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Die Berufung des Klägers ist in dem vom Senat zugelassenen Umfang zulässig, jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG im Ergebnis zu Recht verneint. Es ist dem Kläger zuzumuten, jedenfalls in das Gebiet des Kosovo zurückzukehren.
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Wegen der von ihm geltend gemachten individuellen Gefährdung steht dem Kläger kein Anspruch auf Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu. Für seine Befürchtung, andere Kosovo-Albaner könnten ihn als Verräter an der eigenen Sache ansehen, fehlt es an tatsächlichen Anhaltspunkten.
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Seine Behauptung, er habe den Vorwurf der Mitarbeit in der UCK öffentlich „massiv“ zurückgewiesen, wird durch die von ihm dafür angeführten Presseartikel nicht gestützt. Die Artikel berichten nur über die Verhaftung des Klägers, die von Seiten der Serben gegen ihn und andere Festgenommene erhobenen Vorwürfe, die Misshandlung des Klägers während der Haft, Verstöße der Polizei und des Gerichts gegen Verfahrensvorschriften und schließlich die Freilassung des Klägers aus Mangel an Beweisen. Über irgendwelche Äußerungen des Klägers zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen enthalten die Artikel nichts. Im Übrigen stammen sie aus dem Jahr 1997, so dass mangels besonderer Anhaltspunkte schon wegen Zeitablaufs nichts dafür spricht, ihnen könne noch heute Relevanz zukommen.
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Die erstmals im Widerrufsverfahren aufgestellte Behauptung des Klägers, er habe die Mitarbeit in der UCK verweigert, ist schon nicht glaubhaft. Sie ist völlig pauschal gehalten und findet sich auch nicht ansatzweise in den Angaben des Klägers bei seiner ersten Anhörung am 03.12.1997 vor dem Bundesamt, obwohl es schon damals nahegelegen hätte, über ein solches Geschehen, das mit der Fluchtgeschichte des Klägers eng zusammengehangen hätte, zu berichten. Unabhängig hiervon wäre die Verweigerung der Mitarbeit in der UCK auch kein Grund für die Annahme, dass der Kläger bei einer Rückkehr in den Kosovo mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit (vgl. zu diesem Prognosemaßstab BVerwG, Urt. v. 17.10.1995, BVerwGE 99, 324) einer erheblichen, konkreten Gefahr im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG ausgesetzt wäre. Das Auswärtige Amt berichtet zwar von gelegentlichen Übergriffen von Albanern gegen Albaner, die der Kollaboration mit den Serben oder der Gegnerschaft zur UCK bezichtigt werden (Lagebericht vom 10.02.2004); dass desertierte UCK-Mitglieder von anderen ehemaligen UCK-Mitgliedern verfolgt worden wären, ist dort aber seit Ende 2001 nicht mehr bekannt geworden (Auskunft vom 18.09.2003 an VG Kassel; ebenso UK Home Office, Serbia and Montenegro Country Report, April 2004); nach Kenntnis des Auswärtigen Amts existieren UCK-Strukturen im Kosovo nicht mehr (Auskunft vom 18.12.2003 an VG Stuttgart). Auch der UNHCR führt in neueren Stellungnahmen die Personen, die sich geweigert haben, sich der UCK anzuschließen oder aus ihr desertiert sind, nicht mehr als besonders schutzwürdig auf (Stellungnahme des UNHCR zur Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo vom 30.03.2004; ebenso schon Positionspapier April 2002; anders noch UNHCR v. 7.3.2000 an OVG Lüneburg und Gesellschaft für bedrohte Völker vom 02.02.2001 an VG Stuttgart). Dies alles lässt nur den Schluss zu, dass eine frühere Weigerung, sich der UCK anzuschließen, bei einer Rückkehr in den Kosovo typischerweise nicht mehr zur Gefährdung des Betreffenden führt. In welchem Umfang dies auch für solche Personen gilt, die darüber hinaus der Gegnerschaft zur UCK bezichtigt werden oder im Verdacht der Kollaboration mit den Serben stehen, kann hier offen bleiben. Zu diesem Personenkreis ist der Kläger, auch unter Berücksichtigung der von ihm im ersten Asylverfahren angegebenen Mitgliedschaft in der LDK vor seiner Ausreise im Jahr 1997, nicht zu rechnen (vgl. dazu auch Schweizer Flüchtlingshilfe vom 28.09.2000 an VG München).
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Das weitere Vorbringen des Klägers, bei Rückkehr müsse er mit Verfolgung durch die Serben rechnen, zielt offensichtlich auf die Annahme politischer Verfolgung, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist. Im Übrigen ist die Ausübung der Regierungsgewalt Serbien und Montenegros im Kosovo, wohin der Kläger zurückkehren kann, de facto suspendiert (AA, Lagebericht vom 10.02.2004), so dass der Kläger jedenfalls dort keine Verfolgung durch serbische Sicherheitskräfte zu befürchten hat. Für eine Gefährdung durch die im Kosovo lebende serbische Minderheit bestehen keine Anhaltspunkte.
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Soweit der Kläger erstmals mit seiner ergänzenden Berufungsbegründung vom 19.05.2004 geltend macht, traumatisiert zu sein und unter erheblichen Ängsten zu leiden, kann auch dies keinen Anspruch auf Abschiebungsschutz begründen. Es ist nicht ersichtlich, dass sich sein Gesundheitszustand bei einer Rückkehr in den Kosovo wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde (vgl. zu dieser Voraussetzung BVerwG, Urt. v. 25.11.1997, BVerwGE 105, 383). Seine pauschale und durch nichts belegte Behauptung, eine Rückkehr an den Ort seiner Misshandlungen würde seine bestehenden Ängste verstärken, genügt schon nicht für die Annahme einer wesentlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustands. Darüber hinaus ist diese Behauptung auch nicht ohne weiteres plausibel. Denn seit dem Einrücken der UN Friedenstruppe Kosovo Force (KFOR) sind alle serbischen beziehungsweise jugoslawischen Armeetruppen, sonderpolizeilichen Einheiten und paramilitärischen Gruppen aus dem Kosovo abgezogen worden (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.03.2000 - A 14 S 1167/98 -), so dass der Kläger bei einer Rückkehr gerade nicht mit etwaigen früheren Peinigern konfrontiert wird. Auf die vom Kläger erwähnten Behandlungsmöglichkeiten psychischer Belastungsstörungen im Kosovo kommt es schon deshalb nicht an, weil weder substantiiert dargelegt noch sonst ersichtlich ist, inwiefern beim Kläger ein entsprechender Behandlungsbedarf bestehen soll. Hinzu kommt, dass angesichts seines eigenen Vorbringens auch nichts dafür spricht, er werde zur Zeit wegen der von ihm vorgetragenen Ängste tatsächlich behandelt.
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Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 AuslG kommt auch nicht im Hinblick auf die im Kosovo herrschenden sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Betracht. Insoweit findet die Vorschrift des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nach der ausdrücklichen Regelung in § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG keine Anwendung, weil es um Lebensbedingungen geht, denen nicht nur der Kläger, sondern die Bevölkerung des Kosovo allgemein ausgesetzt sind. Bei allgemeinen Gefahren sieht das Gesetz aber keinen individuellen Abschiebungsschutz vor, sondern stellt es in das politische Ermessen der obersten Landesbehörde, ihnen durch eine Anordnung nach § 54 AuslG Rechnung zu tragen. Nur wenn der Kläger insoweit gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde, der Vollzug seiner Abschiebung also wegen einer extremen Gefahrenlage im Zielstaat Verfassungsrecht verletzen würde, wäre ihm in verfassungskonformer Handhabung des § 53 Abs. 6 AuslG ausnahmsweise trotz Fehlens einer Anordnung nach § 54 AuslG Schutz vor Abschiebung zuzusprechen (st. Rspr. des BVerwG, vgl. etwa Urteile vom 12.07.2001 - 1 C 2.01 -, DVBl. 2001, 1531; und - 1 C 5.01 -, DVBl. 2001, 1772; vgl. auch Urteil des Senats vom 13.11.2002 - A 6 S 967/01 - juris).
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Eine derart extreme Gefahrenlage besteht für den Kläger im Hinblick auf die allgemeine soziale und wirtschaftliche Situation im Kosovo aber nicht. Der Kläger müsste bei einer Rückkehr weder mit einem Leben unter dem Existenzminimum noch mit sonstigen lebensbedrohenden Gefahren und Nachteilen rechnen. Hierzu hat der 14. Senat in seinem Urteil vom 23.01.2003 - A 14 S 1083/01 -, das dem Kläger übersandt worden ist, unter Wiedergabe des grundlegenden Urteils vom 16.03.2000 - A 14 S 2443/98 - (AuAS 2000, 152) ausgeführt, ein Leben über dem Existenzminimum sei im Kosovo durch die Anwesenheit der KFOR-Truppen, der Zivilpräsenz der UNO und durch die Aktivitäten zahlreicher Hilfsorganisationen gesichert; insbesondere sei die Versorgung mit Lebensmitteln und sonstigen Bedarfsgütern gewährleistet und müssten die Bewohner des Kosovo nicht mit Obdachlosigkeit oder auf Dauer völlig unzureichenden Wohnverhältnissen rechnen. Es drohten auch keine nicht beherrschbaren gesundheitlichen Risiken und Gefahren, nachdem die medizinische Grundversorgung und die Versorgung in akuten Notfällen gewährleistet sei; die Minengefahr im Kosovo sei auf Grund der erfolgreichen Minenräumprogramme, der inzwischen gewonnenen Informationen und der Aufklärungsprogramme ebenfalls beherrschbar geworden.
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Diese Einschätzung, der sich der Senat anschließt, gilt weiterhin, auch wenn sich internationale Hilfsorganisationen inzwischen aus dem Kosovo zurückgezogen haben (UNHCR, Anmerkung vom 15.03.2004 zum Beschluss des OVG Lüneburg vom 14.01.2004 und zum Urteil des VG Gießen vom 02.02.2004). Die Phase der humanitären und infrastrukturellen Nothilfe im Kosovo ist abgeschlossen; Schwerpunkt der Projektarbeit sind nun Aufbau und Unterstützung demokratischer Institutionen und rechtsstaatlicher Strukturen (AA, Lagebericht vom 10.02.2004). Eine erhebliche Anzahl von internationalen zivilen Experten wirken am Wiederaufbau mit (AA, aaO). Trotz zum Teil desolater Infrastruktur ist die Grundversorgung mit Lebensmitteln gewährleistet (AA, aaO). Wohnraum ist zwar knapp, ein Großteil der zerstörten Wohnhäuser ist jedoch wiederaufgebaut (U.K. Home Office, Country Report, April 2004; AA, aaO). Bedürftige Personen, die nicht von Familienangehörigen oder Freunden oder Gastfamilien aufgenommen werden, können vorübergehend in kommunalen Sammelunterkünften unterkommen (UNHCR v. 24.10.2003 an VG Saarlouis). Die Versorgung mit Strom und Wasser verbessert sich trotz häufiger Ausfälle laufend (AA, aaO; U.K. Home Office, aaO; kritischer noch der vom Kläger dem Verwaltungsgericht vorgelegte Monatsbericht August 2002 der Informationsstelle der Deutschen Caritas und Diakonie Pristina); inzwischen sind 80 % der Bevölkerung an die Trinkwasserversorgung angeschlossen (U.K. Home Office, aaO). Auch die medizinische Versorgung verbessert sich weiter (U.K. Home Office, aaO), Leistungen im öffentlichen Gesundheitswesen sind gegen geringe Kostenbeiträge erhältlich (2-3 EUR bei ambulanter Behandlung, 0,50 - 1 EUR Eigenbeteiligung pro Medikament, 10 EUR pro Tag bei stationärer Behandlung, vgl. AA, aaO; vgl. dazu auch U.K. Home Office, aaO). Bedürftige Personen erhalten, wenn auch kaum zum Leben ausreichende, Sozialhilfe (UNHCR, Länderinformation vom 05.05.2004: 35 EUR für eine Einzelperson). Die Arbeitslosenquote liegt zwar bei 57 %; 30% der Bevölkerung arbeiten allerdings auf dem informellen Arbeitsmarkt (UNHCR vom 24.10.2003 an VG Saarlouis; AA, aaO). Insgesamt kann daher im Hinblick auf die allgemeinen Lebensbedingungen im Kosovo nach wie vor nicht von einer extremen Gefahrenlage ausgegangen werden.
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Auch aus der albanischen Volkszugehörigkeit des Klägers resultiert kein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG. Auch hier gilt wegen der Sperrwirkung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG, dass Abschiebungsschutz nur bei einer extremen Gefahrenlage gewährt werden könnte. Für eine solche Gefahrenlage bestehen aber keine Anhaltspunkte. Es ist nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit (vgl. zu diesem Prognosemaßstab Urteil des Senats vom 13.11.2002 - A 6 S 967/01 -, juris; BVerwG, Urteil vom 19.11.1996, BVerwGE 102, 249) davon auszugehen, dass der Kläger wegen seiner Volkszugehörigkeit im Kosovo Opfer von Gewalttätigkeiten wird. Dies hat der 14. Senat in seinen Urteilen vom 16.03.2000 (aaO) und vom 17.03.2000 (A 14 S 1167/98, juris) eingehend dargelegt. Auch diese Einschätzung hat nach wie vor Gültigkeit. Insbesondere geben auch die jüngsten Ereignisse im Kosovo im März 2004 keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Die Gewalttätigkeiten im März 2004 richteten sich vor allem gegen Angehörige der serbischen Minderheit (vgl. UNHCR, aktueller Bericht vom 23.03.2004 sowie Position zur Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo im Lichte der jüngsten ethnisch motivierten Auseinandersetzungen vom 30.03.2004; Deutsches Verbindungsbüro Kosovo, Bericht zu den Ereignissen im Kosovo zwischen dem 16.03.2004 und 19.03.2004; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update zur Situation der ethnischen Minderheiten nach den Ereignissen vom März 2004; BAFl, Kurzinformation: Schwere Unruhen im Kosovo vom 05.04.2004). Allerdings waren auch andere Minderheiten betroffen, darunter auch albanische Volkszugehörige aus Gebieten, in denen sie die ethnische Minderheit darstellen (UNHCR, aaO; BAFl, aaO). Zu dieser laut UNHCR besonders gefährdeten Gruppe der Albaner aus Nord-Mitrovica, Zvecan, Zubin Potok, Leposavic oder Strpce (vgl. UNHCR, aaO, und Länderinformation vom 26.04.2004; siehe auch AA vom 24.05.2004 an VG Bremen) gehört der Kläger, der in Resnik-Kline geboren ist und vor seiner Ausreise zuletzt in Pristina gelebt hat, jedoch gerade nicht.
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Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 134 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
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Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
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Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
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Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
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In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
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Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
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