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| Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) und des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) gestützte Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21.10.2008 bleibt ohne Erfolg. Mit diesem Urteil hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für das Jahr 2007 durch den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2007 und deren Widerspruchsbescheid vom 12.11.2007 rechtswidrig war. Mit ihrem bei der Beklagten gestellten Antrag hatte die Klägerin das Aufstellen zweier Ansichtskartenständer links und rechts der Ladeneingangstür ihres Geschäfts in der Stadtmitte von Nagold begehrt. |
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| 1. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor. „Ernstliche Zweifel“ an der Richtigkeit einer Gerichtsentscheidung sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, VBlBW 2000, 392), dass ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich erscheint (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.12.2003 - 7 AV 2.03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 32). Entsprechende Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils lassen sich der Antragsbegründung nicht entnehmen. |
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| Die Beklagte hält insbesondere die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass ihre Ermessenserwägungen zur Ablehnung der beantragten Sondernutzungserlaubnis deshalb fehlerhaft seien, weil die Durchsetzung von „Kernladenöffnungszeiten“ zur Umsetzung des „City-Commitments“ nicht dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung entspreche und die Erteilung einer einzigen Sondernutzungserlaubnis für den gesamten Innenstadtbereich an den beigeladenen Verein (der dann auf der Grundlage individueller Vereinbarungen wiederum einzelne Teilflächen an Dritte vergebe) insgesamt eine Umgehung der gesetzlichen Vorschriften darstelle, für ernstlich zweifelhaft. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass bei der Entscheidung über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG auch städtebauliche einschließlich spezifisch baugestalterischer Belange berücksichtigt werden dürften, wenn ein konkretes Gestaltungskonzept der Gemeinde vorliege, das zum Ziel habe, einem Fußgängerbereich ein spezifisches „Flair“ zu verleihen. Um dies zu erreichen seien indes schön gestaltete Straßen und Plätze häufig nicht ausreichend. Vielmehr seien zusätzliche Maßnahmen erforderlich wie etwa die koordinierte Präsentation und Bewerbung einer Innenstadt als Service- und Einkaufszentrum, die Durchführung von attraktiven Veranstaltungen sowie koordinierte Ladenöffnungszeiten. Solche Maßnahmen, wie sie der Gemeinderat am 17.04.2007 im „City-Commitment“ beschlossen habe, stünden gleichrangig neben dem ebenfalls vom Gemeinderat beschlossenen Gestaltungskonzept und hätten, da sie die Nutzung der Straßen, Wege und Plätze im Rahmen des Gemeingebrauchs förderten auch einen sachlichen Bezug zur Straße. Da die Zielsetzungen des „City-Commitments“ zu den Gesichtspunkten gehörten, die einer straßenrechtlichen Ermessensentscheidung zugrunde gelegt werden könnten, liege auch keine Umgehung der gesetzlichen Vorschriften vor. Mit dieser Argumentation werden die angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht schlüssig in Frage gestellt. |
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| Nach der Rechtsprechung des Senats, die auch das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, erfasst das Ermessensprogramm des § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung in erster Linie nur spezifisch straßenrechtliche Erwägungen im Hinblick auf die mit der beabsichtigten Sondernutzung verbundene Beeinträchtigung des widmungsgemäßen Gemeingebrauchs. Andere Aspekte halten sich nur dann im Rahmen des § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG, wenn sie (noch) einen unmittelbaren sachlichen Bezug zur Straße haben; dies gilt beispielsweise für städtebauliche oder baugestalterische Aspekte (Schutz eines bestimmten Straßen- oder Platzbildes), die auf einem konkreten gemeindlichen Gestaltungskonzept beruhen (vgl. Senatsurt. v. 01.08.1996 - 5 S 3300/95 -, NVwZ-RR 1997, 677, v. 09.12.1999 - 5 S 2051/99 -, VBlBW 2000, 281 u. v. 17.03.2000 - 5 S 369/99 -, NVwZ-RR 2001, 159). Straßenrechtsfremde Überlegungen sind mit der in § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG statuierten „pflichtgemäßen“ Ermessensausübung unvereinbar und daher unzulässig (Senatsurt. v. 09.12.1999 a.a.O., v. 31.01.2002 - 5 S 311/00 - u. Senatsbeschl. v. 19.01.2006 - 5 S 846/05 -; Senatsurteil v. 17.03.2000 a.a.O.: Unzulässigkeit marktrechtlicher Kriterien). |
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| Vorliegend fehlt es - wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat - den Ermessenserwägungen der Beklagten zur Ablehnung der beantragten Sondernutzungserlaubnis jedenfalls insoweit an der sachlichen Beziehung zur Straße, als die ablehnende Entscheidung - was auch das Antragsvorbringen nicht in Abrede stellt - der Umsetzung des „City-Commitments“ und damit auch der Durchsetzung von (einheitlichen) Kernladenöffnungszeiten dient. Die Beklagte räumt insoweit zwar selbst ein, dass das von ihrem Gemeinderat beschlossene „City-Commitment“ über das nach der Rechtsprechung des Senats zur Berücksichtigung städtebaulicher und baugestalterischer Belange bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen erforderliche Gestaltungskonzept hinausgeht (vgl. hierzu im Einzelnen Urt. v. 09.12.1999 a.a.O.). Während durch das Gestaltungskonzept insbesondere das Erscheinungsbild eines Fußgängerbereichs insofern („positiv“) gestaltet werden kann, als festgelegt wird, welche gewerbliche Nutzungen prägend sein sollen und welche nicht, sind „tragende Säulen des „City-Commitments“ der Beklagten u. a. einheitliche, kundenfreundliche Kernöffnungszeiten und die verbindliche Teilnahme an einem einheitlichen System der Kundenbindung. Diese Maßnahmen, die ersichtlich keinen unmittelbaren Bezug zur Straße haben (vgl. Urt. v. 17.03.2000 a.a.O.), gewinnen diesen entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht durch ihre Zielsetzung, „Menschen zu veranlassen, von ihrem Recht auf Gemeingebrauch an öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen Gebrauch zu machen.“ Auch die den Gemeinden bei Erstellung des Gestaltungskonzepts eingeräumte „straßenrechtliche Gestaltungsfreiheit“, die ihre Grenze nur im Willkürverbot findet (Senatsurt. v. 09.12.1999 a.a.O.), besteht - was die Beklagte verkennt - nur im Rahmen der Berücksichtigung städtebaulicher und baugestalterischer Belange bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für gewerbliche Betätigungen. Sie erstreckt sich dagegen nicht auf allgemeine Anreize, den straßenrechtlichen Gemeingebrauch in Fußgängerbereichen zu fördern. |
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| Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte auch gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass ihr Vorgehen - Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für den gesamten Bereich „Nagolder Mitte“ an den Beigeladenen, der dann auf der Grundlage individueller Vereinbarungen „Sondernutzungserlaubnisse“ für einzelne Teilflächen an Dritte „auf der Basis der notwendigen Grundvoraussetzungen des Nagolder City-Commitments“ erteilt; Ablehnung weiterer Sondernutzungserlaubnisse gegenüber Dritten unter Hinweis auf die Möglichkeit einer vertraglichen Regelung mit dem Beigeladenen - eine Umgehung der gesetzlichen Vorgaben des Straßenrechts darstellt. Sie macht insoweit lediglich geltend, dass das „City-Commitment zu den Gesichtspunkten gehört, die einer Ermessensentscheidung im Straßenrecht zugrunde gelegt werden können.“ Dies ist indes - wie bereits ausgeführt - nicht der Fall und vermag schon deshalb keine ernstlichen Zweifel an der angefochtenen Entscheidung zu begründen. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass in der geschilderten Praxis der Beklagten tatsächlich eine unzulässige Umgehung des Ermessensprogramms des § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG liegen dürfte. Durch die Übertragung der Einzelvergabe von Sondernutzungserlaubnissen im Bereich „Nagolder Mitte“ an den beigeladenen Verein wird es diesem nicht nur ermöglicht, sondern durch das „City-Commitment“ vom 20.03.2007 sogar ausdrücklich aufgegeben, auch andere als straßenrechtliche Aspekte zum Gegenstand seiner Entscheidung zu machen. Denn nach dem „City-Commitment“, dessen Umsetzung dem Beigeladenen obliegt - so steht die ihm für das Jahr 2007 erteilte Erlaubnis v. 05.12.2006 etwa unter dem Vorbehalt, dass die Ziele des Nagolder City-Commitments umgesetzt werden -, „(wird) der City-Verein die Sondernutzungserlaubnisse … folglich nur dann per Vereinbarung weitergeben, wenn der Antragsteller die Mindestzahl geforderter Bausteine des Nagolder City-Commitments für seinen Betrieb tatsächlich umsetzt.“ Zu diesen Bausteinen gehört u.a. auch die bereits oben erwähnte Durchsetzung von Kernladenöffnungszeiten. Letztlich wird damit durch die im „City-Commitment“ der Beklagten niedergelegten Grundsätze und Verfahrenweisen bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen die gesetzliche Beschränkung der zulässigen Ermessenserwägungen aufgehoben und das Ermessens- und Entscheidungsprogramm für weitere, über den Straßenbezug hinausgehende Belange geöffnet. |
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| Die Regelungen des City-Commitments werfen darüber hinaus die - vom Verwaltungsgericht ebenfalls angesprochene, vorliegend aber nicht mehr entscheidungserhebliche - Frage auf, ob in der Ermächtigung des Beigeladenen zur Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen nicht eine unzulässige - weil nicht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgte - Beleihung zu sehen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.11.1994 - 1 C 22.92 -, BVerwGE 97, 117 m.w.N.). Dies hätte zur Voraussetzung, dass nach der Übertragung nicht die Beklagte, sondern an deren Stelle der Beigeladene als beliehener Unternehmer die Sondernutzungserlaubnisse zu erteilen hätte. Für diese Annahme spricht nicht nur die dem Beigeladenen übertragene Aufgabe zur Umsetzung des City-Commitments, sondern auch die in der Begründung der dem Beigeladenen erteilten Sondernutzungserlaubnis enthaltene weitere Erwägung, dass durch den Wegfall von „Einzelantragstellungen“ letztlich eine erhebliche Verwaltungsvereinfachung bei der Stadtverwaltung und damit auch eine Kostenersparnis erzielt werde, da nur ein Antrag überprüft und bearbeitet werden müsse. Gegen die Annahme einer Beleihung könnte sprechen, dass nach § 3 Abs. 1 der Satzung der Beklagten über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen Sondernutzungserlaubnisse unverändert „bei der Stadt“ zu beantragen sind (vgl. hierzu auch BayVGH, Urt. v. 29.10.2008 - 8 B 05.1468 -, juris). In Übereinstimmung mit ihrer Satzung hat die Beklagte den Antrag der Klägerin auch nicht wegen fehlender Zuständigkeit, sondern aus sachlichen Erwägungen heraus abgelehnt. Diese Frage bedarf indes (ebenso wie die sich aus ihrer Beantwortung möglicherweise ergebenden Konsequenzen für die rechtliche Beurteilung der dem Beigeladenen erteilten Sondernutzungserlaubnis) keiner abschließenden Entscheidung, da die im angefochtenen Urteil vertretene Rechtsauffassung, dass die den Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis der Klägerin für das Jahr 2007 ablehnende Entscheidung der Beklagten rechtswidrig ist, schon aus den oben dargelegten Gründen keinen ernstlichen Zweifeln begegnet. |
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| 2. Auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht dargelegt. Eine solche kommt einer Rechtssache nur zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine fallübergreifende, bisher noch nicht grundsätzlich geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung in einem Berufungsverfahren erheblich wäre und deren Klärung im Interesse der Rechtssicherheit oder Rechtsfortbildung geboten erscheint (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.10.1961 - VIII B 78.61 -, BVerwGE 13, 90; Urt. v. 31.07.1984 - 9 C 46.84 -, BVerwGE 70, 24). Dies ist nach ständiger Rechtsprechung insbesondere dann nicht der Fall, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage nicht entscheidungserheblich ist oder sie sich auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne weiteres beantworten lässt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 06.06.1997 - 4 B 167.96 - NVwZ-RR 1998, 457). So liegt es hier. |
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| Das Antragsvorbringen bezeichnet als grundsätzlich bedeutsam die Rechtsfragen, ob |
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| a) bei straßenrechtlichen Ermessensentscheidungen über Festlegungen eines Gestaltungskonzepts hinaus auch inhaltliche Konzepte, wie das Nagolder City-Commitment zur Belebung und Attraktivierung der Innenstadt als Ermessensgesichtpunkte berücksichtigt werden können, sofern diese Konzepte vom Gemeinderat der Stadt beschlossen sind; |
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| b) es straßenrechtlich zulässig ist, einem City-Verein - bei dem die Stadt Mitglied ist und der die Aufgabe hat, das City-Commitment umzusetzen - eine Sondernutzungserlaubnis, die ein bestimmtes Stadtgebiet umfasst, für die Aufstellung von Werbeträgern/Kundenstoppern, Warenauslagen aller Art, Schirme und Markisen, Spielgeräte, Informationsständen, Verkaufsständen und Plakatständern widerruflich jeweils für ein Jahr befristet zu erteilen und hierdurch gewerbliche Anlieger von einer gleichartigen Sondernutzung auszuschließen; |
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| c) ob mit der Sondernutzungserlaubnis gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 StrG die Ermächtigung verbunden sein kann, die Ausübung der Erlaubnis Dritten zu überlassen. |
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| Die unter a) aufgeworfene Frage lässt sich - wie oben ausgeführt - ohne weiteres auf der Grundlage der bisherigen Senatsrechtsprechung zum Ermessensprogramm des § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG beantworten. Auf die unter b) und c) aufgeworfenen Fragen käme es in einem Berufungsverfahren jedenfalls nicht mehr entscheidungserheblich an, weil die ablehnende Entscheidung der Beklagten - wie oben ausgeführt - in mehrfacher Hinsicht ermessensfehlerhaft und bereits aus diesem Grund rechtswidrig ist. |
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| Dieser Beschluss ist unanfechtbar. |
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