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Die Berichterstatterin konnte im Einverständnis der Beteiligten anstelle der Kammer (§ 87 a Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 VwGO) und trotz Ausbleibens von Beteiligten in der Sache verhandeln und entscheiden, da in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
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Die zulässige Klage ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung, dass ein Abschiebungshindernis nach §§ 51 Abs. 1 AuslG vorliegt, denn dessen Voraussetzungen liegen nicht vor. Es liegen auch keine Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 1 bis 4 AuslG vor. Die Abschiebungsandrohung ist - mit Ausnahme der Angabe des Zielstaates - rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
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Einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16 a Abs. 2 GG hat der Kläger nicht geltend gemacht.
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Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG geregelten Abschiebungsverbots liegen beim Kläger nicht vor, denn es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass er seinen Heimatstaat weder wegen erlittener bzw. ihm unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen hat, noch dass ihm bei einer Wiedereinreise politische Verfolgung droht. Der Kläger hat keine Vorverfolgung erlitten.
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Eine Verfolgung ist dann politisch, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder andere für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.07.1989, BVerfGE 80, 315, 335 in Anknüpfung an die bisherige Rechtsprechung). Die Befürchtung einer politischen Verfolgung ist dann im dargestellten Sinne begründet, wenn dem Asylsuchenden für seine Person bei verständiger, objektiver Würdigung der gesamten Umstände seines Falles politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, sodass ihm nicht zuzumuten ist, im Heimatstaat zu bleiben oder dorthin zurückzukehren (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 15.03.1988, DVBl. 1988, 747, 749; Urteil vom 05.11.1991 - 9 C 118.90 -). Steht fest, dass der Asylsuchende wegen bestehender oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung ausgereist ist, so ist er asylberechtigt, es sei denn, er kann in seinem eigenen Staat wieder Schutz finden. Daher muss sein Asylantrag Erfolg haben, wenn die fluchtbegründenden Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung ohne wesentliche Änderung fortbestehen. Ist die Verfolgungsgefahr zwischenzeitlich beendet, kommt es darauf an, ob mit ihrem Wiederaufleben zu rechnen ist; eine Anerkennung als Asylberechtigter ist dann nicht geboten, wenn der Asylsuchende vor erneuter Verfolgung hinreichend sicher sein kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 02.07.1980, BVerfGE 54, 341, 360).
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Auch erlittene oder zu befürchtende Folter kann politische Verfolgung sein, wenn sie über das Maß hinaus geht, das Personen zu befürchten haben, die wegen krimineller Delikte inhaftiert sind. Zwar ist eine unmenschliche Behandlung wie die Folter als solche nach Wortlaut und Sinn des Artikels 16 a Abs. 1 GG nicht ohne weiteres asylerheblich. Wird sie jedoch wegen asylrelevanter Merkmale eingesetzt oder im Blick auf diese Merkmale in verschärfter Form angewandt, ist sie also nach ihrer erkennbaren Gerichtetheit auf die politische Komponente der dem Betroffenen zur Last gelegten Taten bezogen, knüpft sie an die politische Überzeugung an und ist deshalb asylerheblich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.12.1989, NVwZ 1990, 453).
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Die für den Asylrechtsschutz erforderliche Individualbetroffenheit eines Asylbewerbers ist auch im Falle einer so genannten Gruppenverfolgung gegeben. Voraussetzung hierfür ist, dass eine Gruppe von - durch asylerhebliche Merkmale verbundenen - Menschen als solche Ziel einer politischen Verfolgung in der Weise ist, dass jedes einzelne Mitglied der Gruppe - und damit auch der betreffende Asylbewerber - allein deswegen, weil bei ihm die gruppenspezifischen Merkmale vorliegen, politische Verfolgung befürchten muss, wobei aber die unmittelbare Betroffenheit des einzelnen durch gerade auf ihn zielende Verfolgungsmaßnahmen sowie die Gruppengerichtetheit der Verfolgung die Eckpunkte eines durch fließende Übergänge gekennzeichneten Erscheinungsbildes politischer Verfolgung darstellen (vgl. BVerfG, Beschl. vom 23.01.1991, BVerfGE 83, 216 ff.). Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt eine bestimmte "Verfolgungsdichte" voraus, welche auf eine individuelle Verfolgungsgefahr zurückführt und demzufolge die Regelvermutung einer eigenen Verfolgung rechtfertigt (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 04.12.1998 - A 14 S 495/98 - m.w.N.). Dies gilt auch in einer Situation des Gegenterrors im Bürgerkrieg (BVerwG, Urt. v. 30.04.1996 , BVerwGE 101, 123, 125 f.). Die hierfür erforderlichen Feststellungen unterscheiden sich allerdings hinsichtlich der Qualität und Quantität der Verfolgungsschläge erheblich von solchen zu einem Verfolgungsgeschehen, das nur einzelne Mitglieder einer Gruppe betrifft. Hier kann die Feststellung einer Vielzahl von militärischen Angriffen auf die Zivilbevölkerung, der wahllosen Zerstörung von Zivilobjekten mit zahlreichen Opfern die erforderliche Verfolgungsdichte eher rechtfertigen als etwa die Feststellung lediglich häufiger Übergriffe auf Einzelpersonen bei anderen Formen der Gruppenverfolgung (BVerwG, Urt. v. 15.07.1997, Buchholz 402.25 § 1 Nr. 194). Eine unmittelbar staatliche gruppengerichtete Verfolgung kommt auch in Betracht, wenn hinreichend sichere Anhaltspunkte für ein staatliches Verfolgungsprogramm vorliegen, dessen Umsetzung bereits eingeleitet ist (BVerwG, Urt. v. 05.07.1994, BVerwGE 96, 200, 203 ff.). Das kann etwa der Fall sein, wenn festgestellt werden kann, dass der Heimatstaat ethnische oder religiöse Minderheiten physisch vernichten und ausrotten oder aus seinem Staatsgebiet vertreiben will. Hierzu gehört die - insbesondere mit Mitteln der physischen Gewalt durchgeführte - Zerstörung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage bzw. der kollektiven Identität im weitesten Sinne (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 04.12.1998, a.a.O.) oder die Vertreibung von großen Teilen der Bevölkerung unter unmenschlichen Umständen.
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Hat eine bestimmte Personengruppe asylerhebliche Verfolgung nicht landesweit, sondern nur in bestimmten Bereichen des Staatsgebietes zu befürchten, ist zwischen einer "regionalen Gruppenverfolgung" und einer "örtlich begrenzten Verfolgung" zu differenzieren (BVerwG, Urt. v. 30.04.1996 - 9 C 171.95 -, BVerwGE 101, 134). Auf eine regionale Gruppenverfolgung kann sich danach berufen, wer die Gefahr eigener politischer Verfolgung aus Maßnahmen des Verfolgerstaats gegenüber solchen Dritten ableiten kann, die wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet und deshalb seine eigene bisherige Verschonung von ausgrenzenden Rechtsgutbeeinträchtigungen als eher zufällig anzusehen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.01.1991, BVerfGE 83,216,231). Nach diesen Grundsätzen ist von einer regionalen Gruppenverfolgung dann auszugehen, wenn das festgestellte Verfolgungsgeschehen objektiv den Schluss darauf zulässt, dass der Verfolger die gesamte - durch unverfügbare Merkmale wie Rasse, Ethnie oder Religion verbundene - Gruppe im Blick hat, diese aber etwa aus Gründen der politischen Opportunität - als sog. mehrgesichtiger Staat - nicht oder jedenfalls derzeit nicht landesweit politisch verfolgt. Dagegen liegt eine regionale Gruppenverfolgung in diesem Sinne nicht vor, wenn die Verfolgung von vornherein örtlich begrenzt ist. Ereignet sich unmittelbar staatliche Verfolgung nur in einzelnen Landesteilen und betrifft sie erkennbar eine bestimmte Bevölkerungsgruppe allein wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion, so wird man in der Regel davon ausgehen müssen, dass die Verfolgung zumindest potentiell die gesamte Gruppe erfasst, der Staat sich also allen Mitgliedern dieser Gruppe gegenüber als Verfolgerstaat zu erkennen gibt. Treten jedoch nach dem tatsächlichen Verfolgungsgeschehen andere Umstände oder Merkmale hinzu, die von vornherein auf ein sachlich, zeitlich oder örtlich beschränktes Verfolgungsziel schließen lassen, so muss dies bei der Abgrenzung der verfolgungsgefährdeten Gruppe berücksichtigt werden. Dann sind nämlich die Personen, die lediglich eines von mehreren Verfolgungskriterien erfüllen, nicht in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Verfolgungsgefahr. Ist die Verfolgung an einen pauschalen Separatismusverdacht geknüpft, der sich nicht gegen alle Angehörige einer bestimmten Ethnie richtet, sondern nur gegen die in bestimmten Gegenden lebenden, so gehört zur verfolgten Gruppe nur, wer beide Kriterien erfüllt. Es handelt sich dann um eine "örtlich begrenzte Verfolgung", bei der sich die Frage einer inländischen Fluchtalternative - im Gegensatz zur regionalen Verfolgung - nicht stellt (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.04.1996 a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 04.12.1998 - A 14 S 495/98 -).
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Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, dass er vor seiner Ausreise in seinem Heimatland politisch verfolgt worden ist oder ihm politische Verfolgung unmittelbar drohte, und es droht ihm dort bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles politische Verfolgung auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.
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Das Gericht hat nämlich die volle richterliche Überzeugung von der Wahrheit den Behauptungen des Klägers, seine Ausreisegründe betreffend, nicht erlangt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U.v. 16.4.1985, BVerwGE 71, 180, U.v. 1.10.1985, DÖV 1986, 612; U.v. 12.11.1985, InfAuslR 1986, 70), der sich das Gericht anschließt, muss auch in Asylrechtsstreitigkeiten die für die gerichtliche Entscheidung nach § 108 Abs.1 Satz 1 VwGO gebotene Überzeugungsgewissheit in dem Sinne bestehen, dass das Gericht die volle Überzeugung von der Wahrheit - und nicht etwa nur von der Wahrscheinlichkeit - des vom Asylbewerber behaupteten individuellen Schicksals sowie von der Richtigkeit der Verfolgungsprognose erlangt hat. Bei den in seine eigene Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen, obliegt es dem Asylsuchenden, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen, und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern (BVerwG, B.v. 26.10.1989, InfAuslR 1990, 38, und U.v. 24.3.1987, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 40). An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheinen, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Lauf des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, B. B.v. 29.11.1990, InfAuslR 1991, 94, 95; BVerwG, U.v. 30.10.1990, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135; B.. 21.7.1989, Buchholz a.a.O., Nr. 113).
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Nach diesen Maßstäben reicht das Vorbringen des Klägers zur Glaubhaftmachung eines asylrelevanten Verfolgungsschicksals nicht aus. Der Kläger hat im Wesentlichen geltend gemacht, von der Hamas zur Ausführung eines Selbstmordattentates gezwungen worden zu sein. Dem habe er sich durch die Flucht entzogen. Das Bundesamt hat dieses Vorbringen als unglaubhaft eingestuft, weil die Hamas seit Beginn der Intifada im September 2000 genügend Freiwillige habe, die sich zu derartigen Aktionen bereit erklärten, und damit niemanden zwangsweise verpflichten müsse. Das Gericht teilt diese Einschätzung, die ihre Bestätigung in den Auskünften des Auswärtigen Amtes (vom 04.03.2002 an VG Ansbach) und des Deutschen Orient-Instituts - DOI - (vom 06.05.2002 an VG Ansbach) findet. Die Einlassung des Klägers, das DOI berücksichtige nicht die von ihm geschilderte Situation im Sommer 2001, trifft so nicht zu, da in der genannten Auskunft gerade auf die steigende Zahl der zu Selbstmordattentaten bereiten Personen seit September 2000 hingewiesen und die generelle Rekrutierungspraxis der Hamas beschrieben wird, die auf Freiwilligkeit basiert, und mit der die Angaben des Klägers nicht in Einklang stehen.
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Der Kläger ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Gruppenverfolgung als politisch verfolgt anzusehen. Zwar ist die Sicherheitslage in den palästinensischen Autonomiegebieten wie der Westbank, aus der der Kläger stammt, nach der aktuellen Berichterstattung geprägt von massiven Terror- und Gegenterrormaßnahmen. Die Vergeltungsmaßnahmen der israelischen Armee in den Autonomiegebieten treffen aufgrund des rigorosen Vorgehens immer wieder auch völlig unbeteiligte Personen, für die nicht einmal der Verdacht einer terroristischen Betätigung besteht, wie etwa Verwandte, Nachbarn, oder sogar sich lediglich zufällig in der Nähe der Gesuchten aufhaltende Personen. Dies macht die Maßnahmen jedoch nicht bereits zu Verfolgungsmaßnahmen, die gegen jeden in den palästinensischen Autonomiegebieten lebenden Angehörigen der palästinensischen Bevölkerungsgruppe allein wegen seiner Gruppenzugehörigkeit gerichtet sind. Denn die Maßnahmen der israelischen Seite sind gerichtet auf die Verfolgung von Terroraktivisten und die Sanktionierung von deren Aktionen und werden begründet durch das Sicherheitsinteresse des israelischen Staates vor Terrorangriffen. Die oben dargestellten Voraussetzungen für das Vorliegen einer Gruppenverfolgung sind damit nicht erfüllt.
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Dem vom Kläger-Vertreter gestellten Beweisantrag, den das Gericht aufgrund der Erklärung des Klägervertreters, er verzichte auf weitere mündliche Verhandlung, und der ersichtlich keine Entscheidung über den Beweisantrag im Termin zur mündlichen Verhandlung wünschte, als Hilfsbeweisantrag behandelt, war nicht nachzugehen. Denn mit dem Beweisantrag werden keine konkreten Tatsachen unter Beweis gestellt, sondern die gegenwärtige politische Situation in Israel und den Autonomiegebieten. An der Richtigkeit der im schriftlichen Beweisantrag dargestellten Schilderung der politischen und tatsächlichen Verhältnisse in Israel hat das Gericht keine Zweifel, weil diese sich im wesentlichen mit dem aus der aktuellen Berichterstattung in der Tagespresse ergebenden Bild deckt. Soweit der Beweisantrag aber gerichtet ist auf die Schlussfolgerung, aufgrund der gegenwärtigen Verhältnisse in den palästinensischen Autonomiegebieten sei von einer Gruppenverfolgung aller dort lebenden Palästinenser auszugehen, wird mit dem Beweisantrag eine Rechtsfrage unter Beweis gestellt, die einer Beweisaufnahme nicht zugänglich ist. Das Gericht hat sich mit der Frage der Gruppenverfolgung auseinandergesetzt (vgl. die Ausführungen oben).
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Soweit hilfsweise die Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG begehrt wurde, hat die Klage teilweise Erfolg. Angesichts der gegenwärtigen Sicherheitslage in Israel und den palästinensischen Autonomiegebieten bestehen vom Amts wegen zu berücksichtigende Anhaltspunkte dafür, dass ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG vorliegt. Denn die Sicherheitslage in Israel ist geprägt von Terror- und Gegenterrorakten, die angesichts der bedrohten Rechtsgüter von Leben und körperlicher Unversehrtheit zur Einschätzung als einer extremen Gefahrenlage für den Kläger führt, mit der die Sperrwirkung des § 53 Abs. 6 S. 2 AuslG überwunden werden kann. Bei einer allgemeinen, der gesamten Bevölkerung in dem betroffenen Gebiet drohenden Gefahr ist die Feststellung von Abschiebungshindernissen nur dann möglich, wenn sich die bestehende Gefahr als eine extreme darstellt (BVerwG U. v. 25.11.1997, BVerwGE 105, 383 ff.; U.v. 08.12.1998, BVerwGE 108, 77 ff.). Diese Voraussetzung ist bei der derzeit in Israel bestehenden Sicherheitslage gegeben. Nach den Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amtes (www.auswärtiges-amt.de; Stand 17.12.2003) besteht in Israel jederzeit und besonders in Orten nahe der Grenzlinie zur Westbank und dem Gaza-Streifen sowie in Tel Aviv die Gefahr von Anschlägen, insbesondere Selbstmordattentaten. Es wird bei Reisen zu höchster Vorsicht aufgefordert. Aufgrund der bestehenden Gefahr schwerer Anschläge wird für Reisen nach Jerusalem ebenfalls zu höchster Vorsicht geraten. Die Sicherheitslage in den Palästinensischen Gebieten (Westbank und Gaza) wird als extrem angespannt beschrieben, nachdem große Teile der Gebiete durch Israel praktisch dauerhaft besetzt und zum Teil auch gesperrt seien, so dass von Reisen dorthin abgeraten wird. In den Veröffentlichungen des israelischen Außenministeriums im Internet wird von 934 bei Anschlägen getöteten Israelis in der Zeit seit Beginn der zweiten Intifada im September 2000 bis zum 01.02.2004 berichtet. Die Generaldelegation Palästinas in der Bundesrepublik Deutschland berichtete auf ihrer Internetseite von 2160 getöteten Palästinensern im Zeitraum vom 28.09.2000 bis zum 22.01.2003. Der Friedensprozess stagniert und hat durch den geplanten und zur Zeit schon im Bau befindlichen Sperrwall zum Westjordanland einen erheblichen Rückschlag erlitten (StZ v. 20.12.2003 und MM vom 20.12.2003). Selbstmordattentate sind in Israel nach wie vor an der Tagesordnung und ziehen Vergeltungsaktionen von Seiten Israels nach sich (StZ v. 27.12.2003, MM vom 27.12.2003). Davon betroffen ist nicht nur der Gazastreifen, auch im Westjordanland, aus dem der Kläger stammt, kommt es immer wieder zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen der israelischen Armee und der palästinensischen Bevölkerung (StZ v. 05.01.2004 und v. 12.01.2004). Auch Bundesaußenminister Fischer hat in seiner Rede zur Nahostpolitik vor dem Deutschen Bundestag am 13.02.2004 festgehalten, dass die gegenwärtige Situation von Verlusten unter der Bevölkerung auf beiden Seiten gekennzeichnet sei (vgl. auszugsweise Veröffentlichung der Rede unter www.auswaertiges-amt.de). Vor dem Hintergrund des Ausmaßes dieses gewalttätigen Konfliktes kann die Annahme einer extremen Gefahrenlage jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, was angesichts der hohen Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter zur Gewährung von Abschiebungsschutz führen muss.
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Ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK vermag das Gericht hingegen nicht festzustellen. Nach diesen Vorschriften ist eine Abschiebung eines abgelehnten Asylbewerbers unzulässig, wenn ihm im Zielstaat Folter, eine erniedrigende Strafe oder Behandlung droht. Eine Misshandlung i.S.v. Art. 3 EMRK setzt dabei ein geplantes, vorsätzliches, auf eine bestimmte Person gerichtetes Handeln voraus (BVerwG, U.v. 17.10.1995, BVerwG 99, 331). Die Gefahr einer individuellen gezielten Misshandlung besteht auch nicht erst dann, wenn eine eindeutiger Beweis für eine zu erwartende Misshandlung des Betroffenen vorhanden ist. Andererseits genügt aber auch nicht die Feststellung, in dem Zielstaat der Abschiebung herrschten rechtsstaatswidrige oder ganz allgemein nachteilige politische oder wirtschaftliche Verhältnisse (VGH Baden-Württemberg, U.v. 22.11.2000 - A 13 S 1205/97 - VGHBW-Ls 2001, Beilage 2, B 2). Es sind aber keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger einer über die Gefahr, im Zusammenhang mit einer israelischen Vergeltungsmaßnahme rechtserhebliche Beeinträchtigungen zu erleiden, der jeder Bewohner der Autonomiegebiete unterliegt, hinausgehend einer individuellen, in seiner Person begründeten Gefahr unterliegt.
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Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen von sonstigen Abschiebungshindernissen im Sinne von § 53 AuslG.
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Allerdings konnte die in Ziff. 4 des angefochtenen Bescheides verwendete Zielstaatsbestimmung Israel/Palästinensische Autonomiegebiete (Westbank) keinen Bestand haben. Nach § 50 Abs. 2 AuslG soll in der Abschiebungsandrohung der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll. Mit der verwendeten Bezeichnung ist indes kein Staat angegeben. Denn die Westbank ist nicht Teil des Staatsgebietes von Israel, sondern annektiertes Gebiet, dass teilweise unter palästinensischer Selbstverwaltung steht. Gleichwohl kontrolliert der Staat Israel die Außengrenzen der Westbank und ist darin auch als Staatsmacht präsent. Ein palästinensischer Staat existiert jedoch nicht, ebenso wenig eine palästinensische Staatsangehörigkeit. Das Westjordanland kann auch nicht als eigenstaatliches Gebilde angesehen werden, so dass der Klammerzusatz „Westbank“ weder im Zusammenhang mit der Bezeichnung „Israel“ noch allein mit den Vorgaben des § 50 Abs. 2 AuslG vereinbar ist (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 21.04.2003 - 11 LA 61/04 - m.w.N.). Die Zielstaatsbestimmung ist mithin fehlerhaft.
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Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung entsprechen im Übrigen den Vorgaben der §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylVfG und sind daher ansonsten nicht zu beanstanden. Die Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 AuslG lässt die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung im Übrigen unberührt (§ 50 Abs. 3 S. 3 AuslG).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG und entsprechender Anwendung von § 162 Abs. 3 VwGO. Es besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten, der sich zum Verfahren nicht geäußert hat, für erstattungsfähig zu erklären.
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