Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 13. Jan. 2025 - W 8 K 24.641
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Gericht
AoLs
Submitted by
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
I.
Die Klägerin, die eine Zahnarztpraxis betreibt, wendet sich gegen den Widerruf der ihr gewährten Soforthilfe Corona in Höhe von 7.500,00 EUR sowie gegen die Verpflichtung zur Rückzahlung.
Die Klägerin beantragte mit Soforthilfeantrag vom 19. März 2020, beim Beklagten per E-Mail eingegangen am 20. März 2020, die Gewährung eines Zuschusses für von der Coronakrise 03/2020 besonders geschädigte gewerbliche Unternehmen und Angehörige freier Berufe gemäß dem Soforthilfeprogramm des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie ("Soforthilfe Corona"). Als Grund für die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. den Liquiditätsengpass gab sie an: Stark reduzierte Behandlungen/Beratungen oder Ausfälle wegen massiver Terminabsagen durch Risikopatienten und verunsicherte Patienten, Materialmangel; unklare Sach- und Rechtslage für Zahnärzte und unzureichende bzw. fehlende Verhaltensrichtlinien. Sie versicherte, dass die existenzbedrohliche Wirtschaftslage bzw. der Liquiditätsengpass eine Folgewirkung der Coronakrise vom Frühjahr 2020 sei. Sie nehme davon Kenntnis, dass kein Rechtsanspruch auf die Gewährung der Soforthilfe bestehe. Sie erklärte weiter, dass ihr bekannt sei, dass sie im Falle einer Überkompensation (Entschädigungs-, Versicherungsleistungen, andere Fördermaßnahmen) die erhaltene Soforthilfe zurückzahlen müsse.
Mit Bescheid vom 10. April 2020 erhielt die Klägerin auf Grundlage der Richtlinien für die Unterstützung der von der Corona-Virus-Pandemie (COVID-19) geschädigten gewerblichen Unternehmen und Angehörigen freier Berufe (Soforthilfe Corona) des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 17. März 2020 – im Folgenden: Richtlinien Soforthilfe Corona – eine Soforthilfe in Höhe von 7.500,00 EUR. Die Soforthilfe wurde unter folgenden Maßgaben ausgereicht: Die Soforthilfe war zweckgebunden und diente ausschließlich der Bewältigung der existenzgefährdenden wirtschaftlichen Folgen infolge der COVID-19-Pandemie und der Aufrechterhaltung der Betriebsfähigkeit des betroffenen Unternehmens. Die Mittel dienten ausschließlich zur Kompensation von seit dem 11. März 2020 im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie entstandenen Liquiditätsengpässen (Nr. 1). Grundlage und Bestandteil des Bescheides waren der Antrag vom 20. März 2020 sowie alle dazu gegebenenfalls eingereichten Unterlagen (Nr. 2). Dem Bescheid wurde eine Anzahl von sechs Beschäftigten zugrunde gelegt, wodurch sich ein maximaler Betrag von 7.500,00 EUR ergebe. Nicht umfasst seien vor dem 11. März 2020 entstandene wirtschaftliche Schieflagen bzw. Liquiditätsengpässe (Nr. 3). Die Auszahlung erfolge nach Erlass des Bescheides auf das im Antrag angegebene Konto. Zum Zweck der Zahlungsabwicklung würden die hierfür erforderlichen Daten der Staatsoberkasse Bayern in Landshut übermittelt (Nr. 4). Mögliche Entschädigungsleistungen nach dem Infektionsschutzgesetz, gegebenenfalls zuständige Versicherungsleistungen aus Absicherung von Betriebsunterbrechungen oder Betriebsausfall sowie andere öffentliche Hilfen würden auf die gewährte Soforthilfe angerechnet. Es werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die gewährte Soforthilfe im Falle einer Überkompensation des Liquiditätsengpasses (Entschädigungs-, Versicherungsleistungen, andere Fördermaßnahmen) zurückzuzahlen sei. In diesem Fall sei die gewährte Soforthilfe zu verzinsen (Nr. 5). Die Klägerin wurde verpflichtet, unverzüglich der Bewilligungsbehörde anzuzeigen, wenn sich die für die Bewilligung der Soforthilfe maßgeblichen Umstände änderten oder wegfielen (Nr. 6.1), ein Insolvenz- oder Zwangsvollstreckungsverfahren beantragt oder eröffnet werde (Nr. 6.2). Für den Fall, dass sich der ermittelte Bedarf zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz bzw. zur Kompensation von seit dem 11. März 2020 entstandenen Liquiditätsengpässen unter die bewilligte Soforthilfe reduzierten, behielten sie sich den teilweisen Widerruf des Bescheides bis zur Höhe des tatsächlichen Mittelbedarfs vor (Nr. 7). Für den Fall, dass der seit dem 11. März 2020 aufgrund der Corona-Krise entstandene Liquiditätsengpass höher als die bewilligte Soforthilfe sei, bestehe die Möglichkeit diese aufzustocken (Nr. 8). Weiter behielten sie sich im Einzelfall eine Prüfung der Verwendung der Soforthilfe vor. In diesem Fall sei die Bewilligungsstelle berechtigt, Bücher, Belege und sonstige Geschäftsunterlagen anzufordern sowie die Verwendung der Soforthilfe durch örtliche Erhebungen zu prüfen oder durch Beauftragte prüfen zu lassen. (Nr. 9). Die Soforthilfe sei zu erstatten, soweit dieser Bescheid nach dem Verwaltungsverfahrensrecht (Art. 43, 48, 49 BayVwVfG) oder andere Rechtsvorschriften mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder sonst unwirksam geworden sei. Dies gelte insbesondere, wenn die Soforthilfe durch unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt worden sei. Der Erstattungsanspruch sei vom Eintritt der Unwirksamkeit des Bescheides an mit drei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB jährlich nach Maßgabe des Art. 49a Abs. 3 BayVwVfG zu verzinsen (Nr. 10). Alle relevanten Unterlagen seien zehn Jahre lang ab Gewährung aufzuheben (Nr. 11). Die Klägerin versichere, mit Erhalt des Bescheids und der bewilligten Mittel, dass die im vorgelegten Antrag einschließlich der Anlagen gemachten Angaben vollständig und richtig seien, und verpflichte sich, jede Änderung in den gemachten Angaben unverzüglich bei der Bewilligungsbehörde anzuzeigen. Sollte sie damit oder mit einer Regelung in diesem Bescheid nicht einverstanden sein, sei dies der Bewilligungsbehörde gegenüber zu erklären und der überwiesene Betrag unverzüglich zurückzuerstatten! (Nr.12). Die Soforthilfe des Freistaats Bayern werde auf einen Anspruch auf Soforthilfe aus dem Bundesprogramm angerechnet. Gegebenenfalls könne ein Aufstockungsantrag aus dem Bundesprogramm gestellt werden (Nr.13).
Mit E-Mail vom 4. Juni 2020 übersandte die Klägerin eine Aufstellung zur Berechnung des Liquiditätsengpasses vom 23. Mai 2020.
Mit E-Mail vom 6. Juli 2020 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er sich eine Überprüfung der tatsächlichen Kosten und Einnahmen zu einem späteren Zeitpunkt vorbehalte, da es sich bei den Angaben um geschätzte Werte handele.
Mit Schreiben vom 28. November 2022 erhielt die Klägerin vom Beklagten eine Erinnerung an die Verpflichtung zur Überprüfung der erhaltenen Corona-Soforthilfe. Die Corona-Soforthilfen seien auf der Grundlage einer bei der Antragstellung getroffenen Prognose gewährt worden. Aufgrund des Bewilligungsbescheides sei die Klägerin verpflichtet, zu überprüfen, ob die Prognose zu dem bei Antragstellung erwarteten Liquiditätsengpass auch tatsächlich eingetreten sei oder ob sie die Soforthilfe – gegebenenfalls auch anteilig – zurückzahlen müsse. Die Höhe der Soforthilfe dürfe den tatsächlichen Liquiditätsengpass nicht übersteigen. Der Liquiditätsengpass berechne sich aus dem erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (unter anderen gewerblichen Mieten, Pachten, Leasing-Aufwendungen; keine Personalkosten) abzüglich der Einnahmen (im dreimonatigen Betrachtungszeitraum). Sollte die Durchführung der Berechnung ergeben, dass die Klägerin mehr Soforthilfe erhalten habe, als angesichts der tatsächlichen Entwicklung von Einnahmen und Ausgaben zur Verhinderung eines Liquiditätsengpasses erforderlich gewesen wäre, sei sie verpflichtet, diese sogenannte Überkompensation zurückzuzahlen.
Am 30. Dezember 2023 erfolgte eine Rückmeldung der Klägerin über die Online-Datenmaske, die eine Überkompensation ergab. Gleichzeitig beantragte sie wegen ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse die Stundung und ratenweise Rückzahlung (24 Monate, 312,50 EUR). In einer E-Mail vom selben Tag erklärte die Klägerin, dass aufgrund dessen, dass Personalkosten und Abschreibungen nicht in Abzug gebracht hätten werden dürfen, sich bei ihr – trotz des Verlustes in der BWA – in den zu berücksichtigenden Monaten kein Liquiditätsengpass ergeben habe.
Mit Bescheid vom 18. März 2024 widerrief die Regierung von Unterfranken den Bescheid über die Bewilligung der Soforthilfe Corona vom 10. April 2020 mit Wirkung für die Vergangenheit (Nr. 1). Der aufgrund des vorgenannten Bescheides erhaltene Soforthilfebetrag in Höhe von 7.500,00 EUR sei zu erstatten (Erstattungsbetrag) (Nr. 2). Für die Zahlung des Erstattungsbetrages in Höhe von 7.500,00 EUR wurde eine Stundung bis einschließlich 15. April 2026 gewährt. Die Klägerin wurde verpflichtet, den Erstattungsbetrag in 24 monatlichen Raten in Höhe von jeweils 312,50 EUR zu begleichen. Die erste Rate war am 15. Mai 2024 (Zahlungseingang) fällig, die weiteren Raten jeweils am 15. der folgenden Monate. Die Raten waren an die angegebene Bankverbindung zu überweisen (Nr. 3). Zur Begründung ist im Bescheid im Wesentlichen ausgeführt: Die Soforthilfe sei als Billigkeitsleistung nach Art. 53 BayHO zweckgebunden ausschließlich zur Bewältigung der existenzbedrohlichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten gewährt worden, in die der Empfänger infolge der Corona-Pandemie geraten sei, weil die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichten, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (z.B. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen (Liquiditätsengpass), vgl. "Nr. 4" des Soforthilfebescheides. Bei der Beantragung und Bewilligung der Soforthilfe habe der Eintritt eines Liquiditätsengpasses zunächst nur prognostiziert werden können, da der maßgebliche Betrachtungszeitraum zu diesem Zeitpunkt noch in der Zukunft gelegen habe. Die zweckentsprechende Verwendung der Soforthilfe setze jedoch voraus, dass ein entsprechender Liquiditätsengpass im maßgeblichen Betrachtungszeitraum auch tatsächlich entstanden sei. Aus der Rückmeldung der Klägerin gehe hervor, dass eine Überkompensation in Höhe von 7.500,00 EUR vorgelegen habe.
Rechtsgrundlage für den Widerruf des Soforthilfe-Corona-Bescheides sei Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG. Danach könne ein rechtmäßiger Verwaltungsakt widerrufen werden, wenn die Leistung nicht für den im Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet werde. Die Soforthilfe sei gemäß "Nr. 4" des Soforthilfebescheides zweckgebunden ausschließlich zur Bewältigung existenzbedrohlicher wirtschaftlicher Schwierigkeiten infolge eines durch die Corona-Pandemie entstandenen Liquiditätsengpasses gewährt worden. Die zweckentsprechende Verwendung der Soforthilfe setze daher voraus, dass ein Liquiditätsengpass zumindest in Höhe der erhaltenen Soforthilfe tatsächlich entstanden sei. Nach den Angaben des Leistungsempfängers über die dafür vorgesehene Online-Datenmaske betrage der den tatsächlich entstandenen Liquiditätsengpass übersteigende Soforthilfebetrag (sogenannte Überkompensation) 7.500,00 EUR. Die enthaltene Soforthilfe habe demnach in dieser Höhe nicht für den im Soforthilfebescheid bestimmten Zweck verwendet werden können. Die Widerrufsvoraussetzungen lägen insoweit vor. Der Widerruf stehe im Ermessen der Behörde. Im Zuge der Ermessensausübung seien die Interessen des Leistungsempfängers mit den staatlichen Interesse am Widerruf des Soforthilfebescheides abzuwägen. Im vorliegenden Fall fänden die Grundsätze über das intendierte Ermessen Anwendung. Von einem Widerruf des Soforthilfebescheides könne deshalb nur dann abgesehen werden, wenn besondere Gründe dies rechtfertigten. Solche Gründe seien weder vorgetragen noch sonst erkennbar. Das Ermessen habe daher unter Abwägung der haushaltrechtlichen und finanziellen Interessen des Freistaats Bayern an einem Widerruf und des Interesses des Leistungsempfängers am Belassen der Soforthilfe nur zugunsten des Widerrufs des Soforthilfebescheides mit Wirkung für die Vergangenheit ausgeübt werden können. Der Rückzahlungsbetrag könne wie beantragt gemäß Art. 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayHO gestundet werden. Aufgrund der Erklärung des Leistungsempfängers, sich wegen ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse lediglich vorübergehend in Zahlungsschwierigkeiten zu befinden oder im Falle der sofortigen Einziehung des Erstattungsbetrages in diese zu geraten, sei davon auszugehen, dass mit der sofortigen Einziehung des Erstattungsbetrages eine erhebliche Härte für den Leistungsempfänger verbunden wäre.
II.
1. Am 18. April 2024 ließ die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigte Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben.
Zur Begründung ließ die Klägerin mit Schriftsatz vom 2. Juni 2024 im Wesentlichen ausführen: Bereits die Regelungen zum Drei-Monats-Zeitraum seien unwirksam, da unklar und widersprüchlich formuliert. In den Bescheiden sowie den Richtlinien sei stets die Rede davon gewesen "in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten". Im Erinnerungsschreiben vom 28. November 2022 werde dieser Zeitraum nicht konkretisiert. Der Klägerin habe sich nicht erschlossen, ob der Drei-Monats-Zeitraum bereits am 1. des Antragsmonats, am Tag der Antragstellung oder am 1. des Folgemonats begonnen habe. Dem Wortlaut nach dürfte der Tag der Antragstellung wohl am naheliegendsten sein. Für die konkrete Berechnung sei aber von entscheidender Bedeutung, welche Einnahmen berücksichtigt würden. Die offenbare Entscheidung, eine Rückzahlung gewährter Corona-Soforthilfen zu verlangen, wenn und soweit sich im Nachhinein herausgestellt habe, dass die gewährte Soforthilfe den tatsächlichen "Liquiditätsengpass" summiert in drei Monaten nach Antragstellung überstiegen habe, sei im Übrigen von den Bestimmungen nicht gedeckt. In den Richtlinien vom 3. April 2020 sei der Liquiditätsengpass unter Nr. 2.2 lediglich mit den Worten legal definiert, dass die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen würden, um die Verbindlichkeiten in denen auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (z.B. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen. Mit großer Überraschung hätten die Unternehmer in ganz Bayern zur Kenntnis nehmen müssen, dass sich der Liquiditätsengpass aus einer nachträglichen Bewertung des dreimonatigen Betrachtungszeitraums ergeben solle. Dies bedeute eine folgenschwere nachträgliche Änderung der Bewilligungsgrundlagen. Hinzu komme ein weiteres: Dass in den erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand keine Personalkosten einberechnet werden dürften, habe sich offensichtlich erst im Laufe des Jahres 2022 entschieden. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei dies der Klägerin nicht klar gewesen. Auf der Homepage des Bayerischen Wirtschaftsministeriums sei im März 2020 nachzulesen gewesen, dass Liquiditätsengpass bedeute, dass keine ausreichende Liquidität vorhanden sei, um insbesondere laufende Verpflichtungen zu begleichen. Erst am 18. April 2020 sei auf der Homepage nachzulesen gewesen, dass Personalaufwendungen nicht berücksichtigt werden könnten. Zu diesem Zeitpunkt sei die Soforthilfe seit langem beantragt und bewilligt worden. Die ausbezahlte Soforthilfe sei auch zweckentsprechend verwendet worden. Der Zweck der Soforthilfe sei es gerade gewesen, Unternehmen unter die Arme zu greifen, die bei der Antragstellung im Frühjahr 2020 prognostisch – und damit ex ante – befürchteten einen Liquiditätsengpass zu erleiden. Entgegen der Ansicht des VG Ansbach sei in dem Bescheid an keiner Stelle anzunehmen gewesen, dass der Liquiditätsengpass im Nachhinein, also ex post zu beurteilen wäre. Diese Ansicht werde im Übrigen auch von der Verwaltung in Hessen geteilt. Es bestehe auch keine Widerrufsmöglichkeit aufgrund der Bestimmungen des Bescheides. Die Formulierung in Nr. 2 sei völlig unkonkret. Anerkannt sei, dass hinreichend deutlich geworden sein müsse, dass und inwieweit ein Verwaltungsakt unter Widerrufsvorbehalt ergehen solle. Der Freistaat Bayern könne sich jedenfalls wegen Art. 49 Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG i.V.m. Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG auf den Vorbehalt nicht mehr berufen, weil dies nur innerhalb eines Jahres zulässig sei. Des Weiteren werde gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen, da offensichtlich nicht zwischen den Branchen differenziert werde. Art. 3 Abs. 1 GG gewähre gegenüber Art. 12 GG einen weitreichenderen Schutz, wenn Eingriffe in die Berufsfreiheit gerechtfertigt seien, der Staat dafür aber Ausgleichsleistungen gewähre und dabei seine begrenzten finanziellen Leistungsmöglichkeiten berücksichtige. Durch die Pandemiemaßnahmen sei auch die Klägerin empfindlich in ihrer Berufsausübungsfreiheit sowie in ihrem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb getroffen worden. Zur Kompensation von Einbußen durch staatliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie sei sowohl grundrechtlich als auch rechtsstaatlich von der Pflicht des Staates auszugehen, effektive Hilfsprogramme zu etablieren. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Soforthilfe-Leistungen aus Gründen bloßer Billigkeit ausgereicht worden seien. Schließlich verstoße eine Rückforderung der Soforthilfen gegen den übergesetzlichen Grundsatz von Treu und Glauben. Die Vorschriften in Zusammenschau mit den politischen Äußerungen hätten ein schützenswertes Vertrauen der Klägerin hervorgerufen. Ob die Rückforderung der Soforthilfen rechtsmissbräuchlich sei, solle mit Hilfe der Rechtsprechung des BGH zur Verwirkung beantwortet werden. Bei der Verabschiedung der Soforthilfen sei nicht vermittelt worden, dass nicht der weitergehende komplette Ersatz aller Einnahmeverluste erfolgen solle. Den Äußerungen der Politiker sei anderes zu entnehmen gewesen. Von einer ex post Prüfung des Liquiditätsengpasses habe sich damals kein Wort gefunden. Bei der Ermittlung des Zwecks einer Zuwendung sei auf den Wortlaut des Zuwendungsbescheides sowie analog § 133 BGB auf den objektiven Gehalt der Erklärung aus Sicht des Empfängers und auf die den Begünstigten bekannten und erkennbaren Umstände abzustellen. Die Zweckverfehlung dürfe hingegen nicht aus einer etwaigen Förderpraxis abgeleitet werden. Es sei von einer Kehrtwende im Bayerischen Wirtschaftsministerium auszugehen.
Mit Schriftsatz vom 7. Januar 2025 ließ die Klägerin durch ihre Bevollmächtigte weiter vorbringen: Vorliegend sei der Zweck des Zuschusses unter Zugrundelegung eines objektiven Empfängerhorizonts für die Bescheidsempfängerin bei einer ex post-Betrachtung des Zeitraums der drei Monate nicht erkennbar gewesen. In beiden Richtlinien, den FAQ des Freistaates Bayern und den Presseerklärungen und sonstigen Äußerungen sei bei einer Gesamtbetrachtung für die Klägerin nicht erkennbar gewesen, dass die bewilligte Soforthilfe allein zum Zweck gewährt worden sei, einen Liquiditätsengpass zu verhindern. Stattdessen habe die Klägerin davon ausgehen können, dass auch eine existenzbedrohliche Wirtschaftslage oder Umsatzeinbrüche in erheblicher Höhe unter bestimmten Voraussetzungen ausreichend sein würden. Es sei auch nicht erkennbar gewesen, dass es allein auf eine ex post-Betrachtung angekommen sei und dass die nachträgliche Betrachtung – des Drei-Monatszeitraums nach dem Tag der Antragstellung – auch gelten sollte, wenn die bewilligten Mittel bereits zu einem früheren Zeitpunkt verwendet worden seien. Die Prognose habe im Vordergrund gestanden – und damit ex ante. Lediglich stichprobenartige Kontrollen seien angekündigt worden. Von einer flächendeckenden Nachprüfung sei keine Rede gewesen. Im Gegenteil: Eine stichprobenartige Prüfung sei nur bei vermuteter Zweckentfremdung vorgesehen gewesen, es sei gerade anders als bei den sogenannten Überbrückungshilfen. Ob in dem Sach- bzw. Finanzaufwand Personalkosten einzubeziehen seien, sei nicht erläutert worden. Erstmalig sei in den FAQ vom 18. April 2020 davon die Rede gewesen.
2. Die Regierung von Unterfranken trat der Klage für den Beklagten mit Schriftsatz vom 17. Juni 2024 entgegen und beantragte,
Die Klage wird abgewiesen.
Zur Begründung der Klageerwiderung führte die Regierung von Unterfranken für den Beklagten im Wesentlichen aus: Nach ständiger Rechtsprechung der Bayerischen Verwaltungsgerichte zu den Corona-Soforthilfen erfolge bei fehlendem Liquiditätsengpass der Widerruf des Soforthilfebescheides in rechtmäßiger Weise wegen Zweckverfehlung gemäß Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG. Für den im Soforthilfebescheid bestimmten Zweck, zur Deckung eines näher definierten Liquiditätsengpasses zu dienen, habe die Klägerin die erhaltene Soforthilfe nicht verwenden können, weil ihr kein entsprechender Liquiditätsengpass entstanden sei. Der der Gewährung der Corona Soforthilfe beigemessene Zweck könne daher endgültig nicht mehr erreicht werden.
Ein Rechtsanspruch auf Förderung bestehe nur ausnahmsweise aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz durch Selbstbindung der Verwaltung, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorlägen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis auch positiv verbeschieden seien. Es sei allein Sache des Zuwendungsgebers, die Modalitäten der Förderung festzulegen und seine Richtlinien auszulegen und den Förderzweck zu bestimmen sowie die Förderpraxis an den Vorstellungen entsprechend auszurichten. Bei der Ermittlung des Zuwendungszwecks sei auf den Wortlaut des Zuwendungsbescheides sowie analog § 133 BGB auf den objektiven Gehalt der Erklärung aus Sicht des Empfängers und auf die dem Begünstigten bekannten und erkennbaren Umstände abzustellen. Zum Zuwendungszweck der Corona-Soforthilfe habe sich das VG Ansbach ausführlich geäußert. Im Soforthilfeantrag sei ausgeführt, dass die Soforthilfe zur Überwindung der existenzbedrohlichen Wirtschaftslage bzw. des Liquiditätsengpasses gewährt werde, die durch die Coronakrise vom Frühjahr 2020 entstanden sei. Der Soforthilfebescheid beruhe auf den Richtlinien des Freistaates Bayern für die Unterstützung der von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) geschädigten Unternehmen und Angehörigen freier Berufe ("Soforthilfe Corona") vom 17. März 2020 in der Fassung vom 31. März 2020 (Az. 52-3560/33/, BayMBl. 2020 Nr. 170). Die Richtlinien Soforthilfe Corona hätten in Nr. 1 den Zweck der Soforthilfe bestimmt. Nach Nr. 1 Satz 3 der Richtlinien Soforthilfe Corona sei die Soforthilfe gewährt worden, insbesondere um die wirtschaftliche Existenz der Unternehmen und Freiberufler zu sichern, Liquiditätsengpässe nachrangig zu kompensieren und Arbeitsplätze zu erhalten. Korrespondierend hierzu habe Nr. 2 der Richtlinien den Liquiditätsengpass als Voraussetzung der Soforthilfe statuiert. Der Antragsteller habe danach glaubhaft versichern müssen, dass er durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sei, die seine Existenz gefährdeten, weil die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichten, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (beispielsweise gewerbliche Mieten, Pachten, Leasing-Raten) zu zahlen (Liquiditätsengpass). Schließlich regele Nr. 1 des Soforthilfebescheides vom 10. April 2020, dass die Gewährung der Zuwendung zweckgebunden erfolge und ausschließlich der Kompensation tatsächlich entstandener Liquiditätsengpässe diene. Aus dem Wortlaut der Richtlinien Soforthilfe Corona habe sich unzweifelhaft ergeben, dass die Soforthilfe zur Abfederung der nachteiligen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie, zur Liquiditätssicherung und damit zur Existenzsicherung der Unternehmen habe dienen solle. Entgegen der klägerischen Ansicht habe der Zweck der Corona-Soforthilfe nicht in der Kompensation von wirtschaftlichen Einbußen gelegen, die aufgrund staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie eingetreten seien. In dem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass Zahnarztpraxen überhaupt nicht von Betriebsschließungen im Rahmen des Lockdowns vom Frühjahr 2020 betroffen gewesen seien. Es liege auch eine Zweckverfehlung vor. Die Klägerin habe die gewährte Soforthilfe nicht zur Erfüllung des im Soforthilfebescheides bestimmten Zwecks verwendet, da bei ihr insoweit kein Liquiditätsengpass im Sinne des Soforthilfebescheides und der Soforthilfe-Richtlinien vorgelegen habe. Dies ergebe sich aus der Online-Rückmeldung vom 30. Dezember 2023. Die gewährte Soforthilfe könne demnach zweckentsprechend nur zur Kompensation eines im Zusammenhang mit der Covid-19 Pandemie entstandenen Liquiditätsengpasses verwendet werden, wenn und soweit dieser beim Soforthilfeempfänger tatsächlich im maßgeblichen Betrachtungszeitraum entstanden sei. Zeige es sich ex post, dass den Antragstellern kein Liquiditätsengpass entstanden sei, mangele es an berücksichtigungsfähigen Ausgaben zur Kompensation desselben. In der Rechtsprechung der bayerischen Verwaltungsgerichte sei geklärt, dass es dabei auf den tatsächlich eingetretenen und nicht auf den bei Antragstellung prognostizierten Liquiditätsengpass ankomme. Das VG Ansbach habe ausgeführt, dass selbstverständlich sei, dass die Soforthilfe für einen zukünftigen Zeitraum gewährt werde. Es habe bei der Prüfung nur darauf abgestellt werden können, ob die Klägerin im Betrachtungszeitraum voraussichtlich einen Liquiditätsengpass haben werde. Wie sich aus den Nebenbestimmungen eindeutig ergebe, habe die Soforthilfe aber nur der Kompensation eines dann in der Folge tatsächlich eingetretenen Liquiditätsengpasses dienen sollen. Zweck sei gewesen, einen tatsächlichen Liquiditätsengpass im Betrachtungszeitraum zu kompensieren, nicht aber eine finanzielle Zuwendung für einen voraussichtlichen Liquiditätsengpass zu gewähren, unabhängig davon, ob dann auch tatsächlich ein Liquiditätsengpass eingetreten sei. Für die Berechnung sei auf die der Antragstellung folgenden drei Monate abzustellen gewesen. In ständiger Verwaltungspraxis sei hinsichtlich des Betrachtungszeitraums für die Gegenüberstellung der fortlaufenden Einnahmen und Ausgaben für Verbindlichkeiten des erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwands grundsätzlich auf drei volle Kalendermonate abgestellt worden, beginnend mit dem Monat, in dem erstmals ein Antrag auf Soforthilfe gestellt worden sei. Dies habe den Hintergrund, dass durch ein Abstellen auf volle Kalendermonate auf bewährte buchhalterische Abrechnungsmethoden habe zurückgegriffen werden können. Personalkosten hätten nicht zum erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand gehört und seien dementsprechend bei der Berechnung des Liquiditätsengpasses nicht zu berücksichtigen gewesen. Wie sich aus der Aufstellung der Klägerin vom 23. Mai 2020 ergebe, sei ihr sehr wohl bekannt gewesen, dass Personalkosten nicht zum erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand gehörten – denn die Aufstellung enthalte dementsprechend keinerlei Personalkosten. Die bayerische Verwaltungspraxis der Nichtberücksichtigung von Personalkosten bei der Berechnung des Liquiditätsengpasses sei von der Rechtsprechung wiederholt als rechtmäßig bestätigt worden. Diese Bewilligungspraxis habe von Anfang an der durch den Freistaat Bayern als Zuwendungsgeber vorgegebenen Weichenstellung entsprochen, wonach Personalkosten nicht bei der Corona-Soforthilfe zu berücksichtigen gewesen seien, sondern durch die Regelung des Kurzarbeitergeldes aufgefangen werden sollten, deren Zugangsvoraussetzungen zu diesem Zweck durch den Bund erleichtert worden seien. Es sei auch nicht willkürlich, sondern sachgerecht gewesen. In Bayern sei es – anders als in Nordrhein-Westfalen – insofern auch nicht zu einer nachträglichen Änderung der Bewilligungspraxis oder einer rechtlichen Neubewertung der Bewilligungsvoraussetzungen gekommen. Von Anfang an sei der erwerbsmäßige Sach- und Finanzaufwand maßgeblich gewesen. Daraus habe von Anfang an die einheitliche Vollzugspraxis der Bewilligungsstellen resultiert, Personalkosten nicht bei der Berechnung des Liquiditätsengpasses zu berücksichtigen. So habe auch schon das VG Würzburg in seinem Urteil vom 19. April 2021 entschieden und zwar: Es entspreche der ständigen Verwaltungspraxis, sowie der Erfahrung des Gerichts in anderen gerichtsbekannten Fällen zu Corona-Soforthilfen, Personalkosten nicht zur Berechnung des Liquiditätsengpasses heranzuziehen. Soweit die Klägerbevollmächtigte auf Art. 3 GG verweise, sei dies unzutreffend. Sie übersehe, dass es dem Richtliniengeber freistehe, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden. Nur der Zuwendungsgeber bestimme den Förderzweck und lege seine Richtlinien aus und richte seine Förderpraxis entsprechend aus. Die Verwaltungspraxis in anderen Bundesländern sei unbeachtlich. Eine abweichende Verwaltungspraxis in anderen Bundesländern sei für die bayerische Bewilligungsstelle nicht maßgeblich. Die Rechtsprechung der bayerischen Verwaltungsgerichte habe bereits geklärt, dass ein Vergleich mit der Förderpraxis in anderen Bundesländern mit Blick auf eine mögliche Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG nicht anzustellen sei, da allein die Verwaltungspraxis im Freistaat Bayern ohne Rücksicht auf die Praxis in anderen Bundesländern und den dortigen Förderleistungen maßgeblich sei. Die föderale Struktur rechtfertige unterschiedliche Regelungen und Förderungen sowie Schwerpunktsetzungen in einzelnen Bundesländern und damit auch eine abweichende Ausgestaltung der Förderpraxis im Detail.
Es bestehe auch kein Vertrauensschutz. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe im Beschluss vom 18. Januar 2024 ausgeführt, dass sich der Soforthilfeempfänger nicht auf Vertrauensschutz berufen könne, weil die Rechtsgrundlage für den Widerruf der Soforthilfescheide, Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG, keinem dem Art. 48 Abs. 2 BayVwVfG entsprechenden Vertrauenstatbestand normiere. Der Vertrauensschutz sei, anders als bei einer Rücknahme nach Art. 48 BayVwVfG, gerade keine Tatbestandsvoraussetzung des Widerrufs und könne daher allenfalls im Rahmen der Ermessensentscheidung Berücksichtigung finden. Tatbestandsmerkmal des Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG sei vielmehr allein, dass die Leistung an einen bestimmten Zweck gebunden sei und nicht für diesen Zweck verwendet worden sei. Für ein Vertrauen auf Behalten der Leistung trotz zweckwidriger Verwendung sei daher kein Raum.
Der Widerruf stehe im Ermessen. Das öffentliche Interesse am Widerruf des Soforthilfebescheides und der Rückforderung habe die Belange der Klägerin überwogen. Beim Widerruf des Soforthilfebescheides komme den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ermessenslenkende Bedeutung zu (vgl. Art. 7, 23 und 44 BayHO). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könne wegen des haushaltsrechtlichen Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei Zuwendungen, die ihren Zweck verfehlten, im Regelfall das Widerrufsermessen nur durch Widerruf fehlerfrei ausgeübt werden. Staatliche Hilfen dürften den tatsächlich entstandenen Bedarf nicht übersteigen (Verbot der Überkompensation). Die zur Hilfestellung verwendeten Steuergelder seien durch den Staat wirtschaftlich und sparsam einzusetzen. Diese Haushaltsgrundsätze überwögen im Allgemeinen das Interesse des Begünstigten, den Zuschuss behalten zu dürfen, und verböten einen großzügigen Verzicht auf Widerruf von Subventionen (sog. intendiertes Ermessen zum Regelfall Widerruf). Im Übrigen sei den wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin durch die Möglichkeit, bezüglich des Erstattungsbetrags einen Antrag auf Stundung und Ratenzahlung zu stellen, Rechnung getragen. Hiervon habe die Klägerin auch Gebrauch gemacht. Stundung und Ratenzahlung seien in Nr. 3 des Bescheides vom 18. März 2024 antragsgemäß bewilligt worden.
Der Hinweis der Klägerin auf die öffentlichen Äußerungen von Mitgliedern der bayerischen Staatsregierung ändere nichts am fehlenden Vertrauensschutz und an der Ermessensentscheidung. Auf die Entscheidung des VG Ansbach (U.v. 29.1.2024) werde verwiesen, wonach in der Pressemitteilung enthaltene Aussagen politischer Entscheidungsträger nicht tauglich seien, schutzwürdigen guten Glauben ins dauerhafte Behaltendürfen eine Zuwendung zu begründen.
Schließlich habe die Klägerin auch angesichts der eindeutigen Regelung in den Nrn. 6.1., 7, 9 und 10 des Soforthilfebescheides vom 10. April 2020 zu keinem Zeitpunkt darauf vertrauen dürfen, dass sie die ausgezahlte Soforthilfe unabhängig von der tatsächlichen Geschäftsentwicklung habe behalten dürfen. Einem verständigen Unternehmer hätte klar sein müssen, dass die Soforthilfe zu Unrecht gewährt worden sei, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Unternehmens besser entwickelt hätten als bei der Antragstellung prognostiziert und somit gerade kein Liquiditätsengpass entstanden sei. In Nr. 9 des Bescheides sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Bescheid widerrufen werden könne, wenn die Soforthilfe nicht oder nicht in voller Höhe benötigt werde. Somit sei auch die Konsequenz eines nicht vorhandenen Liquiditätsengpasses im Soforthilfebescheid klar kommuniziert. Hinzu komme im vorliegenden Fall, dass die Klägerin in der E-Mail der Regierung von Unterfranken vom 6. Juli 2020 darauf hingewiesen worden sei, dass es sich bei den von ihr vorgelegten Angaben um geschätzte Werte handele und sich die Regierung von Unterfranken deshalb vorbehalte, eine Überprüfung der tatsächlichen Kosten zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen. Die Jahresfrist des Art. 49 Abs. 2a Satz 2, Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG sei eingehalten. Bei dieser Frist handele es sich um eine Entscheidungsfrist. Eine positive Kenntnis setze das Bewusstsein über die Notwendigkeit, eine Widerrufsentscheidung zu treffen, voraus. Es sei nicht auf das Ende des Lockdowns im Juli 2020 abzustellen, es komme auf das Ende der Lockdown-Maßnahmen gar nicht an, da der Zweck der Corona-Soforthilfe nicht in der Kompensation von wirtschaftlichen Einbußen bestanden habe, die aufgrund staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, wie des Lockdowns, eingetreten seien. Vielmehr sei es auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen des tatsächlichen Liquiditätsengpasses angekommen. Dementsprechend habe die Jahresfrist zu laufen begonnen zu dem Zeitpunkt, in dem die Bewilligungsbehörde von Tatsachen Kenntnis erhalten habe, aus denen sich ergebe, dass beim jeweiligen Soforthilfeempfänger kein Liquiditätsengpass vorgelegen habe. Das sei erst mit der Online-Rückmeldung der Klägerin am 30. Dezember 2023 der Fall gewesen.
Des Weiteren sei keine Verwirkung eingetreten. Für die Beurteilung, ob ein Verstoß gegen Treu und Glauben vorliege, müsse längere Zeit verstrichen sein (Zeitmoment) und der Berechtigte müsse unter Verhältnissen untätig geblieben sein, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommenen zu werden pflege (Umstandsmoment). Das schaffe eine Situation, auf die ein Beteiligter vertrauen, sich einstellen und einrichten dürfe (Vertrauensmoment). Zeit-, Umstands- und Vertrauensmoment seien nicht präzise voneinander zu trennen. Maßgeblich sei eine Gesamtbewertung aller zeitlichen und sonstigen Umstände. Auch für die Beurteilung schutzwürdigen Vertrauens sei eine Gesamtbewertung vorzunehmen. Dabei sei der Verpflichtete kaum schutzwürdig, wenn er annehmen müsse, dass der Berechtigte von der Existenz des ihm zustehenden Rechts, auf dessen Nichtausübung der Verpflichtete vertraue, keine Kenntnis habe. Nach ständiger Rechtsprechung der bayerischen Verwaltungsgerichte zu den Corona-Soforthilfen habe der Freistaat Bayern die Möglichkeit zur Rückforderung der Corona-Soforthilfe nicht verwirkt. Bereits das Umstandsmoment fehle. Bereits die Pressemitteilung des bayerischen Wirtschaftsministeriums vom 27. Februar 2021 führe aus, dass das für eine Verwirkung erforderliche Umstandsmoment nicht eintreten könne, denn darin sei explizit an die nach wie vor bestehende Rückmelde- und Rückzahlungsverpflichtung der Soforthilfeempfänger aus den Soforthilfebescheiden erinnert worden. Dieser Verpflichtung sei die Klägerin weder in den Jahren 2020 und 2021 noch im Jahr 2022, auch nicht nach schriftlicher Erinnerung vom 28. November 2022, sondern erst mit Online-Rückmeldung am 30. Dezember 2023 nachgekommen. Schon dieses pflichtwidrige Verhalten der Klägerin stehe der Behauptung, der Zuwendungsgeber habe seine Widerrufsbefugnis verwirkt, von vornherein entgegen. In Anlehnung an § 242 BGB liege hier vielmehr ein treuwidriges Verhalten und unzulässige Rechtsausübung durch die Klägerin vor. Wegen der Maßgabe Nr. 6.1 des Soforthilfebescheides vom 10. April 2020 habe der Klägerin klar sein müssen, dass sie unabhängig von einer etwaigen Abfrage durch den Beklagten zur Mitteilung verpflichtet gewesen sei, dass sie entgegen der Prognose keinen oder nur einen geringen Liquiditätsengpass erlitten habe. Insofern sei sie nicht schutzwürdig. Im Übrigen hätte ihr klar gewesen sein müssen, dass die Bewilligungsstelle mangels Rückmeldung der Soforthilfeempfänger gar keine Kenntnis von etwaigen Rückforderungsansprüchen habe haben können. Demnach habe sie nicht auf einen bewussten Verzicht auf die Geltendmachung der von Rückforderungsansprüchen vertrauen können.
Die festgesetzte Erstattung in Höhe von 7.500,00 EUR sei ebenfalls rechtmäßig und beruhe auf Art. 49a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG.
Die Regierung von Unterfranken legte mit Schriftsatz vom 8. Januar 2025 die FAQ vom 9. April 2020 vor und brachte mit Schriftsatz vom 9. Januar 2025 im Wesentlichen weiter vor: Die Ausführungen im Urteil des VG Stuttgart seien für die bayerische Bewilligungspraxis ohne Relevanz. Die Soforthilferichtlinien in Baden-Württemberg hätten sich von der Soforthilferichtlinien in Bayern unterschieden. So hätten in Baden-Württemberg – anders als in Bayern – neben dem Liquiditätsengpass bereits Umsatzeinbrüche für die Antragsberechtigung genügt. Dagegen sei in den bayerischen Soforthilferichtlinien ausschließlich auf den Liquiditätsengpass als Voraussetzung der Finanzhilfe abgestellt worden. Entgegen der Ausführungen der Klägerbevollmächtigten sei für die Gewährung der Soforthilfe nicht die prognostizierte, sondern der tatsächliche Liquiditätsengpass entscheidend. In der Rechtsprechung der Bayerischen Verwaltungsgerichte sei geklärt, dass gewährte Soforthilfe zweckentsprechend nur zur Kompensation eines im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie entstandenen Liquiditätsengpasses verwendet werden könne, wenn und soweit dieser beim Soforthilfeempfänger tatsächlich im maßgeblichen Betrachtungszeitraum entstanden sei. Ob und in welchem Umfang in den Richtlinien Soforthilfe Corona stichprobenartige Kontrollen oder Nachprüfungen angekündigt worden seien, habe naturgemäß keinerlei Einfluss auf bei Gewährung der Soforthilfe festgelegte Zweckbestimmung (Deckung des Liquiditätsengpasses). Bereits unter III. der FAQ vom 9. April 2020 sei ausgeführt, das Personalkosten nicht abgedeckt seien, da diese weder Sach- noch Finanzaufwand seien.
3. Mit Beschluss vom 8. Januar 2025 gestattete die Kammer der Prozessbevollmächtigten der Klägerin per Videokonferenz an der mündlichen Verhandlung am 13. Januar 2025 teilzunehmen.
In der mündlichen Verhandlung am 13. Januar 2025 nahm die Prozessbevollmächtigte der Klägerin per Videokonferenz an der mündlichen Verhandlung teil.
In der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2025 beantragte die Klägerbevollmächtigte für die Klägerin:
Der Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 18. März 2024 wird aufgehoben.
Der Beklagtenvertreter beantragt für den Beklagten,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Halbs. 1 1. Alt. VwGO zulässig (vgl. VG Bremen, U.v. 26.8.2024 – 7 K 678/22 – juris Rn. 16; VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 60).
Die Klage ist unbegründet.
Der streitgegenständliche Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 18. März 2024 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Weder der Widerruf der Bewilligung noch die Rückforderung und Rückzahlungsverpflichtung sind von Rechts wegen zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf das Behaltendürfen der Soforthilfe Corona.
Dass die Voraussetzungen für den Widerruf der Soforthilfe Corona samt Rückforderung und Rückzahlungsverpflichtung in Höhe von 7.500,00 EUR vorliegen, hat der Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 18. März 2024, auf dessen Gründe, die sich das Gericht zu eigen macht, zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO) zutreffend begründet und in den Klageerwiderungsschriftsätzen vom 17. Juni 2024 und 9. Januar 2025 sowie in der mündlichen Verhandlung vertiefend, schlüssig und nachvollziehbar erläutert.
Rechtsgrundlage des Widerrufs des Bewilligungsbescheides vom 10. April 2020 ist Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG. Danach kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige Geldleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird.
Theoretisch könnte auch Art. 48 BayVwVfG anwendbar sein, wenn von einem rechtswidrigen Bewilligungsbescheid auszugehen wäre. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, hier der Bewilligungsbescheid, wäre anzunehmen, wenn die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Soforthilfe Corona von vornherein nicht vorgelegen hätten (vgl. zu so einem Fall VG Würzburg, U.v. 19.4.2021 – W 8 K 20.1732 – juris Rn. 28 ff.). Bei Art. 48 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG genügt, dass die dem Bewilligungsbescheid zu Grunde liegenden Angaben, mithilfe derer die Begünstigte den Verwaltungsakt erwirkt hat, objektiv unrichtig oder unvollständig waren. Ob die Begünstigte dies wusste, ist genauso unerheblich wie ein fehlendes Verschulden (VG Würzburg, U.v. 19.4.2021 – W 8 K 20.1732– juris Rn. 44). Jedoch war im Zeitpunkt der Entscheidung über die Gewährung der Förderung am 10. April 2020 eine Prognose zu treffen, ob ein Liquiditätsengpass eintreten wird. Eine Prognose – hier über den zu erwartenden Liquiditätsengpass – kann aber zum Zeitpunkt ihrer Abgabe korrekt und fehlerfrei getroffen worden sein, selbst wenn sich dann im Nachhinein herausstellt, dass der prognostizierte Liquiditätsengpass so nicht eingetreten ist.
Letztlich kann die Frage der Rechtmäßigkeit aber offenbleiben, da Art. 49 BayVwVfG auch auf rechtswidrige Verwaltungsakte angewendet werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 19.9.2018 – 8 C 16/17 BVerwGE 163, 102, juris Rn. 17; vgl. auch VG Ansbach, U.v. 19.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 67 ff.).
Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG sind erfüllt, weil die Klägerin die im Bewilligungsbescheid vom 10. April 2020 gewährte Förderung nicht zweckentsprechend verwendet hat. Der Beklagte hatte die Soforthilfe Corona an die Klägerin explizit bezogen auf einen konkreten aktuellen Liquiditätsengpass als eine zweckgebundene Geldleistung gewährt und die Klägerin hat die Geldleistung nicht für diesen bestimmten Zweck verwendet.
Entscheidungserheblich und streitig ist im Wesentlichen – da die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen unstreitig vorliegen –, ob die einmalig gewährte Geldleistung, die für einen bestimmten Zweck gewährt worden ist, nicht für den im Bewilligungsbescheid bestimmten Zweck verwendet wurde, mithin eine Zweckverfehlung vorliegt.
Maßgeblich für die Beurteilung der Erfüllung eines bestimmten Zwecks ist der im Bewilligungsbescheid ausgewiesene Zuwendungszweck. Der Zweck einer Zuwendung muss dem Bescheid selbst mit hinreichender Bestimmtheit zu entnehmen sein. Nach den gemäß §§ 133, 157 BGB für die Auslegung von Willenserklärungen auch im öffentlichen Recht geltenden Maßstäben ist darauf abzustellen, wie der Empfänger aus seiner Sicht den Inhalt des Bescheides und weitere in diesem in Bezug genommene Inhalte bei objektiver Würdigung unter Berücksichtigung aller für ihn erkennbaren Umstände verstehen musste. Neben dem Wortlaut des Bescheides sind maßgeblich dafür auch der Inhalt der von ihm in Bezug genommenen Richtlinien, die Grundlage der Bewilligung der Zuwendung gewesen sind. Nicht ausreichend ist ein Zuwendungszweck, der sich einzig aus der Förderpraxis der Bewilligungsbehörde ergibt, wenn diese sich im Zuwendungsbescheid nicht wiederfindet (vgl. BVerwG, U.v. 11.2.1983 – 7 C 70.80 – juris Rn. 16, B.v. 18.7.1990 – 3 B 88/90- juris Rn. 4; BayVGH B.v. 25.1.2021 – 6 ZB 20.2162, BeckRS 2021, 1713, Rn. 9 sowie VG Bremen, U.v. 20.11.2024 – 7 K 681/22 – juris Rn. 24; VG Berlin, U.v. 11.7.2024 – 26 K 289/23 juris Rn. 34; VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 75 jeweils m.w.N.).
Aus der Auslegungsbedürftigkeit eines Begriffs wie dem des Liquiditätsengpasses gründet sich dabei noch nicht dessen Unbestimmtheit (OVG Berlin Brandenburg, B.v. 4.3.2024 – OVG 6 N 14/24 – juris Rn. 3). Enthält – wie hier – der Bewilligungsbescheid in Verbindung mit den ausdrücklich zugrundegelegten Richtlinien Soforthilfe Corona eine Definition des Liquiditätsengpasses, bedarf es zur hinreichenden Bestimmtheit des Zuwendungszwecks keiner weiteren Konkretisierungen (vgl. VG Halle, U.v. 6.12.2024 – 4 A 113/23 HAL juris Rn. 26; VG Bremen, U.v. 20.11.2024 – 7 K 681/22 – juris Rn. 26 f.).
Maßgeblich bei der Ermittlung des Zwecks sind danach im Wesentlichen der Wortlaut des Zuwendungsbescheids vom 10. April 2020, die diesem zugrundeliegenden Bewilligungsgrundlagen, insbesondere der Soforthilfeantrag vom 19. März 2020, beim Beklagten per E-Mail eingegangen am 20. März 2020, und die Richtlinien für die Gewährung von Überbrückungshilfen des Bundes für die von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) geschädigten Unternehmen und Soloselbstständigen ("Corona-Soforthilfen insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbständige") des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 17. März 2020 in der Fassung vom 3. April 2020 sowie weitere erkennbare Informationen wie die FAQ usw.
Ausgehend davon war gesamtbetrachtend offenkundig von einem Liquiditätsengpass nur in Bezug auf den laufenden Sach- und Finanzaufwand, nicht aber unter Einbezug des Personalaufwandes oder sonstiger Aufwendungen als Förderzweck auszugehen.
Das Antragsformular vom 19. März 2020 spricht von einer existenzbedrohlichen Wirtschaftslage bzw. dem Liquiditätsengpass.
Ebenso findet sich in der – ursprünglichen – Fassung der Richtlinien Soforthilfe Corona vom 17. März 2020 zum Zweck der Förderung in Nr. 1 Satz 3 lediglich die Formulierung, dass Soforthilfe gewährt werden soll, insbesondere um die wirtschaftliche Existenz der Unternehmen und Freiberufler zu sichern, Liquiditätsengpässe nachrangig zu kompensieren und Arbeitsplätze zu erhalten (siehe dort auch Nr. 2, Nr. 4 und Nr. 5).
Nr. 1 Satz 1 der Maßgaben des Bewilligungsbescheides besagt, dass die Soforthilfe zweckgebunden ist und ausschließlich der Bewältigung der existenzgefährdenden wirtschaftlichen Folgen infolge der Covid-19-Pandemie und der Aufrechterhaltung der Betriebsfähigkeit des betroffenen Unternehmens dient. Nr. 1 Satz 2 der Maßgaben des Bescheides bestimmt konkretisierend ausdrücklich: Die Mittel dienen ausschließlich zur Kompensation von seit dem 11. März 2020 im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie entstandenen Liquiditätsengpässen.
Was unter Liquiditätsengpässen zu verstehen ist, ist im Bewilligungsbescheid nicht näher definiert, ergibt sich aber ersichtlich aus den weiteren, der Klägerin auch erkennbaren Umständen. Der Bewilligungsbescheid bezieht sich explizit auf die Richtlinien Soforthilfe Corona vom 17. März 2020 als seine Grundlage.
Eine Definition des Liquiditätsengpasses wurde – noch vor Bescheidserlass – in die Nr. 2 mit der Änderung vom 1. April 2020 (BayMBl. Nr. 170, in Kraft getreten am 31.3.2020) eingefügt:
"Voraussetzung der Finanzhilfe
Der Antragsteller muss glaubhaft versichern, dass er durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, die seine Existenz bedrohen, weil die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (bspw. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen (Liquiditätsengpass)."
Mit einer weiteren Änderung vom 16. April 2020 (BayMBl Nr. 204) – nach Bescheidserlass – wurde das Wort "bedrohen" durch das Wort "gefährden" ersetzt.
Durch die Bezugnahme des Bewilligungsbescheides auf die Richtlinien Soforthilfe Corona vom 17. März 2020 ist die vorstehende Definition integraler Bestandteil des Bescheides geworden, und zwar in ihrer zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses – wie auch sonst bei Subventionen – geltenden, veröffentlichten Fassung, die für die Klägerin auch erkennbar war. Denn dem materiellen Recht folgend kommt es auf den Zeitpunkt des Bescheidserlasses an, weil auf die Förderpraxis abzustellen ist und staatliche Mittel – wie auch bei sonstigen Subventionen – aus den haushalterischen Gründen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auf der Basis der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Förderentscheidung ausgereicht werden.
Schon allein aufgrund der einschlägigen Richtlinien Soforthilfe Corona war der Liquiditätsengpass und damit der Förderzweck hinreichend bestimmt definiert.
Hinzu kommen darüber hinaus – ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankommt – die weiteren Informationen, wie Verlautbarungen der Wirtschaftsministerien, insbesondere die FAQ (vgl. OVG NRW, u.v. 17.3.2023 – 4 A 1987/22 – juris Rn 150), in denen – ebenfalls vor Erlass des Bewilligungsbescheides – schon ausdrücklich angeführt war, dass Personalkosten bei der Annahme eines Liquiditätsengpasses nicht zu berücksichtigen sind. Insoweit ist auch anzumerken, dass Corona-Soforthilfen seinerzeit auch Gegenstand ausführliche Berichterstattung und öffentlicher Diskussion waren (OVG Berlin Brandenburg, B.v. 4.3.2024 – OVG 6 N 14/24 – juris Rn. 6).
In einer Veröffentlichung des bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 20. März 2020 ist ausgeführt: Liquiditätsengpass bedeutet, dass keine (ausreichende) Liquidität vorhanden ist, um zum Beispiel laufende Verpflichtungen zu zahlen (vgl. VG Regensburg, U.v. 22.1.2024 – RN 16 K 21.2296 – UA S.6, unveröffentlicht).
In den FAQ vom 29. März 2020 ist ausgeführt: Massive Umsatzeinbußen und Gewinneinbrüche sind kein ausreichender Grund für eine Förderung. Es muss deutlich gemacht werden, dass und warum die laufenden Kosten (in welcher Art und Höhe) jetzt oder in naher Zukunft nicht mehr gedeckt werden können. Das Unternehmen muss in eine für das Unternehmen existenzbedrohliche Wirtschaftslage gekommen sein, in der es laufenden Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann. Liquiditätsengpass bedeutet, dass keine (ausreichende) Liquidität vorhanden ist, um insbesondere laufende Verpflichtungen (beispielsweise Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten) zu begleichen. Zeitnahe, in der Zukunft (den nächsten drei Monaten) liegende, aber sicher bestimmbare Verpflichtungen können berücksichtigt werden. Für die Berechnung des Engpasses kann ein Zeitraum von maximal drei Monaten herangezogen werden. Bei der Festlegung wird der Zeitraum März bis Mai zugrunde gelegt. Liquiditätsengpass entspricht nicht einem Umsatz- oder Gewinnrückgang; entgangene Provision oder entgangener Umsatz reichen nicht aus. Eine möglicherweise spätere Überprüfung ist nicht ausgeschlossen.
Einer Pressemitteilung des Bundesfinanzministeriums vom 29. März 2020 ist zu entnehmen, dass sich Bund und Länder am heutigen Tag auf die nötige Verwaltungsvereinbarung für Soforthilfe geeinigt hätten. Die Soforthilfe diene der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der Unternehmen und zur Überbrückung von akuten Liquiditätsengpässen infolge der Coronakrise. Eine Kumulierung mit anderen Beihilfen sei möglich. Eine Überkompensation sei aber zurückzuzahlen (vgl. dazu auch beck-aktuell vom 30.3.2020).
Die Kurzfakten zum Corona-Soforthilfe-Programm des Bundes vom 30. März 2020 erläutern: Der Antragsteller legt bei der Angabe, in welcher Höhe er die Billigkeitsleistung beantragt, seinen voraussichtlichen Liquiditätsengpass zugrunde. Dieser wird auf der Basis seines voraussichtlichen Umsatzes sowie des betrieblichen Sach- und Finanzaufwands für die drei auf die Antragstellung folgenden Monate ermittelt. Sofern die Soforthilfe wie beantragt bewilligt wird und später festgestellt wird, dass der Sachund Finanzaufwand des Unternehmens oder die tatsächliche Umsatzeinbuße doch geringer war, ist das Unternehmen zu einer Rückzahlung des überzahlten Betrages verpflichtet. ... Das Soforthilfeprogramm des Bundes unterstützt entsprechend den am 23. März 2020 beschlossenen Eckpunkten kleine Unternehmen usw. durch einen Zuschuss bei der Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz und der Überbrückung von akuten Liquiditätsengpässen. Diese laufenden Betriebskosten können unter anderem gewerbliche Mieten, Pachten, Kredite für Betriebsräume und Leasingaufwendungen umfassen, bezogen auf die drei der Antragstellung folgenden Monate.
In einer Pressemitteilung des bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 31. März 2020 heißt es: Zudem wurden auch die Antragsvoraussetzungen für die Soforthilfe noch einmal gelockert. Ab sofort gilt: Der Antragsteller muss glaubhaft versichern, dass er durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, die seine Existenz bedrohen, weil die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (bspw. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen.
Eine Zusammenfassung der Bundesrechtsanwaltskammer vom 31. März 2020 referiert zum Bund unter Nr. 3.1 auf Seite 10 als Ziel: Zuschuss zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der Antragsteller und zur Überbrückung von akuten Liquiditätsengpässen, unter anderem durch laufende Betriebskosten wie Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten und Ähnlichem. Sie führt weiter unter Nummer 3 auf Seite 16 für Bayern eine Definition zum Liquiditätsengpass wie folgt auf: Ein Liquiditätsengpass liegt vor, wenn infolge der Corona-Pandemie fortlaufende Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (beispielsweise gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen.
In den FAQ vom 9. April 2020 heißt es: Der Antragsteller muss glaubhaft versichern, dass er durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, die seine Existenz bedrohen, weil die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (bspw. gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen (Liquiditätsengpass). Personalaufwendungen können nicht berücksichtigt werden. Die Soforthilfen leisten einen Beitrag zu den laufenden betrieblichen Sachund Finanzaufwendungen (unter anderem gewerbliche Mieten, Pachten, Kredite für Betriebsräume und -ausstattung sowie Finanzierungskosten oder Leasingaufwendungen für unternehmerisch genutzte Pkw, Maschinen etc.). Personalkosten sind nicht abgedeckt, da weder Sach- noch Finanzaufwand. Der gesamte Personalaufwand (Gehälter, Kranken- und Sozialversicherungsbeiträge etc.) ist nicht umfasst. Sofern das Personal nicht beschäftigt werden kann, muss – sofern möglich – Kurzarbeit angemeldet werden.
Aus dem objektiven Empfängerhorizont eines Bescheidsempfängers waren danach insbesondere schon allein infolge des Wortlauts der der Förderentscheidung zugrundegelegten Richtlinien Soforthilfe Corona die Personalkosten bei der Berechnung des Liquiditätsengpasses ohne Belang, da sie nicht zum Sach- oder Finanzaufwand zählen. Ergänzend bestätigen die betreffenden – vorstehend referierten – FAQ und die Verlautbarungen dieses eindeutige Verständnis.
Personalkosten bleiben bei der Ermittlung eines Liquiditätsengpasses demnach außer Betracht, weil es nach dessen Definition nicht dem Zuwendungszweck entspricht, Personalkosten zu kompensieren. Dass Personalkosten nicht umfasst sind, ist aus den genannten Beispielen für den fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand erkennbar, wie beispielsweise gewerbliche Mieten, Pachten und Leasingraten (VG Bremen, U.v. 20.11.2024 – 7 K 681/22 – juris Rn. 31; U.v. 26.8.2024 – 7 K 678/22 – juris Rn. 27). Aus diesen Beispielen lässt sich schließen, dass Personalkosten nicht zu den für die Ermittlung des Liquiditätsengpasses anzusetzenden Verbindlichkeiten gehören. Unter Sachaufwand versteht man alle während der Leistungserstellung anfallenden laufenden Aufwendungen, die für Gebäude, Kraftfahrzeuge, Büros usw. anfallen. Personalaufwendungen zählen nicht zu den Sachaufwendungen. Der Finanzaufwand umfasst Aufwendungen für Zinsen und sonstige Finanzaufwendungen (VG Frankfurt, U.v. 27.11.2024 – VG 1 K 889/23 – juris Rn. 23; VG Berlin, U.v. 11.7.2024 – 26 K 289/23 juris Rn. 34; HessVGH, B.v. 1.3.2023 – 10 A 2362/21.Z – juris Rn. 11). Eine Förderung von Personalkosten würde der strikten Zweckbindung der Zuwendung zuwiderlaufen (vgl. OVG Bremen, B.v. 9.9.2024 – 1 LA 227/24 – juris Rn. 13).
Schon angesichts der Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern im März 2020, nach der – gerade nicht alle Aufwendungen, sondern – nur der fortlaufende erwerbsmäßige Sach- und Finanzaufwand abgedeckt wird, zu dem die Personalkosten nicht zählen, war hinreichend klar, dass Personalkosten nicht zu berücksichtigen sind. Auch vor diesem Hintergrund ist die Darlegung des Beklagten zu seiner diesbezüglichen von vornherein so geübten Verwaltungspraxis schlüssig (vgl. HessVGH, B.v. 1.3.2023 – 10 A 2362/21.Z – juris Rn. 12 u. 20).
Auf anderweitige mögliche, etwa betriebswirtschaftliche Definitionen des Liquiditätsengpasses kommt es nicht an. Der Beklagte hat ausdrücklich angemerkt, dass im öffentlichen Haushaltswesen der Begriff des Sach- und Finanzaufwandes abschließend definiert und klar vom Personalaufwand abgegrenzt wird. Vgl. Art. 90 Nr. 4 BayHO:
Die Prüfung erstreckt sich auf die Einhaltung der für die Haushalts- und Wirtschaftsführung geltenden Vorschriften und Grundsätze, insbesondere darauf, ob
1. ...
2. ...
3. ...
4. die Aufgabe mit geringerem Personal- oder Sachaufwand oder auf andere Weise wirksamer erfüllt werden kann.
Auf die tatsächliche subjektive Kenntnis der Klägerin kommt es nicht an; es reicht die Erkennbarkeit. Genauso wenig kommt es auf das eigene subjektive Verständnis der Klägerin an, was sie unter einem Liquiditätsengpass versteht (OVG Berlin Brandenburg, B.v. 4.3.2024 – OVG 6 N 14/24 – juris Rn. 5; vgl. auch BayVGH, B.v. 9.1.2024 – 22 ZB 23.1018 – juris Rn. 14, BayVBl 2025, 26, 28).
Auch Gewinnprognosen und private Bedürfnisse werden im Rahmen der Soforthilfe Corona danach nicht berücksichtigt. Nach den FAQ vom 9. April 2020 sind die Soforthilfen nicht darauf ausgerichtet, den ausfallenden Gewinn zu ersetzen, mit dem der Lebensunterhalt bestritten wird. In diesem Fall ist nicht der Betrieb, sondern die (private) wirtschaftliche Existenz der Antragsteller gefährdet. Die Deckung privater Lebenshaltungskosten ist damit kein Zweck der Soforthilfe Corona.
Soweit im Antragsformular die Konjunktion "bzw". zwischen den Begriffen "existenzbedrohliche Wirtschaftslage" und "Liquiditätsengpass" aufgeführt ist, rechtfertigt diese Formulierung im Übrigen nicht zwingend ein alternatives Verständnis, dass anstatt eines Liquiditätsengpasses auch allein eine existenzbedrohliche Wirtschaftslage für eine Förderung ausreichen würde. Denn das "bzw." muss – aus Sicht eines objektiven Empfängers – nicht zwingend als "oder" verstanden werden, sondern verdeutlicht vielmehr den Zweck der Förderung im Sinne der Überwindung einer existenzgefährdenden Wirtschaftslage durch Zahlung eines Beitrags zur Überbrückung eines Liquiditätsengpasses mit Blick darauf, dass die fortlaufenden Einnahmen nicht ausreichen, die ebenfalls fortlaufenden Verbindlichkeiten zu bedienen (VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 109), wobei von vornherein klargestellt war, dass dabei – wie ausgeführt – gerade nicht alle fortlaufenden Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind.
Das Gleiche gilt für die Maßgabe im Bewilligungsbescheid betreffend den Vorbehalt des Widerrufs für den Fall, dass sich der Mittelbedarf zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz "bzw." zur Kompensation von seit dem 11. März 2020 entstandenen Liquiditätsengpässen unter die bewilligte Soforthilfe reduziert.
Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen des Beklagten plausibel, dass Personalkosten von Anfang an nach der durchweg geübten Verwaltungspraxis nicht zur Berechnung des Liquiditätsengpasses heranzuziehen waren. Dies wird im Übrigen bestätigt durch eine Vielzahl von gerichtsbekannten Fällen (vgl. schon VG Würzburg, U.v. 19.4.2021 – W 8 K 20.1732 – juris Rn. 40).
Die Konkretisierung der für die Entstehung des tatsächlichen Liquiditätsengpasses relevanten drei Monate (ganze Monate, beginnend mit dem Monat der Antragstellung) durch den Beklagten ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
Der Beklagte hat auch dazu plausibel – und insoweit unwidersprochen – seine Verwaltungspraxis dargelegt, dass er auf volle drei Monate beginnend mit dem Monat der Antragstellung im Zeitraum März bis Mai 2020 abstellt. Er hat auch dazu seine Beweggründe dargelegt, und zwar unter anderem Praktikabilität sowie Vereinfachung und Pauschalierung, nicht zuletzt auch zu Gunsten der Soforthilfeempfänger, wie der Beklagte in seiner Klageerwiderung ausgeführt hat.
Gekoppelt an den primären Zuwendungszweck, der Überwindung eines Liquiditätsengpasses im Bewilligungszeitraum musste ausgehend vom objektiven Empfängerhorizont der Liquiditätsengpass in der Summe im Zeitraum von drei aufeinanderfolgenden Monaten aufgetreten sein (VG Schwerin, U.v. 5.6.2024 – 3 A 404/23 SN – juris Rn. 29 f.).
Im Übrigen hat die Klägerin nicht ansatzweise vorgebracht, dass eine andere Festlegung des Zeitraums der relevanten drei Monate bei ihr zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, sodass der Einwand auch schon unter diesem Aspekt nicht entscheidungserheblich ist und die Klägerin nicht in ihren subjektiven Rechten verletzt.
Bei der Beurteilung der Zweckempfehlung war des Weiteren auf den tatsächlichen Liquiditätsengpass abzustellen und zwar aus einer Betrachtung im Nachhinein (ex post) und nicht allein auf die Prognose im Voraus (ex ante).
Auch insoweit hat der Beklagte seine Förderpraxis plausibel dargelegt und zu Recht auf die verschiedenen Maßgaben des Bewilligungsbescheides verwiesen, wonach – wie schon wiederholt ausgeführt – im Falle eine Überkompensation des Liquiditätsengpasses die Soforthilfe zurückzuzahlen sei (vgl. neben Nr. 8.10 des Antragsformulars nur Nr. 5, Nr. 6.1 und Nr. 7 des Bescheides vom 10.4.2020), da nach Nr. 1 Satz 2 des Bescheides die Mittel ausschließlich zur Kompensation von seit dem 11. März 2020 in Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie entstandenen Liquiditätsengpässen dienen. Wäre die Klägerin mit den im Bewilligungsbescheid vom 10. April 2020 genannten Maßgaben nicht einverstanden gewesen, hätte sie dies der Bewilligungsbehörde gegenüber erklären und den gewährten Betrag unverzüglich zurückerstatten müssen (Nr. 12 des Bescheids).
Aus den Nebenbestimmungen des Bewilligungsbescheides ergibt sich eindeutig, dass die Soforthilfe nur der Kompensation eines dann in der Folge tatsächlich eingetretenen Liquiditätsengpasses dienen sollte, etwa aus der Anzeigepflicht bei Änderungen oder aus der Widerrufsmöglichkeit im Nachhinein, wenn die Soforthilfe nicht oder nicht zur vollen Höhe benötigt würde. Zweck der Förderung war nicht, eine finanzielle Zuwendung für einen voraussichtlichen Liquiditätsengpass zu gewähren unabhängig davon, ob auch tatsächlich ein Liquiditätsengpass eingetreten ist (VG Regensburg, U.v. 22.1.2024 – RN 16 K 21.2296 – UA S. 13 f. unveröffentlicht). Von Anfang an war klargestellt, dass eine Überkompensation zu einer etwaigen Rückzahlung führen würde. Mithin war hinreichend verdeutlicht, dass es auf einen Vergleich des bei der Antragstellung prognostizierten (= Fördersumme) mit dem real eingetretenen Liquiditätsengpass ankommen sollte. Zweck der Förderung war die Überwindung von Liquiditätsengpässen mithilfe der Soforthilfe (VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 76). Die zweckkonforme Verwendung einer Zuwendung setzt voraus, dass die berücksichtigungsfähigen Ausgaben jedenfalls die Höhe der ausgezahlten Fördersumme erreichen. Die Klägerin musste davon ausgehen, dass ihr die Soforthilfe nur endgültig verbleibt, sobald ihr infolge der Corona-Pandemie tatsächlich ein Liquiditätsengpass entstanden ist (VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 81 f.).
Das einstweilige Abstellen auf eine Prognose in der Antragsphase lag gerade im Interesse der Antragstellenden, um eine rasche Bewilligung und Auszahlung der Soforthilfe Corona zu ermöglichen. Die Kehrseite davon ist zwangsläufig, im Nachhinein zu überprüfen und festzustellen, ob sich die Prognose realisiert hat.
Bei der Betrachtung, ob die Fördermittel dem Förderzweck entsprechend eingesetzt wurden, kann es demgegenüber nicht mehr auf den bei Antragstellung mittels Hochrechnung prognostizierten Liquiditätsengpass ankommen. Bei der Frage der zweckkonformen Verwendung einer Zuwendung kommt es darauf an, ob ein Liquiditätsengpass ex post betrachtet vorlag oder nicht. Entscheidend ist insofern der tatsächlich eingetretene Liquiditätsengpass. Denn die Zuwendung wurde zwar auf Basis des prognostizierten Liquiditätsengpasses ausgezahlt. Aus den oben genannten Regelungen und insbesondere den Maßgaben im Bewilligungsbescheid ist jedoch ersichtlich, dass die Klägerin nur die Fördermittel behalten durfte, die für die Überwindung des tatsächlich eingetretenen Liquiditätsengpasses benötigt wurden (VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 83). Denn zeigt sich ex post, also im Nachhinein, dass ein Liquiditätsengpass nicht vorgelegen hat, bedarf es keiner Zuschüsse zur Existenzsicherung und entfällt die Grundlage für das Behaltendürfen zu diesem Zweck. Bei objektiver Betrachtungsweise konnte kein berechtigter Zweifel daran bestehen, dass jedenfalls diejenigen Mittel zurückzuzahlen sind, die im Rahmen der Zweckbindung während des dreimonatigen Bewilligungszeitraums nicht benötigt worden sind (VG Karlsruhe, U.v. 11.10.2024 – 14 K 5099/23 – juris Rn. 65 f. m.w.N.).
Die Klägerbevollmächtigte geht zudem selbst davon aus, dass auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides vom 10. April 2020 abzustellen ist und dabei unter anderem auch die FAQ zu berücksichtigen sind.
Schon aus dem Antragsformular unter Nr. 8.10 sowie aus den – bereits referierten – Maßgaben des Bewilligungsbescheides ergibt sich unmissverständlich, dass bei einer Überkompensation erhaltene Soforthilfe zurückzuzahlen ist.
Einer Pressemitteilung des Bundesfinanzministeriums vom 29. März 2020 war zu entnehmen, dass eine Überkompensation zurückzuzahlen sei (vgl. dazu auch beck-aktuell vom 30.3.2020). Die Kurzfakten zum Corona-Soforthilfe-Programm des Bundes vom 30. März 2020 erläuterten ebenfalls: Sofern die Soforthilfe wie beantragt bewilligt wird und später festgestellt wird, dass der Sachund Finanzaufwand des Unternehmens oder die tatsächliche Umsatzeinbuße doch geringer war, ist das Unternehmen zu einer Rückzahlung überzahlten Betrages verpflichtet.
Darüber hinaus ergibt sich insbesondere auch aus den FAQ vom 9. April 2020 insoweit Folgendes:
Frage:
Wird geprüft, ob dem Antragsteller die Hilfe auch wirklich zugestanden hat und wenn nein, muss die Hilfe dann ggf. zurückgezahlt werden?
Antwort:
... Auch im Falle einer Überkompensation (z. B. durch Versicherungsleistungen oder andere Fördermaßnahmen) muss die übermäßig erhaltene Soforthilfe zurückgezahlt werden (ebenso schon FAQ vom 29.3.2020 sowie Nr. 8.10 des Antragsformulars)
Frage:
Muss ich das Geld zurückzahlen?
Antwort:
Nein, bei der "Soforthilfe Corona" handelt sich um eine Billigkeitsleistung, die nicht zurückbezahlt werden muss, soweit die relevanten Angaben im Antrag richtig und vollständig waren und wahrheitsgemäß gemacht wurden. Wer allerdings zu viel Soforthilfe bekommen hat, muss sie später wieder zurückzahlen. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn die tatsächlich erzielten Einnahmen höher ausfallen als zum Zeitpunkt der Antragsstellung vermutet, denn dann war der Liquiditätsengpass tatsächlich geringer als erwartet. Eine Rückzahlungspflicht kann sich auch ergeben, wenn durch die gleichzeitige Inanspruchnahme von Zuschüssen aus verschiedenen Hilfsprogrammen eine Überkompensation eingetreten ist.
Damit war schon zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses hinreichend kommuniziert und mit aller Deutlichkeit klargestellt, dass letztlich nicht auf die Vermutung ("voraussichtlich") zum Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen ist, sondern "ex post" auf den tatsächlich eingetretenen Liquiditätsengpass. Weiter wird eindeutig angegeben, dass die Soforthilfe zurückzuzahlen ist, wenn sich im Nachhinein eine Überkompensation herausstellt.
In der schon erwähnten Zusammenfassung der Bundesrechtsanwaltskammer vom 31. März 2020 heißt es unter Nr. 3.1, S. 17 dazu (mit Bezug auf den Bayerischen Wirtschaftsminister A. = https://www.stmwi.bayern.de/presse/pressemeldungen/69-2020/), Ziel sei es die Liquidität zu sichern. Sollte sich "im Nachhinein" herausstellen, dass jemand nicht berechtigt sei, müsste die Soforthilfe zurückbezahlt werden.
Soweit die Klägerbevollmächtigte meint, dass nicht erkennbar gewesen wäre, dass die Soforthilfe allein zum Zweck gewährt worden sei, einen Liquiditätsengpass zu verhindern, ist auf Nr. 1 Satz 2 der Maßgaben zum Bewilligungsbescheid zu verweisen, in dem explizit bestimmt ist, dass die Mittel ausschließlich zur Kompensation von im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie entstanden Liquiditätsengpass dienen.
Im Übrigen liegt es aus der Sicht eines objektiven Betrachters auf der Hand, dass der Bewilligungsbescheid nicht so verstanden werden konnte, dass die Soforthilfe behalten werden dürfte, auch wenn die Fördervoraussetzungen nicht vorliegen und sich dies im Nachhinein herausstellt.
Entsprechend den Förderbedingungen und dem im Bewilligungsbescheid ausgewiesenen Zuwendungszweck sind danach zur Ermittlung eines Liquiditätsengpasses dem förderfähigen Sachund Finanzaufwand (ohne Personalkosten) die Einnahmen der Klägerin aus dem Geschäftsbetrieb gegenüberzustellen. Denn der Liquiditätsengpass muss im Förderzeitraum tatsächlich entstanden sein. Auf dem bei der Antragstellung erwarteten und prognostizierten Liquiditätsengpass kommt es bei der Betrachtung, ob die Fördermittel dem Förderzweck entsprechend eingesetzt wurden, nicht an. Dies ergibt sich schon aus der Definition des Liquiditätsengpasses, die auf die Deckung der förderfähigen Verbindlichkeiten durch die laufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb abstellt, sowie aus den Hinweisen, dass im Falle einer Überkompensation die erhaltenen Zuschüsse vom Leistungsempfänger anteilig zurückzuzahlen sind. Danach dürfen die Fördermittel nur behalten werden, wenn sie für die Überwindung des tatsächlich eingetretenen Liquiditätsengpasses benötigt wurden (VG Bremen, U.v. 20.11.2024 – 7 K 681/22 – juris Rn. 29 m.w.N.; U.v. 26.8.2024 – 7 K 678/22 – juris Rn. 25; a.A. VG Stuttgart, U.v. 18.9.2024 – 15 K 7121/23 – juris Rn. 212 bei einem anderen Zweckverständnis auf Basis der abweichenden Rechtslage in Baden-Württemberg).
Der Beklagte geht danach zu Recht davon aus, dass das tatsächliche Vorhandensein eines Liquiditätsengpasses sachliche Grundlage für die Gewährung der streitgegenständlichen Soforthilfe sowohl dem Grunde also auch der Höhe nach war und auch im Nachgang im Hinblick auf eine mögliche Zweckverfehlung der Zuwendung überprüft werden konnte (VG Bayreuth, U.v. 15.2.2024 – B 7 K 23.378 – juris Rn. 32 ff.).
Eine Begrenzung der Förderung auf das Ziel, in Form eines Zuschusses die wirtschaftliche Existenz der Antragsteller zu sichern und akute – nur tatsächlich eingetretene – Liquiditätsengpässe zu überbrücken, war auch europarechtlich zwingend geboten. Nach einer Mitteilung der Europäischen Kommission vom 19. März 2020 C (2020) 1863 waren zusätzliche Beihilfemaßnahmen zu den vorgenannten Zwecken zu einem bestimmten Zeitraum nur bei enger Auslegung mit dem Binnenmarkt zu vereinbaren (vgl. OVG NRW, U.v. 1.10.2024 – 4 A 357/21 – juris Rn. 47 ff.).
Auch die Notwendigkeit zur Durchführung eines Verwendungsnachweisverfahrens ergibt sich aus der ebenfalls unionsrechtlich zwingenden Zweckbindung der Förderung. Die dazu bestimmten Modalitäten des Beklagten dienten auch der Einhaltung des unionsrechtskonformen Zwecks der Bewilligung (vgl. OVG NRW, U.v. 1.10.2024 – 4 A 357/21 – juris Rn. 95).
Soweit die Klägerbevollmächtigte demgegenüber vorbringt, es sei nur eine punktuelle, stichprobenartige Nachprüfung angekündigt gewesen, ist auf den allgemeinen schon erwähnten Widerrufsvorbehalt im Falle der Überkompensation in Nr. 7 der Maßgaben zum Bewilligungsbescheid zu verweisen. In Nr. 9 ist der Vorbehalt einer Prüfung der Verwendung der Soforthilfe im Einzelfall erklärt. Außerdem ist in den FAQ vom 9. April 2020 im Zusammenhang mit der Prüfung, ob dem Antragsteller die Hilfe auch wirklich zugestanden hat, ausdrücklich angemerkt, dass es bei falschen Angaben gegebenenfalls auch zu weiteren rechtlichen Konsequenzen kommen kann. Die von der Klägerbevollmächtigten zitierte Nr. 6.1 der Maßgaben spricht ebenfalls von der Möglichkeit "in begründeten Fällen" weitere Aufklärung zu betreiben. Die FAQ vom 29. März 2020 enthalten den ausdrücklichen Hinweis: "Eine möglicherweise spätere Überprüfung ist nicht ausgeschlossen." Ausgehend von diesen Vorgaben wird hinreichend deutlich, dass insbesondere auch wegen der fehlenden Rückmeldung der Klägerin Anhaltspunkte und damit auch begründeter Anlass für eine weitere Nachprüfung gerade bei ihr bestanden und in ihrem Fall eine entsprechende nachträgliche Kontrolle stattfinden konnte.
Der Beklagte hat im Übrigen in seinem Schriftsatz vom 9. Januar 2025 zutreffend darauf hingewiesen, dass die Frage, ob und in welchem Umfang in den Soforthilferichtlinien stichprobenartige Kontrollen oder Nachprüfungen angekündigt worden seien, naturgemäß keinerlei Einfluss auf die bei Gewährung der Soforthilfe festgelegte Zweckbestimmung (Deckung des Liquiditätsengpasses) hat.
Bei der Frage der Zweckbestimmung im Rahmen der Förderung nach den bayerischen Richtlinien Corona-Soforthilfe ist des Weiteren kein bundesweiter Vergleich mit andern Bundesländern zu ziehen (vgl. etwa VG Würzburg, U.v. 5.2.2024 – W 8 K 24.476 – juris Rn 151 ff. mit Bezug auf BayVGH) nicht zu ziehen (vgl. auch VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 104 f.).
Soweit das Verwaltungsgericht Stuttgart (VG Stuttgart, U.v. 18.9.2024 – 15 K 7121/23 – juris, ähnlich etwa auch schon VG Freiburg, U.v. 10.7.2024 – 14 K 13517/24 – juris; VG Karlsruhe, U.v. 11.10.2024 – 14 K 2955/23 – juris) den Förderzweck auf der Basis des dortigen Bewilligungsbescheides anders versteht, und zwar, dass dieser über einen Liquiditätsengpass hinaus auch eine existenzbedrohliche Wirtschaftslage oder Umsatzeinbrüche in erheblicher Höhe umfasst, ist die dortige Fallkonstellation ohnehin nicht mit der bayerischen vergleichbar, weil sowohl der Antrag als auch der Bewilligungsbescheid sowie die einschlägigen Richtlinien andere Begrifflichkeiten enthalten. Insbesondere werden dort – anders als in Bayern – die existenzbedrohliche Wirtschaftslage, Liquiditätsengpässe oder Umsatzeinbrüche alternativ genannt. Hingegen ist im vorliegenden Bewilligungsbescheid – wie ausgeführt – in der Maßgabe Nr. 1 Satz 2 ausdrücklich angemerkt, dass die Mittel ohne weitere Alternativen ausschließlich zur Kompensation von Liquiditätsengpässen dienen.
Im Übrigen lag den Entscheidungen in Nordrhein-Westfalen und in Baden-Württemberg teilweise bzw. zeitweise eine andere Rechtslage zu Grunde, weil die betreffenden Förderrichtlinien eine von den bayerischen Richtlinien abweichende Fassung enthielten. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat in einer weiteren Entscheidung dazu ausdrücklich klargestellt, dass die Rechtslage auch in Baden-Württemberg in einem späteren Zeitraum infolge einer Fortschreibung der dortigen Richtlinien und sonstigen Vorgaben eine andere war und entschieden, dass ein Widerruf rechtmäßig erfolgen kann, wenn sich die Zweckbindung des maßgeblichen Bewilligungsbescheides allein auf die Überwindung von Liquiditätsengpässen zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz bezieht und wenn sich dann nachträglich herausstellt, dass die Voraussetzungen eines Liquiditätsengpasses entgegen der ursprünglichen Prognose tatsächlich nicht vorgelegen haben (VG Karlsruhe, U.v. 11.10.2024 – 14 K 5099/23 – juris LS 52 ff., Rn. 60 ff.), wobei es sich ausdrücklich auf die wesentlich geänderte Formulierung der Fördervorgaben bezieht.
Der Widerruf erfolgte gemäß Art. 49 Abs. 2a Satz 2 i.V.m. Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG innerhalb eines Jahres, weil die Jahresfrist eine Entscheidungsfrist ist. Die Widerrufsfrist von einem Jahr gemäß Art. 49 Abs. 2a Satz 2 i.V.m. Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG beginnt erst mit vollständiger positiver Kenntnis der Behörde von den Tatsachen, die den Widerruf rechtfertigen (VG Halle, U.v. 6.12.2024 – 4 A 113/23 HAL – juris Rn. 35; VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 112; VG Regensburg, U.v. 22.1.2024 – RN 16 K 21.2296 – UA S. 20 ff. unveröffentlicht). Der Beklagte hat in der Klageerwiderung ausdrücklich und zutreffend darauf verwiesen, dass die Jahresfrist erst zu laufen begonnen hat zu dem Zeitpunkt, zu dem die Bewilligungsbehörde von Tatsachen Kenntnis erhalten hat, aus denen sich ergibt, dass beim jeweiligen Soforthilfeempfänger kein Liquiditätsengpass vorgelegen habe. Das ist erst mit der Onlinerückmeldung der Klägerin vom 30. Dezember 2023 der Fall gewesen.
Als Zwischenergebnis ist demnach festzuhalten, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Widerruf gemäß Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG erfüllt sind, weil die Klägerin ausgehend von den vorstehend dargelegten Grundsätzen mangels Vorliegens eines Liquiditätsengpasses den Förderzweck verfehlt hat, da die Personalkosten nicht zu berücksichtigen waren und ohne Berücksichtigung der Personalkosten (Lohnkosten) kein negativer Saldo vorlag, sondern ein Plus, sodass sie die erhaltene Förderung nicht für den im Bewilligungsbescheid bestimmten Zweck verwendet hat.
Auf der Rechtsfolgenseite eröffnet Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 VwVfG einen Ermessensspielraum ("kann"). Die Ermessenausübung ist indes nicht zu beanstanden. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
Der Beklagte hat sein Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt und konnte seine Ermessenserwägungen zudem auch gemäß § 114Satz 2 VwGO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch ergänzen. Überwiegende entgegenstehende Gründe, insbesondere Vertrauensschutz, liegen nicht vor, zumal Stundung und Ratenzahlung bewilligt wurden.
Der Beklagte hat insofern auf die haushalterischen Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit hingewiesen, die auch bei Berücksichtigung der wirtschaftlichen und grundrechtlichen Interessen der Klägerin bei einem Nichtvorliegen der Fördervoraussetzungen in der Regel einen Widerruf der Bewilligungsentscheidung gebieten, sogenanntes intendiertes Ermessen (VG Halle, U.v. 6.12.2024 – 4 A 113/23 HAL – juris Rn. 36; OVG Bremen, B.v. 28.11.2024 – 1 LA 199/23 – juris Rn. 24; vgl. auch schon VG Würzburg, U.v. 19.4.2021 – W 8 K 20.1732 – juris Rn. 46).
Ein Ausnahmefall, der eine Abweichung vom intendierten Ermessen begründen könnte, liegt nicht vor. Denn eine Ausnahme vom Regelfall ist mangels außergewöhnlicher Umstände im Einzelfall und damit mangels einer atypischen Situation nicht zu erkennen, weil der streitgegenständliche Widerruf wegen Zweckverfehlung gängige Verwaltungspraxis in einer typischen Fallkonstellation ist (vgl. schon VG Würzburg, U.v. 18.10.2021 – W 8 K 21.716 – juris Rn. 57). Außergewöhnliche Umstände wurden weder vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich. Liegt aber kein vom Regelfall abweichender Sachverhalt vor, versteht sich das Ergebnis von selbst, ohne dass es weiterer Ermessenserwägungen bedarf (VG Halle, U.v. 6.12.2024 – 4 A 113/23 HAL – juris Rn. 36; VG Karlsruhe, U.v. 11.10.2024 – 14 K 5099/23 – juris Rn. 72 m.w.N.).
Auch Vertrauensschutzgesichtspunkte gebieten keine andere Rechtsfolge.
Denn die Klägerin konnte nicht darauf vertrauen, auch bei einer Zweckverfehlung die Zuwendung behalten zu dürfen. Vielmehr musste sie von Anfang an damit rechnen, dass ihr die Soforthilfe nur dann endgültig gewährt würde, soweit ihr infolge der Corona Pandemie tatsächlich ein Liquiditätsengpass in den drei auf die Zuwendung folgende Monaten entstanden ist (VG Berlin, U.v. 11.7.2024 – 26 K 289/23 – juris Rn. 36).
Zum Nichtvorliegen von schutzwürdigen Vertrauen kann auf die treffenden Ausführungen des Beklagten in seinen Schriftsätzen verwiesen werden. Unter anderem ist ausgeführt, dass sich schon aus dem Bewilligungsbescheid ergibt, dass im Falle eine Überkompensation des Liquiditätsengpasses die Soforthilfe zurückzuzahlen sei (vgl. neben Nr. 8.10 des Antragsformulars insbesondere Nr. 5 ff. des Bescheides vom 10.4.2020).
Für einen objektiven Empfänger liegt auf der Hand, dass eine Förderung der vorliegenden Art nicht dazu führen soll, dass die Fördermittel unabhängig von der tatsächlichen Mittelverwendung beim Empfänger verbleiben sollen, weil Sinn und Zweck der Soforthilfe Corona gerade war, Liquiditätsengpässe aufgrund der Corona-Pandemie abzumildern (OVG Bremen, B.v. 28.11.2024 – 1 LA 199/23 – juris Rn. 17 ff.).
Einem objektiven Empfänger des Bewilligungsbescheides drängte sich bei dessen Gesamtwürdigung unabhängig von seiner Bestandskraft auf, dass die Soforthilfe Corona ausschließlich und vollumfänglich nur zur Kompensation der unmittelbar durch die Corona-Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Engpässe genutzt werden durfte, entsprechende Mittelverwendung nachzuweisen und bei Einzelfallprüfungen zu belegen sowie die im gesamten Bewilligungszeitraum von drei Monaten nicht zweckentsprechend benötigten Mittel anschließend zu ermitteln und zurückzuzahlen waren. Jeder Soforthilfeempfänger konnte auf der Grundlage der Bewilligungsbescheide nur darauf vertrauen, dass er auch im Nachhinein – nur – dann keine Mittel zurückzuzahlen hatte, die er während des Bewilligungszeitraums berechtigterweise zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen im Sinne der Förderbedingungen in Bayern verwendet hatte (vgl. OVG NRW, B.v. 11.7.2024 – 4 A 1764/23 – juris Rn. 23).
Abgesehen davon, dass im Bewilligungsbescheid die Möglichkeit einer späteren Nachprüfung vorbehalten war und dies auch der Klägerin von Anfang an bekannt war, hätte ihr sich der Eindruck aufdrängen müssen, dass der Bewilligung infolge der Schnelligkeit der Leistungsgewährung und der Vielzahl der vom Beklagten zu bearbeitenden Anträge der Leistungsbewilligung keine vertiefte Antragsprüfung vorausgegangen sein konnte. Als Folge dessen hat sie weder bei der Antragstellung noch beim Erhalt der Leistung berechtigterweise auf den Bestand der Bewilligung und auf das Behaltendürfen der Soforthilfe vertrauen dürfen (HessVGH, B.v. 1.3.2023 – 10 A 2362/21.Z – juris Rn. 16).
Vertrauen kann bei der Klägerin in schutzwürdiger Weise nicht durch Verlautbarungen von Vertretern der bayerischen Staatsregierung oder der Bundesregierung bzw. des BayStMWI oder des BMWK entstehen, da Corona-Hilfen offenkundig als Überbrückung einer möglichen Existenzgefährdung die Existenzsicherung bezwecken (VG Bayreuth, U.v. 15.2.2024 – B 7 K 23.378– juris Rn. 38) und nicht gewährt werden sollen, wenn es dieser nicht bedarf (so auch in der Sache plausibel der Beklagte in der Klageerwiderung). Abgesehen davon sind entsprechende politische Verlautbarungen nicht isoliert zu sehen und zu bewerten, sondern gerade auch im Zusammenhang mit der einschlägigen Förderrichtlinie, den Vollzugshinweisen und den FAQ, an denen sich die Verwaltungspraxis ausgerichtet hat. Unabhängig davon dürften in Pressemitteilungen enthaltene Aussagen politischer Entscheidungsträger per se kaum tauglich sein, schutzwürdigen guten Glauben in das dauerhafte Behaltendürfen einer Zuwendung zu begründen. Ersichtlich pointierte Pressemitteilungen beinhalten keine Aussage zu den Details eines Förderprogramms. Weiter scheint kaum vorstellbar, dass politische Aussagen bei Empfängern einer Coronabeihilfe die Annahme entstehen lassen konnten, die Förderung solle voraussetzungslos – und selbst bei Nichterfüllung der Voraussetzungen dauerhaft – gewährt werden (vgl. auch VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 121 ff.).
Im Übrigen sind – wie sonst – subjektive Meinungsäußerungen einzelner Politiker außerhalb des Gesetzgebungsverfahren im Rahmen der Auslegung von Gesetzen nachrangig, wenn nicht unerheblich. Ebenso sind unverbindliche Aussagen Einzelner zur Förderpraxis schon aus Gleichbehandlungsgründen irrelevant, sofern der Richtlinien- und Zuwendungsgeber als solcher nicht allgemein eine betreffende (geänderte) Förderpraxis billigt oder duldet (vgl. nur VG Würzburg, U.v. 5.2.2024 – W 8 K 23.476 – juris Rn. 148 mwN).
Die Äußerungen der Politiker konnten und durften keinesfalls so verstanden werden, dass die unbürokratisch als verlorener Zuschuss ausgezahlte Soforthilfe auch dann nicht zurückgezahlt werden musste, wenn deren Voraussetzungen gar nicht vorlagen, etwa wenn bzw. soweit überhaupt kein tatsächlicher Liquiditätsengpass vorhanden war. Schutzwürdiges Vertrauen konnte daraus unter keinem Blickwinkel entstehen (VG Bayreuth, U.v. 15.2.2024 – B 7 K 23.378 – juris Rn. 38; VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 121 ff.). Jedes andere Verständnis hätte Missbrauch Tür und Tor geöffnet und konnte damit offenkundig für jeden objektiven Empfänger nicht so gemeint sein. Der Hinweis darauf, dass die Soforthilfe nicht zurückzuzahlen sei, diente offenkundig für jeden erkennbar dazu, diese Zuwendung etwa von einer Bürgschaft oder einem Darlehen abzugrenzen.
Im Übrigen war die Klägerin in der E-Mail der Regierung von Unterfranken vom 6. Juli 2020 explizit darauf hingewiesen worden sei, dass es sich bei den von ihr vorgelegten Angaben um geschätzte Werte handele und sich die Regierung von Unterfranken deshalb vorbehalte, eine Überprüfung der tatsächlichen Kosten zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen.
Eine Berufung auf einen weitergehenden Vertrauensschutz ist nicht möglich, da Art. 49 Abs. 2a Nr. 1 BayVwVfG keinen dem Art. 48 Abs. 2 BayVwVfG entsprechenden Vertrauenstatbestand normiert (BayVGH, B.v. 18.1.2024 – 22 ZB 23.117 – juris Rn. 16).
Demnach sind die Voraussetzungen des Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG für einen Widerruf erfüllt.
Des Weiteren liegt auch keine Verwirkung vor (vgl. dazu auch ausführlich VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 115 ff.; VG Regensburg, U.v. 22.1.2024 – RN 16 K 21.2296 – UA S. 22 ff. unveröffentlicht; siehe auch OVG MV, B.v. 11.6.2010 – 2 L 165/06 – juris Rn. 31). Auch insoweit kann auf die plausiblen Ausführungen des Beklagten im Klageerwiderungsschriftsatz vom 17. Juni 2024 Bezug genommen werden (siehe im Tatbestand unter II.2.). Der Beklagte hat dabei zutreffend darauf hingewiesen, dass es sowohl am Zeit- als auch am Umstandsmoment fehle. Schon den veröffentlichen Verlautbarungen, auch gerade des Bayerischen Wirtschaftsministeriums, sei zu entnehmen gewesen, dass ein Rückmeldeverfahren und eine Rückzahlungsverpflichtung bestehe. Dieser Verpflichtung sei die Klägerin in den Folgejahren nach Erlass des Bewilligungsbescheides nicht nachgekommen, nicht einmal nach schriftlicher Erinnerung vom 28. November 2022, sondern erst mit der Onlinerückmeldung vom 30. Dezember 2023. Schon nach den Maßgaben des Soforthilfebescheides hätte der Klägerin klar sein müssen, dass unabhängig von einer ausdrücklichen Abfrage seitens des Beklagten die Pflicht zur Mitteilung bestanden habe, dass entgegen der Prognose kein oder nur ein geringer Liquiditätsengpass vorgelegen habe. Erfolgt schon keine Rückmeldung, so dass der Beklage gar keine Kenntnis von einem nicht vorliegenden Liquiditätsengpass und damit von seinen Rückforderungsansprüchen hat, kann sich daraus kein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin aufbauen, die sogar zu einer Verwirkung führt.
Beim Widerruf ist, wie schon ausgeführt, sogar die Jahresfrist für den Widerruf eingehalten, so dass nicht ersichtlich ist, dass die Klägerin gleichwohl schutzwürdig darauf vertrauen durfte, der Beklagte würde auf sein Rückforderungsrecht verzichten.
Des Weiteren sind entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin auch nicht ihre Grundrechte in verfassungswidriger Weise beeinträchtigt worden.
Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor, weil der Beklagte gleiche Sachverhalte im Rahmen seiner Widerrufpraxis gerade gleichbehandelt hat (OVG Bremen, B.v. 28.11.2024 – 1 LA 199/23 – juris Rn. 22). So ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Beklagte in vergleichbaren Fällen einen Liquiditätsengpass unter Einbeziehung der Personalkosten als gegeben angesehen und eine Corona-Soforthilfe gewährt und sehenden Auges beim Soforthilfeempfänger belassen hätte (vgl. schon VG Würzburg, U.v.3.8.2020 – W 8 K 20.743 – juris Rn. 45). Vielmehr würde eine gegenläufige Entscheidung unter Verstoß gegen die Verwaltungspraxis die Klägerin in gleichheitswidriger Weise bevorzugen und andere Antragsteller benachteiligen.
Auch eine Ungleichbehandlung mit Arbeitnehmern, die während der Corona-Pandemie Kurzarbeitergeld bezogen haben, liegt nicht vor. Die Corona-Soforthilfen stellen eine Billigkeitsleistung dar und erfüllen im Vergleich zum Kurzarbeitergeld, welches auf der Grundlage von §§ 95 ff. SGB III gewährt wird, einen anderen Zweck. Sie dienen der Überwindung eines Liquiditätsengpasses im Bewilligungszeitraum, ohne jedoch Mittel für die private Lebenshaltung abzudecken (vgl. FAQ vom 9.4.2020, Nr. IV), während Hauptzweck des Kurzarbeitergelds die Ermöglichung der Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Vermeidung von Entlassungen ist (siehe https://www.bmas.de/DE/Arbeit/Arbeitsfoerderung/Beschäftigungssicherung/kug.html). Eine Vergleichbarkeit dieser beiden Leistungen ist damit nicht gegeben.
Der Widerruf und der damit verbundene Ausschluss der Klägerin von der Corona-Soforthilfe ist nicht willkürlich, weil sachfremde Erwägungen nicht vorliegen. Der Zweck der Corona-Soforthilfe ist nach Nr. 1 Satz 3 der Richtlinien Soforthilfe Corona die Gewährung einer Soforthilfe, insbesondere um die wirtschaftliche Existenz der Unternehmen und Freiberufler zu sichern, Liquiditätsengpässe nachrangig zu kompensieren und Arbeitsplätze zu erhalten. Dies zeigt, dass die Soforthilfe auf eine – wie ausgeführt näher bestimmte bzw. bestimmbare – Liquiditätslücke im Unternehmen abzielt, nicht aber auf ausfallenden Gewinn oder sonstige Umsatzeinbußen (vgl. schon VG Würzburg, U.v. 29.5.2020 – W 8 K 20.670 – juris Rn. 29).
Es liegt im Gestaltungsspielraum des Zuwendungsgebers, welche Unternehmen er wie unterstützen möchte. Der Zuwendungsgeber darf auch den Zuwendungszweck konkret bestimmen und festlegen, unter welchen Kriterien eine Zuwendung gezahlt wird. Dabei kommt es auf sein Verständnis an und nicht darauf, ob aus der Sicht des Zuwendungsempfängers ein anderes Verständnis und eine weitergehende Förderung zweckmäßig oder sinnvoll wäre (VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 85).
Die Ausblendung von Personalkosten mit dem Hinweis auf die Möglichkeiten des Kurzarbeitergelds ist nicht willkürlich, sondern sachgerecht (HessVGH, B.v. 1.3.2023 – 10 A 2362/21.Z – juris Rn. 10; VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 103; ebenso schon VG Würzburg, U.v. 19.4.2021 – W 8 K 20.1732 – juris Rn. 41).
Auch aus Art. 12 Abs. 1 GG ergibt sich auch bei Berücksichtigung staatlicher Schutzpflichten grundsätzlich kein konkreter Anspruch auf staatliche Leistungen, mithin auch kein Anspruch auf den Erhalt staatlicher Subventionen (OVG NRW, U.v. 6.3.2024 – 4 A 1581/23 – juris Rn. 81 ff. mwN zur Rspr. des BVerfG).
Aus dem Umstand, dass Coronamaßnahmen, wie Betriebsschließungen, einen Eingriff in den grundrechtlich geschützten, eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Art. 14 Abs. 1 GG) dargestellt haben mögen, folgt ebenfalls kein Anspruch auf die streitgegenständliche Corona-Soforthilfe, weil – nicht streitgegenständliche – Schadensersatzansprüche oder Entschädigungsansprüche wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in ein Grundrecht unabhängig von der Frage eines Anspruchs auf eine Corona-Soforthilfe als freiwilliger Billigkeitsregelung des Beklagten zu betrachten wären (VG Würzburg, U.v. 18.10.2021 – W 8 K 21.716 – juris Rn. 72).
Ausgehend von den vorstehenden Ausführungen ist auch nicht eine gänzlich andere Rechtsgrundlage zugrunde zu legen.
Soweit die Klägerbevollmächtigte die Rechtsgrundlage unter Verweis auf "Worms/Figuccio, Überbrückungshilfen & Co. als staatliche Billigkeitsleist..., NJW 2024, 1144" anzweifelt, da die Annahme einer Billigkeitsleistung der konkreten Subventionssituation der Soforthilfe Corona nicht gerecht werde, weil zur Kompensation von Einbußen durch staatliche Pandemiemaßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie sowohl grundrechtlich als auch rechtsstaatlich von einer Pflicht des Staates auszugehen sei, effektive Hilfsprogramme zu etablieren, und weil die Hilfen gezielt der Kompensation der Grundrechtseingriffe in Art. 12 und 14 GG dienten, kann auf die ständige Rechtsprechung des VG Würzburg und die betreffenden diesbezüglichen Ausführungen Bezug genommen werden (siehe VG Würzburg, U.v. 4.11.2024 – W 8 K 24.312 – juris Rn 30 ff. sowie U.v. 4.11.2024 – W 8 K 24.394 – juris Rn. 35 ff. – Letzteres betreffend dieselbe Klägerbevollmächtigte). Dort ist schon ausführlich dargelegt, dass die angewendeten rechtlichen Fördergrundlagen auch bei Corona-Beihilfen nicht zu beanstanden sind, auch weil keine rechtliche Verpflichtung zu weitergehender Förderung bestand. Abgesehen davon hätte die Klägerin auch bei einer anderen Rechtsgrundlage keinen Anspruch darauf, eine Förderung zu erhalten und behalten zu dürfen, obwohl sie die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt.
Denn durch die Soforthilfe Corona sollten nicht jegliche im Zusammenhang mit der Pandemie erlittenen Verluste, Umsatzeinbußen und nicht realisierte Gewinnerwartungen ausgeglichen werden, sondern nur die nach dem Bewilligungsbescheid in Verbindung mit den Richtlinien Soforthilfe Corona usw. geförderten Positionen. Anderweitige Positionen, insbesondere auch die Personalkosten, sollten infolge der engen Zweckbindung nicht ausgeglichen werden. Bestand kein Liquiditätsengpass im Sinne der Förderbestimmungen, bestand auch kein Bedürfnis für die Inanspruchnahme entsprechender Mittel (OVG Bremen, B.v. 9.9.2024 – 1 LA 227/24 – juris Rn. 13 f.).
Im Übrigen hat der Beklagtenvertreter zu Recht darauf hingewiesen, dass Zahnarztpraxen im streitgegenständlichen Zeitraum (Frühjahr 2020) überhaupt nicht von Betriebsschließungen im Rahmen des Lockdowns betroffen gewesen sind (vgl. zu einer Zahnarztpraxis schon VG Würzburg, U.v. 19.4.2021 – W 8 K 20.1732 – juris).
Nach alledem ist der Widerruf der Soforthilfe Corona insgesamt rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Verpflichtung der Klägerin zur Rückzahlung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 49a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG, wonach im Falle des Widerrufs eines Verwaltungsaktes mit Wirkung für die Vergangenheit bereits erbrachte Leistungen zu erstatten sind. Die Erstattung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen (Art. 49a Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG).
Eine Entreicherung der Klägerin ist nicht ersichtlich. Ein Wegfall der Bereicherung gemäß Art. 49a Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG i.V.m. § 818 Abs. 3 BGB wurde von der Klägerin nicht geltend gemacht. Die Voraussetzungen liegen im Übrigen nicht vor (VG Ansbach, U.v. 29.1.2024 – AN 15 K 23.1634 – juris Rn. 125; ausführlich schon VG Würzburg, U.v. 19.4.2021 – W 8 K 20.1732 – juris Rn. 48 ff.). Denn der vollständige Verbrauch der Soforthilfe hat bei der insoweit gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung keinen Wegfall der Bereicherung zur Folge, weil davon auszugehen ist, dass die Klägerin dann andere Ressourcen aus ihrem Vermögen hätte angreifen müssen, um den Betrieb weiterzuführen, und sich durch den Verbrauch der Fördersumme andere Aufwendungen erspart hat (vgl. BayVGH, B.v. 18.1.2024 – 22 ZB 23.117 Rn. 17; U.v. 10.11.2021 – 4 B 20.1961 – juris Rn. 33 m.w.N.).
Die Klägerin hat sich zu der von ihr beantragten wie auch gewährten Stundung samt Ratenzahlung im Klageverfahren nicht weiter geäußert. Rechtliche Bedenken sind auch sonst insoweit nicht ersichtlich. Der Beklagte hat sich auf Art. 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayHO berufen. Auf die betreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid kann Bezug genommen werden (§ 117Abs. 5 VwGO).
Nach alledem war die Klage im vollen Umfang abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.
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