Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 16. Apr. 2019 - W 10 S 19.50280

published on 16/04/2019 00:00
Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 16. Apr. 2019 - W 10 S 19.50280
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Gericht

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Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit einer von der Antragsgegnerin angeordneten Abschiebung nach Italien.

1. Die zur Person nicht ausgewiesene Antragstellerin ist eigenen Angaben zufolge eine nigerianische Staatsangehörige, dem Volk der Yoruba zugehörig und christlichen Glaubens. Sie verließ ihr Herkunftsland nach eigenen Angaben im Dezember 2015 und reiste über Niger, Libyen, Italien und Österreich am 29. Januar 2019 über den Landweg in das Bundesgebiet ein. Am 7. Februar 2019 stellte sie beim Bundesamt für ... (im Folgenden: Bundesamt) einen Asylantrag.

Im Rahmen des persönlichen Gesprächs zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und der Anhörung zur Zulässigkeit des gestellten Asylantrages schilderte die Antragstellerin unter anderem, im Jahr 2016 nach Italien eingereist zu sein. Dort habe sie sich etwa drei Jahre aufgehalten und internationalen Schutz beantragt. Das Asylverfahren in Italien habe mit dem Ergebnis geendet, dass sie in Italien Schutz erhalten habe. Befragt nach den Umständen, die einer Abschiebung nach Italien entgegenstehen würden, gab die Antragstellerin an, dass sie sich dort die ganze Zeit in einem Camp aufgehalten habe. Sie habe sich aktiv an mehreren Kursen und Schulungen beteiligt. Sie habe drei Monate lang in einem Restaurant mit einem befristeten Arbeitsvertrag gearbeitet und habe sich aktiv in einem Programmbereich mit Menschen- und Frauenrechten beteiligt. Sie habe mehrere Schulen besucht. Ihr sei gesagt worden, sie müsse das Camp verlassen. Sie habe keinen Job bekommen. Sie wolle nicht auf der Straße landen. Sie habe keine Unterkunft gehabt. Im Camp sei ihr gesagt worden, sie solle sich selbst einen Job suchen. Sie habe große Mühe gehabt, einen Job zu finden. Sie habe sich bei mehreren Agenturen vorgestellt, sei aber leider nicht erfolgreich gewesen. Sie habe finanzielle Schwierigkeiten gehabt und ihre Miete nicht mehr bezahlen können. Deshalb sei sie zu ihrem Freund gegangen, der jetzt ihr Mann sei. Die Lebensumstände seien sehr schwer gewesen, da sie keine Arbeit gefunden hätten. Sie habe auf der Straße betteln müssen. Sie könne unter solchen Umständen nicht leben. Die Frage, ob sie Beschwerden oder Erkrankungen habe, verneinte die Antragstellerin. Sie sei schwanger. Die Antragstellerin führte zudem aus, dass sie ihren Mann hier in Deutschland habe.

Da dem Bundesamt Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (im Folgenden: Dublin III-VO) vorlagen, ersuchte es die italienischen Behörden am 7. März 2019 um Wiederaufnahme der Antragstellerin. Das Ersuchen wurde von den italienischen Behörden nicht beantwortet.

Mit Bescheid vom 25. März 2019, der Antragstellerin zugestellt am 28. März 2019, lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Ziffer 2) und ordnete die Abschiebung der Antragstellerin nach Italien an (Ziffer 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 4).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 des Asylgesetzes (AsylG) unzulässig, da Italien aufgrund des dortigen Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO zuständig sei. Sollte die Antragstellerin entgegen der bisherigen Erkenntnislage in einem anderen europäischen Staat internationalen Schutz erhalten haben, bleibe es gleichwohl bei der Unzulässigkeit des Asylantrags, § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Die weitere Unzulässigkeit des Asylantrags könne auch auf dem erfolglosen Abschluss des früheren Asylverfahrens beruhen, wenn die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nicht vorlägen, § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG lägen nach den Erkenntnissen des Bundesamts nicht vor. Einer Dublin-Überstellung stünden nur außergewöhnliche, schwerwiegende humanitäre Gründe entgegen. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Italien führten nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung der Antragstellerin eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorläge, da die hierfür vom EGMR geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab nicht erfüllt seien. Ebenso fehlten Gründe für eine Annahme, dass bei Abschiebung der Antragstellerin eine Verletzung des Art. 4 EU-Grundrechtecharta vorläge. Weiterhin bestünden in Italien keine systemischen Mängel, welche die Sicherheitsvermutung widerlegen würden. Die dortigen Aufnahmeeinrichtungen entsprächen internationalen Standards, ein Zugang zum Asylverfahren, zu medizinischer Versorgung sowie juristischer Unterstützung sei gewährleistet. Der Vortrag der Antragstellerin im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung könne ebenfalls nicht dazu führen, dass die Bundesrepublik Deutschland zuständiger Mitgliedstaat werde. Es stehe Asylsuchenden nicht frei, sich ihr Niederlassungsland während des Asylverfahrens anhand eigener Wertvorstellungen und nach Abwägung der jeweils gebotenen sozio-ökonomischen Standards in den Mitgliedstaaten auszuwählen. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Die Antragstellerin habe vorgetragen, dass sie schwanger und zusammen mit ihrem Mann in Deutschland sei. Die vorgebrachte Ehe sei jedoch nicht durch Dokumente belegt worden. Die Antragstellerin habe angegeben, mit ihrem Partner nur nach traditionellem Ritus verheiratet zu sein. Eine solche traditionelle Ehe sei nach deutschem Recht allerdings unbeachtlich. Aus Partnerschaften, die staatlich nicht registriert und anerkannt seien, könnten ausländerrechtlich keine Ansprüche abgeleitet werden. Eine zivilrechtliche Eheschließung durch das zuständige Standesamt sei erforderlich. Dies gelte auch für den Vortrag der Antragstellerin, sie sei schwanger. Eine Schwangerschaft stelle für sich genommen kein Überstellungshindernis dar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen im Bescheid vom 25. März 2019 Bezug genommen.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin am 3. April 2019 zur Niederschrift des Urkundsbeamten Klage (W 10 K 19.50279) und beantragte zugleich im vorliegenden Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung trägt die Antragstellerin unter Vorlage eines Mutterpasses im Wesentlichen vor, sie sei schwanger und es sei schwer für sie, in Italien mit einem Baby zu leben, da sie bei einer Rückkehr wieder auf der Straße schlafen müsse. Sie habe keine Arbeit und keine Perspektive in Italien. Zur Begründung werde ebenfalls auf die Gründe ihres Mannes verwiesen.

Wegen der Ausführungen der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt, die Akten im Verfahren W 10 K 19.50280, die beigezogenen Behördenakten sowie auf die Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

II.

Der wörtlich gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, ist zugunsten der Antragstellerin dem erkennbaren Begehren entsprechend nach §§ 122, 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nur bezüglich der von der Antragsgegnerin unter Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids verfügten Abschiebungsanordnung begehrt. Der so auszulegende Antrag ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützte Abschiebungsanordnung nach Italien ist zulässig. Das Gericht kann gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs anordnen. Eine Klage gegen die Abschiebungsanordnung entfaltet von Gesetzes wegen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung. Der Antrag ist daher statthaft und wurde innerhalb der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG gestellt.

2. Der Antrag ist allerdings unbegründet. Das Gericht trifft im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Entscheidung über die Anordnung bzw. die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung auf Grund der sich ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) darbietenden Sach- und Rechtslage. Das Gericht hat dabei das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gegeneinander abzuwägen (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 80 Rn. 152; Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 89). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache nach summarischer Prüfung voraussichtlich erfolglos bleiben wird; ergibt eine vorläufige Überprüfung der Klage in der Hauptsache dagegen, dass diese offensichtlich erfolgreich sein wird, so überwiegt regelmäßig das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin. Sind die Erfolgsaussichten offen, so ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 90 ff.).

Gemessen an diesen Grundsätzen fällt die vom Gericht anzustellende Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin aus. Nach der im vorliegenden Verfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung bestehen an der Rechtmäßigkeit der Ziffer 3 des angegriffenen Bescheids keine Zweifel. Bei der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Abwägung überwiegt daher das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der Vollziehung.

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheids verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Das Vorbringen der Antragstellerin in der Antragsbegründung führt zu keiner anderen Bewertung.

a) Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO sieht vor, dass Anträge auf internationalen Schutz von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft werden, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Lässt sich anhand dieser Kriterien der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Die Antragstellerin hat ausweislich des in der Behördenakte befindlichen Eurodac-Treffers bereits in Italien einen Asylantrag gestellt, so dass die italienischen Behörden für die Prüfung des Antrags zuständig sind. Da die italienischen Behörden das Wiederaufnahmegesuch nicht innerhalb der Frist von zwei Wochen gemäß Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO beantwortet haben, ist nach Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO davon auszugehen, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wurde, was die Verpflichtung nach sich zieht, die Antragstellerin wieder aufzunehmen.

Da das Wiederaufnahmegesuch innerhalb der Frist des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO an Italien gerichtet wurde, ist die Zuständigkeit auch nicht auf die Antragsgegnerin übergegangen. Auch auf der Grundlage von Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO ergibt sich keine Zuständigkeit der Antragsgegnerin, weil die dort geregelte Überstellungsfrist von sechs Monaten offensichtlich noch nicht abgelaufen ist.

b) Ein Zuständigkeitsübergang auf die Antragsgegnerin ergibt sich auch nicht aus der rechtlichen Unmöglichkeit der Überstellung nach Italien.

Das auf der Grundlage des Art. 78 Abs. 2 AEUV eingerichtete Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) beruht auf dem „Prinzip gegenseitigen Vertrauens“, dass alle daran beteiligten Mitgliedstaaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), dem Protokoll von 1967 und in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) finden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 - NVwZ 2012, 417 Rn. 79; U.v. 19.3.2019 - C-163/17 - juris Rn. 80). Dies begründet die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der EU-Grundrechtecharta (EU-GR-Charta) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011, a.a.O., Rn. 80). Das Prinzip des gegenseitigen Vertrauens begründet jedoch nur eine widerlegliche Vermutung, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das GEAS in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stößt, so dass ein ernsthaftes Risiko besteht, dass Personen, die internationalen Schutz beantragen, bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Grundrechten unvereinbar ist (vgl. EuGH, U.v. 19.3.2019 - C-163/17 - juris Rn. 83 f.). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist das in Art. 4 EU-GR-Charta enthaltene Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung von fundamentaler Bedeutung und muss aufgrund der engen Verbindung zur Achtung der Würde des Menschen (Art. 1 EU-GR-Charta) und seines daraus resultierenden absoluten Charakters auch bei Überstellungen von Asylbewerbern nach den Dublin-Verordnungen vollumfänglich beachtet werden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - N.S., C-411/10 - NVwZ 2012, 417; U.v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - NVwZ 2014, 129; U.v. 16.2.2017 - C-578/16 - NVwZ 2017, 691 Rn. 59; U.v. 19.3.2019 - C-163/17 - juris Rn. 78).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) kann die Vermutung, wonach der Aufnahmestaat seinen Pflichten aus Art. 3 EMRK nachkommt, widerlegt werden, wenn schwerwiegende Gründe für die Annahme vorgebracht werden, dass die Person, deren Rückführung angeordnet wird, einer tatsächlichen Gefahr („real risk“) entgegensehen würde, im Zielstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden (EGMR, U.v. 4.11.2014 - Tarakhel, Nr. 29217/12 - NVwZ 2014, 127, Rn. 104; U.v. 21.1.2011 - M.S.S., Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413 Rn. 342). Die Ursache der Gefahr hat keine Auswirkungen auf das Schutzniveau der EMRK und befreit den überstellenden Staat nicht davon, eine gründliche und individuelle Prüfung der Situation der betroffenen Person vorzunehmen und im Falle der Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung die Durchsetzung der Abschiebung auszusetzen (EGMR, U.v. 4.11.2014 - Tarakhel, a.a.O.). Staatliches Handeln in Erfüllung der Verpflichtungen im Rahmen einer zwischen- oder überstaatlichen Organisationen - wie der EU - ist nach der EMRK nur solange gerechtfertigt, wie auf dieser Ebene ein ausreichender Grundrechtsschutz gewährleistet ist. Dies ist im Rahmen des unionsrechtlichen Grundrechtsschutzes grundsätzlich der Fall (EGMR, U.v. 30.6.2005 - Bosphorus, Nr. 45036/98 - NJW 2006, 197), zumal die in der EMRK garantierten Rechte nach Art. 6 Abs. 3 EUV und Art. 52 Abs. 3 EU-GR-Charta in die unionsrechtlichen Grundrechtsgewährleistungen als Mindeststandard inkorporiert sind (Borowsky in Meyer-Ladewig, Charta der Grundrechte, vor Art. 51 Rn. 1a; Jarass, Charta der Grundrechte, Art. 52 Rn. 60 ff.). Soweit ein Mitgliedstaat aber entscheiden kann, in eigener Zuständigkeit tätig zu werden - wie im entschiedenen Fall gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO a.F., vgl. nunmehr Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO -, handelt er nach der Auffassung des EGMR nicht in Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen und kann sich somit seiner Verantwortlichkeit nicht entziehen, wenn er von dieser Möglichkeit trotz der ernsthaften Gefahr einer Grundrechtsverletzung keinen Gebrauch macht (EGMR, U.v. 21.1.2011 - M.S.S., 30696/09, NVwZ 2011, 413 Rn. 340 m.V.a. U.v. 30.6.2005 - Bosphorus, Nr. 45036/98 - NJW 2006, 197).

Diesen Vorgaben des höherrangigen Unionsrechts sowie des internationalen Rechts trägt Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO Rechnung. Danach besteht ein Überstellungshindernis, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in dem an sich zuständigen Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, welche die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 EU-GR-Charta mit sich bringen. Unter diesen Umständen hat die Antragsgegnerin zunächst gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO die Prüfung der Zuständigkeitskriterien in Kapitel III (Art. 7 - 15 Dublin III-VO) fortzusetzen, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann danach keine Überstellung an einen anderen zuständigen Mitgliedstaat erfolgen, so geht nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO die Zuständigkeit auf die Antragsgegnerin über.

Die Anforderungen an die Feststellung systemischer Mängel und eine daraus resultierende Widerlegung der Sicherheitsvermutung sind allerdings hoch. Im Hinblick auf das Ziel der Dublin III-VO, zügig und effektiv den für das Asylverfahren zuständigen Staat zu bestimmen, können geringfügige Verstöße hierfür nicht ausreichen. Um das Prinzip gegenseitigen Vertrauens entkräften zu können, muss vielmehr ernsthaft zu befürchten sein, dass dem Asylbewerber aufgrund genereller Mängel im Asylsystem des eigentlich zuständigen Mitgliedstaats mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 EU-GR-Charta droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 6; EuGH, U.v. 21.12.2011, a.a.O., Rn. 80; VGH BW, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris Rn. 41). Erforderlich ist insoweit die real bestehende Gefahr, dass in dem Mitgliedstaat, in den überstellt werden soll, die grundlegende Ausstattung mit den notwendigen, zur Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse elementaren Mitteln so defizitär ist, dass der materielle Mindeststandard nicht erreicht wird und der betreffende Mitgliedstaat dieser Situation nicht mit geeigneten Maßnahmen, sondern mit Gleichgültigkeit begegnet (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 29.1.2018 - 10 LB 82/17 - juris Rn. 34 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des EGMR kann allerdings die bloße schlechtere wirtschaftliche oder soziale Stellung der Person in dem Mitgliedstaat, in den überstellt werden soll, nicht für die Annahme einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausreichen (vgl. EGMR, B.v. 2.4.2013 - 27725/10 - ZAR 2013, 336, 70 f.). Der EGMR führt in seiner Entscheidung aus, dass Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung der Vertragsparteien enthält, jede Person innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs mit Obdach zu versorgen oder finanzielle Leistungen zu gewähren, um ihnen dadurch einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen. Einer Dublin-Überstellung stehen nur außergewöhnliche zwingende humanitäre Gründe entgegen.

Diese Grundsätze konkretisierend hat der EuGH in seinem Urteil vom 19. März 2019, Az.: C-163/17 (juris Rn. 91) ausgeführt, dass systemische Schwachstellen nur dann als Verstoß gegen Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK zu werten sind, wenn eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreicht wird, die von sämtlichen Umständen des Falles abhängt. Diese Schwelle ist aber selbst in durch große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person gekennzeichneten Situationen nicht erreicht, sofern sie nicht mit extremer materieller Not verbunden sind, aufgrund deren sich diese Person in einer solch schwerwiegenden Lage befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichgestellt werden kann. Die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats muss zur Folge haben, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befindet, die es ihr nicht erlaubt, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigt oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzt, der mit der Menschenwürde unvereinbar ist (vgl. EuGH, U.v. 19.3.2019 - C-163/17 - juris Rn. 92 f.).

Entsprechend vorstehender Ausführungen geht das Gericht auf der Basis einer Gesamtwürdigung nach dem aktuellen Erkenntnisstand und im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) nicht davon aus, dass das Asylverfahren in Italien unionsrechtlichen Maßstäben widerspricht bzw. dort unzureichende Aufnahmebedingungen herrschen, die zu einer Verletzung der durch Art. 4 EU-GR-Charta gewährleisteten Rechte führen. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Die Republik Italien ist als Mitgliedstaat der Europäischen Union an die europäischen Grundrechte (Art. 51 Abs. 1 EU-GR-Charta) sowie an die EMRK gebunden. Deshalb spricht zunächst die durch das Prinzip des gegenseitigen Vertrauens begründete Vermutung für die Zulässigkeit der Abschiebung in einen solchen Staat. Diese Vermutung ist nicht durch die Annahme systemischer Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen entkräftet, weil eine Zusammenschau der einschlägigen Erkenntnismittel ergibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien zumindest den internationalen und europäischen Mindeststandards entsprechen und jedenfalls elementare Bedürfnisse der Asylbewerber gedeckt werden können.

Asylbewerber haben in Italien entsprechend dem Grundrecht auf Asyl Zugang zu einem rechtsstaatlichen Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten. Über den Ablauf des Asylverfahrens wird über Informationsbroschüren in unterschiedlichen sprachlichen Fassungen sowie über Betreuungsdienste Auskunft gegeben. Bei Dublin-Rückkehrern ist im Regelfall gewährleistet, dass sie nach ihrer Rückkehr nach Italien ihren ursprünglichen Antrag auf internationalen Schutz weiterverfolgen oder erstmals einen Asylantrag stellen können. Im Falle einer negativen Verbescheidung kann ein Wiederaufnahmeantrag gestellt werden oder Beschwerde gegen den negativen Bescheid eingelegt werden. Das Asylverfahren soll zwar grundsätzlich nicht länger als sechs Monate dauern (vgl. Amtliche Auskunft des Auswärtigen Amtes an das OVG NW vom 23. Februar 2016). Der Umstand, dass diese Verfahrensdauer aufgrund der aktuellen Belastungssituation nicht immer eingehalten werden kann, rechtfertigt jedoch nicht die Annahme eines unzureichenden Asylverfahrens, zumal diesbezügliche Schwierigkeiten wegen des enormen Zustroms an Schutzsuchenden nicht nur in Italien, sondern in vielen europäischen Ländern bestehen.

Weiterhin erhalten Asylsuchende während des Asylverfahrens in Italien Leistungen für die Befriedigung von Grundbedürfnissen, insbesondere Nahrungsmittel, Hygieneartikel und Kleidung (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Italien, Stand: 27.9.2018 m.w.N.). Auch wenn Italien diesbezüglich hinter den Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland zurückbleibt und insbesondere kein umfassendes Sozialsystem kennt, so begründet dies entsprechend der obigen Ausführungen keine systemischen Mängel.

Italien verfügt über ein umfassendes Gesundheitssystem, das medizinische Behandlungsmöglichkeiten auf hohem Niveau bereitstellt. Asylbewerber haben in gleicher Weise wie italienische Bürger einen Anspruch auf medizinische Versorgung, der mit der Registrierung eines Asylantrags entsteht. Bis zum Zeitpunkt der Registrierung werden gleichwohl medizinische Basisleistungen, wie beispielsweise kostenfreie Notfallversorgung, gewährleistet (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Italien, Stand: 27.9.2018, S. 17).

Während des Asylverfahrens haben Asylbewerber einen Anspruch auf Unterbringung. Grundsätzlich werden zahlreiche Plätze für Asylsuchende und Dublin-Rückkehrer in verschiedenen staatlichen Unterkünften zur Verfügung gestellt, die über ganz Italien verteilt sind. Sowohl das Bundesamt als auch Asylum Information Database (im Folgenden: AIDA) gehen von einer Gesamtkapazität von über 175.000 Plätzen aus (vgl. BAMF, Länderinformation: Italien, Stand: Mai 2017, S. 2; AIDA, Country Report: Italy, Stand: März 2018, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report_download/aida_it_2017update.pdf, S. 80 ff.), so dass angesichts der hohen Zahl von Asylbewerbern lange Zeit eine Überbelegung anzunehmen war. Ob diese Überlegung nach wie vor besteht, kann vorliegend jedoch offen bleiben, da davon auszugehen ist, dass eine Unterbringung der Asylbewerber und Dublin-Rückkehrer im Regelfall gewährleistet ist. Neben den staatlichen Einrichtungen existieren verschiedene karitative und kommunale Einrichtungen, die zusätzliche Unterkunftsmöglichkeiten bieten, um Asylbewerber vor Obdachlosigkeit zu schützen. In Einzelfällen ist es gleichwohl möglich, dass Dublin-Rückkehrer keine Unterbringung erhalten und vorübergehend obdachlos sind. Insbesondere kann es zu Problemen kommen, wenn Dublin-Rückkehrer in Italien bereits offiziell untergebracht waren, da der Anspruch auf Unterbringung in staatlichen Einrichtungen untergeht, wenn der Ausländer seine Unterkunft ohne vorherige Bewilligung verlässt oder eine ihm zugewiesene Unterkunft gar nicht erst in Anspruch genommen hat (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Italien, Stand: 27.9.2018, S. 16). Der Anspruch kann zwar wieder aufleben. Insoweit ist allerdings ein vorheriger Antrag bei der Questura erforderlich, die ursprünglich für die Bearbeitung des Asylantrags zuständig war. Eine Unterbringung in einer staatlichen Einrichtung kann erst dann wieder erfolgen, wenn die Wiederaufnahme genehmigt wurde (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, S.28). In dieser Übergangsphase sind Dublin-Rückkehrer auf die Hilfe von Freunden oder karitative Einrichtungen, über deren Aufnahmekapazität es keine gesicherten und aussagekräftigen Unterlagen gibt, angewiesen, um der Obdachlosigkeit entgehen zu können. Im Ergebnis ist die Unterkunftssituation in ihrer Gesamtschau daher weiterhin problematisch.

Gleichwohl sind diese defizitären Umstände noch nicht als generelle systemische Mängel in Italien zu qualifizieren, zumal die Annahme von Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO entsprechend den oben genannten Maßgaben an besonders hohe Anforderungen geknüpft ist. Der maßgebliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit muss sich auf Basis einer Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände ergeben und sich nicht nur auf einzelne Mängel des Systems beziehen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der italienische Staat mit Unterstützung von European Asylum Support Office der Europäischen Union (EASO) geeignete Maßnahmen ergriffen hat, um die Aufnahmekapazitäten stetig zu erhöhen und aktiv darum bemüht ist, diese auch weiterhin zu verbessern (vgl. EASO Special Support Plan to Italy, 11. März 2015). Dies gilt umso mehr, als die Anzahl der in Italien ankommenden Asylbewerber seit Beginn des Jahres 2018 stark rückläufig ist.

Auf der Basis vorstehender Ausführungen schließt sich das Gericht unter Auswertung neuerer Erkenntnismittel und unter Berücksichtigung des klägerischen Vortrags in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung der Einschätzung zahlreicher anderer Verwaltungsgerichte an, dass Italien grundsätzlich über ausreichende Unterbringungskapazitäten sowie ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes und richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren verfügt, das trotz bestehender Mängel noch als funktionsfähig betrachtet werden kann (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 18.1.2017 - 12 L 3754/16.A - juris; VG Augsburg, B.v. 1.3.2018 - Au 5 S 18.50329 - juris; VG München, B.v. 6.6.2018 - M 11 S 18.51151 - Beck RS 2018, 15962; B.v. 9.8.2018 - M 26 S 18.52225, BeckRS 2018, 19472; VG Ansbach, U.v. 1.8.2018 - AN 14 K 17.50567 - juris; VG Karlsruhe, U.v. 22.3.2018 - A 5 K 15921/17 - BeckRS 2018, 7260; OVG Lüneburg, B.v. 13.6.2018 - 10 LB 204/18, BeckRS 2018, 22826; B.v. 2.7.2018 - 10 LB 249/18, BeckRS 2018, 24922; BayVGH, U.v. 18.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris; OVG Münster, U.v. 22.9.2016 - 13 A 2448/15.A - juris).

Diese Auffassung vertritt auch der EGMR, der in seiner Tarakhel-Entscheidung vom 4. November 2014 ausgeführt hat, dass zwar nicht ausgeschlossen werden könne, dass ein Asylbewerber im Einzelfall keine Unterkunft finde oder in überbelegten Einrichtungen auf engstem Raum oder in gesundheitsschädlichen oder gewalttätigen Verhältnissen untergebracht sei, die allgemeine Situation der Asylbewerber in Italien aber nicht mit der Griechenlands vergleichbar sei und keine systemischen Mängel vorlägen (EGMR, Tarakhel ./.Schweiz, Nr. 29217/12 - NVwZ 2015, 127, Rn. 114 ff.).

Diese Einschätzung bedarf auch in Anbetracht des am 5. Oktober 2018 erlassenen und am 7. November 2018 durch den Senat sowie am 28. November 2018 durch das Parlament bestätigten Dekrets No. 113/2018 über Sicherheit und Migration (sog. Salvini-Dekret) keiner Modifizierung. Soweit ersichtlich, betrifft die Regelung Änderungen in den Bereichen des Aufenthaltsrechtes aus humanitären Gründen, des Verlustes eines zuerkannten Schutzstatus sowie des Zugangs für Asylbewerber zu den sog. SPRAR-Einrichtungen (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Italien, Stand 27.9.2018, S. 6; Informationsverbund Asyl und Migration, Änderungen im italienischen Asylsystem in Kraft getreten, v. 29.10.2018; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Mutual trust is still not enough, The situation of persons with special reception needs transferred to Italy under the Dublin III Regulation, 12.12.2018, S. 12 f.). Die asylverfahrens- und aufenthaltsrechtlichen Neuregelungen des Dekrets bestehen im Wesentlichen darin, dass der humanitäre Aufenthaltstitel weitgehend abgeschafft und erleichterte Voraussetzungen für die Aberkennung des subsidiären Schutzes geschaffen werden. Des Weiteren haben ab dem Stichtag 5. Oktober 2018 nur noch unbegleitete minderjährige Asylsuchende Zugang zu den SPRAR-Aufnahmeeinrichtungen. Ansonsten sind diese anerkannten Schutzberechtigten und humanitär Aufenthaltsberechtigten vorbehalten. Dies bedeutet zwar, dass vulnerable Personen künftig keinen Zugang zu diesen Einrichtungen haben, solange ihr Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist bzw. negativ abgeschlossen wurde. Für im Dublin-Verfahren zu überstellende Asylbewerber (sog. Dublin-Rückkehrer), welche nicht zu einem vulnerablen Personenkreis gehören, ergeben sich daraus jedoch keine unmittelbaren negativen Auswirkungen, da ihre Unterbringung, wie ausgeführt, im Regelfall gewährleistet ist. Des Weiteren liegt die Gewährung eines humanitären Aufenthaltsrechtes nach unanfechtbarem negativem Abschluss des Asylverfahrens gemäß Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 2008/115/EG über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger vom 16. Dezember 2008 (ABl. L 348/98, sog. Rückführungsrichtlinie) im Ermessen der Mitgliedstaaten. Demgegenüber regelt Art. 9 der Rückführungsrichtlinie die Fälle, in denen kraft Unionsrechtes die Rückführung in das Herkunftsland trotz unanfechtbarer Ablehnung des Asylantrages nicht zulässig ist. Im Übrigen ist der jeweilige Mitgliedstaat somit kraft seiner Gebietshoheit befugt, den Aufenthalt von unanfechtbar abgelehnten Asylbewerbern in seinem Hoheitsgebiet zu beenden, zu dulden oder durch Gewährung eines zumindest befristeten Aufenthaltsrechtes (vorübergehend) zu legalisieren. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die genannten Vorschriften der Rückführungsrichtlinie gegen primäres Unionsrecht, insbesondere Grundrechte der betroffenen Asylbewerber verstoßen würden, oder dass in der italienischen behördlichen Praxis rechtskräftig abgelehnte Asylbewerber unter Verstoß gegen diese Vorschriften in ihr Herkunftsland zurückgeführt würden, liegen nicht vor.

c) Des Weiteren liegen auch keine außergewöhnlichen Umstände vor, die möglicherweise für eine Pflicht der Antragsgegnerin zum Selbsteintritt bzw. für Ermessensfehler bei der Entscheidung über die Nichtausübung des Selbsteintrittsrechtes der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten. Die Ausübung des Selbsteintrittsrechts steht grundsätzlich im Ermessen der Mitgliedstaaten (sog. Ermessensklausel, vgl. EuGH, U.v. 16.2.2017 - C.K., C-578/16 PPU - juris Rn. 88; U.v. 30.5.2013 - Halaf, C-528/11 - juris Rn. 35 ff.). Zwar kann sich nach der Rechtsprechung des EGMR ein Mitgliedstaat, wie bereits ausgeführt, seiner Verantwortlichkeit für eine Grundrechtsverletzung infolge der Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat nicht unter Verweis auf dessen Zuständigkeit entziehen, wenn er die Befugnis zum Selbsteintritt - hier nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO - besitzt, von dieser Möglichkeit aber trotz der ernsthaften Gefahr einer Grundrechtsverletzung keinen Gebrauch macht (EGMR, U.v. 21.1.2011 - M.S.S., 30696/09, NVwZ 2011, 413 Rn. 340 m.V.a. U.v. 30.6.2005 - Bosphorus, Nr. 45036/98 - NJW 2006, 197). Eine Pflicht zum Selbsteintritt kann aber nur dann angenommen werden, wenn sich das dem Mitgliedstaat eingeräumte Ermessen derart verdichtet hat, dass jede andere Entscheidung unvertretbar wäre (sog. Ermessensreduktion auf Null), weil außergewöhnliche humanitäre, familiäre oder krankheitsbedingte Gründe vorliegen, die nach Maßgabe der Werteordnung der Grundrechte einen Selbsteintritt erfordern (vgl. BayVGH, U.v. 3.12.2015 - 13a B 15.50124 - juris Rn. 22 ff.; VG München, GB v. 29.2.2016 - M 12 K 15.50784 - juris Rn. 43 f.; einschränkend aber EuGH, U.v. 16.2.2017 - C.K., C-578/16 PPU - juris Rn. 88).

Die Wahrung der ehelichen Lebensgemeinschaft und der Familieneinheit unterfällt zwar dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG und des Art. 8 EMRK. Bei der vorgetragene Ehe mit dem Antragsteller im Verfahren W 10 S 19.50274 handelt es sich allerdings um eine traditionell geschlossene Ehe, die nicht vom Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG erfasst ist, da es sich hierbei mangels staatlicher Anerkennung nicht um eine rechtswirksame Eheschließung handelt (vgl. Marx, Aufenthalts-, Asyl- und Flüchtlingsrecht, 6. Aufl. 2017, § 6 Rn. 7 ff.). Zum aktuellen Zeitpunkt kann zwischen der Antragstellerin und ihrem traditionellen Ehemann auch (noch) kein tatsächlich bestehendes und schutzwürdiges Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK angenommen werden (vgl. Hofmann in BeckOK, AuslR, 21. Ed. 1.2.2019, EMRK, Art. 8 Rn. 16 ff.). Überdies ist davon auszugehen, dass die Beziehung auch in Italien fortgesetzt werden kann, da derzeit davon auszugehen ist, dass der traditionell angetraute Ehemann der Antragstellerin gemeinsam mit ihr nach Italien überstellt werden kann (vgl. VG Würzburg, B.v. 10.4.2019 - W 10 S 19.50274 -).

d) Die Feststellung der Antragsgegnerin, dass im Falle der Antragstellerin keine zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG bestehen, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Insbesondere droht der Antragstellerin unter den oben genannten Voraussetzungen auch keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK, welche zu einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG führen würde.

Dieser Einschätzung steht auch die Tarakhel-Entscheidung des EGMR vom 4. November 2014 nicht entgegen (EGMR, Tarakhel ./.Schweiz, Nr. 29217/12 - NVwZ 2015, 127, Rn. 114 ff.). Denn auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Antragstellerin als schwangere Frau zu einem besonders schutzbedürftigen (vulnerablen) Personenkreis im Sinne des Art. 21 der Richtlinie 2013/33/EU zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, vom 26. Juni 2013 (ABl. L 180/96, sog. Aufnahmerichtlinie) gehört, dessen Belangen im Einzelfall besonders Rechnung getragen werden müsste, sieht das Gericht derzeit keine Grundlage, ohne individuelle Zusicherung der italienischen Behörden generell einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK (bzw. Art. 4 EU-GR-Charta) annehmen zu können.

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Wie bereits dargestellt wurde, hat der EuGH in seinem Urteil vom 19. März 2019 nunmehr klargestellt, dass systemische Schwachstellen nur dann als Verstoß gegen Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK zu werten sind, wenn eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreicht wird, die von sämtlichen Umständen des Falles abhängt (EuGH, U.v. 19.3.2019 - C-163/17 - juris Rn. 91). Diese Schwelle ist aber selbst in durch große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person gekennzeichneten Situationen nicht erreicht, sofern sie nicht mit extremer materieller Not verbunden sind, aufgrund deren sich die betroffene Person in einer solch schwerwiegenden Lage befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichgestellt werden kann. Die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats muss zur Folge haben, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befindet, die es ihr nicht erlaubt, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigt oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzt, der mit der Menschenwürde unvereinbar ist (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 92 f.).

Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, B.v. 8.8.2018 - 1 B 25/18 -, juris Rn. 11) steht einer Abschiebung das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK nur dann entgegen, wenn im Zielstaat das für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK erforderliche Mindestmaß an Schwere erreicht wird. Das kann der Fall sein, wenn die anerkannten Flüchtlinge ihren existentiellen Lebensunterhalt nicht sichern können, kein Obdach finden oder keinen Zugang zu einer medizinischen Basisbehandlung erhalten. Einer weitergehenden abstrakten Konkretisierung ist das Erfordernis, dass ein gewisses „Mindestmaß an Schwere“ erreicht sein muss, nicht zugänglich. Vielmehr bedarf es insoweit der Würdigung aller Umstände des Einzelfalls. Auch wenn diese Entscheidung unmittelbar den Fall eines anerkannt Schutzberechtigten betrifft, sind die zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK angenommen werden kann, angestellten Überlegungen gleichwohl auf den vorliegenden Fall übertragbar (so in der Tendenz auch BayVGH, B.v. 9.1.2019 - 10 CE 19.67 - juris Rn. 16 f.).

Das Gericht verkennt nicht, dass die Antragstellerin als Schwangere zu einem besonders schutzbedürftigen Personenkreis nach Art. 21 der Aufnahmerichtlinie gehört. Dies vermag für sich genommen im Falle der Antragstellerin jedoch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK zu rechtfertigen. Denn auf Grundlage einer umfassenden Würdigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Einzelfalls ist nach Auffassung des Gerichts nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass sich die Antragstellerin nach einer Rückkehr nach Italien in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlauben würde, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen.

Vorliegend gibt es einerseits gewichtige und aktuelle Anhaltspunkte für die Annahme, dass die italienischen Behörden der bestehenden Unterkunftsproblematik keinesfalls mit Gleichgültigkeit begegnen. Wie bereits ausgeführt, haben nunmehr zwar weder Dublin-Rückkehrer noch vulnerable Asylbewerber Zugang zu dem SPRAR - System (nun wohl SIPROIMI - „Sistema di protezione per titolari di protezione internazionale e per minori stranieri non accompagnati“), sondern werden in CAS-Einrichtungen (bzw. in Erstaufnahmeeinrichtungen) untergebracht. Geeignete Einrichtungen standen für vulnerable Personen bislang in den sogenannten SPRAR („Sistema di protezione per richiedenti asilo e refugiati“) - Unterkünften zur Verfügung, in denen entsprechende Unterstützungsleistungen gewährt wurden. Es handelte sich hierbei um ein Unterbringungssystem auf kommunaler Ebene, das vom italienischen Staat zentral verwaltet wurde und eine Unterbringung bei privaten oder kommunalen Trägern vorsah (vgl. Amtliche Auskunft des Auswärtigen Amtes an das OVG NW vom 23. Februar 2016). Diese machten in der Vergangenheit jedoch einen eher geringeren Prozentsatz der staatlichen Unterbringungsmöglichkeiten aus, so dass nicht jeder Asylsuchende einen Platz erhalten konnte und die Zuteilung häufig mit langen Wartezeiten verbunden war (vgl. AIDA, Country Report: Italy, Stand: März 2018, S. 51, 76; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, S. 41). Allerdings wird in Italien derzeit das gesamte Unterbringungssystem neu organisiert und umgestaltet. So werden Erstaufnahmeeinrichtungen die bisherigen CAS- und CARA-Unterkünfte ersetzen. In diesen werden Asylbewerber und Dublin-Rückkehrer untergebracht. Die sekundären Aufnahmeeinrichtungen (früher SPRAR) werden künftig als SIPROIMI bezeichnet und international Schutzberechtigten und unbegleiteten Minderjährigen zur Verfügung stehen. In den Erstaufnahmeeinrichtungen wird eine Versorgung mit Kernleistungen gewährleistet, die für jeden Asylbewerber bzw. Dublin-Rückkehrer die Möglichkeit die Versorgung der elementaren Grundbedürfnisse (Obdach, Lebensmittel, Kleidung, Hygieneartikeln) sicherstellt (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Italien, Stand: 26.2.2019, S. 5 ff.).

Auch nach italienischem Recht sind bei der Unterbringung die besonderen Bedürfnisse von Asylbewerbern, insbesondere vulnerabler Personen, zu berücksichtigen. Zudem wurde seitens des italienischen Innenministeriums ausdrücklich betont, dass die Einhaltung sämtlicher europarechtlicher Bestimmungen (insbesondere der Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU) unter Wahrung der menschlichen Würde sichergestellt sei und die Vulnerabilität von Personen Berücksichtigung finde. Eine adäquate Unterbringung schutzbedürftiger Personen könne sichergestellt werden (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Italien, Stand: 26.2.2019, S. 6 ff., 10). Dafür spricht letztlich auch, dass nach dem Legislativdekret DL 152/2015 bei der Unterbringung auf die spezifische Situation schutzbedürftiger Personen Rücksicht zu nehmen ist, woraus sich konkrete spezielle Vorgehensweisen der italienischen Behörden ergeben, die der Schutzbedürftigkeit der Antragstellerin hinreichend Rechnung tragen (vgl. BayVGH, B.v. 9.1.2019 - 10 CE 19.67 - juris Rn. 17). Hinzu kommt der Umstand, dass im Falle einer Überstellung aus einem anderen Mitgliedstaat im Rahmen der Dublin III-VO die Vulnerabilität der betreffenden Person bereits bekannt ist (vgl. die entsprechenden Mitteilungspflichten nach Art. 31, 32 Dublin III-VO), so dass es nicht zu den teilweise beschriebenen Problemen bei der Identifizierung von Vulnerablen in Italien kommen kann (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich a.a.O., S. 21).

Gegen eine Verletzung des Art. 3 EMRK (bzw. Art. 4 EU-GR-Charta) spricht auch die Tatsache, dass sich die Antragstellerin derzeit in einem frühen Stadium der Schwangerschaft befindet und zudem mit dem angeblichen Kindsvater gemeinsam nach Italien zurückkehren kann. Es besteht daher genügend Zeit, sich um eine adäquate Unterkunft zu bemühen. Eine derart gravierende Lage der Antragstellerin, welche zum derzeitigen Zeitpunkt die Annahme rechtfertigen würde, dass dieser mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verletzung der Menschenwürde drohen würde, ist auf Basis der vorstehenden Ausführungen daher nicht anzunehmen. Dies gilt umso mehr, als die Antragstellerin bislang nicht substantiiert ausgeführt hat, dass es ihr und ihrem traditionellen Ehemann in Italien nicht gelingen wird, ihre elementaren Grundbedürfnisse zu befriedigen. Soweit die Antragstellerin ausgeführt hat, sie habe in Italien keine Unterkunft gehabt, da sie keine Arbeit gefunden habe, so hat sie bisher nicht dargelegt, dass und in welcher Art und Weise sie sich überhaupt ernsthaft um eine Unterkunft bemüht hat. Stattdessen gab die Antragstellerin an, sie habe in der Wohnung ihres Freundes, der jetzt ihr Mann sei, gelebt.

e) Letztlich liegen auch keine inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse im Sinne des § 60a Abs. 2 AufenthG, die im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ebenfalls zum Prüfungsumfang des Bundesamts gehören (BayVGH, B. v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris m.w.N.), vor.

Insbesondere steht der Überstellung der Antragstellerin nach Italien aktuell kein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis im Hinblick auf die Wahrung der Familieneinheit entgegen. Die verfassungsrechtlichen Wertungen zum Schutz der Ehe und des Privatlebens in Art. 6 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 EMRK gewähren dem Ausländer zwar grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, nicht von seinen weiter im Bundesgebiet lebenden Familienmitgliedern getrennt zu werden. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei der traditionell geschlossenen Ehe allerdings nicht um eine in Deutschland rechtlich beachtliche Ehe. Die Antragstellerin hat die Ehe nicht durch entsprechende Nachweise belegt, so dass die Abschiebung der Antragstellerin nach summarischer Prüfung auch nicht auf Grundlage schutzwürdiger familiärer Beziehungen rechtlich unmöglich ist, zumal deren traditionell angetrauter Ehemann gemeinsam mit ihr nach Italien überstellt werden kann (vgl. VG Würzburg, B.v. 10.4.2019 - W 10 S 19.50274 -).

Derzeit ist die Abschiebung der Antragstellerin auch unter Berücksichtigung der Schwangerschaft nicht rechtlich unmöglich. Ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Gestalt einer Reiseunfähigkeit liegt vor, wenn entweder keine Transportfähigkeit besteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinne) oder wenn mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten ist, dass sich der Gesundheitszustand als unmittelbare Folge der Abschiebung erheblich verschlechtern wird (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne). Eine Reiseunfähigkeit kann beispielsweise im Falle einer Risikoschwangerschaft angenommen werden, für die sich jedoch keine Anhaltspunkte aus den vorliegenden Unterlagen ergeben. Die Schwangerschaft der Antragstellerin begründet vorliegend auch (noch) keine temporäre rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung, da sich die Antragstellerin nicht innerhalb der Mutterschutzfrist befindet. Nach § 3 Abs. 2 des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) dürfen werdende Mütter in den letzten 6 Wochen vor der Entbindung grundsätzlich nicht mehr beschäftigt werden; das Beschäftigungsverbot dauert in der Regel bis 8 Wochen nach der Entbindung, § 6 Abs. 1 MuSchG. Die Wertungen des Mutterschutzgesetzes sind auch im Rahmen der Durchführbarkeit von Abschiebungen zu berücksichtigen (so auch VG Würzburg, B.v. 17.9.2018 - W 2 S 18.50430 - BeckRS 2018, 28103; VG München, B.v. 23.8.2018 - M 26 S 18.52227 - BeckRS 2018, 22654). Mit dem Beschäftigungsverbot innerhalb der Mutterschutzfrist korreliert ein Abschiebungsverbot, da die psychische und physische Belastung einer Schwangeren in dieser Zeit derart enorm ist, dass es durch eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung zu einer ernsthaften Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit der Mutter wie auch des ungeborenen Kindes kommen kann. Als voraussichtlicher Entbindungstermin der Antragstellerin wurde der 3. September 2019 errechnet, so dass die Mutterschutzfrist vorliegend weder begonnen hat, noch kurz bevorsteht. Im Übrigen ist die weitere medizinische Versorgung der Antragstellerin während ihrer Schwangerschaft entsprechend obiger Ausführungen auch in Italien gewährleistet.

Die Abschiebung der Antragstellerin nach Italien ist somit sowohl möglich als auch rechtlich zulässig.

3. Da die Klage in der Hauptsache voraussichtlich erfolglos bleiben wird, überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Der Antrag war daher abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit
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published on 01/03/2018 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Der Antragsteller wendet sich im Wege einstweiligen Re
published on 17/09/2018 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Die am … … 1980 in Bouake/Elfenbeinküs
published on 29/02/2016 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung od
published on 23/08/2018 00:00

Tenor I. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die in Nummer 1 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 9. Juli 2018 verfügte Abschiebungsanordnung nach Italien wird angeordnet. II. D
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Annotations

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:

1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2,
2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
Dies gilt entsprechend bei Klagen gegen den Widerruf oder die Rücknahme der Gewährung subsidiären Schutzes wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Absatz 2. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Der Arbeitgeber darf eine schwangere Frau in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nicht beschäftigen (Schutzfrist vor der Entbindung), soweit sie sich nicht zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklärt. Sie kann die Erklärung nach Satz 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Für die Berechnung der Schutzfrist vor der Entbindung ist der voraussichtliche Tag der Entbindung maßgeblich, wie er sich aus dem ärztlichen Zeugnis oder dem Zeugnis einer Hebamme oder eines Entbindungspflegers ergibt. Entbindet eine Frau nicht am voraussichtlichen Tag, verkürzt oder verlängert sich die Schutzfrist vor der Entbindung entsprechend.

(2) Der Arbeitgeber darf eine Frau bis zum Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigen (Schutzfrist nach der Entbindung). Die Schutzfrist nach der Entbindung verlängert sich auf zwölf Wochen

1.
bei Frühgeburten,
2.
bei Mehrlingsgeburten und,
3.
wenn vor Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung bei dem Kind eine Behinderung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch ärztlich festgestellt wird.
Bei vorzeitiger Entbindung verlängert sich die Schutzfrist nach der Entbindung nach Satz 1 oder nach Satz 2 um den Zeitraum der Verkürzung der Schutzfrist vor der Entbindung nach Absatz 1 Satz 4. Nach Satz 2 Nummer 3 verlängert sich die Schutzfrist nach der Entbindung nur, wenn die Frau dies beantragt.

(3) Die Ausbildungsstelle darf eine Frau im Sinne von § 1 Absatz 2 Satz 2 Nummer 8 bereits in der Schutzfrist nach der Entbindung im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung tätig werden lassen, wenn die Frau dies ausdrücklich gegenüber ihrer Ausbildungsstelle verlangt. Die Frau kann ihre Erklärung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.

(4) Der Arbeitgeber darf eine Frau nach dem Tod ihres Kindes bereits nach Ablauf der ersten zwei Wochen nach der Entbindung beschäftigen, wenn

1.
die Frau dies ausdrücklich verlangt und
2.
nach ärztlichem Zeugnis nichts dagegen spricht.
Sie kann ihre Erklärung nach Satz 1 Nummer 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.

(1) Der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau nicht an Sonn- und Feiertagen beschäftigen. Er darf sie an Sonn- und Feiertagen nur dann beschäftigen, wenn

1.
sich die Frau dazu ausdrücklich bereit erklärt,
2.
eine Ausnahme vom allgemeinen Verbot der Arbeit an Sonn- und Feiertagen nach § 10 des Arbeitszeitgesetzes zugelassen ist,
3.
der Frau in jeder Woche im Anschluss an eine ununterbrochene Nachtruhezeit von mindestens elf Stunden ein Ersatzruhetag gewährt wird und
4.
insbesondere eine unverantwortbare Gefährdung für die schwangere Frau oder ihr Kind durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist.
Die schwangere oder stillende Frau kann ihre Erklärung nach Satz 2 Nummer 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.

(2) Die Ausbildungsstelle darf eine schwangere oder stillende Frau im Sinne von § 1 Absatz 2 Satz 2 Nummer 8 nicht an Sonn- und Feiertagen im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung tätig werden lassen. Die Ausbildungsstelle darf sie an Ausbildungsveranstaltungen an Sonn- und Feiertagen teilnehmen lassen, wenn

1.
sich die Frau dazu ausdrücklich bereit erklärt,
2.
die Teilnahme zu Ausbildungszwecken zu dieser Zeit erforderlich ist,
3.
der Frau in jeder Woche im Anschluss an eine ununterbrochene Nachtruhezeit von mindestens elf Stunden ein Ersatzruhetag gewährt wird und
4.
insbesondere eine unverantwortbare Gefährdung für die schwangere Frau oder ihr Kind durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist.
Die schwangere oder stillende Frau kann ihre Erklärung nach Satz 2 Nummer 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.