8. Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer
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Zur Begehung des räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer muss der Täter einen Angriff auf Leib, Leben oder Entschlussfreiheit des Kfz-Führers oder eines Mitfahrers verübt haben, bei dem er die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs dazu ausgenutzt hat, einen Raub, räuberischen Diebstahl oder eine räuberische Erpressung zu begehen. Die Tatbestand hat somit eine Doppelnatur; er ist Vermögens- Verkehrsdelikt in einem.
I. Geschütztes Rechtsgut
Sinn und Zweck ist es Teilnehmer des Straßenverkehrs aufgrund ihres Aufmerksamkeitsdefizites davor zu schützen Opfer von räuberischen Angriffen zu werden. Daher werden durch diese Norm sowohl das Eigentum und das Vermögen als auch der Schutz der Sicherheit des Kraftfahrverkehrs auf den Straßen bezweckt.
II. Tatobjekt: Kraftfahrzeugführer oder Mitfahrer
Der Angriff muss sich gegen den Führer oder einen Mitfahrer des Kfz richten. Die Legaldefinition des Kraftfahrzeuges ist § 248b StGB und § 1 II StVG zu entnehmen. Durch die Rechtsprechung des BGH konkretisiert ist der Führer eines Kfz derjenige, wer im Augenblick des Angriffs das Kraftfahrzeug in Bewegung zu setzen beginnt, es in Bewegung hält oder allgemein mit dem Betrieb des Fahrzeuges und/oder mit der Bewältigung von Verkehrsvorgängen beschäftigt ist (BGHSt 49, 8, 19 – „Baggerseefall“). Mitfahrer ist jeder Insasse in dem vom Fahrer geführten Kfz.
III. Tathandlung: Angriff auf Leib, Leben oder Entschlussfreiheit
Die Tathandlung des § 316a StGB erfordert das Verüben eines Angriffs auf Leib, Leben oder Entschlussfreiheit des Kraftfahrzeugführers. Hierbei versteht man unter einem Angriff jedes feindselige Verhalten eines Menschen, das ein rechtlich geschütztes Interesse zu verletzen droht oder verletzt. Zum Angriff angesetzt hat der Täter jedoch nicht schon bei Fahrtantritt mit Raubabsicht, sondern erst wenn der Täter den Angriff auch tatsächlich ausführt.
Bei dem Angriff auf Leib oder Leben muss der Täter es auf eine Körperverletzung oder Tötung abgezielt haben. Der Angriff auf die Entschlussfreiheit umfasst jegliche Formen der Nötigung iSd § 240 StGB.
IV. Unter Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs
Ein Ausnutzen der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs iSd § 316a StGB ist nur gegeben, wenn das Opfer durch die typischen Situationen und Gefahrenlagen des fließendes Straßenverkehrs dem Täter schutzlos ausgeliefert ist und sich dieser die erhöhte Schutzlosigkeit für seine Tat zunutze macht. Eine solche Schutzlosigkeit kann sich z.B. aus dem Steuern des Kfz, in der Konzentration auf die Verkehrslage oder durch die generelle Fahrzeugbedienung ergeben. Unproblematisch fallen Fälle, die während der Fahrt geschehen in den Anwendungsbereich der Norm. Angriffe im ruhenden Verkehr, beispielsweise ein Angriff auf ein Taxi im Taxistand fallen hingegen nicht hierunter.
℗ Zeitpunkt der Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs
Umstritten ist, ob für die Annahme der Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs ausreicht, wenn sich der Fahrzeugführer außerhalb des Fahrzeuges befindet. Nach bisheriger Rechtsprechung hat es der Bundesgerichtshof für ausreichend erklärt, wenn zwischen dem Aussteigen des Opfers und der Verübung des Angriffs ein unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang bestand. Dieser Rechtsprechung ist der BGH in einer neuerlichen Entscheidung entgegengetreten. Demnach sei erforderlich, dass das Opfer im Zeitpunkt der Verübung des Angriffs noch Führer oder Mitfahrer des Kfz ist. Sobald er jedoch den Motor abstellt und das Kfz verlässt, legt er diese Eigenschaft ab. Begründet wird diese restriktive Auslegung mit dem Schutzzweck der Norm, da in diesem Zustand kein Angriff mehr auf die Sicherheit des Straßenverkehrs mehr vorliegt (BGHStV 04, 141). Zur aktuellen Rechtsprechung des BGH siehe hier.
V. Subjektiver Tatbestand
Neben Vorsatz muss der Täter in der Absicht gehandelt haben einen Raub (§ 249 f. StGB), einen räuberischen Diebstahl (§ 252 StGB) oder eine räuberische Erpressung (§§ 253, 255 StGB) zu begehen.
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(1) Wer zur Begehung eines Raubes (§§ 249 oder 250), eines räuberischen Diebstahls (§ 252) oder einer räuberischen Erpressung (§ 255) einen Angriff auf Leib oder Leben oder die Entschlußfreiheit des Führers eines Kraftfahrzeugs oder eines Mitfahrers verübt und dabei die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.
(1) Wer ein Kraftfahrzeug oder ein Fahrrad gegen den Willen des Berechtigten in Gebrauch nimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.
(4) Kraftfahrzeuge im Sinne dieser Vorschrift sind die Fahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, Landkraftfahrzeuge nur insoweit, als sie nicht an Bahngleise gebunden sind.
Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.
(1) Wer zur Begehung eines Raubes (§§ 249 oder 250), eines räuberischen Diebstahls (§ 252) oder einer räuberischen Erpressung (§ 255) einen Angriff auf Leib oder Leben oder die Entschlußfreiheit des Führers eines Kraftfahrzeugs oder eines Mitfahrers verübt und dabei die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.
(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
(1) Wer zur Begehung eines Raubes (§§ 249 oder 250), eines räuberischen Diebstahls (§ 252) oder einer räuberischen Erpressung (§ 255) einen Angriff auf Leib oder Leben oder die Entschlußfreiheit des Führers eines Kraftfahrzeugs oder eines Mitfahrers verübt und dabei die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.
Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen.
(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat.
Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.