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Die Berufung der Klägerin ist zulässig; sie muss aber in der Sache ohne Erfolg bleiben. Denn das Verwaltungsgericht hat die zulässige Anfechtungsklage zutreffend abgewiesen. Der Erschließungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 7.9.2001 (in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 21.3.2003) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher auch nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Rechtsgrundlagen für die Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen sind die §§ 127 ff. BauGB - das Kommunalabgabengesetz i.d.F. des Art. 1 des Gesetz zur Neuregelung des kommunalen Abgabenrechts und zur Änderung des Naturschutzgesetzes vom 17.3.2005, GBl. S. 206, findet noch keine Anwendung (vgl. die Übergangsregelung in § 49 Abs. 7 S. 2) - und die Satzung der Beklagten über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vom 15.3.1995, gegen deren Rechtswirksamkeit keine Bedenken geltend gemacht sind.
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Dem steht nicht entgegen, dass das Grundstück eine Erschließung bereits durch die Hauptstraße erfährt. Hinsichtlich der Erschließung des Grundstücks durch zwei Anbaustraßen hat das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die einzelnen Anlagen je für sich ein Grundstück erschließen, wenn auf dem Grundstück gerade "ihretwegen" eine beitragsrechtlich relevante (bauliche) Nutzung zulässig ist, wobei bei der Prüfung des Erschlossenseins durch eine hinzutretende Erschließungsanlage andere für diese Grundstücke etwa schon bestehende Erschließungsanlagen hinweggedacht werden müssen (vgl. u.a. Urteil vom 26.9.1983, BVerwGE 68, 41, 45; Urteil vom 17.6.1998, NVwZ 1998, 1187). Voraussetzung ist allerdings, dass es sich um gleichartige Erschließungsanlagen handelt, wie dies hier der Fall ist.
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Das erschließungs(beitrags)rechtlich zu beurteilende Erschlossensein wird im Übrigen wesentlich vom bebauungsrechtlichen Erschlossensein nach §§ 30 ff. BauGB bestimmt mit der Folge, dass die Frage, welche Form der Erreichbarkeit eines Grundstücks für dessen erschließungsbeitragsrechtliches Erschlossensein erforderlich ist, auch wesentlich vom Bebauungsrecht abhängt (BVerwG, Urteil vom 1.3.1991, BVerwGE 88, 70, 72; Urteil vom 17.6.1994, DVBl. 1995, 55; Senat, Urteil vom 13.12.1994, VBlBW 1995, 358). Dieses fordert für die Bebaubarkeit eines Grundstücks regelmäßig dessen Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen im Sinne der Möglichkeit des Heranfahrens, sofern es nicht ausnahmsweise - im Vergleich dazu - weniger, nämlich die Erreichbarkeit lediglich in Form eines Zugangs für Fußgänger, genügen lässt, oder - etwa bei gewerblicher Nutzung des Grundstücks - mehr fordert, nämlich die Möglichkeit mit Kraftfahrzeugen auf das Grundstück heraufzufahren (allg. M.; vgl. nur Urteil des Senats vom 1.9.1997 - 2 S 661/96 - EzE § 131 Abs. 1 BauGB Nr. 67). Da das Grundstück der Klägerin im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegt, ist bebauungsrechtlich in erster Linie auf dessen Festsetzungen abzustellen. Planungsrechtlich ist für das Grundstück die Nutzungsart „Mischgebiet“ festgesetzt. Dass diese Gebietsausweisung nicht zu dem Schluss führen muss, dass alle planungsrechtlich erfassten Grundstücke über eine Zufahrt verfügen müssten, hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt (unter Hinweis auf das o.a. Urteil des BVerwG vom 1.3.1991, BVerwGE 88, 70). Ob dies auch regelmäßig in den Fällen zu gelten hat, in denen der Bebauungsplan mit der Festsetzung „Mischgebiet“ auf eine bereits vorhandene gewerbliche Nutzung trifft, bedarf hier letztlich keiner abschließenden Entscheidung (dazu noch unten).
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Nach Auffassung des Senats (dazu auch der Beschluss über die Zulassung der Berufung vom 26.4.2005) ist für die Frage nach der Erreichbarkeit auch auf den vom Verwaltungsgericht nicht geprüften Gesichtspunkt des Anliegergebrauchs abzuheben. Jener wird vom Schutzbereich des Art. 14 GG erfasst und soll dem Umstand Rechnung tragen, dass der Anlieger über den schlichten Gemeingebrauch hinaus auf die Straße angewiesen ist. Die Teilnahme des Anliegers am Gemeingebrauch der Straße ist deshalb insoweit vom Schutzbereich des Art. 14 GG umfasst, als die angemessene Nutzung des Grundeigentums oder die Ausübung oder Fortführung eines vorhandenen Gewerbebetriebs die Benutzung einer Straße erfordern. Angemessen in diesem Sinne ist nicht schon jede Nutzung, zu der das Grundeigentum Gelegenheit bietet, sondern ausschließlich das, was aus dem Grundstück von seiner sowohl von der Rechtslage als auch den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechenden Nutzung als anerkennenswertes Bedürfnis hervorgeht (dazu der erk. Gerichtshof im Urteil vom 30.7.1998 - 5 S 1452/97 - juris; BVerwG, Urteil vom 6.12.1996 - 8 C 32.95 -, BVerwGE 102, 294 = NVwZ 1998, 69; s. auch Reif, Erschließungsbeitrag nach dem BauGB, Dez. 1999, Erl. 5.4.4.2.1 m.w.N.). Regelmäßig erstreckt sich daher der eigentumsrechtliche Schutz lediglich auf einen Zugang zur Straße. Höhere Anforderungen ergeben sich aber bei geschäftlich genutzten Grundstücken. Anerkannt ist hier, dass der nach Art. 14 GG grundrechtlich gewährleistete Anliegergebrauch bei Gewerbebetrieben in aller Regel die Möglichkeit der Zufahrt mit Kraftfahrzeugen von der Straße auf das Betriebsgrundstück und umgekehrt einschließt (so BVerwG, Urteil vom 6.8.1982 - IV C 58.80 -, DVBl. 1982, 1098; ferner die Nachweise bei Reif a.a.O., 243). Allerdings ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 20.8.1986 - 8 C 58.85 -, NVwZ 1987, 56; vgl. auch Urt. v. 8.9.1993 - 11 C 38.92 -, BVerwGE 94, 136) auch bei Gewerbebetrieben die angemessene Nutzung durch eine Zufahrtsmöglichkeit zu einer von mehreren Straßen gewährleistet. Dies muss im Fall einer Zweiterschließung zu der rechtlichen Betrachtung führen, dass trotz des in der Rechtsprechung für diesen Fall gebotenen Hinwegdenkens der anderen Erschließungsstraße die durch die ersterschließende Straße eröffnete Anliegernutzung zu berücksichtigen ist (zu diesem Widerspruch auch Reif a.a.O.). Der Senat hat allerdings auch bei der Zweiterschließung geprüft, ob - unter Anwendung der „Wegdenkenstheorie“ - diese Zweiterschließung dem Anliegergebrauch nach Art. 14 GG Rechnung tragen muss (Urteil vom 1.3.1990 - 2 S 2395/89 - juris). Nach seiner Auffassung ergibt sich die Rechtfertigung hierfür aus den rechtlichen Folgen, die bei der Anwendung der „Wegdenkenstheorie“ allgemeiner Ansicht nach eintreten. Sie bedeutet mit Blick auf die Annahme des Erschlossenseins durch die zweiterschließende Straße, dass die Frage, ob das Grundstück bereits erstmalig erschlossen ist, ebenso außer Betracht zu bleiben hat wie die Frage, inwieweit dieses Erschlossensein reicht, die ersterschließende Straße also „hinweggedacht“ werden muss (BVerwG, Urteil vom 26.9.1983 - 8 C 86.81 -, NVwZ 1984, 172; Urteil vom 30.5.1997 - 8 C 27.96 -, BWGZ 1998, 67; ebenso Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Aufl. 2004, § 17 Rdnr. 89 ). Trifft die Zweiterschließung daher auf ein Gewerbegrundstück und muss die ersterschließende Straße weggedacht werden, stellt sich die Frage nach den Erreichbarkeitsanforderungen allein hinsichtlich der zweiterschließenden Straße. Die Berücksichtigung des Umstands, dass eine Zufahrt über die ersterschließende Straße bereits vorhanden ist, ist mit der Wegdenkenstheorie somit nicht zu vereinbaren.
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Dass das Grundstücks der Klägerin als (auch) gewerblich genutzt zu beurteilen ist, ist nicht zweifelhaft und wird auch von der Beklagten nicht mehr in Abrede gestellt. Bei dem vom Senat eingenommenen Augenschein hat sich gezeigt, dass eine Nutzung jedenfalls der an die Erschließungsstraße angrenzenden Halle nur zu gewerblichen Zwecken erfolgt. Die Klägerin hat auch Mietverträge vorgelegt, die die jahrzehntelange gewerbliche Nutzung dieser Halle und weiterer Räume des Anwesens belegen.
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Ob diese gewerbliche Nutzung letztlich auch mit Blick auf den Anliegergebrauch nach Art. 14 GG zu der Feststellung führen muss, die jetzt abgerechnete Erschließungsanlage erschließe mangels einer von ihr aus eröffneten Zufahrtsmöglichkeit das Grundstück nach § 131 Abs. 1 BauGB nicht, bedarf ausnahmsweise im Falle der Klägerin keiner abschließenden Entscheidung. Denn für das Erschlossensein des Grundstücks ist die durch die Erschließungsstraße „Hinter der Kirche“ eröffnete Zugangsmöglichkeit ausreichend. Sie ist - wie das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt hat - hier auch gegeben.
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Die Möglichkeit, einen Zugang zu der Erschließungsstraße zu schaffen, ist trotz der Einwände der Klägerin gegeben. Ausgehend von der derzeitigen Lage der Halle, die unmittelbar an die Erschließungsstraße angrenzt, ist davon auszugehen, dass die Schaffung eines Zugangs nur auf dem Grundstück der Klägerin selbst verwirklicht werden könnte. Dieses auf dem Grundstück bestehende Hindernis steht aber der Annahme, das Grundstück werde auch durch die Erschließungsstraße erschlossen, hier nicht entgegen. Erschlossen ist ein Grundstück i.S. von § 131 Abs. 1 S. 1 BauGB auch dann, wenn dem Eigentümer die Beseitigung des Hindernisses durch geeignete Maßnahmen auf seine Kosten zugemutet werden kann. Dies ist zu bejahen, wenn angenommen werden kann, dass ein "vernünftiger" Eigentümer entsprechende Aufwendungen machen würde, um die Bebaubarkeit seines Grundstücks gerade um dieser Straße willen (eine anderweitige verkehrsmäßige Erschließung hinweggedacht) zu ermöglichen, d.h. um aus unter diesem Blickwinkel nicht bebaubarem Land Bauland zu machen. Diese Beurteilung drängt sich deshalb auf, weil anderenfalls "vernünftigerweise" nicht auszuschließen ist, dass der Eigentümer des Grundstücks später, d.h. nach Abschluss der Aufwandsverteilung und Beitragserhebung, die "Zugänglichkeit" zur Anbaustraße herstellt und somit zu Lasten der anderen Anlieger beitragsfrei in den Genuss des Erschließungsvorteils käme und die durch die Straßenherstellung gebotene Wertsteigerung des Grundstücks umsonst erhalten würde (vgl. bereits VGH BW, Urt. v. 20.6.1985 - 2 S 1029/84 sowie BVerwG, Urt. v. 29.4.1988 - 8 C 24.87 -, NVwZ 1988, 1134; ferner Urt. v. 4.6.1993 - 8 C 33.91 -, NVwZ 1994, 299; Hans. OVG, B. v. 25.2.1993 - Bs VI 6/93 -, KStZ 1993, 232). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob das Beseitigen des tatsächlichen Hindernisses in Gestalt einer natürlichen Gegebenheit auf dem Grundstück dem jeweiligen Eigentümer mehr oder weniger sympathisch ist. Die Beurteilung der (Un-)Zumutbarkeit stellt aus erschließungsbeitragsrechtlicher Sicht ab auf einen Vergleich der Wertsteigerung, die sich aus der "Umwandlung" eines nicht bebaubaren Grundstücks in ein bebaubares Grundstück ergibt, mit dem Aufwand, der für die zur Bebaubarkeit führende Maßnahme aufzubringen ist. Übersteigt die Wertsteigerung diesen Aufwand, würde ein "vernünftiger" Eigentümer diese Maßnahme - weil für ihn wirtschaftlich vorteilhaft - durchführen; ihm ist deshalb der für diese Maßnahme anfallende finanzielle Aufwand zumutbar (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.6.1994 - 8 C 22.92 -, NVwZ 1995, 1213 und Urt. v. 25.10.1996 - 8 C 21.95 -, NVwZ 1998, 73). Maßgebend für die Beurteilung sind die Umstände des Einzelfalles.
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Danach liegt auf der Hand, dass die Schaffung eines Zugangs hier zumutbar ist, weil ein „vernünftiger“ Eigentümer mit Blick auf die Wertsteigerung durch die Herstellung der Bebaubarkeit seines Grundstücks lediglich überschaubare Kosten für das Anlegen eines Zugangs aufwenden müsste. Da es sich um ein Gebäude geringer Höhe handelt (dazu § 2 Abs. 5 LBO 1995), ist eine Breite eines Zugangs von 1,25 m ausreichend, mit der den Belangen des Brandschutzes Rechnung getragen ist (dazu § 15 LBO 1995 und § 2 Abs. 2 LBOAVO v. 17.11.1995, GBl. S. 836). Die auf das baulich nur schwierig zu verwirklichende Anlegen eines Zugangs ausgerichteten Bedenken der Klägerin sind bei dem Augenschein ausgeräumt worden. Dort hat sich - nach übereinstimmender Auffassung aller Beteiligter - gezeigt, dass trotz des Vorhandenseins eines Gewölbekellers ein Zugang, der auf dem Grundstück auch die Anlage der dazu erforderlichen Treppe umfassen würde, technisch durchführbar und - da allenfalls mit einem Kostenaufwand von 1.000 bis maximal 5.000 EUR verbunden (so der Ehemann der Klägerin) - auch wirtschaftlich zumutbar wäre. Die Bedenken der Klägerin, sie sei auf die Zugangsmöglichkeit zur Erschließungsstraße nicht angewiesen und wolle jene auch nicht in Anspruch nehmen, sind beitragsrechtlich nicht durchgreifend. Dass der Gewerbebetrieb an einen Dritten vermietet ist und das Anlegen eines Zugangs die „Mietsache“ (Halle) verändern würde, rechtfertigt nicht - wie die Klägerin meint - die Annahme eines nicht ausräumbaren (rechtlichen oder tatsächlichen) Hindernisses. Denn eine entsprechende, der Zugangsmöglichkeit Rechnung tragende (Um-)Gestaltung des Mietvertrags ist der Eigentümersphäre zuzurechnen und eine Anpassung erscheint auch nicht als unzumutbar, berücksichtigt man den Umstand, dass es um die (wenn auch lediglich fiktive) Herstellung der Bebaubarkeit bzw. der baulichen bzw. gewerblichen Nutzung des Grundstücks als Maßstab geht. Auch die Lage des Gebäudes auf dem Grundstück stellt kein für die Frage des Erschlossenseins erhebliches Erschließungshindernis dar (dazu Reif, a.a.O., Erl. 5.4.4.2.2, B, m.w.N.).
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Ob dies auch mit Blick auf eine Zufahrtsmöglichkeit vergleichbar zu beurteilen wäre, ist fraglich, bedarf indes keiner Entscheidung. Legt man die o.a. Theorie des Hinwegdenkens zugrunde, fordert der Anliegergebrauch - wie regelmäßig bei gewerblich genutzten Grundstücken - dem Grunde nach auch im Fall der Klägerin, dass von der Erschließungsstraße aus auf das Grundstück heraufgefahren werden kann. Das Erfordernis der Zufahrtsmöglichkeit ist wegen dieser Nutzung daher nicht in Abrede zu stellen. Aus der dogmatischen Herleitung des Anliegergebrauchs - entweder aus dem Verständnis als gesteigerter Gemeingebrauch oder als eigenständiger Ausdruck der Eigentumsstellung des Anliegers (zum Ganzen Hobe, DÖV 1997, 323 ff. m.w.N.) - lässt sich nicht ohne weiteres entnehmen, weshalb er bei der Zweiterschließung ohne rechtliche Bedeutung bleiben soll, wenn die Ersterschließung ihm bereits Rechnung trägt. Denn er ist Ausdruck der gerade mit der Straße und ihrer Nutzung verbundenen Rechtsstellung des betroffenen Anliegers. Auch der Begriff des Erschließungsvorteils, den das Bundesverwaltungsgericht vertritt, spricht nicht für eine Unbeachtlichkeit der genannten Theorie, sondern eher für deren Beachtlichkeit. Danach ist Erschließungsvorteil das, was die Erschließung für die bauliche oder gewerbliche Nutzung des Grundstücks hergibt (Urteil vom 1.9.2004 - 9 C 15.03 -, BVerwGE 121, 365). Die gewerbliche Nutzung des Grundstücks, bzw. die Fortsetzung dieser Nutzung wird durch die jetzige Zweiterschließung in Ansehung des Anliegergebrauchs gerade nicht ermöglicht. Erschließung - so das Bundesverwaltungsgericht - ist also nicht gleichbedeutend mit Zugänglichkeit, sondern erfordert darüber hinaus, dass die Zugänglichkeit eine auf die bauliche oder gewerbliche Grundstücksnutzung gerichtete Funktion hat; sie besteht darin, einem Grundstück die Erreichbarkeit der Erschließungsanlage in einer auf die bauliche oder gewerbliche Nutzbarkeit des Grundstücks gerichteten Funktion zu vermitteln.
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Ob das Anlegen einer solchen Zufahrt im oben dargelegten Sinn zumutbar ist, ist zwischen den Beteiligten streitig. Die Frage kann indes offen bleiben. Denn letztlich ausschlaggebend ist hier die erschließungsbeitragsrechtlich maßgebliche Erwägung, dass die anderen Anwohner der Straße schutzwürdig darauf vertrauen dürfen, das Grundstück der Klägerin werde bei der Aufwandsverteilung für die Erschließungsstraße berücksichtigt.
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Da die Aufwandsverteilung die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse lediglich als „Momentaufnahme“ erfasst, folgt daraus eine Pflicht, in Zweifelsfällen aus der Sicht jedes einzelnen im Sinne von § 131 Abs. 1 BauGB erschlossenen Grundstücks zu prüfen, ob dieses nicht schutzwürdig noch die Einbeziehung weiterer Grundstücke (Grundstücksflächen) in die Aufwandsverteilung (mit entlastender Wirkung) erwarten kann, da nachträgliche Änderungen der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse die Aufwandsverteilung unberührt lassen (vgl. BVerwG, Urteile vom 3.6.1971 - IV C 10.70 -, DÖV 1971, 817, vom 7.10.1977 - IV C 103.74 -, DÖV 1978, 609, vom 23.3.1984 - 8 C 65.82 -, DÖV 1985, 244, vom 15.1.1988 - 8 C 111.86 -, BWGZ 1988, 485, vom 29.4.1988 - 8 C 24.87 -, NVwZ 1988, 1134 und vom 30.5.1997 - 8 C 27.96 -, BWGZ 1998, 67). Das erschließungsbeitragsrechtliche Erschlossensein wird wesentlich von dem bebauungsrechtlichen Erschlossensein bestimmt. Dies bezeichnet jedoch die Regel und lässt die Möglichkeit offen, dass im Einzelfall - d.h. namentlich mit Blick auf ein einzelnes Grundstück - ausnahmsweise eine abweichende Betrachtungsweise geboten sein kann, wenn dies der Interessenlage nach angezeigt erscheint, die sich hinter dem Erschlossensein als Anknüpfungsmerkmal für die Verteilung des umlagefähigen Erschließungsaufwands verbirgt. Bezogen auf diese Interessenlage lautet die hinter dem Merkmal "erschlossen" stehende Frage, ob es gemessen an den durch die Herstellung einer Anlage ausgelösten Vorteilen gerechtfertigt ist, bestimmte Grundstücke (oder nur eines) bei einem Vergleich mit den anderen in Betracht kommenden Grundstücken (endgültig) von jeder Beitragsbelastung mit der Folge freizustellen, dass der Ausfall diesen anderen Grundstücken anzulasten ist. Deshalb ist für die Beantwortung der Frage nach dem Erschlossensein im Sinne des § 131 Abs. 1 S. 1 BauGB im Einzelfall ausnahmsweise über das Bebauungsrecht hinausgehend ausschlaggebend darauf abzustellen, ob die Eigentümer der übrigen Grundstücke nach den bestehenden Verhältnissen schutzwürdig erwarten können, dass auch bebauungsrechtlich nicht erschlossene Grundstücke in die Aufwandsverteilung einzubeziehen sind und sich so die Beitragsbelastung der übrigen Grundstücke vermindert (vgl. insbesondere BVerwG, Urteil vom 17.6.1994 - 8 C 24.92 - a.a.O.). In der Rechtsprechung ist dies angenommen worden im Fall eines bebauungsrechtlich nicht erschlossenen Hinterliegergrundstücks, wenn die Berücksichtigung des trennenden Anliegergrundstücks und die damit verbundene Entlastungswirkung aus Sicht der anderen erschlossenen Grundstücke unzureichend ist (vgl. Reif, a.a.O., Erl. 5.4.4.3.1) und ferner dann, wenn ein an sich bebauungsrechtlich nicht erschlossenes Grundstück die abzurechnende Anbaustraße gleichwohl tatsächlich in Anspruch nimmt und die Gemeinde diesen Zustand jahrelang hinnimmt (Reif a.a.O., Erl. 5.4.4.1, m.w.N.).
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Auch bei der vorliegenden Fallgestaltung ist die Einbeziehung des Grundstücks der Klägerin in die Aufwandsverteilung geboten, weil deren Grundstück das Erfordernis der Erreichbarkeit erfüllt, soweit es ohne weiteres möglich ist, einen Zugang zur Erschließungsstraße zu schaffen. Auch ist das Anlegen einer Zufahrt jedenfalls nicht auf Dauer ausgeschlossen und sie kann auch durchaus von einem Eigentümer in Betracht gezogen werden. Nicht zuletzt - ohne dass dies rechtlich ausschlaggebend wäre - ist letzteres auch vom Ehemann der Klägerin bei dem vom Senat eingenommenen Augenschein als für den Betrieb nützlich angesehen worden, allerdings seien die Kosten hierfür sehr hoch. Bei dieser Sachlage ist - und dies allein unter dem Blickwinkel des Vertrauens der anderen Anlieger - hier ausschlaggebend die Besonderheit zu berücksichtigen, dass für das Grundstück der mit Blick auf den Gewerbebetrieb geforderte Anliegergebrauch schon jetzt gewährleistet ist (vgl. dazu neben dem bereits o.a. Urteil des BVerwG vom 20.8.1986 - 8 C 58.85 -, NVwZ 1987, 56 auch OVG RP, Urteil vom 16.1.1992 - 1 A 12073/90 -, juris). Dies trägt die Annahme, dass das genannte Vertrauen der übrigen Anlieger auch schutzwürdig ist, da sie eine Einbeziehung eines durch eine Zugangsmöglichkeit erschlossenen Grundstücks in die Aufwandsverteilung erwarten dürfen.
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Die Höhe des festgesetzten und geforderten Erschließungsbeitrags ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Sie ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt zu beanstanden, dass es sich bei der in Rede stehenden Erschließung um eine Zweiterschließung handelt. Die Satzung sieht für den Fall der Mehrfacherschließung zwar eine Ermäßigung vor (dazu deren § 12). Indes ist Voraussetzung hierfür, dass es sich um Erschließungsstraßen handelt, die „voll in der Baulast der Gemeinde“ stehen. Dies trifft unstreitig auf die Hauptstraße als Ortsdurchfahrt einer Bundesstraße, an die das Grundstück der Klägerin auch angrenzt, nicht zu.
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Die Revision ist zuzulassen, da sich die Frage nach dem grundrechtlich geschützten Anliegergebrauch (Art. 14 GG) zum einen hinsichtlich der Mehrfacherschließung, zum anderen aber auch mit Blick auf die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der anderen Anlieger einer Erschließungsstraße stellt, und sie vom Bundesverwaltungsgericht fallübergreifend beantwortet werden könnte.
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