,140).
Tatsächlich stand hier - wie bereits ausgeführt - in bezug auf den Erwerbsschaden der Klägerin ein Übergang auf den Sozialhilfeträger nicht in Rede.
ff) Der Rechtsirrtum der Beklagten war schon deshalb schuldhaft, weil sie die anstehenden (insbesondere im Lichte der am 12. Dezember 1995 ergangenen Entscheidung BGHZ 131, 274 ff. zu sehenden) Rechtsfragen weder
eigenverantwortlich noch gar mit der gebührenden Sorgfalt geprüft haben. Sie haben sich vielmehr insoweit auf die gegnerische Haftpflichtversicherung verlassen. Das ergibt sich aus dem von dem Beklagten zu 2 gefertigten Aktenvermerk vom 1. Dezember 1995 [Anlage K 4]: "Herr ... (Sachbearbeiter der Versicherung ) versprach in der Zwischenzeit abzuklären, wieweit die Haushaltsführung und Kinderbetreuung überhaupt noch Anspruchsgegenstand bei unserer Mandantin sein kann", sowie aus seinem inhaltsgleichen Schreiben vom selben Tage an die Versicherung [Anlage K 2 neuer Zählung].
2. Hatte die Klägerin - was vom Berufungsgericht nicht aufgeklärt worden ist - Ansprüche wegen eines Erwerbsschadens, besteht der regreûfähige Schaden darin, daû sie nach dem Wortlaut des Abfindungsvergleichs solche Ansprüche nicht mehr geltend machen kann, obwohl sie darauf nichts erhalten hat.

a) Allerdings muû sich die Versicherung möglicherweise wegen eines "doppelten Motivirrtums" auf eine Anpassung des Vergleichs nach den Grundsätzen über das Fehlen der Geschäftsgrundlage einlassen (vgl. BGHZ 25, 390, 392 f.; 58, 355, 361 f.; 62, 20, 24 f.; BGH, Urt. v. 13. November 1975 - III ZR 106/72, NJW 1976, 565 f.; Palandt/Heinrichs, § 119 BGB Rn. 30 und § 242 BGB Rn. 149). Das kommt dann in Betracht, wenn nicht nur die Klägerin, sondern auch die Versicherung bei Abschluû des Vergleichs davon ausgegangen ist, materieller Schaden werde davon nicht erfaût. Das Vorbringen der Beklagten [GA II 85] könnte in diese Richtung deuten (vgl. auch deren - oben teilweise wiedergegebenes - Schreiben vom 27. April 1998 [Anlage K 15 neuer Zählung ]).
Falls danach noch ein Anspruch der Klägerin gegen die Versicherung bestehen sollte, entfällt deswegen aber nicht ihr Schaden. Denn es ist durchaus fraglich, ob die Versicherung sich nicht doch auf die Abfindungsklausel berufen wird. Gegebenenfalls droht der Klägerin ein langwieriger Prozeû mit ungewissem Ausgang. Diese von den Beklagten zu verantwortende Unsicherheit darf nicht zu Lasten der Klägerin gehen (vgl. Senatsurt. v. 19. Juli 2001 - IX ZR 62/00, WM 2001, 1605, 1607). Die Beklagten können nur analog § 255 BGB Abtretung etwa noch bestehender Ansprüche gegen die Versicherung verlangen.

b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht gemeint, die Klägerin habe "wohl schon damals" (als sie durch die Beklagten ihre Ansprüche gegen die Versicherung geltend machte), "wie auch jetzt im Prozess", keinen ausreichenden Vortrag "für einen konkreten Schaden ... erbracht".
Nach dem - hier anzuwendenden - § 287 ZPO reicht eine deutlich überwiegende , auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit, daû ein Schaden entstanden ist, für die richterlicher Überzeugungsbildung aus (BGH, Urt. v. 2. Juli 1992 - IX ZR 256/91, NJW 1992, 2694, 2695; v. 5. November 1992 - IX ZR 12/92, NJW 1993, 734). § 287 ZPO erleichtert dem Geschädigten darüber hinaus die Darlegungslast. Die Klage darf nicht wegen eines lückenhaften Vortrags zum Schaden abgewiesen werden, solange greifbare Anhaltspunkte für eine Schätzung vorhanden sind (BGH, Urt. v. 23. Oktober 1991 - XII ZR 144/90, NJW-RR 1992, 202, 203; v. 2. Juli 1992 - IX ZR 256/91, aaO S. 2695 f.; v. 5. November 1992 - IX ZR 12/92, aaO). § 252 Satz 2 BGB bringt für den Geschädigten eine zusätzliche Erleichterung, soweit er entgangenen Gewinn darzulegen und nachzuweisen hat. Nach dieser Vorschrift gilt als ent-
gangen der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen , mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Entscheidend ist somit eine Prognose über die künftige Entwicklung (BGH, Urt. v. 14. Januar 1997 - VI ZR 366/95, NJW 1997, 937, 938). Fällt die Arbeitskraft einer Hausfrau aus, kann der Schaden anhand der in der Praxis entwickelten Berechnungsmodelle hinreichend genau erfaût werden (vgl. etwa BGH, Urt. v. 8. Oktober 1996 - VI ZR 247/95, NJW 1997, 256, 257 m.w.N.). Daû die Klägerin nach ihrem Vortrag gewisse hausfrauliche Tätigkeiten im Sitzen verrichten kann, sie also insoweit nicht zu 100 % ausfällt, steht einer Schätzung des konkreten Schadens nicht entgegen.
3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts scheitert die Haftung der Beklagten auch nicht an der fehlenden Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden.

a) Liegt die Pflichtverletzung in der Empfehlung eines der Klägerin nachteiligen Vergleichs (vgl. oben 1 b), ist die Frage des Ursachenzusammenhangs möglicherweise noch weniger problematisch als bei einer bloûen Aufklärungspflichtverletzung. Die zuerst genannte Alternative hat das Berufungsgericht nicht geprüft.

b) Aber auch dann, wenn man - wie das Berufungsgericht - nur die Aufklärungspflichtverletzung im Auge hat, kann die Kausalität für den Schaden nicht verneint werden.
aa) Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daû grundsätzlich ein Anscheinsbeweis dafür spricht, der Mandant hätte sich bei pflichtgemäûer Beratung durch seinen Rechtsanwalt "beratungsgerecht" verhalten (grundlegend BGHZ 123, 311, 315; st. Rspr.). Es hat indes gemeint, hier hätten die Beklagten den Anscheinsbeweis erschüttert. Sie hätten dargetan, daû es der Klägerin darauf angekommen sei, möglichst schnell eine möglichst hohe Summe von der Versicherung zu erhalten. Sie habe noch "im November/Dezember 1996" einen Abfindungsbetrag erhalten wollen. Daraus ergebe sich zumindest die ernsthafte Möglichkeit, daû sie den Abfindungsvergleich auch bei pflichtgemäûer Aufklärung über dessen weittragende Folgen abgeschlossen hätte.
bb) Dem kann nicht gefolgt werden. Soweit das Berufungsgericht zur Bekräftigung seines Standpunkts den Gedanken herangezogen hat, die Klägerin habe zunächst selbst nicht behauptet, daû sie im Falle ordnungsgemäûer Aufklärung den Abfindungsvergleich nicht unterschrieben hätte, hat es gegenteiligen Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 17. Dezember 1999 [GA I 97] übersehen.
Ferner ist zwar zutreffend, daû die Klägerin im November/Dezember 1996 Geldbedarf anmeldete, weil sie eine behindertengerechte Kücheneinrichtung bestellt hatte, die am 5. Dezember 1996 geliefert und deren Preis von ca. 17.000 DM bar bezahlt werden sollte. Auch darf davon ausgegangen werden , daû die Klägerin zur Bezahlung mit vorhandenen Mitteln nicht in der Lage war. Es erscheint jedoch wenig lebensnah, daû die Klägerin - wenn die Beklagten ihr gesagt hätten, daû sie bei Annahme des vorgeschlagenen Abfindungsvergleichs auf andere Ansprüche als Schmerzensgeld verzichte - sich auf diesen Vergleich eingelassen hätte, nur um die bestellte Küche zu erhalten,
die ohne Bezahlung wohl nicht ausgeliefert worden wäre. Es ist nicht vorgetragen , daû die neue Küche zur Behebung einer dringenden Notlage unabweisbar gebraucht wurde. Die Lieferung hätte ohne weiteres zurückgestellt werden können. Zwar hatte die Klägerin eine neue Wohnung bezogen. Der Umzug hatte aber [ausweislich der Anlage B 6] spätestens im Juli 1996 stattgefunden. In der Zwischenzeit hatte sich die Klägerin offenbar mit der alten Küche beholfen. Das hätte auch künftig geschehen können. Selbst wenn die neue Küche dringend benötigt wurde, ist die Ansicht des Berufungsgerichts nicht nachvollziehbar , daû die Klägerin die Mittel zu ihrer Bezahlung von der Versicherung nur erhalten konnte, wenn sie den Abfindungsvergleich akzeptierte. Nach den Vorstellungen der Versicherung hatte die Klägerin allein als Schmerzensgeld noch 46.000 DM (allerdings darüber hinaus nichts) zu erwarten. Daû die Versicherung nicht bereit gewesen wäre, eine weitere Abschlagszahlung in Höhe von 17.000 DM zu leisten, haben die Beklagten nicht dargetan. Dazu sind sie wohl auch nicht in der Lage, weil sie in der bezeichneten Richtung keine Bemühungen entfaltet haben. Die Bereitschaft der Versicherung, den Betrag von 17.000 DM (oder auch mehr) als weiteren Abschlag zu zahlen, wäre überdies gefördert worden, wenn die Beklagten ihr pflichtgemäû deutlich gemacht hätten , daû wegen eines Haushaltsführungsschadens kein Anspruchsübergang auf den Sozialhilfeträger stattgefunden hat. Wieso die Klägerin bei pflichtgemäûem Verhalten der Beklagten mit einem "langwierigen Prozeû mit ... ungewissem Ausgang" hätte rechnen müssen, ist deshalb nicht ohne weiteres ersichtlich.

III.


Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1
ZPO), weil sie noch nicht entscheidungsreif ist. Das Berufungsgericht wird zunächst feststellen müssen, ob die Klägerin ohne den Unfall wahrscheinlich irgendwann (wieder) einen Haushalt geführt und ihr Kind betreut hätte, also dem Grunde nach einen Erwerbsschaden hatte (vgl. oben II 1 b aa). Gegebenenfalls wird es die Höhe des Schadens schätzen müssen.
Kreft Stodolkowitz Ganter Raebel Kayser

Die Ehegatten sind einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Ist einem Ehegatten die Haushaltsführung überlassen, so erfüllt er seine Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen, in der Regel durch die Führung des Haushalts.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. Dazu gehören auch

1.
die Beiträge, die von Sozialleistungen zu zahlen sind, und
2.
die Beiträge zur Krankenversicherung, die für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld unbeschadet des § 224 Abs. 1 des Fünften Buches zu zahlen wären.

(2) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch Gesetz der Höhe nach begrenzt, geht er auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit er nicht zum Ausgleich des Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(3) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch ein mitwirkendes Verschulden oder eine mitwirkende Verantwortlichkeit des Geschädigten begrenzt, geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe von dem nach Absatz 1 bei unbegrenzter Haftung übergehenden Ersatzanspruch der Anteil über, welcher dem Vomhundertsatz entspricht, für den der Schädiger ersatzpflichtig ist. Dies gilt auch, wenn der Ersatzanspruch durch Gesetz der Höhe nach begrenzt ist. Der Anspruchsübergang ist ausgeschlossen, soweit der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches werden.

(4) Stehen der Durchsetzung der Ansprüche auf Ersatz eines Schadens tatsächliche Hindernisse entgegen, hat die Durchsetzung der Ansprüche des Geschädigten und seiner Hinterbliebenen Vorrang vor den übergegangenen Ansprüchen nach Absatz 1.

(5) Hat ein Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe auf Grund des Schadensereignisses dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen keine höheren Sozialleistungen zu erbringen als vor diesem Ereignis, geht in den Fällen des Absatzes 3 Satz 1 und 2 der Schadenersatzanspruch nur insoweit über, als der geschuldete Schadenersatz nicht zur vollen Deckung des eigenen Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(6) Ein nach Absatz 1 übergegangener Ersatzanspruch kann bei nicht vorsätzlichen Schädigungen durch eine Person, die im Zeitpunkt des Schadensereignisses mit dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen in häuslicher Gemeinschaft lebt, nicht geltend gemacht werden. Ein Ersatzanspruch nach Absatz 1 kann auch dann nicht geltend gemacht werden, wenn der Schädiger mit dem Geschädigten oder einem Hinterbliebenen nach Eintritt des Schadensereignisses die Ehe geschlossen oder eine Lebenspartnerschaft begründet hat und in häuslicher Gemeinschaft lebt. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 kann ein Ersatzanspruch bis zur Höhe der zur Verfügung stehenden Versicherungssumme geltend gemacht werden, wenn der Schaden bei dem Betrieb eines Fahrzeugs entstanden ist, für das Versicherungsschutz nach § 1 des Gesetzes über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter oder § 1 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger besteht. Der Ersatzanspruch kann in den Fällen des Satzes 3 gegen den Schädiger in voller Höhe geltend gemacht werden, wenn er den Versicherungsfall vorsätzlich verursacht hat.

(7) Haben der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen von dem zum Schadenersatz Verpflichteten auf einen übergegangenen Anspruch mit befreiender Wirkung gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe Leistungen erhalten, haben sie insoweit dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe die erbrachten Leistungen zu erstatten. Haben die Leistungen gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe keine befreiende Wirkung, haften der zum Schadenersatz Verpflichtete und der Geschädigte oder dessen Hinterbliebene dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe als Gesamtschuldner.

(8) Weist der Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe nicht höhere Leistungen nach, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 je Schadensfall für nicht stationäre ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln 5 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches zu ersetzen.

(9) Die Vereinbarung einer Pauschalierung der Ersatzansprüche ist zulässig.

(10) Die Bundesagentur für Arbeit und die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch gelten als Versicherungsträger im Sinne dieser Vorschrift.

Wer für den Verlust einer Sache oder eines Rechts Schadensersatz zu leisten hat, ist zum Ersatz nur gegen Abtretung der Ansprüche verpflichtet, die dem Ersatzberechtigten auf Grund des Eigentums an der Sache oder auf Grund des Rechts gegen Dritte zustehen.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte wird durch das Gesetz über die Gerichtsverfassung bestimmt.