Verwaltungsgericht Trier Urteil, 06. März 2018 - 7 K 11079/17.TR
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt die Aufhebung eines aufsichtsbehördlichen Bescheids, mit welchem ihr unter Beanstandung der entsprechenden vorangegangenen Beschlüsse des Gemeinderates auferlegt wird, erneut über die Feststellung der gemeindlichen Jahresabschlüsse für die Jahre 2011 und 2012 zu beschließen und dem ehemaligen Ortsbürgermeister, dem Bürgermeister der Verbandsgemeinde sowie den Beigeordneten die Entlastung für die betreffenden Jahre zu erteilen.
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Die Jahresabschlüsse der Jahre 2011 und 2012 waren zuvor am 4. März 2015 Beratungsgegenstand einer Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses der Klägerin. Nach einem Vortrag und Erläuterungen des für die Erstellung des Jahresabschlusses zuständigen Mitarbeiters der Verbandsgemeinde, Einsichtnahme in die zu prüfenden Unterlagen des Jahresabschlusses und stichprobenartiger Prüfung der Belegsammlung erhob der Rechnungsprüfungsausschuss keine Bedenken gegen die Jahresabschlüsse und empfahl jeweils mit zwei „Ja" und einer „Nein"- Stimme, die Feststellung der Jahresabschlüsse durch den Gemeinderat und die Erteilung der Entlastung für den ehemaligen Ortsbürgermeister und die ehemaligen Beigeordneten. In der Folgezeit nahmen die Mitglieder des Rechnungsprüfungsausschusses nach Mitteilung der Verbandsgemeinde am 22. Mai 2015 Einsicht in die Akte „Stichstraße O...“.
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Daraufhin stimmte der Gemeinderat der Klägerin am 25. Juni 2015 über die Feststellung der Jahresabschlüsse und die Erteilung der Entlastung ab. Hierbei wurden die Feststellung der geprüften Jahresabschlüsse zu den Jahren 2011 und 2012 sowie die Entlastung des ehemaligen Bürgermeisters ..., des ehemaligen Ortsbürgermeisters ... und der ehemaligen Beigeordneten ... - welche im vorliegenden Rechtsstreit beigeladen sind - jeweils mit 6 „Nein“- Stimmen und 4 „Ja“- Stimmen abgelehnt. Zur Begründung für die Verweigerung der Entlastung führten zwei Ratsmitglieder an, sich nicht über die geltenden Gesetze hinweg setzen zu wollen. Der Vorsitzende des Gemeinderates stützte seine Entscheidung darauf, dass die Angelegenheit zur Stichstraße O... hinsichtlich des Zahlenwerkes streitig sei und gegen Vergaberichtlinien verstoßen worden sei. Ein weiteres Rats- und Prüfungsausschussmitglied, ..., bemängelte Verstöße gegen § 103 und § 113 der rheinland- pfälzischen Gemeindeordnung - GemO -.
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Des Weiteren verwies er auf eine zuvor in der Gemeinderatssitzung mündlich geäußerte Stellungnahme. Hiernach habe er den Jahresabschlüssen nicht zustimmen können, da zum einen gegen die gesetzlich vorgesehenen Fristen (§ 108 Abs. 4 GemO und § 114 Abs. 1 GemO) sowie gegen § 114 Abs. 2 GemO verstoßen worden sei und die Rechnungsabschlüsse zum anderen der in § 113 GemO geforderten Vorstellung einer geordneten Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Klägerin widersprächen. Insbesondere würden Schulden mit Schulden bezahlt und es sei nicht absehbar, dass diese Schulden jemals getilgt würden. Seine Aufforderung, diese Verstöße in das Protokoll zur Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses aufzunehmen, sei von der Mehrheit der Mitglieder des Rechnungsprüfungsausschusses abgelehnt worden. Zudem habe er festgestellt, dass die bei der Angelegenheit „Stichstraße O...“ anfallenden Kosten im Gemeinderat auf ... Euro beziffert worden seien. Zum 30. Juli 2011 habe jedoch eine Kostenrechnung in Höhe von ... Euro vorgelegen, so dass sich eine Differenz von ... Euro ergebe. Dabei sei seiner Ansicht nach gegen Vergabegrundsätze verstoßen worden. Auch hätten Beschlüsse oft nur in Kopie vorgelegen. Zudem habe zwischen dem Ortsbürgermeister ..., dem Beigeordneten ... und einer Bürgerin ein Bürgergespräch über die Reduzierung der Baukosten durch die Abführung von Grundwasser über das Grundstück der Bürgerin stattgefunden, welches nicht protokolliert worden sei.
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Nach Mitteilung der Verbandsgemeinde K... - Verbandsgemeinde - über die Beschlüsse der Klägerin bat die Kreisverwaltung Trier- Saarburg - Kreisverwaltung - den Bürgermeister der Verbandsgemeinde am 15. September 2015, die Beschlüsse nach § 42 GemO auszusetzen. Zur Begründung führte sie aus, die seitens der Klägerin vorgebrachten Gründe könnten die Verweigerung der Feststellung der Jahresabschlüsse sowie der Entlastung nicht rechtfertigen. Bei § 114 Abs. 1 GemO handele es sich nicht um eine Ausschlussfrist. Die Verzögerungen bei der Aufstellung der Jahresabschlüsse seien auf die Einführung der kommunalen Doppik zurückzuführen. Auch gäben die Jahresabschlüsse die tatsächlichen Verhältnisse der Ortsgemeinde L... wieder. Das Gesamtbild der finanziellen Gegebenheiten zeige, dass die Klägerin ihre Haushaltswirtschaft in den vergangenen Jahren nach den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit ausgeführt habe. Ferner lägen keine sonstigen schwerwiegenden Verstöße vor, welche dienstrechtliche Maßnahmen und Schadensersatzansprüche notwendig machen und daher die Beschlüsse rechtfertigen könnten.
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Mit Schreiben vom 2. Februar 2016 setzte der Bürgermeister der Verbandsgemeinde die Beschlüsse vom 25. Juni 2015 zur Feststellung der Jahresabschlüsse 2011 und 2012 sowie der Verweigerung der Entlastung unter Berufung auf § 42 Abs. 1 GemO aus und forderte den Gemeinderat dazu auf, sich in der nächsten Sitzung nochmals mit der Angelegenheit zu befassen und eine erneute Beschlussfassung herbeizuführen. Zur Begründung wiederholte er die Erwägungen der Kreisverwaltung.
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In der Folge stimmte der Gemeinderat der Klägerin am 22. Februar 2016 erneut über die Feststellung der Jahresabschlüsse 2011, 2012 sowie die Erteilung der Entlastung ab. Dabei verblieb er mit jeweils 5 „Ja"- und 3 „Nein"- Stimmen bei seiner ablehnenden Entscheidung.
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Daraufhin wandte die Kreisverwaltung sich am 18. April 2016 an die Klägerin. Eine materielle Prüfung der Gemeinderatsbeschlüsse vom 25. Juni 2015 habe ergeben, dass die vorgebrachten Gründe die Entscheidung, die Entlastung und Feststellung der Jahresabschlüsse für die Jahre 2011 und 2012 zu verweigern, evident nicht rechtfertigten. Ihr Schreiben sei als Anhörung für eine eventuell folgende Bestätigung der Aussetzungsentscheidung durch die Aufsichtsbehörde und sich ggf. daran anschließende weitere kommunalaufsichtliche Mittel (Anordnung gemäß § 122 ff. GemO) zu betrachten.
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In der Folge beriet der Gemeinderat der Klägerin am 19. Mai 2016 erneut über die streitbefangenen Beschlüsse. Im Ergebnis blieb er mit 6 „Ja"- und 4 „Nein"- Stimmen bei seinen Beschlüssen vom 25. Juni 2015.
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Nach entsprechender Mitteilung durch die Verbandsgemeinde erließ die Kreisverwaltung am 13. Oktober 2016 den streitgegenständlichen Bescheid - gerichtet an den Ortsbürgermeister der Klägerin -, mit welchem sie die Beschlüsse des Gemeinderates vom 25. Juni 2015, 22. Februar 2016 und 19. Mai 2016 über die Feststellung der Jahresabschlüsse 2011 und 2012 sowie die Entlastung beanstandete, den Gemeinderat aufforderte, die Beschlüsse aufzuheben und erneut unter Beachtung der ihm gesetzlich obliegenden öffentlichrechtlichen Pflichten - „siehe nachfolgende Rechtsauffassung der Kommunalaufsicht“ - a) über die Feststellung der geprüften Jahresabschlüsse 2011/ 2012 zu beschließen und b) dem ehemaligen Ortsbürgermeister, dem Bürgermeister sowie den Beigeordneten, soweit diese den Orts- bzw. Verbandsbürgermeister vertreten haben, bis zum 30. November 2016 die Entlastung zu erteilen. Zur Begründung wiederholte sie im Wesentlichen ihre Erwägungen aus dem Schreiben vom 15. September 2016.
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Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 28. Oktober 2016 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie anführte, die aufsichtsbehördliche Anordnung sei rechtswidrig und verletze sie in ihrem kommunalen Selbstverwaltungsrecht in Gestalt des kommunalen Haushaltsrechts aus Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz und Art. 49 der rheinland- pfälzischen Landesverfassung. Der Beklagte überschreite seine Befugnisse aus § 122 GemO, denn eine entsprechende Anordnung könne nur getroffen werden, wenn eine der Körperschaft obliegende Verpflichtung verletzt werde. Dies sei hier nicht der Fall, denn durch das Versagen der Entlastung würden allenfalls innerorganschaftliche Rechtsstellungen beeinträchtigt. Die Entlastung habe bisher nicht erteilt werden können, da die Verbandsgemeinde der Klägerin trotz mehrfacher Aufforderung die zur Klärung des Sachverhaltes angeforderten Akten nicht übermittelt habe. Schließlich sei weder das Entschließungs- noch das Auswahlermessen sachgerecht ausgeübt worden. Es sei nicht erkennbar, ob und inwieweit geprüft worden sei, ob als relativ milderes Mittel eine Beratung der Klägerin und das Drängen auf Klärung des Sachverhaltes ausgereicht hätten.
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Im Februar 2017 beantragte die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten bei der Verbandsgemeinde Akteneinsicht in die Verwaltungsakten betreffend die Angelegenheiten „Jugendplatz“ und „Stichstraße O...“. Die Akten zur Stichstraße O... wurden am 23. März 2017 an ihren Prozessbevollmächtigten übermittelt. Hingegen wurde die Akte „Jugendplatz“ nicht zur Einsicht übersandt, da sie nach Auffassung der Verbandsgemeinde nicht Gegenstand des Rechnungsprüfungsverfahrens waren. Zuvor hatte der Ortsbürgermeister dem Prozessbevollmächtigten mit Vollmachtsurkunde vom 26. Januar 2017 entsprechend einem vorigen Gemeinderatsbeschluss eine Prozessvollmacht erteilt. Hierüber informierte der Verbandsbürgermeister die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier - ADD - am 18. Mai 2017 und teilte mit, er gehe davon aus, dass die ADD von dem beauftragten Rechtsanwalt Weiteres hören werde.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 1. August 2017, zugestellt am 8. August 2017, wies die ADD den Widerspruch zurück. Zur Begründung wiederholte und vertiefte sie die Ausführungen aus dem streitgegenständlichen Bescheid. Ergänzend trug sie vor, sofern es der Tatsache entspreche, dass dem Antrag eines Prüfungsausschussmitglieds auf Akteneinsicht in die Akte „Stichstraße O...“ nicht entsprochen worden sei, könne dies nicht zur Ablehnung der Feststellung des Jahresabschlusses bzw. der Entlastung führen. Mit Unterzeichnung des Protokolls durch alle Mitglieder des Prüfungsausschusses sei das Rechnungsprüfungsverfahren abgeschlossen. Im Nachgang dazu seien keine Nachprüfungen bzw. weitere Einsichtsrechte mehrheitlich durch den Prüfungsausschuss veranlasst worden. Des Weiteren habe die Klägerin im Anschluss an das Rechnungsprüfungsverfahren keine dienstrechtlichen Maßnahmen und Schadensersatzansprüche gegenüber Dritten geltend gemacht, sodass sie selbst davon ausgehe, dass ein schwerwiegender Verstoß nicht vorliege. Nach einer Gesamtwürdigung sei nicht auszuschließen, dass persönliche Differenzen zwischen den Organen bzw. Organteilen die Entscheidung wesentlich beeinflusst haben. Aufgrund des offensichtlichen Rechtsverstoßes durch die Klägerin und deren beharrlicher Weigerung, die Jahresabschlüsse festzustellen und die Entlastung zu erteilen, sei die Maßnahme nach § 122 GemO zudem gerechtfertigt gewesen. Überdies greife der Entscheidungstenor nicht unverhältnismäßig in die Rechte der Klägerin ein, da ihr weiterhin Handlungsspielraum in Bezug auf die Feststellung der Jahresabschlüsse eröffnet werde. Auch der eindeutige Entscheidungstenor in Bezug auf die Entlastungserteilung sei nicht ermessensfehlerhaft, da die Beschlussfassung über die Feststellung des geprüften Jahresabschlusses nur im Zusammenhang mit der Entlastung zu sehen sei. Die Entlastung sei insoweit nur eine Folgeentscheidung, dass die Rechnungsprüfung abgeschlossen sei. Zudem unterlägen auch Handlungen der Gemeindeorgane dem aufsichtsbehördlichen Anordnungsrecht, denn die Gemeinde sei nur durch ihre Organe handlungsfähig. Im Übrigen handele es sich bei der Feststellung der Jahresabschlüsse und der Erteilung der Entlastung um keine rein internen Angelegenheiten, da beides Außenwirkung für das gesamte Haushaltswesen entfalte.
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Nach voriger entsprechender Beschlussfassung des Gemeinderates vom 4. September 2017 hat die Klägerin am 6. September 2017 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen ihre Ausführungen aus der Widerspruchsbegründung. In Ergänzung führt sie aus, der Bürgermeister der Verbandsgemeinde habe die Entscheidung des Gemeinderates der Klägerin wegen eigener Betroffenheit/Befangenheit nicht aussetzen dürfen. Auch müsse sich die Entlastung an das Organ und nicht an den Amtsinhaber persönlich richten, weshalb die Abstimmung bereits fehlerhaft sei. Die Voraussetzungen des § 122 GemO lägen nicht vor, denn nach dem Wortlaut des streitgegenständlichen Bescheides handele es sich eher um eine Beanstandung nach § 121 GemO. Mit Blick auf § 122 GemO fehle es bereits an einem Unterlassen der Klägerin, da diese über Entlastung und Feststellung entschieden habe und keine Pflicht zur Entlastung bestehe.
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Während des laufenden Klageverfahrens hat der Rechnungsprüfungsausschuss der Klägerin - nachdem zwischenzeitlich am 18. September 2017 zwei Mitglieder des Ausschusses neu nominiert wurden - in einer Sitzung am 22. November 2017 mehrheitlich beschlossen, alle vom Rechnungsprüfungsausschuss von 2014 bis zum 31. August 2017 gefassten Beschlüsse und Empfehlungen in Gänze aufzuheben. Des Weiteren hat der Rechnungsprüfungsausschuss den Beschluss gefasst, die vom Ratsmitglied ... benannten Bedenken hinsichtlich der Jahresabschlüsse 2011 und 2012 in die Niederschrift zu der Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses vom 4. März 2015 aufzunehmen. Bei dem Beschluss über die Änderung der Niederschrift hat lediglich das Ratsmitglied ... mit „Ja" gestimmt, während die beiden neu nominierten Mitglieder des Rechnungsprüfungsausschusses sich enthalten haben, da sie bei der Sitzung am 4. März 2015 nicht anwesend waren. Der Gemeinderat der Klägerin hat den Beschlussempfehlungen und Entscheidungen des Rechnungsprüfungsausschusses am 23. November 2017 einstimmig zugestimmt.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 13. Oktober 2016 in Gestalt des Widerspruchbescheides der ADD vom 1. August 2017 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
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Zur Begründung bezieht der Beklagte sich auf sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, der Rechnungsprüfungsausschuss habe seine Aufgabe durch die Beschlussfassung am 4. März 2015 abschließend erfüllt, so dass das neuerliche Tätigwerden im zeitlichen Kontext zum laufenden Gerichtsverfahren jedweder Grundlage entbehre.
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Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den von den Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen sowie den Verwaltungsakten. Die genannten Unterlagen lagen vor und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.
Entscheidungsgründe
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Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.
I.
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Insbesondere ist die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Var. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - statthaft, denn bei der streitgegenständlichen aufsichtsbehördlichen Anordnung handelt es sich um einen Verwaltungsakt gemäß § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz (Gesetz vom 23. Dezember 1976 (GVBl. S. 308), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2015 (GVBl. S. 487)) i. V. m. § 35 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG -. Der an den Ortsbürgermeister, d. h. den gesetzlichen Vertreter der Klägerin (§ 47 Abs. 1 S. 1 der rheinland- pfälzischen Gemeindeordnung (in der Fassung vom 31. Januar 1994 (GVBl. 1994, 153), zuletzt geändert durch Gesetz vom 02.03.2017 (GVBl. S. 21) - GemO -), gerichtete Bescheid entfaltet gegenüber der Gemeinde Außenwirkung, da er diese in ihrem Selbstverwaltungsrecht in Gestalt ihrer kommunalen Finanzhoheit (Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz - GG -, Art. 49 Abs. 1, 3 der Landesverfassung für Rheinland- Pfalz, Gesetz vom 18. Mai 1947 (VOBl. 1947, 209), zuletzt geändert durch Gesetz vom 08.05.2015 (GVBl. S. 35) - LV -) betrifft (vgl. BVerwG, NJW 1965, 317, beck-online).
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Richtigerweise wendet sich die Gemeinde als Körperschaft im Klagewege gegen den streitgegenständlichen Bescheid, denn dem Gemeinderat kommt insofern kein eigenes Klagerecht zu. Insbesondere resultiert ein solches nicht aus § 42 Abs. 2 S. 2 GemO, denn Streitgegenstand ist nicht die Aussetzung der Gemeinderatsbeschlüsse durch den Verbandsbürgermeister, sondern allein die aufsichtsbehördliche Maßnahme des Beklagten.
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Die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis der Gemeinde folgt aus der Möglichkeit einer Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts in Gestalt der kommunalen Finanzhoheit aus Art. 28 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 49 Abs. 1 und 3 LV infolge der aufsichtsbehördlichen Anordnung gegenüber ihrem Organ.
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Klagegegner ist gemäß § 78 Abs. 1 S. 1 VwGO i. V. m. dem Rechtsträgerprinzip das Land Rheinland- Pfalz, denn die Kreisverwaltung Trier-Saarburg hat in ihrer Eigenschaft als Aufsichtsbehörde gemäß § 118 Abs. 1 S. 1 GemO als untere Behörde der allgemeinen Landesverwaltung gehandelt, § 55 Abs. 2 Nr. 1 der rheinland- pfälzischen Landkreisordnung (in der Fassung vom 31. Januar 1994 (GVBl. S. 18), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. März 2017 (GVBl. S. 21) - LKO -).
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Auch hat die Gemeinde, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, entsprechend dem vorhergehenden Gemeinderatsbeschluss vom 4. September 2017, wirksam Klage erhoben. Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde K..., welcher - mangels Eingreifens einer der in § 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 GemO genannten Ausnahmen - nach § 62 Abs. 3 VwGO im gerichtlichen Verfahren gesetzlicher Vertreter der Klägerin ist, hat die auf dem Gemeinderatsbeschluss vom 26. Januar 2017 basierende Vollmachtserteilung durch den Ortsbürgermeister der Klägerin jedenfalls konkludent genehmigt, indem er der ADD mit Schreiben vom 18. Mai 2017 mitteilte, er gehe davon aus, dass diese von dem seitens der Gemeinde beauftragten Rechtsanwalt Weiteres hören werde - ohne hierbei Einwände gegen die Vollmachtserteilung zu erheben.
II.
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Die Klage, deren übrige Zulässigkeitsvoraussetzungen ebenfalls vorliegen, ist jedoch unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 13. Oktober 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. August 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
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Taugliche Ermächtigungsgrundlage für die aufsichtsbehördliche Anordnung ist § 122 GemO, denn die Kreisverwaltung hat sich nicht auf die Kassation der streitgegenständlichen Gemeinderatsbeschlüsse beschränkt, sondern darüber hinaus positiv angeordnet, dass der Gemeinderat erneut - unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kommunalaufsicht - über die Feststellung der Jahresabschlüsse beschließen und die Entlastung erteilen soll.
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Hierbei ist unschädlich, dass die Kreisverwaltung im Bescheid vom 13. Oktober 2016 zunächst die im Streit stehenden Gemeinderatsbeschlüsse beanstandet hat. Zwar ist es grundsätzlich nicht möglich, die Aufsichtsmittel der Beanstandung und Anordnung kumulativ anzuwenden, da die Beanstandung der Gemeinde zunächst die Gelegenheit zu einer internen Selbstkorrektur der beanstandeten Rechtsverstöße geben soll (vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Januar 1992 - 15 A 2219/89 -, Rn. 6, juris). Eine kumulative Anwendung liegt hier jedoch nicht vor, denn die Beanstandung der Beschlüsse dient erkennbar lediglich der Begründung der nachfolgenden Anordnung (vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Januar 1992, a. a. O., Rn. 7). Dies wird insbesondere daran deutlich, dass der die Beanstandung regelnde § 121 GemO an keiner Stelle des Bescheids Erwähnung findet, sondern ausschließlich die Voraussetzungen des § 122 GemO geprüft werden.
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Ebenso unterliegt es keinen Bedenken, dass die Kreisverwaltung den Gemeinderat zugleich zur Aufhebung der Gemeinderatsbeschlüsse aufgefordert hat. Es ist der Aufsichtsbehörde nicht verwehrt, der Gemeinde im Rahmen einer Anordnung aufzugeben, entgegenstehende Beschlüsse aufzuheben, da die Vorschaltung einer eigenständigen Beanstandung aufgrund der damit einhergehenden Verzögerungen die aufsichtsbehördliche Kontrolle wesentlich erschweren würde (vgl. PdK RhPf B- 1, GemO § 122, Ziff. 1.1., beck-online).
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Überdies ist der Erlass einer aufsichtsbehördlichen Anordnung nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil der Bürgermeister der Verbandsgemeinde die Beschlüsse des Gemeinderates der Klägerin zuvor nach § 42 Abs. 1 GemO ausgesetzt hat. Ohne dass die Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens im vorliegenden Rechtsstreit einer Entscheidung bedürfte, hindert die vorige Aussetzung durch den Bürgermeister die Aufsichtsbehörde nicht am Erlass einer Anordnung nach § 122 GemO, da es sich um zwei selbstständige Verfahren unterschiedlicher Art handelt (vgl. PdK RhPf B-1, GemO, Ziff. 4.1., beck-online; vgl. OVG RP, Urteil vom 12. September 1995 - 6 A 11146/95.OVG -, ESOVG).
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Schließlich führt auch die Möglichkeit der Beigeladenen, im Kommunalverfassungsstreit auf die Erteilung der Entlastung zu klagen, nicht zu einem Ausschluss der Anordnungsbefugnis der Aufsichtsbehörde. Die Zuerkennung einer eigenen Klagebefugnis dient dem Schutz der Beigeladenen, hat jedoch nicht den Verlust der aufsichtsbehördlichen Anordnungsbefugnis zur Folge, da andernfalls, sofern die Beigeladenen keine Klage erheben, ein rechtsfreier Raum entstehen würde. Dies liefe Sinn und Zweck der Aufsicht nach § 117 GemO zuwider.
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Der von der gemäß § 118 Abs. 1 S. 1 GemO zuständigen Kreisverwaltung Trier-Saarburg erlassene, formell rechtmäßige Bescheid ist auch in materiell- rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
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1. Obschon die Tenorierung des Bescheids insofern widersprüchlich anmutet, als dass die Kreisverwaltung hinsichtlich der Feststellung der Jahresabschlüsse lediglich eine erneute Beschlussfassung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Aufsichtsbehörde angeordnet hat, während sie die nachfolgende Erteilung der Entlastung zwingend vorgeschrieben hat, ist das Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG gewahrt. Hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes bedeutet, dass der Inhalt der getroffenen Regelung für die Beteiligten so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass sie ihr Verhalten daran ausrichten können und auch die mit der Angelegenheit befassten Behörden den Inhalt etwaigen Vollstreckungsmaßnahmen oder sonstigen weiteren Entscheidungen zugrunde legen können (OVG RP, Urteil vom 07. Oktober 2009 - 1 A 10898/07 -, Rn. 46, juris). Diesen Anforderungen wird der Bescheid vom 13. Oktober 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids - trotz des hinsichtlich der Feststellung der Jahresabschlüsse formell eingeräumten Entscheidungsspielraums - gerecht, denn die Ausführungen des Beklagten in Ausgangs- und Widerspruchsbescheid lassen keinen Zweifel daran, dass die Klägerin nach Auffassung des Beklagten verpflichtet ist, positiv die Feststellung der Jahresabschlüsse zu beschließen. Insbesondere die Ausführungen im Widerspruchsbescheid, wonach spätestens mit der dritten gleichlautenden Beschlussfassung der Klägerin die fortdauernde beharrliche Weigerung der Erfüllung der ihr obliegenden Pflichten feststehe, belegen, dass der Beklagte nicht nur eine neuerliche Entscheidung über die Feststellung, sondern die seiner Auffassung nach zutreffende positive Beschlussfassung herbeiführen wollte.
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2. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 122 GemO erfüllt. Die Gemeinde ist den ihr gesetzlich obliegenden Pflichten, die Jahresabschlüsse für die Jahre 2011 und 2012 gemäß § 114 Abs. 1 S. 1 GemO positiv festzustellen, sowie für die entsprechenden Jahre die Entlastung der Beigeladenen zu erteilen, nicht nachgekommen.
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a. Bei der Verpflichtung zur Feststellung des Jahresabschlusses gemäß § 114 Abs. 1 S. 1 GemO handelt es sich der Sache nach um eine Pflicht der Gemeinde. Der entsprechende Gemeinderatsbeschluss entfaltet nicht lediglich im Innenverhältnis zwischen dem Gemeinderat und den zu entlastenden Organen Wirkung, sondern bringt nach Außen mit Wirkung für die Gemeinde zum Ausdruck, dass der Jahresabschluss unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Rechnungsprüfung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gemeinde vermittelt (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 GemO) und daher gemäß § 108 Abs. 1 S. 1 GemO als Nachweis für das Ergebnis der Haushaltswirtschaft des Haushaltsjahres dienen soll. Letztlich korreliert die Feststellung des Jahresabschlusses als Schlussakt im Verfahren der §§ 108 ff. GemO mit der Verpflichtung der Gemeinde zur Aufstellung des Jahresabschlusses gemäß § 108 Abs. 1 S. 1 GemO und schafft mit Blick auf etwaige überörtliche Prüfungen sowie durch die Bekanntmachung nach § 114 Abs. 2 GemO im Verhältnis zu den Bürgern der Gemeinde Klarheit über den Zustand des gemeindlichen Haushalts.
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Diese Erwägungen machen zugleich deutlich, dass die Gemeinde zu einer positiven Entscheidung über die Feststellung des Jahresabschlusses verpflichtet ist, sofern dieser unter Berücksichtigung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und Einhaltung der entsprechenden gesetzlichen Vorschriften ein zutreffendes Bild von der Finanz-, Vermögens- und Ertragslage der Gemeinde vermittelt (§ 108 Abs. 1 S. 3 GemO; hierzu PdK RhPf B-1, GemO § 108, Ziff. 1, beck-online). Das mit der Aufstellung des Jahresabschlusses verfolgte Ziel, das Ergebnis der Haushaltswirtschaft des Haushaltsjahres unter Anlegung der in § 108 GemO genannten, objektiven Maßstäbe nachzuweisen, würde konterkariert, wenn die Gemeinde bei der Beschlussfassung gemäß § 114 Abs. 1 S. 1 GemO aus sonstigen (politischen) Wertungsgesichtspunkten die abschließende Feststellung des Jahresabschlusses verweigern könnte. Auch sofern Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der Haushaltsführung mit den gesetzlichen Vorschriften aus dem Handelsgesetzbuch, der Gemeindehaushaltsverordnung (Gesetz vom 18. Mai 2006 (GVBl. S. 203), zuletzt geändert durch Verordnung vom 7. Dezember 2016 (GVBl. S. 597) - GemHVO -), der Haushaltssatzung und dem Haushaltsplan auftreten, vermag dies - soweit die Einhaltung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung bei der Aufstellung des Jahresabschlusses sowie die Richtigkeit der hierin enthaltenen Zahlen und Feststellungen nicht in Frage gestellt wird - allenfalls zur Verweigerung der Entlastung, nicht jedoch zur Ablehnung einer positiven Feststellung zu berechtigen. Vielmehr dient der Jahresabschluss gerade als tragfähige Grundlage zur Prüfung entsprechender Verstöße sowie zur Beurteilung der hieraus resultierenden Konsequenzen.
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Dies zugrunde gelegt, war die Klägerin gemäß § 114 Abs. 1 S. 1 GemO verpflichtet, durch ihren Gemeinderat die Feststellung der Jahresabschlüsse der Jahre 2011 und 2012 zu beschließen. Der Beklagte hat in zutreffender Weise festgestellt, dass die von der Gemeinde vorgetragenen Gründe die Verweigerung der Feststellung der streitgegenständlichen Jahresabschlüsse nicht rechtfertigen konnten. Andere, der Feststellung des Jahresabschlusses entgegenstehende Gründe sind im für Anfechtungsklagen zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (BVerwG, Urteil vom 07. November 2012 - 8 C 28/11 -, BVerwGE 145, 67-79, Rn. 13 m. z. w. N.), d. h. hier am 1. August 2017, nicht erkennbar.
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Ausgangspunkt der diesbezüglichen Prüfung sind die vom Rechnungsprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 4. März 2015 ausgesprochenen Empfehlungen, die Jahresabschlüsse der Jahre 2011 und 2012 festzustellen. Obschon der Gemeinderat nicht an die Empfehlungen des Rechnungsprüfungsausschusses gebunden ist, indizieren diese Empfehlungen jedenfalls, dass die Jahresabschlüsse unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Klägerin vermitteln, denn ihnen ist eine auf den Erläuterungen des für die Erstellung des Jahresabschlusses zuständigen Sachbearbeiters der Verbandsgemeinde basierende Prüfung gemäß § 113 Abs. 1 GemO vorausgegangen, ohne dass hierbei Bedenken gegen die Richtigkeit der Jahresabschlüsse erhoben wurden.
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Maßgeblich für die Entstehung der positiven Indizwirkung ist, dass der Rechnungsprüfungsausschuss mehrheitlich die Feststellung der Jahresabschlüsse empfohlen hat, denn Beschlüsse eines aus dem Gemeinderat gebildeten Ausschusses bedürfen gemäß § 44 Abs. 4 S. 1 i. V. m. § 40 Abs. 1 S. 1 GemO lediglich der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder, sofern - wie hier - gesetzlich keine andere Bestimmung vorgesehen ist.
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Demgegenüber ist es für den Eintritt der Indizwirkung unerheblich, dass das Ratsmitglied ... der Auffassung ist, die Grundlage für seine Unterzeichnung des Protokolls sei nachträglich entfallen, da die Ausschussvorsitzende entgegen ihrer Zusage davon abgesehen habe, in der Folgezeit Akteneinsicht in die Akte „Stichstraße O...“ zu beantragen. Zum einen verkennt er, dass bei der Entscheidung des Gemeinderates über die Feststellung der Jahresabschlüsse allein der Beschluss des Prüfungsausschusses über die Empfehlung von Relevanz ist, während das Protokoll diesen Beschluss lediglich dokumentiert. Selbst wenn das Ratsmitglied ... das Protokoll nicht unterschrieben hätte, würde dies nichts an der erfolgten Beschlussfassung ändern. Zum anderen ist nicht erkennbar, dass die Beschlussfassung des Rechnungsprüfungsausschusses anders ausgefallen wäre, wenn das Ratsmitglied ... nicht auf die Beantragung von Akteneinsicht durch die Ausschussvorsitzende vertraut hätte, denn er hat ohnehin gegen die Erteilung der Empfehlungen zur Feststellung des Haushaltes und zur Erteilung der Entlastung gestimmt. Gleiches gilt, soweit die Klägerin bemängelt, dass Bedenken, die das Ratsmitglied ... in der Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses geäußert habe, nicht protokolliert seien, denn auch insofern ist ausschlaggebend, dass die Mehrheit der Ausschussmitglieder diese Bedenken nicht geteilt und daher von einer Protokollierung abgesehen hat. Gleichfalls wird die erfolgte Beschlussfassung nicht dadurch tangiert, dass nicht sämtliche anwesende Gemeinderatsmitglieder im Protokoll aufgeführt werden.
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Des Weiteren ist der Beschluss des Rechnungsprüfungsausschusses nicht deshalb fehlerhaft, weil den Ausschussmitgliedern in rechtswidriger Weise Akteneinsicht verweigert worden wäre. Vielmehr haben die Ausschussmitglieder nach - in der mündlichen Verhandlung nicht substantiiert bestrittener - Mitteilung der Kreisverwaltung am 22. Mai 2015 Akteneinsicht in die Akte „Stichstraße O...“ genommen. Indem der Prüfungsausschuss in der Folgezeit bis zu der erstmaligen Beschlussfassung des Gemeinderates vom 25. Juni 2015 dennoch weder Ergänzungen zum Protokoll der Sitzung vom 4. März 2015 vorgenommen, noch einen gegenteiligen Beschluss über die Erteilung der Empfehlungen getroffen hat, hat er zum Ausdruck gebracht, bei seiner Entscheidung verbleiben zu wollen.
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Schließlich führen auch die Beschlüsse des neu konstituierten Rechnungsprüfungsausschusses vom 22. November 2017 über die Ergänzung diverser Bedenken im Protokoll zur Sitzung vom 4. März 2015 sowie die Aufhebung sämtlicher Beschlüsse und Empfehlungen des Rechnungsprüfungsausschusses der Ortsgemeinde L... von 2014 bis zum 31. August 2017 nicht zu einem Wegfall der aus der Empfehlung folgenden Indizwirkung. Diese nachträglich eingetretenen Umstände sind bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 13. Oktober 2016 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 1. August 2017 grundsätzlich nicht entscheidungserheblich, weil sie nach dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 1. August 2017 erfolgt sind.
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Ferner hat der Beschluss des Rechnungsprüfungsausschusses vom 22. November 2017 nicht zur Folge, dass die Indizwirkung der Beschlüsse vom 4. März 2015 ex tunc entfällt, denn es fehlt an einer gesetzlichen Grundlage für ein Tätigwerden des Rechnungsprüfungsausschusses mit derartigen Auswirkungen. Dessen Funktion beschränkt sich nach § 113 GemO auf die zeitlich vor der Beschlussfassung des Gemeinderates stattfindende Prüfung des Jahresabschlusses, denn Zweck der Rechnungsprüfung durch den Prüfungsausschuss ist es, eine tragfähige Grundlage für die Entscheidung des Gemeinderates zu bilden (vgl. PdK RhPf B-1, GemO § 113, beck-online). Auf dieser Grundlage trifft der Gemeinderat gemäß § 114 Abs. 1 S. 1 GemO eine abschließende Entscheidung über die Feststellung des Jahresabschlusses und die Entlastung des Bürgermeisters und der Beigeordneten. Ungeachtet der Frage, inwiefern der Prüfungsausschuss seine Beschlussfassung vor der Entscheidung des Gemeinderates revidieren kann, fehlt es insoweit jedenfalls an gesetzlichen Anknüpfungspunkten, welche einer erneuten Prüfung und Änderung der Empfehlung durch den Prüfungsausschuss nach erfolgter Beschlussfassung des Gemeinderates im Hinblick auf den bereits ergangenen Beschluss Bedeutung beimessen würden. Eine solche Wirkung nachträglicher Beschlüsse des Prüfungsausschusses liefe Sinn und Zweck des § 114 GemO, welcher das den Haushalt des Vorjahres betreffende Verfahren bis zum Ende des darauffolgenden Jahres zum Abschluss bringen soll, erkennbar zuwider, da in diesem Fall jederzeit mit einer Wiederholung der Gemeinderatsbeschlüsse zur Feststellung und Entlastung gerechnet werden müsste.
- 47
Soweit nachträglich Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Jahresabschlüsse in das Protokoll zum 4. März 2015 aufgenommen wurden, entfaltet dies ohnehin von vornherein keine Wirkung, da der entsprechende Beschluss nicht mehrheitlich, sondern lediglich von einem einzigen der in der Sitzung vom 4. März 2015 anwesenden Ausschussmitglieder getroffen wurde.
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Die nach alledem bestehende Vermutung, dass die Jahresabschlüsse der Jahre 2011 und 2012 den Anforderungen des § 108 GemO genügen, hat die Klägerin bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 1. August 2017 nicht widerlegt. Hierzu hätte es ihr spätestens im Widerspruchsverfahren oblegen, substantiiert darzulegen, weshalb die Darstellungen in den Jahresabschlüssen nach Auffassung des Gemeinderates in Teilen unzutreffend sein sollen.
- 49
Daran fehlt es jedoch. Zunächst ergeben sich aus der im Protokoll zur Gemeinderatssitzung vom 25. Juni 2015 wiedergegebenen Stellungnahme des Ratsmitgliedes ... keine substantiierten Anhaltspunkte für Unrichtigkeiten in den Jahresabschlüssen.
- 50
Soweit bemängelt wird, dass die Jahresabschlüsse entgegen § 108 Abs. 4 GemO nicht innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Haushaltsjahres aufgestellt wurden, führt dies weder zur Unrichtigkeit, noch zur Unwirksamkeit der Jahresabschlüsse. Es handelt sich bei § 108 Abs. 4 GemO nicht um eine Ausschlussfrist, sondern bloß um eine Regelung zur Verfahrensbeschleunigung. Wird diese nicht eingehalten, ist die Gemeinde gleichwohl zur Aufstellung eines Jahresabschlusses verpflichtet. Gleiches gilt hinsichtlich der in § 114 Abs. 1 S. 1 GemO angeordneten Frist zur Beschlussfassung über die Feststellung (vgl. PdK RhPf B-1, GemO § 114, Ziff. 3.5, beck-online). Von vornherein irrelevant ist im Rahmen der Entscheidung des Gemeinderates gemäß § 114 Abs. 1 S. 1 GemO, ob die Bekanntmachung nach § 114 Abs. 2 GemO umgehend nach Ablauf des auf das betreffende Haushaltsjahr folgenden Jahres erfolgt - oder wie hier notwendigerweise ebenfalls verzögert ist -, denn die Bekanntmachung betrifft lediglich das auf den Gemeinderatsbeschluss folgende weitere Verfahren.
- 51
Ebenso führen die vorstehend bereits aufgeführten Vorgänge in und um die Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses vom 4. März 2015 nicht zur Unrichtigkeit der Jahresabschlüsse, denn diese betreffen nur die der Aufstellung des Jahresabschlusses nachgelagerte Prüfung (vgl. § 113 GemO).
- 52
Auch das Vorbringen zum Fehlbetrag im Jahr 2011 in Höhe von ... Euro, zur Aufnahme eines Kassenkredites in Höhe von ... Euro sowie die darauf aufbauende Schlussfolgerung, es würden „Schulden mit Schulden" bezahlt, lassen nicht erkennen, dass die Darstellungen im Jahresabschluss diese Vorgänge unzutreffend wiedergeben. Vielmehr richten sich die entsprechenden Ausführungen erkennbar gegen die Kreditaufnahme als solche. Die politische Bewertung der Vorgänge, welche zu den im Jahresabschluss dargestellten Zahlen führen, ist jedoch gemäß vorstehenden Ausführungen nicht Gegenstand der Entscheidung des Gemeinderates über die Feststellung der Jahresabschlüsse, da diese ausschließlich nach objektiven Gesichtspunkten erfolgt. Gleiches gilt, soweit in der Stellungnahme des Ratsmitglieds ... die allgemeine Verschuldung der Gemeinde beanstandet wird, denn dieser Einwand richtet sich der Sache nach gegen die haushaltspolitischen Entscheidungen des Gemeinderates.
- 53
Des Weiteren liegen mit Blick auf den Ausbau der Stichstraße O... keine Anhaltspunkte für Unrichtigkeiten der Jahresabschlüsse vor. Soweit das Gemeinderatsmitglied ... darlegt, die Kosten seien mit ... Euro höher gewesen als ursprünglich veranschlagt, weshalb seiner Auffassung nach gegen Grundsätze der Einleitung eines Vergabeverfahrens verstoßen worden sei, betrifft dies das Bauvorhaben als solches, nicht jedoch die Darstellung im Jahresabschluss. Gleiches gilt hinsichtlich seiner Ausführungen, wonach im Zusammenhang mit dem Ausbau der Stichstraße O... Beschlüsse oft nur in Form einer Kopie vorgelegen hätten und ein Protokoll zu einem Bürgergespräch fehle. Substantiierte Ausführungen dazu, welche Darstellungen im Jahresabschuss insofern unrichtig sein sollen, finden sich demgegenüber nicht - obwohl die Mitglieder des Rechnungsprüfungsausschusses bereits am 22. Mai 2015 Akteneinsicht genommen hatten und der Klägerin am 23. März 2017 erneut die Akte zur „Stichstraße O...“ übermittelt wurde.
- 54
Die weitere Begründung der Ratsmitglieder ... und ..., wonach sie sich nicht über geltende Gesetze hinwegsetzen möchten, erlaubt mangels jeglicher Substantiierung ebenfalls nicht die Feststellung von Unrichtigkeiten des Jahresabschlusses. Hinsichtlich der Behauptung des Ratsvorsitzenden, das Zahlenwerk zur Stichstraße O... sei streitig, fehlt es gleichfalls an konkreten Angaben dazu, welche Zahlen im Jahresabschluss aus welchem Grund unrichtig sein sollen.
- 55
Soweit das Ratsmitglied ... in einem Schreiben vom 30. Dezember 2016 Anhaltspunkte für Unrichtigkeiten in der Bilanz bezüglich des Bürgerhauses gesehen und Bedenken hinsichtlich damit zusammenhängender Fördergelder gehegt hat, handelt es sich erkennbar um seine persönliche Auffassung, die bei der Entscheidung des Gemeinderates nicht tragend war, da sie weder vom Rechnungsprüfungsausschuss (in der ursprünglichen Zusammensetzung) geteilt, noch von der Klägerin zur Begründung ihrer Beschlüsse angeführt wurde. Nachdem keines der mit der Rechnungsprüfung betrauten Organe diesen Punkt aufgegriffen und beanstandet hat, lässt allein die Stellungnahme des Ratsmitglieds keinen Rückschluss auf Unrichtigkeiten des Jahresabschlusses zu.
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Auch in der Widerspruchsbegründung vom 28. April 2017 verweist die Klägerin lediglich pauschal auf möglicherweise vorliegende haushalterische Unstimmigkeiten, die noch einer Aufklärung bedürften, ohne diesbezüglich dezidierte Anhaltspunkte zu benennen.
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Schließlich berechtigt der Umstand, dass der Klägerin seitens der Verbandsgemeinde die im Februar 2017 beantragte Akteneinsicht in die Akte „Jugendplatz“ nicht gewährt wurde, nicht zur Verweigerung der Feststellung der Jahresabschlüsse, denn die Klägerin kann sich insoweit - jedenfalls im Zusammenhang mit der Rechnungsprüfung der Jahre 2011 und 2012 - nicht auf einen Anspruch auf Gewährung von Akteneinsicht berufen. Aus Ziffer 4 der Verwaltungsvorschrift zu § 110 GemO (Verwaltungsvorschrift zur Durchführung der Gemeindeordnung vom 3. Mai 1979 (MinBl. S. 179), zuletzt geändert durch Rundschreiben des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur vom 31. März 2014 (MinBl. S. 39) - GemOVV -), wonach der Rechnungsprüfungsausschuss ohne vorigen Antrag nach § 33 Abs. 3 GemO zur Akteneinsicht berechtigt ist, lässt sich ein derartiger Anspruch nicht herleiten, da der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Akte gemäß dem Schreiben vom 23. Juni 2017 und den Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung im Auftrag der Ortsgemeinde, nicht aber im Auftrag des Rechnungsprüfungsausschusses angefordert hat.
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Überdies kann die Klägerin vorliegend aus § 33 Abs. 3 GemO kein Recht auf Einsicht in die Akte „Jugendplatz“ herleiten. Ein solcher Anspruch scheitert bereits daran, dass aus den vorliegenden Verwaltungsakten nicht hervorgeht, dass das durch den Prozessbevollmächtigen geäußerte Akteneinsichtsverlangen auf dem Verlangen eines Viertels der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder beruht. Auch auf Nachfrage des Gerichts nach einer Befassung des Gemeinderates mit dem Akteneinsichtsgesuch in der mündlichen Verhandlung hat der Ortsbürgermeister lediglich ausgeführt, dass der Prozessbevollmächtigte von der Ortsgemeinde beauftragt worden sei, ohne die Beteiligung des Gemeinderates zu konkretisieren.
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Ungeachtet dessen konnte die Klägerin sich im Zusammenhang mit der Feststellung der Jahresabschlüsse 2011 und 2012 sowie der Erteilung der Entlastung ohnehin nicht auf ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht in die Akte „Jugendplatz“ berufen. Zwar kommt dem Gemeinderat im Rahmen der Rechnungsprüfung grundsätzlich ein berechtigtes Interesse an der Einsicht in die Akten, die zu den Zahlungsvorgängen des jeweiligen Rechnungsjahres entstanden sind, zu (vgl. OVG RP, Urteil vom 4. Oktober 2013 - 10 A 10631/13.OVG -, ESOVG). Will die Gemeinde ein derartiges berechtigtes Interesse daraus herleiten, dass sie zur Entscheidung über die Feststellung der Jahresabschlüsse und die Erteilung der Entlastung zunächst Akteneinsicht nehmen muss, um eine tragfähige Entscheidungsgrundlage zu erlangen, obliegt es ihr jedoch, das Akteneinsichtsgesuch im sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zu der Beschlussfassung des Gemeinderates zu stellen. Unterlässt sie dies und entscheidet - wie hier - mehrfach über die Feststellung und Entlastung, ohne dass die betreffende Akte überhaupt Erwähnung findet, bringt die Gemeinde selbst zum Ausdruck, dass die Akteneinsicht zur Entscheidungsfindung gerade nicht erforderlich ist - und ein berechtigtes Interesse jedenfalls im Zusammenhang mit der Rechnungsprüfung der betreffenden Jahresabschlüsse nicht besteht.
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Im Übrigen wurde seitens der Klägerin in Bezug auf die Angelegenheit „Jugendplatz“ ebenfalls nicht substantiiert vorgetragen, inwiefern der Jahresabschluss mangelbehaftet sein soll. Soweit die Klägerin vorträgt, es sei ungeklärt, ob und in welcher Höhe der Bodenaushub von der Gemeinde bezahlt worden sei, ist eine Unrichtigkeit des Jahresabschlusses nicht feststellbar, denn aus den zur Akte gereichten Unterlagen der Verbandsgemeinde ergibt sich, dass der Klägerin hierbei keine Kosten entstanden sind. Der Einwand, es sei nicht bekannt, ob eine Baugenehmigung vorläge, betrifft abermals nicht die Richtigkeit des Jahresabschlusses, sondern das zugrundeliegende Bauvorhaben.
- 61
Fehlt es nach alledem im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung an verifizierbaren Anhaltspunkten für Unrichtigkeiten der Jahresabschlüsse 2011 und 2012, war die Klägerin verpflichtet, deren Feststellung positiv zu beschließen, denn es bleibt insofern bei der aus der Empfehlung des Rechnungsprüfungsausschusses resultierenden Vermutung, wonach die Jahresabschlüsse die Finanz-, Vermögensund Ertragslage der Gemeinde zutreffend wiedergeben.
- 62
b. Darüber hinaus war die Klägerin verpflichtet, die Entlastung des ehemaligen Ortsbürgermeisters, des Bürgermeisters und der Beigeordneten zu erteilen.
- 63
Ebenso wie die Feststellung des Jahresabschlusses nach § 114 Abs. 1 S. 1 GemO obliegt die Verpflichtung zur Entscheidung über die Entlastung gemäß § 114 Abs. 1 S. 2 GemO der Gemeinde als Körperschaft, welche hierbei durch ihr Organ, den Gemeinderat, handelt. Dies wird deutlich, wenn man das Wesen der Entlastung im Gesamtkontext der gemeindlichen Haushaltsführung in den Blick nimmt.
- 64
Hierbei kommt der Entlastung eine Doppelwirkung zu. Zum einen stellt sie den Schlusspunkt des in den §§ 108 ff. GemO geregelten Verfahrens zur Bewertung der Haushaltsführung des Vorjahres dar. Grundlage der Haushaltsführung sind die Aufstellung des Haushaltsplanes und der Haushaltssatzung. Diese obliegt nach den §§ 93 Abs. 1 S. 1,95 Abs. 1 GemO der Gemeinde als Körperschaft. Haushaltsplan und -satzung werden sodann während des Haushaltsjahres durch den Ortsbürgermeister, den Bürgermeister und die Beigeordneten ausgeführt. Bei der Entscheidung über die Erteilung der Entlastung wird schließlich geprüft, ob hierbei die im Haushaltsplan sowie der Haushaltssatzung getroffenen Bestimmungen eingehalten wurden und keine Verstöße gegen die die Haushaltsführung betreffenden Vorschriften der GemO, des Handelsgesetzbuches sowie der GemHVO vorliegen. Wird die Entlastung erteilt, bedeutet dies, dass hinsichtlich der Haushalts-, Kassen- und Rechnungsführung keine Bedenken bestehen (Ziff. 3. GemOVV zu § 114 GemO) und daher gegen die Haushaltsführung des abgelaufenen Rechnungsjahres keine Einwendungen erhoben werden (PdK RhPf B-1, GemO § 114, Ziff. 3.1.1., beck-online). Darin liegt zugleich die Genehmigung von Haushaltsüberschreitungen, soweit diese erkennbar sind (vgl. PdK RhPf B-1, GemO § 114, Ziff. 3.1.4, beck-online; VGH München, Urteil vom 11. Januar 1994 - 4 B 81 A. 2021 -, beck-online). Kleinere Unzulänglichkeiten, welche als einzelne Vorgänge keine schwerwiegenden Unkorrektheiten darstellen und im Hinblick auf den Gesamtumfang der Haushaltswirtschaft nicht ins Gewicht fallen, schließen die uneingeschränkte Entlastung vor diesem Hintergrund grundsätzlich nicht aus (vgl. VG Gera, Urteil vom 22. Juli 2015 - 2 K 42/15 Ge -, Rn. 28, juris). Jedoch lässt der auf die Haushaltsführung bezogene Prüfungsrahmen keinen Raum zur Ausübung allgemeiner Rechts- oder Zweckmäßigkeitsüberlegungen oder gar zu politischer Kontrolle (VGH München, Urteil vom 11. Januar 1994, a. a. O.; vgl. PdK RhPf B-1, GemO § 114, Ziff. 3.2, Rn. 6, beck-online). Ebenso beinhaltet die Entlastung keinen Verzicht auf etwaige Schadensersatz- oder Regressansprüche. Auch Fragen der disziplinarischen Verfolgung etwaiger Pflichtverletzungen sowie strafrechtliche Konsequenzen liegen außerhalb des auf die Haushaltsführung bezogenen Entscheidungsrahmens (vgl. VGH München, Urteil vom 11. Januar 1994, a. a. O.; PdK Rh Pf B-1, GemO § 114, Ziff. 3.1.2, beck-online).
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Zum anderen kommt der Entlastung politische Bedeutung zu (PdK RhPf B-1, GemO § 114, Zif. 3.1.1, beck-online), denn die Feststellung, dass keine Einwendungen gegen die Haushaltsführung erhoben werden, stellt gegenüber den zu entlastenden Organen ein Vertrauensvotum des Gemeinderates dar. Dieses Vertrauensvotum ist Grundlage für die weitere Zusammenarbeit der mit der Haushaltsführung befassten Organe (vgl. VGH München, Urteil vom 11. Januar 1994, a. a. O.; zitiert von VG Gera, Urteil vom 22. Juli 2015, a. a. O., Rn. 25).
- 66
Obschon die Entlastung nach alledem primär Wirkungen im Innenverhältnis zwischen Gemeinderat und Bürgermeister sowie Beigeordneten entfaltet, folgt aus den vorstehenden Ausführungen, dass es sich bei der Verpflichtung zur Entscheidung über die Entlastung nicht lediglich um eine Pflicht des Gemeinderates gegenüber den zu Entlastenden handelt, sondern vielmehr um eine Pflicht der Gemeinde als Körperschaft, welche der Gemeinderat als handelndes Organ wahrnimmt.
- 67
Maßgeblich ist insoweit, dass der Gemeinderat bei der Erteilung der Entlastung beurteilt, ob die tatsächliche Haushaltsführung der von der Gemeinde aufgestellten Haushaltssatzung sowie dem gemeindlichen Haushaltsplan entspricht, denn diese Kontrolle steht in untrennbarem Zusammenhang mit der Verpflichtung der Gemeinde, ihren Haushalt gemäß § 93 GemO ordnungsgemäß zu führen. Nachdem ihr als juristischer Person die Haushaltsführung ihrer Organe zugerechnet wird, obliegt es der Gemeinde, am Ende des Haushaltsjahres zu prüfen, ob die tatsächliche Haushaltsführung ordnungsgemäß war. Wird dies festgestellt und die Entlastung erteilt, übernimmt die Gemeinde hiermit im Ergebnis die Verantwortung für die Haushaltsführung und schafft auf diese Weise Rechtsklarheit.
- 68
Dieser Systematik läuft die Auffassung der Klägerin, wonach die Verpflichtung zur Erteilung der Entlastung ausschließlich dem Gemeinderat als solchem obliegt, zuwider. Der Gemeinderat wäre, sofern er nicht zugleich für die Gemeinde handeln würde, schon nicht berechtigt, durch die Erteilung der Entlastung verbindlich festzustellen, dass keine Einwände gegen die Haushaltsführung erhoben werden und etwaige geringfügige Überschreitungen der Haushaltssatzung zu genehmigen, denn derartige Einwendungen stünden nicht dem Gemeinderat, sondern der gemäß § 93 GemO für die Haushaltsführung verantwortlichen Gemeinde zu.
- 69
Auch soweit die Erteilung der Entlastung ein Vertrauensvotum beinhaltet, wäre dies obsolet, wenn hierdurch nicht die Gemeinde im Ganzen gebunden würde. Andernfalls könnte z. B. der Bürgermeister als weiteres Organ der Gemeinde trotz erteilter Entlastung jederzeit Einwände gegen die Haushaltsführung durch die Beigeordneten erheben. Dies liefe Sinn und Zweck des § 114 Abs. 1 S. 2 GemO entgegen, da durch den Beschluss über die Entlastung und dessen Bekanntmachung nach § 114 Abs. 2 GemO die Haushaltsprüfung zum Vorjahr zum Abschluss gebracht und auf diesem Wege letztlich Rechtsklarheit geschaffen werden soll.
- 70
Eine andere Wertung folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die zu Entlastenden ihren Anspruch auf Erteilung der Entlastung klageweise gegen den Gemeinderat als Organ geltend machen können (hierzu VGH München, Urteil vom 11. Januar 1994, a. a. O.; VG Gera, Urteil vom 22. Juli 2015, a. a. O., Rn. 22; VG Trier, Urteil vom 24. Mai 2017 - 7 K 2266/17.TR -, Rn. 39, juris), denn dies ist lediglich Ausfluss der besonderen prozessualen Situation im Kommunalverfassungsstreit. Hierbei ist der mit der Beschlussfassung über die Entlastung betraute Gemeinderat Klagegegner, da im Kommunalverfassungsstreit die innerorganisatorische Kompetenz- und Pflichtenzuordnung über die Frage der Passivlegitimation entscheidet (vgl. OVG RP, Beschluss vom 1. Dezember 1994 - 7 B 12954/94 -, Rn. 16, juris; VG Trier, Urteil vom 24. Mai 2017, a. a. O., Rn. 25). Diese prozessuale Situation lässt jedoch keine Rückschlüsse darauf zu, wen die gesetzliche Verpflichtung in materiell- rechtlicher Hinsicht trifft.
- 71
Schließlich steht der Anwendung des § 122 GemO die Rechtsprechung des rheinland-pfälzischen OVG (Urteil vom 13. Juni 1960 - 1 C 9/60 -) sowie des VG Gießen (Urteil vom 10. März 2014 - 8 K 846/12.GI -, beck-online) nicht entgegen, denn hiernach ist nur die Kontrolle der Pflichterfüllung der gemeindlichen Organe gegenüber der Gemeinde der aufsichtsbehördlichen Kontrolle entzogen. Um eine solche Konstellation handelt es sich hier nicht, da die Verpflichtung zur Erteilung der Entlastung - wie vorstehend dargelegt - die Gemeinde selbst trifft.
- 72
Legt man die obigen Ausführungen zugrunde, ergibt sich darüber hinaus, dass die Gemeinde zur Erteilung der Entlastung verpflichtet ist, soweit keine schwerwiegenden Bedenken gegen die Haushaltsführung des Bürgermeisters, des Ortsbürgermeisters und der Beigeordneten bestehen (so auch VGH München, Urteil vom 11. Januar 1994, a. a. O.; VG Gera, Urteil vom 22. Juli 2015, a. a. O., Rn. 24; VG Trier, Urteil vom 24. Mai 2017 - 7 K 2266/17.TR -, Rn. 39, juris). Liegen diese Voraussetzungen vor, verbleibt der Gemeinde kein Entscheidungsspielraum, da der auf die Haushaltsführung beschränkte Prüfungsrahmen die Verweigerung der Entlastung aus politischen Gründen oder allgemeinen Recht- und Zweckmäßigkeitsüberlegungen ausschließt. Für eine derartige Auslegung sprechen auch die Regelung in Ziff. 3 GemOVV zu § 110 GemO, wonach die Entlastung zu erteilen ist, wenn Gründe, die die Haushalts-, Kassen- und Rechnungsführung betreffen, ausgeräumt sind, sowie die Gesetzesbegründung zu § 114 Abs. 2 GemO, ausweislich derer die Begründungspflicht sicherstellen soll, dass die Entlastung nicht von unsachlichen Motiven beeinflusst wird (Lt-Drucks. 7/1884, S. 104).
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Hiernach war die Klägerin verpflichtet, hinsichtlich der Jahre 2011 und 2012 die Entlastung des ehemaligen Ortsbürgermeisters, des Bürgermeisters sowie der Beigeordneten zu erteilen, denn zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids lagen keine zur Verweigerung der Entlastung berechtigenden Gründe vor.
- 74
Ausgangspunkt sind auch hier die Beschlüsse des Rechnungsprüfungsausschusses aus der Sitzung vom 4. März 2015, denn die Empfehlung zur Erteilung der Entlastung indiziert, dass keine durchgreifenden Einwände gegen die Haushalts-, Kassen- und Rechnungsführung - nachfolgend „Haushaltsführung" - der Beigeladenen in den Jahren 2011 und 2012 vorliegen. Hinsichtlich des Entstehens der Indizwirkung wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Unschädlich ist, dass der Rechnungsprüfungsausschuss lediglich die Entlastung des ehemaligen Ortsbürgermeisters und der ehemaligen Beigeordneten, die ihn vertreten haben, nicht jedoch des Verbandsbürgermeisters, empfohlen hat. Hierbei handelt es sich erkennbar um ein Versehen, da sich dem Protokoll zur Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses keinerlei Anhaltspunkte für Bedenken an der ordnungsgemäßen Haushaltsführung durch den Verbandsbürgermeister entnehmen lassen.
- 75
Die somit bestehende Vermutung einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung der Beigeladenen hat die Klägerin nicht widerlegt.
- 76
Soweit Verstöße gegen die in § 108 Abs. 4 GemO und § 114 Abs. 1 S. 1 GemO enthaltenen Fristen gerügt werden, handelt es sich schon nicht um Tatsachen, welche die Haushaltsführung betreffen, sondern um das nachfolgende Verfahren zur Abbildung der Haushaltsführung im Jahresabschluss. Doch selbst wenn man hinsichtlich der Frist zur Aufstellung des Jahresabschlusses nach § 108 Abs. 4 GemO einen ausreichenden Zusammenhang zur Haushaltsführung bejahte, könnte der Fristverstoß die Verweigerung der Entlastung nicht rechtfertigen, da es sich jedenfalls nicht um einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Haushaltsführung handelt. Zum einen stellt § 108 Abs. 4 GemO gemäß den obigen Erläuterungen keine Ausschlussfrist dar; zum anderen hat der Beklagte nachvollziehbar dargelegt, dass die Verzögerungen nicht auf ein Fehlverhalten der Beigeladenen, sondern auf die Einführung der kommunalen Doppik zurückzuführen sind.
- 77
Des Weiteren berechtigt der vom Ratsmitglied ... infolge der Inanspruchnahme des Kassenkredites i. H. v. ... Euro erhobene Vorwurf, Schulden würden mit Schulden bezahlt, nicht zur Verweigerung der Entlastung, denn er richtet sich im Kern nicht gegen die Haushaltsführung der Beigeladenen, sondern gegen die Entscheidung über die Inanspruchnahme des Kassenkredites. Diese (politische) Entscheidung unterfällt indes nicht dem bei der Entscheidung über die Entlastung anwendbaren Prüfungsrahmen, denn sie obliegt nicht den zu Entlastenden, sondern ist Teil der Beschlussfassung des Gemeinderates über die Haushaltssatzung gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 1 GemO, da die Aufnahme von Kassenkrediten nach § 105 Abs. 2 S. 1 GemO einen Ansatz in der Haushaltssatzung voraussetzt. Mithin könnte die Entlastung allenfalls verweigert werden, wenn die Beigeladenen bei der Inanspruchnahme der Kassenkredite den in der Haushaltssatzung vorgesehenen Höchstbetrag überschritten hätten. Dies ist allerdings nicht der Fall, denn der in der Stellungnahme des Ratsmitgliedes ... genannte Betrag von ... Euro war ausweislich des Rechenschaftsberichts zum Jahr 2011 (S.1) in dieser Höhe in der Haushaltssatzung vorgesehen.
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Zur Verweigerung der Entlastung berechtigt ebenso wenig, dass sich die Finanzlage der Klägerin aus Sicht des Ratsmitglieds ... dramatisch darstellt und eine Lösung nicht in Sicht sei. Diesem Vorwurf lassen sich mangels Substantiierung bereits keine Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten der Beigeladenen entnehmen. Vielmehr ist die finanzielle Situation der Gemeinde Resultat der haushaltspolitischen Entscheidungen des Gemeinderates, zu deren Kontrolle die Entscheidung über die Entlastung nicht missbraucht werden darf.
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Ferner sind im Zusammenhang mit der Angelegenheit „Stichstraße O...“ keine schwerwiegenden Verstöße der Beigeladenen gegen ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Haushaltsführung feststellbar. Soweit das Ratsmitglied ... der Auffassung ist, hierbei sei gegen die Grundsätze der Einleitung eines Vergabeverfahrens verstoßen worden, berechtigt dies nicht zur Verweigerung der Entlastung, denn der Einwand richtet sich der Sache nach gegen die Auftragsvergabe durch die Gemeinde. Die Entscheidung hierüber unterfällt jedoch der Zuständigkeit des Gemeinderates, da es sich angesichts der erheblichen finanziellen Auswirkungen nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung nach § 47 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 GemO handelt. Trifft der Gemeinderat selbst eine derartige Entscheidung, kann er (auch in geänderter personeller Besetzung) die Entlastung der den Beschluss ausführenden Personen nicht aus diesem Grund verweigern. Andernfalls würde dem Bürgermeister und den Beigeordneten die politische Verantwortung für Beschlüsse des Gemeinderates zugeschrieben - was nach obigen Ausführungen - mit Sinn und Zweck der Entlastung nicht vereinbar ist.
- 80
Im Übrigen ist ein Verstoß gegen die Regelungen zur Einleitung eines Vergabeverfahrens nicht erkennbar, denn die Klägerin hat nicht substantiiert dargelegt, durch welches konkrete Verhalten gegen welche Regelungen zur Vergabe öffentlicher Aufträge verstoßen sein soll. Insbesondere lässt sich der Stellungnahme des Ratsmitglieds ... entnehmen, dass tatsächlich - wie in § 22 Abs. 1 GemHVO vorgeschrieben - eine Ausschreibung durchgeführt wurde.
- 81
Bei dem am 5. Februar 2018 erstmals erhobenen Einwand, es sei nicht bekannt, ob für die Maßnahme „Jugendplatz“ eine Baugenehmigung vorliege, handelt es sich erkennbar um Vortrag „ins Blaue hinein“. Dieser vermag, nachdem er bis zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids keine Erwähnung gefunden hat, die Verweigerung der Entlastung nicht nachträglich zu rechtfertigen - zumal der Einwand abermals nicht die Haushaltsführung der Beigeladenen, sondern das Bauvorhaben als solches betrifft.
- 82
Überdies ist die Verweigerung der Entlastung auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass die Beigeladenen bei der Beschlussfassung in der Sitzung am 25. Juni 2016 namentlich aufgeführt wurden, denn dieser allenfalls formelle Fehler tangiert ebenfalls nicht die Haushaltsführung der Beigeladenen und hätte im Übrigen spätestens in der nächsten Sitzung des Gemeinderates behoben werden können.
- 83
Die aus der Empfehlung des Rechnungsprüfungsausschusses resultierende Indizwirkung zu Gunsten einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung der Beigeladenen ist auch durch die übrigen von der Klägerin vorgebrachten Gründe nicht entkräftet. Insofern wird auf die vorstehenden Ausführungen im Zusammenhang mit der Feststellung der Jahresabschlüsse (einschließlich der Ausführungen zur Akteneinsicht) verwiesen. Diese beanspruchen hinsichtlich der Erteilung der Entlastung gleichermaßen Geltung, da auch insoweit substantiierter Vortrag erforderlich wäre und abweichende politische Erwägungen bzw. Rechtsund Zweckmäßigkeitsüberlegungen bezüglich der kostenauslösenden Maßnahmen die Verweigerung der Entlastung nicht rechtfertigen können.
- 84
3. Dies zugrunde gelegt, war der Beklagte nach § 122 GemO zum Erlass der streitgegenständlichen Anordnung berechtigt, denn die Klägerin hat durch ihre mehrfachen Weigerungen ihre Verpflichtung zur Feststellung der Jahresabschlüsse der Jahre 2011 und 2012 und zur Entlastung der Beigeladenen verletzt.
- 85
Dabei hat der Beklagte das durch § 122 GemO eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Die Anordnung verstößt insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, denn angesichts der wiederholten ablehnenden Gemeinderatsbeschlüsse wäre eine bloße Beanstandung nach § 121 GemO aller Voraussicht nach wirkungslos geblieben. Überdies greift die Anordnung nicht in unverhältnismäßiger Weise in das Selbstverwaltungsrecht der Klägerin aus Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 49 LV in Gestalt der Finanzhoheit ein, denn dieser verblieb gemäß obigen Ausführungen bei der Entscheidung über die Feststellung der Jahresabschlüsse und Entlastung der Beigeladenen ohnehin kein Entscheidungsspielraum.
III.
- 86
Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Hiernach trägt die Klägerin die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, weil diese keinen eigenen Antrag gestellt und sich daher keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt haben (§ 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO).
IV.
- 87
Die vorläufige Vollstreckbarkeit bestimmt sich nach §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
V.
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Annotations
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
(1) Die Klage ist zu richten
- 1.
gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat; zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde, - 2.
sofern das Landesrecht dies bestimmt, gegen die Behörde selbst, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat.
(2) Wenn ein Widerspruchsbescheid erlassen ist, der erstmalig eine Beschwer enthält (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2), ist Behörde im Sinne des Absatzes 1 die Widerspruchsbehörde.
(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind
- 1.
die nach bürgerlichem Recht Geschäftsfähigen, - 2.
die nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten, soweit sie durch Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts für den Gegenstand des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind.
(2) Betrifft ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Gegenstand des Verfahrens, so ist ein geschäftsfähiger Betreuter nur insoweit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig, als er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ohne Einwilligung des Betreuers handeln kann oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt ist.
(3) Für Vereinigungen sowie für Behörden handeln ihre gesetzlichen Vertreter und Vorstände.
(4) §§ 53 bis 58 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.