Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 05. März 2018 - W 8 K 17.32443

bei uns veröffentlicht am05.03.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Der Kläger ist armenischer Staatsangehöriger, der sich in der Sache im Wesentlichen aus gesundheitlichen Gründen gegen die Ablehnung eines Zweitantrags des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und eine Abschiebungsandrohung nach Armenien wendet.

Mit Bescheid vom 29. Mai 2017 lehnte die Beklagte den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Der Antragsteller wurde unter Androhung der Abschiebung nach Armenien zur Ausreise binnen einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides aufgefordert (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Am 6. Juni 2017 ließ der Kläger Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben. Zur Begründung ließ der Kläger im Wesentlichen ausführen: Aus europarechtlichen Gründen dürfe die Prüfung eines Zweitantrags auf internationalen Schutz nicht von den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG abhängig gemacht werden. Zumindest lägen die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aufgrund einer schweren psychischen Erkrankung in Form einer polymorphen psychotischen Störung vor.

Mit Schriftsätzen vom 13. September 2017, 11. Oktober 2017 und 27. Dezember 2017 ließ der Kläger verschiedene ärztliche Unterlagen sowie einen Medikamentenplan vorlegen. Danach leide der Kläger an einer paranoiden Schizophrenie. Es bedürfe aufgrund dieser Erkrankung der ständigen medikamentösen und fachärztlichen Behandlung. Bei einer Unterbrechung der Kontinuität der Behandlung sei mit einer akuten Exazerbation der Symptomatik zu rechnen und Suizidalität könne da nicht mehr ausgeschlossen werden.

Mit Schriftsatz vom 12. Januar 2018 ließ der Kläger Vorbringen: Aus welchen Gründen die französischen Behörden den Antrag des Klägers abgelehnt hätte, sei nicht durch die Beklagte geprüft, auch nicht vom Kläger vorgetragen worden. Insbesondere sei überhaupt nicht nachvollziehbar, ob das Vorbringen des Klägers zu seinen Fluchtgründen etc. durch die französischen Behörden überhaupt gewürdigt bzw. verbeschieden worden sei. Die Anwendung des § 71a AsylG setze voraus, dass ein Asylverfahren in einem sicheren Drittstaat materiell geprüft und negativ verbeschieden worden sei. Der negative Ausgang eines Asylverfahrens in einen Mitgliedsstaat durch rechtskräftige Sachentscheidung müsse durch die Beklagte festgestellt werden und feststehen. D.h. die Beklagte müsse zu der gesicherten Erkenntnis gelangen, dass das Asylerstverfahren mit einer für den Asylbewerber negativen Sachentscheidung abgeschlossen worden sei, um sich in der Folge auf die Prüfung von Wiederaufnahmegründen beschränken zu dürfen. Eine solche Prüfung beinhalte unter anderem, dass das Bundesamt Kenntnis von der Entscheidung und den Entscheidungsgründen der Ablehnung des Antrags im anderen Mitgliedstaat habe. Dies sei vorliegend nicht der Fall.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 8. Juni 2017,

die Klage abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 16. Januar 2018 brachte die Beklagte noch vor: Der Bescheid entspreche der gegenwärtigen Praxis bzw. den aktuellen Anweisungen. Wie der Bescheidbegründung zu entnehmen sei, sei das Asylbegehren in Frankreich abgelehnt worden. Die Zustimmung zur Übernahme des Klägers gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin III-VO sei erklärt worden. Die „18 1d-Ablehnung“ umfasse – nach hiesigem Dafürhalten – endgültig ablehnende Entscheidungen. Auch der Kläger habe vorgetragen, sein Asylantrag in Frankreich sei abgelehnt worden.

Mit Beschluss vom 7. Juni 2017 übertrug die Kammer den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung.

Mit Beschluss vom 8. Juni 2017 (W 8 S 17.32445 – juris) lehnte das Gericht im Sofortverfahren den Antrag des Klägers auf Anordnung der aufschieben Wirkung der Klage sowie auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab.

Gegen einen vom Gericht am 13. Juli 2017 erlassenen Gerichtsbescheid ließ der Kläger mit Schriftsatz vom 28. Juli 2017 Antrag auf mündliche Verhandlung stellen.

In der mündlichen Verhandlung am 5. März 2018 beantragte der Klägerbevollmächtigte, den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 29. Mai 2017 aufzuheben;

hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Das Gericht hörte den Kläger informatorisch an.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Sofortverfahrens W 8 S 17.32445) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage, über die entschieden werden konnte, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erschienen sind (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, aber unbegründet.

Im Einzelnen nimmt das Gericht Bezug auf seinen Gerichtsbescheid vom 13. Juli 2017 (W 8 K 17.32443) und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 84 Abs. 4 VwGO). Dort ist schon ausgeführt, dass das Gericht den Feststellungen und der Begründung im angefochtenen Bescheid folgt und zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung absieht (§ 77 Abs. 2 AsylG). Des Weiteren nimmt das Gericht auf seinen Beschluss im Sofortverfahren (VG Würzburg, B.v. 8.6.2017 – W 8 S 17.32445 – juris) Bezug, in dem er das klägerische Vorbringen schon ausführlich gewürdigt hat.

Ergänzend ist gerade auch im Hinblick auf das weitere Vorbringen im Klageverfahren noch auszuführen, dass dieses Vorbringen keine andere Beurteilung rechtfertigt. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Das Gericht hat in seinem Beschluss vom 8. Juni 2017 (W 8 S 17.32445 – juris) insbesondere schon dargelegt, dass die mitgliedsstaatsübergreifende Anwendung des Folgeantragskonzepts nicht europarechtswidrig ist. Konkret hat das Gericht ausgeführt:

„Angesichts der Regelungen in § 40 der Verfahrensrichtlinie (Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes) ist insbesondere ein dahingehender Umkehrschluss für den Zweitantrag aus den Regelungen für den Folgeantrag nicht zwingend geboten, vielmehr sind diese Regelungen entsprechend auf den Zweitantrag als Sonderform des Folgeantrags anzuwenden. Dafür sprechen die grundsätzliche Systematik sowie Sinn und Zweck der europarechtlichen Regelungen, weil prinzipiell nur ein Mitgliedsstaat für die Prüfung der Voraussetzungen für die Gewährung internationalen Schutzes zuständig sein soll und die Voraussetzungen nur einmal geprüft werden sollen, soweit nicht neue Erkenntnisse hinzutreten. Andernfalls würde der Antragsteller bevorzugt, der anstatt einen (weiteren) Folgeantrag in demselben Mitgliedsstaat zu stellen, in dem auch der Erstantrag gestellt wurde (hier: Frankreich), diesen Mitgliedsstaat verlässt und in einem anderen Mitgliedsstaat (hier: Deutschland) erneut einen Asylantrag stellt, der abermals umfassend geprüft werden müsste. Im Ergebnis bestehen gegen die mitgliedsstaatsübergreifende Anwendung des unionsrechtlich ermöglichten Folgeantragskonzepts jedenfalls keine grundsätzlichen unionsrechtlichen Bedenken (offen gelassen von BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4/16 – InfAuslR 2017, 162).“

Daran hält das Gericht fest. Ergänzend ist noch anzumerken, dass der Begriff des Folgeantrags in der Verfahrensrichtlinie nicht legal definiert ist und sich deshalb nicht automatisch auf die nationale Definition des Folgeantrags beschränken muss, sondern auch den übergreifenden Zweitantrag erfasst. Dafür sprechen auch die Erwägungsgründe in der Verfahrensrichtlinie sowie der Sinn und Zweck der Regelung, weil andernfalls ein Kläger, der einen erneuten Asylantrag in einem anderen Mitgliedsstaat stellt, bevorzugt wäre. Auch systematische Gründe sprechen für die Europarechtsmäßigkeit der deutschen Regelung (vgl. im Einzelnen zu den letzten Aspekten VG Osna-brück, U.v. 27.2.2018 – 5 A 79/17 – juris).

Des Weiteren hat das Gericht keine Zweifel, dass ein erfolgloser Abschluss des Asylverfahrens in Frankreich gemäß § 71a Abs. 1 AsylG vorliegt. Der klägerische Einwand, dass die Beklagte nicht geprüft habe, aus welchen Gründen die französischen Behörden den Antrag des Klägers abgelehnt hätten und ob das Vorbringen des Klägers zu seinen Fluchtgründen etc. durch die französischen Behörden überhaupt gewürdigt bzw. verbeschieden worden sei, verfängt nicht.

Das Gericht hat keinen Zweifel, dass der Kläger seine Asylgründe in Frankreich vortragen konnte und dass darüber negativ entschieden worden ist. Dies hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch noch einmal explizit bestätigt. Der Kläger hat ausdrücklich angegeben, in Frankreich einen Asylantrag gestellt zu haben, der negativ verbeschieden worden sei. Er habe dagegen keine Klage erhoben. Er habe alles auch schon in Frankreich erzählt. Für den erfolglosen Abschluss des Asylverfahrens sprechen auch die weiteren Angaben des Klägers, dass er im Jahr 2012 bis im Jahr 2013 in Frankreich seine Unterkunft sowie die Ansprüche auf medizinische Versorgung verloren habe. Dies deckt sich mit der Erkenntnislage (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Frankreich vom 29.1.2018, S. 11 und 12). Auch die zweimalige Antwort aus Frankreich mit Verweisen auf Art. 18 Abs. 1 Buchst. d der Dublin III-VO spricht für einen in Frankreich rechtskräftig abgelehnten Asylantrag.

Vor diesem Hintergrund war das Gericht auch nicht verpflichtet, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Das wäre nur der Fall gewesen, wenn sich – anders als hier – eine weitere Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen. In Fällen, in denen sich die Angaben des Asylbewerbers mit den behördlichen Angaben, konkret mit der Übernahmeerklärung gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. d der Dublin III-VO deckt, ergeben sich für eine weitere Amtsermittlung weder für das Gericht noch für das Bundesamt etwa in Hinblick auf ein Info-Request-Anfrage Anhaltspunkte. Das Bundesamt durfte daher ohne weitere Sachermittlung davon ausgehen, dass es sich bei dem Asylverfahren des Klägers um ein Zweitantragsverfahren nach § 71a AsylG handelt. Vor diesem Hintergrund bedurfte es weder seitens des Gerichts noch seitens des Bundesamts quasi ins Blaue hinein weiterer Ermittlungen (genauso VG Osnabrück, U.v. 27.2.2018 – 5 A 79/17 – juris; VG Hannover, U.v. 15.2.2018 – 13 A 5143/17 – juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 – AN 3 K 16.31917 – juris, B.v. 23.3.2017 – AN 4 S 17.30922 – juris; VG Bayreuth, U.v. 26.7.2017 – B 1 K 17.31991 – juris; a.A. etwa VG München, B.v. 9.2.2018 – M 21 S 17.43973 – juris; B.v. 26.1.2018 – M 21 S 17.43702 – juris; B.v. 13.9.2017 – M 21 S 17.45989 – juris; VG VG Lüneburg, B.v. 8.2.2018 – 1 B 96/17 – juris; VG Düsseldorf, B.v. 19.12.2017 – 27 L 5742/17.A – juris).

Vor diesem Hintergrund war auch nicht nachzuforschen, ob und in welchem Umfang die Frage des subsidiären Schutzstatus in Frankreich geprüft worden ist (VG Hannover, U.v. 15.2.2018 – 13 A 5143/17 – juris; anders VG Würzburg, B.v. 7.11.2017 – W 3 S 17.33500 – juris), zumal Dahingehendes weder in der Sache von Klägerseite substanziiert vorgetragen wurde, noch sonst ersichtlich ist, dass die Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes vorliegen könnten.

Damit bleibt es dabei, dass nach den Vorgaben des § 71a Abs. 1 AsylG i.V.m. § 51 Abs. 1 – 3 VwVfG ein weiteres Asylverfahren in Deutschland nicht durchzuführen war.

Das Gericht hat des Weiteren auch schon festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. Auch insoweit kann auf den streitgegenständlichen Bescheid und auf die bereits ergangenen Entscheidungen des Gerichts verwiesen werden.

Ergänzend ist anzumerken, dass von der Klägerseite keine qualifizierten ärztlichen Bescheinigungen im Sinne von § 60a Abs. 2c AufenthG vorgelegt wurden. Die Regelung des § 60a Abs. 2c AufenthG gilt auch im vorliegenden Zusammenhang (vgl. OVG LSA, B.v. 28.9.2017 – 2 L 85/17 – AuAS 2018, 4). Insbesondere ist eine beachtlich wahrscheinliche Suizidgefahr oder sonstige relevante Gesundheitsgefahr bei einer Rückkehr nach Armenien weiterhin nicht in qualifizierte Weise belegt.

Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen infolge lebensbedrohlicher oder schwerwiegender Erkrankungen vorliegt, die durch eine Abschiebung alsbald wesentlich verschlechtert würde. Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes ist nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustandes anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlichen schweren körperlichen oder psychischen Schäden und/oder existenzbedrohenden Zuständen. Solche Gefahren drohen jedenfalls nicht unmittelbar mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, wenn der Kläger sich dem Gesundheitssystem in Armenien unterwirft und auch die sonstigen Hilfemöglichkeiten in Anspruch nimmt. Eine paranoide Schizophrenie begründet kein Abschiebungsverbot (OVG NRW, B.v. 5.3.2018 – 11 A 83/17.A unter Hinweis auf aktuelle Erkenntnisse).

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich angegeben, dass er auch in Armenien zum Arzt gehen könnte. Er könnte auch dort entsprechende Medikamente erhalten. Der vorgelegte Medikamentenplan des Krankenhauses für Psychiatrie und Psychotherapie und Psychosomatische Medizin Schloss Werneck vom 19. Februar 2018 enthält im Übrigen ausdrücklich die Aussage, dass der Medikamentenplan keinen Anspruch auf die Richtigkeit der weiteren Notwendigkeit, Vollständigkeit und der aktuellen Dosierung außerhalb der in der psychiatrischen Institutsambulanz verordneten Medikation erhebt. Nach den vorliegenden Erkenntnissen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien vom 21.6.2017, Stand: Februar 2017, S. 18 f.; BFA, Bundesamt für Fremdenwesen der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Armenien vom 23.12.2017, S. 37 ff.) ist die Behandlung von psychischen Erkrankungen in Armenien gewährleistet und erfolgt kostenlos. Auch einschlägige Medikamente sind erhältlich (ebenso OVG NRW, B.v. 5.3.2018 – 11 A 83/17.A unter Hinweis auf aktuelle Erkenntnisse).

Soweit der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, er sei gar kein armenischer Staatsangehöriger, sowie auf Bedrohungen seitens seines ehemaligen Kommandanten und auf seine Probleme bei der Armee verweist, ist dem entgegenzuhalten, dass dieses Vorbringen keine neue Sachlage beinhaltet und er dies schon in Frankreich im Erstverfahren hätte angeben können und müssen (vgl. § 51 Abs. 2 VwVfG) und nach eigener Aussage auch gemacht hat.

Im Übrigen ist ergänzend anzufügen, dass nicht nachvollziehbar ist, dass der Kläger nicht die armenische Staatsangehörigkeit haben sollte, weil er selbst eingeräumt hat, eine armenische Geburtsurkunde gehabt zu haben (aber keinen Pass), und in Armenien Wehrdienst abgeleistet hat. Soweit der Kläger vorbringt, er habe Angst wegen der früheren Probleme bei der Armee, bleibt dieses geäußerte subjektive Gefühl ohne objektive Substanz und Konkretisierung. Dem Gericht ist nicht nachvollziehbar, inwiefern dem Kläger – wenn überhaupt – heute noch insofern eine Gefahr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen sollte.

Das Gericht hat auch schließlich keine Zweifel, dass für den Kläger die Möglichkeit besteht, seine Rechte in Armenien wahrzunehmen und medizinische und sonstige Hilfen zu erreichen. Denn in Armenien sind zahlreiche wohltätige Organisationen und Organisationen mit humanitärer Mission tätig, die sich auf alle Bereiche erstrecken. Das armenische Rote Kreuz leistet soziale, ärztliche und psychologische Unterstützung etwa für alleinstehende Senioren, Flüchtlinge und Kinder. Wohltätigkeitsküchen werden betrieben und soziale Dienste geregelt. Des Weiteren können sozial bedürftige Personen in den Genuss verschiedener Beihilfen gelangen (vgl. dazu etwa Auswärtiges Amt, Auskunft an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 21.12.2017; siehe auch BFA, Bundesamt für Fremdenwesen der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Armenien vom 13.12.2017, S. 34 f.). Gerade auch für Rückkehrer nach Armenien besteht die Möglichkeit sich an ein EU-Gemeinschaftsprojekt, ein Vermittlungszentrum für Reintegration, zu wenden. Dieses Vermittlungszentrum stellt armenischen Staatsangehörigen, die in ihre Heimat zurückkehren, Unterstützungsleistungen zur Reintegration zur Verfügung. Die Unterstützung richtet sich nach dem individuellen Förderbedarf. Das Vermittlungszentrum kann falls nötig eine kostenlose medizinische Untersuchung vermitteln. Auch die Caritas-Armenien leistet für Rückkehrer Hilfe für eine Reintegration (Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Eriwan, Auskunft vom 15.3.2016 an das VG Bayreuth). Vor diesem Hintergrund geht das Gericht davon aus, dass der Kläger – trotz seines Gesundheitszustandes – sein Recht auf kostenfreie Behandlung usw. jedenfalls auf diesem Weg in zumutbarer Weise auch durchsetzen kann (vgl. auch OVG NRW, B.v. 5.3.2018 – 11 A 83/17.A).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 05. März 2018 - W 8 K 17.32443

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.

(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.

(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.

(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.

(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Prozessbevollmächtigten wird sowohl für das vorliegende Sofortverfahren als auch für das Klageverfahren W 8 K 17.32443 abgelehnt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist armenischer Staatsangehöriger. Er lebte nach eigenen Angaben von 2011 bis 2014 in Frankreich.

Am 12. November 2014 stellte der Antragsteller in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2014 teilten die französischen Behörden dem Bundesamt mit, dass das Verfahren zur Prüfung eines Antrages auf internationalen Schutz für den Antragsteller dort erfolglos abgeschlossen worden sei.

Mit Bescheid vom 29. Mai 2017 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Der Antragsteller wurde unter Androhung der Abschiebung nach Armenien zur Ausreise binnen einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides aufgefordert (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller am 6. Juni 2017 im Verfahren W 8 K 17.32443 Klage erheben und gleichzeitig beantragen,

a) die aufschiebende Wirkung der Klage vom heutigen Tag gegen den die Abschiebungsandrohung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 29. Mai 2017 anzuordnen.

b) dem Antragsteller auch für das Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.

Zur Begründung ließ der Antragsteller im Wesentlichen ausführen: Eine unionsrechtliche Vorschrift, die auch in der Situation des § 71a AsylG eine vorgeschaltete Zulässigkeitsprüfung nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG erlaube, existiere nicht. Infolge eines Umkehrschlusses dürfe die Prüfung eines Zweitantrags auf internationalen Schutz nicht von den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG abhängig gemacht werden. Zumindest lägen die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbotes gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aufgrund einer schweren psychischen Erkrankung in Form einer polymorphen psychotischen Störung vor. Für den Antragsteller bestehe sowohl aus objektiven und subjektiven Kriterien in Armenien keine Möglichkeit, eine Behandlung seiner Erkrankung zu erreichen. Der Antragsteller wäre auf eine kostenlose Behandlung angewiesen. Er verfüge über kein eigenes Vermögen oder Einkommen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte in der Hauptsache W 8 K 17.32443) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung anzuordnen, ist unbegründet, da der Asylantrag zu Recht als unzulässig abgelehnt wurde und Abschiebungsverbote im Sinne des § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen.

Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens nach § 36 Abs. 3 AsylG, der hier vorliegend gemäß § 71a Abs. 4 AsylG anzuwenden ist, da ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt wird, ist die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Abschiebungsandrohung, beschränkt auf die sofortige Vollziehbarkeit. Die damit intendierte umgehende Beendigung des Aufenthalts des Asylbewerbers im Bundesgebiet stützt sich auf die Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und ist deren Folge. Daher ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu überprüfen, ob der Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens zu Recht abgelehnt wurde. Die Aussetzung der Abschiebung darf aber nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an dieser Entscheidung oder der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung im Übrigen bestehen (§ 71a Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Die Vollziehung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme darf nur dann ausgesetzt werden, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht Stand hält (BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1516.93 - NVwZ 1996, 678 ff.).

Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers zu Recht nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG als unzulässig abgelehnt. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist.

Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit denen die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist gemäß § 71a Abs. 1 AsylG ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen.

Eine Zuständigkeit Deutschlands trat zwar infolge Ablaufs der Überstellungsfrist ein; auch liegt der erfolglose Abschluss eines Asylverfahrens in Frankreich gemäß § 71a Abs. 1 AsylG vor. Allerdings sind Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht ersichtlich. Insoweit folgt das Gericht den Feststellungen und der Begründung im angefochtenen Bescheid und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Ergänzend ist anzumerken, dass das Gericht entgegen der Auffassung des Antragstellerbevollmächtigten die Erforderlichkeit der Einhaltung der Voraussetzung des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG im Rahmen des § 71a AsylG nicht für europarechtswidrig hält. Angesichts der Regelungen in § 40 der Verfahrensrichtlinie (Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes) ist insbesondere ein dahingehender Umkehrschluss für den Zweitantrag aus den Regelungen für den Folgeantrag nicht zwingend geboten, vielmehr sind diese Regelungen entsprechend auf den Zweitantrag als Sonderform des Folgeantrags anzuwenden. Dafür sprechen die grundsätzliche Systematik sowie Sinn und Zweck der europarechtlichen Regelungen, weil prinzipiell nur ein Mitgliedsstaat für die Prüfung der Voraussetzungen für die Gewährung internationalen Schutzes zuständig sein soll und die Voraussetzungen nur einmal geprüft werden sollen, soweit nicht neue Erkenntnisse hinzutreten. Andernfalls würde der Antragsteller bevorzugt, der anstatt einen (weiteren) Folgeantrag in demselben Mitgliedsstaat zu stellen, in dem auch der Erstantrag gestellt wurde (hier: Frankreich), diesen Mitgliedsstaat verlässt und in einem anderen Mitgliedsstaat (hier: Deutschland) erneut einen Asylantrag stellt, der abermals umfassend geprüft werden müsste. Im Ergebnis bestehen gegen die mitgliedsstaatsübergreifende Anwendung des unionsrechtlich ermöglichten Folgeantragskonzepts jedenfalls keine grundsätzlichen unionsrechtlichen Bedenken (offen gelassen von BVerwG, U.v. 14.12.2016 - 1 C 4/16 - InfAuslR 2017, 162).

Des Weiteren liegen keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Auch insofern wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid, die das Gericht sich zu eigen macht, Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Die Antragsgegnerin hat zutreffend unter Bezugnahme auf einschlägige Auskünfte ausgeführt, dass auch die Behandlung psychischer Erkrankungen - der Antragsteller macht insbesondere eine polymorphe psychotischen Störung geltend - in Armenien auf einem guten Stand gewährleistet sei und kostenlos erfolge, wenn auch die Verfügbarkeit von Medikamenten problematisch sein könne (vgl. zur medizinischen Versorgung auch BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Armenien vom 5.5.2017, S. 36 f.).

Ergänzend ist anzumerken, dass Erkrankungen grundsätzlich nicht die Annahme einer Gefahrenlage i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG rechtfertigen, wie der Gesetzgeber mittlerweile ausdrücklich klargestellt hat. Eine erheblich konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung unmittelbar wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Sätze 2 bis 4 AufenthG). Neben diesen materiellen Kriterien hat der Gesetzgeber zudem in § 60a Abs. 2c AufenthG prozedurale Vorgaben für ärztliche Atteste zur hinreichenden Substantiierung des betreffenden Vorbringens aufgestellt (vgl. Kluth, ZAR 2016, 121; Thym, NVwZ 2016, 409 jeweils mit Nachweisen zur Rechtsprechung). Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Daran fehlt es hier. Die gesundheitliche Situation und die Möglichkeit in der medizinischen Versorgung des Antragstellers stellen sich bei einer Rückkehr nach Armenien nicht anders dar wie vor der Ausreise wie bei zahlreichen anderen Landsleuten in vergleichbarer Lage.

Ausgehend davon ist anzufügen, dass sich den vorliegenden (veralteten) Attesten nicht entnehmen lässt, dass gegenwärtig eine Rückkehr nach Armenien aus medizinischen Gründen unzumutbar wäre, weil sich etwaige lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankungen durch die Abschiebung unmittelbar wesentlich verschlechtern würden. Selbst wenn die Behandlungsmöglichkeiten in Armenien schlechter sein mögen als in der Bundesrepublik Deutschland, bleibt festzuhalten, dass eventuell alsbald und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden wesentlichen bzw. lebensbedrohenden Gesundheitsverschlechterungen im Rahmen des armenischen Gesundheitssystems begegnet werden kann und muss. Der Antragsteller ist gehalten, die Möglichkeiten des armenischen Gesundheitssowie des Sozialsystems auszuschöpfen, um eventuelle Gesundheitsgefahren zu vermeiden bzw. jedenfalls zu minimieren.

Die vorliegenden veralteten Atteste aus dem Jahr 2014 und 2015, die für den maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt im Juni 2017 ohnehin wenig Aussagekraft besitzen, belegen kein Abschiebungshindernis. Den beiden Attesten ist nicht zu entnehmen, dass eine Behandlung bzw. Weiterbehandlung der Krankheit des Antragstellers in Armenien nicht möglich wäre. Der Antragsteller ließ zwar weiter einen aktuellen Medikamentenplan vom 25. April 2017 vorlegen - der ohnehin nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 60a Abs. 2c AufenthG entspricht -, aber auch dem ist nicht zu entnehmen, welche Folgen etwa eine andere Dosierung oder ein zweitweiser Wegfall der Medikamentation bzw. ein Medikamentenwechsel bedeuten würde.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 und § 121 Abs. 2 ZPO war sowohl für das vorliegende Sofortverfahren als auch für das Klageverfahren W 8 K 17.32443 mangels Erfolgsaussichten in der Hauptsache abzulehnen. Zudem hat der Antragsteller seine Bedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht; er hat keine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege vorgelegt (vgl. § 117 Abs. 2 bis 4 ZPO).

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Prozessbevollmächtigten wird sowohl für das vorliegende Sofortverfahren als auch für das Klageverfahren W 8 K 17.32443 abgelehnt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist armenischer Staatsangehöriger. Er lebte nach eigenen Angaben von 2011 bis 2014 in Frankreich.

Am 12. November 2014 stellte der Antragsteller in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2014 teilten die französischen Behörden dem Bundesamt mit, dass das Verfahren zur Prüfung eines Antrages auf internationalen Schutz für den Antragsteller dort erfolglos abgeschlossen worden sei.

Mit Bescheid vom 29. Mai 2017 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Der Antragsteller wurde unter Androhung der Abschiebung nach Armenien zur Ausreise binnen einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides aufgefordert (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller am 6. Juni 2017 im Verfahren W 8 K 17.32443 Klage erheben und gleichzeitig beantragen,

a) die aufschiebende Wirkung der Klage vom heutigen Tag gegen den die Abschiebungsandrohung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 29. Mai 2017 anzuordnen.

b) dem Antragsteller auch für das Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.

Zur Begründung ließ der Antragsteller im Wesentlichen ausführen: Eine unionsrechtliche Vorschrift, die auch in der Situation des § 71a AsylG eine vorgeschaltete Zulässigkeitsprüfung nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG erlaube, existiere nicht. Infolge eines Umkehrschlusses dürfe die Prüfung eines Zweitantrags auf internationalen Schutz nicht von den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG abhängig gemacht werden. Zumindest lägen die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbotes gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aufgrund einer schweren psychischen Erkrankung in Form einer polymorphen psychotischen Störung vor. Für den Antragsteller bestehe sowohl aus objektiven und subjektiven Kriterien in Armenien keine Möglichkeit, eine Behandlung seiner Erkrankung zu erreichen. Der Antragsteller wäre auf eine kostenlose Behandlung angewiesen. Er verfüge über kein eigenes Vermögen oder Einkommen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte in der Hauptsache W 8 K 17.32443) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung anzuordnen, ist unbegründet, da der Asylantrag zu Recht als unzulässig abgelehnt wurde und Abschiebungsverbote im Sinne des § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen.

Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens nach § 36 Abs. 3 AsylG, der hier vorliegend gemäß § 71a Abs. 4 AsylG anzuwenden ist, da ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt wird, ist die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Abschiebungsandrohung, beschränkt auf die sofortige Vollziehbarkeit. Die damit intendierte umgehende Beendigung des Aufenthalts des Asylbewerbers im Bundesgebiet stützt sich auf die Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und ist deren Folge. Daher ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu überprüfen, ob der Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens zu Recht abgelehnt wurde. Die Aussetzung der Abschiebung darf aber nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an dieser Entscheidung oder der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung im Übrigen bestehen (§ 71a Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Die Vollziehung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme darf nur dann ausgesetzt werden, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht Stand hält (BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1516.93 - NVwZ 1996, 678 ff.).

Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers zu Recht nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG als unzulässig abgelehnt. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist.

Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit denen die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist gemäß § 71a Abs. 1 AsylG ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen.

Eine Zuständigkeit Deutschlands trat zwar infolge Ablaufs der Überstellungsfrist ein; auch liegt der erfolglose Abschluss eines Asylverfahrens in Frankreich gemäß § 71a Abs. 1 AsylG vor. Allerdings sind Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht ersichtlich. Insoweit folgt das Gericht den Feststellungen und der Begründung im angefochtenen Bescheid und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Ergänzend ist anzumerken, dass das Gericht entgegen der Auffassung des Antragstellerbevollmächtigten die Erforderlichkeit der Einhaltung der Voraussetzung des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG im Rahmen des § 71a AsylG nicht für europarechtswidrig hält. Angesichts der Regelungen in § 40 der Verfahrensrichtlinie (Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes) ist insbesondere ein dahingehender Umkehrschluss für den Zweitantrag aus den Regelungen für den Folgeantrag nicht zwingend geboten, vielmehr sind diese Regelungen entsprechend auf den Zweitantrag als Sonderform des Folgeantrags anzuwenden. Dafür sprechen die grundsätzliche Systematik sowie Sinn und Zweck der europarechtlichen Regelungen, weil prinzipiell nur ein Mitgliedsstaat für die Prüfung der Voraussetzungen für die Gewährung internationalen Schutzes zuständig sein soll und die Voraussetzungen nur einmal geprüft werden sollen, soweit nicht neue Erkenntnisse hinzutreten. Andernfalls würde der Antragsteller bevorzugt, der anstatt einen (weiteren) Folgeantrag in demselben Mitgliedsstaat zu stellen, in dem auch der Erstantrag gestellt wurde (hier: Frankreich), diesen Mitgliedsstaat verlässt und in einem anderen Mitgliedsstaat (hier: Deutschland) erneut einen Asylantrag stellt, der abermals umfassend geprüft werden müsste. Im Ergebnis bestehen gegen die mitgliedsstaatsübergreifende Anwendung des unionsrechtlich ermöglichten Folgeantragskonzepts jedenfalls keine grundsätzlichen unionsrechtlichen Bedenken (offen gelassen von BVerwG, U.v. 14.12.2016 - 1 C 4/16 - InfAuslR 2017, 162).

Des Weiteren liegen keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Auch insofern wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid, die das Gericht sich zu eigen macht, Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Die Antragsgegnerin hat zutreffend unter Bezugnahme auf einschlägige Auskünfte ausgeführt, dass auch die Behandlung psychischer Erkrankungen - der Antragsteller macht insbesondere eine polymorphe psychotischen Störung geltend - in Armenien auf einem guten Stand gewährleistet sei und kostenlos erfolge, wenn auch die Verfügbarkeit von Medikamenten problematisch sein könne (vgl. zur medizinischen Versorgung auch BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Armenien vom 5.5.2017, S. 36 f.).

Ergänzend ist anzumerken, dass Erkrankungen grundsätzlich nicht die Annahme einer Gefahrenlage i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG rechtfertigen, wie der Gesetzgeber mittlerweile ausdrücklich klargestellt hat. Eine erheblich konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung unmittelbar wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Sätze 2 bis 4 AufenthG). Neben diesen materiellen Kriterien hat der Gesetzgeber zudem in § 60a Abs. 2c AufenthG prozedurale Vorgaben für ärztliche Atteste zur hinreichenden Substantiierung des betreffenden Vorbringens aufgestellt (vgl. Kluth, ZAR 2016, 121; Thym, NVwZ 2016, 409 jeweils mit Nachweisen zur Rechtsprechung). Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Daran fehlt es hier. Die gesundheitliche Situation und die Möglichkeit in der medizinischen Versorgung des Antragstellers stellen sich bei einer Rückkehr nach Armenien nicht anders dar wie vor der Ausreise wie bei zahlreichen anderen Landsleuten in vergleichbarer Lage.

Ausgehend davon ist anzufügen, dass sich den vorliegenden (veralteten) Attesten nicht entnehmen lässt, dass gegenwärtig eine Rückkehr nach Armenien aus medizinischen Gründen unzumutbar wäre, weil sich etwaige lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankungen durch die Abschiebung unmittelbar wesentlich verschlechtern würden. Selbst wenn die Behandlungsmöglichkeiten in Armenien schlechter sein mögen als in der Bundesrepublik Deutschland, bleibt festzuhalten, dass eventuell alsbald und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden wesentlichen bzw. lebensbedrohenden Gesundheitsverschlechterungen im Rahmen des armenischen Gesundheitssystems begegnet werden kann und muss. Der Antragsteller ist gehalten, die Möglichkeiten des armenischen Gesundheitssowie des Sozialsystems auszuschöpfen, um eventuelle Gesundheitsgefahren zu vermeiden bzw. jedenfalls zu minimieren.

Die vorliegenden veralteten Atteste aus dem Jahr 2014 und 2015, die für den maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt im Juni 2017 ohnehin wenig Aussagekraft besitzen, belegen kein Abschiebungshindernis. Den beiden Attesten ist nicht zu entnehmen, dass eine Behandlung bzw. Weiterbehandlung der Krankheit des Antragstellers in Armenien nicht möglich wäre. Der Antragsteller ließ zwar weiter einen aktuellen Medikamentenplan vom 25. April 2017 vorlegen - der ohnehin nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 60a Abs. 2c AufenthG entspricht -, aber auch dem ist nicht zu entnehmen, welche Folgen etwa eine andere Dosierung oder ein zweitweiser Wegfall der Medikamentation bzw. ein Medikamentenwechsel bedeuten würde.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 und § 121 Abs. 2 ZPO war sowohl für das vorliegende Sofortverfahren als auch für das Klageverfahren W 8 K 17.32443 mangels Erfolgsaussichten in der Hauptsache abzulehnen. Zudem hat der Antragsteller seine Bedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht; er hat keine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege vorgelegt (vgl. § 117 Abs. 2 bis 4 ZPO).

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Prozessbevollmächtigten wird sowohl für das vorliegende Sofortverfahren als auch für das Klageverfahren W 8 K 17.32443 abgelehnt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist armenischer Staatsangehöriger. Er lebte nach eigenen Angaben von 2011 bis 2014 in Frankreich.

Am 12. November 2014 stellte der Antragsteller in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2014 teilten die französischen Behörden dem Bundesamt mit, dass das Verfahren zur Prüfung eines Antrages auf internationalen Schutz für den Antragsteller dort erfolglos abgeschlossen worden sei.

Mit Bescheid vom 29. Mai 2017 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Der Antragsteller wurde unter Androhung der Abschiebung nach Armenien zur Ausreise binnen einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides aufgefordert (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller am 6. Juni 2017 im Verfahren W 8 K 17.32443 Klage erheben und gleichzeitig beantragen,

a) die aufschiebende Wirkung der Klage vom heutigen Tag gegen den die Abschiebungsandrohung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 29. Mai 2017 anzuordnen.

b) dem Antragsteller auch für das Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.

Zur Begründung ließ der Antragsteller im Wesentlichen ausführen: Eine unionsrechtliche Vorschrift, die auch in der Situation des § 71a AsylG eine vorgeschaltete Zulässigkeitsprüfung nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG erlaube, existiere nicht. Infolge eines Umkehrschlusses dürfe die Prüfung eines Zweitantrags auf internationalen Schutz nicht von den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG abhängig gemacht werden. Zumindest lägen die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbotes gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aufgrund einer schweren psychischen Erkrankung in Form einer polymorphen psychotischen Störung vor. Für den Antragsteller bestehe sowohl aus objektiven und subjektiven Kriterien in Armenien keine Möglichkeit, eine Behandlung seiner Erkrankung zu erreichen. Der Antragsteller wäre auf eine kostenlose Behandlung angewiesen. Er verfüge über kein eigenes Vermögen oder Einkommen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte in der Hauptsache W 8 K 17.32443) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung anzuordnen, ist unbegründet, da der Asylantrag zu Recht als unzulässig abgelehnt wurde und Abschiebungsverbote im Sinne des § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen.

Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens nach § 36 Abs. 3 AsylG, der hier vorliegend gemäß § 71a Abs. 4 AsylG anzuwenden ist, da ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt wird, ist die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Abschiebungsandrohung, beschränkt auf die sofortige Vollziehbarkeit. Die damit intendierte umgehende Beendigung des Aufenthalts des Asylbewerbers im Bundesgebiet stützt sich auf die Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und ist deren Folge. Daher ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu überprüfen, ob der Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens zu Recht abgelehnt wurde. Die Aussetzung der Abschiebung darf aber nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an dieser Entscheidung oder der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung im Übrigen bestehen (§ 71a Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Die Vollziehung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme darf nur dann ausgesetzt werden, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht Stand hält (BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1516.93 - NVwZ 1996, 678 ff.).

Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers zu Recht nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG als unzulässig abgelehnt. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist.

Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit denen die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist gemäß § 71a Abs. 1 AsylG ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen.

Eine Zuständigkeit Deutschlands trat zwar infolge Ablaufs der Überstellungsfrist ein; auch liegt der erfolglose Abschluss eines Asylverfahrens in Frankreich gemäß § 71a Abs. 1 AsylG vor. Allerdings sind Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht ersichtlich. Insoweit folgt das Gericht den Feststellungen und der Begründung im angefochtenen Bescheid und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Ergänzend ist anzumerken, dass das Gericht entgegen der Auffassung des Antragstellerbevollmächtigten die Erforderlichkeit der Einhaltung der Voraussetzung des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG im Rahmen des § 71a AsylG nicht für europarechtswidrig hält. Angesichts der Regelungen in § 40 der Verfahrensrichtlinie (Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes) ist insbesondere ein dahingehender Umkehrschluss für den Zweitantrag aus den Regelungen für den Folgeantrag nicht zwingend geboten, vielmehr sind diese Regelungen entsprechend auf den Zweitantrag als Sonderform des Folgeantrags anzuwenden. Dafür sprechen die grundsätzliche Systematik sowie Sinn und Zweck der europarechtlichen Regelungen, weil prinzipiell nur ein Mitgliedsstaat für die Prüfung der Voraussetzungen für die Gewährung internationalen Schutzes zuständig sein soll und die Voraussetzungen nur einmal geprüft werden sollen, soweit nicht neue Erkenntnisse hinzutreten. Andernfalls würde der Antragsteller bevorzugt, der anstatt einen (weiteren) Folgeantrag in demselben Mitgliedsstaat zu stellen, in dem auch der Erstantrag gestellt wurde (hier: Frankreich), diesen Mitgliedsstaat verlässt und in einem anderen Mitgliedsstaat (hier: Deutschland) erneut einen Asylantrag stellt, der abermals umfassend geprüft werden müsste. Im Ergebnis bestehen gegen die mitgliedsstaatsübergreifende Anwendung des unionsrechtlich ermöglichten Folgeantragskonzepts jedenfalls keine grundsätzlichen unionsrechtlichen Bedenken (offen gelassen von BVerwG, U.v. 14.12.2016 - 1 C 4/16 - InfAuslR 2017, 162).

Des Weiteren liegen keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Auch insofern wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid, die das Gericht sich zu eigen macht, Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Die Antragsgegnerin hat zutreffend unter Bezugnahme auf einschlägige Auskünfte ausgeführt, dass auch die Behandlung psychischer Erkrankungen - der Antragsteller macht insbesondere eine polymorphe psychotischen Störung geltend - in Armenien auf einem guten Stand gewährleistet sei und kostenlos erfolge, wenn auch die Verfügbarkeit von Medikamenten problematisch sein könne (vgl. zur medizinischen Versorgung auch BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Armenien vom 5.5.2017, S. 36 f.).

Ergänzend ist anzumerken, dass Erkrankungen grundsätzlich nicht die Annahme einer Gefahrenlage i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG rechtfertigen, wie der Gesetzgeber mittlerweile ausdrücklich klargestellt hat. Eine erheblich konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung unmittelbar wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Sätze 2 bis 4 AufenthG). Neben diesen materiellen Kriterien hat der Gesetzgeber zudem in § 60a Abs. 2c AufenthG prozedurale Vorgaben für ärztliche Atteste zur hinreichenden Substantiierung des betreffenden Vorbringens aufgestellt (vgl. Kluth, ZAR 2016, 121; Thym, NVwZ 2016, 409 jeweils mit Nachweisen zur Rechtsprechung). Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Daran fehlt es hier. Die gesundheitliche Situation und die Möglichkeit in der medizinischen Versorgung des Antragstellers stellen sich bei einer Rückkehr nach Armenien nicht anders dar wie vor der Ausreise wie bei zahlreichen anderen Landsleuten in vergleichbarer Lage.

Ausgehend davon ist anzufügen, dass sich den vorliegenden (veralteten) Attesten nicht entnehmen lässt, dass gegenwärtig eine Rückkehr nach Armenien aus medizinischen Gründen unzumutbar wäre, weil sich etwaige lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankungen durch die Abschiebung unmittelbar wesentlich verschlechtern würden. Selbst wenn die Behandlungsmöglichkeiten in Armenien schlechter sein mögen als in der Bundesrepublik Deutschland, bleibt festzuhalten, dass eventuell alsbald und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden wesentlichen bzw. lebensbedrohenden Gesundheitsverschlechterungen im Rahmen des armenischen Gesundheitssystems begegnet werden kann und muss. Der Antragsteller ist gehalten, die Möglichkeiten des armenischen Gesundheitssowie des Sozialsystems auszuschöpfen, um eventuelle Gesundheitsgefahren zu vermeiden bzw. jedenfalls zu minimieren.

Die vorliegenden veralteten Atteste aus dem Jahr 2014 und 2015, die für den maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt im Juni 2017 ohnehin wenig Aussagekraft besitzen, belegen kein Abschiebungshindernis. Den beiden Attesten ist nicht zu entnehmen, dass eine Behandlung bzw. Weiterbehandlung der Krankheit des Antragstellers in Armenien nicht möglich wäre. Der Antragsteller ließ zwar weiter einen aktuellen Medikamentenplan vom 25. April 2017 vorlegen - der ohnehin nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 60a Abs. 2c AufenthG entspricht -, aber auch dem ist nicht zu entnehmen, welche Folgen etwa eine andere Dosierung oder ein zweitweiser Wegfall der Medikamentation bzw. ein Medikamentenwechsel bedeuten würde.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 und § 121 Abs. 2 ZPO war sowohl für das vorliegende Sofortverfahren als auch für das Klageverfahren W 8 K 17.32443 mangels Erfolgsaussichten in der Hauptsache abzulehnen. Zudem hat der Antragsteller seine Bedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht; er hat keine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege vorgelegt (vgl. § 117 Abs. 2 bis 4 ZPO).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Prozessbevollmächtigten wird sowohl für das vorliegende Sofortverfahren als auch für das Klageverfahren W 8 K 17.32443 abgelehnt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist armenischer Staatsangehöriger. Er lebte nach eigenen Angaben von 2011 bis 2014 in Frankreich.

Am 12. November 2014 stellte der Antragsteller in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2014 teilten die französischen Behörden dem Bundesamt mit, dass das Verfahren zur Prüfung eines Antrages auf internationalen Schutz für den Antragsteller dort erfolglos abgeschlossen worden sei.

Mit Bescheid vom 29. Mai 2017 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Der Antragsteller wurde unter Androhung der Abschiebung nach Armenien zur Ausreise binnen einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides aufgefordert (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller am 6. Juni 2017 im Verfahren W 8 K 17.32443 Klage erheben und gleichzeitig beantragen,

a) die aufschiebende Wirkung der Klage vom heutigen Tag gegen den die Abschiebungsandrohung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 29. Mai 2017 anzuordnen.

b) dem Antragsteller auch für das Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.

Zur Begründung ließ der Antragsteller im Wesentlichen ausführen: Eine unionsrechtliche Vorschrift, die auch in der Situation des § 71a AsylG eine vorgeschaltete Zulässigkeitsprüfung nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG erlaube, existiere nicht. Infolge eines Umkehrschlusses dürfe die Prüfung eines Zweitantrags auf internationalen Schutz nicht von den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG abhängig gemacht werden. Zumindest lägen die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbotes gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aufgrund einer schweren psychischen Erkrankung in Form einer polymorphen psychotischen Störung vor. Für den Antragsteller bestehe sowohl aus objektiven und subjektiven Kriterien in Armenien keine Möglichkeit, eine Behandlung seiner Erkrankung zu erreichen. Der Antragsteller wäre auf eine kostenlose Behandlung angewiesen. Er verfüge über kein eigenes Vermögen oder Einkommen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte in der Hauptsache W 8 K 17.32443) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung anzuordnen, ist unbegründet, da der Asylantrag zu Recht als unzulässig abgelehnt wurde und Abschiebungsverbote im Sinne des § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen.

Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens nach § 36 Abs. 3 AsylG, der hier vorliegend gemäß § 71a Abs. 4 AsylG anzuwenden ist, da ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt wird, ist die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Abschiebungsandrohung, beschränkt auf die sofortige Vollziehbarkeit. Die damit intendierte umgehende Beendigung des Aufenthalts des Asylbewerbers im Bundesgebiet stützt sich auf die Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und ist deren Folge. Daher ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu überprüfen, ob der Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens zu Recht abgelehnt wurde. Die Aussetzung der Abschiebung darf aber nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an dieser Entscheidung oder der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung im Übrigen bestehen (§ 71a Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Die Vollziehung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme darf nur dann ausgesetzt werden, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht Stand hält (BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1516.93 - NVwZ 1996, 678 ff.).

Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers zu Recht nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG als unzulässig abgelehnt. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist.

Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit denen die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist gemäß § 71a Abs. 1 AsylG ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen.

Eine Zuständigkeit Deutschlands trat zwar infolge Ablaufs der Überstellungsfrist ein; auch liegt der erfolglose Abschluss eines Asylverfahrens in Frankreich gemäß § 71a Abs. 1 AsylG vor. Allerdings sind Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht ersichtlich. Insoweit folgt das Gericht den Feststellungen und der Begründung im angefochtenen Bescheid und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Ergänzend ist anzumerken, dass das Gericht entgegen der Auffassung des Antragstellerbevollmächtigten die Erforderlichkeit der Einhaltung der Voraussetzung des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG im Rahmen des § 71a AsylG nicht für europarechtswidrig hält. Angesichts der Regelungen in § 40 der Verfahrensrichtlinie (Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes) ist insbesondere ein dahingehender Umkehrschluss für den Zweitantrag aus den Regelungen für den Folgeantrag nicht zwingend geboten, vielmehr sind diese Regelungen entsprechend auf den Zweitantrag als Sonderform des Folgeantrags anzuwenden. Dafür sprechen die grundsätzliche Systematik sowie Sinn und Zweck der europarechtlichen Regelungen, weil prinzipiell nur ein Mitgliedsstaat für die Prüfung der Voraussetzungen für die Gewährung internationalen Schutzes zuständig sein soll und die Voraussetzungen nur einmal geprüft werden sollen, soweit nicht neue Erkenntnisse hinzutreten. Andernfalls würde der Antragsteller bevorzugt, der anstatt einen (weiteren) Folgeantrag in demselben Mitgliedsstaat zu stellen, in dem auch der Erstantrag gestellt wurde (hier: Frankreich), diesen Mitgliedsstaat verlässt und in einem anderen Mitgliedsstaat (hier: Deutschland) erneut einen Asylantrag stellt, der abermals umfassend geprüft werden müsste. Im Ergebnis bestehen gegen die mitgliedsstaatsübergreifende Anwendung des unionsrechtlich ermöglichten Folgeantragskonzepts jedenfalls keine grundsätzlichen unionsrechtlichen Bedenken (offen gelassen von BVerwG, U.v. 14.12.2016 - 1 C 4/16 - InfAuslR 2017, 162).

Des Weiteren liegen keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Auch insofern wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid, die das Gericht sich zu eigen macht, Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Die Antragsgegnerin hat zutreffend unter Bezugnahme auf einschlägige Auskünfte ausgeführt, dass auch die Behandlung psychischer Erkrankungen - der Antragsteller macht insbesondere eine polymorphe psychotischen Störung geltend - in Armenien auf einem guten Stand gewährleistet sei und kostenlos erfolge, wenn auch die Verfügbarkeit von Medikamenten problematisch sein könne (vgl. zur medizinischen Versorgung auch BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Armenien vom 5.5.2017, S. 36 f.).

Ergänzend ist anzumerken, dass Erkrankungen grundsätzlich nicht die Annahme einer Gefahrenlage i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG rechtfertigen, wie der Gesetzgeber mittlerweile ausdrücklich klargestellt hat. Eine erheblich konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung unmittelbar wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Sätze 2 bis 4 AufenthG). Neben diesen materiellen Kriterien hat der Gesetzgeber zudem in § 60a Abs. 2c AufenthG prozedurale Vorgaben für ärztliche Atteste zur hinreichenden Substantiierung des betreffenden Vorbringens aufgestellt (vgl. Kluth, ZAR 2016, 121; Thym, NVwZ 2016, 409 jeweils mit Nachweisen zur Rechtsprechung). Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Daran fehlt es hier. Die gesundheitliche Situation und die Möglichkeit in der medizinischen Versorgung des Antragstellers stellen sich bei einer Rückkehr nach Armenien nicht anders dar wie vor der Ausreise wie bei zahlreichen anderen Landsleuten in vergleichbarer Lage.

Ausgehend davon ist anzufügen, dass sich den vorliegenden (veralteten) Attesten nicht entnehmen lässt, dass gegenwärtig eine Rückkehr nach Armenien aus medizinischen Gründen unzumutbar wäre, weil sich etwaige lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankungen durch die Abschiebung unmittelbar wesentlich verschlechtern würden. Selbst wenn die Behandlungsmöglichkeiten in Armenien schlechter sein mögen als in der Bundesrepublik Deutschland, bleibt festzuhalten, dass eventuell alsbald und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden wesentlichen bzw. lebensbedrohenden Gesundheitsverschlechterungen im Rahmen des armenischen Gesundheitssystems begegnet werden kann und muss. Der Antragsteller ist gehalten, die Möglichkeiten des armenischen Gesundheitssowie des Sozialsystems auszuschöpfen, um eventuelle Gesundheitsgefahren zu vermeiden bzw. jedenfalls zu minimieren.

Die vorliegenden veralteten Atteste aus dem Jahr 2014 und 2015, die für den maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt im Juni 2017 ohnehin wenig Aussagekraft besitzen, belegen kein Abschiebungshindernis. Den beiden Attesten ist nicht zu entnehmen, dass eine Behandlung bzw. Weiterbehandlung der Krankheit des Antragstellers in Armenien nicht möglich wäre. Der Antragsteller ließ zwar weiter einen aktuellen Medikamentenplan vom 25. April 2017 vorlegen - der ohnehin nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 60a Abs. 2c AufenthG entspricht -, aber auch dem ist nicht zu entnehmen, welche Folgen etwa eine andere Dosierung oder ein zweitweiser Wegfall der Medikamentation bzw. ein Medikamentenwechsel bedeuten würde.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 und § 121 Abs. 2 ZPO war sowohl für das vorliegende Sofortverfahren als auch für das Klageverfahren W 8 K 17.32443 mangels Erfolgsaussichten in der Hauptsache abzulehnen. Zudem hat der Antragsteller seine Bedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht; er hat keine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege vorgelegt (vgl. § 117 Abs. 2 bis 4 ZPO).

Tatbestand

1

Die Kläger, nach eigenen Angaben afghanische Staatsangehörige, wenden sich gegen die Ablehnung der Durchführung weiterer Asylverfahren.

2

Sie reisten im Juli 2012 in das Bundesgebiet ein und beantragten ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Aufgrund von Eurodac-Treffern stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) fest, dass die Kläger zuvor bereits in Ungarn Asyl beantragt hatten, und richtete ein Wiederaufnahmeersuchen an Ungarn. Mit Antwortschreiben vom 30. Juli 2012 bestätigten die ungarischen Behörden, dass der Kläger zu 1 zusammen mit seiner Familie im April 2012 dort Asyl beantragt habe. Wegen des Verschwindens der Familie sei das Asylverfahren beendet worden. Es werde zugestimmt, die Kläger wieder aufzunehmen, um über ihre Asylanträge zu entscheiden.

3

Nachdem eine Überstellung der Kläger nach Ungarn nicht erfolgt war, stellte das Bundesamt Ende Januar 2013 fest, dass wegen des Ablaufs der Überstellungsfrist im nationalen Verfahren zu entscheiden sei.

4

Mit Bescheiden vom 13. und 17. Juni 2014 lehnte das Bundesamt hinsichtlich aller Kläger die Durchführung von weiteren Asylverfahren ab (Nr. 1), stellte aber jeweils fest, dass das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 5 AufenthG vorliegt (Nr. 2). Zur Begründung führte es aus, es handele sich bei dem Asylantrag nach der erfolglosen Durchführung eines Asylverfahrens in Ungarn jeweils um einen Zweitantrag. Ein weiteres Asylverfahren sei nicht durchzuführen, da Wiederaufgreifensgründe im Sinne von § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorlägen. Die humanitären Bedingungen in Afghanistan führten jedoch zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG.

5

Mit ihrer zunächst erhobenen Verpflichtungsklage begehrten die Kläger die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise subsidiären Schutzes. Sie hätten glaubhaft geschildert, dass der Klägerin zu 3 in Afghanistan die Zwangsverheiratung drohe. Von einem Zweitantrag sei nicht auszugehen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nahmen die Kläger ihre Verpflichtungsanträge auf richterlichen Hinweis zurück und beantragten nur noch, jeweils die Nr. 1 der Bescheide vom 13. und 17. Juni 2014 aufzuheben.

6

Das Verwaltungsgericht gab dieser Klage statt. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Anfechtungsklage sei die statthafte Klageart, wenn - wie vorliegend - Streit darüber bestehe, ob ein Anwendungsfall des § 71a AsylG gegeben sei. Im Unterschied zum Folgeverfahren nach § 71 AsylG seien hier zwei Mitgliedstaaten beteiligt und müsse deshalb zunächst die Verfahrenssituation ermittelt, also festgestellt werden, ob überhaupt eine "Zweitantragssituation" vorliege. Insoweit sei den Klägern das Recht einzuräumen, zunächst isoliert die sie beschwerende Wertung als Zweitantrag zu beseitigen und damit den Weg freizumachen für ein vom Bundesamt durchzuführendes Asylverfahren.

7

Die Klage sei auch begründet. Die Ablehnung der Anträge auf Durchführung von weiteren Asylverfahren sei rechtswidrig und verletze die Kläger in ihren Rechten. Ein "erfolgloser Abschluss" (§ 71a AsylG) des in Ungarn eingeleiteten Asylverfahrens liege nicht vor, weil das Erstverfahren in Ungarn noch nicht endgültig beendet sei. Ungarn habe sich damit einverstanden erklärt, die Kläger wieder aufzunehmen, um über deren Asylbegehren zu entscheiden. Dies entspreche den Auskünften des Auswärtigen Amtes zum ungarischen Asylverfahrensrecht. Danach sei ein endgültiger Verfahrensabschluss mit der Folge, dass ein neuerliches Asylbegehren als Folgeantrag gewertet werde, nur anzunehmen, wenn ein vorheriges Asylverfahren in der Sache unanfechtbar negativ abgeschlossen oder das Asylverfahren nach ausdrücklicher schriftlicher Rücknahme des Asylbegehrens unanfechtbar eingestellt worden sei. Sei ein Asylverfahren hingegen ohne Entscheidung in der Sache eingestellt worden, könne der Antragsteller seine im Erstverfahren dargelegten Fluchtgründe erneut vorbringen. Ausgehend davon liege auch in Deutschland keine "Zweitantragssituation" vor, sondern müsse über das Asylbegehren erstmals entschieden werden. Denn die Dublin II-VO enthalte keine Regelung, nach der der Zuständigkeitsübergang auch zu einem formellen oder materiellen Rechtsverlust führen könnte.

8

Die Beklagte macht mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe den Anwendungsbereich von § 71a AsylG fehlerhaft zu eng bestimmt. Im Unterschied zu der das Folgeantragsverfahren betreffenden Regelung des § 71 AsylG beziehe sich § 71a AsylG nicht nur auf die in jener Vorschrift angeführten Konstellationen der Rücknahme oder unanfechtbaren Ablehnung eines früheren Asylantrags, sondern richte sich mit der Formulierung vom "erfolglosen Abschluss eines Asylverfahrens" auf einen potentiell weitergehenden Kreis von Fallgestaltungen. Ein erfolgloser Abschluss eines Asylverfahrens liege immer auch dann vor, wenn ein in dem Mitgliedstaat vorausgegangenes behördliches Asylverfahren ohne inhaltliche Prüfung einen formellen Abschluss gefunden habe. Dabei sei unerheblich, ob und unter welchen Voraussetzungen im sicheren Drittstaat die Möglichkeit einer Wiedereröffnung oder einer anderweitigen Fortführung bzw. Prüfung der bis zum Verfahrensabschluss bestehenden Schutzgründe bestehe. Nicht zuletzt die aktuelle Entscheidung des EuGH vom 17. März 2016 (Rs. C-695/15) belege, dass Unionsrecht gerade nicht fordere, auf die zur Wiederaufnahme bzw. Verfahrensfortführung im sicheren Drittstaat bestehende Rechtslage abzustellen. Die Asylverfahrensrichtlinie a.F. stelle es den Mitgliedstaaten frei, ob sie die Wiedereröffnung eines eingestellten Verfahrens ermöglichten. Dieser dem innerstaatlichen Normgeber unionsrechtlich eröffnete Gestaltungsspielraum würde erheblich beeinträchtigt, wenn dem Berufungsgericht zu folgen wäre. Sei die Prüfung des Asylantrags in Deutschland durchzuführen, müssten auch die hier geltenden Gesetze Anwendung finden.

9

Die Kläger verteidigen die angegriffene Entscheidung.

10

Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren nicht beteiligt.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das Urteil des Berufungsgerichts verletzt kein revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Ablehnung der Durchführung weiterer Asylverfahren in Ziffer 1 der Bescheide des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 13. und 17. Juni 2014 rechtswidrig ist und die Kläger in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

12

Die von den Klägern erhobene Anfechtungsklage ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (1.). Sie ist auch begründet, denn die Voraussetzungen, unter denen die Durchführung eines Asylverfahrens gemäß § 71a Abs. 1 AsylG wegen vorheriger erfolgloser Durchführung eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat abgelehnt werden kann, liegen nicht vor (2.). Die Entscheidung kann nicht auf anderer Rechtsgrundlage aufrechterhalten bleiben (3.) und verletzt die Kläger in ihren Rechten (4.).

13

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Klagebegehrens ist das Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert mit Wirkung vom 10. November 2016 durch das Fünfzigste Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches - Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung vom 4. November 2016 (BGBl. I S. 2460). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, zu berücksichtigen, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Revisionsgerichts - sie seinerseits zu berücksichtigen hätte (BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es seiner Entscheidung, wenn es jetzt entschiede, die während des Revisionsverfahrens in Kraft getretenen Änderungen des Asylgesetzes zugrunde legen, soweit nicht hiervon eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist.

14

1. Zu Recht haben die Vorinstanzen die nach Rücknahme der Verpflichtungsanträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nur noch anhängige Anfechtungsklage in der vorliegenden prozessualen Konstellation als statthaft angesehen.

15

Die Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 AsylG bzw. - hier - § 71a AsylG stellt sich nach Inkrafttreten des Integrationsgesetzes der Sache nach als Entscheidung über die Unzulässigkeit eines Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG dar. Mit dem Integrationsgesetz hat der Gesetzgeber zur besseren Übersichtlichkeit und Vereinfachung der Rechtsanwendung in § 29 Abs. 1 AsylG die möglichen Gründe für die Unzulässigkeit eines Asylantrags in einem Katalog zusammengefasst (BT-Drs. 18/8615 S. 51). Hierzu zählt gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG nunmehr auch der - materiellrechtlich unverändert geregelte - Fall, dass im Falle eines Folgeantrags nach § 71 AsylG oder eines Zweitantrags nach § 71a AsylG ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

16

Jedenfalls seit Inkrafttreten dieser Neuregelung ist die Entscheidung, kein weiteres Asylverfahren durchzuführen, mit der Anfechtungsklage anzugreifen. Eine Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG stellt, ebenso wie die hier noch ergangene - gleichbedeutende - Ablehnung der Durchführung eines weiteres Asylverfahrens, einen der Bestandskraft fähigen, anfechtbaren Verwaltungsakt dar (vgl. zur bisherigen Rechtslage Funke-Kaiser, in: GK-AsylG, Stand Dezember 2016, § 71a Rn. 39). Sie verschlechtert die Rechtsstellung der Kläger, weil damit ohne inhaltliche Prüfung festgestellt wird, dass ihr Asylvorbringen nicht zur Schutzgewährung führt und darüber hinaus auch im Falle eines weiteren Asylantrags abgeschnitten wird, weil ein Folgeantrag, um den es sich gemäß § 71a Abs. 5 i.V.m. § 71 AsylG handeln würde, nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG zu einem weiteren Asylverfahren führen kann. Ferner erlischt mit der nach § 71a Abs. 4 i.V.m. §§ 34, 36 Abs. 1 und 3 AsylG regelmäßig zu erlassenden, sofort vollziehbaren Abschiebungsandrohung auch die Aufenthaltsgestattung (§ 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG). Der Asylsuchende muss die Aufhebung des Bescheids, mit dem die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt wird, erreichen, wenn er eine Entscheidung über seinen Asylantrag erhalten will (siehe auch BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264.94 - Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 12 = juris Rn. 12).

17

Die Anfechtungsklage ist nicht wegen des Vorrangs einer Verpflichtungsklage im Hinblick darauf unzulässig, dass für das von den Klägern endgültig verfolgte Ziel der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft die Verpflichtungsklage die richtige Klageart ist. Soweit in der bisherigen Rechtsprechung zum Folgeantrag eine Verpflichtung der Gerichte zum "Durchentscheiden" angenommen und dementsprechend die Verpflichtungsklage als allein zulässige Klageart betrachtet worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Februar 1998 - 9 C 28.97 - BVerwGE 106, 171 <172 ff.>), hält der Senat daran mit Blick auf die Weiterentwicklung des Asylverfahrensrechts nicht mehr fest.

18

Anknüpfend an die stärkere Betonung des behördlichen Asylverfahrens, der hierfür in der für die EU-Mitgliedstaaten verbindlichen Verfahrensrichtlinie enthaltenen, speziellen Verfahrensgarantien sowie der dort vorgesehenen eigenen Kategorie unzulässiger Asylanträge (vgl. Art. 25 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft - Asylverfahrensrichtlinie a.F. - bzw. Art. 33 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes - Asylverfahrensrichtlinie n.F. -) hat der Gesetzgeber mit der zusammenfassenden Regelung verschiedener Unzulässigkeitstatbestände in § 29 Abs. 1 AsylG das Verfahren strukturiert und dem Bundesamt nicht nur eine Entscheidungsform eröffnet, sondern eine mehrstufige Prüfung vorgegeben. Erweist sich ein Asylantrag schon als unzulässig, ist eine eigenständig geregelte Unzulässigkeitsentscheidung zu treffen. Zugleich hat das Bundesamt über das Bestehen nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG zu entscheiden (§ 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG). Diese Prüfungsstufe ist bei Anträgen, die das Bundesamt als Zweitantrag einstuft, auf die Fragen beschränkt, ob es sich tatsächlich um einen derartigen Antrag handelt und ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, also die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 AsylG vorliegen (§ 29 Abs. 1 Nr. 5, § 71a Abs. 1 AsylG). Die weitere in § 71a Abs. 1 AsylG genannte Voraussetzung, dass die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist, muss an dieser Stelle bereits feststehen. Andernfalls wäre eine - vorrangige - Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG zu treffen. Denn die Dublin-Verordnungen regeln abschließend die Zuständigkeit zur Prüfung eines in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags. Erst wenn ein Mitgliedstaat danach zuständig ist, kann er einen Asylantrag - wie hier - aus den Gründen des § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG als unzulässig ablehnen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 2015 - 1 C 4.15 - BVerwGE 153, 234 Rn. 20).

19

Diese klare Gliederung der Prüfung von Anträgen, für die die Bundesrepublik Deutschland zuständig ist, in eine Entscheidung, ob ein Zweitantrag nach § 71a AsylG vorliegt und ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist (Zulässigkeitsprüfung) und die weitere Entscheidung, ob die materiellrechtlichen Anerkennungsvoraussetzungen gegeben sind (Sachprüfung), hat auch in eigenständigen Verfahrensvorgaben für die erste Prüfungsstufe Ausdruck gefunden. In § 71a Abs. 2 AsylG wird das "Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist", besonders geregelt (vgl. zum Verfahren der Zulässigkeitsprüfung allgemein auch § 29 Abs. 2 bis 4 AsylG). Es liegt nahe, damit auch spezialgesetzliche, prozessuale Konsequenzen zu verbinden und den Streitgegenstand einer Klage nach einer derartigen Unzulässigkeitsentscheidung auf die vom Bundesamt bis dahin nur geprüfte Zulässigkeit des Asylantrags beschränkt zu sehen (siehe auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. März 1993 - 2 BvR 1988/92 - InfAuslR 1993, 229 = juris Rn. 23; BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1987 - 9 C 251.86 - BVerwGE 77, 323 ff., jeweils zur partiell vergleichbaren Rechtslage nach dem AsylVfG 1982). Dafür spricht schließlich auch § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG, wonach das Bundesamt bei einer stattgebenden gerichtlichen Entscheidung das Asylverfahren fortzuführen hat. Diese Regelung gilt zwar unmittelbar nur für den Fall eines erfolgreichen Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen Unzulässigkeitsentscheidungen nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG, dessen in § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG geregelte, besondere Rechtsfolgen nicht verallgemeinerungsfähig sind. Letzteres gilt jedoch nicht für den in § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken. Dieser ist auf den Fall der Aufhebung einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG übertragbar und lässt darauf schließen, dass die verweigerte sachliche Prüfung vorrangig von der mit besonderem Sachverstand ausgestatteten Fachbehörde nachzuholen ist (ähnlich bereits BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264.94 - Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 12 = juris Rn. 13 und 17). Ausgehend davon kommt auch ein eingeschränkter, auf die Durchführung eines (gegebenenfalls weiteren) Asylverfahrens gerichteter Verpflichtungsantrag nicht in Betracht, weil das Bundesamt hierzu nach Aufhebung der Entscheidung über die Unzulässigkeit automatisch verpflichtet ist.

20

Die von der jüngeren Asylgesetzgebung verfolgten Beschleunigungsziele, auf die der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, führen zu keiner abweichenden Beurteilung. Sie rechtfertigen es bei der derzeitigen Ausgestaltung des nationalen Asylverfahrensrechts und der unionsrechtlichen Vorgaben nicht, bei Folge- und (vermeintlichen) Zweitanträgen, welche entgegen der Einschätzung des Bundesamts zur Durchführung eines (weiteren) Asylverfahrens führen müssen, den nach dem Asylgesetz auf die Unzulässigkeitsentscheidung begrenzten Streitgegenstand auf die sachliche Verpflichtung zur Schutzgewähr zu erweitern und dann unter Rückgriff auf das allgemeine Verwaltungsprozessrecht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) die erstmalige Sachentscheidung in das verwaltungsgerichtliche Verfahren zu verlagern. Für bestimmte Fallgestaltungen stehen dem Bundesamt im Übrigen selbst Beschleunigungsmöglichkeiten zur Verfügung, die eine eventuelle Verlängerung der Gesamtverfahrensdauer bis zu einer abschließenden Entscheidung über die Berechtigung zu internationalem Schutz zumindest abmildern können. Hierzu zählt die Option, offensichtlich unbegründete Anträge nach § 30 AsylG abzulehnen und eine Abschiebungsandrohung mit verkürzter Ausreisefrist zu erlassen, sowie bei Folgeanträgen nunmehr auch die Möglichkeit, das Asylverfahren beschleunigt durchzuführen (§ 30a Abs. 1 Nr. 4 AsylG). Nicht zu entscheiden ist, ob und unter welchen Voraussetzungen das Bundesamt in Fällen des § 29 Abs. 1 AsylG neben einer Unzulässigkeitsentscheidung vorsorglich und in dem gehörigen Verfahren im Interesse einer Beschleunigung auch ausdrücklich (hilfsweise) eine Sachentscheidung treffen kann. Dass nach § 31 Abs. 3 AsylG in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge festzustellen ist, "ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen", und sich das Bundesamt zumindest insoweit sachlich mit einem Schutzbegehren zu befassen hat, ersetzt diese Prüfung nicht, weil sie nicht bezogen ist auf die - dem nationalen Abschiebungsschutz vorrangige Frage der - Anerkennung als Asylberechtigter bzw. Gewährung internationalen Schutzes (§ 1 Abs. 1 AsylG) und einen anderen Streitgegenstand betrifft. Dieser Streitgegenstand kann - in Fällen, in denen das Bundesamt die Unzulässigkeitsentscheidung mit der Feststellung verbunden hat, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG nicht vorliegen - durch den Schutzsuchenden zusätzlich zu der gegen die Unzulässigkeitsentscheidung gerichteten Anfechtungsklage hilfsweise mit der Verpflichtungsklage zur verwaltungsgerichtlichen Prüfung gestellt werden.

21

Vor der Aufhebung einer rechtswidrigen Unzulässigkeitsentscheidung hat das Gericht zu prüfen, ob die Entscheidung auf der Grundlage eines anderen, auf gleicher Stufe stehenden Unzulässigkeitstatbestandes aufrechterhalten bleiben kann. Wird die Unzulässigkeitsentscheidung auf die Anfechtungsklage hin aufgehoben, ist auch eine gegebenenfalls ergangene Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, nebst Abschiebungsandrohung aufzuheben. Denn beide Entscheidungen sind dann jedenfalls verfrüht ergangen (vgl. entsprechend BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264.94 - Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 12 = juris Rn. 19).

22

2. Das Berufungsgericht hat ohne Verletzung von Bundesrecht angenommen, dass die Voraussetzungen, unter denen die Durchführung eines Asylverfahrens gemäß § 71a Abs. 1 AsylG wegen vorheriger erfolgloser Durchführung eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat abgelehnt werden kann, nicht vorliegen.

23

Rechtsgrundlage für die angefochtene Entscheidung ist § 29 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 71a Abs. 1 AsylG. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG ist ein Asylantrag unter anderem dann unzulässig, wenn im Falle eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

24

Ein Zweitantrag liegt nach § 71a Abs. 1 AsylG vor, wenn der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag stellt. Er hat zur Folge, dass ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen ist, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.

25

Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber die in § 71 AsylG vorgesehene besondere Behandlung von Folgeanträgen auf den Fall erstreckt, dass dem Asylantrag des Antragstellers ein erfolglos abgeschlossenes Asylverfahren in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder Vertragsstaat vorausgegangen ist.

26

Der Senat kann offenlassen, ob gegen die mitgliedstaatsübergreifende Anwendung des unionsrechtlich ermöglichten Folgeantragskonzepts (vgl. Art. 32 bis 34 Asylverfahrensrichtlinie a.F. bzw. Art. 40 bis 42 Asylverfahrensrichtlinie n.F.) grundsätzliche unionsrechtliche Bedenken bestehen (vgl. Marx, AsylG, 9. Aufl. 2016, § 71a Rn. 3 ff.). Keiner Entscheidung bedarf auch die Frage, ob die Aufnahme der Folge- und Zweitanträge, bei denen keine Gründe für ein Wiederaufgreifen vorliegen, in den Katalog der Unzulässigkeitstatbestände des § 29 Abs. 1 AsylG bereits mit der Asylverfahrensrichtlinie a.F. - ihre Anwendbarkeit unterstellt - vereinbar war und ob und in welcher Weise Art. 25 Abs. 2 Buchst. f i.V.m. Art. 2 Buchst. d dieser Richtlinie die Auslegung der Tatbestandsvoraussetzung "nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens" zusätzlich begrenzt.

27

Die Voraussetzungen für die Nichtdurchführung eines (weiteren) Asylverfahrens nach § 71a Abs. 1 AsylG liegen hier schon deshalb nicht vor, weil die Asylanträge der Kläger keine Zweitanträge im Sinne dieser Vorschrift sind. Ihren Anträgen ist kein erfolglos abgeschlossenes Asylverfahren in einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) vorausgegangen.

28

Zwar ist Ungarn als Mitgliedstaat der Europäischen Union ein sicherer Drittstaat im Sinne von § 71a Abs. 1 AsylG, für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten: Im vorliegenden Fall richtet sich die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl. L 50 S. 1) - Dublin II-VO, weil Asylantrag und Wiederaufnahmegesuch vor dem maßgeblichen Stichtag (1. Januar 2014) gestellt worden sind (vgl. die Übergangsregelung in Art. 49 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags auf internationalen Schutz - Dublin III-VO).

29

Es fehlt indes an einem "erfolglosen Abschluss" der von den Klägern in Ungarn eingeleiteten Asylverfahren. Ein erfolgloser Abschluss des in einem anderen Mitgliedstaat betriebenen Asylverfahrens setzt voraus, dass der Asylantrag entweder unanfechtbar abgelehnt oder das Verfahren nach Rücknahme des Asylantrags bzw. dieser gleichgestellten Verhaltensweisen endgültig eingestellt worden ist. Eine Einstellung ist nicht in diesem Sinne endgültig, wenn das (Erst-)Verfahren noch wiedereröffnet werden kann (a). Ob eine solche Wiedereröffnung bzw. Wiederaufnahme möglich ist, ist nach der Rechtslage des Staates zu beurteilen, in dem das Asylverfahren durchgeführt worden ist (b). Nach diesen Maßstäben ist das von den Klägern in Ungarn betriebene und dort eingestellte Asylverfahren vorliegend nicht erfolglos abgeschlossen (c).

30

a) Dem Wortlaut nach umfasst die Tatbestandsvoraussetzung "nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens" jede Art des formellen Abschlusses eines Asylverfahrens ohne Zuerkennung eines Schutzstatus. Für die nähere Konkretisierung der möglichen Varianten und der Anforderungen an den Verfahrensabschluss kann auf die Parallelregelung zum Folgeantrag in § 71 Abs. 1 AsylG zurückgegriffen werden, wonach es sich um eine Rücknahme oder eine unanfechtbare Ablehnung des Antrags handeln kann. Entgegen der Auffassung der Beklagten spricht nichts dafür, dass der Gesetzgeber mit der abweichenden Formulierung in § 71a Abs. 1 AsylG inhaltlich weitere Tatbestände hätte erfassen wollen. Denn der Sinn und Zweck des § 71a AsylG ist darauf beschränkt, den Zweitantrag dem Folgeantrag und damit die asylrechtliche Entscheidung des Drittstaats einer asylrechtlichen Entscheidung der Bundesrepublik Deutschland gleichzustellen (BT-Drs. 12/4450 S. 27; siehe auch Hailbronner, in: Ausländerrecht, Ordner 4, Stand November 2016, § 71a AsylVfG Rn. 14 f.).

31

Der Begriff der Rücknahme in § 71 Abs. 1 AsylG erfasst nach der bis zum 16. März 2016 geltenden Rechtslage uneingeschränkt auch die Fälle, in denen der Asylantrag nach § 33 Abs. 1 AsylG wegen Nichtbetreibens des Verfahrens als zurückgenommen gilt. Dies macht nicht zuletzt § 32 Abs. 2 AsylG deutlich. Anders stellt sich dies nach der am 17. März 2016 in Kraft getretenen grundlegenden Neufassung des § 33 AsylG durch das Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 390) dar: Nach § 33 Abs. 5 Satz 2 bis 6 AsylG kann nunmehr ein Ausländer, dessen Verfahren wegen Nichtbetreibens eingestellt worden ist, einmalig die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen. Ein neuer Asylantrag gilt als derartiger Wiederaufnahmeantrag und ist als Erstantrag zu behandeln, sofern seit der Einstellung des Asylverfahrens noch keine neun Monate vergangen sind und das Asylverfahren noch nicht nach dieser Vorschrift wieder aufgenommen worden war. Infolge dieser - erkennbar vorrangigen - Spezialregelung ist der Begriff der Rücknahme in § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG nunmehr bereits nach nationalem Recht dahin einschränkend auszulegen, dass er die Fälle der fiktiven Rücknahme nach § 33 Abs. 1 und 3 AsylG nur noch unter den Voraussetzungen des § 33 Abs. 5 Satz 6 AsylG umfasst, wenn also die Einstellung des Asylverfahrens zum Zeitpunkt der Antragstellung mindestens neun Monate zurückliegt oder das Asylverfahren bereits einmal wieder aufgenommen worden war.

32

Steht die bestehende Wiederaufnahmemöglichkeit somit nach den eindeutigen gesetzlichen Vorgaben (Umkehrschluss aus § 33 Abs. 5 Satz 6 AsylG) der Behandlung als Folgeantrag entgegen, muss dies - wegen der bezweckten Gleichstellung - auch für den Zweitantrag gelten. Hinzu kommt ein systematisches Argument innerhalb des § 71a AsylG: Liegt ein erfolglos abgeschlossenes Asylverfahren im Sinne des § 71a AsylG im Falle der Antragsablehnung erst vor, wenn diese Ablehnung unanfechtbar ist (vgl. dazu OLG Köln, Beschluss vom 20. Juli 2007 - 16 Wx 150/07 - juris Rn. 7; Hailbronner, Ausländerrecht, Ordner 4, Stand November 2016, § 71a AsylVfG Rn. 15), ist ein erfolgloser Abschluss auch im Falle der Verfahrenseinstellung nach (ausdrücklicher oder stillschweigender/fingierter) Rücknahme nur anzunehmen, wenn das konkrete Asyl(erst)verfahren endgültig - d.h. ohne die Möglichkeit einer Wiederaufnahme auf Antrag des Asylbewerbers - beendet ist (zum unionsrechtlichen Begriff der "rechtskräftigen" bzw. "bestandskräftigen" Entscheidung s. Art. 2 Buchst. d Asylverfahrensrichtlinie a.F. bzw. Art. 2 Buchst. e Asylverfahrensrichtlinie n.F.). Denn es ist kein Grund ersichtlich, warum die beiden Varianten des erfolglosen Abschlusses eines Asylverfahrens, die jeweils dieselbe Rechtsfolge bewirken, insoweit unterschiedlichen Anforderungen unterliegen sollten.

33

b) Der Verwaltungsgerichtshof ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Frage, ob ein in einem anderen Mitgliedstaat zuvor betriebenes Asylverfahren dort durch bestandskräftige Ablehnung oder endgültige Einstellung beendet worden ist, insgesamt nach dem betreffenden ausländischen Asylverfahrensrecht richtet. § 71a Abs. 1 AsylG knüpft an einen abgeschlossenen, im Ausland geschehenen Vorgang an, der insgesamt dem ausländischen Recht unterfällt. Der enge Zusammenhang des Verwaltungsakts und seiner Bestandskraft gebietet, die Frage, ob eine ausländische Verwaltungsentscheidung noch anfechtbar bzw. revidierbar ist, nach ausländischem und nicht deutschem Recht zu beantworten. Die Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten lässt zwar Raum dafür, die Rechts- und Bestandskraft einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung als Tatbestandsvoraussetzung für die innerstaatliche Rechtsanwendung heranzuziehen; sie erlaubt aber keine Erstreckung des nationalen Verfahrensrechts auf die Beurteilung dieser Vorfrage.

34

Die hier noch anwendbare Dublin II-VO beschränkt sich auf die Regelung der internationalen Zuständigkeit; ihr lässt sich indes keine Grundlage für eine Handhabung entnehmen, nach der der Zuständigkeitsübergang auf einen anderen Mitgliedstaat mit einer Verschlechterung der verfahrensrechtlichen Rechtsstellung verbunden wäre. Sie berechtigt insbesondere nicht dazu, an einen Zuständigkeitsübergang nach Art. 20 Abs. 2 Dublin II-VO einen Verlust des Rechts auf eine unbeschränkte, nicht nach Folgeantragsgrundsätzen erfolgende Antragsprüfung zu knüpfen, wenn dieses Recht im zuvor zuständigen Staat nach dem dort geltenden Asylverfahrensrecht noch bestand (vgl. auch VGH Mannheim, Urteil vom 29. April 2015 - A 11 S 121/15 - NVwZ 2015, 1155 = juris Rn. 36).

35

Dem steht der Hinweis der Beklagten, bei Zuständigkeit Deutschlands für die Prüfung eines Asylantrags müsse diese Prüfung auch nach deutschen Gesetzen erfolgen, nicht entgegen. Er trifft zwar insoweit zu, als nicht jede rechtliche Schlechterstellung durch einen Zuständigkeitsübergang ausgeschlossen ist. So darf ein durch Ablauf der Überstellungsfrist zuständig gewordener Staat einen Asylantrag nach Art. 3 Abs. 3 Dublin III-VO (vergleichbar: Art. 3 Abs. 3 Dublin II-VO) auch dann ablehnen, wenn der ursprünglich zuständige Staat vom Drittstaatskonzept keinen Gebrauch macht (vgl. EuGH, Urteil vom 17. März 2016 - C-695/15 [ECLI:EU:C:2016:188], PPU - NVwZ 2016, 753). Von dieser Fallkonstellation unterscheidet sich die hier relevante Regelung zum Zweitantrag aber dadurch, dass der deutsche Gesetzgeber darin den Prüfungsumfang vom Abschluss eines in einem anderen Mitgliedstaat durchgeführten Verwaltungsverfahrens abhängig macht. Damit knüpft die gesetzliche Regelung selbst an einen nach der ausländischen Rechtsordnung zu beurteilenden Tatbestand an.

36

Zu keinem anderen Ergebnis führt die weitere Aussage des EuGH in der vorgenannten Entscheidung, Art. 18 Abs. 2 Dublin III-VO verpflichte die zuständigen Behörden des zuständigen Mitgliedstaats bei Wiederaufnahme eines Asylbewerbers nicht, das Verfahren zur Prüfung seines Antrags in dem Stadium wiederaufzunehmen, in dem es von diesen Behörden eingestellt worden war. In diesem Zusammenhang weist der EuGH auch auf Art. 28 Abs. 2 letzter Unterabsatz Asylverfahrensrichtlinie n.F. hin, wonach die Mitgliedstaaten der Asylbehörde die Wiederaufnahme der Prüfung in dem Verfahrensabschnitt, in dem sie eingestellt wurde, gestatten können, aber nicht müssen (vgl. EuGH, Urteil vom 17. März 2016 - C-695/12 - Rn. 67; ebenso Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 4 Asylverfahrensrichtlinie a.F.). Daraus kann etwa folgen, dass eine bereits erfolgte Anhörung nicht zwingend wiederholt werden muss. Ungeachtet der unterschiedlichen Verfahrenskonstellation rechtfertigen diese Bemerkungen aber nicht den Schluss, dass ein Verlust des Rechts auf eine unbeschränkte Antragsprüfung durch bloßen Zuständigkeitsübergang mit dem Unionsrecht vereinbar wäre. Die Begriffe "Verfahrensabschnitt" bzw. "Stadium" beziehen sich nach dem Verständnis des EuGH zweifelsfrei nicht auf die Frage, ob es sich um ein Erst- oder ein Folgeverfahren handelt. Denn der EuGH betont ausdrücklich, dass die Prüfung des Antrags den für Erstanträge vorgesehenen Anforderungen entsprechen muss.

37

Nach den vorstehenden Ausführungen kann auch der Einwand der Beklagten nicht durchgreifen, bei Anwendung ungarischen Rechts werde der dem innerstaatlichen Normgeber zustehende Gestaltungsspielraum beeinträchtigt, den die Asylverfahrensrichtlinie a.F. den Mitgliedstaaten im vorliegenden Kontext einräume. Es trifft zwar zu, dass Art. 20 Abs. 2 Asylverfahrensrichtlinie a.F. - anders als Art. 28 Abs. 2 Asylverfahrensrichtlinie n.F. - den Mitgliedstaaten noch nicht bindend vorgibt, eine Wiedereröffnung von Asylverfahren vorzusehen, die wegen stillschweigender Antragsrücknahme oder Nichtbetreiben des Verfahrens eingestellt worden sind, sondern wahlweise auch die Behandlung eines hiernach gestellten Antrags als Folgeantrag akzeptiert. Dieses Wahlrecht steht allerdings bei der hier in Rede stehenden mitgliedstaatsübergreifenden Anwendung des Folgeantragskonzepts - deren Vereinbarkeit mit Unionsrecht unterstellt - dem Staat zu, in dem das Verfahren durchgeführt worden ist, hier mithin Ungarn. Aus der Verwendung des Plurals in Art. 20 Abs. 2 Asylverfahrensrichtlinie a.F. ("Die Mitgliedstaaten stellen sicher ...") kann nichts anderes geschlossen werden. Wenn in dieser Regelung von einem Asylbewerber die Rede ist, "der sich nach Einstellung der Antragsprüfung gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels wieder bei der zuständigen Behörde meldet, so beschreibt dies einen Vorgang innerhalb ein und desselben Mitgliedstaates und keine länderübergreifende Situation.

38

c) Nach diesen Maßstäben ist die Entscheidung des Berufungsgerichts, das von den Klägern in Ungarn eingeleitete Asylverfahren als nicht erfolglos abgeschlossen im Sinne von § 71a AsylG anzusehen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Kläger im Falle einer Rückkehr nach Ungarn das dort eingeleitete Asylverfahren ohne inhaltliche Beschränkung ihres Vortrags wie ein Erstverfahren weiterbetreiben können. Nach Auskünften des Auswärtigen Amtes vom 12. März 2015 (an das VG Freiburg) und vom 19. November 2014 (an das VG Düsseldorf) zur Ausgestaltung des ungarischen Asylverfahrens werde in Fällen, in denen ein vorheriges Asylverfahren ohne Entscheidung in der Sache eingestellt worden sei ("discontinuation"), ein erneutes Asylbegehren behandelt wie ein Erstverfahren, insbesondere könne der Antragsteller seine im Erstverfahren dargelegten Fluchtgründe erneut vorbringen. Dies werde bestätigt durch die Zustimmungserklärung der ungarischen Behörden, die sich damit einverstanden erklärt hätten, die Kläger wieder aufzunehmen und über das Asylbegehren zu entscheiden. Im Ergebnis würde somit das Verfahren fortgeführt bzw. wiederaufgenommen, wenn die Kläger nach Ungarn zurückkehren würden.

39

An diese nicht mit durchgreifenden Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts zum Inhalt des ungarischen Rechts ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, weil sie nach § 173 VwGO i.V.m. § 293 ZPO zur Tatsachenfeststellung zählen (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 20. April 2004 - 1 C 13.03 - BVerwGE 120, 298 <302 f.>).

40

Keiner Entscheidung bedarf, auf welchen Zeitpunkt bei der Beurteilung der Frage abzustellen ist, ob ein in einem anderen Mitgliedstaat durchgeführtes Asylverfahren im Sinne von § 71a Abs. 1 AsylG erfolglos abgeschlossen ist. Insoweit kommen in erster Linie der Zeitpunkt der Asylantragstellung in Deutschland oder der Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs in Betracht. Diese Frage kann hier dahinstehen, da die Kläger auch zu dem späteren Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs noch die Möglichkeit hatten, die Asylverfahren in Ungarn weiter zu betreiben. Denn aus den Feststellungen des Berufungsgerichts zum ungarischen Asylverfahrensrecht ergibt sich nicht, dass das Recht, ein wegen Fortzugs eingestelltes Asylverfahren wieder aufzunehmen, nur befristet bestanden hätte (zur Möglichkeit einer Befristung auf mindestens neun Monate vgl. nunmehr Art. 28 Abs. 2 Unterabs. 2 Asylverfahrensrichtlinie n.F.). Hierfür liegen bezogen auf den hier relevanten Zeitraum bis Ende Januar 2013 auch keine Anhaltspunkte vor.

41

3. Die Entscheidung kann nicht auf anderer Rechtsgrundlage aufrechterhalten bleiben. Der insoweit allein in Betracht kommende Unzulässigkeitstatbestand des § 29 Abs. 1 Nr. 3 AsylG greift schon deshalb nicht ein, weil Deutschland für die Durchführung der hier in Rede stehenden Asylverfahren aufgrund des Ablaufs der Überstellungsfrist nach Art. 20 Abs. 2 Dublin II-VO zuständig ist. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a AsylG betrachtet wird. Gemäß § 26a Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 AsylG schließt die Einreise aus einem sicheren Drittstaat die Berufung auf Art. 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes jedoch nicht aus, wenn die Bundesrepublik Deutschland - wie hier - aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Dies gilt nicht nur bei einer originären Zuständigkeit Deutschlands, sondern auch bei einem nachträglichen Zuständigkeitswechsel.

42

Diese Regelung nimmt § 29 Abs. 1 Nr. 3 AsylG mit in Bezug: Mit der Aufnahme des § 29 Abs. 1 Nr. 3 AsylG in den Katalog der Unzulässigkeitsgründe sollte die zuvor bestehende Möglichkeit, einen Asylantrag nach § 26a AsylG abzulehnen, inhaltlich nicht verändert werden. In § 31 Abs. 4 AsylG ist weiterhin von einer Ablehnung "nach § 26a" - jetzt - als unzulässig die Rede. Im Gesetzgebungsverfahren hat die Bundesregierung zudem betont, durch den expliziten Verweis im künftigen § 29 Abs. 1 Nr. 3 AsylG auf § 26a AsylG komme zum Ausdruck, dass die dort geregelten Anforderungen auch weiterhin - im Rahmen der Entscheidung über die Zulässigkeit des Asylantrags - zu beachten sind. Wie im geltenden Recht setze der künftige § 29 Abs. 1 Nr. 3 AsylG daher voraus, dass der Drittstaat die - unverändert gebliebenen - Voraussetzungen des § 26a AsylG erfülle und durch Aufnahme in Anlage I des Asylgesetzes als sicherer Drittstaat eingestuft worden sei (BT-Drs. 18/8883 S. 10). Ob § 29 Abs. 1 Nr. 3 AsylG mit Unionsrecht vereinbar ist, bedarf hier mithin keiner Entscheidung.

43

4. Die Ablehnung der Durchführung von (weiteren) Asylverfahren verletzt die Kläger auch in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Ihr aus dem Unionsrecht folgender Anspruch auf Prüfung ihres Schutzbegehrens durch einen Mitgliedstaat der EU ist verletzt, wenn das Bundesamt - wie hier - als auch nach eigener Auffassung international zuständige Behörde es rechtswidrig ablehnt, ein Asylverfahren durchzuführen.

44

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG. Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG sind nicht gegeben.

(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.

(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.

(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.

(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.

(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Der nach eigenen Angaben 1986 geborene Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger. Er reiste erstmals im Oktober 2012 nach Deutschland ein und wiederholte dies am 10. Oktober 2015. Am 14. Januar 2016 stellte er einen Asylantrag. Am 14. Januar 2016 wurde ein EURODAC-Treffer für Schweden festgestellt. Eine Visumanfrage verlief negativ.

Am 29. Januar 2016 stellte das Bundesamt ein Aufnahmegesuch an die schwedischen Behörden. Mit Schreiben vom 3. Februar 2016 erklärte die Swedish Migration Agency die Aufnahme des Klägers nach Art. 18 Abs. 1 lit. d) der Dublin-III-VO.

Im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 24. Februar 2016 erklärte der Kläger, er habe sein Heimatland im September 2012 verlassen und sei seit dem durch den Sudan, durch Deutschland, durch Schweden gereist und dann wieder nach Deutschland eingereist. Er habe in Schweden einen seinen Asylantrag ablehnenden Beschluss bekommen. Ihm sei die Abschiebung nach Äthiopien angedroht worden. Er hätte aber in Äthiopien an einer Schlüsselposition in der Regierung gearbeitet und habe seine Beweise dafür in Schweden abgegeben. Die Dokumente seien dort einbehalten worden. Sein Leben sei in höchster Gefahr, wenn er nach Äthiopien abgeschoben würde, er sei politisch verfolgt.

Nach einem Aktenvermerk des Bundesamts vom 5. September 2016 ging dieses davon aus, dass die Überstellungsfrist im Dublinverfahren abgelaufen sei. Eine Überstellung in einen anderen Mitgliedsstaat sei dementsprechend im Dublinverfahren nicht mehr möglich (Blatt 66 der Bundesamtsakte).

Mit Schreiben vom selben Tag wurde dem Kläger ein Fragebogen übersandt, mit der Bitte, diesen binnen zwei Wochen nach Erhalt an das Bundesamt zurückzusenden. Unter anderem wurde darin nach den Gründen gefragt, die einer Rückkehr in sein Herkunftsland entgegenstünden. Dieses Anschreiben konnte nicht zugestellt werden.

Mit Bescheid vom 7. November 2016, der ausweislich der Postzustellungsurkunde dem Kläger persönlich am 10. November 2016 zugestellt wurde, lehnte die Beklagte den Antrag als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1

AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2) und forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Andernfalls wurde ihm die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen zur Rückübernahme bereiten oder verpflichteten Staat angedroht (Ziffer 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 4).

Da der Kläger bereits in einem sicheren Drittstaat nach § 26a AsylG ein Asylverfahren betrieben habe, handle es sich um Zweitantragsverfahren nach § 71a AsylG, wobei die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorlägen. Der Kläger habe weder Gründe für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens in Deutschland noch Gründe genannt, die einer Rückkehr ins Heimatland entgegenstünden.

Auf die Gründe des Bescheides wird Bezug genommen.

In der Rechtsbehelfsbelehrung:wurde das Verwaltungsgericht Regensburg als zuständiges Verwaltungsgericht angegeben. Mit Schriftsatz, der am 18. November 2016 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers Klage gegen den Bescheid vom 7. November 2016 und beantragte gleichzeitig, deren aufschiebende Wirkung gegen die in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheides enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen (AN 3 S 16.31916).

Er macht geltend, der Bescheid der Beklagten sei rechtswidrig, da gemäß § 29 Abs. 2 AsylG der Kläger zur Frage der Zulässigkeit des sog. Zweitantrages persönlich anzuhören sei. Dies habe die Beklagte nicht getan, sondern dem Kläger lediglich die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme gegeben. Dies stelle jedoch keine persönliche Anhörung im Sinne des § 29 Abs. 2 AsylG dar. Der Kläger begehre unbedingt eine persönliche Anhörung zu seinen Gründen. Auch sei hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen des § 71a AsylG noch eine Besprechung mit dem Kläger erforderlich, welche bislang nicht habe durchgeführt werden können. Dies werde umgehend noch nachgeholt werden. Weiterer Vortrag werde dann erfolgen.

Mit Beschluss vom 2. Dezember 2016 wurde der Antrag abgelehnt.

Auf die Gründe des Beschlusses wird Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 7. November 2016 aufzuheben,

hilfsweise, die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,

hilfsweise, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen,

hilfsweise festzustellen, dass bei dem Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Mit Schreiben vom 25. November 2016 beantragte die Beklagte,

Klageabweisung.

Mit Beschluss vom 13. November 2017 wurde die Verwaltungsstreitsache auf die Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zum Teil bereits unzulässig, soweit sie zulässig ist, ist sie unbegründet.

Der im Hauptantrag gestellte Anfechtungsantrag hinsichtlich der Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides sowie der hilfsweise gestellte Antrag auf Feststellung des Bestehens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG sind zulässig, aber unbegründet.

Die hilfsweise gestellten Anträge auf Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes sowie des subsidiären Schutzes erweisen sich als unzulässig.

1. Streitentscheidende Normen sind vorliegend § 29 Abs. 1 Nr. 5 und § 71a AsylG.

Nach § 71a AsylG ist bei Asylantragsstellung in der Bundesrepublik Deutschland nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen.

Anderenfalls ist nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG der Asylantrag unzulässig.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist gegen die Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG jedenfalls seit Inkrafttreten des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I 2016, 1939 ff.) allein die Anfechtungsklage satthafte Klageart. (BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4/16 -, juris Rn. 16ff.). Der Asylsuchende muss die Aufhebung des Bescheides, mit dem die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt wird, erreichen, wenn er eine Entscheidung über seinen Asylantrag erhalten will. Die Anfechtungsklage ist nicht wegen des Vorrangs einer Verpflichtungsklage im Hinblick darauf unzulässig, dass für das vom Kläger endgültig verfolgte Ziel der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft die Verpflichtungsklage die richtige Klageart ist. Soweit in der bisherigen Rechtsprechung eine Verpflichtung der Gerichte zum „Durchentscheiden“ angenommen und dementsprechend die Verpflichtungsklage als allein zulässige Klageart betrachtet worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 10.2.1998 – 9 C 28.97 – juris) hält das Bundesverwaltungsgericht an dieser Rechtsprechung seit der o.g. Entscheidung insbesondere im Hinblick auf die stärkere Betonung des behördlichen Asylverfahrens nicht mehr fest. Insbesondere hat der Gesetzgeber mit der Regelung verschiedener Unzulässigkeitstatbestände in § 29 Abs. 1 AsylG eine mehrstufige Prüfung vorgegeben. Der Prüfungsumfang des Bundesamtes beschränkt sich bei Anträgen, die das Bundesamt als Zweitanträge einstuft, auf die Frage, ob es sich tatsächlich um einen derartigen Antrag handelt und ob die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 – 3 VwVfG vorliegen. Die weitere in § 71 a Asylg genannte Voraussetzung der Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland für das streitgegenständliche Asylverfahren muss an dieser Stelle bereits feststehen. Sonst wäre eine Unzulässigkeitsentscheidung auf der Grundlage des § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG zu treffen.

Gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG ist im Rahmen einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG über das Bestehen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG zu entscheiden. Für das Rechtsschutzziel der Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG ist in der Hauptsache weiterhin eine hilfsweise zu erhebende Verpflichtungsklage statthaft (BVerwG, U.v. 14.12.2016, a.a.O. Rn. 20). Denn dabei handelt es sich um einen eigenen Streitgegenstand, der von der Unzulässigkeitsentscheidung nach §§ 71a, 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG nicht umfasst wird. Nach der Regelung des § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG hat das Bundesamt in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. In Bezug auf § 60 Ab. 5 oder 7 Satz1 AufenthG hat sich das Bundesamt also anlässlich einer Entscheidung über einen Folgeantrag sachlich mit dem Schutzbegehren zu befassen (BVerwG, a.a.O. Rn. 20).

2. Die Klage ist nicht nach Ablauf der Klagefrist erhoben worden, da es an einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung:fehlt. Ausweislich der Postzustellungsurkunde erfolgte die Zustellung gemäß § 30 Abs. 1 Satz 3 AsylG i.V.m. § 3 VwZG am 10. November 2016 an den Kläger persönlich in … Allerdings wurde die Klagefrist der §§ 74 Abs. 1 2. Halbsatz, 71a Abs. 4, 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG nicht in Gang gesetzt, da das Bundesamt in der dem Bescheid vom 7. November 2016 beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung:das Verwaltungsgericht Regensburg als nach § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO örtlich zuständiges Gericht angab. Dies war nicht zutreffend, da der Kläger ausweislich der Zuweisungsentscheidung der Regierungsaufnahmestelle … vom 5. November 2015 der Stadt … zugewiesen wurde und zum Zeitpunkt der Zustellung des streitgegenständlichen Bescheides den Wohnsitz dort hatte.

Gemäß § 58 Abs. 1 VwGO handelt es sich bei der Angabe des örtlich zuständigen Gerichts um einen notwendigen Bestandteil der Rechtsbehelfsbelehrung:. Wird ein unzuständiges Gericht genannt, ist die Rechtsbehelfsbelehrung:unrichtig mit der Folge, dass gemäß § 58 Abs. 2 VwGO die Einlegung des Rechtsbehelfs innerhalb eines Jahres nach Zustellung erfolgen kann. Diese Frist hat der Kläger gewahrt, da die Klage am 18. November 2016 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging.

3. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes vom 7. November 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Er hat weder einen Anspruch auf Aufhebung der Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG in Ziffer 1 des Bescheides, auf Aufhebung der Abschiebungsandrohung in Ziffer 3 des Bescheides oder auf Aufhebung der Befristung des Einreise – und Aufenthaltsverbotes in Ziffer 4 des Bescheides (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO)(Hauptantrag), noch steht ihm gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG ein Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO)(Hilfsantrag) zu.

Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist für das Gericht die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, § 77 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz AsylG.

a. Die Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland ergibt sich nach Ablauf der Überstellungsfrist am 3. August 2016 aus Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO.

Das Bundesamt zu ging zu Recht davon aus, dass der Kläger ein Asylverfahren in einem Mitgliedstaat (hier Schweden) i.S.d. § 71a AsylG erfolglos abgeschlossen hat.

Denn die Auskünfte der schwedischen Behörden im Rahmen des Dublin-Verfahrens deckten sich mit den Angaben des Klägers zur Durchführung eines erfolglos durchgeführten Asylverfahrens in Schweden.

Im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 24. Februar 2016 gab der Kläger an, er habe in Schweden einen Beschluss erhalten, mit dem sein Antrag abgelehnt worden sei. Ihm sei die Abschiebung nach Äthiopien angedroht worden. Er habe jedoch in Äthiopien in einer Schlüsselposition in der Regierung gearbeitet. Die Beweise hierfür habe er in Schweden abgegeben. Die Dokumente seien einbehalten worden. Er sei politisch verfolgt und befinde sich für den Fall seiner Rückkehr nach Äthiopien in Lebensgefahr.

In der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger, er sei nur mündlich über die Antragsablehnung informiert worden. Seine Asylgründe seien in dem Verfahren in Schweden unzureichend gewürdigt worden. Maßgebliche Unterlagen zur Begründung des Bestehens einer asylrelevanten Verfolgung hinsichtlich Äthiopiens befänden sich in den dortigen Verfahrensakten.

Der Entscheidung des Bundesamtes lag eine Übernahmeerklärung der schwedischen Behörden vom 2. März 2016 zugrunde, in welcher die schwedischen Behörden unter Bezugnahme auf Art. 18 Abs. 1 lit. d) der Dublin III-Verordnung der Rückübernahme des Klägers zustimmten. Nach der genannten Vorschrift gilt dies Übernahmeerklärung für Personen, deren Antrag abgelehnt wurde. Zwar kann aus der Erklärung im Dublin-Verfahren nach Art. 18 Abs. 1 lit d) nicht zwingend der Schluss gezogen werden, dass das Verfahren im Sinne des § 71a Abs. 1 AsylG erfolglos (also unanfechtbar abgelehnt oder nach Rücknahme des Antrags oder vergleichbarer Verfahrenshandlungen endgültig eingestellt; vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2016, a.a.O. Rn. 29 ff.) durchgeführt wurde, da es sich nur um eine Zuständigkeitsregelung handelt und die Einlegung von Rechtsmitteln grundsätzlich noch möglich sein kann (vgl. Art. 18 Abs. 2 UA 3 Dublin III-VO), wenn der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt wurde.

In Fällen, in welchen sich die Angaben des Asylbewerbers mit den behördlichen Angaben decken, ergibt sich für eine weitergehende Amtsermittlungspflicht des Bundesamtes im Rahmen eines Info-Request nach Art. 34 Abs. 2 lit. g) Dublin III-VO kein Anhaltspunkt (anders die sachliche Ausgangslage in den Entscheidungen des VG Ansbach, U.v. 7. Januar 2016 – AN 3 K 15.30960; VG Karlsruhe, U.v. 20.10.2017 – A 4 K 10337/17-, juris; VG München, B.v. 30.8.2017 – M 1 S 16.35576 -, juris; BVerwG, U.v. 21.11.2017 – 1 C 39/16 – zur Frage der gerichtlichen Aufklärungspflicht vor Aufhebung einer Unzulässigkeitsentscheidung).

Eine Verpflichtung zur weiteren Aufklärung der Umstände im Erstverfahren war seitens der Behörde weder im Hinblick auf den Stand des in Schweden betriebenen Verfahrens noch auf den der Entscheidung zugrundeliegenden Klägervortrag bezüglich des Verfolgungsschicksals des Klägers in Äthiopien veranlasst. Insbesondere ließen sich dem Vorbringen des Klägers keine Anhaltspunkte für neuen Tatsachenvortrag i.S. des § 51 Abs. 1 Nr.1 oder für die Vorlage neuer Beweismittel i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG entnehmen.

Daher durfte das Bundesamt ohne weitere Sachermittlung davon ausgehen, dass es sich bei dem Asylverfahren des Klägers um ein Zweitantragsverfahren nach § 71a Asyl handelt.

Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1-3 VwVfG liegen zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht vor.

Der Kläger hat weder im Verfahren vor dem Bundesamt noch im gerichtlichen Verfahren Umstände vorgetragen, die einen Wiederaufgreifensgrund nach § 71a AsylG i.V.m. § 51 VwVfG begründen könnten. Das Vorbringen des Klägers beschränkte sich auch in der mündlichen Verhandlung auf die Behauptung, er sei – wohl entgegen der Feststellung im in Schweden durchgeführten Asylverfahren – in Äthiopien politisch verfolgt. Neue Tatsachen oder Beweismittel wurden von ihm nicht einmal behauptet. Er verwies darauf, dass sich die benötigten Unterlagen in den schwedischen Verfahrensakten befinden, was gleichzeitig den Rückschluss zulässt, dass sie Gegenstand des dort bereits durchgeführten Verfahrens waren und es sich nicht um neue Beweismittel i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG handelt.

Das Wiederaufnahmeverfahren dient gerade nicht dem Zweck, die bereits getroffene Entscheidung auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.

Insbesondere ist auch davon auszugehen, dass das Bundesamt den Kläger vor Erlass der streitgegenständlichen Unzulässigkeitsentscheidung ordnungsgemäß nach § 29 Abs. 2 Satz 2 AsylG angehört hat. Der Kläger hat sich vor dem Bundesamt am 24. Februar 2016 wie oben dargestellt geäußert. Dies ist im Sinne des Art. 34 Abs. 1 Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) als ausreichende Anhörung anzusehen (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 21.11.2017 – 1 C 39/16 -, juris Rn. 31, 36), auch wenn der dem Kläger zusätzlich zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 71a AsylG am 5. September 2016 übersandte Fragebogen nicht zugestellt werden konnte und das Bundesamt darauf nicht mehr reagiert hat. Denn aus den Angaben des Klägers in der persönlichen Anhörung am 24. Februar 2016 war erkennbar, dass er den Zweitantrag nicht mit neuen Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne des § 51 Abs. 1 – 3 VwVfG begründete, sondern sein Vorbringen allein auf eine aus seiner Sicht fehlerhafte Sachentscheidung der schwedischen Behörden stützte. Dies stellt eine Situation dar, in der nach § 71a Abs. 2 Satz 2 von der nach § 25 AsylG (weiteren) erforderlichen Anhörung abgesehen werden kann (vgl. Hailbronner, Asylverfahrensgesetz, Stand August 2017, § 71a AsylG Rn. 25).

b. Auch die Rechtmäßigkeit der nach § 34 Abs. 1 i.V.m. §§ 71a Abs. 4, 36 Abs. 1 AsylG ausgesprochenen Abschiebungsandrohung und die Befristung des Einreise – und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

c. Für die im Hilfsantrag begehrte Feststellung des Bestehens eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG ergeben sich weder aus dem Vorbringen des Klägers noch in sonstiger Weise Anhaltspunkte. Insofern wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die Gründe des streitgegenständlichen Bescheides Bezug genommen.

Demnach war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG.

Tenor

1. Die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der unter den gerichtlichen Aktenzeichen AN 4 K 17.30923, AN 4 K 17.30959, AN 4 K 17.30966, AN 4 K 17.30969 und AN 4 K 17.30971 anhängigen Klagen werden abgelehnt.

2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Bei den Antragstellern handelt es sich um kasachische Staatsangehörige tschetschenischer Volkszugehörigkeit und muslimischen Glaubens. Die Antragsteller sind nach eigenen Angaben am 12. Dezember 2013 mit dem PKW von Polen aus in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und haben am 17. bzw. 18. Dezember 2013 einen formellen Asylantrag gestellt.

Aufgrund von Eurodac-Treffern stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) im Laufe des Verfahrens fest, dass die Antragsteller zuvor bereits in Polen Asyl beantragt hatten, und richtete ein Wiederaufnahmeersuchen an Polen. Mit Schreiben vom 3. Februar 2014 (Blatt 74 der Bundesamtsakte) teilte Polen in englischer Sprache sinngemäß mit, dass das Übernahmeersuchen der Bundesrepublik Deutschland betreffend die Antragsteller in Übereinstimmung mit Art. 18 Abs. 1 Buchst. d) der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 gestellt worden sei.

Mit Bescheiden vom 19. Februar 2014 stellte das Bundesamt in Ziffer 1 jeweils fest, dass der Asylantrag unzulässig ist, und ordnete in Ziffer 2 jeweils die Abschiebung nach Polen an.

Die hiergegen unter den gerichtlichen Aktenzeichen AN 4 K 14.30342, AN 4 K 14.30334, AN 4 K 14.30336, AN 4 K 14.30338 und AN 4 K 14.30340 geführten Klagen vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach führten mit Urteil der 4. Kammer vom 9. Juli 2014 zur Aufhebung der Bescheide vom 19. Februar 2014 in der jeweiligen Ziffer 2 (Abschiebungsanordnung nach Polen).

Mit Schreiben vom 10. Februar 2015 teilte das Bundesamt der Ausländerbehörde des Landratsamtes … mit, dass eine Überstellung der Antragsteller in den Dublin-Mitgliedsstaat (Polen) nicht mehr möglich sei und die in der Bundesrepublik gestellten Asylanträge daher als Zweitanträge gemäß § 71 a AsylG gewertet würden.

Mit Schreiben jeweils vom 10. Februar 2015 übersandte das Bundesamt den Antragstellern einen Fragebogen hinsichtlich der in Polen gestellten Anträge auf internationalen Schutz.

Mit Schriftsatz vom 25. Februar 2015 zeigte sich der Antragstellervertreter gegenüber dem Bundesamt als Verfahrensbevollmächtigter an und forderte das Bundesamt dazu auf, das Asylverfahren durchzuführen und einen Anhörungstermin gemäß § 24 Abs. 1 Satz 3, § 25 AsylG zu bestimmen.

Mit weiterem Schreiben vom 25. April 2016 teilte der Antragstellerbevollmächtigte mit, dass die Überstellungsfrist gemäß Art. 20 Abs. 1 d Dublin-II-Verordnung bzw. Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-Verordnung am 14. Februar 2015 abgelaufen sei. Die Bundesrepublik Deutschland sei daher nunmehr zuständig für die Prüfung der Asylanträge. Es liege darüber hinaus kein Zweitantrag vor, sondern dass Erstantragsverfahren sei weiter fortzuführen.

Mit Bescheiden vom 13. bzw. 14. Februar 2017 lehnte das Bundesamt die Anträge in Ziffer 2 jeweils als unzulässig ab. Darüber hinaus wurde in Ziffer 2 festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. Die Antragsteller wurden in Ziffer 3 aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheids zu verlassen. Gleichzeitig wurde die Abschiebung - in erster Linie - nach Kasachstan angedroht. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde in Ziffer 4 des Bescheids auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Republik Polen dem Bundesamt mit Schreiben vom 3. Februar 2014 bzw. 4. Februar 2014 mitgeteilt habe, dass das Verfahren zur Prüfung eines Antrages auf internationalen Schutz in Polen erfolglos abgeschlossen worden sei. Nach dem Scheitern des Dublin-Verfahrens werde nunmehr im sogenannten nationalen Verfahren entschieden. Da die Antragsteller bereits in einem sicheren Drittstaat gemäß § 26 a AsylG ein Asylverfahren erfolglos betrieben hätten, würde es sich bei dem erneuten Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland um einen Zweitantrag i.S.d. § 71 a AsylG handeln. Demnach sei ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorlägen. Da eine Begründung des Zweitantrages nicht erfolgt sei, sei dieser somit als unzulässig abzulehnen.

Mit bei Gericht am 21. sowie am 22. Februar 2017 eingegangenen Schriftsätzen ließen die Antragsteller unter den gerichtlichen Aktenzeichen AN 4 K 17.30923, AN 4 K 17.30959, AN 4 K 17.30966, AN 4 K 17.30969 und AN 4 K 17.30971 jeweils Klage gegen die Bundesamtsbescheide vom 13. bzw. 14. Februar 2017 erheben und gleichzeitig sinngemäß beantragen, die aufschiebende Wirkung der Klagen anzuordnen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Verfahrensbestimmungen für die Ablehnung eines Zweitantrages gemäß § 71 a AsylG nicht erfüllt seien. Denn die Antragsteller seien zu den maßgeblichen Tatsachen des Zweitantrages (materielle Fluchtgründe und Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG) nicht angehört worden, wie dies nach § 71 a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 24 Abs. 1 Satz 3 AsylG vorgeschrieben sei. Hinsichtlich des Antragstellers zu 1) im Verfahren AN 4 S. 17.30922 liege darüber hinaus ein Vollstreckungshindernis vor. Der Antragsteller zu 1) sei im Jahre 2014 zweimal stationär im … behandelt worden. Auslöser sei ein Suizidversuch gewesen. Der Antragsteller zu 1) sei seither stetig in Behandlung, werde immer wieder stationär aufgenommen. Er leide nach wie vor an einer schweren depressiven Episode bei Zustand nach Suizidversuch durch Erhängen, akute Belastungsreaktion, posttraumatische Belastungsstörung usw. Der Antragstellervertreter nahm Bezug auf die beigelegten ärztlichen Atteste vom 7. März 2014, vom 23. Juli 2014, vom 18. Juni 2015 und vom 4. März 2016.

Mit bei Gericht am 3. März 2017 eingegangenem Schreiben beantragte das Bundesamt für die Antragsgegnerin, die Anträge gemäß § 80 Abs. 5 VwGO abzulehnen.

Mit bei Gericht am 16. März 2017 eingegangenem Schriftsatz übergab der Antragstellervertreter zu den Akten des Gerichts ein ärztliches Attest des Facharztes für Psychiatrie/Psychotherapie, …, vom 15. März 2017.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, einschließlich den darin enthaltenen Schriftsätze, Bezug genommen.

II.

Die Verfahren werden gemäß § 93 Satz 1 VwGO zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Die zulässigen Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 71 a Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 3 AsylG, § 80 Abs. 5 VwGO sind unbegründet, weil keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bundesamtsbescheide bestehen.

Der Prüfungsmaßstab ergibt sich im Falle eines sogenannten Zweitantrages i.S.v. § 71 a AsylG aus der Vorschrift des § 36 Abs. 4 AsylG, welcher gemäß § 71 a Abs. 4 AsylG anzuwenden ist, wenn ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt wurde, der Zweitantrag also erfolglos war.

Nach § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG darf die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Von ernstlichen Zweifeln ist jedoch nur dann auszugehen, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird (Beck’scher online Kommentar, Ausländerrecht, Kluth/Heusch, Stand 1.11.2016, § 36 Rn. 37 unter Hinweis auf BVerfGE 94, 166).

Da das Gericht den Feststellungen und der Begründung der angefochtenen Bescheide folgt, wird von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 77 Abs. 2 AsylG abgesehen und nur noch ergänzend, unter Berücksichtigung der im gerichtlichen Verfahren vorgetragenen Argumente und im Hinblick auf den maßgeblichen Zeitpunkt der heutigen gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG), wie folgt ausgeführt:

1. Es bestehen zunächst schon keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Bundesamt über die Asylanträge der Antragsteller zu Recht als sogenannte Zweitanträge i.S.v. § 71 a AsylG entschieden hat.

Insoweit stützt sich das Gericht auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2016 (1C 4/16). Darin hat sich das Bundesverwaltungsgericht unter anderem mit dem Problem beschäftigt, wann ein Asylverfahren in einem anderen Mitgliedsstaat als erfolglos abgeschlossen im Sinne des § 71a Abs. 1 AsylG anzusehen ist (BVerwG, aaO, Rn. 24 ff.): „Ein erfolgloser Abschluss des in einem anderen Mitgliedstaat betriebenen Asylverfahrens setzt voraus, dass der Asylantrag entweder unanfechtbar abgelehnt oder das Verfahren nach Rücknahme des Asylantrags bzw. dieser gleichgestellten Verhaltensweisen endgültig eingestellt worden ist.“ (Rn. 29). Weiter heißt es: „Der Verwaltungsgerichtshof ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Frage, ob ein in einem anderen Mitgliedstaat zuvor betriebenes Asylverfahren dort durch bestandskräftige Ablehnung oder endgültige Einstellung beendet worden ist, insgesamt nach dem betreffenden ausländischen Asylverfahrensrecht richtet. § 71a Abs. 1 AsylG knüpft an einen abgeschlossenen, im Ausland geschehenen Vorgang an, der insgesamt dem ausländischen Recht unterfällt. Der enge Zusammenhang des Verwaltungsakts und seiner Bestandskraft gebietet, die Frage, ob eine ausländische Verwaltungsentscheidung noch anfechtbar bzw. revidierbar ist, nach ausländischem und nicht deutschem Recht zu beantworten. Die Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten lässt zwar Raum dafür, die Rechts- und Bestandskraft einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung als Tatbestandsvoraussetzung für die innerstaatliche Rechtsanwendung heranzuziehen; sie erlaubt aber keine Erstreckung des nationalen Verfahrensrechts auf die Beurteilung dieser Vorfrage.“ (Rn. 33).

Daraus lässt sich für die hier zur Entscheidung stehenden Fälle ableiten, dass die Mitteilung des Mitgliedsstaates oder die anderweitig ermittelten Tatsachen eine Prüfung des Bundesamts nach sich ziehen müssten, ob nach dem Recht des betroffenen Mitgliedsstaates die Voraussetzung des erfolglosen Abschlusses des Asylverfahrens zu bejahen ist, um den Anwendungsbereich des § 71a AsylG zu eröffnen.

In den vorliegenden Asylverfahren hatte die Republik Polen durch Schreiben vom 3. und 4. Februar 2014 lediglich mitgeteilt, dass das Übernahmegesuch für die Antragsteller im Einklang mit Art. 18 Abs. 1 lit.d) der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 steht („Your request for transfer of responsibility for the above named from Germany to Poland is met in accordance with article 18(1) d of Regulation (EU) of the European Parliament and of the Council No 604/2013.“).

In Art. 18 Abs. 1 lit. d) der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 ist jedoch nur geregelt, dass der Mitgliedsstaat zu einer Wiederaufnahme des Asylsuchenden, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, verpflichtet ist.

Es schließt sich daher nun die Frage an, ob das Bundesamt in den vorliegenden Fällen verpflichtet war, das Vorliegen der Voraussetzung, dass ein Asylverfahren im Mitgliedstaat erfolglos, wie es das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 14. Dezember 2016 ausgelegt hat, durchgeführt worden ist, weitergehend zu prüfen, weil vom Mitgliedsstaat letztlich allein auf Art. 18 Abs. 1 lit. d) der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 hingewiesen worden ist. Das Schreiben der Republik Polen vom 3. und 4. Februar 2014 lässt sich zwar dahin gehend auslegen, dass die Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 1 lit. d) der Verordnung (EU) Nr. 604/2013, also auch das erfolglos abgeschlossene Verfahren der Antragsteller in Polen, bejaht worden sind. Zwingend ist diese Lesart jedoch nicht.

Insoweit ist allerdings maßgeblich zu berücksichtigen, dass das Bundesamt - im Rahmen der ihm obliegenden Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 71a AsylG und des grundsätzlich bestehenden Amtsermittlungsgrundsatzes - aufgrund der aktenkundigen Umstände keinen Anlass hatte, den erfolglosen Abschluss des Asylverfahrens im Sinne von § 71a AsylG bzw. Art. 18 Abs. 1 lit. d) der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 in Polen anzuzweifeln.

So verfügte das Bundesamt einerseits über die besagte Information aus Polen durch das Schreiben vom 3. bzw. 4. Februar 2014. Hinzu kommt, dass das Bundesamt den Antragstellern durch den Fragebogen „Zum Sachstand des Verfahrens für die Zuerkennung des internationalen Schutzes“ jeweils vom 10. Februar 2015 Gelegenheit gegeben hatte, sich zum Ausgang des Verfahrens zu äußern. Insoweit haben die Antragsteller jedoch jegliche Angaben verweigert und durch ihren Bevollmächtigten mit Schriftsätzen vom 25. Februar 2015 und vom 25. April 2016 lediglich darauf hinweisen lassen, dass die Überstellungsfrist abgelaufen und daher das Asylverfahren in Deutschland durchzuführen sei. Das Bundesamt hat somit sämtliche, ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Sachverhaltsaufklärung ausgeschöpft.

Die Antragsteller hingegen sind ihrer Mitwirkungspflicht gemäß § 15 Abs. 1 AsylG nicht nachgekommen.

Im Rahmen der Klageerhebung teilte der Vertreter der Antragsteller darüber hinaus mit, dass davon auszugehen sei, dass in Polen ein Asylverfahren erfolglos im Sinne des § 71a AsylG abgeschlossen worden sei.

Aus diesem Grund durfte auch das Bundesamt annehmen, dass die maßgebliche Voraussetzung des § 71a AsylG für die Behandlung der Asylanträge als Zweitanträge erfüllt ist.

2. Keinen ernstlichen Zweifeln begegnet darüber hinaus der Umstand, dass das Bundesamt keine persönliche Anhörung der Antragsteller durchgeführt hat.

Insoweit sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die gesetzliche Regelung hinsichtlich des Anhörungserfordernisses im Rahmen des Zweitantrags durchaus nicht vollkommen widerspruchsfrei ist: So wird in § 71a Abs. 2 AsylG zwar - unter anderem - auf die Vorschrift des § 25 AsylG verwiesen. Zudem wird in Satz 2 geregelt, dass von einer Anhörung abgesehen werden kann, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. Demgegenüber ist in dem seit 6. August 2016 neu gefassten § 29 Abs. 2 AsylG festgelegt, dass das Bundesamt im Falle eines Zweitantrags nach § 71a AsylG29 Abs. 1 Nr. 5, 2. Alt. AsylG) keine persönliche Anhörung des Antragstellers durchführt, sondern diesem lediglich Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Abs. 3 AsylG gibt.

Vorliegend hat das Bundesamt den Antragstellern mit den jeweiligen Schreiben vom 10. Februar 2015 jedenfalls Gelegenheit zur Stellungnahme im Sinne von §§ 29 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. 71 Abs. 3 Satz 1 AsylG gegeben.

Nach der mutmaßlichen gesetzgeberischen Intention ist mit der Neufassung des § 29 AsylG und hier insbesondere mit der Formulierung in § 29 Abs. 2 Satz 2 AsylG davon auszugehen, dass eine persönliche Anhörung im Rahmen eines Zweitantrages im Sinne von § 71a AsylG nicht mehr Voraussetzung sein soll, vgl. zu dieser Thematik den ausführlichen Beschluss der 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 11. Januar 2017, AN 2 S. 16.32491 - juris. Daher führt die unterbliebene persönliche Anhörung im Rahmen des Zweitantrages nicht zu einem Verfahrensmangel, der geeignet wäre, ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids begründen.

3. Hinsichtlich der Erkrankung des Antragstellers zu 1) im Verfahren AN 4 S. 17.30922 bestehen ebenfalls keine ernstlichen Zweifel, was die Verneinung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz AufenthG durch das Bundesamt angeht.

Zwar wurde die Abschiebungsanordnung nach Polen im Bescheid vom 19. Februar 2014 durch die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Ansbach wegen der Erkrankung des Antragstellers zu 1) durch Urteil vom 9. Juli 2014 aufgehoben. Dabei ging es jedoch nicht um ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot, welches das Bundesamt bei seiner Entscheidung gemäß § 71a Abs. 4 i.V.m. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG zu prüfen hat, sondern nur um ein inländisches Vollstreckungshindernis im Rahmen der Entscheidung nach § 34 a AsylG in Form der Reiseunfähigkeit. Dass insoweit eine Reiseunfähigkeit bejaht wurde, bedeutet allerdings nicht, dass ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot vorliegen muss, auch wenn es sich möglicherweise um dieselbe zugrunde liegende Erkrankung handelt.

Das vom Antragsteller zu 1) geltend gemachte (zielstaatsbezogene) Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG setzt nämlich voraus, dass für den Ausländer im Abschiebezielstaat („dort“) eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht.

Es muss sich um eine einzelfallbezogene („für den Ausländer“), erhebliche und konkrete Gefahrensituation handeln, deren Verwirklichung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (Heusch/Haderlein/Schönenbroicher, Das neue Asylrecht, München 2016, Rn.123).

Bezogen auf die im vorliegenden Verfahren behauptete Gefahr der krankheitsbedingten Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Antragstellers zu 1) bei Abschiebung nach Kasachstan sind zudem die gesetzlichen Vorgaben in § 60 Abs. 7 Satz 2 bis 4 AufenthG zu beachten. Demnach liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden (Satz 2). Dabei ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (Satz 3). Gemäß Satz 4 liegt eine ausreichende medizinische Versorgung in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist.

Der Vortrag des Antragstellers begründet nach Auffassung des Gerichts keine beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG.

Im Falle einer sog. Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und anderer schwerwiegender psychischer Erkrankungen sind aufgrund der Unschärfe des Krankheitsbildes und ausweislich der Gesetzesbegründung hohe Anforderungen an die Darlegung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen zu stellen: „Eine solche schwerwiegende Erkrankung kann hingegen zum Beispiel in Fällen von PTBS regelmäßig nicht angenommen werden: In Fällen einer PTBS ist die Abschiebung regelmäßig möglich, es sei denn, die Abschiebung führt zu einer wesentlichen Gesundheitsgefährdung bis hin zu einer Selbstgefährdung.“ (BT-Drs. 18/7538, S. 18).

Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht die Anforderungen, die an ein fachärztliches Attest zu stellen sind wie folgt konkretisiert: „(…) Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen.“ (BVerwG, U.v. 11.9.2007 - 10 C 8/07 -, BVerwGE 129, 251-264, Rn. 15).

Diesen Anforderungen werden die vorgelegten Atteste bei Weitem nicht gerecht:

So stellt auch das aktuell vorgelegte Attest vom 15. März 2017 von Herrn …, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie (Bl. 87 ff. der Gerichtsakte) keinen Beleg dafür dar, dass sich die psychische Erkrankung des Antragstellers zu 1) bei Abschiebung nach Kasachstan wesentlich im Sinne der oben beschriebenen Existenzialgefahr verschlechtern würde.

Es ist zwar davon die Rede, dass bei Abschiebung eine deutliche Verschlechterung, bis hin zu suizidalen Handlungen zu erwarten sei. Doch worauf diese Einschätzung beruht und weshalb der behandelnde Arzt von einer „deutlichen Verschlechterung“ im Falle einer Abschiebung nach Kasachstan ausgeht, erschließt sich anhand des Attestes nicht.

Letztlich wird im Wesentlichen auf die stationären Aufenthalte des Antragstellers zu 1) im Jahre 2014 Bezug genommen. Eine Verschlechterung seines Zustandes gegenüber den ärztlichen Feststellungen aus dem Jahre 2014, wonach der Antragsteller zu 1) „in gebessertem psychischen Zustand und bei fehlender Selbst- und Fremdgefährdung“ (vgl. Vorläufiger Entlassungsbericht, … vom 7. März 2014, Bl. 150 ff. der Bundesamtsakte) und „in stabilisiertem Zustand“ (vgl. Vorläufiger Entlassungsbericht, … vom 23. Juli 2014, Bl. 22 ff. der Gerichtsakte) entlassen werden konnte, wird nicht vorgetragen. Vielmehr stellt der Therapeut selbst fest, dass „aktuell keine akute manifeste Suizidalität, keine Selbstverletzungstendenzen“ bestünden.

Hinsichtlich des im Attest angedeuteten Fluchtgrundes und der angeblichen Ursache für die psychische Erkrankung („Blutrache“) kommt der Antragsteller zu 1) seiner Darlegungslast zudem in keiner Weise nach. Wenn es sich dabei tatsächlich um den Umstand handeln sollte, der die angebliche Traumatisierung hervorgerufen hat und einer Rückkehr wegen etwaiger sog. Flash-Backs oder anderer psychologischer Folgen, worüber das Attest jedoch ebenfalls keine Auskunft gibt, entgegenstehen sollte, ist vollkommen unverständlich, weshalb auf diese Geschehnisse auch im gerichtlichen Verfahren nicht - hinreichend konkret und substantiiert - eingegangen worden ist.

Dass die vom Psychotherapeuten verordneten Medikamente in Kasachstan nicht erhältlich oder für den Antragsteller zu 1) dort nicht erreichbar sind, wird nicht vorgetragen. Weitere therapeutische Maßnahmen sind gar nicht erst verordnet worden.

Nach alledem ist nach gegenwärtigem Sachstand nicht von einem Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG im Falle der Abschiebung des Antragstellers zu 1) nach Kasachstan auszugehen. Für die übrigen Antragsteller wurde nichts vorgetragen.

4. Soweit sich die Eilanträge darüber hinaus auch gegen das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot mit Befristungsentscheidung - hier jeweils auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung - in Ziffer 4) der Bescheide vom 13. bzw. 14. Februar 2017 richten sollte, sind diese ebenfalls abzulehnen. Sie sind jedenfalls unbegründet, da das Vollzugsinteresse in Ermangelung von Anhaltspunkten für die Rechtswidrigkeit und Unangemessenheit der Befristungsentscheidung gegenüber dem Suspensiveffekt überwiegt und die von der Antragsgegnerin getroffenen Ermessensentscheidungen bei der insoweit auf den Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO beschränkten gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeit nicht zu beanstanden sind.

Nach alledem waren die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen, so dass die Antragsteller gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen haben.

Gerichtskosten werden jedoch gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylG unanfechtbar.

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Der Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens als Gesamtschuldner.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger sind nach den Angaben der Kläger zu 1 und 2 armenische Staatsangehörige mit armenischer Volks- und armenisch-orthodoxer Religionszugehörigkeit. Sie seien im März 2015 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und beantragten am 06.05.2015 ihre Anerkennung als Asylberechtigte.

Am 06.05.2015 wurden den Klägern zu 1 und 2 gegen Unterschrift in ihrer Sprache wichtige Hinweise, insbesondere über ihre Mitwirkungspflichten, erteilt. Sie wurden darüber belehrt, dass sie jeden Wechsel ihrer Anschrift u.a. dem Bundesamt unverzüglich anzuzeigen haben.

Mit Schreiben der Regierung von Mittelfranken vom 26.03.2015 wurde den Klägern als Wohnsitz die dezentrale Unterkunft für Asylbewerber in der in zugewiesen.

Im Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens gab der Kläger zu 1 an, er habe für 4 Jahre 9 Monate in Belgien gelebt, bevor er nach Deutschland gekommen sei. Der Kläger zu 1 verneinte im Rahmen der Erstbefragung ausdrücklich die Frage, ob er neue Gründe und Beweismittel habe, die nicht in einem früheren Verfahren geltend gemacht worden seien und die ein neues Asylverfahren rechtfertigen sollten (Bl. 71 d.A.). Die Klägerin zu 2 gab als Aufenthaltszeitraum in Belgien „fast 5 Jahre“ an, bevor sie nach Deutschland weitergereist sei. Sie verneinte anlässlich der Erstbefragung ebenfalls ausdrücklich die Frage, ob sie neue Gründe und Beweismittel habe, die nicht in einem früheren Verfahren geltend gemacht worden seien und die ein neues Asylverfahren rechtfertigen sollten (Bl. 79 d.A.). Anlässlich der Zweitbefragung schilderten die Kläger zu 1 und 2 u.a. Probleme, die sie in Belgien gehabt hätten. In der Zeit von 20.04.2015 bis 23.04.2015 war der Kläger zu 1 stationär im Klinikum Bamberg untergebracht (Diagnose: paranoide Schizophrenie; Medikation: Zyprexa 5 mg [Generikum: Olanzapin]).

Nachdem das Bundesamt ein Dublin-Verfahren eingeleitet hatte, lehnte es mit Bescheid vom 06.10.2015 die Asylanträge als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung der Kläger nach Belgien an. Für die Möglichkeit der Überstellung nach Belgien war ein Zeitraum bis zum 30.12.2015 vermerkt. Gegen den Dublin-Bescheid ließen die Kläger durch ihren damaligen Bevollmächtigten Klage erheben (Az. B 1 K 15.50271). Eine Überstellung der Kläger nach Belgien unter ärztlicher und polizeilicher Begleitung wurde behördlicherseits für den 02.12.2015 konkret vorbereitet, die Bundespolizei wurde entsprechend verständigt und es wurden Laissez-passer-Dokumente erstellt.

Am 10.11.2015 teilte die damalige Bevollmächtigte der Kläger dem Verwaltungsgericht mit, dass sich die Kläger bis zum 31.12.2015 im Kirchenasyl befänden. Die vorgesehene Landabschiebung wurde daraufhin storniert.

Nach Ablauf der Überstellungsfrist hob das Bundesamt den Dublin-Bescheid teilweise auf, im Übrigen wurde der Bescheid mit Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 01.02.2016 aufgehoben.

Am 14.02.2017 wandte sich das Bundesamt wegen der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots an die vormals Bevollmächtigten der Kläger und gab die Möglichkeit zur Äußerung. Von dort erhielt das Bundesamt am 17.02.2017 die Mitteilung, dass das Mandatsverhältnis nicht weiter fortbestehe und die Mandanten nicht weiter vertreten würden. Am 20.02.2017 wandte sich das Bundesamt an die Kläger persönlich und gab ihnen Gelegenheit zur Äußerung. Das Schreiben war an die Anschrift der Kläger in der in gerichtet und kam als unzustellbar beim Bundesamt in Rücklauf, weil die Adressaten unter der angegebenen Anschrift nicht hätten ermittelt werden können.

Mit Bescheid vom 07.03.2017 lehnt das Bundesamt die Anträge (Zweitanträge) der Kläger als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Die Kläger wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen. Sollten die Kläger die Ausreisefrist nicht einhalten, werden sie nach Armenien abgeschoben. Die Kläger könnten auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürften oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet sei (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen. Darin wird u.a. erläutert, dass die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nicht vorlägen und keine Abschiebungsverbote gegeben seien, insbesondere kein krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot zugunsten des Klägers zu 1. Unter Berücksichtigung der Auskunftslage (wird ausführlich erläutert) und der vorgelegten ärztlichen Unterlagen sei nicht davon auszugehen, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers zu 1 bei einer Rückkehr in das Heimatland alsbald wesentlich oder gar lebensbedrohlich verändern würde. Die vorgebrachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien auch in Armenien behandelbar, etwaige erforderliche Medikamente stünden zumindest als Substitute zur Verfügung. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass eine ärztliche Behandlung des Klägers zu 1 in Armenien nicht finanzierbar wäre, zumal dem bisherigen Sachvortrag auch zu entnehmen gewesen sei, dass der Kläger zu 1 bereits vor seiner Ausreise aus Armenien erkrankt gewesen sei.

Der Bescheid vom 07.03.2017 sollte den Klägern unter der dem Bundesamt bekannten Anschrift in der in zugestellt werden. Auch in diesem Fall kam die Sendung beim Bundesamt als unzustellbar in Rücklauf, weil die Adressaten unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln waren. Als Tag des erfolglosen Zustellversuchs ist der 09.03.2017 vermerkt. Mit Vermerk vom 07.04.2017 stellte das Bundesamt fest, dass lt. Visa keine aktuelle Adresse bekannt sei und die Zustellung des Bescheids nach § 10 Abs. 2 AsylG an die zuletzt bekannte Adresse mit der Aufgabe zur Post als bewirkt gilt. Am 21.04.2017 teilte das Bundesamt dem Landratsamt – Ausländerbehörde – mit, dass der Bescheid vom 07.03.2017 bestandskräftig geworden sei. Es wurde gebeten, nach Vollzug der Abschiebungsandrohung dem Bundesamt das Vollzugsdatum mitzuteilen.

In einem Vermerk des Bundesamts vom 19.05.2017 ist u.a. festgehalten, dass an diesem Tag eine neue Anschrift der Kläger erfasst worden sei ( in ). Zum Zeitpunkt der Zustellung des Bescheids habe dem Bundesamt keine aktuelle Adresse der Kläger vorgelegen, somit erfolge nur eine nochmalige Zustellung (Kopie) des Bescheids an die neue Adresse aufgrund einer Bitte der Ausländerbehörde. Mit Anschreiben vom 19.05.2017 wurde den Klägern der Bescheid des Bundesamts als „KOPIE“ nochmals für ihre Unterlagen übermittelt.

Am 26.05.2017 ließen die Kläger durch ihren aktuellen Bevollmächtigten Klage gegen den Bescheid vom 07.03.2017 erheben sowie um vorläufigen Rechtschutz nachsuchen (Az. B 1 S 17.31990).

Zur Begründung wird ausführlich gerügt der Ablauf des Verfahrens nach § 71a AsylG. Ferner wird eingehend erläutert, dass zugunsten des Klägers zu 1 ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen sei.

Im Einzelnen wird ausgeführt, es sei unzutreffend, dass den Klägern effektiv eine Gelegenheit gegeben worden sei, die Gründe für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens in Deutschland und Gründe, die einer Rückkehr in das Herkunftsland entgegenstünden, geltend zu machen. Es habe weder eine persönliche Anhörung der Kläger stattgefunden noch seien die Kläger aufgefordert worden, die Wiederaufnahmegründe schriftlich vorzubringen. Die von der Beklagten in Bezug genommene Zweitbefragung zum Dublin-Verfahren könne nicht als persönliche Anhörung angesehen werden. Die Kläger seien hierbei gerade nicht im Hinblick auf etwaige Wiederaufnahmegründe und (Nach-)Fluchtgründe befragt worden. Die Verfahrensbestimmungen für die Ablehnung eines Zweitantrages nach § 71a AsylG seien nicht erfüllt. Eine effektive Anhörung zu den maßgeblichen Tatsachen des Zweitantrages sei nicht erfolgt, wie dies jedoch gesetzlich vorgeschrieben sei. Es sei des Weiteren nicht davon auszugehen, dass in Belgien ein Asylverfahren erfolglos im Sinne des § 71a AsylG abgeschlossen worden sei. Ein asylrechtlicher Zweitantrag, der bei Fehlen neuen Vorbringens ohne Sachprüfung als unzulässig abgelehnt werden könne, liege nicht vor, wenn das vor Zuständigkeitsübergang auf Deutschland in einem anderen Mitgliedsstaat ohne Sachentscheidung eingestellte Asylverfahren nach dortiger Rechtslage wieder aufgenommen werden könne und dann zur umfassenden Prüfung des Asylantrages führe. Die Behandlung als Zweitantrag sei hier rechtswidrig, weil dies ein erfolglos abgeschlossenes Asylverfahren in einem sicheren Drittstaat voraussetze. Ein solches liege nicht vor, wenn das in diesem Staat betriebene und ohne Sachentscheidung eingestellte Asylverfahren nach dessen Rechtsordnung in der Weise wieder aufgenommen werden könne, dass eine volle sachliche Prüfung des Antrages stattfinde. Der angegriffene Bescheid enthalte keine Feststellungen dahingehend, dass für die Kläger keine Möglichkeit bestünde, das in Belgien eingeleitete Asylverfahren ohne inhaltliche Beschränkung ihres Vortrages wie ein Erstverfahren weiterzubetreiben. Das Bundesamt stelle lediglich lapidar fest, dass Belgien mitgeteilt habe, dass das Verfahren auf internationalen Schutz erfolglos abgeschlossen wäre. Ob ein Verfahren im Sinne des § 71a Abs. 1 AsylG erfolglos abgeschlossen sei, sei eine Frage der rechtlichen Bewertung und könne einen dieser Rechtsfrage zugrunde liegenden Sachverhalt nicht ersetzen. Konkrete Tatsachen, die die von der Beklagten gezogene Schlussfolgerung zulassen würden, seien gerade nicht festgestellt worden.

Ferner bestünden ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Beklagten, weil diese nicht einmal entscheiden könne, ob Wiederaufnahmegründe vorlägen, wenn nicht bekannt sei, welche Gründe die Kläger in ihrem Erstverfahren in Schweden (gemeint: Belgien) vorgebracht hätten. Damit seien konkrete Feststellungen zum dortigen Vorbringen nicht getroffen worden. Ferner habe das Bundesamt auch nicht die Akten über das Verfahren in Schweden (gemeint: Belgien) beigezogen. Es sei deshalb schon nicht ersichtlich, auf welche Tatsachengrundlage das Bundesamt seine Entscheidung stütze. Eine richtige Beurteilung möglicher Wiederaufnahmegründe ohne Kenntnis über das Vorbringen im Rahmen des Asylverfahrens im anderen Mitgliedsstaat sei nicht möglich.

Ferner bestehe bezüglich des Klägers zu 1 mit Blick auf Armenien ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG, da ihm im Falle seiner Abschiebung eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben drohe. Beim Kläger zu 1 seien fachpsychiatrisch jedenfalls zwei schwerwiegende Diagnosen gesichert. Es bestünden eine paranoid-halluzinatorische Schizophrenie und eine anhaltende posttraumatische Veränderung der Persönlichkeit. Dies führe in Erregungszuständen zu Erstickungsanfällen.

Der Kläger zu 1 habe sich bereits in stationärer psychiatrischer Behandlung im Klinikum Bamberg vom 20.04.2015 bis 23.04.2015 befunden und sei seit 06.05.2015 in ambulanter Psychotherapie bei einem Facharzt für Neurologie bzw. Psychiatrie und Psychotherapie. Der Kläger zu 1 verfüge in Armenien über keinerlei soziale und familiäre Bindungen. Die Krankheiten des Klägers zu 1 stellten ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis dar (wird näher erläutert). Eine Behandelbarkeit der Krankheiten des Klägers zu 1 sei in Armenien nicht möglich. Die psychiatrische Erkrankung sei auf traumatische Erlebnisse in Armenien zurückzuführen. Deshalb sei davon auszugehen, dass bei seiner Rückkehr eine Retraumatisierung eintrete. Ferner ergebe sich ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis hier aus der finanziellen Leistungsunfähigkeit des Klägers zu 1, die auf der krankheitsbedingten Erwerbsunfähigkeit beruhe. In Armenien bestehe kein funktionierendes staatliches Krankenversicherungssystem, eine kostenlose medizinische Versorgung gebe es nur auf dem Papier. Dringende medizinische Hilfe werde in Notfällen gewährt. Mittellose Patienten würden minimal versorgt, dann aber nach einigen Tagen „auf eigenen Wunsch“ entlassen, wenn sie die Behandlungskosten nicht aufbringen könnten. In solchen Fällen erfolge dann die weitere Behandlung ambulant oder durch die Familie. Es sei daher mit großer Sicherheit davon auszugehen, dass dem Kläger zu 1 eine kostenlose Behandlung in Armenien nicht zur Verfügung stehe. Die notwendige Medikation sei für den Kläger höchstwahrscheinlich nicht zu erlangen. Er könne in Armenien nicht für seinen Lebensunterhalt sorgen, wäre vielmehr auf staatliche Unterstützung angewiesen. Die Gefahr für den Kläger zu 1 sei auch erheblich. Es bestehe eine krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit. Fachpsychiatrisch sei festgestellt worden, dass der Kläger zu 1 im Falle der Unterbrechung der Behandlung und Rückkehr nach Armenien die Gefahr laufe, selbstgefährdende Handlungen bis hin zu Suizidhandlungen vorzunehmen. Es sei mithin in einem solchen Fall mit einer zunehmenden Verschlimmerung zu rechnen. Es sei davon auszugehen, dass sich die Gefahr nicht ausschließlich aus der Abschiebung als solcher ergebe, sondern es sich zumindest auch um eine Gefahr handele, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sei.

Vorgelegt wurde der endgültige Entlassbrief des Klinikums Bamberg bezüglich des Aufenthalts vom 22.04.2015 bis 23.04.2015 mit der Diagnose paranoide Schizophrenie (F20.0). Ferner wurde ein Bericht des Klinikums Bamberg für einen stationären Aufenthalt vom 20.04.2015 bis 21.04.2015 mit derselben Diagnose vorgelegt. Schließlich wurden Atteste des behandelnden Facharztes vom 09.03.2016 und 23.05.2017 vorgelegt. Danach leide der Kläger zu 1 an einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie (F20.0) und einer anhaltenden traumatischen Veränderung der Persönlichkeit (F62.0). Als internistische Begleiterkrankung sei ein Asthma bronchiale bekannt, das in Erregungszuständen zu Erstickungsanfällen führe. Im Vordergrund stünden aber die genannten psychiatrischen Leiden. Der Kläger zu 1 werde wegen der paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie mit Olanzapin 10 mg behandelt. Neben weiteren Ausführungen wird in dem Attest bestätigt, dass eine Rückführung in das Heimatland Armenien in Bezug auf die Krankheitsentwicklung ohnehin eine Katastrophe wäre, da dort die Möglichkeit einer intensiven psychiatrischen Behandlung mit intensiven psychiatrischen Gesprächen und einer adäquaten neuroleptischen Therapie nicht möglich sei. Als behandelnder Nervenarzt empfehle der Facharzt der Behörde auf jeden Fall, der Familie des Klägers zu 1 einen weiteren Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen. Man müsse sich nur überlegen, was es im Übrigen für die an der Grenze zur Schulpflicht stehenden Kinder der Familie bedeute, in ihrem kurzen Leben mehrfach und wiederholt Länder und Sprachen zu wechseln, was ihrer Entwicklung äußerst abträglich sei und beim ältesten Sohn der Familie schon zu erheblichen Störungen der Sozialisation geführt habe. Auch bei den Kindern würde eine Rückführung nach Belgien oder gar Armenien einen erheblichen Schaden verursachen. Auf die weiteren Ausführungen in den Attesten wird Bezug genommen, darin wird u.a. erwähnt, dass im Augenblick (09.03.2016) der Kläger zu 1 durch die medikamentöse Therapie stabil sei, sein Denken sei sowohl formal als auch inhaltlich geordnet. Er sei krankheitseinsichtig und in der Lage, seine Angelegenheiten vollumfänglich zu regeln, er sei geschäftsfähig. In dem Attest vom 09.03.2016 wird weiter ausgeführt, dass auch eine posttraumatische Belastungsstörung (F43.1) angenommen werden müsse. Letzteres sei wohl durch eine traumatische Lebenssituation im vormaligen Gastland Belgien zu erklären.

Die Kläger beantragen,

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 07.03.2017, bekanntgegeben am 22.05.2017, wird aufgehoben.

Hilfsweise wird beantragt,

festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG im Blick auf Armenien bestehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung. Die Hauptsacheklage sei zu spät erhoben worden. Die dem Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung:sei nicht im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO fehlerhaft. Auf entsprechende gerichtliche Entscheidungen werde hingewiesen.

Mit Beschluss vom 04.07.2017 hat das Gericht den Rechtsstreit auf den Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Bereits mit Beschluss vom 09.06.2017 hat das Gericht die Anträge der Kläger nach § 80 Abs. 5 VwGO angelehnt (Az. B 1 S 17.31990). Die Klagen seien wegen Versäumung der Klagefrist bereits unzulässig.

Am 03.07.2017 ließen die Kläger einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO stellen (Az. B 1 S 17.32447), über den am 26.07.2017 entschieden wurde.

In jenem Verfahren ließen die Kläger geltend machen, es sei nicht zutreffend, dass die unter dem 26.05.2017 eingereichte Klage unzulässig sei, weil die einwöchige Klagefrist versäumt worden wäre. Die einwöchige Klagefrist sei hier nicht in Gang gesetzt worden. Es fehle an einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung:. Der streitgegenständliche Bescheid habe in der Rechtsbehelfsbelehrung:folgenden Passus enthalten:

„Die Klage muss den Kläger, die Beklagte und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen und in deutscher Sprache abgefasst sein.“

Zwar müsse eine Belehrung über das Formerfordernis nicht zwingend erfolgen, doch sei in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung:nicht nur dann unrichtig sei, wenn sie die zwingend geforderten Angaben nicht enthalte, es sei vielmehr von einer Unrichtigkeit auch dann auszugehen, wenn die Belehrung geeignet sei, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen. Die hier verwandte Rechtsbehelfsbelehrung:weise eine derartige Unrichtigkeit auf. Es könne der Eindruck erweckt werden, die Klage gegen den Bescheid müsse bei dem Verwaltungsgericht schriftlich eingereicht werden und der Betroffene habe selbst für die Schriftform zu sorgen. Es werden diverse verwaltungsgerichtliche Entscheidungen genannt, die diese Auffassung vertreten würden. Es sei davon auszugehen, dass das Verb „abfassen“ jedenfalls nach dem überwiegenden Sprachgebrauch in dem Sinne verstanden werde, dass einer Erklärung eine schriftliche Form gegeben werde. Teilweise werde allerdings eingewandt, dass der Rechtsbehelfsbelehrung:selbst bei einer Lesart des Begriffes „abfassen“ im Sinne eines schriftlichen Niederlegens nicht entnommen werden könne, dass der Betroffene selbst für die Schriftform zu sorgen hätte. Dies treffe insofern zu, als die Rechtsbehelfsbelehrung:angesichts der passivischen Verwendung des Verbs in der Form des Partizips Perfekt bzw. Partizips 2 i.V.m. mit dem Hilfsverb „müssen“ jedenfalls ihrem Wortlaut nach offen lasse, wer es sei, der die Klage in deutscher Sprache abzufassen habe. Wenn indessen daraus gefolgert werde, damit sei die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit einer mündlich zur Niederschrift des Verwaltungsgerichts erhobenen Klage eingeschlossen, da auch diese von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgefasst, nämlich zu Protokoll genommen werde, greife dies zu kurz. Dass der passivische Gebrauch des Verbs „abfassen“ formal logisch die Möglichkeit einer Klageerhebung zu Protokoll der Geschäftsstelle nicht ausgeschlossen erscheinen lasse, reiche für die Annahme der Richtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung:nicht aus. Entscheidend sei vielmehr, welche Vorstellungen die gegenständliche Formulierung bei lebensnaher Betrachtungsweise bei dem Adressaten eines Asylbescheides auslösen könne. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sich die Rechtsbehelfsbelehrung:nach ihrem Zweck und ihrem gesamten Inhalt ausschließlich an den Adressaten des Bescheides richte und sie deshalb trotz der insgesamt passivischen Formulierung erkennbar beschreibe, was dieser (in der kurzen Frist von einer Woche) zu tun bzw. zu unterlassen habe, um wirksam Klage zu erheben.

Anhaltspunkte dafür, dass die Verwaltungsgerichtsordnung dem Adressaten das Recht einräume, zur Erfüllung der beschriebenen Anforderungen die Unterstützung einer staatlichen Stelle in Anspruch zu nehmen, ließen sich der Rechtsbehelfsbelehrung:nicht entnehmen. Damit liege die Annahme fern, dass ein Bescheidempfänger trotz des Wortlauts der Rechtsbehelfsbelehrung:ernsthaft damit rechnen könnte, dem Erfordernis der Schriftlichkeit der Klage dadurch Genüge zu tun, dass er persönlich beim Verwaltungsgericht vorspreche und sein mündlich formuliertes Rechtsschutzbegehren vom dortigen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle protokollieren lasse. Jedenfalls sei die verwandte Formulierung geeignet, bei dem Adressaten einen Irrtum über die Voraussetzungen einer wirksamen Klageerhebung hervorzurufen und ihn dadurch von einer Klageerhebung überhaupt oder von einer rechtzeitigen Klageerhebung abzuhalten. Es sei durchaus naheliegend, dass der Adressat davon ausgehe, dass er selbst für die Schriftform zu sorgen habe. Dies stehe indes im Widerspruch zu § 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Mit der Regelung solle dem Kläger der Rechtsschutz erleichtert werden, wenn er aus in seiner Person liegenden Gründen, etwa auch mangels hinreichender Kenntnis der deutschen Sprache, den Weg zum Gericht vorziehe. Die vom Bundesamt gewählte Formulierung erschwere den Betroffenen demgegenüber die Rechtsverfolgung in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise. Denn es liege nicht fern, dass sich der Betroffene selbst dem Erfordernis der schriftlichen Abfassung nicht gewachsen fühle, er aber auch den Aufwand und die Kosten scheue, die mit einer Inanspruchnahme der Hilfe durch Rechtskundige verbunden seien und deshalb von der Klageerhebung absehe.

Überdies sei der Hinweis auf die Notwendigkeit der Abfassung in deutscher Sprache auch deshalb irreführend, weil es bei der Erklärung der Klage zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle regelmäßig genüge, wenn der Rechtsschutzsuchende diesem gegenüber – etwa durch konkludentes Verhalten mit Bezug auf vorgelegte Schriftstücke und die bruchstückhafte Verwendung deutschsprachiger Begriffe – noch hinreichend verständlich zu erkennen gebe, er wolle einen Rechtsbehelf einlegen.

Bei dieser Sach- und Rechtslage sei schließlich auch unerheblich, ob bzw. inwieweit die Kläger über Deutschkenntnisse verfügten und ob sie tatsächlich wegen der unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung:die Klage gegen den Bescheid des Bundesamts nicht fristgerecht erhoben hätten. Es sei ausreichend, wenn der unrichtige Inhalt der Belehrung generell geeignet sei, die Einlegung des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs zu erschweren. Das Ob und das Wie der Belehrung seien nach § 58 VwGO streng formalisiert. Die Vorschrift mache den Lauf der Fristen in allen Fällen von der Erteilung einer ordnungsgemäßen Belehrung abhängig, ohne Rücksicht darauf, ob dem Betroffenen die Möglichkeit und die Voraussetzungen der in Betracht kommenden Rechtsbefehle tatsächlich unbekannt gewesen seien und ob das Fehlen oder die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung:kausal für das Unterbleiben oder die Verspätung des Rechtsbehelfs gewesen seien. Das diene der Rechtsmittelklarheit. Indem § 58 VwGO seine Rechtsfolgen allein an die objektiv feststellbare Tatsache des Fehlens oder der Unrichtigkeit der Belehrung knüpfe, gebe die Vorschrift sämtlichen Verfahrensbeteiligten gleiche und zudem sichere Kriterien für das Bestimmen der formellen Rechtskraft an die Hand.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte samt Sitzungsniederschrift und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Die Klagen haben keinen Erfolg, weil sie unbegründet sind (Nr. 1); sie erweisen sich darüber hinaus bereits als unzulässig (Nr. 2).

1. Die Klagen sind in der Sache nicht begründet. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 07.03.2017 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Diese können damit nicht beanspruchen, dass der streitgegenständliche Bescheid aufgehoben wird. Sie haben auch keinen Anspruch darauf, dass (hilfsweise) zu ihren Gunsten das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG festgestellt wird.

a) Das Bundesamt hat zu Recht entschieden, dass die in Deutschland angebrachten Asylanträge als Zweitanträge im Sinne des § 71a AsylG unzulässig sind.

§ 71a Abs. 1 AsylG hat zur Voraussetzung, dass der Ausländer in einem sicheren Drittstaat erfolglos ein Asylverfahren durchlaufen hat. Ein weiteres Asylverfahren (Zweitantragsverfahren) ist in diesem Falle nur dann durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Dies kommt nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 VwVfG vor allem in Betracht, wenn sich die dem ursprünglichen Verwaltungsakt zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat bzw. neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden. Nach § 51 Abs. 2 VwVfG ist der Antrag nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außer Stande war, den Grund für das Wiederaufgreifen im früheren Verfahren geltend zu machen. Zudem muss der Antrag binnen drei Monaten nach Erlangung der Kenntnis vom Wiederaufgreifensgrund durch den Betroffenen gestellt werden, § 51 Abs. 3 VwVfG.

Nach diesen Maßstäben kann der Bescheid des Bundesamts vom 07.03.2017 rechtlich nicht beanstandet werden. Die Kläger haben in Belgien, einem sicheren Drittstaat im Sinne des § 26a AsylG, ihr Asylverfahren erfolglos durchgeführt (vgl. aa)) und die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens liegen nicht vor (vgl. bb)). Auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht liegen keine Rechtsfehler vor, die zur Aufhebung des angegriffenen Bescheids führen (vgl. cc)).

aa) Das Asylverfahren der Kläger wurde in Belgien erfolglos durchgeführt. Schon nach Lage der Akten deutet alles klar darauf hin, dass die Kläger ihr Asylverfahren in Belgien erfolglos durchlaufen haben. So hat das Königreich Belgien im Dublin-Verfahren mitgeteilt, dass sich seine Zuständigkeit für die Bearbeitung der (weiteren) Asylanträge der Kläger aus Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-Verordnung ergebe (Bl. 115/117 d.A.). Diese Norm kommt aber nur dann zum Zug, wenn der Asylantrag in dem anderen Mitgliedstaat bereits abgelehnt worden ist. Für einen Abschluss der Asylverfahren in Belgien spricht weiter, dass die Kläger nach ihrem bereits ca. 2,5-jährigen Aufenthalt in Belgien die Aufforderung erhalten haben, das Land zu verlassen („order de quitter la territoire“ – Bl. 93/94 d.A.). Auch der von der Klägerseite im Rahmen der Erstanhörung vorgetragene (zeitliche) Zusammenhang dahin, dass sie, nachdem sie keine staatliche Unterstützung in Belgien mehr erhalten hätten, für ca. drei Jahre für einen (reichen) Mann gearbeitet hätten (Bl. 75, 83 d.A.), spricht dafür, dass die Asylverfahren der Kläger in Belgien erfolglos abgeschlossen waren – die Einreise nach Belgien soll im Jahr 2010 erfolgt sein, die Aufforderung, das Land zu verlassen hatten die Kläger sodann im Jahr 2012 erhalten und im weiteren haben die Kläger zu 1 und 2 für ca. drei Jahre bis zur Ausreise nach Deutschland im Jahr 2015 für eine Privatperson in Belgien gearbeitet, nachdem ihnen Leistungen für Asylbewerber offenbar im Jahr 2012 in Belgien aufgrund des erfolglosen Abschlusses des Asylverfahrens nicht mehr gezahlt worden waren.

Die Angaben, die die Klägerin zu 2 anlässlich der mündlichen Verhandlung telefonisch mitgeteilt hat, bestätigen deutlich den Befund, dass die Asylverfahren der Kläger in Belgien erfolglos abgeschlossen waren. Sie hat ausgeführt, dass sie in Belgien zu den Gründen ihrer Ausreise aus Armenien mündlich angehört worden seien. Die Asylanträge seien negativ verbeschieden worden und sie hätten mit der Hilfe eines Rechtsanwalts dagegen geklagt. Dies sei erfolglos verlaufen. Die negative Verbescheidung der Asylanträge und die entsprechende (erfolglose) Klage seien bereits vor 2012 erfolgt, nämlich bevor sie die Aufforderung erhalten hätten, das Land zu verlassen. Nach dieser Aufforderung hätten sie wiederum Klage erhoben, die ebenfalls erfolglos geblieben sei. Die Klägerin zu 2 hat auch auf Nachfrage deutlich bestätigt, dass beide (Klage-)Verfahren in Belgien abgeschlossen und für die Familie der Kläger negativ ausgegangen seien. Nach dem Abschluss dieser beiden Verfahren hätten sie sich wegen der gesundheitlichen Situation des Klägers zu 1 erneut an die belgische Behörde gewandt. In diesem dritten Verfahren sei es jedoch nur noch um Frage der Auswirkung der Krankheiten auf das Bleiberecht in Belgien gegangen. Den Abschluss dieses dritten Verfahrens hätten sie nicht mehr abgewartet, sondern seien vorher nach Deutschland ausgereist. Damit bestätigen die Angaben der Klägerin zu 2 den bereits aus den Akten zu gewinnenden Befund, dass das Asylverfahren der Kläger in Belgien, mithin das Verfahren, in dem es um die Prüfung ging, ob die Kläger mit Blick auf ihr Herkunftsland Armenien die Zuerkennung internationalen Schutzes beanspruchen können, abgeschlossen war. Soweit es um die Frage weitere Frage geht (ging), ob krankheitsbedingte Gründe einer Rückkehr nach Armenien entgegenstehen, betrifft (betraf) dies nicht die Thematik des internationalen Schutzes, sondern die Frage, ob ggf. Abschiebungsverbote vorliegen.

bb) In der vorliegenden Sache hat das Bundesamt zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nicht vorliegen, die Asylanträge vielmehr als unzulässig abzulehnen sind.

Die Kläger zu 1 und 2 haben gegenüber dem Bundesamt ausdrücklich angegeben und nach Rückübersetzung gegen Unterschrift bestätigt, dass sie keine neuen Gründe und Beweismittel haben, die nicht in dem früheren Verfahren in Belgien geltend gemacht wurden und die ein neues Asylverfahren rechtfertigen würden (Bl. 71, 79 d.A.). Es liegen mithin keine Gründe vor, die ein Wiederaufgreifen im Sinne des § 71a Abs. 1 AsylG i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG rechtfertigen könnten. Wenn aber der Ausländer selbst gegenüber dem Bundesamt ausdrücklich bestätigt, dass er über keinerlei neue Gründe verfügt, sondern vielmehr seine gesamte Fluchtgeschichte bereits in dem abgeschlossenen Asylverfahren im anderen Mitgliedstaat gewürdigt wurde, so bedurfte es von Seiten des Bundesamts auch keiner weiteren Ermittlungen, die lediglich ins Blaue hinein hätten erfolgen und die die Sache in keiner Weise hätten befördert können. Insbesondere war mangels jeglicher neuer Gründe bzw. Beweismittel ein Abgleich der in Belgien vorgetragenen Gründe mit den in Deutschland vorgebrachten (neuen) Gründen [solche wurden eben verneint] weder veranlasst noch möglich.

cc) Unter den gegebenen Umständen kann schließlich nicht beanstandet werden, dass das Bundesamt vor dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheids die Kläger zu 1 und 2 nicht zu einer (weiteren) persönlichen Anhörung geladen hat. Wenn die Kläger zu 1 und 2 selbst angeben, über keine neuen Gründe und Beweismittel zu verfügen, die nicht bereits Gegenstand des Asylverfahrens in Belgien gewesen sind (vgl. die Ausführungen unter bb)), so erscheint das Absehen von einer (weiteren) Anhörung nach der Erstbefragung jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft; § 71a Abs. 2 Satz 2 AsylG erlaubt der Behörde, von einer Anhörung im Ermessenswege abzusehen, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist.

Bestätigt wird die rechtliche Tragfähigkeit der behördlichen Vorgehensweise unabhängig von diesen Erwägungen auch dadurch, dass der Gesetzgeber – um dem Beschleunigungsgedanken im Zweitantragsverfahren stärker zur praktischen Wirksamkeit zu verhelfen – im Rahmen der Novellierung des Asylgesetztes von August 2016 insbesondere Änderungen im Bereich des hier ebenfalls einschlägigen § 29 AsylG realisiert hat. Das VG Ansbach weist in diesem Kontext zutreffend darauf hin (B.v. 11.1.2017 – AN 2 S 16.32491; s. auch VG Frankfurt (Oder), B.v. 21.4.2017 – 6 L 554/16.A u.a. – juris), dass nach § 29 Abs. 2 AsylG eine persönliche Anhörung vor der Zulässigkeitsentscheidung nunmehr in den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. b bis Nr. 4 AsylG erforderlich ist (§ 29 Abs. 2 Satz 1 AsylG), nicht aber für eine hier einschlägige Entscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG. Für diesen Fall gibt das Bundesamt gemäß § 29 Abs. 2 Satz 2 AsylG dem Ausländer (nur) Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Abs. 3 AsylG. Der Wortlaut des § 29 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 71 Abs. 3 AsylG ist insoweit eindeutig. Eine persönliche Anhörung ist damit jedenfalls seit der Novellierung nicht mehr zwingend notwendig, wobei nach dem Wortlaut des § 71a Abs. 2 Satz 2 AsylG auch schon bisher unter der dort genannten Voraussetzung – diese liegt im Falle der Kläger wie oben dargelegt vor – nach rechtlich einwandfreier Ermessensbetätigung von einer Anhörung abgesehen werden konnte. Mit der Einführung der novellierten Verfahrensvorschrift wird ersichtlich ein Verfahrensgleichlauf für Folgeantragsteller und Zweitantragsteller eingeführt. Vorliegend wurden die Kläger zu 1 und 2 jedoch ohnehin persönlich dazu befragt, ob sie neue Gründe und Beweismittel hätten, die ein neues Asylverfahren rechtfertigen sollen, was sie jedoch (siehe oben) klar verneint haben (vgl. zum Ganzen BeckOK Ausländerrecht, Kluth/Heusch, § 71a AsylG, Rn. 3 ff. m.w.N.).

b) Des Weiteren hat es das Bundesamt ohne Rechtsfehler abgelehnt, zu Gunsten der Kläger, insbesondere des Klägers zu 1, das Vorliegen eines Abschiebungsverbots festzustellen.

Aus der Erkrankung des Klägers zu 1 ergibt sich kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot. Das Bundesamt hat in Bezug auf seine gesundheitliche Situation im Falle seiner Rückkehr oder Rückführung in sein Heimatland zutreffend angenommen, dass dem Kläger zu 1 keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG droht. Nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG liegt eine solche Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist (§ 60 Abs. 7 Sätze 3 und 4 AufenthG). Abzustellen ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG).

In der Sache selbst schließt sich das Gericht in diesem Punkt zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen zunächst den Gründen des angefochtenen Bescheides an und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist zur Sache sowie zum Klagevorbringen das Folgende auszuführen:

Bei der Auslegung des Begriffs der Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist im Grundsatz kein anderer Maßstab anzulegen als der im asylrechtlichen Prognosemaßstab verankerte Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, wobei allerdings das Element der Konkretheit der Gefahr für den Ausländer das zusätzliche Erfordernis einer einzelfallbezogenen, individuell bestimmten und erheblichen Gefahrensituation statuiert. Für eine beachtliche Wahrscheinlichkeit reicht es nicht aus, wenn eine Verfolgung oder sonstige Rechtsgutverletzung im Bereich des Möglichen liegt; vielmehr muss eine solche mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein. Das ist anzunehmen, wenn die für die Rechtsgutverletzung sprechenden Umstände größeres Gewicht haben als die dagegen sprechenden Tatsachen und deshalb ihnen gegenüber überwiegen. Dieses größere Gewicht ist nicht rein quantitativ zu verstehen, sondern im Sinne einer zusammenfassenden Bewertung des Sachverhalts bei verständiger Würdigung aller objektiven Umstände dahingehend, ob sie bei einem vernünftig denkenden, besonnen Menschen eine ernsthafte Furcht vor der Rechtsgutverletzung rechtfertigt. Dabei sind auch die Zumutbarkeit eines mit der Rückkehr verbundenen Risikos und der Rang des gefährdeten Rechtsguts von Bedeutung. Erheblich ist eine Gefahr, wenn der Umfang der Gefahrenrealisierung von bedeutendem Gewicht ist. Das ist der Fall, wenn sich durch die Rückkehr der unter dem Gesichtspunkt der Leibes- und Lebensgefahr hier in Betracht kommende Gesundheitszustand des Betroffenen wegen geltend gemachter unzureichender medizinischer Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat der Abschiebung in einem angemessenen Prognosezeitraum wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Von einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands kann nicht schon dann gesprochen werden, wenn „lediglich“ eine Heilung eines gegebenen Krankheitszustands des Ausländers im Abschiebungszielland nicht zu erwarten ist. Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll dem Ausländer nicht eine Heilung von Krankheit unter Einsatz des sozialen Netzes der Bundesrepublik Deutschland sichern, sondern vor gravierender Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter Leib und Leben bewahren. Daher ist eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands auch nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustands anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden und/oder existenzbedrohenden Zuständen, kurz: bei existentiellen Gesundheitsgefahren. Das folgt insbesondere aus dem der Vorschrift immanenten Zumutbarkeitsgedanken. Konkret ist eine Verschlimmerung einer Erkrankung, wenn sie alsbald nach Rückführung des Betroffenen im Zielland zu erwarten ist. Bereits aus dem Wortlaut des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG - „dort“ - folgt, dass die das Abschiebungshindernis begründenden Umstände an Gegebenheiten im Abschiebungszielland anknüpfen müssen. Soweit eine geltend gemachte Gesundheitsverschlechterung ihren Grund in Gegebenheiten und Vorgängen im Aufenthaltsland Deutschland findet, kann sie dem Bundesamt gegenüber nicht als Abschiebungshindernis geltend gemacht werden (vgl. OVG NRW, B.v. 30.12.2004 – 13 A 1250/04.A mit zahlreichen weiteren Nachweisen; siehe ferner BayVGH, B.v. 12.8.2015 – 11 ZB 15.30054 – juris).

In der vorliegenden Sache ist zu berücksichtigen, dass psychische Erkrankungen in Armenien behandelbar sind und dies grundsätzlich kostenfrei erfolgt (IOM, Länderinformationsblatt Armenien, August 2014, S. 16). An medizinisch-sozialen Einrichtungen des Ministeriums für Arbeit und Soziales gibt es beispielsweise das „Stress Centre“, das medizinische Rehabilitationsmaßnahmen im psychologischen Gesundheitsbereich implementiert. In diesem Zentrum wird die Behandlung ernsthafter psychischer Syndrome und die Wiederherstellung der geistigen Gesundheit bei stationärer Aufnahme bzw. in ambulanter Umgebung angeboten (IOM, Länderinformationsblatt Armenien, August 2014, S. 18). Medikamente zur Behandlung psychischer Erkrankungen können grundsätzlich von jedem praktizierenden Arzt verschrieben werden. In der Praxis wird der Patient jedoch an eine Spezialeinrichtung überwiesen, die eine Untersuchung vornimmt und entsprechende Medikamente verschreibt. In Eriwan ist dies z.B. die Psychiatrische Klinik Avan. In ländlichen Regionen ist auch denkbar, dass ein nicht spezialisierter Arzt entsprechende Medikamente verschreibt, insbesondere wenn es (auch) einen neurologischen Aspekt gibt. Für die beim Kläger zu 1 diagnostizierte paranoid-halluzinatorische Schizophrenie sind Medikamente in Armenien verfügbar. Erhältlich ist beispielsweise das Präparat „Solian“, das etwa bei akuten und chronischen schizophrenen Störungen, produktiven Zuständen mit Wahnvorstellungen, Halluzinationen, Denkstörungen u.dgl. eingesetzt wird (vgl. Auskunft der Botschaft in Eriwan an das Bundesamt vom 02.04.2014, Gz. RK 516.80 E – Schizophrenie, siehe zu den Anwendungsgebieten des Präparats http://www.apotheken-umschau.de/Medikamente/Beipackzettel/Solian-200mg-8425012.html).

Ebenfalls verfügbar ist in Armenien das Medikament Seroquel (vgl. Auskunft der Botschaft in Eriwan an das Bundesamt vom 02.04.2014, Gz. RK 516.80 E – Schizophrenie), das auf dem Wirkstoff Quetiapin basiert. Dabei handelt es sich ebenso wie bei dem Präparat Olanzapin, das dem Kläger zu 1 in Deutschland verabreicht wird, um ein atypisches Neuroleptikum. Dieses wird zur Behandlung psychischer Störungen wie der hier vorliegenden paranoiden Schizophrenie eingesetzt. Auch eine weitere Quelle älteren Datums berichtet davon, dass in Armenien die wichtigsten Psychopharmaka in den psychiatrischen Institutionen zur Verfügung stehen, was durch die WHO und den Europarat bestätigt wurde. Es wird eine „essential drug list“ geführt, die Präparate enthält, die immer verfügbar sein sollten (Bundesamt für Migration der Schweiz vom 04.02.2012, Focus Armenien - Psychiatrische und psychologische Versorgung, S. 11).

Psychiatrische und psychologische Betreuung erhält man in Armenien in staatlichen psychiatrischen Krankenhäusern (Medizinische Zentren für Psychiatrie), in „sozial-psycho-neurologischen Zentren“ und in psychiatrischen Abteilungen regionaler Polikliniken. Insgesamt gibt es elf psychiatrische Krankenhäuser, fünf von ihnen bieten auch ambulante Behandlung an. Das Angebot an psychologischer und psychiatrischer Versorgung ist in der Hauptstadt Eriwan grösser als in den Provinzen. Die psychiatrischen Zentren in Eriwan sind jedoch allen armenischen Bürger zugänglich (Bundesamt für Migration der Schweiz, Focus Armenien - Psychiatrische und psychologische Versorgung vom 04.02.2012, S. 6).

Auch in einer weiteren Auskunft von IOM/ZIRF vom 29.06.2016 (Az. ZC136/29.06.2016), die in der mündlichen Verhandlung eingeführt wurde, wird bestätigt, dass eine paranoide Schizophrenie mit ambulanter und medikamentöser Therapienotwendigkeit in Armenien behandelbar ist. Es wird auf das Republican Psychiatric Center in Eriwan verwiesen sowie darauf, dass einschlägige Medikation verfügbar ist (ausdrücklich genannt wird das Präparat Clozapin, das kostengünstig unter dem Namen Azaleptine erhältlich ist). Nach den Ausführungen des behandelnden Facharztes benötigt der Kläger zu 1 eine dauerhafte Behandlung mit Olanzapin oder einem artverwandten Medikament (Arztbericht vom 27.02.2017). Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass Präparate zur Behandlung der paranoiden Schizophrenie in Armenien ebenso verfügbar sind wie in Deutschland. Soweit in einem weiteren Attest als internistische Begleiterscheinung ein Asthma bronchiale genannt wird, das in Erregungszuständen auftrete und zu Erstickungsanfällen führe, ist festzustellen, dass in Armenien auch Medikamente zur Behandlung dieses Krankheitsbildes erhältlich sind (vgl. die in der mündlichen Verhandlung eingeführte Auskunft von IOM/ZIRF vom 07.01.2013 (Az. ZC1/ 07.01.2013)).

Ergänzend ist zu bemerken, dass sich der Kläger zu 1 bei der hier grundsätzlich zu bejahenden Behandelbarkeit der vorliegenden Krankheiten auf den in seinem Herkunftsland maßgeblichen Behandlungsstandard verweisen lassen muss. Es ist vor dem Hintergrund, dass Medikamente für psychische Erkrankungen der hier vorliegenden Art in Armenien erhältlich sind (siehe oben), nicht zu erwarten, dass im Falle einer Rückkehr des Klägers zu 1 in sein Heimatland die Krankheit nicht so weit eingedämmt bzw. unter Kontrolle gebracht werden kann, dass eine solche Verschlechterung seines Gesundheitszustands eintreten wird, die zu einem Erreichen der Schwelle des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führt.

Dabei ist prognostisch davon auszugehen, dass dem Kläger zu 1 die erforderliche medizinische Behandlung und Medikation in Armenien auch zugänglich sein wird. Nach der o.g. Auskunft von IOM/ZIRF vom 29.06.2016 wird die Behandlung der paranoiden Schizophrenie in Armenien vom Staat übernommen. Der Patient muss sich dazu mit einem Ausweis und einer Epikrise in dem Republikanischen Psychiatrischen Zentrum anmelden. Daraufhin wird er, wenn notwendig, für eine Behandlung und kostenlose Medikamente registriert werden. Außerdem kann sich der Kläger zu 1 bei der Agentur für Medizinische und Soziale Expertise für einen Invaliditätsgrad anmelden und so eine kostenlose Behandlung wie Invaliditätsrente erhalten. Auch andere Quellen berichten davon, dass bestimmte Personengruppen wie etwa Behinderte der 1. und 2. Gruppe in lokalen Polykliniken kostenfreie Medikamente erhalten bzw. als Behinderte der 3. Gruppe eine Erstattung in Höhe von 50% der anfallenden Kosten in Anspruch nehmen können (vgl. IOM, Länderinformationsblatt Armenien, August 2015, S. 1/2). Sollte der Kläger zu 1 ggf. phasenweise bzw. in gewissem Umfang arbeitsfähig sein, ist er auf den Einsatz seiner Arbeitskraft zu verweisen. Gänzlich ausgeschlossen erscheint jedwede berufliche Tätigkeit keineswegs, denn nach dem Vortrag der Kläger zu 1 und 2 soll die Erkrankung bereits in Belgien bestanden haben – so hat die Klägerin zu 2 etwa anlässlich der mündlichen Verhandlung davon berichtet, sie hätten krankheitsbedingt einmal einen bleiberechtlichen Status für ein Jahr erhalten – und gleichwohl sei es ihnen möglich gewesen, für ca. drei Jahre für einen (reichen) Mann gearbeitet zu haben. Das Problem sei nach der Darstellung des Klägers zu 1 vor allem gewesen, dass dieser Mann zu wenig Lohn bezahlt habe (Bl. 75, 83 d.A.). Jedenfalls ist die Klägerin zu 2 im Falle ihrer Rückkehr nach Armenien auf den Einsatz ihrer Arbeitskraft zu verweisen; die Kläger zu 3 und 4 sind nicht mehr in einem Alter, in dem sie die ständige Betreuung durch ihre Mutter benötigen, vielmehr kann auch der Kläger zu 1 unterstützend tätig werden bzw. die Kinder können (in allernächster Zukunft) einen Kindergarten bzw. die Schule besuchen.

Soweit im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 21.06.2017 (Gz. 508-516.80/3 ARM) ausgeführt wird, dass in Armenien viele Medikamente in guter Qualität hergestellt und zu einem Bruchteil der in Deutschland üblichen Preise verkauft werden, jedoch nicht immer alle Präparate vorhanden seien, wird ebenfalls erläutert, dass importierte Medikamente dagegen überall erhältlich und ebenfalls billiger als in Deutschland seien (S. 19 des Lageberichts). Sollte es demnach einmal vorkommen, dass trotz Registrierung des Klägers zu 1 für seine kostenlose Behandlung und Medikation (s. oben) sich einmal ein Engpass in Bezug auf die Verfügbarkeit des benötigten armenischen Präparats ergibt, so kann der Kläger zu 1 vor-übergehend auf überall erhältlich importierte Arzneimittel ausweichen. Frei zugänglichen Quellen im Internet (z.B. www.medikamente-per-klick.de) ist zu entnehmen, dass das Medikament Olanzapin 10 mg bereits in Deutschland zu einem Preis von ca. 1,00 EUR pro Tablette angeboten wird (70 Tabletten zu 69,65 EUR). Es zeigt sich deutlich, dass der Kläger zu 1 keine Medikamente benötigt, die bereits in Deutschland als besonders hochpreisig einzustufen wären. In Armenien sind aber gerade importierte Medikamente billiger als in Deutschland (vgl. S. 19 des Lageberichts).

Sollten sonst (Zu-)Zahlungen zu Medikamenten oder sonstigen medizinischen Leistungen zu erbringen sind, gelten die oben gemachten Ausführungen zum Einsatz der Arbeitskraft der Klägerin zu 2 und ggf. des Klägers zu 1 entsprechend. Schließlich ist einzubeziehen, dass die Familie der Kläger im Falle ihrer Rückkehr keineswegs auf sich alleine gestellt sein wird, sondern über Verwandtschaft in Armenien verfügt. Die Klägerin zu 2 hat anlässlich der mündlichen Verhandlung von ihrer in Armenien lebenden Mutter berichtet sowie einer Tante und Cousinen der Mutter; ihr Ehemann habe Geschwister in Armenien. Die Klägerin zu 2 hat darauf hingewiesen, dass seit ca. einem Jahr und auch aktuell kein Kontakt mit den Verwandten bestehe, doch ist nichts dafür ersichtlich, dass dieser Kontakt im Falle der Rückkehr der Kläger – gerade in Bezug auf die nahen Angehörigen wie die genannte Mutter der Klägerin zu 2 und die Geschwister des Klägers zu 1 – wieder hergestellt werden kann und auf diese Weise auch die im Rahmen der familiären bzw. verwandtschaftlichen Verbundenheit übliche Unterstützung in Anspruch genommen werden kann, insbesondere zur besseren Bewältigung gewisser, mit jeder Abschiebung gleichsam unvermeidlich einhergehender Anfangsschwierigkeiten. Erforderlichenfalls kann von staatlicher Seite vorübergehender Wohnraum für drei Monate zur Verfügung gestellt werden (vgl. vgl. IOM, Länderinformationsblatt Armenien, August 2015, S. 2).

2. Die Klagen sind im Übrigen wegen Versäumung der Klagefrist bereits unzulässig.

a) Der Bescheid des Bundesamts vom 07.03.2017 sollte den Klägern unter derjenigen Anschrift zugestellt werden, die dem Bundesamt zuletzt mitgeteilt worden war. Eine anderweitige Zuweisung als diejenige vom 26.03.2015, mit der den Klägern als Wohnsitz die dezentrale Unterkunft für Asylbewerber in der in zugewiesen wurde, war dem Bundesamt nicht bekannt. Die frühere Bevollmächtigte hatte, als sie den Umstand des Kirchenasyls mitteilte, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Kirchenasyl (nur) bis zum 31.12.2015 andauern sollte, was insofern schlüssig erschien, als damit gerade die Möglichkeit einer Überstellung nach Belgien – die entsprechende Frist lief bis zum 30.12.2015 – zwar nicht rechtlich, wohl aber faktisch unmöglich gemacht wurde.

Den Klägern wurden die notwendigen Belehrungen (vgl. § 10 Abs. 7 AsylG) erteilt, so dass sie den Zustellversuch des Bescheids vom 07.03.2017 nach § 10 Abs. 2 Satz 4 AsylG gegen sich gelten lassen müssen. Nachdem in der Behördenakte nicht ausdrücklich vermerkt ist, wann das Anschreiben des Bundesamts vom 07.03.2017, mit dem der Bescheid vom selben Tag zugestellt werden sollte, zur Post gegen wurde, ist davon auszugehen, dass jedenfalls am in der Akte dokumentierten Tag des erfolglosen Zustellversuchs (09.03.2017) die Zustellung als bewirkt gilt. Die Klagefrist von einer Woche nach § 71a Abs. 4 i.V.m. § 36, § 74 Abs. 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG begann folglich spätestens am 10.03.2017 zu laufen und endete am 16.03.2017, so dass der streitgegenständliche Bescheid jedenfalls seit dem 17.03.2017 bestandkräftig ist.

Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass nach der Beendigung des Kirchenasyls bestimmten Behörden eine neue Anschrift der Kläger möglicherweise bekannt gewesen sein mag. Die Pflichten aus § 10 Abs. 1 AsylG bestehen vielmehr unabhängig davon, dass sich beteiligte Behörden ggf. untereinander benachrichtigen (vgl. BeckOK AuslR/ Preisner AsylG § 10 Rn. 9-12; Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage, § 10 AsylG, Rn. 8 m.w.N.), was hier jedoch ohnehin gerade nicht erfolgt ist. Die Kläger zu 1 und 2 wurden qualifiziert darüber belehrt, dass sie den genannten Stellen – Bundesamt, Ausländerbehörde und im Falle eines Gerichtsverfahrens auch dem Verwaltungsgericht – jeden Wohnungswechsel mitteilen müssen. Sie wurde explizit belehrt, dass dies auch dann gilt, wenn eine neue behördliche Zuweisungsentscheidung vorliegt, denn die Zuweisungsbehörden seien in der Regel andere Behörden (Bl. 11 ff. d.A., Bl. 23 ff. d.A.). Nachdem dem Bundesamt im Nachgang zur Beendigung des Kirchenasyls weder von einer anderen (öffentlichen) Stelle noch von den Klägern selbst mitgeteilt worden ist, dass sie eine andere Wohnung bezogen haben, konnte das Bundesamt Zustellungen an die Kläger unter der dieser Behörde zuletzt mitgeteilten Anschrift bewirken, mithin unter der Anschrift in .

Auch aus dem Umstand, dass sich die Notwendigkeit des Bezugs einer neuen Wohnung möglicherweise dadurch ergeben hat, dass die Kläger nach dem Verlassen des offenen Kirchenasyls, mit dem sie sich Ende des Jahres 2015 dem behördlichen Zugriff faktisch entzogen und ihre Überstellung nach Belgien vereitelt haben, nicht wieder in ihre vormalige Wohnung einziehen konnten oder wollten – aus welchen Gründen auch immer – lässt sich im vorliegenden Verfahren nichts zu ihren Gunsten herleiten. Denn auch für diese Konstellation gelten die Vorschriften des Asylgesetzes uneingeschränkt (weiter), wenn die Kläger – wie hier – ihre Asylanträge nach der Beendigung des Kirchenasyls aufrechterhalten und eine Sachentscheidung des Bundesamts begehren. Die Kläger beanspruchen dann für sich zu Recht, dass das Bundesamt ein ordnungsgemäßes Verfahren unter Beachtung der maßgeblichen Normen durchführt. Im Gegenzug treffen jedoch auch die Kläger (weiterhin) alle ihnen kraft Gesetzes auferlegten Pflichtgen und Obliegenheiten, über die sie – wie hier – ordnungsgemäß belehrt wurden. Dazu gehört aber eben auch, dass dem Bundesamt ein Wohnungswechsel unverzüglich mitgeteilt wird.

Gründe, die eine Wiedereinsetzung in die nach allem versäumte Klagefrist rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen geschweige denn glaubhaft gemacht und im Übrigen auch sonst nicht ersichtlich. Der Bevollmächtigte der Kläger hat insoweit lediglich in seinem Klageantrag von einer Bekanntgabe am 22.05.2017 gesprochen, ohne zu thematisieren, dass den Klägern mit Anschreiben des Bundesamts vom 19.05.2017 der Bescheid nur „nochmals als KOPIE für ihre Unterlagen“ übermittelt wurde.

Mit der „nochmaligen“ Übermittlung einer „KOPIE“ für die Unterlagen der Kläger wurde jedoch die Rechtsbehelfsfrist nicht noch einmal neu eröffnet. Es liegt gerade kein neuer bzw. weiterer Verwaltungsakt vor, wenn die Behörde lediglich eine Kopie des bestandskräftigen Verwaltungsakts für die Unterlagen des Betreffenden übermittelt, denn es fehlt insoweit an der von § 35 VwVfG vorausgesetzten Regelungswirkung. Selbst eine wiederholende Verfügung eröffnet nicht die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs gegen den unanfechtbaren Verwaltungsakt. Es ist in der vorliegenden Sache auch nichts dafür ersichtlich, dass das Bundesamt mit der Zurverfügungstellung einer Kopie für die Unterlagen der Kläger (konkludent) ein Wiederaufgreifen abgelehnt hätte; auch in dieser Hinsicht liegt hier mangels Regelungswirkung kein weiterer Verwaltungsakt des Bundesamts vor, der zulässiger Gegenstand einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage sein könnte. Für das Vorliegen einer neuen Regelung würde beispielsweise sprechen, wenn sich tragende Erwägungen der Behörde in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht entscheidend geändert hätten, wobei es freilich auf die Erklärung der Behörde ankommt (vgl. zum Ganzen Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage, § 51, Rn. 57 m.w.N.). Dafür ist hier nichts ersichtlich. Eine wiederholende Verfügung, der es an der Regelungswirkung mangelt, liegt vielmehr vor, wenn der vorangegangene Verwaltungsakt ohne erneute Sachentscheidung lediglich wiederholt wird (vgl. Windoffer in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, § 35, Rn. 89). Nach diesen Maßstäben liegt in der hier gegebenen Konstellation kein neuer bzw. weiterer Verwaltungsakt vor, der die Rechtsbehelfsfrist neu auslöst. Das Bundesamt hat keine neue Sach- und/oder Rechtsprüfung vor der Übermittlung der Kopie vorgenommen und schon gar keine abweichenden Regelungen oder Begründunginhalte in den Bescheid aufgenommen. Auch aus der Sicht der Kläger, die sich nicht selbst an das Bundesamt gewandt und etwa um Überprüfung gebeten haben, ob ein Wiederaufgreifen in Frage kommt, ist mit der in dem Anschreiben vom 19.05.2017 verwandten Formulierung, dass die Kläger anbei „nochmals“ den Bescheid als KOPIE für ihre Unterlagen erhalten, nichts dafür ersichtlich, dass das Bundesamt hier eine neue/weitere Regelung getroffen hätte, die die Rechtsbehelfsfrist von Neuem auslösen würde.

Der Bescheid vom 07.03.2017 ist damit bereits vor Klageerhebung in Bestandskraft erwachsen.

b) Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht daraus, dass die dem Bescheid vom 07.03.2017 beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung:unrichtig im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO wäre. Die Kläger haben diese Problematik im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 7 VwGO durch ihren Bevollmächtigten ausführlich vortragen lassen. Sie wurde auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung eingehend erörtert. Es wird zwar durchaus in der Rechtsprechung die Ansicht vertreten, der Zusatz, dass „die Klage in deutscher Sprache abgefasst sein muss“, sei irreführend (so etwa VGH BW, U.v. 18.4.2017 – A 9 S 333/17 – juris). Diese Auffassung teilt das erkennende Gericht nicht und schließt sich der in der Rechtsprechung ebenfalls stark vertretenen Auffassung an, dass eine Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung:insoweit nicht gegeben ist (vgl. etwa VG Magdeburg, B.v. 23.6.2017 – 2 B 603/17; B.v. 23.5.2017 – 8 B 223/17; VG Berlin, U.v. 24.1.2017 – 21 K 346.16 A, B.v. 19.5.2017 – 6 L 383.17 A – alle juris, teilweise m.w.N.; s. ferner VG Regensburg, B.v. 3.7.2017 – RO 9 S 17.33824 n.v.). Das erkennende Gericht schließt sich den zutreffenden Erwägungen an, die das VG Münster in einem Gerichtsbescheid vom 6. Juni 2017 – 4 K 4967/16.A (juris) – zusammengestellt hat:

„Es gilt auch nicht die Jahresfrist gemäß § 58 Abs. 2 VwGO. Die Jahresfrist ist dann einschlägig, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung:unterblieben oder unrichtig erteilt worden wäre. Dies ist hier nicht der Fall, auch wenn die Rechtsbehelfsbelehrung:des in Rede stehenden Bescheides den Passus enthält, dass die Klage „in deutscher Sprache abgefasst“ sein muss.

Ebenso im Ergebnis VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 15. November 2016 - 14a L 2496/16.A -; VG Berlin, Urteil vom 24. Januar 2017 - 21 K 346.16 A -; VG Berlin, Beschluss vom 16. November 2016 - 6 L 1249.16 A -; VG Saarland, Urteil vom 19. Dezember 2016 - 3 K 2501/16 -; VG Hamburg, Beschluss vom 11. Januar 2017 - 4 AE 94/17 -; eine Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung:demgegenüber annehmend VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18. April 2017 - A 9 S 333/17 -; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 24. Juni 2016 - 3a K 4187/15.A -; VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 28. Juni 2016 - 22 K 4119/15.A -; VG Hannover, Beschluss vom 15. September 2016 - 3 B 4870/16 - (jeweils juris).

Eine Rechtsbehelfsbelehrung:ist unrichtig im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben nicht enthält oder einen zusätzlichen unrichtigen oder irreführenden Hinweis aufweist, der generell geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen. (Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 3. März 2016 - 3 PKH 5. 15 -, juris, Rn. 6, vom 31. August 2015 - 2 B 61.14 -, juris, Rn. 8, und vom 16. November 2012 - 1 WB 3.12 -, juris, Rn. 14.)

Gemäß § 58 Abs. 1 VwGO ist der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich zu belehren. Die hier streitige Rechtsbehelfsbelehrung:enthält die nach § 58 Abs. 1 VwGO zwingend geforderten Angaben zur Klageerhebung. Sie enthält auch keinen zusätzlichen unrichtigen oder irreführenden Hinweis, der zu einer Unrichtigkeit im Sinne von § 58 Abs. 2 VwGO führt. Die Formulierung „in deutscher Sprache abgefasst“ ist kein Hinweis auf die Form der Klageerhebung, sie schließt insbesondere die mündliche Klageerhebung zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (vgl. § 81 Abs. 1 Satz 2 VwGO) nicht aus.

Dem Verb „abfassen“ kommt im Rechtsverkehr nicht zwangsläufig die Bedeutung einer schriftlichen Äußerung zu. Die Erläuterung des Verbes „abfassen“ im Duden ist insofern nicht eindeutig, wenn diese anführt, dass „einem vorgegebenen, nicht allzu umfangreichen Stoff die entsprechende sprachliche Form geben“ gemeint ist. Zwar weisen die zusätzlich angeführten Synonyme („anfertigen, aufschreiben, aufsetzen, ausarbeiten, formulieren, niederschreiben, schreiben, verfassen, zu Papier bringen, [gehoben] niederlegen“) oftmals einen Bezug zur Schriftlichkeit auf. Allerdings zeigt die Aufzählung der Synonyme, dass „abfassen“ als Oberbegriff sonstige „Verkörperungen“ nicht ausschließt. Unabhängig davon erscheint ein Abstellen auf Synonyme für die Definition bzw. Begriffsbestimmung des „Abfassens“ nicht geeignet, weil Synonyme Begriffe mit bloß ähnlicher oder sinnverwandter Bedeutung darstellen.

Für einen fehlenden Bezug zur Schriftform spricht ferner, dass verschiedene Gesetze (z. B. „schriftlich abzufassen“ in § 117 Abs. 1 Satz 2 VwGO, § 41a Abs. 1 Satz 1 StPO und § 84 Satz 1 ArbGG, „schriftlich abgefasst“ in § 129 Abs. 1 Satz 1 BGB und § 311 Abs. 2 Satz 3 ZPO) „abfassen“ mit der Ergänzung „schriftlich“ verwenden, was überflüssig bzw. redundant erscheint, wenn die Schriftform dem Abfassen bereits immanent wäre. Für eine Offenheit des Begriffs „Abfassen“ für andere Formen als die Schriftform spricht ferner, dass der Gesetzgeber neben der Möglichkeit, etwas „schriftlich abzufassen“ auch die Möglichkeit betont, etwas „elektronisch abzufassen“ (vgl. u.a. § 118 Abs. 2 Satz 3, § 119 Abs. 2 Satz 6 VwGO).

Selbst wenn jedoch die Begrifflichkeit des Abfassens einer schriftlichen Fixierung entspräche, ließe sich der verwendeten Rechtsbehelfsbelehrung:nicht entnehmen, dass der Rechtssuchende „selbst“ für die Schriftform zu sorgen hat. Durch die Formulierung im Passiv und durch das Partizip „abgefasst“ überlässt es die Rechtsbehelfsbelehrung:der handelnden Person, ob der Rechtsbehelf selbst schriftlich eingelegt werden soll oder ob sie Hilfspersonen - wie den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zwecks Niederschrift - in Anspruch nimmt. Denn auch ein mündlich zur Niederschrift erhobener Rechtsbehelf wird vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (in deutscher Sprache) schriftlich abgefasst. Die Klageerhebung zur Niederschrift stellt in diesem Sinne eine Unterform der Schriftlichkeit dar (Vgl. zu Letzterem Geiger, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 81 Rn. 11.).

Der in Rede stehende Passus der Rechtsbehelfsbelehrung:beschreibt danach, dass der Rechtsbehelf dem Gericht in deutscher Sprache vorliegen muss, um wirksam zu sein. Da sich die fragliche Rechtsbehelfsbelehrung:des Bundesamtes (allein) an einen ausländischen Adressatenkreis richtet, ist der Hinweis „in deutscher Sprache abgefasst“ dahin zu verstehen, dass das Erfordernis der Klageerhebung in deutscher Sprache betont bzw. verdeutlicht werden soll.

Ebenso VG Oldenburg, Beschluss vom 20. Oktober 2016 - 15 B 5090/16 -, juris, Rn. 10; VG Berlin, Beschluss vom 19. Mai 2017 - 6 L 383.17 A -, juris, Rn. 27.

Der Hinweis auf die Notwendigkeit der Klageerhebung in deutscher Sprache ist ebenfalls richtig. Gemäß § 55 VwGO i.V.m. § 184 GVG ist die Gerichtssprache Deutsch. Eingaben in anderer Sprache können danach keine fristwahrende Wirkung entfalten. (Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 1990 - 9 B 506.89 -, juris, Rn. 2; Kissel/Mayer, GVG, 8. Auflage 2015, § 184 Rn. 5, m.w.N.)

Der Hinweis auf die Notwendigkeit der Klageerhebung in deutscher Sprache wird auch nicht dadurch unrichtig, dass Eingaben in anderer Sprache ausnahmsweise dann fristwahrende Wirkung entfalten können, wenn sie einen noch verständlichen Hinweis in deutscher Sprache enthalten, es werde ein Rechtsbehelf eingelegt. (Vgl. VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 28. Juni 2016 - 22 K 4119/15.A -, juris, Rn. 64; offenlassend VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18. April 2017 - A 9 S 333/17 -, juris, Rn. 32.)

Denn für die Wirksamkeit der Klageerhebung kommt es im Einklang mit der Formulierung der Rechtsbehelfsbelehrung:auch in dieser Konstellation darauf an, ob einer deutschen Formulierung die Einlegung des Rechtsbehelfs zu entnehmen ist. Ein Anspruch auf einen Dolmetscher zum Zweck der mündlichen Klageerhebung zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle in einer Fremdsprache besteht nicht.“

Für durchgreifend hält das Gericht insbesondere den Hinweis des VG Münster auf verschiedene andere Gesetze, die von „schriftlich abfassen“ sprechen, also das hier von Seiten des Bundesamts verwendete Verb „abfassen“ mit dem Zusatz „schriftlich“ verwenden, was jedoch überflüssig wäre, wenn die Schriftform dem Begriff des Abfassens, so wie es der Gesetzgeber eben versteht, bereits immanent wäre. Abgerundet werden die Erwägungen zu Recht durch den Hinweis des VG Münster auf eine andere gesetzliche Formulierung dahin, dass etwas „elektronisch abzufasen“ ist. Diese Überlegungen des VG Münster verfangen umso mehr, als es sich gerade (auch) um die Verwaltungsgerichtsordnung selbst handelt, die von „schriftlich abfassen“ oder „elektronisch abfassen“ spricht, so dass mit der hier verwendeten Formulierung des reinen „Abfassens“ keineswegs irrtümlich der Eindruck erweckt wird, eine Klageerhebung beim Urkundsbeamten des Gerichts, der die entsprechende Niederschrift abfasst, wäre nicht möglich.

3. Insgesamt werden die Klagen daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO, § 83b AsylG abgewiesen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen die in Ziffer 3. des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 27. Mai 2017 enthaltene Abschiebungsandrohung wird angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragsteller, welche bislang weder Personalpapiere noch andere Identitätsnachweise ihres Herkunftslands vorlegten, sind nach eigenen Angaben Staatsangehörige der Bundesrepublik Nigeria. Der Antragsteller zu 2. soll der am 25. Juli 2014 in Italien geborene, nichteheliche Sohn der Antragstellerin (zu 1.) sein. Der Antragsteller zu 3. soll ihr am 14. September 2016 in Ingolstadt geborener nichtehelicher Sohn sein.

Die Antragstellerin stellte am 2. September 2015 für sich und den Antragsteller zu 2. bei der Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (kurz: Bundesamt) in München einen Asylantrag.

Zur Niederschrift über das persönliche Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens gab die Antragstellerin am 2. September 2015 gegenüber dem Bundesamt insbesondere an, sie habe sich seit dem 7. August 2013 eineinhalb Jahre in Italien aufgehalten. Dort sei ihr am 7. August 2013 internationaler Schutz zuerkannt worden. Neue Gründe und Beweismittel, die nicht in dem früheren Verfahren geltend gemacht worden seien und die ein neues Asylverfahren rechtfertigten, habe sie nicht.

Zur Niederschrift über ihre Anhörung bei der Außenstelle des Bundesamts in München am 10. Oktober 2016 äußerte sich die Antragstellerin zu ihrem Verfolgungsschicksal und gab insbesondere an, legal in Italien gewesen zu sein. Sie habe dort einen Asylantrag gestellt. Sie hätten sie akzeptiert. Aus Nigeria sei sie aus wirtschaftlichen Gründen ausgereist. In Italien wolle sie insbesondere nicht als Prostituierte arbeiten.

Am 16. November 2016 zeigte das Landratsamt Eichstätt gegenüber dem Bundesamt nach § 14a Abs. 2 AsylG die Geburt des Antragstellers zu 3. an.

Am 9. Januar 2017 übermittelte das Bundesamt der zuständigen italienischen Behörde ein auf Art. 34 Verordnung (EG) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl EG Nr. L 180 S. 31) - Dublin III-VO – gestütztes Informationsersuchen hinsichtlich der Antragsteller, welches die Republik Italien nicht beantwortete.

In einem Vermerk vom 19. Mai 2017 hielt das Bundesamt insbesondere fest, eine Antwort auf das Informationsersuchen sei in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Für die Antragstellerin liege ein EURODAC-Treffer der Kategorie 1, datiert auf den 13. August 2013, aus Vibo Valentia/Italien vor. Die Antragstellerin habe glaubhaft geschildert, dass ihr Asylgesuch in Italien positiv beschieden worden sei. Diese Angaben würden durch gleichlautende Angaben ihres damaligen Freundes, des Vaters des Antragstellers zu 2., bestätigt.

Mit Bescheid vom 27. Mai 2017 lehnte das Bundesamt die Asylanträge der Antragsteller als unzulässig ab (Ziffer 1.), verneinte Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG (Ziffer 2.) und drohte ihnen mit einer Ausreisefrist von einer Woche die Abschiebung nach Italien an (Ziffer 3.). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, nach den Erkenntnissen des Bundesamts sei den Antragstellern in Italien im Rahmen des Asylverfahrens internationaler Schutz gewährt worden. Für die Antragstellerin liege ein EURODAC-Treffer der Kategorie 1 vor. Sie habe glaubhaft bestätigt, dass ihr Asylgesuch in Italien positiv beschieden worden sei. Die Asylanträge der Antragsteller zu 2. und 3. seien nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) und Nr. 2 AsylG ebenfalls unzulässig. Für deren Asylantrag sei der Mitgliedstaat zuständig, welcher der Antragstellerin internationalen Schutz zuerkannt habe. Abschiebungsverbote lägen nicht vor. Die Abschiebungsandrohung sei nach §§ 35, 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG zu erlassen gewesen. Die Ausreisefrist von einer Woche ergebe sich aus § 36 Abs. 1 AsylG.

Am 6. Juni 2017 erhob die Antragstellerin für sich und die übrigen Antragsteller zur Niederschrift der Rechtsantragsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts München Klage und beantragte, den Bundesamtsbescheid vom 27. Mai 2017 in Ziffer 1. und in Ziffern 3. bis 6. aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen, ihnen den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen und festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG bestehen.

Über die Klage (M 21 K 17.43970) ist noch nicht entschieden.

Am 6. Juni 2017 beantragte die Antragstellerin für sich und die übrigen Antragsteller zur Niederschrift der Rechtsantragsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts München zugleich sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung der Klagen anzuordnen.

Zur Klage- und Antragsbegründung nahm sie am 6. Juni 2017 im wesentlichen Bezug auf ihre Angaben gegenüber dem Bundesamt.

Zur weiteren Klage- und Antragsbegründung ließen die Antragsteller durch Schriftsatz vom 19. Juni 2017 im Wesentlichen ausführen, nur für den Fall, dass § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG einschlägig sei, solle der Eilantrag gestellt werden. Für den Fall, dass das Verfahren nach den Dublin-Vorschriften zu führen sei, sei die Überstellungsfrist nach Italien längst abgelaufen und solle durch einen Eilantrag nicht wieder von vorne beginnen. Es werde davon ausgegangen, dass das Gericht nicht durchentscheiden werde. Die Antragsgegnerin habe keinen Nachweis dafür erbracht, dass der Asylantrag in Italien bereits beschieden worden sei. Die Antragstellerin habe mitgeteilt, dass ihr Asylantrag in Italien noch nicht beschieden worden sei. Es sei davon auszugehen, dass die Antragsteller in Italien zunächst auf der Straße leben müssten. Der Vater des Antragstellers zu 3. halte sich in Weilheim auf. Eine Abschiebung des Antragstellers zu 3. bedeutete daher, die Familie auseinander zu reißen.

Durch Schriftsatz vom 14. August 2017 ließen die Antragsteller insbesondere ausführen, die Antragstellerin habe eine lappenartige Wucherung im Bereich der rechten Achselhöhle, die entfernt werden müsse.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten zu Eil- und Klageverfahren und auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Die Eilanträge sind zulässig und begründet.

Insbesondere in den Fällen der Unzulässigkeit eines Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG – wenn also ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz gewährt hat - darf die Aussetzung der Abschiebung im Rahmen eines Eilverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts, hier der Abschiebungsandrohung, bestehen. Solche „ernstlichen Zweifel“ liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – juris Rn. 99). Diese Einschätzung ist hier gerechtfertigt.

Insbesondere in den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war (§ 35 AsylG). Mangels hinreichender Sachverhaltsermittlung bestehen ernstliche Zweifel daran, dass das Bundesamt Fälle des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG hat annehmen dürfen. Im Einzelnen:

Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar durch Urteil vom 21. November 2017 (- 1 C 39.16 - Leitsatz) unter Hinweis auf verschiedene, zur Sachverhaltsermittlung in Betracht kommende Wege entschieden, dass die Verwaltungsgerichte den Sachverhalt aufklären müssen, wenn in einem Asylverfahren zweifelhaft ist, ob dem Schutzsuchenden bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union internationaler Schutz gewährt worden ist. Das gilt nach dieser Entscheidung auch dann, wenn ein an den anderen Mitgliedstaat gerichtetes Auskunftsersuchen nach den Dublin-Vorschriften (sogenanntes Info-Request) unbeantwortet geblieben ist.

Dieses Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist aber im Anschluss an asylrechtliche Hauptsacheverfahren ergangen, so dass aus ihm keine (erhöhten) Anforderungen an die Amtsermittlung des Verwaltungsgerichts in einem Eilverfahren wie dem vorliegenden abzuleiten sind (vgl. dementsprechend auch § 36 Abs. 3 Sätze 4 und 5 AsylG). Die Wertungen dieses Urteils können aber im Rahmen der Prüfung ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Abschiebungsandrohung berücksichtigt werden.

Dies zugrunde gelegt bestehen ernstliche Zweifel an der Einschätzung des Bundesamts, dass Fälle des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG vorliegen. Damit bestehen auch ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen, auf § 35 AsylG basierenden Abschiebungsandrohung. Im Einzelnen:

Bei der Prüfung, ob ein Fall des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG vorliegt, darf sich das Bundesamt nicht allein auf die Angaben der Antragsteller zum Verlauf von Asylverfahren in anderen Mitgliedstaaten stützen. Denn diese haben in aller Regel den Verfahrensablauf nicht durchschaut und können dazu deshalb auch keine verlässlichen Angaben machen (vgl. nur BayVGH, U.v. 3.12.2015 – 13a B 15.50069 u.a. - juris Rn. 22 m.w.N.). Mit dem vom Bundesamt grundsätzlich zu nutzenden, sogenannten Info-Request nach Art. 21 Dublin-II-VO bzw. Art. 34 Dublin-III-VO ist unter den Mitgliedstaaten ein beschleunigtes Informationsaustauschsystem eingeführt worden, dessen Möglichkeiten zur Informationsgewinnung den Verwaltungsgerichten nicht offen stehen (vgl. nur BayVGH, U.v. 20.10.2016 – 20 B 14.30320 – juris Rn. 29, 41 m.w.N.).

Demnach beruht die Annahme des Bundesamts, es lägen Fälle des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG vor, auf unzureichender Tatsachenbasis.

Die Angaben der Antragsteller zum Verlauf der Asylverfahren scheiden mangels hinreichender Belastbarkeit als hinreichend tragfähige Informationsquelle des Bundesamts von vornherein aus. Das Bundesamt hat zwar ein Info-Request an die zuständige Behörde der Republik Italien gerichtet. Dieses Informationsersuchen ist aber unbeantwortet geblieben. Das Ergebnis einer EURODAC-Recherche hinsichtlich der Antragstellerin ist in der Bundesamtsakte nicht unmittelbar dokumentiert. Hinzu kommt, dass der Antragsteller zu 3. am 14. September 2016 in Ingolstadt geboren ist, so dass ihm im in Betracht kommenden Zeitraum in Italien kein internationaler Schutz gewährt worden sein kann. Auch hinsichtlich des Antragstellers zu 2. spricht angesichts der Angaben der Antragstellerin zu ihrem Asylverfahren in Italien schon dessen angebliches Geburtsdatum, der 25. Juli 2014, gegen den Schluss, dass ihm dort bereits internationaler Schutz gewährt worden ist.

Das Bundesamt hat auch nicht ausnahmsweise sonst nach den besonderen Umständen des Einzelfalls tragfähig auf das Vorliegen von Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG schließen dürfen.

Selbst wenn insbesondere der (ergänzenden) Annahme des Bundesamts, der Asylantrag der Antragstellers zu 2. sei auch nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) AsylG unzulässig, gefolgt werden könnte, wäre die auch ihm gegenüber ausgesprochene Abschiebungsandrohung rechtswidrig und verletzte ihn in seinen subjektiven Rechten (vgl. nur BayVGH, B.v. 14.6.2016 – 21 ZB 16.30074 – juris Rn. 7 ff. m.w.N). Gegen den Antragsteller zu 2. wäre dann eine mit einer Abschiebungsandrohung nicht einmal teilidentische Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 Asyl zu erlassen gewesen, in deren Vorfeld für ihn zunächst (vgl. § 34a Abs. 1 Satz 4 AsylG) etwa auch inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse hätten geprüft werden müssen.

Jedenfalls in der derzeitigen Situation der asylrechtlichen Zusammenarbeit zwischen der Antragsgegnerin und der Republik Italien nimmt das Gericht an, dass die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 21. November 2017 (- 1 C 39.16 – juris Rn. 20 ff.) aufgezeigten, zur Sachverhaltsermittlung durch das Verwaltungsgericht in Betracht kommenden Wege in einem Hauptsacheverfahren insgesamt nicht zu einem weiteren Erkenntnisgewinn zu Gunsten des Bundesamts führen würden.

Infolge dieser den Eilanträgen stattgebenden Entscheidung werden die Entscheidungen des Bundesamts über die Unzulässigkeit der Asylanträge nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG und die Abschiebungsandrohung unwirksam (§ 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG). Das Bundesamt hat die Asylverfahren fortzuführen (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsteller, der bislang weder Personalpapiere noch andere Identitätsnachweise seines Herkunftslands vorlegte, ist nach eigenen Angaben ein lediger, in Abuga geborener Staatsangehöriger der Bundesrepublik Nigeria.

Er stellte am 23. August 2016 bei der Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (kurz: Bundesamt) in Regensburg einen Asylantrag.

Zur Niederschrift über das persönliche Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und die persönliche Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des gestellten Asylantrags gab der Antragsteller am 23. August 2016 gegenüber dem Bundesamt insbesondere an, er habe ein am 7. September 2014 ausgestelltes und insgesamt neun Monate gültiges Aufenthaltsdokument für Italien gehabt. Am 26. Juni 2016 habe er Italien verlassen sollen. Er habe am 7. September 2014 internationalen Schutz in Italien beantragt. Neue Gründe und Beweismittel, die nicht in dem früheren Verfahren geltend gemacht worden seien und die ein neues Asylverfahren rechtfertigten, habe er nicht.

In der Bundesamtsakte (Bl. 40 und 71) befindet sich ein Schreiben der Präfektur Ancona vom 25. Mai 2016 in italienischer Sprache (Übersetzung: Bl. 63 ff. der Bundesamtsakte). Darin wurde insbesondere ausgeführt, der Antrag des Antragstellers auf Zuerkennung internationalen Schutzes sei am 16. November 2015 abgelehnt worden. Das Zivilgericht in Ancona habe seine diesbezügliche Beschwerde am 15. April 2016 abgewiesen und die streitige Maßnahme bestätigt. Daher sei der Aufenthalt des Antragstellers im Aufnahmezentrum zu beenden und seine Unterbringung im Hotel Lori di Marzocca die Senigallia werde widerrufen.

Zur Niederschrift über seine Anhörung bei der Außenstelle des Bundesamts in Regensburg am 7. September 2016 äußerte sich der Antragsteller zu seinem Verfolgungsschicksal und gab insbesondere an, auf seinen Antrag vom 30. Januar 2015 hin in Italien kein Asyl bekommen zu haben.

In einem Aktenvermerk vom 8. Mai 2017 hielt das Bundesamt insbesondere fest, aufgrund der aktuellen Problematik hinsichtlich des Nichtantwortens seitens Italiens, sowie des derzeitigen Verfahrensstandes werde kein Informationsersuchen an Italien gestellt. Nach dem Schreiben der italienischen Behörden vom 25. Mai 2016 liege ein Zweitantrag vor.

Mit Schreiben vom 9. Mai 2017 teilte das Bundesamt dem Antragsteller mit, nach den vorliegenden Erkenntnissen habe er bereits in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Das weitere Vorgehen richte sich nach dem Ergebnis dieses Verfahrens in dem anderen Mitgliedstaat. Daher werde binnen zwei Wochen um Mitteilung des Sachstands dieses Verfahrens und um Vorlage aller vorhandenen Dokumente zu diesem Verfahren unter Verwendung des beigefügten Fragebogens gebeten. Dieser Fragebogen enthielt insbesondere die Frage, welche neuen Umstände der Antragsteller vorbringen könne oder welche neuen Erkenntnisse er habe, die eine günstigere Entscheidung für ihn ermöglichten.

In diesem Fragebogen kreuzte der Antragsteller insbesondere an, sein Antrag auf Schutz sei abgelehnt worden und fügte ihm weitere, handschriftliche Ausführungen in englischer Sprache bei.

Mit Bescheid vom 22. Mai 2017 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab (Ziffer 1.), verneinte Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG (Ziffer 2.) und drohte ihm mit einer Ausreisefrist von einer Woche die Abschiebung nach Nigeria an (Ziffer 3.). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, durch Bescheid vom 25. Mai 2016 habe Italien dem Antragsteller mitgeteilt, dass dort das Verfahren zur Prüfung seines Antrags auf internationalen Schutz erfolglos abgeschlossen worden sei. Daher handle es sich bei dem erneuten Asylantrag um einen Zweitantrag. Ein Asylantrag sei unzulässig, wenn wie hier im Falle eines Antrags nach § 71a AsylG ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen sei, § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG. Wiederaufgreifensgründe lägen nicht vor. Der Antragsteller habe Asylgründe vorgetragen, die zeitlich vor der Ausreise aus seinem Heimatland lägen und an denen sich seit seinem Verfahren in Italien nichts geändert habe. Abschiebungsverbote lägen nicht vor. Die Abschiebungsandrohung sei nach § 71a Abs. 4 AsylG i.V.m. § 34 Abs. 1 AsylG und § 59 AufenthG zu erlassen. Die Ausreisefrist von einer Woche ergebe sich aus § 71a Abs. 4 AsylG i.V.m. § 36 Abs. 1 AsylG.

Am 31. Mai 2017 erhob der Antragsteller zur Niederschrift der Rechtsantragsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts München Klage und beantragte, den Bundesamtsbescheid vom 22. Mai 2017 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen, ihm den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen und festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG bestehen.

Über die Klage (M 21 K 17.43379) ist noch nicht entschieden.

Am 31. Mai 2017 beantragte der Antragsteller zugleich zur Niederschrift der Rechtsantragsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts München,

die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen.

Zur Klage- und Antragsbegründung nahm er am 31. Mai 2017 Bezug auf seine Angaben gegenüber dem Bundesamt.

Zur weiteren Klage- und Antragsbegründung ließ der Antragsteller durch Schriftsätze vom 9. August und 5. Oktober 2017 weitere Ausführungen machen und jeweils undatierte Schreiben zu seinen Fluchtgründen vorlegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten zu Eil- und Klageverfahren und auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

1. Der Eilantrag ist zwar zulässig, aber unbegründet.

Wird in einer „Zweitantragssituation“ ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, so darf die Aussetzung der Abschiebung im Rahmen eines Eilverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen §§ 71a Abs. 4, 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts, hier der Abschiebungsandrohung, bestehen. Solche „ernstlichen Zweifel“ liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – juris Rn. 99). Eine solche Einschätzung ist hier nicht gerechtfertigt.

§ 34 AsylG, der den Erlass einer Abschiebungsandrohung regelt, ist über § 71a Abs. 4 AsylG nur dann entsprechend anzuwenden, wenn eine „Zweitantragssituation“ im Sinne des § 71a Abs. 1 AsylG vorliegt und ein weiteres Asylverfahren rechtmäßiger Weise nicht durchgeführt wird. Nur dann ist der Asylantrag auch nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG als unzulässig abzulehnen. Nach hinreichender Sachverhaltsermittlung hat das Bundesamt hier eine „Zweitantragssituation“ im Sinne des § 71a Abs. 1 AsylG annehmen dürfen. Ein weiteres Asylverfahren ist nicht durchzuführen. Im Einzelnen:

Ein asylrechtlicher Zweitantrag, der bei Fehlen neuen Vorbringens ohne Sachprüfung als unzulässig abgelehnt werden kann, setzt gemäß § 71a Abs. 1 AsylG ein erfolglos abgeschlossenes Asylverfahren in einem sicheren Drittstaat voraus (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4/16 – juris Leitsatz 2). Es obliegt dem Bundesamt, den negativen Abschluss des Erstverfahrens im Rahmen der Amtsermittlungspflicht zu belegen. Bei der Prüfung nach § 71a Abs. 1 AsylG, ob ein erfolgloser Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat vorliegt, darf sich das Bundesamt nicht allein auf die Angaben der Antragsteller zum Verlauf von Asylverfahren in anderen Mitgliedstaaten stützen. Denn diese haben in aller Regel den Verfahrensablauf nicht durchschaut und können dazu deshalb auch keine verlässlichen Angaben machen (vgl. nur BayVGH, U.v. 3.12.2015 – 13a B 15.50069 u.a. - juris Rn. 22 m.w.N.). Mit dem vom Bundesamt grundsätzlich zu nutzenden, sogenannten Info-Request nach Art. 21 Dublin-II-VO bzw. Art. 34 Dublin-III-VO ist unter den Mitgliedstaaten ein beschleunigtes Informationsaustauschsystem eingeführt worden, dessen Möglichkeiten zur Informationsgewinnung den Verwaltungsgerichten nicht offen stehen (vgl. nur BayVGH, U.v. 20.10.2016 – 20 B 14.30320 – juris Rn. 29, 41 m.w.N.).

Zudem kann das Bundesamt das Vorliegen von Wiederaufgreifensgründen nur beurteilen, wenn es Kenntnis des Vorverfahrens, der dort angeführten Gründe und des dortigen Verfahrensablaufs einschließlich der jeweiligen Entscheidungen besitzt (vgl. nur Schönenbroicher/Dickten in Beck´scher Online-Kommentar Ausländerrecht, Stand 1. November 2017, § 71a AsylG Rn. 2 m.w.N.).

Demnach beruht die Annahme des Bundesamts, es liege der erfolglose Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat vor, auf zureichender Tatsachenbasis.

Das Bundesamt hat zwar kein Info-Request an die zuständige Behörde der Republik Italien gerichtet. Das Bundesamt hat aber ausnahmsweise nach den besonderen Umständen des Einzelfalls tragfähig auf das Vorliegen einer „Zweitantragssituation“ schließen dürfen.

Das Schreiben der Präfektur Ancona vom 25. Mai 2016 belegt, dass das Asylverfahren des Antragstellers in Italien erfolglos abgeschlossen worden ist. Die entsprechenden inhaltlichen Aussagen dieses Schreibens werden insbesondere durch die allgemeinkundige Erkenntnis bestätigt, dass (endgültig) abgelehnte Asylbewerber in Italien insbesondere keine Unterbringung mehr nach den sonst dort für Asylbewerber geltenden Regelungen beanspruchen können (http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Asyl/leitfaden-italien.pdf? blob=publicationFile, dort S. 22).

Zudem liegen die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nach § 71a Abs. 1 Halbs. 1 AsylG nicht vor.

Der Antragsteller kann insbesondere keinen Wiederaufgreifensgrund nach § 51 Abs. 1 VwVfG für sich in Anspruch nehmen. In der Tat bezieht sich sein Vorbringen gegenüber dem Bundesamt auf Umstände, die sich bereits im Herkunftsland ereignet haben sollen. Damit können diese Umstände mit Blick auf das in Italien erfolglos abgeschlossene Asylverfahren insbesondere keine nachträgliche Änderung der Sachlage zugunsten des Antragstellers begründen. Er selbst hat zudem zur Niederschrift über das persönliche Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und die persönliche Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des gestellten Asylantrags am 23. August 2016 gegenüber dem Bundesamt angegeben, neue Gründe und Beweismittel, die nicht in dem früheren Verfahren von ihm geltend gemacht worden seien und die ein neues Asylverfahren rechtfertigten, habe er nicht.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die in Ziffer 3 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 14. Juli 2017 enthaltene Abschiebungsandrohung wird angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der nicht ausgewiesene Antragsteller ist nach eigenen Angaben nigerianischer Staatsangehöriger. Er reiste im Juli 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 30. September 2015 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) einen Asylantrag.

Im Rahmen des persönlichen Gesprächs zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats erklärte der Antragsteller gegenüber dem Bundesamt, er habe in Italien bereits internationalen Schutz beantragt und erhalten. Bei dem Antragsteller wurden im Rahmen einer Polizeikontrolle unter anderem ein italienischer permesso di soggiorno aufgefunden, aus dem sich ergibt, dass der Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen erteilt worden ist (motivi umanitari).

Auf ein Informationsersuchen des Bundesamtes nach Art. 34 der VO (EU) Nr. 604/2013 reagierte der Mitgliedstaat Italien nicht.

Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt erklärte der Antragsteller unter anderem, er habe in Italien humanitären Schutz erhalten. Seine Papiere seien jedoch nicht mehr gültig. Nach Italien wolle er nicht zurück, da er dort eines Tages von der Mafia geschlagen worden sei. Seine Freundin sei vergewaltigt worden.

Das Bundesamt lehnte den Antrag des Antragstellers schließlich mit Bescheid vom 14. Juli 2017 als unzulässig ab. Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, und der Antragsteller aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Die Abschiebung nach Nigeria wurde angedroht. Schließlich wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des AufenthG auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es handele sich bei dem erneuten Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland um einen Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylG, da der Antragsteller bereits in einem sicheren Drittstaat gemäß § 26a AsylG ein Asylverfahren erfolglos betrieben habe. Durch Vorlage des permesso di soggiorno sei erwiesen, dass das Verfahren zur Prüfung eines Antrages auf internationalen Schutz in Italien erfolglos abgeschlossen worden sei. Das Personaldokument (Permesso di soggiorno: „motivi umanitari“) sei für die Feststellung des Abschlusses des Asylverfahrens in Italien schon alleine hinreichend aussagekräftig. Der Antragsteller habe keine neuen Asylgründe vorgetragen. Eine Änderung der Sach- oder Rechtslage sei nicht ersichtlich.

Hiergegen erhob der Antragsteller durch seine Bevollmächtigte am 19. Juli 2017 Klage (M 21 K 17.45989), mit der er beantragt, den Bescheid des Bundesamts vom 14 Juli 2017 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen, ihm die Flüchtlingseigenschaft sowie subsidiären Schutz zuzuerkennen sowie festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2 bis Abs. 7 AufenthG vorliegen.

Zugleich beantragt er,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Eine Begründung erfolgte trotz entsprechender Ankündigung nicht.

Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 4. August 2017 die Behördenakten vorgelegt. Eine Äußerung erfolgte weder zum Klagenoch zum Eilverfahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowohl in diesem als auch im Klageverfahren sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat Erfolg.

Der Antrag ist zulässig, soweit damit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die kraft Gesetzes (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 75 i.V.m. §§ 71a Abs. 4, 36 AsylG) sofort vollziehbare Abschiebungsandrohung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids erreicht werden soll. Die Antragstellung erfolgte auch fristgerechnet innerhalb der Wochenfrist des § 71a Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG.

Der Antrag ist auch begründet.

Gemäß §§ 71a Abs. 4 i.V.m. 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG darf die Aussetzung der Abschiebung im Falle eines Zweitantrages, in dem ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt wird, nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – juris Rn. 99). Dies ist hier im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG) der Fall.

Nach § 71a Abs. 1 AsylG ist dann, wenn ein Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag) stellt, ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen. Andernfalls ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen, § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG.

§ 71a AsylG setzt damit den erfolglosen Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat voraus (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4.16 – juris Rn. 22ff; BayVGH, U.v. 3.12.2015 – 13a B 15.50069 – juris Rn. 24ff). Hierbei muss – entgegen der im streitgegenständlichen Bescheid ersichtlichen Auffassung der Antragsgegnerin – der vorangegangene negative Ausgang eines Asylverfahrens in einem Mitgliedstaat durch rechtskräftige Sachentscheidung festgestellt werden und feststehen; bloße Mutmaßungen genügen nicht (Bruns in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 71a AsylG, Rn. 3 und 9 m.w.N.). Dies bedeutet, dass das Bundesamt zu der gesicherten Erkenntnis gelangen muss, dass das Asylerstverfahren mit einer für den Asylbewerber negativen Sachentscheidung abgeschlossen wurde, um sich in der Folge auf die Prüfung von Wiederaufnahmegründen beschränken zu dürfen. Eine solche Prüfung beinhaltet unter anderem, dass das Bundesamt Kenntnis von der Entscheidung und den Entscheidungsgründen der Ablehnung des Antrags im anderen Mitgliedsstaat hat (vgl. VG München, B. v. 30.1.2017 – M 23 S. 16.34550 – juris; B.v. 27.12.2016 – M 23 S. 16.33585 – juris; VG Schleswig-Holstein, B.v. 7.9.2016 – 1 B 54/16 – juris Rn. 7 ff; VG Schwerin, U.v. 8.7.2016 – 15 A 190/15 – juris Rn. 18; VG Wiesbaden, B.v. 20.6.2016 – 5 L 511/16.WI.A – juris Rn. 20, BeckOK AuslR/Schönenbroicher, AsylG, § 71a Rn. 1f).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Das Bundesamt hat die Annahme, der Antragsteller habe ein Asylerstverfahren in Italien mit einer für ihn negativen Sachentscheidung abgeschlossen, einzig auf die Tatsache gestützt, dass diesem humanitärer Schutz gewährt worden ist. Zwar ist der Antragsgegnerin zuzugeben, dass eine solche Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen keine Gewährung internationalen Schutzes darstellt, sondern allein auf (nationalem) italienischem Recht beruht und in der Regel gerade dann erteilt wird, wenn die italienischen Behörden davon ausgehen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung internationalen Schutzes nicht erfüllt werden (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Leitfaden Italien, Aktualisierte Fassung Oktober 2014, S. 22, abrufbar unter http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Asyl/leitfaden-italien.pdf? blob=publicationFile).

Allerdings sagt dies noch nichts darüber, ob die Ablehnung des Asylverfahrens in Italien rechtskräftig geworden ist, ob in Italien ein Asylverfahren auch mit inhaltlicher Prüfung (vgl. BayVGH, U.v. 3.12.2015 – 13a B 15.50069 – juris) durchgeführt wurde und ob gegebenenfalls die Möglichkeit der Wiederaufnahme insbesondere hinsichtlich möglicher neuer Beweismittel besteht. Insoweit wird die Antragsgegnerin nicht umhin kommen, im Wege ihrer Amtsermittlungspflicht zu versuchen, unmittelbar Auskunft von den italienischen Behörden sowie eine Abdruck des ablehnenden Bescheides zu erhalten. Allein die Mutmaßung, die Gewährung humanitären Schutzes belege bereits die rechtskräftige Ablehnung eines Asylantrags aufgrund inhaltlicher Prüfung ist nicht ausreichend. Diese fehlende Aufklärung geht zu Lasten der Antragsgegnerin (vgl. BayVGH, U.v. 13.10.2016 – 20 B 14.30212 – juris Rn. 41).

Ein erfolgloser Abschluss des Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat ist somit nicht nachgewiesen, so dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids bestehen.

Dem Antrag ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 21. September 2017 wird angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der nach eigenen Angaben 1985 geborene Antragsteller, gibt an, er sei eritreischer Staatsangehöriger. Er beantragte am 21. Oktober 2014 die Gewährung von Asyl. Dabei gab er an, er habe sein Heimatland im Jahr 2006 verlassen und mehrere Jahre in Norwegen gelebt. Sein Asylantrag in Norwegen sei abgelehnt worden. Norwegen akzeptierte die Rücküberstellung des Antragstellers nach Art. 3 Abs. 2 i.V.m. Art. 18 Abs. 1 Buchst. d der Dublin III-VO. Dabei teilten die norwegischen Behörden mit, der Antragsteller sei äthiopischer Staatsangehöriger („Citizenship Ethiopia“). Sein Asylantrag sei am 18. März 2010 negativ entschieden worden und der Antragsteller sei in Norwegen ab 25. August 2014 als verschwunden registriert worden.

Mit Bescheid vom 11. November 2014 wurde der Antrag als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung des Antragstellers nach Norwegen angeordnet. Ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wurde abgelehnt. Nachdem der Antragsteller nachgewiesen hatte, dass er mittlerweile eine äthiopische Staatsangehörige religiös geheiratet hat und für das gemeinsame Kind eine Vaterschaftsanerkennung und eine Sorgerechtserklärung abgegeben hat, erklärte das Bundesamt die Ausübung des Selbsteintrittsrechts.

Zum Nachweis seiner eritreischen Staatsangehörigkeit hat der Antragsteller beim Bundesamt die Kopie eines Ausweises der „Kommission für eritreische Flüchtlingsangelegenheiten“ vorgelegt, wonach er am 12.9.1999 von Addis Abeba (Migrationsort) nach Asmara (Rückkehrort) ausgewandert ist, sowie die Kopie eines Schülerausweises, versehen mit einem Siegel des Staates Eritrea, Erziehungsministerium. Er gab an, er sei mit seinem Vater 1999 von Äthiopien nach Eritrea abgeschoben worden. Die Mutter sei nicht abgeschoben worden, lebe aber seit 2013 auch in Eritrea. Der Vater sei in Eritrea inhaftiert.

Mit Bescheid vom 21. September 2017 wurde der Asylantrag des Antragstellers als unzulässig abgelehnt (Ziffer 1). Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2) und der Antragsteller wurde unter Androhung der Abschiebung nach Äthiopien aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Der Antragsteller könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist (Ziffer 3). In Ziffer 4 erfolgte die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Der Antragsteller habe bereits in einem sicheren Drittstaat ein erfolgloses Asylverfahren absolviert. Er habe insbesondere angegeben, dass er in Norwegen zu seinen Asylgründen angehört worden sei und alle Gründe vorgetragen habe, die ihn dazu gezwungen hätten, sein Heimatland zu verlassen. Somit sei sein Asylantrag nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG unzulässig. Gründe für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens lägen nicht vor. Der Antragsteller habe im Rahmen seiner informatorischen Anhörung mitgeteilt, er befürchte im Falle einer Rückkehr nach Eritrea lebenslang verhaftet oder zum Militärdienst gezwungen zu werden. Dies habe er jedoch bereits in seinem Asylverfahren in Norwegen vortragen können. Eine neue Sachlage liege daher nicht vor. Auch Abschiebungsverbote lägen nicht vor. Der Antragsteller habe weder belegen können noch glaubhaft gemacht, dass er die eritreische Staatsangehörigkeit habe. Der Antragsteller sei kein Eritreer, da er in Äthiopien geboren worden sei. Diese Staatsangehörigkeit bestehe fort, denn der Antragsteller hätte aktiv seine eritreische Staatsangehörigkeit beantragen müssen, was er aber nach eigenen Angaben nicht getan habe. Somit müsse davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller noch im Besitz der äthiopischen Staatsangehörigkeit sei. In Äthiopien sei der Antragsteller vor Verfolgung sicher. Der Heimatstaat eines Asylbewerbers sei grundsätzlich nach dem jeweiligen Staatsangehörigkeitsrecht des in Frage kommenden Staates zu bestimmen. Danach seien alle Personen äthiopischer, eritreischer oder gemischt äthiopisch-eritreischer Herkunft, die in Eritrea, Äthiopien oder Drittländern lebten und vor der Unabhängigkeit Eritreas im Jahre 1993 geboren worden seien, äthiopische Staatsbürger. Diese Staatsangehörigkeit habe der Antragsteller auch nicht aufgrund der Entstehung des neuen selbstständigen Staates verloren. Dies gelte unabhängig davon, ob er nach der Proklamation Nr. 21/1992 über die eritreische Staatsangehörigkeit die Staatsangehörigkeit erworben habe. Denn nach dem bis Dezember 2003 gültigen äthiopischen Staatsangehörigkeitsrecht habe ein äthiopischer Staatsangehöriger seine Staatsbürgerschaft nur verloren, wenn er diese auf einen eigenen Antrag hin gewechselt oder eine fremde Staatsangehörigkeit erworben habe. Dies sei jedoch vorliegend nicht der Fall. Dem Antragsteller würde als äthiopischem Staatsangehörigen im Falle der Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung drohen. Hierzu sei schon nichts vorgetragen. Es sei davon auszugehen, dass der Antragsteller versuche, über seine Staatsangehörigkeit zu täuschen. Da die Anerkennungsquote eritreischer Staatsangehöriger im Asylverfahren sehr hoch sei, sei nicht unwahrscheinlich, dass Staatsangehörige der benachbarten Länder ein vermeintliches Verfolgungsschicksal in Verbindung mit einer unklaren Staatsangehörigkeit konstruierten, um die eigene äthiopische Staatsangehörigkeit zu verschleiern. Äthiopische Staatsangehörigen, die dauerhaft in Eritrea leben würden, seien von der Dienstleistung im Nationaldienst als ausländische Staatsangehörige befreit.

Der Antragsteller ließ am 9. Oktober 2017 Klage erheben (Az.: W 3 K 17.33499).

Gleichzeitig ließ er beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 21. September 2017 anzuordnen.

Zur Begründung wurde vorgebracht, das Bundesamt sei zu Unrecht von einer äthiopischen Staatsangehörigkeit des Antragstellers ausgegangen. Dieser habe zum Nachweis seiner eritreischen Staatsangehörigkeit den Flüchtlingsausweis der Migrationsbehörde des „Staates von Eritrea“ sowie eine Schulbescheinigung vorgelegt. Durch die Abschiebung des Antragstellers und seines Vaters sei eindeutig, dass Äthiopien die äthiopische Staatsangehörigkeit des Antragstellers nicht anerkenne oder diese aberkannt habe. Außerdem habe sich der Antragsteller von Europa aus exilpolitisch betätigt.

Die Antragsgegnerin beantragte,

den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und auf die elektronische Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist begründet.

Der nach § 71a Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 3 i.V.m. § 75 AsylG zulässige Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Bescheid des Bundesamtes vom 21. September 2017 anzuordnen, ist begründet, da ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestehen (Art. 16a Abs. 4 GG, §§ 71a Abs. 4, 36 Abs. 4 i.V.m. 77 Abs. 1 AsylG).

Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens nach § 36 Abs. 3 AsylG ist die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Abschiebungsandrohung, beschränkt auf die sofortige Vollziehbarkeit. Die damit intendierte umgehende Beendigung des Aufenthalts des Asylbewerbers im Bundesgebiet stützt sich auf die Ablehnung des Antrages auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens als unzulässig und ist deren Folge.

Seit der Neufassung von § 29 AsylG durch das Integrationsgesetz (G.v. 31.7.2016, BGBl. S. 1939) ist die Ablehnung eines Folgeantrages bzw. eines Zweitantrages nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 mit der Anfechtungsklage anzugreifen. Somit ist Gegenstand des Hauptsacheverfahrens lediglich die Frage, ob Wiederaufgreifensgründe im Sinne des § 71a AsylG i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Falls dies bejaht wird, muss das Bundesamt ein Folgeverfahren durchführen. Das Bundesverwaltungsgericht hält insbesondere an der früheren Rechtsprechung zur Verpflichtung der Verwaltungsgerichte zum Durchentscheiden beim Folgeantrag nicht mehr fest (BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4/16 - juris).

Daher ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch zu überprüfen, ob der Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens zu Recht als unzulässig abgelehnt wurde. Die Aussetzung der Abschiebung darf aber nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung oder an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung im Übrigen bestehen (§ 71a Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG).

Die Entscheidung des Bundesamtes, den Asylantrag als unzulässig nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG abzulehnen, begegnet im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 AsylG) ernstlichen Zweifeln.

Nach § 71a Abs. 1 AsylG ist dann, wenn ein Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG), für den die Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten, oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag) stellt, ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen; andernfalls ist der Antrag gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG als unzulässig zurückzuweisen. Ein Verfahren und eine Entscheidung nach § 71a i.V.m. § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG, dass ein Asylverfahren nicht durchzuführen und der Asylantrag deswegen unzulässig ist, setzt somit zunächst den erfolglosen Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat voraus (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4.16 – juris Rn. 22 ff.; BayVGH, U.v. 3.12.2015 – 13 a B 15.50069 – juris Rn. 24).

Der Antragsteller hat unstreitig ein Asylverfahren in Norwegen durchgeführt, das negativ abgeschlossen wurde. Norwegen hatte mit Schreiben vom 11. November 2014 seine Übernahmebereitschaft gemäß Art. 3 i.V.m. Art. 18 Abs. 1 Buchstabe d Dublin III-VO erklärt. Diese Vorschrift betrifft Drittstaatsangehörige, deren Antrag abgelehnt wurde.

Nach § 51 Abs. 1 VwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn (1.) sich die dem Verwaltungsakt zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (2.) neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden oder (3.) Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind. Die Geeignetheit der in § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VwVfG genannten Umstände für eine dem Kläger günstigere Entscheidung muss schlüssig dargelegt werden (BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23.12 - juris, Rn. 14).

Im vorliegenden Fall bestehen ernstliche Zweifel an der Entscheidung des Bundesamtes, ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen.

Diese Zweifel ergeben sich aus Folgendem:

Mangels Unterlagen ist nicht feststellbar, ob die norwegischen Behörden über das Vorbringen des Antragstellers, er sei zusammen mit seinem Vater von Äthiopien nach Eritrea abgeschoben worden, er sei eritreischer Staatsangehöriger und befürchte im Falle einer Rückkehr nach Eritrea zum Nationaldienst eingezogen bzw. wegen der illegalen Einreise bestraft zu werden, überhaupt geprüft hat. In dem Schreiben, mit dem die norwegischen Behörden ihre Zustimmung zur Rückübernahme des Antragstellers erklärt haben, wird als Staatsangehörigkeit äthiopisch angegeben. Möglicherweise wurde auch dort – wie vom Bundesamt im vorliegenden Verfahren - nur die Verfolgungsgefahr im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien geprüft.

Darüber hinaus hat der Antragsteller neue Gründe vorgebracht (exilpolitische Aktivitäten), die im Bescheid nicht gewürdigt wurden.

Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass der in der Bundesrepublik Deutschland gestellte Asylantrag des Antragstellers nicht als identisch mit dem in Norwegen gestellten Asylantrag angesehen werden kann. Bei richtlinienkonformer Auslegung von § 71a AsylG muss neben der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft auch die Prüfung des subsidiären Schutzes Gegenstand des erfolglos abgeschlossenen Asylverfahrens gewesen sei. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Hamburg in seinem Beschluss vom 14. Juli 2016 (1 AE 2790/16, juris, Rn. 10 ff. m.w.N.) sowie des Verwaltungsgerichts Göttingen in seinem Beschluss vom 10. Juni 2016 (2 B 149/16, juris, Rn. 14 ff.) Bezug genommen. Der Asylantrag des Antragstellers in Norwegen wurde endgültig mit Entscheidung vom 18. März 2010 abgelehnt. In Deutschland wurde ein Antrag auf subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylG erst seit Inkrafttreten der geänderten Fassung des § 13 AsylG (Art. 1 Nr. 15 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28.1.2013, BGBl I. S. 3474) am 1. Dezember 2013 Gegenstand des Asylantrags. Zuvor umfasste der Antrag auf Asylanerkennung nur das „echte Asyl“ gemäß Art. 16a Abs. 1 GG und den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG), während subsidiärer Schutz in Deutschland nur im Rahmen des Abschiebungsschutzes nach § 60 AufenthG geprüft wurde. Wenn die Entwicklung des Asylverfahrens in Norwegen ähnlich gewesen sein sollte, könnte ein dort vor März 2010 gestellter Asylantrag wohl nicht als identisch mit dem der Entscheidung des Bundesamtes im Fall des Antragstellers zugrundeliegenden Antrag angesehen werden. Hiervon ausgehend wäre im Fall eines nicht identischen Antrags vorliegend eine vollständig neue Sachprüfung unter Einbeziehung des internationalen subsidiären Schutzes geboten. Ein anderes Ergebnis hätte zur Folge, dass unter Umständen über den Antrag des Antragstellers auf Gewährung subsidiären Schutzes weder durch die norwegischen Behörden, noch durch das Bundesamt und damit überhaupt nicht entschieden würde. Dies ist vorliegend deshalb von Bedeutung, weil in der Regel Eritreern in Deutschland zumindest subsidiärer Schutz zuerkannt wird.

Die ernstlichen Zweifel bestehen auch hinsichtlich der Entscheidung, dass keine Abschiebungsverbote vorliegen (Ziffer 2 des Bescheides).

Nach Aktenlage hat das Bundesamt Abschiebungsverbote lediglich für Äthiopien geprüft, da es von einer fortbestehenden äthiopischen Staatsangehörigkeit des Antragstellers ausgeht. Ob dies tatsächlich der Fall ist, bedarf einer Klärung im Hauptsacheverfahren.

Es mag zwar sein, dass nach äthiopischem Staatsangehörigkeitsrecht der Antragsteller äthiopischer Staatsangehöriger ist/war. Das Bundesamt lässt aber bei seiner Einschätzung völlig außer Acht, dass offenbar die äthiopischen Behörden früher davon ausgegangen sind, dass es sich bei dem Antragsteller um einen Eritreer handelt und diesen deshalb zusammen mit seinem Vater, der eritreischer Staatsangehöriger ist, nach Eritrea abgeschoben haben. Die Vorlage des eritreischen Flüchtlingsausweises durch den Antragsteller wird im Bescheid zwar erwähnt, aber nicht weiter gewürdigt. Offenbar wurde auch nicht geprüft, ob es sich bei den Originalen der Kopien um echte Dokumente handeln könnte. Auch wenn der Antragsteller – aus für das Gericht nachvollziehbaren Gründen - keine eritreische ID-Karte beantragt hat, ist nicht auszuschließen, dass der Antragsteller die äthiopische Staatsangehörigkeit verloren hat und dass Eritrea den Antragsteller als eritreischen Staatsangehörigen ansieht.

Die äthiopische Regierung hat im Rahmen des gewaltsamen Konflikts mit Eritrea von 1998 bis 2000 über 70.000 Personen u.a. wegen ihrer eritreischen Volkszugehörigkeit nach Eritrea abgeschoben und ihnen ihre äthiopische Staatsangehörigkeit aberkannt. Es besteht zwar im Fall des Verlustes der Staatsangehörigkeit die Möglichkeit, die Wiedereinsetzung der Staatsangehörigkeit zu beantragen. Dies ist jedoch daran geknüpft, dass die Person ihren Wohnsitz in Äthiopien hat und seit der Unabhängigkeit Eritreas im Jahr 1993 ununterbrochen in Äthiopien gelebt hat (vgl. amnesty international, Auskunft v. 15.8.2016 an VG Schwerin). Dies ist aber beim Antragsteller nicht der Fall, denn dieser hat nach eigenen Angaben von 1999 bis ca. 2006 in Eritrea gelebt.

Nach eritreischem Staatsangehörigkeitsrecht ist derjenige Eritreer, der von einem eritreischen Staatsangehörigen abstammt. Art. 3 Abs. 1 der eritreischen Verfassung bestimmt, dass Eritreer durch Geburt ist, wessen Mutter oder Vater Eritreer ist. Da die Verfassung jedoch seit ihrer Annahme im Jahr 1997 nicht offiziell in Kraft gesetzt wurde, wird die eritreische Staatsangehörigkeit durch die eritreische Staatsangehörigkeitsverordnung Nr. 21/1992 geregelt. Nach Art. 2 Abs. 5 der Verordnung besitzt jede Person, die eritreische Staatsangehörigkeit durch Geburt, deren Vater oder Mutter eritreischer Abstammung ist, unabhängig davon, ob der Wohnsitz in Eritrea innerhalb oder außerhalb liegt (vgl. amnesty international, Auskunft v. 15.8.2016 an VG Schwerin). Auch aus der Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 23. August 2016 an das VG Schwerin ergibt sich, dass der Antragsteller von den eritreischen Behörden wohl auf jeden Fall als Eritreer und auf keinen Fall als Äthiopier angesehen würde. Nach der Proklamation über die Nationaldienstpflicht in Eritrea (Proclamation No. 82/1995 vom 23.10.1995) sind alle Eritreerinnen und Eritreer zwischen 18 und 40 Jahren dienstpflichtig und gehören bis zum 50. Lebensjahr der Reservearmee an. Auch Eritreer, die seit Geburt im Ausland leben, sind nicht von der Dienstpflicht ausgenommen und müssen im Falle eine Rückkehr nach Eritrea Nationaldienst leisten.

Vorliegend wurde nur Abschiebungshindernisse hinsichtlich Äthiopien geprüft. Dies ist wegen der vorstehend aufgezeigten ungeklärten Staatsangehörigkeit des Antragstellers aber nicht ausreichend. In Deutschland wird Eritreern in der Regel wegen der drohenden Gefährdung im Falle einer Rückkehr nach Eritrea subsidiärer Schutz gewährt. Dies entspricht auch der Rechtsprechung der Kammer. Falls in Norwegen das Asylgesuch überhaupt unter dem Gesichtspunkt einer eritreischen Staatsangehörigkeit subsidiärer Schutz geprüft worden wäre – wogegen die Ablehnung des Asylantrages spricht – käme für den Antragsteller zumindest ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG bezüglich Eritrea in Betracht.

Im Hinblick auf die Abschiebung des Antragstellers von Äthiopien nach Eritrea ist zweifelhaft, ob die äthiopischen Behörden dem Antragsteller überhaupt Passdokumente ausstellen, die ihn zur Einreise nach Äthiopien berechtigen würden (vgl. amnesty international vom 15.8.2016 a.a.O.) Falls aber Äthiopien den Antragsteller einreisen lassen würde, wäre nicht ausgeschlossen, dass die äthiopischen Behörden den Antragsteller als eritreischen Staatsangehörigen ansehen, bzw. davon ausgehen, dass er die äthiopische Staatsangehörigkeit verloren hat und ihn deshalb nach Eritrea abschieben.

Darüber hinaus bezieht sich die Abschiebungsandrohung auch auf Staaten, in die der Antragsteller einreisen darf. Wenn Eritrea den Antragsteller als eritreischen Staatsbürger ansieht, ist nicht ausgeschlossen, dass der Antragsteller nach Eritrea abgeschoben wird.

Da das Gericht aus vorstehenden Gründen ernstliche Zweifel an der Rechtsmäßigkeit des Bescheides vom 21. September 2017 hat, war die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.

(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.

(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.

(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.

(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Gründe

1

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle - 5. Kammer - vom 21.07.2017 hat keinen Erfolg.

2

I. Der Rechtssache kommt die von den Klägern geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) nicht zu.

3

"Grundsätzliche Bedeutung" im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich in dem angestrebten Berufungsverfahren stellen würde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf (vgl. OVG NW, Beschl. v. 29.01.2016 - 4 A 2103/15.A -, juris). Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist daher nur dann im Sinne des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt, wenn eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum sie im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren. Des Weiteren muss substantiiert dargetan werden, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnte (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 09.10.2015 - 8 LA 146/15 -, juris).

4

1. Die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob die Feststellung einer Erkrankung durch ein früheres verwaltungsgerichtliches Urteil für spätere verwaltungsgerichtliche Entscheidungen hinsichtlich der Diagnose und der Reichweite der tatsächlichen Feststellungen bindend ist, hat keine Grundsatzbedeutung. Rechtskräftige Urteile binden die Beteiligten, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist (§ 121 VwGO). Aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt eine entsprechende Bindungswirkung nicht nur für die Beteiligten, sondern auch für die Gerichte in einem späteren Prozess der Beteiligten über denselben Streitgegenstand. Die Bindung an den Inhalt eines rechtskräftigen Urteils entfällt aber dann, wenn sich die entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtslage nachträglich geändert hat. In diesem Sinn ist die Frage der Reichweite der Rechtskraft eines verwaltungsgerichtlichen Urteils höchstrichterlich geklärt.

5

2. Die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob die ärztlichen Atteste oder Bescheinigungen, mit denen im Asylverfahren u. a. ein Abschiebungsverbot begründet werden soll, an dem gesetzlichen Maßstab des § 60a Abs. 2c Satz 2 ff. AufenthG zu bewerten bzw. ob die Vorschriften des § 60a Abs. 2c, 2d AufenthG im Asylverfahren anwendbar sind, ist nicht in einem Berufungsverfahren klärungsbedürftig, weil sich diese Frage ohne weiteres anhand des Wortlauts des Gesetzes, der Entstehungsgeschichte und den gesetzgeberischen Erwägungen bejahen lässt.

6

a) Der Wortlaut des § 60a Abs. 2c AufenthG stellt ausschließlich darauf ab, ob Abschiebungsverbote aus gesundheitlichen Gründen vorliegen und differenziert nicht zwischen inlands- und zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten, so dass der Annahme der Kläger, § 60a Abs. 2c AufenthG könne nur bei der Bewertung inlandsbezogener Abschiebungshindernisse zur Anwendung gelangen, schon vom Wortlaut her nicht zu folgen ist.

7

b) Auch lässt die Begründung zur Einführung des § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG mit dem Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.03.2016 (BGBl I, S. 390) erkennen, dass der Gesetzgeber mit der Regelung in § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG die Anforderungen an die Geltendmachung psychischer Erkrankungen als Abschiebungshindernis insgesamt erschweren wollte.

8

In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es dazu (BT-Drucksache 18/7538, S. 1): "Vielfach scheitern Rückführungsversuche daran, dass medizinische Gründe einer Abschiebung entgegengehalten werden. Diese können jedoch oftmals nicht nachvollzogen werden, da keine einheitlichen Vorgaben für die zu erbringenden Atteste bestehen. Um Verzögerungen von Rückführungen und Missbrauch entgegenzuwirken, bedarf es der Präzisierung der Rahmenbedingungen für die Erstellung ärztlicher Atteste im Zusammenhang mit Abschiebungen." Soll die Vorschrift des § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG durch die Einführung erhöhter Anforderungen an den Inhalt ärztlicher Bescheinigungen damit nach der Intention des Gesetzgebers nicht nur dem zunehmenden Versuch, Rückführungen durch die Ausländerbehörde aus medizinischen Gründen zu verhindern, sondern generell dem Missbrauch bei der Inanspruchnahme von Abschiebungsschutz entgegenwirken, kommt der Vorschrift maßgebliche Bedeutung auch für die Prüfung zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote (§ 60 Abs. 5, 7 AufenthG) zu.

9

Hierfür spricht zudem die weitere Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 18/7538, S. 19): "Mit der Regelung zur Glaubhaftmachung einer Erkrankung durch den Ausländer wird auf erhebliche praktische Probleme hinsichtlich der Bewertung der Validität von ärztlichen Bescheinigungen im Vorfeld einer Abschiebung reagiert, wie sie auch aus dem Bericht der Unterarbeitsgruppe Vollzugsdefizite der Bund - Länder - Arbeitsgruppe Rückführung über die Ergebnisse der Evaluierung des Berichts über die Probleme bei der praktischen Umsetzung von ausländerbehördlichen Ausreiseaufforderungen und Vollzugsmaßnahmen von April 2015 hervorgehen. Es besteht ein praktisches Bedürfnis, eine vom Ausländer vorgelegte Bescheinigung hinsichtlich der Erfüllung formaler und inhaltlicher Vorgaben zu validieren. Hierzu legt der Gesetzgeber nunmehr die in Absatz 2c genannten Qualitätskriterien fest, die die jeweilige ärztliche Bescheinigung insbesondere enthalten soll.“

10

Der Gesetzgeber hat damit klar zum Ausdruck gebracht, dass die Vorschrift des § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG aufgrund ihrer systematischen Stellung nicht lediglich als Teil der Regelungen in § 60a AufenthG anzusehen ist, sondern der Vorschrift allgemeine Bedeutung für die Frage zukommt, welche Anforderungen an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung zu stellen sind.

11

c) Schließlich umfasst die Regelung in § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG auch nach ihrem Sinn und Zweck die Feststellung zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 7 AufenthG.

12

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von einer Abschiebung abgesehen werden, wenn im Zielstaat für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Nach Satz 2 der mit dem Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.03.2016 geänderten Vorschrift liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (Satz 3). Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist (Satz 4). In den Sätzen 2 bis 4 unternimmt der Gesetzgeber in materieller Hinsicht eine Konkretisierung der Anforderungen insbesondere vor dem Hintergrund der Geltendmachung von Abschiebungshindernissen aus gesundheitlichen Gründen. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 18/7538, S. 18) wird davon ausgegangen, dass lediglich lebensbedrohliche und schwerwiegende Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, die Abschiebung des Ausländers hinderten. Mit dieser Präzisierung werde klargestellt, dass nur äußerst gravierende Erkrankungen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben nach Satz 1 darstellten. Eine solche schwerwiegende Erkrankung könne hingegen zum Beispiel in Fällen von PTBS regelmäßig nicht angenommen werden: In Fällen einer PTBS sei die Abschiebung regelmäßig möglich, es sei denn, die Abschiebung führe zu einer wesentlichen Gesundheitsgefährdung bis hin zu einer Selbstgefährdung. Die Abschiebung dürfe nicht dazu führen, dass sich die schwerwiegende Erkrankung des Ausländers mangels Behandlungsmöglichkeit in einem Ausmaß verschlechtern werde, dass ihm eine individuell konkrete, erhebliche Gefahr an Leib oder Leben drohe. Es werde jedoch im Falle einer Erkrankung nicht vorausgesetzt, dass die medizinische Versorgung im Herkunftsland bzw. im Zielstaat der Abschiebung der Versorgung in Deutschland oder in der Europäischen Union gleichwertig sei. Dem Ausländer sei es insbesondere zumutbar, sich in einen bestimmten Teil des Zielstaats zu begeben, in dem für ihn eine ausreichende medizinische Versorgung gewährleistet sei. Es komme nicht darauf an, dass alle Landesteile des Zielstaats gleichermaßen eine ausreichende Versorgung bieten würden. Inländische Gesundheitsalternativen seien ggf. aufzusuchen.

13

Im Lichte dieser Neuregelung sind die zeitgleich in § 60 Abs. 2c und 2d AufenthG eingefügten Vorgaben zu den qualitativen Anforderungen an eine ärztliche Bescheinigung zu sehen. Nach § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen (§ 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG). Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten (§ 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG). Insofern hat der Gesetzgeber im Wesentlichen die obergerichtliche Rechtsprechung zum Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.09.2007 - BVerwG 10 C 8.07 und 10 C 1710 C 17.07 -, juris RdNr. 15) nachvollzogen, wonach zur Substantiierung des Vorbringens einer Erkrankung regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attestes gehört. Vor diesem Hintergrund bezweckt die gesetzliche Regelung in § 60 Abs. 2c und 2d AufenthG gerade oder zumindest auch, die Anforderungen an die Glaubhaftmachung einer Erkrankung im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG abschließend zu regeln.

14

3. Soweit die Kläger die Frage aufwerfen, ob in Russland eine effektive und zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative bzw. interner Schutz für Personen aus Tschetschenien besteht, denen die Unterstützung separatistischer Kräfte vorgeworfen wird, wenn diese in das Ausland reisen konnten, wird die Zulassungsschrift den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG nicht gerecht.

15

Dabei genügt es nicht, bloße Zweifel an den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Hinblick auf die Gegebenheiten in dem Herkunftsland des Ausländers zu äußern oder schlicht gegenteilige Behauptungen aufzustellen. Vielmehr ist es erforderlich, durch die Benennung bestimmter Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür darzulegen, dass nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die gegenteiligen Behauptungen in der Antragsschrift zutreffend sind, so dass es zur Klärung der sich dann stellenden Fragen der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf. Hat das Verwaltungsgericht Feststellungen zu einer Tatsachenfrage mit von ihm benannten Erkenntnisquellen begründet, muss zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit eine fallbezogene Auseinandersetzung mit diesen Erkenntnisquellen erfolgen. Dies kann durch eine eigenständige Bewertung der bereits vom Verwaltungsgericht herangezogenen Erkenntnismittel geschehen, oder auch durch Berufung auf weitere, neue oder von dem Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte Erkenntnismittel. Dabei gilt allgemein, dass die Anforderungen an die Darlegung nicht überspannt werden dürfen, sondern sich nach der Begründungstiefe der angefochtenen Entscheidung zu richten haben (OVG LSA, Beschl. v. Beschl. v. 11.08.2017 - 2 L 50/17 -; SächsOVG, Beschl. v. 07.04.2015 - 3 A 20/15.A -, juris RdNr. 2).

16

Diesen Anforderungen wird die Zulassungsschrift nicht gerecht; denn die Kläger haben sich mit dem vom Verwaltungsgericht herangezogenen Erkenntnismaterial (Schweizerische Flüchtlingshilfe vom 13.05.2016) und den konkreten Erwägungen des Verwaltungsgerichts (vgl. UA S. 8 ff.) nicht in einer Weise auseinandergesetzt, die geeignet wäre, zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür darzulegen, dass nicht die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, sondern ihre Bewertung zutreffend ist.

17

II. Die Berufung ist auch nicht gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO zuzulassen; denn die Kläger vermögen mit ihrer Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs nicht durchzudringen.

18

Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verschafft den Verfahrensbeteiligten ein Recht darauf, sich zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen zweckentsprechend und erschöpfend zu erklären und Anträge zu stellen (siehe auch die §§ 86 Abs. 2 und 3, 104 Abs. 1, 108 Abs. 2 VwGO), und verpflichtet das Gericht darüber hinaus, das entscheidungserhebliche Vorbringen und die Anträge der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen. Eine Verletzung dieses Anspruchs auf rechtliches Gehör ist nur dann dargetan, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht diesen Pflichten nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.06.1975 - 2 BvR 1086/74 -, BVerfGE 40, 101 [104 f.]). Dazu muss das Gericht nicht auf sämtliches Tatsachenvorbringen und alle Rechtsauffassungen eingehen, die im Verfahren von der einen oder anderen Seite zur Sprache gebracht worden sind. Nur der wesentliche Kern des Tatsachenvorbringens einer Partei, der nach der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts von zentraler Bedeutung für den Ausgang des Verfahrens ist, muss in den Gründen der Entscheidung behandelt werden. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt nur dann vor, wenn auf den Einzelfall bezogene Umstände deutlich ergeben, dass das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder ersichtlich nicht erwogen worden ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.05.1992 - 1 BvR 986/91 -, BVerfGE 86, 133 [146]), oder dass die Entscheidung maßgebend auf Aspekte gestützt worden ist, mit denen im vorgenannten Sinne nicht zu rechnen war (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.01.2014 - BVerwG 1 B 12.13 -, juris). Solche Umstände werden von den Klägern nicht dargelegt.

19

1. Ein Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs liegt zunächst nicht deshalb vor, weil das Verwaltungsgericht den klägerischen Vortrag, sie hätten "in Tschetschenien bzw. der gesamten Russischen Föderation Verfolgung aufgrund einer ihnen zugeschriebenen regimekritischen Haltung zu befürchten", übergangen habe. Denn aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils (UA S. 3, letzter Absatz) ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht den klägerischen Vortrag zu der dem Kläger zu 1. "zugeschriebenen regimekritischen Haltung" durchaus zur Kenntnis genommen hat. Das Verwaltungsgericht ist im Rahmen seiner Prüfung, ob die Kläger einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und Abs. 4 AsylG i. V. m. § 60 Abs. 8 AufenthG haben, auf der Grundlage des Vortrags der Kläger allerdings zu dem Ergebnis gekommen, dass der Grund für die von den Klägern geschilderte Verfolgung nicht die politische Überzeugung des Klägers zu 1. oder dessen Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe, sondern allein seine Erwerbstätigkeit sei. Hat mithin die vermeintliche regimekritische Haltung des Klägers zu 1. nach Auffassung des Gerichts nicht zu Verfolgungshandlungen in seinem Heimatland geführt, war das Verwaltungsgericht nicht gehalten, vertiefend der Frage nachzugehen, ob der Kläger zu 1. tatsächlich eine oppositionelle, separatistische oder zumindest mit solchen Gedanken sympathisierende Haltung eingenommen hat oder ihm diese durch die Verfolger im Sinne des § 3b Abs. 2 AsylG zugeschrieben worden ist.

20

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang die rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichts beanstandet, fehlt es von vornherein an der schlüssigen Darlegung eines Verstoßes gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör. Denn die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht geeignet, eine - vermeintlich - fehlerhafte Feststellung und Bewertung des Sachverhalts einschließlich seiner rechtlichen Würdigung zu beanstanden. Art. 103 Abs. 1 GG ist nicht verletzt, wenn der Richter im Zusammenhang mit der ihm obliegenden Tätigkeit zur Sammlung, Feststellung und Bewertung der von den Beteiligten vorgetragenen Tatsachen zu einer möglicherweise unrichtigen Tatsachenfeststellung gekommen ist (BVerfG, Beschl. v. 04.04.1991 - 2 BvR 1497/90 -, InfAuslR 1991, 262 [263]).

21

2. Ein Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs ist auch nicht deswegen anzunehmen, weil das Gericht es nach Auffassung der Kläger versäumt habe, die in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin zu 2. bekundete mangelhafte Erinnerung auch nur ansatzweise zu erörtern. Zwar ergibt sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.07.2017, dass die Klägerin zu 2. (1.) erklärt hat, die Zeiten und Daten nicht genau sagen zu können, und (2.), dass sie anfange, alles zu vergessen. Die vom Verwaltungsgericht festgestellten Widersprüche bezogen sich allerdings nicht auf Zeiten und Daten, sondern auf das von dem Kläger zu 1. geschilderte Kerngeschehen, nämlich die Misshandlungen anlässlich seiner drei Verhaftungen. Auch steht die 2. Äußerung der Klägerin zu 2. im Zusammenhang mit der Frage, wie oft sie persönlich bei der Abholung ihres Mannes dabei gewesen sei. Diesen Ausführungen der Klägerin zu 2. zu ihrer Anwesenheit bei der Verhaftung des Klägers zu 1. hat die Vorinstanz aber ausweislich der Entscheidungsgründe (UA S. 8) keine rechtliche Bedeutung beigemessen. Insofern war das Verwaltungsgericht nicht gehalten, die - offensichtlich nicht zentralen - Äußerungen der Klägerin zu 2. in den Gründen der Entscheidung zu behandeln.

22

3. Schließlich vermag auch der Vortrag der Kläger, das Gericht habe sich bei der Bewertung der Glaubhaftigkeit der Angaben des Klägers zu 1. zum Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) nicht im Ansatz mit der ärztlichen Diagnose erheblicher psychischer Erkrankungen sowie damit befasst, dass die Überwindung derartiger Ereignisse auch dadurch geschehe, dass Erinnerungen verblassen oder abweichend verbleiben, die Zulassung der Berufung wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs nicht zu rechtfertigen. Der Sache nach rügen die Kläger damit erneut eine vermeintlich fehlerhafte, aber zulassungsrechtlich unerhebliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung durch das Gericht. Im Übrigen war die Vorinstanz auch nicht gehalten, sich tiefergehend mit der Diagnose PTBS zu befassen, weil es selbst bei Annahme einer wenn auch nur leichten PTBS von einer Behandelbarkeit in der Russischen Föderation ausgegangen ist.

23

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83b AsylG.

24

Der Antrag der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, da die Rechtsverfolgung aus den oben genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 ZPO).

25

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 78 Abs. 5 Satz 2, 80 AsylG).


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.