Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 02. Juni 2015 - W 5 V 15.409
Gericht
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Vollstreckungsgläubiger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
1. Mit rechtskräftigem Urteil des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs vom 25. November 2014 Nr. 9 B 13.1401 wurde die Vollstreckungsschuldnerin verpflichtet, dem Vollstreckungsgläubiger die Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohnhauses mit drei Wohneinheiten gemäß Bauantrag vom 16. September 2011 BA-Nr. 1469-2011 zu erteilen. Das Urteil wurde den Bevollmächtigten der Vollstreckungsschuldnerin am 23. Januar 2015 zugestellt.
2. Mit Schreiben vom 18. März 2015 ließ die Vollstreckungsschuldnerin die zunächst eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurücknehmen und den Bayer. Verwaltungsgerichtshof bitten, die Bauakten, die zum Berufungsverfahren im Original vorgelegt worden waren, baldmöglichst zurück zu senden. Erst nach Erhalt der Originalakten sei es der Vollstreckungsschuldnerin möglich, ihrer Verpflichtung aus dem Berufungsurteil nachzukommen.
3. Mit Schreiben vom
4. Am
gegen die Vollstreckungsschuldnerin „ein Zwangsgeld bis zu 10.000,00 EUR anzudrohen, nach fruchtlosem Fristablauf festzusetzen und von Amts wegen zu vollstrecken“.
Zur Begründung wurde vorgetragen, das Urteil des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs sei rechtskräftig. Trotz Aufforderung und Fristsetzung mit Schreiben vom 8. April 2015 sowie der Übergabe zweier Bauantragsmappen mit Schreiben vom 15. April 2015 habe die Vollstreckungsschuldnerin die Baugenehmigung nicht erteilt. Nachdem der Vollstreckungsgläubiger seit mehreren Jahren auf die Baugenehmigung warte, nehme er weitere Verzögerungen nicht mehr hin. Die Zwangsvollstreckung nach § 172 VwGO sei geboten.
5. Demgegenüber beantragte die Vollstreckungsschuldnerin,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, der Bayer. Verwaltungsgerichtshof habe trotz ausdrücklicher Bitte der Vollstreckungsschuldnerin die Bauakten bislang nicht an die Behörde zurückgesandt. Mutmaßlich wolle er zunächst noch im wohl zur Entscheidung anstehenden weiteren Berufungsverfahren urteilen. Das Nichtvorliegen der Original-Bauakten sei ein Hinderungsgrund, der dem Bevollmächtigten des Vollstreckungsgläubigers auch mit Schreiben vom 16. April 2014 mitgeteilt worden sei. Schließlich sei gemäß Art. 68 Abs. 2 Satz 3 BayBO auf den bei der Entscheidung des Bayer. Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Original-Bauplänen ein Genehmigungsvermerk anzubringen und dem Vollstreckungsgläubiger mit der Baugenehmigung zuzustellen.
6. Die bei ihr vorhandenen Behördenakten hat die Vollstreckungsschuldnerin vorgelegt.
II.
1. Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet.
2. Die Voraussetzungen des § 172 Satz 1 VwGO liegen derzeit nicht vor.
Gemäß § 172 Satz 1 VwGO kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung ein Zwangsgeld gegen die Behörde anordnen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken, wenn u. a. die Behörde im Falle des § 113 Abs. 5 VwGO der ihr im Urteil auferlegten Verpflichtung nicht nachkommt. Dabei ist die Androhung eines Zwangsgeldes erst zulässig, wenn seit der Rechtskraft des Urteils eine angemessene Frist verstrichen ist, innerhalb derer es der Behörde billigerweise zugemutet werden konnte, ihrer Verpflichtung nachzukommen (VG Würzburg, B. v. 22. November 2005 Nr. W 5 V 05.1160; Kopp/Schenke, VwGO, Rn. 5 zu § 172).
Das Gesetz stellt dabei auf die grundlose Säumnis der Behörde ab, eines Verschuldens der Behörde bedarf es nicht (vgl. nur Kraft in Eyermann, VwGO, Rn. 15 zu § 172 m. w. N.).
Die Bemessung der Erfüllungsfrist hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, insbesondere von der Eigenart der zu vollstreckenden Entscheidung.
Vorliegend wurde die Stadt Würzburg verpflichtet, dem Vollstreckungsgläubiger die beantragte Baugenehmigung zu erteilen. Die Stadt ist dazu auch bereit. So hat ihr zuständiger Bau- und Ordnungsausschuss am 19. Mai 2015 beschlossen, dem Vollstreckungsgläubiger die streitige Baugenehmigung zu erteilen. Allerdings benötigt die Stadt zur Erfüllung ihrer Verpflichtung die Vorlage der Originalakten. Diese wurden im Berufungsverfahren, dessen Abschluss das Verpflichtungsurteil des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs bildete, dorthin vorgelegt. Trotz Aufforderung mit Schreiben der Bevollmächtigten der Stadt wurden die Akten vom Bayer. Verwaltungsgerichtshof bislang nicht zurückgereicht. Eine Erteilung der Baugenehmigung ist der Vollstreckungsschuldnerin derzeit nicht zuzumuten. Sie hat zunächst das ihr Mögliche und Zumutbare getan, um ihrer Verpflichtung nachzukommen. Offenbar aber hat der Bayer Verwaltungsgerichtshof auch gute Gründe, die Akten einstweilen nicht zurückzugeben. Nach Aktenlage strebt der Bayer. Verwaltungsgerichtshof eine umgehende Erledigung des noch anhängigen weiteren Berufungsverfahrens Nr. 9 B 13.1400 an (vgl. Schreiben des Bayer. Verwaltungsgerichtshof an den Vertreter des Vollstreckungsgläubigers vom 11.5.2015, Bl. 25 der Behördenakte). Danach ist es Sache auch des Vollstreckungsgläubigers, seinen Beitrag zum Fortgang dieses Verfahrens zu leisten.
Derzeit sind nach alledem die Voraussetzungen des § 172 VwGO nicht erfüllt.
Der Antrag war deshalb abzulehnen.
3. Allerdings wird es nunmehr alsbald Sache der Vollstreckungsschuldnerin sein, ihre Aufforderung an den Bayer. Verwaltungsgerichtshof, die Behördenakten zurückzureichen, zu wiederholen und dabei auf das bereits gestellte Vollstreckungsersuchen des Vollstreckungsgläubigers hinzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
5. Einer Festsetzung des Streitwerts bedarf es im vorliegenden Verfahren nicht, da Nr. 5301 des Kostenverzeichnisses Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG für das Verfahren über Anträge auf gerichtliche Handlungen der Zwangsvollstreckung nach den §§ 169, 170 oder § 172 VvGO eine Festgebühr von 20,00 EUR vorsieht.
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Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.