Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 29. Okt. 2012 - 11 S 24/12

published on 29/10/2012 00:00
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 29. Okt. 2012 - 11 S 24/12
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Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08.12.2011 - 11 K 2142/11 - geändert. Die Bescheide der Beklagten vom 07.03.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 25.05.2011 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger, schwedische Staatsangehörige, wenden sich gegen eine durch die Beklagte erfolgte Feststellung des Nichtbestehens eines Rechts auf Einreise und Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland nach den Vorschriften des Freizügigkeitsgesetzes/EU (im Folgenden: FreizügG/EU) sowie die Androhung der Abschiebung nach Schweden.
Die Klägerin zu 1 (im Folgenden: "Klägerin") ist am 03.05.1984 in Duhok/Irak, ihr Sohn, der Kläger zu 2 ("Kläger"), am 05.01.2010 in Stuttgart geboren. Der Vater des Klägers und Lebensgefährte der Klägerin, der am 18.12.1973 in Mosul/Nineveh/Irak geborene A.A., ist irakischer Staatangehöriger und mit der Klägerin seit 2009 nach religiösem Ritus verheiratet. Er hat die Vaterschaft zum Kläger anerkannt und übt aufgrund einer entsprechenden Erklärung vor dem Jugendamt am 24.03.2011 das Sorgerecht gemeinsam mit der Klägerin aus.
A.A. kam im Februar 2001 nach Deutschland. Auf seinen Asylantrag hin wurde mit Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 23.03.2001 festgestellt, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich des Iraks vorliegen. Diese Feststellung wurde mit - seit 10.06.2008 bestandskräftigem - Bescheid vom 08.11.2005 widerrufen. Vom 20.06.2001 bis zum 04.04.2008 war A.A. im Besitz von Aufenthaltstiteln, zunächst einer Aufenthaltsbefugnis und zuletzt einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG. Infolge eines Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis wurde ihm am 10.06.2008 eine Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 4 AufenthG ausgestellt, welche zunächst immer wieder verlängert wurde.
Die Klägerin, welche früher ebenfalls die irakische Staatsangehörigkeit besaß, lebte mit ihren Eltern seit 2001 in Schweden und wurde dort eingebürgert. Sie meldete sich zum 14.05.2009 - unter der Adresse ihres Lebensgefährten A.A. -erstmals in Deutschland an. Ab Oktober 2009 erhielt sie Hilfe zum Lebensunterhalt. Nachdem A.A. seine Arbeitsstelle verloren hatte, wurden diesem ab Dezember 2009 (ergänzende) Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch gewährt. Derzeit geht A.A. einer geringfügig entlohnten Tätigkeit nach; er und die Kläger erhalten Arbeitslosengeld und Sozialgeld nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.
Nach Anhörung stellte die Beklagte gegenüber beiden Klägern mit Bescheiden vom 07.03.2011 das Nichtbestehen des Rechts auf Einreise und Aufenthalt nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU fest (Ziff. 1), forderte diese auf, das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bis spätestens einen Monat nach Bestands- bzw. Rechtskraft dieser Verfügung zu verlassen (Ziff. 2), und drohte ihnen für den Fall, dass sie ihrer Ausreisepflicht nicht nachgekommen sein sollten, die Abschiebung nach Schweden oder in einen anderen Staat, der zu ihrer Übernahme verpflichtet sei, an (Ziff. 3). Zur Begründung wurde ausgeführt: Zwar hätten Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer zur Arbeitssuche im Bundesgebiet aufhalten wollten, gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU ein Recht auf Einreise und Aufenthalt. Die Klägerin habe jedoch zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht, sich überhaupt auf Arbeitssuche zu befinden. Seit dem 01.10.2009 beziehe sie Hilfe zum Lebensunterhalt. Sie genieße auch nicht als Familienangehörige aufgrund von § 3 Abs. 1 FreizügG/EU Freizügigkeit. Die Regelung für nichterwerbstätige Unionsbürger des § 4 FreizügG/EU komme bei ihr ebenfalls nicht zur Anwendung. Denn sie verfüge nicht über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel. Nach dem Aufenthaltsgesetz stehe ihr kein Aufenthaltsrecht zu. Ihr könne durchaus zugemutet werden, dass sie in ihr Heimatland ausreise. Auch der Kläger genieße weder Freizügigkeit noch besitze er ein Daueraufenthaltsrecht im Bundesgebiet im Sinne des § 4a Abs. 1 FreizügG/EU.
Am 04.04.2011 legten die Kläger Widerspruch gegen die Bescheide ein mit der Begründung, es sei unzulässig, sie vom Vater bzw. Lebensgefährten zu trennen. A.A. habe es nicht zu vertreten, dass wegen fehlender Identitätspapiere bislang eine Eheschließung nicht möglich gewesen sei und ihm keine Aufenthaltserlaubnis habe erteilt werden können. Mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 25.05.2011 wurden die Widersprüche zurückgewiesen.
Am 10.06.2011 erhoben die Kläger Klagen beim Verwaltungsgericht Stuttgart. Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 12.07.2011 vorgetragen, dass die Klägerin eine geringfügige Beschäftigung gefunden habe, die sie zum 01.08.2011 antreten werde, mit weiterem Schriftsatz vom 28.11.2011 wurde mitgeteilt, dass ihr nunmehr eine Ausweitung der Beschäftigung gelungen sei.
Nach den vorgelegten Arbeitsverträgen zwischen der Inhaberin eines in unmittelbarer Nachbarschaft der Wohnung der Familie der Klägerin befindlichen "Bistro Pubs" und der Klägerin vom 01.08. und vom 01.11.2011 ist diese seit dem 01.08.2011 als Reinigungskraft eingestellt. Die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit betrug zunächst 5 Wochenstunden an 5 Tagen zu je einer Stunde und ab dem 01.11.2011 6 Wochenstunden an 6 Tagen zu je einer Stunde bzw. erfolge jeweils auf Abruf (§ 2 der Verträge vom 01.08. und vom 01.11.2011). Als Lohn ist eine monatliche Vergütung von 180,-- EUR, ab dem 01.11.2011 von 240,-- EUR vereinbart (§ 3). Urlaub werde nur gewährt, wenn wöchentliche feste Arbeitszeiten vereinbart seien. Weder im Vertrag vom 01.08.2011 noch in dem folgenden vom 01.11.2011 ist angegeben, wie viele Werktage der Urlaub beträgt (§ 4). Nach den Arbeitsverträgen ist der Arbeitnehmer verpflichtet, im Falle einer krankheitsbedingten oder aus sonstigen Gründen veranlassten Arbeitsverhinderung den Arbeitgeber unverzüglich zu informieren und bei Erkrankung innerhalb von drei Tagen eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen (§ 5). Er wird außerdem zur Verschwiegenheit verpflichtet (§ 6), darauf hingewiesen, dass er nur eine geringfügige Arbeitsstelle annehmen dürfe, sobald er eine versicherungspflichtige Hauptbeschäftigung habe (§ 7), und darüber aufgeklärt, dass er unter bestimmten Voraussetzungen in der gesetzlichen Rentenversicherung die Stellung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers erwerben könne (§§ 7, 8). Unter § 9 "Probezeit/Kündigungsfristen" ist von der Möglichkeit, ein bestimmtes Datum als Ende des Arbeitsverhältnisses zu bestimmen, kein Gebrauch gemacht worden. Laut Satz 2 der Vorschrift kann das Arbeitsverhältnis jederzeit ohne Einhaltung von Fristen beidseitig gekündigt werden, wenn es nicht mit einem bestimmten Datum endet.
Mit Urteil vom 08.12.2011 - 11 K 2142/11 - wies das Verwaltungsgericht Stuttgart die Klagen ab. In den Entscheidungsgründen wird dargelegt, die Beklagte gehe zutreffend davon aus, dass die Klägerin weder nach § 2 Abs. 2 noch nach § 4 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sei. Die entscheidende Frage, ob sie aufgrund ihrer geringfügigen Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmerin im Sinne von Art. 39 EG anzusehen sei, sei - vergleichsweise klar - zu verneinen. Die Voraussetzungen, die der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 04.02.2010 in der Rechtssache Genc angenommen habe, seien hier nicht gegeben. Nach dem schriftlich gefassten Arbeitsvertrag sei ein Urlaubsanspruch nicht eingeräumt. Ebenfalls fehlten im Arbeitsvertrag Bestimmungen über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Ob die Klägerin möglicherweise einen gesetzlichen Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz besitze, könne ebenso dahinstehen wie die Frage, ob im Falle einer krankheitsbedingten Arbeitsverhinderung ein gesetzlicher Anspruch nach § 616 Satz 1 BGB eingreife. In der zu treffenden „Gesamtschau“ könne gesetzlich vorgegebenen und daher gleichsam für alle Beschäftigten geltenden Regelungen keine prägende Wirkung in Bezug auf die Frage zukommen, ob es sich im Einzelfall um eine tatsächliche und echte Tätigkeit handele. Ein Tarifvertrag finde auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin keine Anwendung. Sie sei zudem bei ihrem Arbeitgeber erst seit einigen Wochen beschäftigt. Schließlich erbringe sie Arbeitsleistungen auch nicht unmittelbar im Rahmen des Geschäftszwecks ihres Arbeitgebers, etwa im Ausschank oder im Bedienen der Gäste der Gaststätte, sondern eine Stunde pro Tag Reinigungsleistungen. Der Arbeitsort liege unmittelbar neben der Wohnung der Kläger. Dem Charakter nach liege eher eine vergütete „Nachbarschaftshilfe“ als eine tatsächliche und echte Arbeitnehmertätigkeit vor. Dafür spreche schließlich auch die Bestimmung in § 9 des schriftlich gefassten Arbeitsvertrags, wonach das Arbeitsverhältnis jederzeit ohne Einhaltung von Fristen gekündigt werden könne. Damit lägen die Voraussetzungen für den Erlass der angegriffenen Verfügungen analog § 5 Abs. 5 FreizügG/EU vor; diese seien auch frei von Ermessensfehlern.
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Am 22.12.2011 haben die Kläger die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung gegen das Urteil eingelegt und diese unter Stellung von Anträgen begründet: Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs genüge eine Tätigkeit von 5,5 Stunden pro Woche bei einem Stundenlohn von 7,87 EUR für die Bejahung des Merkmals der Arbeitnehmereigenschaft. Dem habe sich - mit Urteil vom 19.04.2012 (- 1 C 10.11 -) - auch das Bundesverwaltungsgericht angeschlossen. Das angefochtene Urteil verneine die Freizügigkeit der Klägerin aus ersichtlicher Unkenntnis arbeitsrechtlicher Bestimmungen. So existiere für das Gaststättengewerbe ein für allgemeinverbindlich erklärter Manteltarifvertrag. Ein Anspruch auf Urlaub und Lohnfortzahlung bestehe auch ohne schriftliche Vereinbarung. Soweit die Beklagte von einem Missbrauch ausgehe, werde darauf hingewiesen, dass sie lediglich mit A.A. zusammenleben wollten und es nicht auf den Bezug von Sozialleistungen angelegt hätten. A.A. habe seinen Arbeitsplatz erst im Zuge der Wirtschaftskrise verloren und hoffe unverändert darauf, wieder einer Beschäftigung nachgehen zu können, bei welcher er nicht mehr auf den aufstockenden Bezug von Sozialleistungen angewiesen sei. Hätten sie als Ziel das „Liegen in der sozialen Hängematte“, so wäre dieses in Schweden leichter zu erreichen.
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Die Kläger beantragen,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08.12.2011 - 11 K 2142/11 - zu ändern und die Bescheide der Beklagten vom 07.03.2011 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 25.05.2011 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufungen zurückzuweisen.
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Zur Begründung wird auf die angefochtenen Bescheide und das Urteil vom 08.12.2011 verwiesen und weiter vorgetragen: Es könne aus gesetzessystematischen Gründen nicht sein, dass nach § 4 FreizügG/EU für nichterwerbstätige Unionsbürger ausreichende Existenzmittel gefordert würden und man auf der anderen Seite als Arbeitnehmer angesehen werde, sobald man eine Stunde am Tag arbeite und damit nicht einmal seine Krankenversicherung bezahlen oder den Bedarf in Höhe des sozialhilferechtlichen Regelsatzes abdecken könne. Allein im Januar 2012 habe die Familie Leistungen in Höhe von 1.528,66 EUR erhalten. Das Einkommen der Klägerin betrage somit nur rund 16 % des Bedarfs der Familie bzw. 29 % ihres eigenen Bedarfs. Im Übrigen arbeite sie erst seit dem 01.08.2011 und zunächst nur 5, seit November 2011 6 Stunden pro Woche. Sie sei daher nicht als Arbeitnehmerin anzusehen. Es stelle sich außerdem die Frage, ob hier missbräuchlich Sozialleistungen bezogen würden. Schließlich könnte die Klägerin für die Betreuung ihres Kindes den Vater heranziehen und daher in erheblich größerem Umfang durch Arbeit zum Einkommen der Familie beitragen. Es sei schließlich weiter davon auszugehen, dass die Familie nach Schweden gehen könnte. Unabhängig davon, dass wegen von A.A. vorgelegter gefälschter Personalpapiere weiter Zweifel an dessen Identität bestünden, sei er jedenfalls im Besitz eines gültigen irakischen Reisepasses.
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Mit an den Lebensgefährten der Klägerin A.A. gerichtetem Bescheid vom 08.05.2012 stellte die Beklagte fest, dass dieser kein Recht auf Einreise und Aufenthalt nach dem FreizügG/EU habe. Außerdem wurden von A.A. gestellte Anträge auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 2 FreizügG/EU, Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis und Erteilung einer Niederlassungserlaubnis abgelehnt und ihm wurde die Abschiebung angedroht. Über den dagegen eingelegten Widerspruch von A.A. ist noch nicht entschieden worden.
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In der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2012 ist die Klägerin unter anderem zu ihren Arbeitsbedingungen ausführlich angehört worden, nach Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung mit Beschluss des Senats vom 19.09.2012 ist im Termin am 29.10.2012 ihre Arbeitgeberin, Frau C. Sch., zur Frage des Bestehens und der Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin - uneidlich - als Zeugin vernommen worden. Diesbezüglich wird auf die Sitzungsniederschriften verwiesen.
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Dem Senat liegen die ausländerrechtlichen Akten der Beklagten (2 Hefte), die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart (1 Heft) und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart über das Klageverfahren - 11 K 2142/11 - vor. Der Inhalt dieser Akten ist ebenso wie der Inhalt der Akten des Senats bezüglich der Berufungen - 11 S 24/12 - und bezüglich Beschwerden der Kläger gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe durch das Verwaltungsgericht im Klageverfahren - 11 S 2984/11 - Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen; hierauf wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaften und auch im Übrigen zulässigen Berufungen der Kläger sind begründet. Das Verwaltungsgericht hätte auf die Anfechtungsklagen der Kläger hin die Bescheide der Beklagten vom 07.03.2011 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 25.05.2011 aufheben müssen. Denn diese sind rechtswidrig und verletzen dadurch die Kläger in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
20 
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist - wie in allen Fällen ausländerbehördlicher Verfügungen, mit denen die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet wird (vgl. nur VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.03.2009 - 13 S 2372/08 - NVwZ 2009, 1380; zum Verlust der Freizügigkeitsberechtigung: EuGH, Urteil vom 29.04.2004 - Rs. C-482/01 und 493/0, Orfanopoulos und Oliveri - Slg. 2004, I-5257 = juris) - der der letzten mündlichen Verhandlung, hier der 29.10.2012. Zu diesem Zeitpunkt sind sowohl die Klägerin als auch ihr Sohn, der Kläger, freizügigkeitsberechtigt, so dass die Feststellung des Nichtbestehens des Rechts auf Einreise und Aufenthalt (vgl. zur Frage der Rechtsgrundlage Epe in: GK-AufenthG, Stand: Juni 2012, § 5 FreizügG/EU, Rn. 52 m.w.N.) durch die Beklagte in den Bescheiden vom 07.03.2011 ebenso rechtswidrig ist (I.) wie die darin erfolgte Abschiebungsandrohung (II.).
I.
21 
Die Klägerin und ihr Sohn genießen Freizügigkeit.
22 
1. Der Klägerin steht nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 FreizügG/EU ein Recht auf Aufenthalt im Bundesgebiet zu. Nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes. Absatz 2 dieser Vorschrift bestimmt, welche Personen gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind. Dazu zählen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer, zur Arbeitssuche oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen (vgl. dazu Art. 7 Abs. 1 Richtlinie 2004/38/EG vom 29.04.2004). Die Klägerin ist Arbeitnehmerin in diesem Sinne.
23 
Abzustellen ist auf den unionsrechtlichen Begriff des Arbeitnehmers im Sinne des Art. 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV (früher: Art. 39 EG). Dieser darf nicht eng ausgelegt werden und ist anhand objektiver Kriterien zu definieren, die das Arbeitsverhältnis im Hinblick auf die Rechte und Pflichten der betroffenen Personen kennzeichnen. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht danach darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Dabei bleiben (nur) Tätigkeiten außer Betracht, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen (ständ. Rechtspr., vgl. nur EuGH, Urteile vom 04.02.2010 - Rs. C-14/09, Genc - Slg. 2010, I-931 = InfAuslR 2010, 225, vom 11.09.2008 - Rs. C-228/07, Petersen -Slg. 2008, I-6989 = juris, und vom 03.07.1986 - Rs. C-66/85, Lawrie-Blum - Slg. 1986, 2121 = juris; BVerwG, Urteile vom 19.04.2012 - 1 C 10.11 - InfAuslR 2012, 243, und vom 19.09.2000 - 1 C 13.00 - InfAuslR 2001, 61, jeweils m.w.N.). Ob der Betreffende Arbeitnehmer in diesem Sinne ist, bedarf einer Gesamtbeurteilung (durch das nationale Gericht), die anhand aller ein Arbeitsverhältnis kennzeichnenden Aspekte zu treffen ist (EuGH, Urteil vom 04.02.2010 - Rs. C-14/09, Genc - a.a.O.).
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Danach ist die Klägerin als Arbeitnehmerin anzusehen. Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass sie seit Anfang August 2011, mithin seit fast 14 Monaten, als Reinigungskraft bei der Zeugin C. Sch. für deren Bistro angestellt ist und als solche dort auch tatsächlich arbeitet. Die in der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2012 vernommene C. Sch. hat glaubhaft geschildert, wie es zur Einstellung kam, welche Aufgaben die Klägerin konkret hat, wie sie ihr Anweisungen erteilt und sich mit ihr verständigt. Die Klägerin ist - entgegen den Regelungen über die Arbeitszeit in den Arbeitsverträgen vom 01.08.2011 und vom 01.11.2011 - nicht nur an 5 bzw. 6 Arbeitstagen je eine Stunde tätig, sondern nahezu täglich, dafür teilweise weniger als eine Stunde. Frau C. Sch. hat erläutert, wenn nicht viel zu reinigen sei, arbeite die Klägerin manchmal auch nur 20 Minuten bis eine halbe Stunde, dafür dann an anderen Tagen mehr, damit sie über die Woche auf die vereinbarten Stunden komme. Was am jeweiligen Tag konkret zu putzen ist, bestimmt Frau C. Sch. Auf Nachfrage hat sie erklärt, sie könne sich inzwischen mit der Klägerin gut verständlich machen, in der ersten Zeit habe auch der Lebensgefährte der Klägerin Anweisungen übersetzt. Der Lohn von anfangs 180,-- EUR und seit November 2011 240,-- EUR monatlich wird der Klägerin jeweils bar gegen Quittung ausbezahlt. Die Arbeitsstelle ist als geringfügig entlohnte Stelle bei der Bundesknappschaft gemeldet, an welche der Arbeitgeber unter anderem pauschale Beiträge zur Rentenversicherung und zur Krankenversicherung sowie eine Pauschsteuer zu entrichten hat (vgl. §§ 172 Abs. 3 SGB IV, 249 Satz 1 SGB V, 40a Abs. 2 EStG). Die Grundmerkmale eines Arbeitsverhältnisses, nämlich ein Abhängigkeitsverhältnis und die Zahlung einer Vergütung als Gegenleistung für die erbrachten Leistungen (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 04.02.1010 - Rs. C-14/09, Genc - a.a.O; BVerwG, Urteil vom 19.04.2012 - 1 C 10.11- a.a.O.), liegen damit vor.
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Der Annahme der Eigenschaft als Arbeitnehmer steht im vorliegenden Fall auch nicht entgegen, dass es sich um eine so genannte geringfügige Beschäftigung (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV), einen "Minijob", mit einer Wochenarbeitszeit von zunächst 5 und später 6 Wochenstunden und einem Monatslohn von nur 180,-- EUR bzw. 240,-- EUR handelt und dass die Kläger sowie A.A. Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Arbeitslosengeld II und Sozialgeld) in erheblicher Höhe, zuletzt 1.221,72 EUR monatlich zuzüglich Beiträge zur Krankenkasse, erhalten. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann weder die begrenzte Höhe der Vergütung noch der Umstand, dass der Betreffende die Vergütung durch andere Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts, wie eine aus öffentlichen Mitteln des Wohnmitgliedstaats gezahlte finanzielle Unterstützung, zu ergänzen sucht, irgendeine Auswirkung auf die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des Unionsrechts haben (Urteil vom 04.02.2010 - Rs. C-14/09, Genc - a.a.O., m.w.N.). Eine bestimmte Mindestdauer der Tätigkeit oder ein Mindesteinkommen sind nicht erforderlich. Insbesondere ist es unschädlich, wenn das Einkommen unter dem liegt, was in dem jeweiligen Mitgliedstaat als Existenzminimum angesehen wird, und wenn öffentliche Mittel in Anspruch genommen werden (EuGH, Urteile vom 23.03.1982 - Rs. C-53/81, Levin - Slg. 1982, 1035 = InfAuslR 1983, 102, vom 03.06.1986 - Rs. C-139/85, Kempf - Slg. 1986, 1741 = juris, vom 14.12.1995 -C-444/93, Megner und Scheffel - Slg. 1995, I-4741 = JZ 1996, 413, und vom 04.02.2010 - Rs. C-14/09, Genc - a.a.O.). Wie bereits ausgeführt, hat der Europäische Gerichtshof immer wieder klargestellt, dass lediglich solche Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die einen derart geringen Umfang haben, dass sie sich „als völlig untergeordnet und unwesentlich“ darstellen (vgl. EuGH, Urteile vom 23.03.1982 - Rs. C-53/81, Levin - a.a.O., vom 08.06.1999 - C-337/97, Meeusen - Slg. 1999, I-3289 = EZAR 811 Nr. 41 und vom 19.11.2002 - C-188/00, Kurz - Slg. 2002, I-10691 = InfAuslR 2003, 41).
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Eine genaue Grenze in Bezug auf Einkommen und Arbeitszeit, unterhalb derer die Arbeitnehmereigenschaft zu verneinen ist, lässt sich nicht bestimmen. Ältere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zu geringfügigen Beschäftigungen bzw. Teilzeitarbeit betrafen Arbeitsverhältnisse mit einer Arbeitszeit von 10 bis zu 25 Stunden (Urteile vom 03.06.1986 - Rs. C-139/85, Kempf -a.a.O., vom 14.12.1995 - C-444/93, Megner und Scheffel - a.a.O. und vom 24.01.2008 - C-294/06, Payir u.a. - Slg. 2008, I-203 = juris; vgl. auch Urteil vom 03.07.1986 - Rs. C-66/85, Lawrie-Blum - a.a.O.). Dem Urteil in der Rechtssache Genc vom 04.02.2010 (a.a.O., zu Art. 6 ARB 1/80), in dem es ebenfalls um einen "Minijob" als Reinigungskraft mit einer Wochenarbeitszeit von 5,5 Stunden bei einem monatlichen Durchschnittslohn von 175,-- EUR ging, lässt sich aber entnehmen, dass auch ein Beschäftigter mit entsprechend geringen Wochenarbeitszeiten als Arbeitnehmer anzusehen sein kann. Der Europäische Gerichtshof hat in dieser Vorabentscheidung erneut betont, dass auch bei „geringfügig Beschäftigten“ zu prüfen sei, ob die Tätigkeit aufgrund einer Gesamtbewertung - trotz der geringen Arbeitszeiten - als “tatsächlich und echt“ angesehen werden könne. Dabei seien nicht nur Gesichtspunkte wie die Arbeitszeit und die Höhe der Vergütung zu berücksichtigen, sondern auch solche wie der Anspruch auf bezahlten Urlaub, die Geltung von Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die Anwendung des Tarifvertrags in der jeweils gültigen Fassung auf den Arbeitsvertrag sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses. In der Folge dieser Vorabentscheidung haben die nationalen Gerichte, zuletzt das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 10.04.2012 (- 1 C 10.11 - a.a.O.), die Arbeitnehmereigenschaft der betreffenden Klägerin bejaht (vgl. auch das vorangegangene Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 30.03.2011 - 12 B 15/10 -juris mit weiteren Nachw. zur Rechtspr. bei geringfügig bzw. Teilzeit-Beschäftigen). Allerdings hatte diese inzwischen ihre wöchentliche Arbeitszeit von 5,5 auf 10 Wochenarbeitsstunden erhöht. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber dargelegt (a.a.O., RN 20), dass auch bei einer auf den früheren Zeitpunkt bezogenen Beurteilung - als die wöchentliche Arbeitszeit noch bei nur 5,5 Stunden lag - das Beschäftigungsverhältnis nach Umfang, Dauer und seiner konkreten Ausgestaltung nicht von so geringem Umfang sei, dass es sich bei wertender Betrachtung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellte.
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Die danach erforderliche Gesamtwürdigung des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin anhand der vom Europäischen Gerichtshof genannten Kriterien ergibt, dass diese in der Rückschau mit der Aufnahme ihrer Tätigkeit als Reinigungskraft im Bistro der Zeugin zur Arbeitnehmerin im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU wurde und es im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat weiterhin ist. Dabei ist zunächst die Dauer und vor allem die Regelmäßigkeit der Tätigkeit der Klägerin zu berücksichtigen. Sie arbeitet seit August 2011 nahezu täglich für die Zeugin. Es gibt neben ihr keine weitere angestellte Reinigungskraft. Wenn sie ausfällt, muss ihre Arbeit von der Arbeitgeberin oder den Bedienungen übernommen werden. Ihre Tätigkeit ist daher von einigem Gewicht für den Betriebsablauf in der Gaststätte. Zudem gilt für die Klägerin der - mit Wirkung vom 01.01.2002 für allgemeinverbindlich erklärte - Manteltarifvertrag für das Hotel- und Gaststättengewerbe Baden-Württemberg vom 18.03.2002 (im Folgenden: Mantel-TV). Alle mündlichen und schriftlichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, mit welchen die darin getroffenen Vereinbarungen zuungunsten der Arbeitnehmer um- bzw. abgeändert werden, sind ungültig (vgl. § 22 des Mantel-TV). Die Klägerin hat nicht nur nach gesetzlichen Vorschriften (Urlaubsgesetz, Entgeltfortzahlungsgesetz), sondern auch nach dem Manteltarifvertrag unter anderem Anspruch auf Urlaub (vgl. § 10 Mantel-TV) und auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (§ 13 Mantel-TV), außerdem gelten - neben dem gesetzlichen Kündigungsschutz - die in § 4 des Tarifvertrags bestimmten Kündigungsfristen. Unter diesen Umständen bestehen keine Zweifel daran, dass ihr Arbeitsverhältnis als "tatsächliches und echtes" anzusehen ist.
28 
Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass die Zahl der Urlaubstage in den Arbeitsverträgen vom 01.08. und vom 01.11.2011 nicht angegeben, der Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall darin zwar nicht ausgeschlossen, aber nicht explizit geregelt ist, und dass unter § 9 "Kündigungsfristen" bestimmt ist, dass das Arbeitsverhältnis jederzeit ohne Einhaltung von Fristen beidseitig gekündigt werden könne, wenn es nicht mit einem bestimmten Datum ende. Wie ihre Angaben bei der Vernehmung als Zeugin gezeigt haben, scheint zwar auch der Arbeitgeberin nicht bewusst zu sein, dass die Klägerin Anspruch auf Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall hat. Es ist aber davon auszugehen, dass offensichtlich viele Arbeitgeber bei geringfügigen Beschäftigungen einem entsprechenden Irrtum unterliegen, auch mag es Arbeitgeber geben, die den Arbeitnehmer sogar bewusst nicht über die diesbezüglichen Rechte aufklären. Entsprechende Arbeitsverhältnisse dürften daher nicht als unüblich und damit auch nicht als "unecht" zu qualifizieren sein. Jedenfalls kann bei einem Arbeitnehmer in der Regel nicht mit der Begründung die Arbeitnehmereigenschaft im unionsrechtlichen Sinne verneint werden, dass sein Arbeitgeber von ihm - unzulässigerweise - mehr Leistungen verlangt als er nach dem Arbeitsvertrag, den tarifvertraglichen Regelungen und/oder dem Gesetz zu erbringen verpflichtet ist, bzw. diesem weniger Leistungen gewährt, als ihm rechtlich zustehen. Etwas anderes mag gelten, wenn dieser Umstand als Indiz dafür zu werten ist, dass es sich nur um eine Art "Scheinarbeitsverhältnis" handelt. Davon kann hier aber nicht die Rede sein.
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Die Klägerin ist damit freizügigkeitsberechtigt. Dieses Recht kann ihr hier entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht wegen der ergänzend erforderlichen Sozialleistungen oder wegen Rechtsmissbrauchs versagt werden. Die Beklagte verkennt, dass die Voraussetzung des Vorhandenseins ausreichender Existenzmittel und ausreichenden Krankenversicherungsschutzes nach § 4 Satz 1 FreizügG/EU nur für nicht erwerbstätige Unionsbürger und deren Familienangehörige bzw. Lebenspartner gilt und gerade nicht für nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und deren Familienangehörige. Es kann daher nicht verlangt werden, dass der überwiegende Teil oder ein bestimmter Prozentsatz des Bedarfs vom jeweiligen Einkommen gedeckt ist. Der Klägerin kann auch nicht vorgehalten werden, sie wäre allein zum Bezug von staatlichen Unterstützungsleistungen nach Deutschland gekommen. Als sie - bereits schwanger - im Mai 2009 zu ihrem Lebensgefährten A.A. nach Deutschland zog, hatte dieser noch eine Arbeitsstelle. Zwar sind die Erklärungen der Klägerin und ihres Lebensgefährten dazu, warum sie hier und nicht in Schweden leben wollen, tatsächlich nicht in jeder Hinsicht überzeugend gewesen. So hat sich z.B. herausgestellt, dass A.A. - entgegen früheren Darstellungen - schon lange im Besitz eines gültigen irakischen Passes ist. Dass die beiden sich nicht entschieden haben, nach Schweden umzuziehen und dort gegebenenfalls Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen, kann aber - vor dem Hintergrund der unionsrechtlich gewährleisteten Arbeitnehmerfreizügigkeit -nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden.
30 
Soweit von Seiten der Beklagten gerügt wird, dass die Klägerin und ihr Lebensgefährte nicht umfangreicheren Beschäftigungen nachgehen, weist der Senat ergänzend auf Folgendes hin: Tatsächlich stellt sich die Frage, ob es der Klägerin und/oder ihrem Lebensgefährten nicht - trotz der schlechten Deutschkenntnisse der Klägerin und des seit Frühsommer 2008 ungesicherten aufenthaltsrechtlichen Status des A.A. - möglich sein müsste, weitere bzw. umfangreichere Beschäftigungen zu finden. Darauf kommt es aber hier nicht an. Denn unabhängig davon genießt die Klägerin aufgrund des bestehenden Arbeitsverhältnisses Freizügigkeit. Es ist Aufgabe des zuständigen Jobcenters, gegebenenfalls eine Arbeitsstelle zu vermitteln oder bei unzureichenden Arbeitsbemühungen entsprechende Konsequenzen zu ziehen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 19.04.2012 - 1 C 10.11 - a.a.O.).
31 
2. Ist danach die Klägerin als freizügigkeitsberechtigte Unionsbürgerin anzusehen, hat der Kläger als ihr Sohn ebenfalls ein Recht auf Aufenthalt in Deutschland (§§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 6 i.V.m. 3 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU).
II.
32 
Unter diesen Umständen sind auch die in den Bescheiden vom 07.03.2011 verfügten Abschiebungsandrohungen rechtswidrig und aufzuheben.
33 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
35 
Beschluss vom 29. Oktober 2012
36 
Der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wird auf 10.000,-- EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2, entspr. 39 Abs. 1 GKG).
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
19 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaften und auch im Übrigen zulässigen Berufungen der Kläger sind begründet. Das Verwaltungsgericht hätte auf die Anfechtungsklagen der Kläger hin die Bescheide der Beklagten vom 07.03.2011 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 25.05.2011 aufheben müssen. Denn diese sind rechtswidrig und verletzen dadurch die Kläger in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
20 
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist - wie in allen Fällen ausländerbehördlicher Verfügungen, mit denen die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet wird (vgl. nur VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.03.2009 - 13 S 2372/08 - NVwZ 2009, 1380; zum Verlust der Freizügigkeitsberechtigung: EuGH, Urteil vom 29.04.2004 - Rs. C-482/01 und 493/0, Orfanopoulos und Oliveri - Slg. 2004, I-5257 = juris) - der der letzten mündlichen Verhandlung, hier der 29.10.2012. Zu diesem Zeitpunkt sind sowohl die Klägerin als auch ihr Sohn, der Kläger, freizügigkeitsberechtigt, so dass die Feststellung des Nichtbestehens des Rechts auf Einreise und Aufenthalt (vgl. zur Frage der Rechtsgrundlage Epe in: GK-AufenthG, Stand: Juni 2012, § 5 FreizügG/EU, Rn. 52 m.w.N.) durch die Beklagte in den Bescheiden vom 07.03.2011 ebenso rechtswidrig ist (I.) wie die darin erfolgte Abschiebungsandrohung (II.).
I.
21 
Die Klägerin und ihr Sohn genießen Freizügigkeit.
22 
1. Der Klägerin steht nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 FreizügG/EU ein Recht auf Aufenthalt im Bundesgebiet zu. Nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes. Absatz 2 dieser Vorschrift bestimmt, welche Personen gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind. Dazu zählen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer, zur Arbeitssuche oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen (vgl. dazu Art. 7 Abs. 1 Richtlinie 2004/38/EG vom 29.04.2004). Die Klägerin ist Arbeitnehmerin in diesem Sinne.
23 
Abzustellen ist auf den unionsrechtlichen Begriff des Arbeitnehmers im Sinne des Art. 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV (früher: Art. 39 EG). Dieser darf nicht eng ausgelegt werden und ist anhand objektiver Kriterien zu definieren, die das Arbeitsverhältnis im Hinblick auf die Rechte und Pflichten der betroffenen Personen kennzeichnen. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht danach darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Dabei bleiben (nur) Tätigkeiten außer Betracht, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen (ständ. Rechtspr., vgl. nur EuGH, Urteile vom 04.02.2010 - Rs. C-14/09, Genc - Slg. 2010, I-931 = InfAuslR 2010, 225, vom 11.09.2008 - Rs. C-228/07, Petersen -Slg. 2008, I-6989 = juris, und vom 03.07.1986 - Rs. C-66/85, Lawrie-Blum - Slg. 1986, 2121 = juris; BVerwG, Urteile vom 19.04.2012 - 1 C 10.11 - InfAuslR 2012, 243, und vom 19.09.2000 - 1 C 13.00 - InfAuslR 2001, 61, jeweils m.w.N.). Ob der Betreffende Arbeitnehmer in diesem Sinne ist, bedarf einer Gesamtbeurteilung (durch das nationale Gericht), die anhand aller ein Arbeitsverhältnis kennzeichnenden Aspekte zu treffen ist (EuGH, Urteil vom 04.02.2010 - Rs. C-14/09, Genc - a.a.O.).
24 
Danach ist die Klägerin als Arbeitnehmerin anzusehen. Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass sie seit Anfang August 2011, mithin seit fast 14 Monaten, als Reinigungskraft bei der Zeugin C. Sch. für deren Bistro angestellt ist und als solche dort auch tatsächlich arbeitet. Die in der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2012 vernommene C. Sch. hat glaubhaft geschildert, wie es zur Einstellung kam, welche Aufgaben die Klägerin konkret hat, wie sie ihr Anweisungen erteilt und sich mit ihr verständigt. Die Klägerin ist - entgegen den Regelungen über die Arbeitszeit in den Arbeitsverträgen vom 01.08.2011 und vom 01.11.2011 - nicht nur an 5 bzw. 6 Arbeitstagen je eine Stunde tätig, sondern nahezu täglich, dafür teilweise weniger als eine Stunde. Frau C. Sch. hat erläutert, wenn nicht viel zu reinigen sei, arbeite die Klägerin manchmal auch nur 20 Minuten bis eine halbe Stunde, dafür dann an anderen Tagen mehr, damit sie über die Woche auf die vereinbarten Stunden komme. Was am jeweiligen Tag konkret zu putzen ist, bestimmt Frau C. Sch. Auf Nachfrage hat sie erklärt, sie könne sich inzwischen mit der Klägerin gut verständlich machen, in der ersten Zeit habe auch der Lebensgefährte der Klägerin Anweisungen übersetzt. Der Lohn von anfangs 180,-- EUR und seit November 2011 240,-- EUR monatlich wird der Klägerin jeweils bar gegen Quittung ausbezahlt. Die Arbeitsstelle ist als geringfügig entlohnte Stelle bei der Bundesknappschaft gemeldet, an welche der Arbeitgeber unter anderem pauschale Beiträge zur Rentenversicherung und zur Krankenversicherung sowie eine Pauschsteuer zu entrichten hat (vgl. §§ 172 Abs. 3 SGB IV, 249 Satz 1 SGB V, 40a Abs. 2 EStG). Die Grundmerkmale eines Arbeitsverhältnisses, nämlich ein Abhängigkeitsverhältnis und die Zahlung einer Vergütung als Gegenleistung für die erbrachten Leistungen (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 04.02.1010 - Rs. C-14/09, Genc - a.a.O; BVerwG, Urteil vom 19.04.2012 - 1 C 10.11- a.a.O.), liegen damit vor.
25 
Der Annahme der Eigenschaft als Arbeitnehmer steht im vorliegenden Fall auch nicht entgegen, dass es sich um eine so genannte geringfügige Beschäftigung (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV), einen "Minijob", mit einer Wochenarbeitszeit von zunächst 5 und später 6 Wochenstunden und einem Monatslohn von nur 180,-- EUR bzw. 240,-- EUR handelt und dass die Kläger sowie A.A. Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Arbeitslosengeld II und Sozialgeld) in erheblicher Höhe, zuletzt 1.221,72 EUR monatlich zuzüglich Beiträge zur Krankenkasse, erhalten. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann weder die begrenzte Höhe der Vergütung noch der Umstand, dass der Betreffende die Vergütung durch andere Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts, wie eine aus öffentlichen Mitteln des Wohnmitgliedstaats gezahlte finanzielle Unterstützung, zu ergänzen sucht, irgendeine Auswirkung auf die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des Unionsrechts haben (Urteil vom 04.02.2010 - Rs. C-14/09, Genc - a.a.O., m.w.N.). Eine bestimmte Mindestdauer der Tätigkeit oder ein Mindesteinkommen sind nicht erforderlich. Insbesondere ist es unschädlich, wenn das Einkommen unter dem liegt, was in dem jeweiligen Mitgliedstaat als Existenzminimum angesehen wird, und wenn öffentliche Mittel in Anspruch genommen werden (EuGH, Urteile vom 23.03.1982 - Rs. C-53/81, Levin - Slg. 1982, 1035 = InfAuslR 1983, 102, vom 03.06.1986 - Rs. C-139/85, Kempf - Slg. 1986, 1741 = juris, vom 14.12.1995 -C-444/93, Megner und Scheffel - Slg. 1995, I-4741 = JZ 1996, 413, und vom 04.02.2010 - Rs. C-14/09, Genc - a.a.O.). Wie bereits ausgeführt, hat der Europäische Gerichtshof immer wieder klargestellt, dass lediglich solche Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die einen derart geringen Umfang haben, dass sie sich „als völlig untergeordnet und unwesentlich“ darstellen (vgl. EuGH, Urteile vom 23.03.1982 - Rs. C-53/81, Levin - a.a.O., vom 08.06.1999 - C-337/97, Meeusen - Slg. 1999, I-3289 = EZAR 811 Nr. 41 und vom 19.11.2002 - C-188/00, Kurz - Slg. 2002, I-10691 = InfAuslR 2003, 41).
26 
Eine genaue Grenze in Bezug auf Einkommen und Arbeitszeit, unterhalb derer die Arbeitnehmereigenschaft zu verneinen ist, lässt sich nicht bestimmen. Ältere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zu geringfügigen Beschäftigungen bzw. Teilzeitarbeit betrafen Arbeitsverhältnisse mit einer Arbeitszeit von 10 bis zu 25 Stunden (Urteile vom 03.06.1986 - Rs. C-139/85, Kempf -a.a.O., vom 14.12.1995 - C-444/93, Megner und Scheffel - a.a.O. und vom 24.01.2008 - C-294/06, Payir u.a. - Slg. 2008, I-203 = juris; vgl. auch Urteil vom 03.07.1986 - Rs. C-66/85, Lawrie-Blum - a.a.O.). Dem Urteil in der Rechtssache Genc vom 04.02.2010 (a.a.O., zu Art. 6 ARB 1/80), in dem es ebenfalls um einen "Minijob" als Reinigungskraft mit einer Wochenarbeitszeit von 5,5 Stunden bei einem monatlichen Durchschnittslohn von 175,-- EUR ging, lässt sich aber entnehmen, dass auch ein Beschäftigter mit entsprechend geringen Wochenarbeitszeiten als Arbeitnehmer anzusehen sein kann. Der Europäische Gerichtshof hat in dieser Vorabentscheidung erneut betont, dass auch bei „geringfügig Beschäftigten“ zu prüfen sei, ob die Tätigkeit aufgrund einer Gesamtbewertung - trotz der geringen Arbeitszeiten - als “tatsächlich und echt“ angesehen werden könne. Dabei seien nicht nur Gesichtspunkte wie die Arbeitszeit und die Höhe der Vergütung zu berücksichtigen, sondern auch solche wie der Anspruch auf bezahlten Urlaub, die Geltung von Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die Anwendung des Tarifvertrags in der jeweils gültigen Fassung auf den Arbeitsvertrag sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses. In der Folge dieser Vorabentscheidung haben die nationalen Gerichte, zuletzt das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 10.04.2012 (- 1 C 10.11 - a.a.O.), die Arbeitnehmereigenschaft der betreffenden Klägerin bejaht (vgl. auch das vorangegangene Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 30.03.2011 - 12 B 15/10 -juris mit weiteren Nachw. zur Rechtspr. bei geringfügig bzw. Teilzeit-Beschäftigen). Allerdings hatte diese inzwischen ihre wöchentliche Arbeitszeit von 5,5 auf 10 Wochenarbeitsstunden erhöht. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber dargelegt (a.a.O., RN 20), dass auch bei einer auf den früheren Zeitpunkt bezogenen Beurteilung - als die wöchentliche Arbeitszeit noch bei nur 5,5 Stunden lag - das Beschäftigungsverhältnis nach Umfang, Dauer und seiner konkreten Ausgestaltung nicht von so geringem Umfang sei, dass es sich bei wertender Betrachtung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellte.
27 
Die danach erforderliche Gesamtwürdigung des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin anhand der vom Europäischen Gerichtshof genannten Kriterien ergibt, dass diese in der Rückschau mit der Aufnahme ihrer Tätigkeit als Reinigungskraft im Bistro der Zeugin zur Arbeitnehmerin im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU wurde und es im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat weiterhin ist. Dabei ist zunächst die Dauer und vor allem die Regelmäßigkeit der Tätigkeit der Klägerin zu berücksichtigen. Sie arbeitet seit August 2011 nahezu täglich für die Zeugin. Es gibt neben ihr keine weitere angestellte Reinigungskraft. Wenn sie ausfällt, muss ihre Arbeit von der Arbeitgeberin oder den Bedienungen übernommen werden. Ihre Tätigkeit ist daher von einigem Gewicht für den Betriebsablauf in der Gaststätte. Zudem gilt für die Klägerin der - mit Wirkung vom 01.01.2002 für allgemeinverbindlich erklärte - Manteltarifvertrag für das Hotel- und Gaststättengewerbe Baden-Württemberg vom 18.03.2002 (im Folgenden: Mantel-TV). Alle mündlichen und schriftlichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, mit welchen die darin getroffenen Vereinbarungen zuungunsten der Arbeitnehmer um- bzw. abgeändert werden, sind ungültig (vgl. § 22 des Mantel-TV). Die Klägerin hat nicht nur nach gesetzlichen Vorschriften (Urlaubsgesetz, Entgeltfortzahlungsgesetz), sondern auch nach dem Manteltarifvertrag unter anderem Anspruch auf Urlaub (vgl. § 10 Mantel-TV) und auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (§ 13 Mantel-TV), außerdem gelten - neben dem gesetzlichen Kündigungsschutz - die in § 4 des Tarifvertrags bestimmten Kündigungsfristen. Unter diesen Umständen bestehen keine Zweifel daran, dass ihr Arbeitsverhältnis als "tatsächliches und echtes" anzusehen ist.
28 
Eine andere Beurteilung folgt nicht daraus, dass die Zahl der Urlaubstage in den Arbeitsverträgen vom 01.08. und vom 01.11.2011 nicht angegeben, der Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall darin zwar nicht ausgeschlossen, aber nicht explizit geregelt ist, und dass unter § 9 "Kündigungsfristen" bestimmt ist, dass das Arbeitsverhältnis jederzeit ohne Einhaltung von Fristen beidseitig gekündigt werden könne, wenn es nicht mit einem bestimmten Datum ende. Wie ihre Angaben bei der Vernehmung als Zeugin gezeigt haben, scheint zwar auch der Arbeitgeberin nicht bewusst zu sein, dass die Klägerin Anspruch auf Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall hat. Es ist aber davon auszugehen, dass offensichtlich viele Arbeitgeber bei geringfügigen Beschäftigungen einem entsprechenden Irrtum unterliegen, auch mag es Arbeitgeber geben, die den Arbeitnehmer sogar bewusst nicht über die diesbezüglichen Rechte aufklären. Entsprechende Arbeitsverhältnisse dürften daher nicht als unüblich und damit auch nicht als "unecht" zu qualifizieren sein. Jedenfalls kann bei einem Arbeitnehmer in der Regel nicht mit der Begründung die Arbeitnehmereigenschaft im unionsrechtlichen Sinne verneint werden, dass sein Arbeitgeber von ihm - unzulässigerweise - mehr Leistungen verlangt als er nach dem Arbeitsvertrag, den tarifvertraglichen Regelungen und/oder dem Gesetz zu erbringen verpflichtet ist, bzw. diesem weniger Leistungen gewährt, als ihm rechtlich zustehen. Etwas anderes mag gelten, wenn dieser Umstand als Indiz dafür zu werten ist, dass es sich nur um eine Art "Scheinarbeitsverhältnis" handelt. Davon kann hier aber nicht die Rede sein.
29 
Die Klägerin ist damit freizügigkeitsberechtigt. Dieses Recht kann ihr hier entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht wegen der ergänzend erforderlichen Sozialleistungen oder wegen Rechtsmissbrauchs versagt werden. Die Beklagte verkennt, dass die Voraussetzung des Vorhandenseins ausreichender Existenzmittel und ausreichenden Krankenversicherungsschutzes nach § 4 Satz 1 FreizügG/EU nur für nicht erwerbstätige Unionsbürger und deren Familienangehörige bzw. Lebenspartner gilt und gerade nicht für nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und deren Familienangehörige. Es kann daher nicht verlangt werden, dass der überwiegende Teil oder ein bestimmter Prozentsatz des Bedarfs vom jeweiligen Einkommen gedeckt ist. Der Klägerin kann auch nicht vorgehalten werden, sie wäre allein zum Bezug von staatlichen Unterstützungsleistungen nach Deutschland gekommen. Als sie - bereits schwanger - im Mai 2009 zu ihrem Lebensgefährten A.A. nach Deutschland zog, hatte dieser noch eine Arbeitsstelle. Zwar sind die Erklärungen der Klägerin und ihres Lebensgefährten dazu, warum sie hier und nicht in Schweden leben wollen, tatsächlich nicht in jeder Hinsicht überzeugend gewesen. So hat sich z.B. herausgestellt, dass A.A. - entgegen früheren Darstellungen - schon lange im Besitz eines gültigen irakischen Passes ist. Dass die beiden sich nicht entschieden haben, nach Schweden umzuziehen und dort gegebenenfalls Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen, kann aber - vor dem Hintergrund der unionsrechtlich gewährleisteten Arbeitnehmerfreizügigkeit -nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden.
30 
Soweit von Seiten der Beklagten gerügt wird, dass die Klägerin und ihr Lebensgefährte nicht umfangreicheren Beschäftigungen nachgehen, weist der Senat ergänzend auf Folgendes hin: Tatsächlich stellt sich die Frage, ob es der Klägerin und/oder ihrem Lebensgefährten nicht - trotz der schlechten Deutschkenntnisse der Klägerin und des seit Frühsommer 2008 ungesicherten aufenthaltsrechtlichen Status des A.A. - möglich sein müsste, weitere bzw. umfangreichere Beschäftigungen zu finden. Darauf kommt es aber hier nicht an. Denn unabhängig davon genießt die Klägerin aufgrund des bestehenden Arbeitsverhältnisses Freizügigkeit. Es ist Aufgabe des zuständigen Jobcenters, gegebenenfalls eine Arbeitsstelle zu vermitteln oder bei unzureichenden Arbeitsbemühungen entsprechende Konsequenzen zu ziehen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 19.04.2012 - 1 C 10.11 - a.a.O.).
31 
2. Ist danach die Klägerin als freizügigkeitsberechtigte Unionsbürgerin anzusehen, hat der Kläger als ihr Sohn ebenfalls ein Recht auf Aufenthalt in Deutschland (§§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 6 i.V.m. 3 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU).
II.
32 
Unter diesen Umständen sind auch die in den Bescheiden vom 07.03.2011 verfügten Abschiebungsandrohungen rechtswidrig und aufzuheben.
33 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
34 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
35 
Beschluss vom 29. Oktober 2012
36 
Der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wird auf 10.000,-- EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2, entspr. 39 Abs. 1 GKG).
37 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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published on 29/10/2012 00:00

Tenor Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08.12.2011 - 11 K 2142/11 - geändert. Die Bescheide der Beklagten vom 07.03.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 25.05.2011 w
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Tenor Die Klage wird abgewiesen.Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand  1 Die Kläger wenden sich gegen zwei Verfügungen der Beklagten, mit der diese das Nichtbestehen der Rechte der Kläger auf Einreise
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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Sprungrevision wird nicht zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Kläger und die Beklagte streiten in dem ursprünglich unter dem Aktenzeichen S 32 AS 2010/13 geführten Kla
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Tenor Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.01.2015 geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig ab dem 04.12.2014 bis zur Bes
published on 29/10/2012 00:00

Tenor Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08.12.2011 - 11 K 2142/11 - geändert. Die Bescheide der Beklagten vom 07.03.2011 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 25.05.2011 w
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Annotations

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.