Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 09. März 2004 - 9 S 762/03

published on 09/03/2004 00:00
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 09. März 2004 - 9 S 762/03
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Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18. Februar 2003 - 7 K 257/01 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein 1963 geborener Arzt, begehrt von der beklagten Landesärztekammer die Anerkennung der Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“.
Der Kläger ist Facharzt für Orthopädie (seit 30.06.1998) mit dem Recht zum Führen der Teilgebietsbezeichnung Rheumatologie (seit 11.04.2000) und den Zusatzbezeichnungen Chirotherapie (seit 09.08.1995), Sportmedizin (seit 12.02.1992) und Physikalische Therapie (seit 14.07.1999). Ihm wurde am 26.06.1990 von der Ärztekammer Schleswig-Holstein der Fachkundenachweis über die Eignung zur Mitwirkung im Rettungsdienst bescheinigt. Seit 01.07.1995 ist er in der Orthopädischen Abteilung des Rehabilitationskrankenhauses xxx tätig.
Am 01.03.2000 trat die neugefasste Weiterbildungsordnung der Beklagten vom 19.01.2000 (Ärzteblatt Baden-Württemberg 2/2000, S. 64, 65) - WBO 2000 - in Kraft, mit der in § 2 Abs. 2 Nr. 11a die Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“ eingeführt wurde.
Für den Erwerb der neueingeführten Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“ wurde in § 22 Abs. 14 WBO 2000 folgende Übergangsvorschrift geschaffen:
„Auf Antrag erhält das Recht zum Führen der Zusatzbezeichnung Notfallmedizin, wer nach Erwerb des Fachkundennachweises über die Eignung von Ärzten zur Mitwirkung im Rettungsdienst in einem Zeitraum von zwölf Monaten regelmäßig notärztlich tätig war. Entsprechende Anträge müssen bis spätestens 31.12.2004 gestellt werden. Bis 31.12.2002 kann der Nachweis von 50 Notarzteinsätzen unter Anleitung eines Arztes (im Sinne von Abschnitt II Nr. 11 Ziff. 4) auch geführt werden, wenn der anleitende Arzt den Fachkundenachweis über die Eignung von Ärzten zur Mitwirkung im Rettungsdienst besitzt.“
Am 03.05.2000 fasste der Vorstand der Landesärztekammer Baden-Württemberg in Bezug auf die in § 22 Abs. 14 WBO 2000 geforderte 12-monatige regelmäßige notärztliche Tätigkeit nach Erwerb der Fachkunde folgenden „Auslegungsbeschluss“:
„1. Notärztliche Tätigkeit ist eine Tätigkeit im Notarztwagen (NAW) oder Rettungshubschrauber. Die klinische Tätigkeit auf einer Intensivstation oder Notfallaufnahmestation oder in einer Notfallambulanz erfüllt diese Voraussetzungen nicht; ebenso wenig die Tätigkeit eines niedergelassenen Arztes im Rahmen des ärztlichen Notfall-/Bereitschaftsdienstes.
2. Eine regelmäßige notärztliche Tätigkeit weist nach, wer nach Erwerb der Fachkunde in einem 12-monatigen Zeitraum zwischen dem 01.03.1997 und dem 31.12.2004 mindestens 50 Einsätze im NAW oder Rettungshubschrauber absolviert hat. Der Nachweis ist durch Vorlage einer Bescheinigung des für den Rettungsdienst zuständigen ärztlichen Einsatzleiters zu erbringen. Die Vorlage der Einsatzprotokolle ist in der Regel nicht erforderlich, die Bezirksärztekammer kann jedoch im Einzelfall auf der Vorlage bestehen.“
Am 09.05.2000 beantragte der Kläger bei der Bezirksärztekammer Südwürttemberg die Anerkennung der Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“ nach der Übergangsbestimmung des § 22 Abs. 14 WBO 2000. Zur Begründung führte er aus, er habe nach Erwerb des Fachkundenachweises mehr als 200 Notarzteinsätze während seiner zweijährigen chirurgischen Weiterbildung (einschließlich chirurgischer Intensivmedizin) in Heidelberg durchgeführt. Zum Nachweis fügte er seinem Antrag beglaubigte Kopien des Fachkundenachweises vom 26.06.1990 und eines von Prof. Dr. xxx, Geschäftsführender Ärztlicher Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg, unterzeichneten OP-Katalogs aus dem Jahr 1993 bei, in welchem dem Kläger u.a. 214 Notarzteinsätze („HT-10“) bescheinigt werden.
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Mit Bescheid vom 11.07.2000/14.07.2000 lehnte die Bezirksärztekammer Südwürttemberg den Antrag des Klägers ab. Zur Begründung führte sie aus, dem Antrag habe nicht stattgegeben werden können, da der Kläger nach dem maßgeblichen Stichtag, d.h. nach dem 01.03.1997, keine 50 Notarzteinsätze innerhalb von zwölf Monaten in einem Notarztwagen oder Rettungshubschrauber nachgewiesen habe.
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Der Kläger erhob gegen diesen Bescheid rechtzeitig Widerspruch und trug vor, die Bezirksärztekammer gehe zu Unrecht davon aus, dass die 12-monatige regelmäßige notärztliche Tätigkeit nur innerhalb des vom Vorstand festgelegten Zeitfensters erworben und nachgewiesen werden könne. Er habe durch die vierfache Anzahl von Notarzteinsätzen hinreichend unter Beweis gestellt, dass er mit allen Anforderungen eines Notarzteinsatzes vertraut sei.
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Die von der Bezirksärztekammer Südwürttemberg daraufhin angehörten Sachverständigen Dr. xxx, Dr. xxx und Dr. xxx sprachen sich unter Bezugnahme auf den Auslegungsbeschluss des Vorstandes dafür aus, dem Widerspruch des Klägers nicht abzuhelfen. Sie wiesen im Wesentlichen darauf hin, dass der Kläger seit 1993 keine notärztlichen Tätigkeiten im Notarztwagen oder Rettungshubschrauber habe nachweisen können. Die Notfallmedizin sei jedoch ein Wissens- und Tätigkeitsbereich, der im schnellen Wandel begriffen sei und in welchem gerade in den letzten Jahren neue Verfahren eingeführt worden seien. Es sei daher gerechtfertigt, eine aktuelle Tätigkeit in diesem Bereich als Voraussetzung für den Erwerb dieser Zusatzbezeichnung vorzuschreiben. Hierdurch erleide der Kläger auch keine Nachteile, da die Möglichkeit, weiterhin als Notarzt in Baden-Württemberg tätig zu sein, nicht an die Zusatzbezeichnung, sondern an den Fachkundenachweis Rettungsdienst gebunden sei. Die vom Beklagten zusätzlich herangezogenen Sachverständigen, Privatdozent Dr. xxx und Dr. xxx, empfahlen ebenfalls, dem Rechtsbehelf nicht stattzugeben.
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Mit Bescheid vom 17.01.2001 wies die Landesärztekammer Baden-Württemberg den Widerspruch des Klägers zurück und begründete dies damit, dass der Kläger die vom Vorstand der Landesärztekammer geforderten Voraussetzungen für den Übergangserwerb der Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“ nicht erfülle, da er nicht über 50 Einsätze im Notarztwagen oder Rettungshubschrauber in einem 12-monatigen Zeitraum nach dem 01.03.1997 nachweisen könne. Das gesamte Spektrum der Notfallmedizin könne nur durch eine regelmäßige Tätigkeit und Fortbildung in diesem Bereich abgedeckt werden. Gerade in den letzten Jahren seien viele Neuerungen eingeführt worden, die der Kläger bis 1993 in dieser Form nicht durchgeführt habe.
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Der Kläger hat hiergegen rechtzeitig beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben und unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringen ergänzend ausgeführt, es sei unzutreffend, dass die Aktualität notfallmedizinischen Wissens nur durch eine Tätigkeit im Notarztwagen oder Rettungshubschrauber in einem Zeitraum zwischen dem 01.03.1997 und dem 31.12.2004 nachgewiesen werden könne. Er sei bei seiner jetzigen Tätigkeit in den Bereitschaftsdiensten bei mindestens 130 Akutpatienten tätig gewesen. Jede orthopädische Station sei mit einem eigenen Notfallkoffer ausgerüstet, der dann auch fachgerecht angewandt werden müsse. Die hierfür erforderlichen Kenntnisse besitze er. Seit über einem Jahr sei er als orthopädischer Stationsarzt der septischen Station gleichzeitig auch zuständig für die anästhesiologisch geleitete Intensivstation. Die Beklagte wendet demgegenüber ergänzend ein, dass eine Person, die vor mehreren Jahren den Fachkundenachweis Rettungsdienst erworben habe und anschließend nicht mehr aktiv im Notarztwesen tätig gewesen sei, sich fachlich-medizinisch nicht mehr auf dem aktuellen Kenntnis- und Wissensstand befinde.
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Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide der Bezirksärztekammer Südwürttemberg und der Landesärztekammer Baden-Württemberg die Beklagte verpflichtet, dem Kläger die Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“ zu erteilen. Der Anspruch des Klägers ergebe sich aus § 22 Abs. 14 WBO 2000. Der Kläger habe nach Erwerb des erforderlichen Fachkundenachweises Rettungsdienst, d.h. nach dem Jahr 1990, in einem Zeitraum von mehr als zwölf Monaten (01.07.1991 bis 30.06.1993) während seiner chirurgischen Weiterbildung in Heidelberg insgesamt 214 Notarzteinsätze durchgeführt und hierüber eine Bescheinigung vorgelegt. Der Auffassung der Beklagten, dass diese Notarzteinsätze nicht zu berücksichtigen seien, weil sie der Kläger vor dem 01.03.1997 durchgeführt habe, könne nicht gefolgt werden. Der insoweit von der Beklagten zitierte Auslegungsbeschluss des Vorstandes der Landesärztekammer vom 08.05.2000 sei für die gerichtliche Beurteilung nicht verbindlich, da hierdurch die von der Vertreterversammlung der Landesärztekammer als Satzung erlassene Weiterbildungsordnung nicht geändert oder eingeschränkt werden könne.
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Gegen das ihr am 12.03.2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 15.03.2003 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, die sie fristgerecht wie folgt begründet: Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass der Beschluss des Vorstandes die Regelung in der Satzung einschränke. Dieser Beschluss stelle nur eine (zulässige) Präzisierung einer satzungsrechtlichen Regelung dar. Es habe sich  nach Inkrafttreten der Satzungsänderung im März 2000 als notwendig erwiesen, die Begriffe „Zeitraum von zwölf Monaten“ und „regelmäßige notärztliche Tätigkeit“ näher zu erläutern. Nach Auffassung des Vorstandes sei eine Person, die vor mehreren Jahren den Fachkundenachweis erworben habe und anschließend nicht mehr aktiv im Notarztwesen tätig gewesen sei, medizinisch-fachlich nicht mehr auf dem aktuellen Kenntnisstand. Um das Ziel der Einführung der neuen Zusatzbezeichnung Notfallmedizin zu erreichen, d.h. eine gleichmäßige Versorgung von Notfallpatienten auf hohem Niveau sicher zu stellen, sei ein nahezu 8-jähriger Zeitraum festgelegt und der Zeitraum vor der Einführung der Zusatzbezeichnung auf drei Jahre begrenzt worden.
17 
Die Beklagte beantragt,
18 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18.02.2003 - 7 K 257/01 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
19 
Der Kläger beantragt:
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die Berufung zurückzuweisen.
21 
Er trägt vor, das Verwaltungsgericht habe zutreffend darauf hingewiesen, dass der vom Vorstand der Beklagten gewählte Zeitraum willkürlich sei, da nicht von jedem Übergangsbewerber ein aktueller Nachweis seiner Kenntnisse gefordert werde. Auch finde sich in der Weiterbildungsordnung kein Hinweis auf die vom Vorstand geforderte Aktualität der absolvierten Notarzteinsätze.
22 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vor. Wegen der Einzelheiten wird auf sie und auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten im Berufungsverfahren Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die aufgrund der Berufungszulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung der Beklagten ist auch sonst zulässig, sie ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Anerkennung der Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“ auf der Grundlage von § 22 Abs. 14 WBO 2000 bejaht.
24 
1. Nach § 11 WBO 2000 setzt die Anerkennung von Arztbezeichnungen - hier: Zusatzbezeichnung nach § 2 Abs. 2 Nr. 11a WBO 2000 - im Regelfall eine abgeschlossene Weiterbildung voraus. Nach § 4 i.V.m. Abschnitt II Nr. 11a WBO 2000 erfordert die reguläre Weiterbildung zum Erwerb der Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“ den Nachweis einer mindestens zweijährigen klinischen Tätigkeit in einem Krankenhaus bei dem Tag und Nacht Aufnahmebereitschaft für Notfälle besteht, eine sechsmonatige Weiterbildung auf einer Intensivstation an einer Weiterbildungsstätte gemäß § 7 Abs. 1 WBO 2000, die Teilnahme an interdisziplinären Kursen über allgemeine und spezielle Notfallbehandlung von mindestens 80 Unterrichtseinheiten à 45 Minuten Dauer und den Nachweis von 50 Notarzteinsätzen unter Anleitung eines Arztes, der zum Führen der Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“ berechtigt ist, wobei mit den beiden letztgenannten Kursen bzw. Notarzteinsätzen erst nach Absolvierung einer mindestens 18-monatigen klinischen Tätigkeit begonnen werden darf. Nach der - generellen - Übergangsregelung des § 22 Abs. 3 Satz 1 WBO 2000 kann ein Bewerber die Anerkennung zum Führen einer neueingeführten Arztbezeichnung in einem Gebiet, Schwerpunkt oder - wie hier - Bereich (auch) erhalten, wenn er innerhalb der letzten acht Jahre vor der Einführung in dem entsprechenden Gebiet, Schwerpunkt oder Bereich mindestens die gleiche Zeit, welche der jeweiligen Mindestdauer der Weiterbildung entspricht, regelmäßig an Weiterbildungsstätten oder vergleichbaren Einrichtungen tätig war. Für den Bereich „Notfallmedizin“ enthält § 22 Abs. 14 WBO 2000 eine hiervon abweichende Spezialregelung. Hiernach erhält auf Antrag das Recht zum Führen der Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“, wer nach Erwerb des Fachkundenachweises über die Eignung von Ärzten zur Mitwirkung im Rettungsdienst in einem Zeitraum von zwölf Monaten regelmäßig notärztlich tätig war. Entsprechende Anträge müssen bis spätestens 31.12.2004 gestellt werden.
25 
2. Die Regelung des § 22 Abs. 14 WBO 2000 ist gültig. Sie beruht auf § 38 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die öffentliche Berufsvertretung, die Berufspflichten, die Weiterbildung und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Dentisten (Heilberufe-Kammergesetz) vom 16. März 1995 (GBl. S. 313) in der hier maßgeblichen Fassung des Änderungsgesetzes vom 25.11.1999 (GBl. S. 453) - nachfolgend: Kammergesetz -. Hiernach erlässt die Beklagte eine Weiterbildungsordnung als Satzung (§ 38 Abs. 1 Kammergesetz) und regelt darin insbesondere die in § 38 Abs. 2 Kammergesetz angeführten Gegenstände. Diese Ermächtigung umfasst auch Übergangsbestimmungen für den Fall der Einführung einer neuen Arztbezeichnung (vgl. Senat, Urteil vom 28.03.2000 - 9 S 1994/99 -, VGH BW-LS 2000, Beil.6, B 4-5, DVBl 2000, 1070-1072, NJW 2000, 3081-3084, ArztR 2001,130-133).
26 
3. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des § 22 Abs. 14 WBO 2000. Er war nach dem Erwerb des Fachkundenachweises über die Eignung von Ärzten zur Mitwirkung im Rettungsdienst, d.h. nach dem 26.06.1990, in einem Zeitraum von zwölf Monaten, nämlich in der Zeit vom 01.07.1991 bis zum 30.06.1993, regelmäßig notärztlich tätig. Dies wird von der Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen. Die Beklagte meint jedoch, die vom Kläger nachgewiesene regelmäßige notarztärztliche Tätigkeit könne nicht berücksichtigt werden, da sie vor dem 01.03.1997 abgeleistet wurde. Eine solche (zeitliche) Einschränkung lässt sich jedoch weder dem Wortlaut des § 22 Abs. 14 WBO 2000 entnehmen, noch ist diese Regelung einer solchen Auslegung zugänglich.
27 
a) Die Auslegung der Übergangsbestimmung hat sich an ihrem Zweck zu orientieren. Sie soll es älteren Ärzten, die bereits vor Einführung einer neuen Bezeichnung spezialärztliche Kenntnisse in praktischer Berufstätigkeit erworben haben, ersparen, sich der neu normierten Weiterbildung unter Beeinträchtigung ihrer erreichten beruflichen Stellung zu unterziehen, und berufliche Benachteiligungen gegenüber jüngeren Ärzten ausschließen, die die Weiterbildung von vorneherein in ihre berufliche Planung einbeziehen können. Damit erlauben die genannten Übergangsbestimmungen keinen Abstrich an den inhaltlichen Anforderungen, an die besonderen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten des Arztes. Jede Arztbezeichnung - auch die nach § 22 Abs. 14 WBO 2000 erlangte - soll den Patienten schützen, in dem sie bestätigt, dass der so ausgewiesene Arzt die mit der besonderen Bezeichnung verbundenen besonderen fachlichen Fähigkeiten auch besitzt. Eine Differenzierung zwischen Übergangs- und Regelbewerbern nach dem Umfang der spezialärztlichen Kenntnisse und Erfahrungen in quantitativer und qualitativer Hinsicht ist damit nicht zulässig. Der Unterschied besteht nicht im Umfang der Befähigung, sondern allein in der Art und Weise, in der sie erworben wurde (vgl. Senat, Urteile vom 25.01.1993 - 9 S 3070/90 -, vom 28.03.2000 - 9 S 1994/99 -, aaO, und vom 09.03.2004 - 9 S 656/03 -). Der Satzungsgeber muss daher sicherstellen, dass die bisherige Tätigkeit des Übergangsbewerbers tatsächlich dem Erwerb besonderer Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten gerade auf dem später neu eingeführten Gebiet, Teilgebiet oder - wie hier - Bereich geführt hat.
28 
b) Dem wurde die Landesärztekammer mit der Regelung in § 22 Abs. 14 WBO 2000 gerecht. Denn diese Übergangsvorschrift knüpft den Anspruch auf Anerkennung der Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“ an den Nachweis einer zwölfmonatigen regelmäßigen notärztlichen Tätigkeit nach Erwerb des Fachkundenachweises über die Eignung von Ärzten zur Mitwirkung im Rettungsdienst. Damit gewährleistet diese Regelung, dass der Übergangsbewerber die mit der Arztbezeichnung verbundenen besonderen fachlichen Fähigkeiten tatsächlich erworben hat. Da eine am Zweck der Übergangsbestimmung orientierte Auslegung aber auch voraussetzt, dass der Übergangsbewerber die mit der besonderen Bezeichnung verbundenen besonderen fachlichen Fähigkeiten im Zeitpunkt des Übergangserwerbs noch besitzt, ist der Einwand der Beklagten, die letzte notärztliche Tätigkeit dürfe nicht zu lange zurückliegen, um dem aktuellen Kenntnisstand noch zu genügen, nicht generell von der Hand zu weisen. Da die Regelung des § 22 Abs. 14 WBO 2000 jedoch nur bestimmt, bis zu welchem Zeitpunkt ein Antrag auf Anerkennung nach dieser Bestimmung gestellt werden kann (31.12.2004) und nicht regelt, wie lange die zwölfmonatige regelmäßige notärztliche Tätigkeit zurückliegen darf, könnte sich eine am Zweck der Übergangsbestimmung orientierte Beschränkung allenfalls aus der (generellen) Übergangsbestimmung des § 22 Abs. 3 WBO 2000 ergeben. Hiernach muss die mit der Arztbezeichnung verbundene besondere fachliche Fähigkeit innerhalb eines 8-Jahreszeitraums vor der Einführung der neuen Arztbezeichnung erworben worden sein. Selbst wenn man diese 8-Jahresfrist zugrunde legen würde, hätte der Kläger gleichwohl einen Anspruch auf die begehrte Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“. Denn er war seit dem 01.03.1992 (8 Jahre vor Einführung der Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“) bis zum 30.06.1993 in einem Zeitraum von über zwölf Monaten regelmäßig notärztlich tätig. Aus diesem Grund kann auch dahingestellt bleiben, ob er sich etwaige vor diesem 8-Jahreszeitraum erworbenen Fähigkeiten - wie von ihm behauptet - durch seine ärztlichen Tätigkeit in den Bereitschaftsdiensten im RKU bewahrt und sich insoweit auch fortgebildet hat (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 28.03.2000 - 9 S 1994/99 - aaO).
29 
4. Eine weitere, die Grenzen der Auslegung der Satzungsbestimmung überschreitende, Einschränkung der Voraussetzungen des Übergangserwerbs durch Beschluss des Vorstands der Beklagten ist - wie das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt hat - nicht zulässig. Denn der Vorstand ist zum Erlass bzw. zur Änderung von Satzungen nicht berechtigt. Diese Befugnis steht gemäß § 9 Abs. 2 Kammergesetz allein der Vertreterversammlung zu. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass es durchaus angezeigt sein kann, einzelne Satzungsbestimmungen durch Beschlüsse des Vorstands näher zu konkretisieren, um eine einheitliche Anwendung der Weiterbildungsordnung zu gewährleisten. Solche „Auslegungsbeschlüsse“ des Vorstandes sind jedoch lediglich Verwaltungsvorschriften, denen keine normkonkretisierende Funktion und damit keine rechtliche Auswirkung zukommt. Sie sind damit nur Gegenstand und nicht Maßstab der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.1998 - 8 C 16/96 -, BVerwGE 107, 338-344, DVBl 1999, 399-401, DÖV 1999, 469-471). Die Verwaltungsgerichte sind daher bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer von der Verwaltung getroffenen Entscheidung an die Verwaltungsvorschriften nicht gebunden. Denn Grundlage dieser Entscheidung ist nur das materielle Recht, zu dem die Verwaltungsvorschriften nicht gehören. Dies schließt jedoch nicht aus, dass sich die Gerichte aus eigener Überzeugung einer Gesetzesauslegung anschließen, die in einer Verwaltungsvorschrift vertreten wird. Eine normkonkretisierende Wirkung, wie sie teilweise bei Verwaltungsvorschriften des Umwelt- und Technikrechts zur - auch für die Gerichte verbindlichen - Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe oder „offener“ Normen angenommen wird, ist im Bereich der Weiterbildungsordnung jedoch nicht zulässig. Denn eine solche normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift wäre mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) unvereinbar (vgl. zur Untauglichkeit normkonkretisierender Richtlinien als Grundlage von Beschränkungen der Berufswahlfreiheit: BVerfG, Beschl. vom 21.06.1989 - 1 BvR 32/87 -, BVerfGE 80, 257-268, DVBl 1989, 992-993, NJW 1989, 2614-2615). Zwar betreffen Regelungen über besondere Arztbezeichnungen regelmäßig nur die Berufsausübung und sind daher schon dann rechtmäßig, wenn sie aus Gründen des gemeinen Wohls gerechtfertigt und verhältnismäßig sind. Dass Einschränkungen der Weiterbildungsordnung über deren offenen Wortlaut hinaus durch bloßen Vorstandsbeschluss, d.h. durch Verwaltungsvorschrift, von der Natur der Sache her geboten sein könnten, ist jedoch nicht ersichtlich. Vielmehr ist es Sache des Satzungsgebers, eine Regelung in der Weiterbildungsordnung zu ändern, wenn er zu der Auffassung gelangt, dass diese Regelung lückenhaft ist. Nur bei diesem Verfahren wird auch sichergestellt, dass die in § 9 Abs. 3 Kammergesetz vorgesehene Genehmigungspflicht der Aufsichtsbehörde nicht durch nachträgliche Beschlüsse des Vorstands unterlaufen wird (vgl. hierzu auch den Erlass des Sozialministeriums Baden-Württemberg vom 31.07.2000, Bl. 33 der Gerichtsakten).
30 
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Ein Grund nach § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, besteht nicht.

Gründe

 
23 
Die aufgrund der Berufungszulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung der Beklagten ist auch sonst zulässig, sie ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Anerkennung der Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“ auf der Grundlage von § 22 Abs. 14 WBO 2000 bejaht.
24 
1. Nach § 11 WBO 2000 setzt die Anerkennung von Arztbezeichnungen - hier: Zusatzbezeichnung nach § 2 Abs. 2 Nr. 11a WBO 2000 - im Regelfall eine abgeschlossene Weiterbildung voraus. Nach § 4 i.V.m. Abschnitt II Nr. 11a WBO 2000 erfordert die reguläre Weiterbildung zum Erwerb der Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“ den Nachweis einer mindestens zweijährigen klinischen Tätigkeit in einem Krankenhaus bei dem Tag und Nacht Aufnahmebereitschaft für Notfälle besteht, eine sechsmonatige Weiterbildung auf einer Intensivstation an einer Weiterbildungsstätte gemäß § 7 Abs. 1 WBO 2000, die Teilnahme an interdisziplinären Kursen über allgemeine und spezielle Notfallbehandlung von mindestens 80 Unterrichtseinheiten à 45 Minuten Dauer und den Nachweis von 50 Notarzteinsätzen unter Anleitung eines Arztes, der zum Führen der Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“ berechtigt ist, wobei mit den beiden letztgenannten Kursen bzw. Notarzteinsätzen erst nach Absolvierung einer mindestens 18-monatigen klinischen Tätigkeit begonnen werden darf. Nach der - generellen - Übergangsregelung des § 22 Abs. 3 Satz 1 WBO 2000 kann ein Bewerber die Anerkennung zum Führen einer neueingeführten Arztbezeichnung in einem Gebiet, Schwerpunkt oder - wie hier - Bereich (auch) erhalten, wenn er innerhalb der letzten acht Jahre vor der Einführung in dem entsprechenden Gebiet, Schwerpunkt oder Bereich mindestens die gleiche Zeit, welche der jeweiligen Mindestdauer der Weiterbildung entspricht, regelmäßig an Weiterbildungsstätten oder vergleichbaren Einrichtungen tätig war. Für den Bereich „Notfallmedizin“ enthält § 22 Abs. 14 WBO 2000 eine hiervon abweichende Spezialregelung. Hiernach erhält auf Antrag das Recht zum Führen der Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“, wer nach Erwerb des Fachkundenachweises über die Eignung von Ärzten zur Mitwirkung im Rettungsdienst in einem Zeitraum von zwölf Monaten regelmäßig notärztlich tätig war. Entsprechende Anträge müssen bis spätestens 31.12.2004 gestellt werden.
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2. Die Regelung des § 22 Abs. 14 WBO 2000 ist gültig. Sie beruht auf § 38 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die öffentliche Berufsvertretung, die Berufspflichten, die Weiterbildung und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Dentisten (Heilberufe-Kammergesetz) vom 16. März 1995 (GBl. S. 313) in der hier maßgeblichen Fassung des Änderungsgesetzes vom 25.11.1999 (GBl. S. 453) - nachfolgend: Kammergesetz -. Hiernach erlässt die Beklagte eine Weiterbildungsordnung als Satzung (§ 38 Abs. 1 Kammergesetz) und regelt darin insbesondere die in § 38 Abs. 2 Kammergesetz angeführten Gegenstände. Diese Ermächtigung umfasst auch Übergangsbestimmungen für den Fall der Einführung einer neuen Arztbezeichnung (vgl. Senat, Urteil vom 28.03.2000 - 9 S 1994/99 -, VGH BW-LS 2000, Beil.6, B 4-5, DVBl 2000, 1070-1072, NJW 2000, 3081-3084, ArztR 2001,130-133).
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3. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des § 22 Abs. 14 WBO 2000. Er war nach dem Erwerb des Fachkundenachweises über die Eignung von Ärzten zur Mitwirkung im Rettungsdienst, d.h. nach dem 26.06.1990, in einem Zeitraum von zwölf Monaten, nämlich in der Zeit vom 01.07.1991 bis zum 30.06.1993, regelmäßig notärztlich tätig. Dies wird von der Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen. Die Beklagte meint jedoch, die vom Kläger nachgewiesene regelmäßige notarztärztliche Tätigkeit könne nicht berücksichtigt werden, da sie vor dem 01.03.1997 abgeleistet wurde. Eine solche (zeitliche) Einschränkung lässt sich jedoch weder dem Wortlaut des § 22 Abs. 14 WBO 2000 entnehmen, noch ist diese Regelung einer solchen Auslegung zugänglich.
27 
a) Die Auslegung der Übergangsbestimmung hat sich an ihrem Zweck zu orientieren. Sie soll es älteren Ärzten, die bereits vor Einführung einer neuen Bezeichnung spezialärztliche Kenntnisse in praktischer Berufstätigkeit erworben haben, ersparen, sich der neu normierten Weiterbildung unter Beeinträchtigung ihrer erreichten beruflichen Stellung zu unterziehen, und berufliche Benachteiligungen gegenüber jüngeren Ärzten ausschließen, die die Weiterbildung von vorneherein in ihre berufliche Planung einbeziehen können. Damit erlauben die genannten Übergangsbestimmungen keinen Abstrich an den inhaltlichen Anforderungen, an die besonderen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten des Arztes. Jede Arztbezeichnung - auch die nach § 22 Abs. 14 WBO 2000 erlangte - soll den Patienten schützen, in dem sie bestätigt, dass der so ausgewiesene Arzt die mit der besonderen Bezeichnung verbundenen besonderen fachlichen Fähigkeiten auch besitzt. Eine Differenzierung zwischen Übergangs- und Regelbewerbern nach dem Umfang der spezialärztlichen Kenntnisse und Erfahrungen in quantitativer und qualitativer Hinsicht ist damit nicht zulässig. Der Unterschied besteht nicht im Umfang der Befähigung, sondern allein in der Art und Weise, in der sie erworben wurde (vgl. Senat, Urteile vom 25.01.1993 - 9 S 3070/90 -, vom 28.03.2000 - 9 S 1994/99 -, aaO, und vom 09.03.2004 - 9 S 656/03 -). Der Satzungsgeber muss daher sicherstellen, dass die bisherige Tätigkeit des Übergangsbewerbers tatsächlich dem Erwerb besonderer Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten gerade auf dem später neu eingeführten Gebiet, Teilgebiet oder - wie hier - Bereich geführt hat.
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b) Dem wurde die Landesärztekammer mit der Regelung in § 22 Abs. 14 WBO 2000 gerecht. Denn diese Übergangsvorschrift knüpft den Anspruch auf Anerkennung der Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“ an den Nachweis einer zwölfmonatigen regelmäßigen notärztlichen Tätigkeit nach Erwerb des Fachkundenachweises über die Eignung von Ärzten zur Mitwirkung im Rettungsdienst. Damit gewährleistet diese Regelung, dass der Übergangsbewerber die mit der Arztbezeichnung verbundenen besonderen fachlichen Fähigkeiten tatsächlich erworben hat. Da eine am Zweck der Übergangsbestimmung orientierte Auslegung aber auch voraussetzt, dass der Übergangsbewerber die mit der besonderen Bezeichnung verbundenen besonderen fachlichen Fähigkeiten im Zeitpunkt des Übergangserwerbs noch besitzt, ist der Einwand der Beklagten, die letzte notärztliche Tätigkeit dürfe nicht zu lange zurückliegen, um dem aktuellen Kenntnisstand noch zu genügen, nicht generell von der Hand zu weisen. Da die Regelung des § 22 Abs. 14 WBO 2000 jedoch nur bestimmt, bis zu welchem Zeitpunkt ein Antrag auf Anerkennung nach dieser Bestimmung gestellt werden kann (31.12.2004) und nicht regelt, wie lange die zwölfmonatige regelmäßige notärztliche Tätigkeit zurückliegen darf, könnte sich eine am Zweck der Übergangsbestimmung orientierte Beschränkung allenfalls aus der (generellen) Übergangsbestimmung des § 22 Abs. 3 WBO 2000 ergeben. Hiernach muss die mit der Arztbezeichnung verbundene besondere fachliche Fähigkeit innerhalb eines 8-Jahreszeitraums vor der Einführung der neuen Arztbezeichnung erworben worden sein. Selbst wenn man diese 8-Jahresfrist zugrunde legen würde, hätte der Kläger gleichwohl einen Anspruch auf die begehrte Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“. Denn er war seit dem 01.03.1992 (8 Jahre vor Einführung der Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“) bis zum 30.06.1993 in einem Zeitraum von über zwölf Monaten regelmäßig notärztlich tätig. Aus diesem Grund kann auch dahingestellt bleiben, ob er sich etwaige vor diesem 8-Jahreszeitraum erworbenen Fähigkeiten - wie von ihm behauptet - durch seine ärztlichen Tätigkeit in den Bereitschaftsdiensten im RKU bewahrt und sich insoweit auch fortgebildet hat (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 28.03.2000 - 9 S 1994/99 - aaO).
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4. Eine weitere, die Grenzen der Auslegung der Satzungsbestimmung überschreitende, Einschränkung der Voraussetzungen des Übergangserwerbs durch Beschluss des Vorstands der Beklagten ist - wie das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt hat - nicht zulässig. Denn der Vorstand ist zum Erlass bzw. zur Änderung von Satzungen nicht berechtigt. Diese Befugnis steht gemäß § 9 Abs. 2 Kammergesetz allein der Vertreterversammlung zu. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass es durchaus angezeigt sein kann, einzelne Satzungsbestimmungen durch Beschlüsse des Vorstands näher zu konkretisieren, um eine einheitliche Anwendung der Weiterbildungsordnung zu gewährleisten. Solche „Auslegungsbeschlüsse“ des Vorstandes sind jedoch lediglich Verwaltungsvorschriften, denen keine normkonkretisierende Funktion und damit keine rechtliche Auswirkung zukommt. Sie sind damit nur Gegenstand und nicht Maßstab der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.10.1998 - 8 C 16/96 -, BVerwGE 107, 338-344, DVBl 1999, 399-401, DÖV 1999, 469-471). Die Verwaltungsgerichte sind daher bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer von der Verwaltung getroffenen Entscheidung an die Verwaltungsvorschriften nicht gebunden. Denn Grundlage dieser Entscheidung ist nur das materielle Recht, zu dem die Verwaltungsvorschriften nicht gehören. Dies schließt jedoch nicht aus, dass sich die Gerichte aus eigener Überzeugung einer Gesetzesauslegung anschließen, die in einer Verwaltungsvorschrift vertreten wird. Eine normkonkretisierende Wirkung, wie sie teilweise bei Verwaltungsvorschriften des Umwelt- und Technikrechts zur - auch für die Gerichte verbindlichen - Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe oder „offener“ Normen angenommen wird, ist im Bereich der Weiterbildungsordnung jedoch nicht zulässig. Denn eine solche normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift wäre mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) unvereinbar (vgl. zur Untauglichkeit normkonkretisierender Richtlinien als Grundlage von Beschränkungen der Berufswahlfreiheit: BVerfG, Beschl. vom 21.06.1989 - 1 BvR 32/87 -, BVerfGE 80, 257-268, DVBl 1989, 992-993, NJW 1989, 2614-2615). Zwar betreffen Regelungen über besondere Arztbezeichnungen regelmäßig nur die Berufsausübung und sind daher schon dann rechtmäßig, wenn sie aus Gründen des gemeinen Wohls gerechtfertigt und verhältnismäßig sind. Dass Einschränkungen der Weiterbildungsordnung über deren offenen Wortlaut hinaus durch bloßen Vorstandsbeschluss, d.h. durch Verwaltungsvorschrift, von der Natur der Sache her geboten sein könnten, ist jedoch nicht ersichtlich. Vielmehr ist es Sache des Satzungsgebers, eine Regelung in der Weiterbildungsordnung zu ändern, wenn er zu der Auffassung gelangt, dass diese Regelung lückenhaft ist. Nur bei diesem Verfahren wird auch sichergestellt, dass die in § 9 Abs. 3 Kammergesetz vorgesehene Genehmigungspflicht der Aufsichtsbehörde nicht durch nachträgliche Beschlüsse des Vorstands unterlaufen wird (vgl. hierzu auch den Erlass des Sozialministeriums Baden-Württemberg vom 31.07.2000, Bl. 33 der Gerichtsakten).
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Ein Grund nach § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im
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published on 24/06/2014 00:00

Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 22. Februar 2013 - 4 K 4062/11 - wird zurückgewiesen.Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 D
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Annotations

Für die Entscheidungen des Generalinspekteurs der Bundeswehr über weitere Beschwerden gilt § 21 Absatz 1, 2 und 3 Satz 2 entsprechend.

Ist der für die Entscheidung zuständige Disziplinarvorgesetzte bei abgesetzten Truppenteilen, an Bord von Schiffen oder in ähnlichen Fällen nicht anwesend und auf dem gewöhnlichen Postweg schriftlich nicht erreichbar, gilt folgendes:

a)
Der Beschwerdeführer kann die Beschwerde einlegen, sobald die Behinderung weggefallen ist. Die Frist für die Einlegung der Beschwerde läuft in diesem Falle erst zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses ab.
b)
Die Beschwerde kann auch bei dem höchsten anwesenden Offizier eingelegt werden. Dieser hat die Entscheidung über die Beschwerde gemäß § 10 vorzubereiten und die Akten nach Behebung des Hindernisses unverzüglich der für die Entscheidung zuständigen Stelle zuzuleiten. Er kann Maßnahmen gemäß § 3 Absatz 2 treffen.

Niemand darf dienstlich gemaßregelt oder benachteiligt werden, weil seine Beschwerde nicht auf dem vorgeschriebenen Weg oder nicht fristgerecht eingelegt worden ist oder weil er eine unbegründete Beschwerde erhoben hat.

(1) Wird der Beschwerdeführer an der Einhaltung einer Frist durch militärischen Dienst, durch Naturereignisse oder andere unabwendbare Zufälle gehindert, läuft die Frist erst zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses ab.

(2) Als unabwendbarer Zufall ist auch anzusehen, wenn eine vorgeschriebene Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder unrichtig ist.

Für die Entscheidungen des Generalinspekteurs der Bundeswehr über weitere Beschwerden gilt § 21 Absatz 1, 2 und 3 Satz 2 entsprechend.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Für die Entscheidungen des Generalinspekteurs der Bundeswehr über weitere Beschwerden gilt § 21 Absatz 1, 2 und 3 Satz 2 entsprechend.

Ist der für die Entscheidung zuständige Disziplinarvorgesetzte bei abgesetzten Truppenteilen, an Bord von Schiffen oder in ähnlichen Fällen nicht anwesend und auf dem gewöhnlichen Postweg schriftlich nicht erreichbar, gilt folgendes:

a)
Der Beschwerdeführer kann die Beschwerde einlegen, sobald die Behinderung weggefallen ist. Die Frist für die Einlegung der Beschwerde läuft in diesem Falle erst zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses ab.
b)
Die Beschwerde kann auch bei dem höchsten anwesenden Offizier eingelegt werden. Dieser hat die Entscheidung über die Beschwerde gemäß § 10 vorzubereiten und die Akten nach Behebung des Hindernisses unverzüglich der für die Entscheidung zuständigen Stelle zuzuleiten. Er kann Maßnahmen gemäß § 3 Absatz 2 treffen.

Niemand darf dienstlich gemaßregelt oder benachteiligt werden, weil seine Beschwerde nicht auf dem vorgeschriebenen Weg oder nicht fristgerecht eingelegt worden ist oder weil er eine unbegründete Beschwerde erhoben hat.

(1) Wird der Beschwerdeführer an der Einhaltung einer Frist durch militärischen Dienst, durch Naturereignisse oder andere unabwendbare Zufälle gehindert, läuft die Frist erst zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses ab.

(2) Als unabwendbarer Zufall ist auch anzusehen, wenn eine vorgeschriebene Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder unrichtig ist.

Für die Entscheidungen des Generalinspekteurs der Bundeswehr über weitere Beschwerden gilt § 21 Absatz 1, 2 und 3 Satz 2 entsprechend.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.