Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 04. Aug. 2015 - W 1 K 14.30326

published on 04/08/2015 00:00
Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 04. Aug. 2015 - W 1 K 14.30326
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Gericht

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Tenor

I.

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 18. März 2014 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf des in seiner Person festgestellten Abschiebungshindernisses hinsichtlich Afghanistans.

Der Kläger wurde am ... in Schweinfurt geboren und ist afghanischer Staatsangehöriger tadschikischer Volkszugehörigkeit. Mit Bescheid vom 2. Januar 1995 stellte das damalige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (nunmehr Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt) in der Person des Klägers sowie weiterer Familienangehöriger unter Ablehnung der Asylanträge im Übrigen Abschiebungshindernisse gemäß § 53 Abs. 6 AuslG 1990 hinsichtlich Afghanistan fest. Dieser Bescheid wurde unanfechtbar (VG Würzburg, U. v. 25.4.1995 - W 4 K 95.30113; BayVGH, B. v. 25.4.1995 - 6 AA 95.3360).

Der Kläger war daraufhin bis zum 10. Januar 2011 im Besitz einer befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG, seither erhält er Fiktionsbescheinigungen bzw. Duldungen.

Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Schweinfurt vom 13. Februar 2013 wurde der Kläger wegen Diebstahls in zwölf Fällen, versuchten Diebstahls in sechs Fällen, jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. In die Einheitsjugendstrafe wurde eine vorherige Verurteilung durch das Amtsgericht Schweinfurt vom 17. Oktober 2012 einbezogen. Der Kläger befand sich aufgrund dieser strafrechtlichen Vorgänge seit dem 26. Juni 2012 in Haft.

Auf Anfrage der Ausländerbehörde leitete das Bundesamt ein Widerrufsverfahren ein und hörte den Kläger mit Schreiben vom 6. Februar 2014 zum beabsichtigten Widerruf des Abschiebungshindernisses gemäß § 73c AsylVfG an. Hierzu ließ der Kläger mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 17. März 2014 (Bl. 36 ff. der Bundesamtsakte) Stellung nehmen.

Mit Bescheid vom 18. März 2014 widerrief das Bundesamt die mit Bescheid vom 2. Januar 1995 nach altem Recht getroffene Feststellung, dass ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG vorliegt. Die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 AuslG, der im Wesentlichen dem § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG entspreche, lägen nicht mehr vor, weil sich die Sachlage zwischenzeitlich geändert habe. Aus der allgemeinen Lage in Afghanistan resultierende Gefahren für Leib und Leben könnten zwar nicht völlig ausgeschlossen werden, dennoch sei die Sicherheits- und Versorgungslage zumindest im Raum Kabul nicht derart schlecht, dass jeder Rückkehrer gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde. Es gebe Bevölkerungsteile, die Schwierigkeiten bei der Versorgung hätten. An einem festzustellenden gewissen wirtschaftlichen Aufschwung, insbesondere in Kabul, hätten nicht alle Bewohner gleichermaßen teil. Insbesondere mittellose Rückkehrer müssten häufig ein Leben am Rande des Existenzminimums führen. Anzeichen für eine derart schlechte Versorgung, dass jeder Rückkehrer alsbald einer extremen Gefahr ausgesetzt wäre, gebe es aber nicht. Dies gelte ausweislich des Berichts des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Afghanistan vom 10. Januar 2012 auch für Rückkehrer aus dem westlichen Ausland. Alleinstehenden arbeitsfähigen gesunden männlichen Rückkehrern, auch ohne nennenswertes Vermögen und abgeschlossene Berufsausbildung, werde es im Falle einer zwangsweisen Rückführung möglich sein, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen, um damit ein Leben am Rande des Existenzminimums zu finanzieren und sich allmählich wieder in die afghanische Gesellschaft zu integrieren. Die Rückkehr des nunmehr erwachsenen Ausländers ermögliche es diesem, sich in Afghanistan, speziell in Kabul zu etablieren. Selbst wenn er in Deutschland durch seine Straftaten seine Integration verhindert habe, so habe er hier doch eine qualifizierte Schulausbildung und umfangreichere Sprachkenntnisse erworben als Afghanen, die in die Nachbarländer geflüchtet seien. Dies verschaffe ihm bei der Reintegration in seiner Heimat einen deutlichen Vorteil.

Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger mit am 4. April 2014 eingegangenem Schriftsatz Klage erheben. Der Kläger unterscheide sich zwar gegenüber in Nachbarländer Afghanistans geflüchteten Rückkehrern, nicht jedoch in einer für sein Überleben günstigen Weise. Zwar könne er lesen und schreiben, dies aber nur in lateinischen Buchstaben, auf Deutsch und etwas Englisch. Dari spreche und verstehe der Kläger zwar aufgrund seines Aufwachsens mit seinen Eltern in Grundzügen, so dass er sich „mit Händen und Füßen“ verständigen könnte. Schreiben oder lesen könne er auf Dari indes nicht. Seine Sprachkenntnisse seien insbesondere deshalb in Afghanistan nicht hilfreich, weil nach dem Abzug der Besatzungstruppen kein oder kein erkennbarer Bedarf mehr für deutsche Sprachkenntnisse bestehe. Englisch spreche der Kläger ohnehin nur bruchstückhaft. Demgegenüber stehe die erhebliche Gefahr, ohne familiären Anschluss in Kabul schutzlos Personen ausgeliefert zu sein, die „den Westen“ als Feindbild hätten, von denen es in Afghanistan nicht eben wenige gebe. Der Kläger sei vollständig in Deutschland sozialisiert worden, bedauerlicherweise auch die begangenen Straftaten betreffend. Indes habe er niemals gelernt, sich in der afghanischen Gesellschaft zurechtzufinden. Insoweit sei geradezu erschreckend, welch unzutreffende Vorstellungen die Beklagte von Afghanistan habe. Nicht ansatzweise werde von ihr beleuchtet, welche Bedeutung ein intakter Familienverbund für das Überleben in der afghanischen Gesellschaft habe, noch werde in den Blick genommen, was es für einen jungen Erwachsenen, der ausschließlich im „Westen“ sozialisiert worden sei, bedeute, in die patriarchaltraditionell geprägte Kultur Afghanistans eintauchen zu müssen. Es bedürfe insoweit keiner allzu blühenden Phantasie, angesichts der aktuellen Verhältnisse in Afghanistan vorherzusagen, dass der Kläger weder kurzfristig noch auf Dauer in der Lage sein würde, sich mit seiner im Westen erworbenen Schulbildung, der keine Bildung in Afghanistan vorausgegangen sei, jemals in Afghanistan aus eigener Kraft den Lebensunterhalt zu sichern. Selbst einfache Handlangertätigkeiten würden eher seit längerem in Afghanistan lebenden Arbeitssuchenden übertragen, weil diese mit den dortigen Verhältnissen vertraut seien, erst recht Tätigkeiten, die eine handwerkliche oder sonstige Bildung voraussetzten, für die die spezifischen afghanischen Verhältnisse berücksichtigt werden müssten. Hinzu komme die keineswegs fernliegende, sondern sehr konkrete Gefahr, als „Westler“ Ziel von Anschlägen der Taliban oder sonstiger radikaler Gruppierungen oder Einzelner zu werden. Mit dem Abzug der „Schutztruppen“ entstehe ein Machtvakuum, dessen Bedeutung für die Zielbevölkerung nicht überschätzt werden könne, wie bereits die derzeitige Anschlagshäufigkeit zeige. Jeder Rückkehrer, der nicht mit einer der dann herrschenden Machtgruppierungen „verbündet“ sei, werde aus deren Sicht als Verräter gelten und Ziel von Übergriffen sein. Da zu befürchten sei, dass die Taliban nach dem Abzug der „Schutztruppen“ die Macht übernähmen, wäre der Kläger nur sicher, wenn er sich radikalisieren und ihnen anschließen würde. Dies könne von ihm nicht erwartet werden.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 18. März 2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 16. Juni 2014 setzte das Amtsgericht Bamberg den Rest der Einheitsjugendstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Schweinfurt vom 13. Februar 2013 zur Bewährung aus. Die Bewährungszeit wurde auf drei Jahre festgesetzt.

Mit Beschluss vom 4. Dezember 2014 hat die Kammer den Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Mit Beschluss vom 3. August 2015 ist dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des bevollmächtigten Rechtsanwaltes zu den Bedingungen eines im Bezirk des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwaltes bewilligt worden.

Verschiedene in der Liste für Afghanistan, Stand April 2015, aufgeführte Erkenntnismittel waren Gegenstand des Verfahrens.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Gegenstand der Klage ist der Widerruf des mit Bescheid des Bundesamtes vom 2. Januar 1994 festgestellten Abschiebungsverbots nach § 53 Abs. 6 AuslG 1990 durch den Bescheid derselben Behörde vom 18. März 2014.

Die Klage, über die trotz des Ausbleibens von Beteiligten in der mündlichen Verhandlung entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig und begründet.

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 18. März 2014 ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 77 Abs. 1 AsylVfG).

1. Nach § 73c Abs. 2 AsylVfG ist die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Auf diese Vorschrift ist auch der Widerruf eines Abschiebungsverbotes nach § 53 Abs. 6 AuslG 1990 zu stützen, dem § 60 Abs. 7 AufenthG inhaltlich entspricht (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2015 - 1 C 2.15 - juris Rn. 11).

Im Anfechtungsprozess gegen den Widerruf der Feststellung von Abschiebungsschutz nach nationalem Recht nach § 73c Abs. 2 AsylVfG hat das Verwaltungsgericht den Widerrufsbescheid umfassend auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen; in diese Prüfung hat es auch vom Kläger nicht geltend gemachte Anfechtungsgründe und von der Behörde nicht angeführte Widerrufsgründe einzubeziehen (BVerwG, U.v. 29.6.2015 - 1 C 2.15 - juris; U.v. 31.1.2013 - 10 C 17/12 - juris Rn. 9 zum Widerruf der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung).

Gemessen daran liegen im Falle des Klägers weiterhin die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung dieser Vorschrift vor, weil sich in seiner Person die für alle afghanischen Staatsangehörigen bestehende allgemeine Gefahrenlage zu einer extremen Gefahr für Leib und Leben verdichtet. Die Feststellung eines solchen Abschiebungsverbotes ist im vorliegenden Falle erforderlich, weil dem Kläger kein gleichwertiger Schutz durch eine Abschiebestoppregelung nach § 60a Abs. 1 AufenthG bzw. durch eine Niederlassungserlaubnis zusteht und deshalb eine verfassungswidrige Schutzlücke besteht (vgl. Fritz/Vormeier, GK-AsylVfG, § 73c Rn. 8 m. w. N.). Denn aufgrund des Erlasses des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 3. August 2005 (Az. I A 2-2086.14-12/Ri) sind junge, männliche, gesunde afghanische Staatsangehörige nunmehr vorrangig zurückzuführen, weshalb die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG für den genannten Personenkreis nicht mehr greift. Im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die den Kläger nach der Auskunftslage in Afghanistan erwarten würden (vgl. die in der Liste der Erkenntnismittel aufgeführten Dokumente, insb. Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 2.3.2015; Gutachten Dr. D. v. 7.10.2010; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update - Die aktuelle Sicherheitslage v. Oktober 2014, S. 18 ff.; UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. August 2013), insbesondere die katastrophalen wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, drohen diesem nach der Überzeugung des Gerichts mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche und konkrete Gefahren für Leib und Leben, weil er in Ermangelung jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert würde (vgl. BVerwG, U.v. 8.9.2011 - 10 C 14/10 - juris Rn. 23; U.v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - juris Rn. 15 m. w. N.).

Zwar ist aufgrund der ständigen Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, U.v. 20.1.2012 - 13a B 11.30425 - juris Rn. 33 ff.; U.v. 24.10.2013 - 13a B 13.30031 - juris; U.v. 16.1.2014 - 13a B 13.30025 - juris, Rn. 23; B.v. 29.6.2015 - 13a ZB 15.30030 - juris Rn. 5 ff.) für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende alleinstehende männliche arbeitsfähige afghanische Staatsangehörige angesichts der aktuellen Auskunftslage im allgemeinen derzeit nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde; dies soll selbst dann gelten, wenn ein (Dari sprechender) Mann Afghanistan schon im Kleinkindesalter verlassen hat (BayVGH, U.v. 16.1.2014 - 13a B 13.30025 - juris Rn. 23). Dieser Rechtsprechung hat sich das erkennende Gericht auch grundsätzlich angeschlossen (vgl. VG Würzburg, U.v. 8.10.2013 - W 1 K 13.30064 - juris). Im vorliegenden Falle ist jedoch aufgrund der mangelhaften Sprachkenntnisse des Klägers, seiner vollständig westlich, d. h. durch eine nichtmuslimische Umgebung geprägten Sozialisation sowie aufgrund des Fehlens unterstützungsfähiger und unterstützungsbereiter Verwandter in der Herkunftsregion Kabul von der Verdichtung der allgemeinen Gefahrenlage zu einer Extremgefahr i. S. d. § 60 Abs. 7 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung auszugehen. Der im Entscheidungszeitpunkt 22-jährige Kläger wurde im Bundesgebiet geboren und war noch nie in Afghanistan. Seine Eltern halten sich seit 1988 (Vater) bzw. 1992 (Mutter) im Bundesgebiet auf. Der Kläger hat nach seinen Angaben auch keine Verwandten in Afghanistan. Diese Angaben werden gestützt durch die Angaben der Mutter in ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 28. März 1994 (Bl. 29 ff. der Akte des Asylerstverfahrens), dass ihr Vater verschollen und ihre Mutter sowie ihre beiden Brüder im Krieg gestorben seien. Des Weiteren hat der - fließend und im Wesentlichen fehlerfrei Deutsch sprechende - Kläger in der mündlichen Verhandlung sowie in seiner Stellungnahme zur beabsichtigten Ausweisung vom 8. Juli 2013 (Bl. 743 der Ausländerakte) angegeben, zu Hause mit seinen Eltern Deutsch zu sprechen und nur gebrochen Dari zu sprechen. Er hat erläutert, dass er auf Dari Gesprochenes zwar verstehe, sich in dieser Sprache aber nicht ausdrücken könne. Seine Eltern hätten bereits mehrere Deutschkurse besucht und seien bemüht, die deutsche Sprache zu lernen. Vor diesem Hintergrund erscheint es jedenfalls glaubhaft, dass seine Kenntnisse in dieser Sprache so lückenhaft sind, dass es ihm nicht möglich sein wird, sich in Afghanistan in einer für die dauerhafte gesellschaftliche Integration sowie für die Ausübung eines qualifizierten Berufs ausreichenden Weise auf Dari zu verständigen. Dazu stehen die aus der Ausländerakte zu entnehmenden Erkenntnisse über die Deutschkenntnisse seines Vaters nicht im Widerspruch. Zwar besitzt sein Vater wohl „nur ausreichende“ Kenntnisse der deutschen Sprache (vgl. Bl. 86, 662 der Ausländerakte), dies zwingt aber nicht zu der Schlussfolgerung, dass der Kläger deshalb zu Hause mit seinen Eltern in einem ausreichendem Umfang Dari gesprochen und auch die Schrift gelernt hat. Eine wesentlich gewichtigere Bedeutung misst das Gericht jedoch der Sozialisation des Klägers zu (vgl. VG München, U. v. 30.9.2013 - M 23 K 11.30416 - juris Rn. 25 ff.). Denn der in Schweinfurt geborene und aufgewachsene Kläger hat seine prägende Sozialisation in einer westlichen Gesellschaft erhalten. Er hat selbst nie Erfahrungen in einer muslimischpatriarchalisch geprägten Gesellschaft gesammelt. Auch seine Eltern dürften aufgrund der großen politischen und gesellschaftlichen Veränderungen in Afghanistan seit ihrer Ausreise in den Jahren 1988 bzw. 1992 nicht mehr mit den aktuellen gesellschaftlichen Verhältnissen im Herkunftsland vertraut sein, weshalb es ihnen auch nicht möglich war, ihren Sohn entsprechend den tatsächlichen afghanischen Gepflogenheiten zu erziehen (vgl. VG München a. a. O., Rn. 29). Vor diesem Hintergrund sind die Chancen des Klägers im Verdrängungskampf um die knappen Arbeitsmarktressourcen im Vergleich zu denen anderer junger Erwachsener in seinem Alter, die in Afghanistan aufgewachsen sind bzw. vor ihrer Ausreise dort gelebt haben oder zumindest in einem Nachbarland in einer muslimischen Umgebung sozialisiert wurden, als aussichtslos einzuschätzen. Er wäre daher trotz seiner besseren Schulbildung nicht in der Lage, mit eigener Erwerbstätigkeit seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, zumal er auch nicht auf eine abgeschlossene Berufsausbildung zurückgreifen kann. Diese Unkenntnis der tatsächlichen Lebensumstände in Afghanistan würde auch seine Möglichkeiten, als Tagelöhner in Aushilfsjobs beispielsweise in der Baubranche oder in der Landwirtschaft ein Existenzminimum zu erwirtschaften, erheblich erschweren. Die vorhandenen Kenntnisse westlicher Sprachen (Deutsch, etwas Englisch) vermögen dies ersichtlich nicht zu kompensieren. Hinzu kommt, dass der Kläger in Afghanistan nach seinen glaubhaften Angaben auf keinerlei unterstützungsfähige und -bereite Verwandte zurückgreifen könnte. Aufgrund ihrer eigenen schwierigen Lebensumstände - die Familie erhält ALG II - könnten auch die Eltern des Klägers diesen nicht von Deutschland aus unterstützen (vgl. Bl. 86 der Ausländerakte). Es bestünde daher für ihn eine besonders erhöhte Gefahr, in Afghanistan in illegale Kreise abzurutschen und zu kriminellen Zwecken instrumentalisiert zu werden. Die Ausübung einer kriminellen Tätigkeit zur Erlangung des Lebensunterhalts ist jedoch nicht zumutbar.

Andere Widerrufsgründe sind nicht ersichtlich. Die Feststellung eines Abschiebungsverbotes in der Person des Klägers ist auch nicht nach § 60 Abs. 8 AufenthG ausgeschlossen, weil diese Vorschrift keine Anwendung auf Abschiebungsverbote aufgrund nationalen Rechts (§ 60 Abs. 5, 7 AufenthG) findet (BayVGH, U.v. 16.1.2014, 13a B 13.30025 - juris Rn. 27).

Nach alledem hat die Klage Erfolg.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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published on 08/09/2011 00:00

Tatbestand 1 Der Kläger erstrebt Abschiebungsschutz wegen ihm in Afghanistan drohender Gefahren. 2
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Annotations

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.