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| I. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Landratsamtes Heilbronn vom 13.04.2015 sowie der Widerspruchsbescheid des Landesgesundheitsamtes Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart vom 17.11.2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, da der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung beschränkt auf den Bereich der Osteopathie hat (§ 113 Abs. 5 VwGO). |
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| Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung - HeilprG - vom 17.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 251), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), in Verbindung mit der Ersten Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung - 1. DVO-HeilprG - vom 18.02.1939 (RGBl. I 1939 S. 259), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191). Danach bedarf der Erlaubnis, wer, ohne als Arzt bestallt zu sein, die Heilkunde ausüben will. Auf die Erteilung der Erlaubnis besteht ein Rechtsanspruch, wenn kein rechtsstaatlich unbedenklicher Versagungsgrund nach § 2 Abs. 1 der 1. DVO-HeilprG eingreift (BVerwG, Urteile vom 26.08.2009 - 3 C 19.08 -, juris Rn 9, und vom 21.01.1993 - 3 C 34.90 -, juris Rn. 27). |
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| 1. Die vom Kläger beabsichtigte Anwendung osteopathischer Behandlungsmethoden ohne ärztliche Verordnung ist eine heilkundliche Tätigkeit, die ohne Erlaubnis nicht ausgeübt werden darf. |
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| Die Ausübung der Heilkunde umfasst nach § 1 Abs. 2 HeilprG jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Maßgeblich sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse und die Gefahr gesundheitlicher Schäden (BVerwG, Urteile vom 26.08.2009 - 3 C 19.08 -, juris Rn. 11, und vom 10.02.1983 - 3 C 21.82 -, juris Rn. 19). |
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| Die eigenverantwortliche Anwendung osteopathischer Methoden zur Krankenbehandlung ist danach Ausübung der Heilkunde. Es ist davon auszugehen, dass die Osteopathie medizinische Fachkenntnisse voraussetzt und bei unsachgemäßer Ausübung gesundheitliche Schäden verursachen kann (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.09.2015 – I-20 U 236/13 -, juris Rn. 18; VG Düsseldorf, Urteil vom 08.12.2008 - 7 K 967/07 -, juris Rn. 25). Dies ergibt sich hinsichtlich der notwendigen medizinischen Fachkenntnisse bereits aus dem Vortrag des Klägers zum Selbstverständnis und zur Vorgehensweise bei einer osteopathischen Behandlung. Denn danach handelt es sich um einen ganzheitlichen Ansatz, so dass Kenntnisse über den Zusammenhang und das Zusammenspiel von Funktionen und Strukturen im Körper notwendig sind. Nach den Angaben der Beteiligten setzen manche osteopathischen Fachverbände 1350 Stunden Weiterbildung voraus. Auch dies lässt bereits für sich genommen auf das Erfordernis medizinischer Fachkenntnisse schließen. Eine Gefahrgeneigtheit der selbständigen Ausübung der Osteopathie liegt ebenfalls vor, denn nach der „Wissenschaftlichen Bewertung osteopathischer Verfahren" der Bundesärztekammer (Deutsches Ärzteblatt 2009, Seite A 2325 (A 2329)), die auf einer vom Vorstand zustimmend zur Kenntnis genommenen Ausarbeitung des wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer beruht und von einem Arbeitskreis des Wissenschaftlichen Beirats nach Anhörung der Fachkreise erstellt wurde, sind osteopathische Behandlungsmethoden nicht risikofrei. Sie erfordern danach eine umfassende ärztliche Untersuchung und Differentialdiagnose, um Komplikationen durch befunderhebende und therapeutische Maßnahmen insbesondere einer vorgeschädigten Struktur zu vermeiden (so auch VG Aachen, Urteil vom 03.03.2016 – 5 K 1114/14 –, juris Rn. 55). Unabhängig davon drohen bei der eigenverantwortlichen Anwendung osteopathischer Methoden zur Krankenbehandlung aber jedenfalls mittelbare Gefahren, weil ein Patient im Einzelfall davon absehen könnte, einen Arzt aufzusuchen, obwohl dies geboten wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.08.2010 – 3 C 28.09 –, juris Rn. 18). Im Falle einer (unerkannten) Neu- oder Wiedererkrankung könnten insbesondere frühere Patienten geneigt sein, statt eines Arztes einen selbstständig die Osteopathie ausübenden Behandler aufzusuchen, zu dem bereits eine länger dauernde Vertrauensbeziehung besteht. |
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| 2. Die Heilpraktikererlaubnis ist anders als die einem Arzt mit der Approbation erteilte Heilbefugnis grundsätzlich teilbar. Das Heilpraktikergesetz enthält weder dem Sinn noch dem Wortlaut nach ein Verbot der Erteilung einer inhaltlich beschränkten Erlaubnis. Bei Inkrafttreten des Gesetzes hat noch kein Bedürfnis für eine solche Beschränkung bestanden. Seitdem haben sich jedoch die Berufsbilder auf dem Sektor der Heilberufe in damals nicht vorhersehbarer Weise ausdifferenziert. Die Vorschriften des vorkonstitutionellen Heilpraktikergesetzes müssen daher im Lichte der Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG durch Auslegung an die gegenwärtigen Gegebenheiten angepasst werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst für den Bereich der Psychotherapie ausgesprochen (Urteil vom 21.01.1993 – 3 C 34.90 -, juris); die dortigen Erwägungen sind aber nicht darauf beschränkt, sondern gelten allgemein. Eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden Kenntnisüberprüfung ist zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung nicht erforderlich, wenn ein Antragsteller die Heilkunde nur auf einem abgrenzbaren Gebiet oder nur eine eindeutig umrissene Therapieform ausüben möchte. In diesem Fall reicht es aus, eine auf dieses Gebiet beschränkte Erlaubnis zuzusprechen, solange sichergestellt ist, dass der Betreffende die Grenzen seines Könnens kennt und beachtet (BVerwG, Urteil vom 26.08.2009 – 3 C 19.08 -, juris Rn. 18). |
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| Voraussetzung dafür, dass eine beschränkte Heilpraktikererlaubnis erteilt werden kann, ist, dass der entsprechende Bereich hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar ist. Es muss ein normativer Rahmen bestehen, angesichts dessen nicht zu befürchten ist, dass in der Praxis Unklarheiten darüber bestehen könnten, ob eine bestimmte Maßnahme zu dem entsprechenden Bereich – hier der Osteopathie – zählt oder nicht (BVerwG, Urteil vom 26.08.2009 – 3 C 19.08 -, juris Rn. 19). Für die Ausdifferenziertheit und die Abgrenzbarkeit können die gesetzliche Beschreibung der Ausbildungsziele und Aufzählung der Behandlungsmethoden und Therapieformen des entsprechenden Gebiets in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung herangezogen werden sowie die Tatsache, ob es sich um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel handelt (so für die Physiotherapie: BVerwG, Urteil vom 26.08.2009 – 3 C 19.08 -, juris Rn. 18). |
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| Der Bereich der Osteopathie erfüllt diese Voraussetzungen nicht, da er nicht hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar ist (so auch VG Aachen, Urteil vom 03.03.2016 – 5 K 1114/14 –, juris). Um von anderen heil(hilfs-)beruflichen Bereichen abgrenzbar zu sein, benötigt es eine verbindliche Festlegung auf einheitliche Inhalte der Tätigkeit, also was Osteopathie ist, welche Behandlungsmethoden und -formen sie umfasst, zur Behandlung welcher Krankheiten sie eingesetzt wird und wo ihre Grenzen liegen. Diese Festlegung muss für alle Anwender in diesem Bereich gelten und darf nicht nur auf freiwilliger Basis bestehen. Außerdem muss diese Festlegung bundeseinheitliche Geltung haben, da der Kläger bei Erteilung einer beschränkten Heilpraktikererlaubnis aufgrund der bundesweiten Geltung des Heilpraktikergesetzes berechtigt wäre, seinen Bereich der Heilkunde im gesamten Bundesgebiet anzuwenden. Nur wenn verbindlich für alle in Deutschland geklärt ist, was Osteopathie ist und umfasst, und alle Anwender verpflichtet sind, sich daran zu halten, können in der Praxis keine Unklarheiten darüber aufkommen, ob eine bestimmte Maßnahme zur Osteopathie zählt oder nicht. |
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| a. Zunächst ist festzustellen, dass es für den Bereich der Osteopathie – anders als bei der Psychotherapie, der Physiotherapie, der Podologie, der Ergotherapie und der Logopädie - (bisher) keinen normativen Rahmen gibt, der eine verbindliche Festlegung des Bereichs der Osteopathie darstellen würde. |
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| Ein „Osteopathie-“ oder „Osteopathen-Gesetz“, welches mit dem Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeutengesetz, PsychThG), dem Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie (Masseur- und Physiotherapeutengesetz, MPhG), dem Gesetz über den Beruf der Podologin und des Podologen (Podologengesetz, PodG), dem Gesetz über den Beruf der Ergotherapeutin und des Ergotherapeuten (Ergotherapeutengesetz, ErgThG) oder dem Gesetz über den Beruf des Logopäden (Logopädengesetz, LogopG) vergleichbar wäre und bundeseinheitlich definieren würde, was Osteopathie ist und umfasst, gibt es (derzeit) nicht. Weiterhin gibt es keine staatlich geregelte Ausbildung für Osteopathen und auch keine staatliche Prüfung, aufgrund derer jemand berechtigt wäre, sich Osteopath zu nennen. Im Gegenteil gibt es lediglich verschiedene (private) Ausbildungsmöglichkeiten für Osteopathen. Da es hierfür jedoch keine bundeseinheitlichen gesetzlichen Vorgaben gibt, steht es jeder Schule oder sonstigen Ausbildungsmöglichkeit offen, ihr eigenes Ausbildungsprogramm zusammenzustellen. Zwar gibt es in Hessen eine Verordnung einer Weiterbildungs- und Prüfungsordnung im Bereich der Osteopathie (WPO-Osteo) vom 04.11.2008. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um die Regelung zum Führen einer Weiterbildungsbezeichnung für Personen, die eine Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung Physiotherapeuten, Masseur und medizinische Bademeister oder zur Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz besitzen. Diese Verordnung stellt daher keine bundeseinheitliche Regelung einer Ausbildung dar. Außerdem bewirken diese Regelungen nicht, dass ein eigenständiger Beruf „Osteopath“ entsteht (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 18.06.2009 - 3 C 2604/08.N -, juris). |
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| Weiterhin ist die Osteopathie auch nicht als Heilmittel im Sozialgesetzbuch V (SGB V) und in der Heilmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses in der Fassung vom 20.01.2011/19.05.2011, zuletzt geändert am 19.05.2016, vorgesehen. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerseite darauf hingewiesen, dass osteopathische Leistungen von gesetzlichen Krankenkassen nach deren Satzungsrecht übernommen werden und hierfür beispielhaft § 27b der Satzung der Techniker Krankenkasse angeführt. Danach können Versicherte auf ärztliche Veranlassung osteopathische Leistungen in Anspruch nehmen, sofern die Behandlung medizinisch geeignet ist, um eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern und die Behandlungsmethode nicht durch den Gemeinsamen Bundesausschuss ausgeschlossen wurde. Der Anspruch setzt voraus, dass die Behandlung qualitätsgesichert von einem Leistungserbringer durchgeführt wird, der eine osteopathische Ausbildung in den Bereichen Parietale, Viszerale und Craniale Osteopathie mit einer erfolgreichen Abschlussprüfung absolviert hat und Mitglied eines Berufsverbandes der Osteopathen ist oder aufgrund dieser abgeschlossenen Ausbildung zum Beitritt in einen Verband der Osteopathen berechtigt wäre (abrufbar im Internet: https://www.tk.de/centaurus/servlet/contentblob/48710/ Datei/59376/TK-Satzung-Stand-01-01-2017.pdf). Es handelt sich dabei jedoch um eine Satzungsleistung, also nicht um einen Bestandteil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung. Diese Leistung erfolgt also freiwillig durch die jeweilige Krankenkasse. Eine verbindliche und einheitliche Regelung liegt damit gerade nicht vor. Stattdessen zeigt diese Regelung der Techniker Krankenkasse vielmehr, dass es gerade keinen einheitlichen Standard für Osteopathie-Behandlungen und für die Osteopathie-Ausbildung gibt. Indem die Techniker-Krankenkasse die Kosten für eine osteopathische Behandlung nur dann übernimmt, wenn der Behandler eine osteopathische Ausbildung in den Bereichen Parietale, Viszerale und Craniale Osteopathie erfolgreich abgeschlossen hat und Mitglied eines Berufsverbandes der Osteopathen bzw. zum Beitritt berechtigt ist, will sie zum Schutz ihrer Patienten einen Anreiz dafür schaffen, dass ihre Versicherten nur zu einem qualitativ gut ausgebildeten Osteopathen gehen. Gerade dies zeigt jedoch im Umkehrschluss, dass es auch Personen geben kann, welche sich Osteopathen nennen, jedoch keine qualitativ hochwertige Ausbildung in der Osteopathie haben. Einheitlich festgelegte Standards existieren jedoch auch hier nicht. Jede Krankenkasse kann selbst bestimmen, ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen sie Kosten für eine osteopathische Behandlung übernimmt. |
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| b. Eine einheitliche und verbindliche Festlegung könnte sich jedoch möglicherweise auch durch Vorgabe von Standards durch die Berufsverbände - beispielsweise hinsichtlich der Ausbildung von Osteopathen - ergeben. Hierbei wäre jedoch ebenfalls zu beachten, dass solche Festlegungen verpflichtende Geltung für alle Anwender von Osteopathie entfalten müssten. Ob solche Festlegungen durch eine verbindliche Vereinbarung zwischen den Verbänden zur Abgrenzung der Osteopathie tatsächlich ausreichend wäre oder nicht doch normativ bestimmt werden muss, kann das Gericht vorliegend allerdings offen lassen, da es (derzeit) keine solche allgemeinverbindliche Festlegung gibt. |
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| Es gibt in Deutschland zahlreiche Berufsverbände für Osteopathen. Einige dieser Verbände haben sich zur „Konsensgruppe Osteopathie Deutschland“ zusammengeschlossen. Die sieben Gründungsmitglieder im Jahr 2012 waren die Akademie für Osteopathie e.V. (AFO), die Bundesarbeitsgemeinschaft Osteopathie e.V. (BAO), der Bundesverband Osteopathie e.V. (BVO), der Deutsche Verband für Osteopathische Medizin e.V. (dvom), die Deutsche Gesellschaft für Osteopathische Medizin e.V. (DGOM), das Register der Traditionellen Osteopathen in Deutschland GmbH (ROD) und der Verband der Osteopathen e.V. (VOD) (vgl. http://konsensgruppe-osteopathie.de). Als Mitglieder werden auf der Internet-Seite der Konsensgruppe allerdings nur noch fünf der ursprünglichen Gründungsmitglieder aufgeführt, nämlich die Akademie für Osteopathie e.V. (AFO), die Bundesarbeitsgemeinschaft Osteopathie e.V. (BAO), der Deutsche Verband für Osteopathische Medizin e.V. (dvom), das Register der Traditionellen Osteopathen in Deutschland GmbH (ROD) und der Verband der Osteopathen e.V. (VOD) (vgl. http://konsensgruppe-osteopathie.de/mit-glieder). Über diese Berufsverbände hinaus finden sich jedoch noch weitere Berufsverbände, beispielsweise die Berliner Akademie für Osteopathische Medizin e.V. (BAOM), die Deutsche Ärztegesellschaft für Osteopathie e.V. (dägo) oder die Deutsch-Amerikanische Akademie für Osteopathie e.V. (DAAO) (vgl. „Wissenschaftlichen Bewertung osteopathischer Verfahren" der Bundesärztekammer, in: Deutsches Ärzteblatt 2009, Seite A 2325 (A 2333)). Dies zeigt, dass es keine einheitliche Vertretung der als Osteopathen arbeitenden Personen in Deutschland gibt. Auch die Bedingungen für eine Mitgliedschaft in diesen Verbänden variiert zwischen 300 und 1350 Stunden in der Weiterbildung (vgl. http://www.osteopathie.de/osteopathie-behandlung). Die „Konsensgruppe Osteopathie Deutschland“ mag zwar nach den Angaben der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung aus den namhaftesten Verbänden bestehen und ca. 95 % aller Osteopathen vertreten. Dies ändert jedoch nichts daran, dass es trotzdem zahlreiche weitere Verbände gibt und ca. 5 % der Osteopathen nicht durch einen Verband der „Konsensgruppe Osteopathie Deutschland“ vertreten werden. Einen Zwang zur Mitgliedschaft in einem Berufsverband für Osteopathen oder gar in einem bestimmten Berufsverband existiert nicht. Es könnte auch jederzeit ein neuer Berufsverband mit wieder anderen Bedingungen für die Mitgliedschaft gegründet werden. Insofern verfügt keiner dieser Berufsverbände und auch nicht die „Konsensgruppe Osteopathie Deutschland“ über die Definitionsmacht, allgemeinverbindlich festzulegen, was Osteopathie ist, welche Behandlungsmethoden und -formen sie umfasst, zur Behandlung welcher Krankheiten sie eingesetzt wird, wo ihre Grenzen liegen und wie die Ausbildung zum Osteopathen aussieht. Durch diese fehlende Allgemeinverbindlichkeit ist beispielsweise nicht gesichert, dass jemand, der sich Osteopath nennt, auch die Höchstzahl von 1350 Stunden in der Weiterbildung absolviert hat. |
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| c. Es existiert noch nicht einmal eine einheitliche Definition der Osteopathie, die allgemein anerkannt und allgemeinverbindlich wäre (vgl. „Wissenschaftlichen Bewertung osteopathischer Verfahren" der Bundesärztekammer, in: Deutsches Ärzteblatt 2009, Seite A 2325 (A 2325 und A 2331); Dr. Birgit Schröder, Osteopathie und Recht - Erfahrungen aus der anwaltlichen Praxis, in: GesR 2016, 281). Insofern kann dem Vorbringen der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung, dass sich eine allgemeine Verkehrsauffassung herausgebildet hätte, was Osteopathie sei, nicht gefolgt werden. Auch das weitere Vorbringen der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung, dass die Osteopathie wissenschaftlich durchdrungen sei, führt nicht zu einer Abgrenzbarkeit der Osteopathie zu anderen Fachbereichen. |
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| d. Für die Einholung eines Sachverständigengutachtens, wie der Kläger es mit Schriftsatz vom 30.03.2016 angeregt hat, bestand kein Anlass. Denn bei der hinreichenden Ausdifferenziertheit und Abgrenzbarkeit handelt es sich nicht um medizinisch-fachliche Tatsachen, die einem Beweis zugänglich wären. |
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| e. Der Klage verhilft es auch nicht zum Erfolg, dass sich der Kläger darauf beruft, dass eine beschränkte Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet der Chiropraktik anerkannt worden sei (VG Frankfurt a.M., Urteile vom 01.07.2009 - 12 K 30/08.F - und vom 27.05.2014 - 4 K 2714/12.F -; VG Leipzig, Urteil vom 11.07.2013 - 5 K 1161/11 -, alle juris) und Osteopathie damit vergleichbar sei. Denn die These, dass es eine beschränkte Heilpraktikererlaubnis auf dem Gebiet der Chiropraktik geben müsse, weil dieses abgrenzbar sei, überzeugt das Gericht nicht. Für die Chiropraktik gibt es - ebenso wie für die Osteopathie - kein einheitliche und für alle geltende Festlegung zu ihrem Inhalt und Umfang. Soweit sich die Verwaltungsgerichte Frankfurt und Leipzig bezüglich der Abgrenzbarkeit der Chiropraktik auf Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation zu Mindestanforderungen an das Studium und zur Sicherheit in der Chiropraktik und auf die gesetzlichen Regelungen in anderen Ländern zur Ausbildung zum Chiropraktor und deren Berufsausübung beziehen, fehlt es diesen Regelungen jedoch an einer Verbindlichkeit in Deutschland für diejenigen, die hier Chiropraktik ausüben. |
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| f. Auch die Berufung des Klägers auf das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 08.09.2015 - I-20 U 236/13 - (juris) führt nicht zu einem Anspruch des Klägers auf eine Heilpraktikererlaubnis beschränkt auf das Gebiet der Osteopathie. Denn das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in diesem Urteil entschieden, dass eine Heilpraktikererlaubnis beschränkt auf das Gebiet der Physiotherapie nicht dazu ermächtigt, Osteopathie auszuüben. Um Osteopathie eigenverantwortlich auszuüben, sei eine unbeschränkte Heilpraktikererlaubnis notwendig. Das Urteil trifft jedoch keine Aussage darüber, ob eine Heilpraktikererlaubnis beschränkt auf das Gebiet der Osteopathie zulässig ist. Denn dies zu entscheiden obliegt den Verwaltungsgerichten. |
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| 3. Da der Bereich der Osteopathie nicht hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar ist und die Erteilung einer beschränkten Heilpraktikererlaubnis auf dem Gebiet der Osteopathie damit nicht in Betracht kommt, ist über die Notwendigkeit einer Kenntnisprüfung daher nicht mehr zu entscheiden. |
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| III. Die Berufung und die Sprungrevision werden zugelassen, weil die Beschränkbarkeit der Heilpraktikererlaubnis auf den Bereich der Osteopathie grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO bzw. § 134 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat. |
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