Verwaltungsgericht Trier Beschluss, 16. Okt. 2018 - 7 L 5184/18.TR
Gericht
Tenor
Die Antragsgegnerin zu 1) wird verpflichtet, den Antragsgegner zu 2) anzuweisen, eine Abschiebung des Antragstellers auf Grundlage der Abschiebungsanordnung in Ziffer 3. des Bescheides der Antragsgegnerin zu 1) vom 21. Dezember 2017 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens 7 K 4924/18.TR zu unterlassen.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller und die Antragsgegnerin zu 1) je zur Hälfte; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
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I. Der Antrag des Antragstellers, den Antragsgegnern im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, den Antragsteller nach Italien zu überstellen bzw. abzuschieben, war seinem Begehr entsprechend (§§ 88, 122 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –) hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 1) wie vorstehend tenoriert auszulegen, denn er möchte verhindern, dass er auf der Grundlage des Bescheids vom 21. Dezember 2017 nach Italien überstellt wird, obschon seiner Auffassung nach die sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 VO (EU) 604/2013 – Dublin III-Verordnung – abgelaufen ist. Nachdem die zuständige Ausländerbehörde – der Antragsteller zu 2) – bereits über die Abschiebungsanordnung unterrichtet wurde (§ 40 Abs. 3 Asylgesetz – AsylG –), kann dieses Ziel nur durch eine entsprechende Mitteilung der Antragsgegnerin zu 1) an den Antragsgegner zu 2) erreicht werden, da allein die Antragsgegnerin zu 1), welche im Falle des § 34 a AsylG die Verfahrenshoheit innehat, darüber entscheiden kann, ob aus der Unzulässigkeitsentscheidung im Bescheid vom 21. Dezember 2017 weiterhin Rechtsfolgen hergeleitet werden. In zeitlicher Hinsicht ergibt sich aus der Bezugnahme auf das beim erkennenden Gericht anhängige Verfahren 7 K 4924/18.TR sowie dem Hinweis, dass die Antragsgegner es abgelehnt hätten, den Ausgang dieses Verfahrens abzuwarten, bei einer verständigen Betrachtung, dass der einstweilige Rechtsschutz für den Zeitraum bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens begehrt wird.
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Zunächst ist der Antrag nicht wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig. Obschon der Antragsteller am 28. September 2018 eine Mitteilung (welche erkennbar fehlerhaft auf den 28. Juni 2018 datiert ist) unterzeichnet hat, wonach er bereit sei, bei der erforderlichen Überstellung zu kooperieren, ist es ihm nicht verwehrt, nunmehr den Rechtsweg gegen die drohende Abschiebung zu beschreiten. Aus dem Begleitschreiben des Pfarrers der Evangelischen Kirchengemeinde ... ergibt sich nämlich, dass die Kooperationserklärung vom 28. September 2018 nur die grundsätzliche Kooperationsbereitschaft für den Fall, dass die italienische Dublin-Unit die Aufnahme des Antragstellers seitens der italienischen ... zusagt, zum Ausdruck bringt. Ein weitergehender Erklärungsgehalt dahingehend, dass verbindlich und generell auf die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes verzichtet werden soll, lässt sich dem Schreiben hingegen nicht entnehmen. Ebenso wenig kommt zum Ausdruck, dass der Antragsteller davon absehen wird, sich auf den Ablauf der Überstellungsfrist zu berufen.
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Der Antrag ist auch begründet.
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Gemäß § 123 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass für die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen, nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 129 Abs. 2 der Zivilprozessordnung – ZPO – sind das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen. Der Antragsteller hat vorliegend sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund in diesem Sinne glaubhaft gemacht.
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Ein Anordnungsgrund liegt vor, da sich aus den der Antragsschrift beigefügten E-Mails des Antragsgegners zu 2) (Bl. 6 ff. der Gerichtsakte) ergibt, dass die Abschiebung des Antragstellers nach Italien für den 19. Oktober 2018 um 10:35 Uhr vorbereitet wird.
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Des Weiteren besteht nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung und vor dem Hintergrund des beim Europäischen Gerichtshof anhängigen Vorabentscheidungsersuchens des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu der Frage, ob sich ein Asylbegehrender auf die richtige Anwendung des Art. 29 Abs. 2 S. 2 VO (EU) 604/2013 – Dublin III-Verordnung – berufen und in einem Verfahren gegen die Überstellungsentscheidung einwenden kann, die Überstellungfrist von sechs Monaten sei nicht abgelaufen, weil er nicht flüchtig gewesen sei (EuGH C-163/17), ein Anordnungsanspruch.
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Ausschlaggebend ist insoweit, dass sich die Ziffer 1. des streitgegenständlichen Bescheides zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG) als rechtswidrig darstellt, da die Antragsgegnerin zu 1) zwischenzeitlich infolge Ablauf der Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 VO (EU) 604/2013 – Dublin III-Verordnung – zuständig geworden ist. Nach dieser Vorschrift ist der zuständige Mitgliedsstaat – hier Italien – nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat – hier die Bundesrepublik Deutschland – über, wenn die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten nach Entstehen der Aufnahme- oder Wiederaufnahmeverpflichtung durchgeführt wird. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Sechsmonatsfrist ist am 9. Juli 2018 abgelaufen. Sie begann gemäß Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO mit ablehnendem Eilbeschluss (7 L 15025/17.TR) vom 9. Januar 2018 zu laufen.
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Die Überstellungsfrist hat sich auch nicht gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-Verordnung verlängert. Nach dieser Vorschrift kann die Frist höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf 18 Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.
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Diese Voraussetzungen lagen bis zum Ablauf der Sechsmonatsfrist am 9. Juli 2018 nicht vor. Insbesondere war der Antragsteller nicht flüchtig.
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Ein Asylbewerber ist dabei nicht erst dann flüchtig im Sinne dieser Norm, wenn er seine Wohnung dauerhaft verlässt, den Ort wechselt bzw. untertaucht und sich dadurch dem behördlichen Zugriff entzieht. Vielmehr knüpft die Formulierung „flüchtig“ an die geplante Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat an. Kann diese nicht durchgeführt werden, weil sich der Asylbewerber ihr bspw. durch fehlende Anwesenheit entzieht, vereitelt er die Überstellung, wobei es nicht entscheidend ist, ob die gescheiterte Überstellung von dem Asylbewerber verschuldet oder gar beabsichtigt war (vgl. VG Magdeburg, Beschluss vom 22. März 2017 – 8 B 151/17 -). Flüchtig i.S.d. Art. 29 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 Dublin III-VO ist der Asylbewerber vielmehr bereits dann, wenn ein ihm zurechenbares Verhalten vorliegt, aufgrund dessen die zuständige Behörde die geplante Rücküberstellung nicht durchführen kann (vgl. VG Schleswig, Beschluss vom 12. November 2015 – 5 B 306/15 -). Entscheidend ist daher allein, ob die Nichtdurchführung der Rücküberstellung durch den Asylbewerber verursacht und nicht durch die Antragsgegnerin zu vertreten ist. Denn der Ablauf der Überstellungsfrist dient nicht dem Schutz des Asylbewerbers, sondern begründet die Zuständigkeit des ersuchenden Mitgliedstaates, wenn dieser es innerhalb der sechsmonatigen Frist aufgrund organisatorischer und allein in seiner Risikosphäre liegender Mängel nicht schafft, den Asylbewerber in den bis dahin zuständigen Mitgliedstaat zu überstellen und daher den Fristablauf zu vertreten hat (vgl. VG Magdeburg, Beschluss vom 22. März 2017 – 8 B 151/17 -).
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Gemessen hieran war der Antragsteller nicht flüchtig.
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Allein aufgrund seines Aufenthalts im Kirchenasyl lagen die Voraussetzungen für eine Fristverlängerung auf 18 Monate nicht vor, da der Antragsteller hierbei nicht flüchtig i.S.d. Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung ist. Zwar wird das Kirchenasyl in der Regel und so auch hier gewählt, um sich einer Abschiebung zu entziehen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Antragsteller nicht im oben dargestellten Sinne flüchtig war, da dem Bundesamt und auch der zuständigen Ausländerbehörde der Aufenthaltsort des Antragstellers im Kirchenasyl bekannt war.
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Die Möglichkeit der Fristverlängerung nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-Verordnung soll als Ausnahme von dem den Fristen des Dublin-Systems zugrundeliegenden Beschleunigungsgrundsatz ein längeres Zuwarten bei der Rücküberstellung ermöglichen, weil ein tatsächliches oder rechtliches Hindernis die Einhaltung der Frist vereitelt. Ein solches Hindernis besteht beim Kirchenasyl hingegen gerade nicht. Der Staat ist weder rechtlich noch tatsächlich daran gehindert, die Überstellung durchzuführen. Er verzichtet vielmehr bewusst darauf, sein Recht durchzusetzen. Es existiert kein Sonderrecht der Kirchen, aufgrund dessen die Behörden bei Aufnahme einer Person in das Kirchenasyl gehindert wären, eine Überstellung durchzuführen und hierzu gegebenenfalls unmittelbaren Zwang anzuwenden. Der Umstand, dass die für die Aufenthaltsbeendigung zuständigen Behörden davor zurückschrecken, die ihnen zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten bei Personen im Kirchenasyl auszuschöpfen, also insbesondere auch unmittelbaren Zwang in kirchlichen Räumen anzuwenden, macht die Überstellung nicht unmöglich. Eine in der Sphäre des Antragstellers liegendes Hindernis für den Vollzug der Rücküberstellung, wie insbesondere im Fall der Flucht, ist nicht gegeben (vgl. zu Vorstehendem: VG Würzburg Urt. v. 29.1.2018 – W 1 K 17.50166, BeckRS 2018, 1021, Rn. 19 m. w. N.).
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Vorliegend hält sich der Antragsteller seit dem 12. April 2018 fortwährend im Kirchenasyl in der evangelischen Kirchengemeinde ... auf. Die Kreisverwaltung Rhein-Hunsrück-Kreis hatte als zuständige Ausländerbehörde auch zum Zeitpunkt der geplanten Überstellungen am 22. Mai 2018 sowie am 22. Juni 2018 Kenntnis vom Aufenthaltsort des Antragstellers, denn dieser wurde ihr mit Schreiben der evangelischen Kirchengemeinde bereits am 13. April 2018 mitgeteilt (Bl. 170 der elektronischen Asylakte). Dies zeigt sich auch daran, dass der Antragsgegner zu 2) ihm unter dem 17. Mai 2018 sowie unter dem 15. Juni 2018 eine Aufforderung zur Selbstgestellung an seine Adresse im Kirchenasyl übermittelte (Bl. 246 ff., 310 ff. der elektronischen Asylakte)
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Alleine der Umstand, dass der Antragsteller seine Mitwirkung an der für den 22. Mai 2018 anberaumten Überstellung dergestalt verweigert hat, dass er trotz des Selbstgestellungsgesuchs vom 17. Mai 2018 nicht erschien, lässt den Schluss, er sei flüchtig, nicht zu. Gleiches gilt hinsichtlich des gescheiterten Abschiebungsversuchs am 22. Juni 2018. Gegenüber dem Antragsteller war die Abschiebung in Ziffer 3 des Bescheides vom 21. Dezember 2017 angeordnet worden (§ 34a AsylG). Dies bedeutet die Anordnung der erforderlichenfalls zwangsweisen Durchsetzung der Ausreisepflicht. Anders als eine Abschiebungsandrohung gem. §§ 34, 35 AsylG umfasst die Abschiebungsanordnung keine Aufforderung zur freiwilligen Ausreise (vgl. dazu: VG Berlin, Beschluss vom 23. Februar 2018 – 3 L 49/18 –, Rn. 12, juris). Für die Aufforderung zur Selbstgestellung gibt es insofern keine Rechtsgrundlage. Diese Aufforderung mag zwar als milderes Mittel gegenüber Zwangsmaßnahmen, wie Abschiebehaft o. ä., angesehen werden. Allerdings verhält sich der Asylbegehrende nicht rechtswidrig, wenn er einer solchen Aufforderung nicht Folge leistet. Andernfalls könnte auch als „flüchtig“ angesehen werden, wenn ein Betreffender trotz Abschiebungsanordnung nicht freiwillig ausreist.
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Soweit der Antragsgegner zu 2) sich darauf beruft, dass das Verwaltungsgericht Koblenz die Rechtmäßigkeit der Fristverlängerung bestätigt habe, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Die rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichts Koblenz entfaltet für das erkennende Gericht keine Bindungswirkung. Vielmehr obliegt dem erkennenden Gericht als dem in Rheinland-Pfalz in asylrechtlichen Streitigkeiten zentral zuständigen Gericht (§ 3 Abs. 6 Landesgerichtsorganisationsgesetz) die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 21. Dezember 2017 – einschließlich der Frage, ob die Unzulässigkeitsentscheidung (Ziff. 1. des Bescheids) weiterhin zutreffend ist.
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Hat damit der Staat es unterlassen, die Überstellung des Antragstellers nötigenfalls unter Anwendung unmittelbaren Zwangs durchzusetzen und damit der staatlichen Ordnung Geltung zu verschaffen, kann dieses Vollzugsdefizit auf Seiten des Staates nicht der sich in das Kirchenasyl übergebenden Person angelastet werden.
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II. Soweit sich der Antrag darüber hinaus zur Sicherung des aus dem Ablauf der Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 2 S. 1 Dublin III-Verordnung resultierenden Rechts des Antragstellers auf Durchführung eines Asylverfahrens durch die Antragsgegnerin zu 1) gegen den Rhein-Hunsrück-Kreis richtet, ist er jedenfalls mangels Rechtsschutzinteresse unzulässig. Nachdem der Antrag bereits erfolgreich ist, soweit er sich gegen die Antragsgegnerin zu 1) richtet, droht dem Antragsteller keine Abschiebung mehr. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner zu 2) den Antragsteller unter Missachtung der Mitteilung der Antragsgegnerin zu 1) – und deren Verfahrenshoheit – nach Italien überstellen würde, sind nicht erkennbar. Sofern der Antragsteller entgegen der vorstehenden, seinem Begehr entsprechenden Auslegung mit dem Antrag zu 2) ausländerrechtliche Rechtspositionen sichern wollte, wäre das Verwaltungsgericht bereits örtlich unzuständig.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben.
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Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.
(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn
- 1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, - 2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, - 2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird, - 3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und - 4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.
In den Fällen des § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.