Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 21. Juni 2018 - W 3 K 17.34

published on 21/06/2018 00:00
Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 21. Juni 2018 - W 3 K 17.34
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Gericht

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Rundfunkbeitragspflicht für eine Wohnung in seinen Betriebsräumen.

Mit Schreiben vom 14. Januar 2015 teilte der ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice (nachfolgend: Beitragsservice) dem Kläger mit, dass für sein betriebliches Beitragskonto Nr. 4... die mitgeteilte Adressenänderung vermerkt worden sei. Auf Anfrage habe der Kläger mitgeteilt, dass sich seine Betriebsstätte und seine Wohnung in einem Haus befinde. Nachdem keine Beitragsnummer für eine private Wohnung festgestellt werden könne, sei unter der Adresse eine Wohnung zum 1. Januar 2013 auf den Namen des Klägers angemeldet worden und hierfür die Beitragsnummer 1... vergeben worden. Der Kläger wurde aufgefordert, für die Wohnung Rundfunkbeiträge zu zahlen. Der Kläger antwortete auf dieses Schreiben, dass zwar die Betriebsstätte auch seine gelegentliche Schlafstätte sei, zu dem Schlafraum gebe es aber nur einen Zugang über den Geschäftseingang. Er bitte darum, dass die zweite Beitragsnummer wieder gestrichen werde. Es ergingen mehrere Zahlungsaufforderungen, auf die der Kläger jeweils mitteilte, dass er keine Wohnung habe, sondern lediglich eine Schlafstätte in seiner Betriebsstätte.

Mit Festsetzungsbescheid vom 1. Oktober 2016 setzte der Bayerische Rundfunk für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 31. Oktober 2015 Rundfunkbeiträge in Höhe von 615,96 EUR inklusive eines Säumniszuschlages von 8,00 EUR für eine Wohnung in der F... Straße ... in ... fest. Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger Widerspruch erheben und erneut vortragen, er verfüge über keine Wohnung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2016 wurde der Widerspruch gegen den Festsetzungsbescheid vom 1. Oktober 2016 zurückgewiesen. Entgegen seiner Auffassung sei der Kläger für die von ihm bewohnte Wohnung beitragspflichtig. Die Regelung des § 5 Abs. 5 Nr. 3 RBStV sei auf die Situation des Klägers nicht anwendbar, denn sie gelte nur im umgekehrten Fall, wenn sich die Betriebsstätte in einer Wohnung befinde. Eine entsprechende Beitragsfreiheit für Privatwohnungen sehe der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag nicht vor.

Der Widerspruchsbescheid wurde am 12. Dezember 2016 zur Post gegeben.

II.

Der Kläger ließ am 12. Januar 2017 Klage erheben, mit der er zunächst beantragte,

den Bescheid des Bayerischen Rundfunks vom 1. Oktober 2016 aufzuheben.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, der Kläger zahle die Beiträge für seine Betriebsstätte, und zwar bis zum 30. Juni 2014 für die Räumlichkeiten in der B...straße ... und nach dem Umzug ab dem 1. Juli 2014 für die Räumlichkeiten in der F... Straße ... in ... Daneben führe der Beklagte eine zweite Beitragsnummer für den Kläger, mit der Beiträge für eine Wohnung gefordert würden. Der Kläger habe weder in der B...straße ... noch in der F... Straße ... eine abgeschlossene Wohnung i.S. von § 3 Abs. 1 RBStV. Nach Ziffer 2 der Vorschrift handele es sich nur um eine beitragspflichtige Wohnung, wenn die Räume durch einen eigenen Eingang unmittelbar von einem Treppenhaus, einem Vorraum oder von außen nicht ausschließlich über eine andere Wohnung betreten werden könnten. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall nicht gegeben. Es handele sich bei der streitgegenständlichen Wohnung in der F... Straße ... um einen Geschäftsraum, zu dem ein Toiletten-/Waschraum und ein kleiner Lagerraum ca. 2 x 2 m gehöre. In diesem Lagerraum habe der Kläger ein Bett stehen, wenn er wochentags gelegentlich in seinen Geschäftsräumen nächtige. Dieser Raum sei jedoch ausschließlich über den Geschäftsraum erreichbar, der Zugang erfolge ausschließlich über die Tür des Geschäftsraums. Auch die Schlafstätte in der B...straße ... habe ausschließlich über den Geschäftsraum erreicht werden können. Der Kläger sei daher im Hinblick auf eine Wohnung nicht beitragspflichtig, so dass die Forderungen einer rechtlichen Grundlage entbehren würden.

Der Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Die Klage sei seines Erachtens bereits unzulässig, weil sie nicht fristgemäß erhoben worden sei, weil isoliert nur der Bescheid vom 1. Oktober 2016 angegriffen worden sei. Die Klage sei jedenfalls unbegründet. Auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid werde Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 29. März 2018 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Die Klägerseite beantragte zuletzt in der mündlichen Verhandlung den Bescheid des Bayerischen Rundfunks vom 1. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2016 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung sowie auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Streitgegenstand ist der Festsetzungsbescheid des Bayerische Rundfunks vom 1. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2016 (vgl. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Erhebung von Rundfunkbeiträgen ist seit dem 1. Januar 2013 der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag – RBStV – in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Juni 2011 (GVBl S.258, ber. S. 404) in der ab 1. Januar 2013 geltenden Fassung. Nach § 2 Abs. 1 RBStV ist im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Inhaber der Wohnung ist jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt. Als Inhaber wird jede Person vermutet, die dort nach Melderecht gemeldet ist oder im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist (§ 2 Abs. 2 RBStV). Der Kläger ist melderechtlich in der F... Straße in ... gemeldet. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung übernachtet er während der Woche meistens in den Räumlichkeiten seines Betriebes.

Nach § 3 Abs. 1 RBStV ist Wohnung unabhängig von der Zahl der darin enthaltenen Räume jede ortsfeste, baulich abgeschlossene Raumeinheit, die

1. zum Wohnen oder Schlafen geeignet ist oder genutzt wird und

2. durch einen eigenen Eingang unmittelbar von einem Treppenhaus, einem Vorraum oder von außen, nicht ausschließlich über eine andere Wohnung betreten werden kann.

Der Wohnungsbegriff des § 3 RBStV unterscheidet sich sowohl von der allgemeinsprachlichen Wohnungsdefinition als auch vom – engeren – Wohnungsbegriff des Abgaben- oder Melderechts, der jeweils eine (zumindest zeitweilige) tatsächliche Wohnnutzung erfordert. Es handelt sich um eine eigenständige Definition des Begriffes der Wohnung für den Bereich des Rundfunkrechts, die an den Abgrenzungserfordernissen des Beitragsrechts ausgerichtet ist und in diesem Lichte auszulegen ist (VG Schleswig, U.v. 13.6.2017 – 4 A 13/16 – juris, Rn. 19). Jeder Raum, der einen dauerhaften Aufenthalt ermöglicht und nicht selbst Teil einer Wohnung ist, soll nach dem Willen des Gesetzgebers als Wohnung erfasst werden. Unter den Begriff der Wohnung fallen nach dem Wortlaut der Vorschrift sowohl Raumeinheiten, die nur aus einem einzelnen Raum bestehen, als auch solche mit mehreren Räumen. Auf die Größe der Raumeinheit, ihre Ausstattung oder die Art ihrer Einrichtung kommt es nicht an (Göhmann/Schneider/Siekmann in: Binder/Vesting, Kommentar zum RBStV, 4. Auflage 2018, § 3 Rn. 6, 8).

Nach § 3 Abs. 1 Eingangssatz RBStV kommt es darauf an, dass die „Raumeinheit“ baulich abgeschlossen ist, unabhängig von der Zahl der darin enthaltenen Räume. Als baulich abgeschlossen sind Raumeinheiten anzusehen, wenn sie durch feste, dauerhaft geschlossene Wände und Decken begrenzt sind. Die baurechtliche Zulässigkeit der Errichtung der Raumeinheit hat keinen Einfluss auf ihre Qualifikation als Wohnung. Aus diesem Grund stellen z. B. auch sogenannte Schwarzbauten Wohnungen im rundfunkrechtlichen Sinne dar. Entscheidend für die Einordnung als Wohnung ist ihre Beschaffenheit, die anhand des jeweiligen Einzelfalles festgestellt werden muss (Göhmann/Schneider/Siekmann, aaO § 3 RBStV, Rn. 9). Deshalb kommt es – anders als die Klägerbevollmächtigten meinen - auch nicht darauf an, ob das Merkmal der Abgeschlossenheit im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes erfüllt ist.

Der vom Kläger nach eigenen Angaben zum Schlafen genutzte Lagerraum erfüllt den Wohnungsbegriff im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 RBStV. Für die Frage der „Abgeschlossenheit“ ist nicht auf das Zimmer, das der Kläger zum Schlafen nutzt, sondern vielmehr auf die bauliche Abgeschlossenheit der Raumeinheit „Betriebsstätte“ abzustellen. Nach den Angaben des Klägers bestehen seine betrieblichen Räumlichkeiten aus einem Geschäftsraum, WC/Waschgelegenheit und einem kleinen Lagerraum, in dem ein Bett steht. Diese Raumeinheit wird durch einen eigenen Eingang unmittelbar von einem Treppenhaus oder von außen betreten. Auch wird die „Schlafstätte“ des Klägers nicht ausschließlich über eine andere „Wohnung“ betreten, sondern über die Betriebsräume des eigenen Betriebes, deren Bestandteil das Zimmer, das zum Schlafen genutzt wird, darstellt. Eine Ausnahme von dem Wohnungsbegriff für Raumeinheiten in Betriebsstätten im Sinne § 3 Abs. 2 RBStV liegt nicht vor.

Somit ist der Kläger für die als Wohnung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 RBStV zu qualifizierende „Schlafstätte“ beitragspflichtig.

Der Umstand, dass für die Raumeinheit bereits ein Betriebsstättenbeitrag nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 RBStV zu zahlen ist, ändert daran nichts.

Zwar hat der Gesetzgeber geregelt, dass ein Betriebsstättenbeitrag nach § 5 Abs. 1 RBStV nicht zu zahlen ist für Betriebsstätten, die sich innerhalb einer beitragspflichtigen Wohnung befinden, für welche bereits ein Rundfunkbeitrag entrichtet wird (§ 5 Abs. 5 Nr. 3 RBStV). Dieser begünstigende Umstand kommt jedoch nicht dem Kläger als Privatperson, sondern lediglich der Betriebsstätte zugute, dies aber auch erst dann, wenn tatsächlich für die Wohnung der streitgegenständliche Rundfunkbeitrag im privaten Bereich entrichtet wird. Nach der Grundkonzeption des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages ist im privaten Bereich für jede Wohnung vom Wohnungsinhaber der Rundfunkbeitrag zu entrichten (§ 2 Abs. 1 RBStV). Dass diese Beitragspflicht nicht deshalb entfällt, weil in Bezug auf dieselbe Raumeinheit wegen der Nutzung als Betriebsstätte ein Rundfunkbeitrag im nicht privaten Bereich zu entrichten ist, entspricht dem Anliegen des Gesetzgebers, neben dem privaten Bereich auch den nicht privaten „unternehmerischen“ Bereich an der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu beteiligen, weil beide Bereiche vom Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks profitieren (vgl. z.B. BayVGH, E.v. 15.5.2014 – Vf. 8-7 12 u.a. – juris BayVGH, U.v. 30.10.2015 – 7 BV 15.344 – juris; BayVGH, U.v. 22.6.2016 – 7 BV 15.1956 – juris).

Nachdem also die Schlafstätte des Klägers in seiner Betriebsstätte den Wohnungsbegriff des § 3 Abs. 1 Nr. 1 RBStV erfüllt, ist er zur Zahlung eines Wohnungsbeitrages verpflichtet. Der Bescheid vom 1. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2016 ist rechtmäßig. Die Klage konnte deshalb keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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Gründe Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Aktenzeichen: 7 BV 15.344 Im Namen des Volkes Urteil vom 30. Oktober 2015 (VG München, Entscheidung vom 15. Oktober 2014, Az.: M 6b K 13.3729) 7. Senat Sachgebiet
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published on 13/06/2017 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 11
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Annotations

(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist

1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,
2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.