Vergabekammer Nordbayern Beschluss, 15. März 2016 - 21 VK-3194/42/15

published on 15/03/2016 00:00
Vergabekammer Nordbayern Beschluss, 15. März 2016 - 21 VK-3194/42/15
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Gericht

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Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Aufhebung der Ausschreibung die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt.

2. Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag abgelehnt.

3. Die Vergabestelle trägt die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin.

4. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin war notwendig.

5. Die Gebühr für dieses Verfahren beträgt 5.250,- €.

Auslagen sind nicht angefallen.

Die Vergabestelle ist von der Zahlung der Gebühr befreit.

Tatbestand

Sachverhalt:

1. Die VSt schrieb Rohbauarbeiten für den Neubau der Stadthalle C. im Offenen Verfahren aus. Das Verfahren wurde im Amtsblatt der EU am 08.08.2015 veröffentlicht.

Laut Kostenberechnung eines von der VSt beauftragten Ing.-büros vom April 2015 belaufen sich die Kosten auf 4.297.404,87 € brutto, ein LV-Schätzpreis vom 28.09.2016 beläuft sich auf 4.071.770,64 brutto.

2. Zur Submission am 10.09.2015 lagen 6 Angebote vor. Das Angebot der ASt endet bei 4.825.788,70 € brutto und nimmt damit den 1. Patz ein. Das an zweiter Stelle liegende Angebot lautet 5.147.215,- €.

Der Angebotspreis des mindestnehmenden Bieters liegt damit rd. 12% über dem Wert der Kostenberechnung und 18,5% über dem LV-Schätzpreis.

Im Vermerk zur fachtechnischen Prüfung und Auswertung vom 28.09.2015 hat das beauftragte Ingenieurbüro vermerkt, dass die Gründe für eine Aufhebung der Ausschreibung vorliegen gem. § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A.

„...

- Die Kostenberechnung des Objektplaners basiert auf aktuellen Vergleichsprojekten und ist daher sachlich/fachlich vertretbar. Siehe hierzu auch Preisspiegel, in welchem die Bepreisung ebenfalls dargestellt ist.

Das Angebot übersteigt die Kostenberechnung deutlich. Die Kostenberechnung beläuft sich auf 4.050.986,50 € brutto, nach rechnerischer Prüfung beträgt der Angebotspreis 4.825.788,70 € brutto, und übersteigt damit die Kostenberechnung um nahezu 20%. Bei einer solchen Kostenüberschreitung kann eine Aufhebung als gerechtfertigt angesehen werden (vgl. z. B. OLG Frankfurt, Vergaberecht 2006, 131). ...

- Unter Berücksichtigung aller Umstände führt eine Gesamtabwägung zum Ergebnis, dass unter Abwägung der Vertrauensgesichtspunkte der Bieter einerseits und andererseits das Interesse des Bauherrn an einer wirtschaftlichen Auftragsvergabe und das Fehlen der Möglichkeit, das Ziel der Kostenreduzierung auf einem anderen Wege zu erreichen, das Verfahren insgesamt aufgehoben wird.

Es soll eine umfassende Überarbeitung des Leistungsverzeichnisses mit dem Ziel einer signifikanten Kosteneinsparung stattfinden und das so überarbeitete Leistungsverzeichnis im Wege eines offenen Verfahrens neu ausgeschrieben werden, damit wiederum alle interessierten Bewerber die Möglichkeit erhalten, ein neues Angebot abzugeben.“

3. Am 08.10.2015 teilte die VSt der ASt mit, dass das Vergabeverfahren wegen schwer wiegender Gründe gemäß § 17 EG VOB/A aufgehoben worden sei.

Die Ausschreibung habe kein wirtschaftliches Ergebnis gehabt. Als weiteres Vorgehen sei beabsichtigt, ein Offenes Verfahren durchzuführen.

4. Die ASt rügte mit Schreiben vom 08.10.2015 die Aufhebung des Verfahrens und forderte die VSt auf, die Aufhebung aufzuheben. Es gäbe keinen wichtigen Grund für die Aufhebung der Ausschreibung.

Die ASt könne insbesondere der Begründung nicht folgen, ihr Angebot sei nicht wirtschaftlich und verweist unter anderem auf das Urteil des OLG München v. 12.12.2013 - 14498/13. Demzufolge seien bei einer Aufhebung aus wichtigen Grund seien strenge Maßstabe anzustellen, die hier nicht vorliegen würden. Das Angebot der ASt entspreche den heutigen Marktpreisen für die ausgeschriebene Leistung und sei somit ein wirtschaftliches Angebot. Sie bezweifle, dass eine nachvollziehbare Kostenermittlung vorliege.

5. Die VSt hat die Rüge am 12.10.2015 zurückgewiesen. Es sei eine sachlich fundierte Kostenschätzung seitens des beauftragten Architekturbüros anhand aktueller Vergleichsprojekte erstellt worden.

6. Mit Schreiben vom 19.10.2015 und 26.10.2015 rügte die ASt erneut die Aufhebung der Ausschreibung.

7. Mit Schreiben vom 28.10.2015 stellt die Bevollmächtigte der Ast Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens und beantragt im Weiteren:

die VSt zu verpflichten, die Aufhebung der Ausschreibung gem. Schreiben vom 12.10.2015 aufzuheben.

Hilfsweise, gem. § 114 Abs. 2 S. 2 GWB festzustellen, dass die ASt durch die Aufhebung der Ausschreibung in ihren Rechten verletzt ist.

Der Antrag sei zulässig und begründet.

Die Kostenschätzung der VSt liege nur unwesentlich unter dem Angebotspreis der ASt. Die Rechtsprechung lasse eine Aufhebung nur zu, wenn der Auftragswert deutlich überschritten sei. Die Kostenschätzung müsse hierbei vertretbar sein. Für eine Schätzung müsse die VSt Methoden wählen, die ein wirklichkeitsnahes Schätzungsergebnis ernsthaft erwarten lassen. Das Ergebnis einer Schätzung sei nur dann verwertbar, soweit sie mit dem Leistungsverzeichnis übereinstimmt. Entscheidend sei die Aktualität zum Zeitpunkt der Bekanntmachung.

Vorliegend sei kein schwerwiegender Grund für die Aufhebung i. S. d. § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A gegeben.

Hilfsweise sei eine Rechtsverletzung durch die Aufhebung festzustellen.

8. Die Vergabekammer Nordbayern hat den Nachprüfungsantrag am 29.10.2015 der VSt übermittelt und um Zusendung der Vergabeakten und Äußerung gebeten.

9. Mit Schreiben vom 12.11.2015 beantragt die VSt den Nachprüfungsantrag kostenpflichtig zurückzuweisen.

Der Antrag sei unbegründet.

Bei der Ermittlung der Angemessenheit des Preises sei eine deutliche Überschreitung des freigegebenen Kostenbudgets festgestellt worden.

Wie im Vergabevermerk bereits dokumentiert sei die VSt zu dem Entschluss gekommen, dass in dem Verfahren die Gründe für eine Aufhebung einer Ausschreibung vorliegen gem. § 17 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A.

Die Kostenberechnung basiere auf aktuellen Vergleichsprojekten und sei daher sachlich/fachlich vergleichbar.

Das Angebot übersteige die Kostenberechnung deutlich. Die Kostenberechnung belaufe sich auf 4.050.986,50 € brutto. Nach rechnerischer Prüfung betrage der Angebotspreis der ASt 4.825.788 € brutto und übersteige damit die Kostenberechnung um 20%. Bei einer solchen Kostenüberschreitung sei eine Aufhebung gerechtfertigt. Die Gesamtabwägung zwischen dem Vertrauensschutz der Bieter und dem Ziel der wirtschaftlichen Vergabe habe im Ergebnis die Aufhebung der Ausschreibung ergeben.

Es werde eine Überarbeitung des LV zur Kosteneinsparung erfolgen.

Die VSt könne nicht gezwungen werden, unwirtschaftliche Angebote anzunehmen.

10. Im Schriftsatz vom 16.11.2015 teilte die ASt mit, dass es sich vorliegend lediglich um eine Kostenüberschreitung von 19% handle. Es sei zudem Voraussetzung, dass die Kostenschätzung sachgerecht vorgenommen wurde.

Es gebe insbesondere keine verbindlich festgelegten Prozentsätze, um eine Aufhebung zu rechtfertigen, sondern sei nach den Umständen des Einzelfalles im Rahmen einer Interessenabwägung zu entscheiden. Das Ausschreibungsergebnis müsse ganz beträchtlich über dem Schätzungsergebnis liegen. Die VSt dürfe die Aufhebung nicht zu einem Instrument der Korrektur der Submissionsergebnisse machen.

Die VSt habe vorliegend nicht dargelegt, dass sie eine ordnungsgemäße Kostenberechnung erstellt habe. Sie habe auch nicht dargelegt, dass ihr die finanziellen Mittel zur Beauftragung des Angebots der ASt nicht zur Verfügung stehen. Ein Fehler der VSt bei der Ermittlung des Finanzbedarfs könne nicht zur Aufhebung führen. Die VSt könne nicht nachträglich einen Finanzierungsrahmen festlegen.

11. Im Schreiben vom 17.11.2015 teilte die ASt mit, dass in verschiedenen Positionen Einheitspreise von unter 50% des Marktpreises eingesetzt worden seien (Pos.: 4.1.4.9/4.1.4.10/4.1.4.14/4.14.18/4.1.4.35/4.2.1.10/4.2.1.32).

12. Diesem Vortrag widerspricht die VSt mit Schreiben vom 02.12.2015. Im Vergleich zu Mitbewerbern sei die ASt in keiner der benannten Positionen Mindestbieter. Die VSt kündigt eine Bekanntmachung für eine neue Ausschreibung mit abgeminderter Qualität bzw. geänderten Leistungen an.

Außerdem legt die VSt eine Kostenschätzung (Anlage 1) und Ergebnisse aktueller Ausschreibungen (Anlage 2) mit dem Hinweis auf Geheimschutz vor, ansonsten bei einer Beteiligung der ASt am Wettbewerb die Chancengleichheit nicht mehr gegeben sei.

13. Mit Schreiben vom 23.12.2015 beantragt die ASt nochmals die Übermittlung der Anlagen 1 und 2. Ohne Kenntnis der Kostenermittlung sei ein effektiver Rechtsschutz unmöglich.

14. Die Vorsitzende hat die Fünf-Wochen-Frist des § 113 Abs. 1 Satz 1 GWB zuletzt bis einschließlich 18.03.2016 verlängert.

15. Soweit kein Geheimschutz gegeben war, wurden der ASt am 30.12.2015 Auszüge aus der Vergabeakte zugesandt und am 02.02.2016 eine Kostenberechnung sowie Preise von herangezogenen Referenzausschreibungen überlassen.

16. In ihrer Stellungnahme vom 09.02.2016 trägt die ASt zur überlassenen Kostenberechnung und den Preisen aus Referenzen vor:

Die Kostenberechnung könne wegen Lücken nicht als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Beispielsweise sei die Menge Bewehrungsstahl zu niedrig angesetzt, die Stahlstützen und eine Zulage für Sichtbeton SB4 würden in der Kostenberechnung fehlen, die Zulage für die Sichtbetonqualität SB3 sei mit 10,- € wesentlich zu niedrig bewertet.

In Ergänzung ihrer Stellungnahme hat die ASt am 10.02.2016 darauf hingewiesen, dass ihr Angebot lediglich um 12,3% von der Kostenberechnung abweiche.

17. In ihrer Stellungnahme vom 24.02.2016 führt die VSt zur Antragsbefugnis der ASt aus:

Die Vergabestelle habe die Maßnahme nochmals in einem offenen Verfahren ausgeschrieben. Mittlerweile sei dieses Verfahren abgeschlossen und der Zuschlag erteilt worden. Die ASt habe sich am Verfahren beteiligt. Sie habe nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben und habe deshalb den Zuschlag nicht erhalten. Die ASt habe weder das Vergabeverfahren noch die Zuschlagserteilung gerügt, ihr fehle deshalb die Antragsbefugnis, das aufgehobene Verfahren überprüfen zu lassen. Die Antragsbefugnis sei auch deshalb zu verneinen, weil das streitgegenständliche Vergabeverfahren durch Zuschlagserteilung im nachfolgenden Verfahren wirksam beendet worden sei. Der Antrag gehe daher ins Leere, da die behauptete Rechtsverletzung nicht mehr beseitigt werden könne.

18. Am 24.02.2016 zeigen die Bevollmächtigten der VSt ihr Mandat an und kündigen für die mündliche Verhandlung folgende Anträge an:

1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten trägt die ASt.

3. Die Zuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten seitens der VSt wird für notwendig erklärt.

19. Mit Schriftsatz v. 29.02.2016 führt die ASt zur Zulässigkeit ihrer Anträge aus: Der BGH habe mit Beschluss vom 18.03.2003 - X ZB 43/02 festgestellt, dass ein auf Aufhebung der Aufhebung gerichteter Nachprüfungsantrag grundsätzlich zulässig sei. Zudem steile der BGH in seiner Entscheidung dar, dass auch in dem Fall, in dem eine Aufhebung der Aufhebung nicht mehr möglich sei, die Vergabekammer feststellen könne, dass die Aufhebung der Ausschreibung Vergabevorschriften verletze. Ein Bieter könne im Falle einer nicht unter die einschlägigen Tatbestände fallenden Aufhebung die Feststellung beantragen, dass er durch das Verfahren in seinen Rechten verletzt sei (BGH v. 20.03.2014 - X ZB 18/13).

Auf die weiteren Ausführungen im Schriftsatz zur Kostenschätzung sowie den Schriftsatz vom 14.03.2016 wird verwiesen.

20. In der mündlichen Verhandlung am 15.03.2016 hatten die Verfahrens beteiligte n Gelegenheit, sich zur Sache zu äußern. Auf das diesbezügliche Protokoll wird verwiesen.

Die ASt und die VSt bleiben bei ihren schriftsätzlich gestellten Anträgen vom 28.10.2015 bzw. 12.11.2015.

Gründe

Begründung:

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

a) Die Vergabekammer Nordbayern ist für das Nachprüfverfahren nach § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 2 Satz 2 BayNpV sachlich und örtlich zuständig.

b) Bei dem ausgeschriebenen Vertrag handelt es sich um einen öffentlichen Bauauftrag im Sinne von § 99 Abs. 3 GWB.

c) Die VSt ist öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 GWB.

d) Die Gesamtprojektkosten für den Neubau der Stadthalle C. übersteigen den Schwellenwert von 5,186 Mio. € (§ 2 Abs. 1 VgV).

Die hier streitgegenständlichen Rohbauarbeiten mit einem geschätzten Auftragswert von über 4 Mio. € sind ein Fachlos dieser Maßnahme. Dementsprechend hat die VSt die Ausschreibung als Offenes Verfahren im Amtsblatt der EU bekannt gemacht. Damit ist der rechtliche Rahmen für eine Nachprüfung nach §§ 102 ff GWB festgelegt.

e) Der Zuschlag wurde noch nicht erteilt (§ 114 Abs. 2 Satz 1 GWB).

f) Die ASt ist antragsbefugt. Sie hatte als beteiligte Bieterin ein Interesse am Auftrag und schlüssig dargetan, dass ihr durch die behauptete Rechtsverletzung ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht (§ 107 Abs. 2 GWB).

Auch wenn ein öffentlicher Auftraggeber die Ausschreibung für einen öffentlichen Bauauftrag bereits aufgehoben hat, kann ein Bewerber noch in zulässiger Weise die Vergabekammer anrufen und geltend machen, durch Nichtbeachtung der die Aufhebung der Ausschreibung betreffenden Vergabevorschrift in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt zu sein (BGH v. 18.02.2003 - X ZB 43/02). Der Bieter kann im Falle einer nicht unter die einschlägigen Tatbestände fallenden Aufhebung die Feststellung beantragen, dass er durch das Verfahren in seinen Rechten verletzt ist (BGH v. 20.03.2014 - X ZB 18/13 unter Verweis auf § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB).

Ein Antrag, der lediglich die Feststellung eines vergaberechtswidrigen Verhaltens des Auftraggebers zum Ziel hat, ist grundsätzlich unzulässig. Von diesem Grundsatz kennt das GWB nur eine Ausnahme. Nach § 114 Abs. 1 GWB kann ein Verfahrensbeteiligter anstelle seines ursprünglichen Verfahrensziels die Feststellung beantragen, ob eine Rechtsverletzung vorlag, wenn sich das Nachprüfungsverfahren „durch Erteilung des Zuschlags, durch Aufhebung oder durch Einstellung des Vergabeverfahrens oder in sonstiger Weise“ erledigt.

Dies ist vorliegend der Fall.

Die VSt hat in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt, dass der Zuschlag mit einer „abgespeckten“ Leistung mittlerweile erteilt worden sei. Damit ist die Zulässigkeit eines Feststellungsantrags gegeben.

g) Die ASt hat am 08.10.2015 unverzüglich gerügt, nachdem ihr die Aufhebung der Ausschreibung am gleichen Tag mitgeteilt worden war.

2. Der Nachprüfungsantrag ist begründet.

Die Antragstellerin wird durch die rechtswirksame, aber rechtswidrige Aufhebung der Ausschreibung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt.

a) Die VSt hat die Ausschreibung rechtswirksam beendet.

Die Bieter müssen die Aufhebung eines Vergabeverfahrens nicht nur dann hinnehmen, wenn sie von einem der in den einschlägigen Bestimmungen der Vergabeverordnung aufgeführten Gründe gedeckt und deswegen von vornherein rechtmäßig ist, sondern auch, wenn kein solcher anerkannter Aufhebungsgrund vorliegt (BGH v. 20.03.2014 - X ZB 18/13, Rdnr. 20). Der Auftraggeber ist aus Gründen des allgemeinen Vertragsrechts nicht gezwungen, einen der Ausschreibung entsprechenden Auftrag zu erteilen. Dies gilt auch dann, wenn er nach den maßgeblichen Vergabevorschriften keinen Grund zur Aufhebung der Ausschreibung hat.

Der Auftraggeber kann die Ausschreibung wirksam aufheben, wenn er sich dafür auf einen sachlichen Grund berufen kann (Herrmann in Kommentar Vergaberecht, Ziekow/Völlink, 2. Auflage, Rdnr. 15 zu Vor § 17 VOB/A). Einen „einklagbaren“ Anspruch auf Fortsetzung des Vergabeverfahrens hat ein Antragsteller nur bei einer Scheinaufhebung, in einem solchen Fall muss der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren nachweisen, dass der Aufhebungsgrund nur vorgeschoben ist (Summa in juris PraxisKommentar Vergaberecht, Heiermann Zeis, 4. Auflage, Rdnr. 26 ff zu § 17 EG VOB/A).

Im vorliegenden Fall ist ein Ansatzpunkt für eine Scheinaufhebung weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Die VSt hat mittlerweile das Projekt erneut im offenen Verfahren ausgeschrieben. Damit haben alle Bieter gleichermaßen die Chance erhalten, sich am Wettbewerb zu beteiligen. Es kann nicht festgestellt werden, dass die VSt ein bestimmtes Unternehmen benachteiligen oder bevorzugen will. Die Aufhebung wird zwar auf einen sachlichen Grund gestützt, dieser führt jedoch nicht zur Rechtmäßigkeit einer schadensersatzfreien Aufhebung im Sinne von § 17 EG Abs. 1 VOB/A.

b) Die Aufhebung der Ausschreibung verletzt die ASt in ihren Rechten, da ein Grund für eine sanktionsfreie Aufhebung nach § 17 Abs. 1 EG VOB/A nicht vorliegt.

aa) Zwischen dem Auftraggeber und einem am Auftrag interessierten Unternehmen entsteht spätestens mit der Anforderung der Vergabeunterlagen ein auf eine mögliche Auftragserteilung gerichtetes vorvertragliches Vertrauensverhältnis, dessen Verletzung den Auftraggeber nach den §§ 280, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB schadensersatzpflichtig macht. Der Wettbewerbsteilnehmer darf davon ausgehen, dass seine Chance auf eine Amortisation der oft erheblichen Aufwendungen zur Ausarbeitung eines Angebots nicht dadurch zunichte gemacht wird, dass die Auftragsvergabe an ihn allein an Umständen scheitert, die weder mit seiner Person noch mit seinem Angebot zu tun haben. Deshalb kann auch eine Aufhebung der Ausschreibung einen Schadensersatzanspruch begründen (Summa a. a. O. Rdnr. 51 zu § 17 VOB/A).

Wann die Aufhebung einer Ausschreibung wegen „deutlicher“ Überschreitung des vertretbar geschätzten Auftragswerts rechtmäßig ist, ist aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung zu entscheiden, bei der insbesondere zu berücksichtigen ist, dass einerseits den öffentlichen Auftraggebern nicht das Risiko einer deutlich überhöhten Preisbildung zugewiesen wird, andererseits die Aufhebung aber auch kein Instrument zur Korrektur der in Ausschreibungen erzielten Submissionsergebnisse sein darf (BGH v. 20.11.2012 - X ZR 108/10). Bei der Frage, ob das Vergabeverfahren wegen einer beträchtlichen Abweichung des Angebots von einer vertretbaren Schätzung aufgehoben werden darf, kann auf die Grundsätze, ob ein den Ausschluss eines Angebotes rechtfertigendes Missverhältnis zwischen Leistung und Angebot vorliegt, zurückgegriffen werden. Erst ab einem Abstand von 20% liegt ein Missverhältnis zwischen dem Wert der Leistung bzw. der Kostenschätzung und dem Angebot nahe (OLG München v. 12.12.2013 - 1 U 498/13).

Bei einer Bezugnahme auf diesen Abstand reicht im vorliegenden Fall die prozentuale Differenz zwischen dem Angebot der ASt weder zur Kostenberechnung der VSt vom April 2015 von ca. 12% noch zum Schätzpreis des Leistungsverzeichnisses von rd. 18,5% für die Feststellung eines unangemessenen Preises nicht aus. Für die Vergabekammer sind auch keine weiteren durchgreifenden Gründe ersichtlich, die die Einstufung als ganz beträchtlichen Abstand zwischen Kostenschätzung und Angebotspreis der ASt rechtfertigen könnte. Letztlich kann aber dahinstehen, ob schon wegen der Differenz von weniger als 20% von einem unangemessen hohen Preis nicht ausgegangen werden kann.

bb) Die Aufhebung findet keine Stütze in § 17 EG Abs. 1 VOB/A, weil das Leistungsverzeichnis wegen der Nachlässigkeit der VSt geändert werden muss.

Liegen die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 EG VOB/A nicht vor, ist eine dennoch erfolgte Aufhebung rechtswidrig, mit der Folge, dass der Auftraggeber schadensersatzpflichtig ist (Summa a. a. O., Rdnr. 24 zu § 17 EG VOB/A). Schadensersatzfrei ist eine Aufhebung für den Auftraggeber nur dann, wenn er den Aufhebungsgrund nicht zu verantworten hat. Bei der Prüfung eines zur schadensersatzfreien Aufhebung berechtigenden schwerwiegenden Grundes sind strenge Maßstäbe anzulegen. Ein zur Aufhebung der Ausschreibung anlassgebendes Fehlverhalten der Vergabestelle kann schon deshalb nicht als schwerwiegender Grund genügen, weil es die Vergabestelle andernfalls in der Hand hätte, nach freier Entscheidung durch Verstöße gegen das Vergaberecht den bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bestehenden Bindungen zu entgehen (BGH a. a. O., Rdnr. 25). Eine nicht unter § 17 EG Abs. 1 VOB/A fallende Aufhebung liegt vor, wenn die Notwendigkeit für eine grundlegende Überarbeitung der Vergabeunterlagen besteht, um eine kostengünstigere Lösung der Ausschreibung zu erzielen (Summa a. a. O. Rdnr. 30 zu § 17 EG VOB/A).

Dies ist hier der Fall. Nach der Stellungnahme der VSt vom 02.12.2015 wurde ein Objektplaner beauftragt, eine umfassende Überarbeitung des Leistungsverzeichnisses der Rohbauarbeiten mit dem Ziel einer signifikanten Kosteneinsparung durchzuführen. Dies soll mit einer abgeminderten Qualität bzw. einer Änderung der Leistungen erreicht werden. So sollen die Rohbaukosten durch eine Reduzierung der Sichtbetonqualitäten, eine Änderung von Rohbauteilleistungen, eine Abminderung und eine Änderung der Betonfertigteile, Entfall von vorgehängten Fassaden-Betonfertigteilen und des eingefärbten Betons usw. verringert werden. Somit diente die Aufhebung der Ausschreibung letztendlich der Korrektur eines im Leistungsverzeichnis festgelegten zu hohen Standards. Die Festlegung der Leistungen liegt in der Zuständigkeit der VSt, deshalb muss sich die VSt eine Überarbeitung des Leistungsverzeichnisses zurechnen lassen. Die nachträgliche Korrektur des Leistungsverzeichnisses darf nicht zulasten der ASt gehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 GWB.

a) Die VSt hat die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der ASt zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 128 Abs. 3 Satz 1 GWB). Zwar hat die ASt nur mit dem Hilfsantrag obsiegt. Der Hauptantrag war aber trotz minimaler Erfolgsaussichten notwendigerweise zu stellen, da andernfalls der isolierte Feststellungsantrag unzulässig gewesen wäre. Der Hilfsantrag trat an dessen Stelle und war erfolgreich.

b) Die Kostenerstattungspflicht gegenüber der ASt ergibt sich aus § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB.

c) Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten war für die ASt notwendig (§ 128 Abs. 4 Satz 4 GWB i. V. m. Art. 80 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG entspr.).

Es handelt sich um einen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht einfach gelagerten Fall, so dass es der ASt nicht zuzumuten war, das Verfahren vor der Vergabekammer selbst zu führen.

d) Die Gebühr war nach § 128 Abs. 2 GWB festzusetzen.

Im Hinblick auf die Bruttoangebotssumme der ASt von 4.825.788,70 € und unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen personellen und sachlichen Aufwands der Vergabekammer errechnet sich entsprechend der Tabelle des Bundeskartellamtes eine Gebühr in Höhe von 5.750,- €. Da das Nachprüfungsverfahren ohne Beiladung durchgeführt werden konnte, wurde die Gebühr um 500,- € auf 5.250,- € reduziert.

e) Die VSt ist von der Zahlung der Gebühr befreit (§ 128 Abs. 1 Satz 2 GWB i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 VwKostG in der Fassung vom 14.08.2013).

f) Der geleistete Kostenvorschuss von 2.500,- € wird nach Bestandskraft dieser Entscheidung an die ASt zurück überwiesen.

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Annotations

(1) Die obersten Bundesbehörden und die Länder erstatten in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über die Anwendung der Vorschriften dieses Teils und der aufgrund des § 113 erlassenen Rechtsverordnungen bis zum 15. Februar 2017 und danach auf Anforderung schriftlich Bericht. Zu berichten ist regelmäßig über die jeweils letzten drei Kalenderjahre, die der Anforderung vorausgegangen sind.

(2) Das Statistische Bundesamt erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie eine Vergabestatistik. Zu diesem Zweck übermitteln Auftraggeber im Sinne des § 98 an das Statistische Bundesamt Daten zu öffentlichen Aufträgen im Sinne des § 103 Absatz 1 unabhängig von deren geschätzten Auftragswert und zu Konzessionen im Sinne des § 105. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der Vergabestatistik sowie der Datenübermittlung durch die meldende Stelle einschließlich des technischen Ablaufs, des Umfangs der zu übermittelnden Daten, der Wertgrenzen für die Erhebung sowie den Zeitpunkt des Inkrafttretens und der Anwendung der entsprechenden Verpflichtungen zu regeln.

Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen sowie zur Ausrichtung von Wettbewerben zu regeln. Diese Ermächtigung umfasst die Befugnis zur Regelung von Anforderungen an den Auftragsgegenstand und an das Vergabeverfahren, insbesondere zur Regelung

1.
der Schätzung des Auftrags- oder Vertragswertes,
2.
der Leistungsbeschreibung, der Bekanntmachung, der Verfahrensarten und des Ablaufs des Vergabeverfahrens, der Nebenangebote, der Vergabe von Unteraufträgen sowie der Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen, die soziale und andere besondere Dienstleistungen betreffen,
3.
der besonderen Methoden und Instrumente in Vergabeverfahren und für Sammelbeschaffungen einschließlich der zentralen Beschaffung,
4.
des Sendens, Empfangens, Weiterleitens und Speicherns von Daten einschließlich der Regelungen zum Inkrafttreten der entsprechenden Verpflichtungen,
5.
der Auswahl und Prüfung der Unternehmen und Angebote sowie des Abschlusses des Vertrags,
6.
der Aufhebung des Vergabeverfahrens,
7.
der verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen Anforderungen im Hinblick auf den Geheimschutz, auf die allgemeinen Regelungen zur Wahrung der Vertraulichkeit, auf die Versorgungssicherheit sowie auf die besonderen Regelungen für die Vergabe von Unteraufträgen,
8.
der Voraussetzungen, nach denen Sektorenauftraggeber, Konzessionsgeber oder Auftraggeber nach dem Bundesberggesetz von der Verpflichtung zur Anwendung dieses Teils befreit werden können, sowie des dabei anzuwendenden Verfahrens einschließlich der erforderlichen Ermittlungsbefugnisse des Bundeskartellamtes und der Einzelheiten der Kostenerhebung; Vollstreckungserleichterungen dürfen vorgesehen werden.
Die Rechtsverordnungen sind dem Bundestag zuzuleiten. Die Zuleitung erfolgt vor der Zuleitung an den Bundesrat. Die Rechtsverordnungen können durch Beschluss des Bundestages geändert oder abgelehnt werden. Der Beschluss des Bundestages wird der Bundesregierung zugeleitet. Hat sich der Bundestag nach Ablauf von drei Sitzungswochen seit Eingang der Rechtsverordnungen nicht mit ihnen befasst, so werden die unveränderten Rechtsverordnungen dem Bundesrat zugeleitet.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

Auftraggeber im Sinne dieses Teils sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99, Sektorenauftraggeber im Sinne des § 100 und Konzessionsgeber im Sinne des § 101.

Für die Vergabe von Bauaufträgen sind Abschnitt 1 und Abschnitt 2, Unterabschnitt 2 anzuwenden. Im Übrigen ist Teil A Abschnitt 2 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 2019 (BAnz AT 19.02.2019 B2) anzuwenden.

(1) Die obersten Bundesbehörden und die Länder erstatten in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über die Anwendung der Vorschriften dieses Teils und der aufgrund des § 113 erlassenen Rechtsverordnungen bis zum 15. Februar 2017 und danach auf Anforderung schriftlich Bericht. Zu berichten ist regelmäßig über die jeweils letzten drei Kalenderjahre, die der Anforderung vorausgegangen sind.

(2) Das Statistische Bundesamt erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie eine Vergabestatistik. Zu diesem Zweck übermitteln Auftraggeber im Sinne des § 98 an das Statistische Bundesamt Daten zu öffentlichen Aufträgen im Sinne des § 103 Absatz 1 unabhängig von deren geschätzten Auftragswert und zu Konzessionen im Sinne des § 105. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der Vergabestatistik sowie der Datenübermittlung durch die meldende Stelle einschließlich des technischen Ablaufs, des Umfangs der zu übermittelnden Daten, der Wertgrenzen für die Erhebung sowie den Zeitpunkt des Inkrafttretens und der Anwendung der entsprechenden Verpflichtungen zu regeln.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Die obersten Bundesbehörden und die Länder erstatten in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über die Anwendung der Vorschriften dieses Teils und der aufgrund des § 113 erlassenen Rechtsverordnungen bis zum 15. Februar 2017 und danach auf Anforderung schriftlich Bericht. Zu berichten ist regelmäßig über die jeweils letzten drei Kalenderjahre, die der Anforderung vorausgegangen sind.

(2) Das Statistische Bundesamt erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie eine Vergabestatistik. Zu diesem Zweck übermitteln Auftraggeber im Sinne des § 98 an das Statistische Bundesamt Daten zu öffentlichen Aufträgen im Sinne des § 103 Absatz 1 unabhängig von deren geschätzten Auftragswert und zu Konzessionen im Sinne des § 105. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der Vergabestatistik sowie der Datenübermittlung durch die meldende Stelle einschließlich des technischen Ablaufs, des Umfangs der zu übermittelnden Daten, der Wertgrenzen für die Erhebung sowie den Zeitpunkt des Inkrafttretens und der Anwendung der entsprechenden Verpflichtungen zu regeln.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen einzuhalten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach § 7, § 7a oder § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder einer nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden.

(2) Öffentliche Auftraggeber können darüber hinaus besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags (Ausführungsbedingungen) festlegen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand entsprechend § 127 Absatz 3 in Verbindung stehen. Die Ausführungsbedingungen müssen sich aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben. Sie können insbesondere wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange oder den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen umfassen.