Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 05. Juli 2018 - 14 K 2804/16

published on 05/07/2018 00:00
Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 05. Juli 2018 - 14 K 2804/16
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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Anordnung des LRA ... vom 17.09.2014 mit der ihr die Beseitigung von Spritzasbest aufgegeben wurde, sowie gegen die zur Durchführung dieser Maßnahme am 30.09.2014 verfügte Zwangsgeldandrohung, die Zwangsgeldfestsetzung und Androhung der Ersatzvornahme im Bescheid vom 19.11.2014 sowie die im Bescheid vom 30.12.2014 unter Ziffer 1 festgesetzte Ersatzvornahme.
Im Zeitraum vom 11.08.2014 - 15.08.2014 nahm die Klägerin, ein im Holzbau tätiger, aber auch Dachsanierungen gem. Anhang I Nr. 2.4.2 Abs. 3 der GefStoffV durchführender Betrieb, am Dach des (seit 2007) im Eigentum der Beigeladenen stehenden ca. 580 m2 großen Lagerschuppens in ... (Baujahr 1962) Sanierungsarbeiten vor. Diese erfolgten aufgrund eines im Jahre 2013 aufgetretenen Hagelschadens. Dabei führte die Klägerin einen Teil der Arbeiten - die Demontage der ca. 50 Jahre alten asbesthaltigen Faserzementplatten (Eternitplatten) - als Subunternehmerin für die Firma ... durch. Nach der ursprünglichen mit der Beigeladenen getroffenen vertraglichen Vereinbarung sollte die Klägerin zunächst nur das Dach mit neuen, asbestfreien Wellplatten eindecken, wohingegen die Abdeckung und Entsorgung der alten Eternit-Dachplatten durch die Firma ... erfolgen sollte. Da mit den Sanierungsarbeiten aufgrund eines seinerzeit auf dem Dach des Lagers befindlichen Vogelnestes frühestens ab 01.08.2014 begonnen werden konnte, war es der Firma ... damals nicht mehr möglich, die Abdeckarbeiten durchzuführen. Die Firma ... und die Klägerin kamen daher überein, dass die Klägerin auch die Demontage und das Verbringen der Eternitplatten zum Abtransport übernimmt, während die Firma ... ausschließlich die Entsorgung der demontierten Platten vornehmen sollte.
Am 12.08.2014 nahm ein Mitarbeiter des LRA ... die Baustelle aufgrund einer Beschwerde in Augenschein. Hierbei stellte er Defizite bei der Ausführung der Sanierungsarbeiten fest und ordnete daraufhin mündlich deren umgehende Behebung, namentlich das Absaugen der Unterkonstruktion und die Behandlung der Platten mit Restfaserbindemittel, an.
Im Zuge der Dachsanierungsarbeiten stellte der damalige Pächter der Lagerhalle, Herr ..., der die Räumlichkeiten zur Unterbringung von Material und Maschinen für seinen Landschaftsgarten-Betrieb nutzte, in der Halle sowie auf den dort gelagerten Geräten gräuliche Fasernester und organische Verunreinigungen fest. Durch eine von Herrn ... bei der Firma C am 14.08.2014 in Auftrag gegebene rasterelektronenmikroskopische Analyse wurde in vier an unterschiedlichen Stellen der Halle und einer an einem Eternitbruchstück genommenen Materialprobe eine Kontamination mit 80 % Chrysotil (schwach-gebundenes Weißasbest) im Faseranteil gutachterlich nachgewiesen. Aufgrund dieses Ergebnisses, welches ein erhöhtes Risiko der Faserfreisetzung bedeutete, wurde von Herrn ... ein Gutachten bei der Firma C in Auftrag gegeben. Von dieser wurden sodann am 19.08.2014 auch die Ränder der in Entsorgungssäcken gelagerten, abgedeckten Eternitplatten (drei Proben) auf Spritzasbestantragungen hin untersucht. Nach dem Gutachten der Firma C vom 29.08.2014 konnte hieran laut des Laborleiters H ebenfalls das identische Spritzasbest in lockerer Matrix, der nicht unmittelbar zur Platte gehörte, festgestellt werden. Lediglich eine an einem Eternitbruchstück entnommene Probe wies einen Faseranteil von 10% und ansonsten eine feste Bindung an die Matrix auf (Gutachten Firma C v. 29.08.2014, S. 7). Nach einer ersten Einschätzung des Gutachters H „... stammen die Kontaminationen, im speziellen die gräulichen Fasernester mit großer Wahrscheinlichkeit von den Rändern der großen Eternitplatten. Der Spritzasbest wurde hier eventuell zum Abdichten der Zwischenräume zwischen den Platten verwendet. Der Struktur nach liegt bereits ein hoher Verwitterungsgrad vor, die Fasern liegen weitgehend frei und sind leicht abspaltbar. Die Verwendung einer speziellen Asbest-Benetzungsflüssigkeit in diesen Randbereichen konnte an den Platten und um die besagten Bereiche nicht festgestellt werden. Anhand der Menge und Lage der Fasernester im Gebäude ist von einer weitgehenden Kontamination mit freien Asbestfasern im gesamten Innenraum, ..., auszugehen. Die wahrscheinlichste Ursache der Kontamination sind die mit Spritzasbest versehenen Kanten der Eternitplatten, verbunden mit einer unsachgemäß durchgeführten Dachsanierung.“ (Gutachten Firma C vom 29.08.2014, S. 9). Diese Einschätzung wurde durch Herrn H am 30.01.2015 in einem ergänzenden Gutachten nochmals bekräftigt. Im angetroffenen Zustand sei eine Freisetzung der Fasern ohne die Dacharbeiten nicht vorstellbar und durch normale Verhältnisse wie Erschütterung oder Luftzug nicht zu erklären.
Um Umweltgefährdungen vorzubeugen, untersagte das LRA ... am 18.08.2014 mündlich das weitere Betreten des Schuppens und forderte die Klägerin mit Schreiben vom 25.08.2014 zur Reinigung der Halle durch einen hierfür gem. Anhang I Nr. 2.4.2 Absatz 4 GefStoffV zugelassenen Fachbetrieb bis spätestens 15.09.2014 auf, da die Klägerin selbst nicht über die erforderliche Zulassung verfügt. Für den Fall der Nichtvornahme stellte das LRA eine entsprechende gebührenpflichtige Beseitigungsanordnung in Aussicht.
Hierzu nahm die Klägerin mit Schriftsatz vom 08.09.2014 Stellung. Im Wesentlichen führte sie aus, dass sie die Dachplatten vor den Sanierungsarbeiten sorgfältig untersucht und hieran keinen Spritzasbest festgestellt habe. Auf der Oberfläche der Platten seien keinerlei Antragungen erkennbar gewesen, die auf freien Asbest hingedeutet hätten. Hätte sie solchen festgestellt, hätte sie die Arbeiten von vornherein nicht ausgeführt, bzw. aufgrund der damit verbundenen Gefahr unverzüglich eingestellt. Darüber hinaus habe die Beigeladene Sorge dafür tragen müssen, dass die Mitarbeiter der Klägerin bei den Arbeiten nicht gefährdet würden. Im Übrigen sei der Spritzasbest auch schon weit vor Beginn der Sanierungsarbeiten im Gebäude vorhanden gewesen und die Beigeladene als Eigentümerin des Lagerschuppens und Inhaberin der Gefahrenquelle vorrangig in Anspruch zu nehmen.
In der Folgezeit kam die Klägerin der Verfügung des LRA ... innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so dass das LRA - wie angekündigt - mit Bescheid vom 17.09.2014 gegenüber der Klägerin die umgehende vollständige Beseitigung der festgestellten, leicht flüchtigen, weißen Asbestfasern (Spritzasbest) auf dem Grundstück der Beigeladenen durch einen dafür zugelassenen Fachbetrieb anordnete (Ziffer 1) und die Klägerin zur Anzeige über dessen Beauftragung verpflichtete (Ziffer 2). Gleichzeitig wurde die sofortige Vollziehung der unter Ziffer 1 angeordneten Maßnahme ausgesprochen (Ziffer 3). In der Begründung zur Heranziehung der Klägerin führte das LRA an, die Klägerin werde als Handlungsstörerin in Anspruch genommen, weil die Entdeckung der Spritzasbestnester in unmittelbarem räumlich-zeitlichen Zusammenhang mit den Arbeiten am Dach stehe. Aufgrund des Gutachtens des H vom 29.08.2014 sei mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Klägerin die Kontamination verursacht habe. Es gebe keine Hinweise auf eine alternative Herkunft der Asbestrückstände. Daher gelte es aus ihrer Sicht als erwiesen, dass die von der Klägerin nicht ordnungsgemäß erfolgten Sanierungsmaßnahmen Ursache der Freisetzung des Spritzasbestes seien. Vor Durchführung der Dachsanierung sei im Inneren des Schuppens jedenfalls kein Spritzasbest vorhanden gewesen. Die Inanspruchnahme der Gemeinde als Eigentümerin des Lagerschuppens sei nicht ersichtlich, da beide Störer gleichermaßen in der Lage seien, die Gefahr durch entsprechende Beauftragung eines Fachbetriebs zu beseitigen. Eine besondere Gefahrenquelle durch die Anhaftung des Spritzasbestes am Dach sei durch die Gemeinde nicht geschaffen worden, insbesondere sei die Verwendung von Spritzasbest zur Dämmung und Abdichtung bis zum Jahr 1979 zulässig gewesen. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Gemeinde ... durch die Beauftragung der Klägerin eine zumindest abstrakte Gefahrenquelle durch die Sanierung des Daches habe beseitigen wollen. Der Sofortvollzug sei zur Vermeidung von Gefahren für die menschliche Gesundheit anzuordnen.
Hiergegen legte die Klägerin am 23.09.2014 Widerspruch ein und beantragte, dessen aufschiebende Wirkung wiederherzustellen; hilfsweise die Vollziehung nach § 80 Abs. 4 VwGO auszusetzen. Zur Begründung verwies sie nochmals auf ihre Nicht-Störer-Eigenschaft und trug ergänzend vor, dass Spritzasbest in der Praxis niemals zur Abdichtung von Fugen in Eterniteindeckungen genutzt worden sei und es daher unerklärlich sei, woher der Asbest stamme. Es könne daher keinesfalls gefordert werden, dass die Dachfläche vorab ohne entsprechende Verdachtsmomente nach fiktivem Spritzasbest abgesucht werden müsse. Allein der Umstand, dass bis ins Jahr 1979 auch Spritzasbest in anderem Zusammenhang verwendet wurde, müsse nicht zu der Annahme führen, dass dieser zur Abdichtung des Schuppendachs verwendet worden wäre. Jedenfalls sei der flüchtige Spritzasbest bereits vor Beginn der Arbeiten in der Halle verbaut gewesen; die Klägerin habe somit keine Gefahr geschaffen, die nicht bereits vorhanden war. Vielmehr sei es auch ohne die Dachsanierung jederzeit möglich gewesen, dass sich das Spritzasbest durch kleinste Erschütterungen, wie beispielsweise Hagel oder starken Regen, in der Halle verteile.
Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte das LRA ... mit Schreiben vom 29.09.2014 ab und legte den Widerspruch dem Regierungspräsidium ... am 30.09.2014 zur Entscheidung vor.
10 
Da die Klägerin bis zum 17.09.2014 keinerlei Maßnahmen zur Entsorgung des in der Lagerhalle befindlichen Spitzasbests ergriffen hatte, drohte das LRA ihr mit Bescheid vom 30.09.2014 ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000,00 EUR für den Fall an, dass sie nicht mit Frist bis zum 17.10.2014 einen Fachbetrieb beauftragte. Auch hiergegen legte die Klägerin am 13.10.2017 Widerspruch ein.
11 
Nachdem auch die erneute Frist verstrichen war, setzte das LRA mit Bescheid vom 19.11.2014 das gegenüber der Klägerin bereits angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 3.000,00 EUR (Ziffer I) unter gleichzeitiger Androhung der Ersatzvornahme und Fristsetzung bis zum 03.12.2014 fest (Ziffer II). Die dabei voraussichtlich anfallenden Kosten bezifferte das LRA aufgrund eines auf Basis eines Ortstermins bei der Firma G (im Folgenden: G) eingeholten Kostenvoranschlags vom 06.11.2014 mit 100.000,00 EUR.
12 
Auch hiergegen legte die Klägerin am 25.11.2014 insgesamt Widerspruch ein und beantragte wiederum, die Vollziehung gem. § 80 Abs. 4 VwGO auszusetzen. Auch diesen Antrag lehnte das LRA mit Schreiben vom 10.12.2014 ab.
13 
Zuletzt setzte das LRA die am 19.11.2014 angedrohte Ersatzvornahme mit Bescheid vom 30.12.2014 fest und bezifferte deren voraussichtliche Kosten gemäß Kostenvoranschlag der Firma G vom 06.11.2014 in Höhe von 99.424,50 EUR (Ziffer 1 u. 2). Gleichzeitig forderte es die Klägerin zur Vorauszahlung der für die Ersatzvornahme notwendigen Kosten in voller Höhe bis zum 16.05.2015 auf (Ziffer 3) und ordnete diesbezüglich die sofortige Vollziehung an (Ziffer 4). Leitend für die Vorauszahlung der Kosten sei die zügige Durchführung der Ersatzvornahme. Eine Vorfinanzierung aus allgemeinen Haushaltsmitteln sei nicht möglich, bzw. würde zu einer erheblichen Verzögerung der Durchführung der Ersatzvornahme führen. Ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin, erst nach der Durchführung der Ersatzvornahme in Anspruch genommen und damit finanziell günstiger gestellt zu werden, bestehe nicht. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass das Recht auf Nachforderung unberührt bliebe, wenn sich herausstelle, dass die Ersatzvornahme tatsächlich höhere Kosten verursache.
14 
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin wiederum am 08.01.2015 Widerspruch und beantragte, die aufschiebende Wirkung hinsichtlich Ziffer 3 des Bescheids wiederherzustellen. Zur Begründung verwies sie im Wesentlichen auf die bereits vorgelegten Schriftsätze und führte ergänzend aus, dass in keiner Weise dargetan sei, warum eine Vorfinanzierung aus allgemein Haushaltsmitteln nicht möglich sei.
15 
Am 12.01.2015 stellte die Klägerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart einen Antrag auf einstweiligen Rechtschutz und beantragte, die aufschiebende Wirkung ihrer Widersprüche gegen die Beseitigungsverfügung vom 17.09.2014 sowie gegen die Vorauszahlungsanordnung, Ziffer 3 des Bescheides vom 30.12.2014, wiederherzustellen und die getroffenen Vollziehungsmaßnahmen aufzuheben.
16 
Mit Beschluss vom 24.08.2015 (2 K 99/15) hat das Verwaltungsgericht im Eilverfahren über die Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO entschieden und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 08.01.2015 gegen Ziffer 3 des Bescheides vom 30.12.2014 (Vorauszahlungsanforderung) wiederhergestellt; im Übrigen hat es die Anträge zurückgewiesen. Nach summarischer Prüfung des Verwaltungsgerichts habe das Landratsamt die Klägerin als Handlungsstörerin zu Recht auf Grundlage des § 23 Abs. 1 ChemG i.V.m. § 2 Abs. 1, § 8 Abs. 1 und 4 GefStoffV zur Sanierung in Anspruch genommen. Das Fehlverhalten der Klägerin und die dadurch erhöhte Kontaminationsgefahr rechtfertigten jedenfalls ihre alleinige Inanspruchnahme zur vollständigen Gefahrbeseitigung auf Primärebene. Denn sie habe die Kontaminationsgefahr zumindest erhöht, indem sie das Dach - wie das vom Beklagten vorgelegte Foto F1 zeige - gekehrt habe und es unterlassen habe, Restfaserbindemittel auf den unbeschichteten Asbestplatten zu verwenden. Dies sei im Gutachten des Herrn H vom 29.08.2014 mit der Ergänzung vom 30.01.2015 festgestellt worden und bereits am 12.08.2014 vom LRA ... moniert worden. Die Klägerin hätte ihre Tätigkeit mit Erkennen der Spritzasbestnester sofort einstellen müssen und die Gemeinde ... als Eigentümerin hierüber informieren müssen. Hinsichtlich der mit der Festsetzung der Ersatzvornahme zugleich vorab geforderten Kosten, äußerte das Verwaltungsgericht Zweifel an deren Rechtmäßigkeit und verneinte diesbezüglich die Eilbedürftigkeit der Vollstreckung. Auf der Sekundärebene könne die Verantwortlichkeit im Sinne einer kumulativen Inanspruchnahme, „pro-rata“-Haftung, bei der auch die Beigeladene anteilig Kosten der Asbestbeseitigung zu tragen habe, gegeben sein. Hierbei könne der Gesichtspunkt der Lastengerechtigkeit eine Rolle spielen. Besondere Dringlichkeit der Vorauszahlung sei nicht ersichtlich. Ein Überwiegen des Vollzugs- gegenüber dem Suspensivinteresse bestehe diesbezüglich nicht.
17 
Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin am 11.09.2015 Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg erhoben, die dieser mit Beschluss vom 14.12.2015 (1 S 1912/15), in dem er die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutz bestätigte, zurückgewiesen hat.
18 
Die Widersprüche des mehrstufigen Verfahrens wurden dem Regierungspräsidium ... vom LRA ... unter Anschluss an die angefallenen Akten insoweit zur Entscheidung vorgelegt, als die Gerichte zugunsten des Beklagten entschieden hatten. Die Vorlage des Widerspruchs vom 08.01.2015 bezog sich ausschließlich auf die Festsetzung der Ersatzvornahme (Ziffer 1 des Bescheides vom 30.12.2014). Laut des 3. Vorlageberichts vom 02.03.2016 und der Mitteilung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ist das Abhilfeverfahren beim LRA bezüglich der Anforderung der voraussichtlichen Kosten (Ziffer 3 des Bescheides vom 30.12.2014) noch nicht abgeschlossen.
19 
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2016, zugestellt am 13.04.2016, wies das Regierungspräsidium ... die Widersprüche der Klägerin allesamt - bis auf die vorschussweise Einforderung der Kosten - zurück und führte zur Begründung aus, die Verfügung vom 17.09.2014 sei vom LRA ... rechtmäßig erlassen worden. Nach den Erkenntnissen, die sich aus dem ergänzenden Gutachten der Firma C vom 30.01.2015 ergäben, habe die Klägerin gegen § 8 Abs. 4 GefStoffV i.V.m. Ziff. 8.1. Abs.1, Ziff. 16.2 und 18 Abs. 3 der TRGS 519 verstoßen. Insbesondere hätte die Klägerin mit dem Wahrnehmen der Spritzasbestfasern die Arbeiten einstellen und die Beigeladene als Eigentümerin des Schuppens über die Vorgänge in Kenntnis setzen müssen. Die Heranziehung der Klägerin zur vollständigen Inanspruchnahme sei auf der Primärebene durch ihr Fehlverhalten und der damit verbundenen erhöhten Kontaminationsgefahr gerechtfertigt. Unter dem Gesichtspunkt der Effektivität der Gefahrenabwehr sei es nicht rechtsfehlerhaft, gegen der Klägerin als Handlungsstörerin vorzugehen. Überdies sei ihre alleinige Inanspruchnahme - als eine mit Sanierungsarbeiten befasste Firma - durch ihre größere Sachnähe gerechtfertigt.
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Die Klägerin hat am 12.05.2016 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihre im Vor- und Eilverfahren geltend gemachten Ausführungen. Ergänzend führt sie sechs Punkte an, die das Verwaltungsgericht im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes ebenso wie der Verwaltungsgerichtshof bei der vorgenommenen summarischen Prüfung nicht berücksichtigt hätten, die zwischenzeitlich erkannt worden seien. Sie ist der Meinung, die Gerichte seien aus diesem Grund fälschlicherweise von der Handlungsstörereigenschaft der Klägerin ausgegangen. Indes seien die Asbestfasern nicht durch das Verhalten der Klägerin in der Halle verteilt worden. Das Auftreten von Spritzasbest stehe in keinem Zusammenhang mit den Abdeckarbeiten. Der Ursprungsort der leicht flüchtigen Asbestfasern sei ebenso wie die vorherige Nutzung der Scheune weder bekannt gewesen, noch ermittelt worden. Vielmehr sei die Verteilung der Fasernester auf einen massiven Hagelschaden im Jahre 2013 zurückzuführen, der auch Anlass für die Neueindeckung des Dachs gewesen sei. Zusätzlich könne das kontinuierliche Bewegen der schweren Maschinen seitens des Landschaftsgärtner-Betriebs zur Verbreitung der flüchtigen Asbestfasern in der Halle geführt haben. Weiterhin habe es sich bei den demontierten Platten um beschichtete Platten gehandelt. Diese seien bei der Demontage nicht notwendigerweise mit Flüssigkeit zu benetzen. Lose Rückstände, Moos, Flechten, seien mit einem Staubsauger entfernt worden, um die Schrauben zur Demontage der Platten zu lösen. Auch treffe es nicht zu, dass die Klägerin Rückstände auf den alten asbesthaltigen Wellzementplatten gekehrt habe. Die Montage- und Demontagearbeiten seien zwar nicht parallel, aber in zeitlich engem Zusammenhang ausgeführt worden. Es sei lediglich auf den neu montierten Dachplatten gekehrt worden, um eine Rutschgefahr, die durch den bei Bohrung entstandenen Staub aufgetreten sei, zu beseitigen. Im Allgemeinen enthielten Faserzementplatten nur gebundene Asbestfasern und seien daher nur dann gefährlich, wenn es zu Abbrüchen komme, bei denen der sonst gebundene Asbest frei werde. Die Klägerin habe die Eternitplatten somit absolut fachgerecht demontiert und gesichert. Bei der Demontage sei es zu keinerlei Auffälligkeiten gekommen. Insbesondere sei nicht festgestellt worden, dass die Platten mit irgendeiner Substanz verklebt oder abgedichtet worden seien. Die Platten seien einfach abnehmbar und bis auf Moose und Flechten unauffällig gewesen. Mit dem Vorliegen von Spritzasbest sei hingegen nicht zu rechnen gewesen. Insbesondere sei der Einsatz von Spritzasbest im Dachdeckerhandwerk für Abdichtungsarbeiten, was auch die Anfrage bei der Firma Eternit ergeben habe, schlicht unbekannt und exotisch. Die Klägerin selbst habe keinerlei Befähigung zum Umgang mit Weichasbest und habe dies folglich auch nicht erkennen können. Wäre Spritzasbest zum Abdichten der Dachplatten verwendet worden, so wäre es nicht nur teilweise an den Außenrändern der Platten festzustellen gewesen. Auch sei der Dachsanierung ein Sachverständigengutachten eines durch die Beigeladene beauftragten Gutachters vorangegangen. Der Sachverständige habe aber nur auf Beschädigungen an den Eternitplatten, nicht hingegen auf weitere, andere Asbest-Problematiken hingewiesen. Die in der Halle befindlichen Asbestnester hätten die Gesundheitsgefahr in keiner Weise erhöht, diese sei vielmehr bereits vorhanden gewesen und durch die Arbeiten der Klägerin zutage getreten. Aufgrund bestehender Spritzasbestrückstände befinde sich die Halle seit geraumer Zeit in einem gefährlichen Zustand. In der Halle sei es bereits zu Beginn der Arbeiten äußerst staubig gewesen und auch an der Unterseite der Dachplatten hätten sich bei Anbringung der Fangnetze Staubantragungen feststellen lassen. Es sei zu erwarten gewesen, dass Staub bei den Arbeiten nach unten fallen werde, daher habe kein Anlass zur Annahme bestanden, dass es sich hierbei um gefährliche Materialien handeln könne. Im Hinblick auf die Beseitigung des Zustandes könne letztendlich allein die Beigeladene als einzig feststellbare Zustandsstörerin in Anspruch genommen werden; der Beklagte habe diesbezüglich jedoch keinerlei Ermessensausübung angestrengt.
21 
Zudem legt die Klägerin ein Protokoll des LG Ulm (6 O 357/15) vom 28.04.2016 vor. In diesem zivilrechtlichen Verfahren nimmt der damalige Pächter der Halle, Herr ..., die Klägerin und die Beigeladene wegen mietvertraglicher Mängel bzw. Schadensersatz in Anspruch. Laut Protokoll gaben die Zeugen A und B als Mitarbeiter des Herrn ... an, dass die Halle vor den Dachsanierungsarbeiten sauber gewesen sei; es hätten keine rausgerissenen Teile wie Steinwolle oder Glaswolle darin gelegen. Der Nachbar der Halle, der Zeuge R, führte aus, er habe die Arbeiten auf dem Dach beobachtet und fotografiert. Es sei außen kein Fallschutz angebracht worden. Nachdem ein ganzes Stück des Daches entfernt worden sei, sei gekehrt worden, wobei die Demontage nicht Platte für Platte erfolgt sei. In der Halle habe er mit Stroh und anderem „Zeugs“ gefüllte Netze und „etwas Flusenmäßiges“ auf dem Boden gesehen. Auch Gutachter H bestätigte mit seiner Zeugenaussage, dass im Inneren der Halle Netze hingen. Weiterhin führte er aus, dass sich in diesen Netzen auch Material befunden habe. Es sei möglich, dass sich aufgrund der Verwitterung oder bei einem entsprechendem Windstoß einzelne Fasern des Asbestes lösen würden. Es sei jedoch nicht davon auszugehen, dass „die Nester wie vorgefunden, ohne die Platten mechanisch zu bewegen, herabgefallen“ seien. Seines Erachtens seien die Ränder der Asbestplatten nicht abgesaugt worden, denn sonst hätte man die Nester dort nicht mehr auffinden können. Zeuge Z, ein Arbeitnehmer der Klägerin, konnte nicht bestätigen, dass es sich um beschichtete Platten gehandelt hat, während Zeuge Eberlein ausführte, dass die Welleternitplatten beschichtet gewesen seien und er zum Zeitpunkt der mündlichen Beanstandung durch den Mitarbeiter des LRA ... am 12.08.2014 auf der Baustelle gewesen sei. Auf Vorhalt, dass dies nicht zum Stundenzettel passe, entgegnete er, dass er bei seiner Aussage bleibe. Zudem habe man die Platten einzeln entfernt. Dabei seien diese etwas freigekratzt worden, um die Schraubköpfe zu lösen. In diesem Zusammenhang habe man mit einem Staubsauer gesaugt. Die Klägerin macht abschließend geltend, es gehe vorliegend darum, ob eine Störerhaftung ihrerseits bejaht werden könne, nicht darum, ob sie alles, was bei Ausführungen der Arbeiten zu tun war, richtig getan habe. Eine Gefährdungslage habe sie weder geschaffen noch erhöht.
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Die Klägerin beantragt,
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1. die Anordnung des LRA ... vom 17.09.2014 (Beseitigungsanordnung), in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums ... vom 11.04.2016 aufzuheben,
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2. den Bescheid des LRA ... vom 30.09.2014 (Androhung von Zwangsgeld) in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums ... vom 11.04.2016 aufzuheben,
25 
3. den Bescheid des LRA ... vom 19.11.2014 (Festsetzung Zwangsgeld und Androhung der Ersatzvornahme) in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums ... vom 11.04.2016 aufzuheben,
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4. Ziff. 1 des Bescheids des LRA ... vom 30.12.2014 (Festsetzung der Ersatzvornahme unter Ziffer 1 des Bescheides) in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums ... vom 11.04.2016 aufzuheben sowie
27 
5. die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
28 
Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
30 
In Ergänzung zu seinen bereits gemachten Erwägungen führt er aus, dass seitens der Klägerin keine neuen Erkenntnisse vorgebracht worden seien, die geeignet wären, die getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen. Mit dem Einwand der fehlerhaften Störerauswahl könne die Klägerin nicht durchdringen. Es sei zwar nicht auszuschließen, dass bereits vor Beginn der Demontagearbeiten Fasern des Spritzasbestes vorhanden gewesen seien, das Ausmaß der Kontaminierung ließe sich aber nur auf die von der Klägerin durchgeführten Arbeiten zurückführen. Insoweit verweist er auf die von Dipl-Biol. H erstellten Gutachten der Firma C vom 29.08.2014 und 30.01.2015. Aufgrund seiner Erkenntnisse und der Lichtbilder gehe er weiterhin davon aus, dass es sich bei den demontierten Eternitplatten um unbeschichtete, bzw. - aufgrund Verwitterung - nicht mehr beschichtete Platten gehandelt habe. Auch seien bei der Baustellenrevision am 12.08.2014 weder Benetzungsflüssigkeit noch Staubsauger vor Ort vorhanden gewesen. Die im Klagverfahren erstmalig vorgetragene Variante des Abkehrens sei aus seiner Sicht wenig überzeugend. Zumindest habe die Klägerin dies nicht mit Nachweisen belegt. Ferner sei nicht relevant, ob Spritzasbest seinerzeit üblicherweise im Dachhandwerk als Fugenmaterial verwandt worden sei. Im Umgang mit Gefahrstoffen sei allgemein eine erhöhte Sorgfalt - auch im Hinblick auf ungewöhnliche Situationen - geboten. Vor Angebotsabgabe hätte die Klägerin die notwendigen Baumaßnahmen vor Ort begutachten und als sachkundiger Betrieb die Asbestverunreinigungen erkennen müssen. Durch die Demontagearbeiten habe sich die Gesundheitsgefahr in der Halle erhöht, weil durch den Abbau der Asbestzementplatten Spritzasbestnester freigesetzt worden seien, die sich im Lagerschuppen großflächig verteilt hätten und in die Netze der Klägerin gefallen seien.
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Im November 2016 wurden die Sanierungsarbeiten an der Lagerhalle durch die von dem Beklagten beauftragte Firma G durchgeführt und zwischenzeitlich abgeschlossen. Die dabei entstandenen Kosten belaufen sich nach Angabe des Beklagten auf 239.430,55 EUR.
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Mit Beschluss vom 16.02.2017 hat das Verwaltungsgericht die Gemeinde ... gemäß § 65 Abs. 1 VwGO dem Verfahren beigeladen.
33 
Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie verweist jedoch ebenfalls auf die TRGS 519 für Asbest und macht mehrere Gesichtspunkte geltend - wie u.a. das Kehren des Daches und das Unterlassen der Benetzung mit Restfaserbindemittel -, unter denen die Klägerin hiergegen verstoßen habe. Als im Umgang mit Asbest besonders geschulter Betrieb sei es für die Klägerin erkennbar gewesen, dass Spritzasbest anfalle. Spritzasbest/ Weichasbest sei auch nicht unüblich am Bau, sondern als loses „Stopf- bzw. Füllmaterial“ bis zu dessen Verbot am Bau im Jahre 1979 verwendet worden. Mit dem Anfall von Spritzasbest sei daher auf einer Dachfläche, die unter Verwendung von Asbest erstellt worden sei, grundsätzlich immer zu rechnen gewesen. Die Beigeladene ist der Auffassung, dass die Klägerin vorsätzlich gehandelt habe und sich somit nicht auf das Gebot der gerechten Lastenverteilung berufen könne. Sie müsse daher auch auf Sekundärebene die vollen Kosten tragen.
34 
Ergänzend zu ihren Erwägungen legt die Beigeladene das Gutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Dipl.-Ing./Dipl.-Biol. R vom 27.02.2017 vor, welches im Verfahren vor dem LG Ulm eingeholt wurde. In diesem werden die Ausführungen des Dipl-Biol. H bestätigt. Der Gutachter R gelangte ebenfalls zu der Ansicht, dass sich im Überlappungsbereich der asbesthaltigen Faserzementplatten eine asbesthaltige Stopf- und Dichtungsmasse befunden habe, welche ein schwach gebundenes Asbestprodukt darstelle. Nach Auffassung des Gutachters R ist die Klägerin die Verursacherin der in die Lagerhalle gefallenen Asbestnester bzw. asbesthaltigen Stopf- und Dichtungsmassen aus den Überlappungsbereichen der asbesthaltigen Faserzementplatten. Diese seien vorher in der Halle - bis auf eine kleine Teilfläche, bei der eine Vorbelastung nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden könne - nicht vorhanden gewesen, denn sonst hätte sich Asbestfeinstaub in den von ihm untersuchten Altstäuben feststellen lassen müssen. Dies sei aber bis auf eine Probe nicht der Fall gewesen (vgl. Gutachten R v. 27.02.2017, S. 27, 28, 36).
35 
Weiter legt die Beigeladene das Ergänzungsgutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Dipl.-Ing./Dipl.-Biol. R vom 23.01.2018 vor, in welchem auch auf den von der Klägerin geltend gemachten Hagelschaden vom 27.08.2013 eingegangen wird. Da keine Tatsachenfeststellungen vor Ort mehr möglich waren, legte der Gutachter seinem Gutachten Wahrscheinlichkeitsangaben zugrunde und führte aus, dass die Dacheindeckung aus unbeschichteten asbesthaltigen Faserzementplatten (Berliner Welle) bestand, die schwach gebundene asbesthaltigen Stopf- und Dichtungsmassen im Überlappungsbereich aufwiesen. Durch das Großhagelereignis sei es zu diversen Dachdurchschlägen gekommen, so dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch Teile der asbesthaltigen Dacheindeckung in Form von Asbestzementbruchstücken in verschiedenen Größen in das Innere der Lagerhalle gefallen seien. Ein Durchschlag in den Überlappungsbereichen werde jedoch als äußerst unwahrscheinlich angesehen, da dort die Faserzementplatten mit doppelter Materialstärke gelegen hätten. Die Faserzementstücke seien in der Halle mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weiter zersplittert. Durch das Hagelereignis sei es daher auch wahrscheinlich gewesen, dass die schwach gebundenen Stopf- und Dichtungsmassen erschüttert worden seien, jedoch sei es äußerst unwahrscheinlich, dass es durch das Großhagelereignisses zu einem nennenswerten Materialeintrag an diesen schwach gebundenen Stopf- und Dichtungsmassen in die Lagerhalle gekommen sei. Der in der Lagerhalle festgestellte Asbestschaden setze sich aus dem Schadensereignis Hagelschaden und dem Schadensereignis Dachdeckerarbeiten zusammen. Das Schadensereignis Dachdeckerarbeiten sei jedoch der augenscheinlich schwerere Schaden, da Unmengen an schwach gebundenen Asbestprodukten freigesetzt worden seien, was bei dem Schadensereignis Hagelschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht der Fall gewesen sei.
36 
Zuletzt legt die Beigeladene ein Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. V vom 25.06.2018 vor, nach welchem die Reinigungsarbeiten in der Lagerhalle durch die Firma G nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden seien.
37 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Beteiligten zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze und vorgelegten Gutachten, die Verwaltungsakten, sowie die Akte des vorangegangenen Eilverfahrens (2 K 99/15) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
38 
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist gegen die vom Beklagten im mehrstufigen Verfahren erlassenen Bescheide jeweils die Anfechtungsklage und nicht die Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft. Die Verwaltungsakte haben sich im rechtlichen Sinne nicht gemäß § 43 Abs. 2 LVwVfG erledigt. Grundsätzlich erledigen sich Verwaltungsakte nicht dadurch, dass sie freiwillig befolgt oder von der Behörde im Wege des Verwaltungszwangs mittels Ersatzvornahme durchgesetzt werden. Dies ergibt sich schon aus § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Danach kann die Rückgängigmachung der Vollziehung als Annex zur Anfechtungs- und nicht zur Fortsetzungsfeststellungsklage verlangt werden. Etwas anderes gilt auch nicht für den vorliegenden Fall des irreparablen Vollzugs, der hier seitens des Beklagten im Wege einer kostenpflichtigen Ersatzvornahme erfolgte. Auch in diesem Fall äußert der Verwaltungsakt immer noch Wirkungen, da der Fortbestand einer wirksamen Grundverfügung nach § 2 LVwVG Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der nachfolgenden Vollstreckungsmaßnahmen und die Zuweisung der Kostenlast ist (BVerwG, Urteil vom 25.09.2008 - 7 C 5.08 -, juris, Rn. 13; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.01.2018 - 1 S 2794/17 - juris, Rn. 4; Sächs. OVG, Urteil vom 27.01.2009 - 4 B 809/06 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 13.06.2006 - 13 A 632/04 -, juris, Rn. 37). Dies schließt die Annahme einer Erledigung im Sinne des nachträglichen Wegfalls der rechtlichen Wirkungen der Grundverfügung aus.
39 
Es liegt ein Fall der objektiven Klagehäufung gemäß § 44 VwGO vor.
40 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Sanierungsanordnung des LRA ... vom 17.09.2014, sowie die auf Grundlage dieser Anordnung ergangenen Bescheide vom 30.09.2014 und 19.11.2014 und Ziff. 1 des Bescheids vom 30.12.2014, jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums ... vom 11.04.2016, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
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1. Ermächtigungsgrundlage für die Beseitigungsverfügung vom 17.09.2014 ist § 23 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutz vor gefährlichen Stoffen (Chemikaliengesetz - ChemG -) in der zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblichen Fassung vom 08.09.2015 (BGBl. I, 3498, 3991). Danach kann die zuständige Landesbehörde im Einzelfall u.a. die Anordnungen treffen, die zur Beseitigung festgestellter Verstöße gegen das Chemikaliengesetz selbst oder aufgrund dieses Gesetzes erlassener Rechtsverordnungen notwendig sind. Bei der Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffverordnung - GefStoffV -) vom 26.11.2010 (BGBl. I S. 1643, 1644) handelt es sich um eine solche u.a. auf §§ 3a, 14, 17 und 19 ChemG beruhende Rechtsverordnung. § 1 Abs. 1 Nr. 2 GefStoffV verfolgt dabei den Schutz von Mensch und Umwelt vor stoffbedingten Schädigungen durch Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten und anderer Personen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen. Zu Gefahrstoffen i.S.d. § 2 Abs. 1 GefStoffV gehört gem. Anhang I Nr. 2.2 Abs. 3 Nr. 4 zur GefStoffV auch Weichasbest in Form von Chrysotil. § 8 GefStoffV begründet für den Arbeitgeber Pflichten zu Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen. So müssen nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 GefStoffV der Arbeitsplatz und die Arbeitsorganisation geeignet gestaltet werden und nach § 8 Abs. 1 Nr. 7 GefStoffV geeignete Arbeitsmethoden und Verfahren getroffen werden, welche Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigen oder die Gefährdung so gering wie möglich halten, einschließlich Vorkehrungen für die sichere Handhabung, Lagerung und Beförderung von Gefahrstoffen und von Abfällen, die Gefahrstoffe enthalten, am Arbeitsplatz. Nach § 8 Abs. 4 GefStoffV hat der Arbeitgeber sicherzustellen, dass durch Verwendung verschließbarer Behälter eine sichere Lagerung, Handhabung und Beförderung von Gefahrstoffen auch bei der Abfallentsorgung gewährleistet ist. Weiter hat der Arbeitgeber nach § 8 Abs. 8 i.V.m. § 6 GefStoffV eine Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen. § 8 Abs. 8 GefStoffV i.V.m. Anhang I Nr. 2.3 Abs. 3, 5 und 6 zur GefStoffV bestimmt, dass die Ablagerung von Stäuben zu vermeiden ist bzw. diese Stäube an der Austritts- und Entstehungsstelle möglichst vollständig gefahrlos zu entsorgen sind. Präzisiert wird die Verordnung gemäß § 20 GefStoffV durch die Technischen Regeln für Gefahrstoffe - TRGS 519 (GMBl. 2014, 164) - für Asbest. Auch nach Nr. 7 Abs. 3, Nr. 8.1 Abs. 1, Nr. 17.1 Abs. 1 und Nr. 18.1 Abs. 3 TRGS 519 müssen die Arbeitsabläufe so gestaltet werden, dass Asbestfasern sich nicht verbreiten und die Freisetzung von Asbestfasern vermieden wird.
42 
Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Beseitigungsverfügung vom 17.09.2014 sowohl in formeller als auch materieller Hinsicht rechtmäßig.
43 
a) Die Beseitigungsverfügung ist formell rechtmäßig. Das Landratsamt als untere Verwaltungsbehörde, § 15 Abs. 1 Nr. 1 LVG, war gem. § 23 Abs. 1 ChemG i.V.m. § 1 Abs. 2 a.E. ChemZuVO für die angefochtene Sanierungsverfügung zuständig. Insbesondere wurde die Klägerin vor Erlass der Verfügung mit Schreiben vom 25.08.2014 auch angehört i.S.d. § 28 Abs. 1 LVwVfG.
44 
b) Auch materiell-rechtlich erweist sich die Beseitigungsverfügung als rechtmäßig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Ordnungsverfügung auf Grundlage des § 23 ChemG lagen vor.
45 
Für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit ist dabei grundsätzlich auf die behördliche Sicht „ex ante“ im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung - hier also der Erlass des Widerspruchsbescheids - abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt stand für den Beklagten fest, dass im Zuge der Dachsanierung Asbestfasernester in die Halle gelangt waren. Dem Beklagten war durch die gutachterlichen Ausführungen des H in seinem Gutachten vom 29.08.2014 bekannt, dass die Halle jedenfalls seit der ersten Probennahme am 15.08.2014 und damit im Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung weitgehend flächendeckend mit schwach gebundenem Asbest in Form von Chrysotil verunreinigt war. Der Hallenboden und alle darin befindlichen Objekte waren mit organischen, „strohähnlichen“ Material bedeckt. Zwischen den organischen Resten waren gräuliche Fasernester unterschiedlicher Größe über die Halle verteilt feststellbar, die einen 80%-igen Chrysotil Anteil aufwiesen. Dieselben Ergebnisse fanden sich an den Rändern der bereits in Transportsäcken abmontierten Eternitplatten.
46 
Das Gericht darf sich für sein Urteil - im Wege des Urkundenbeweises - auf gutachterliche Stellungnahmen stützen, welche ein Dritter oder die beteiligte Behörde im vorangegangen Verwaltungsverfahren eingeholt haben (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.07.2008 – 10 S 2327/07 –, juris, Rn. 24, m. w. N. zu medizinischen Fragestellungen). Die Gutachten des Herrn H vom 29.08.2014 und 30.01.2015 sind nachvollziehbar und widerspruchsfrei und stellen objektiv die Sachlage anhand eingeholter Proben dar.
47 
Angesichts des Umstands, dass in der Halle flüchtige Asbeststoffe (Chrysotil) vorhanden waren und Personen und Umwelt schädigen konnten, war der Anwendungsbereich des ChemG eröffnet. Im Falle des hier vorliegenden Nachweises von schwach gebundenen, weißen Asbestfasernestern auf dem Boden des Lagerschuppens, an den darin befindlichen Objekten und den Rändern der in den Transportsäcken zwischengelagerten Wellzement-Eternitplatten, lag eindeutig eine schädliche Einwirkung eines gefährlichen Stoffes i.S.d. § 1 ChemG für Umwelt und Menschen, u.a. den Pächter der Halle, seine Mitarbeiter und die Arbeitnehmer der Klägerin, vor. Bei freiem Spritzasbest, einer sehr flüchtigen Substanz mit minimaler Faserbindung an die Matrix, besteht eine erhöhte Gefahr der Freisetzung feinster atembarer Asbestfasern. Das Einatmen von lungengängigem asbesthaltigem Feinstaub kann zu Asbestose und schlussendlich zu unheilbaren Krebserkrankungen führen (vgl. LAGA-Merkblatt Entsorgung asbesthaltiger Abfälle in der aktualisierten Fassung v. 10.12.2001, GemABl. 2002, 700, 701). Asbest gehört zu den gefährlichsten Stoffen, die die Gesundheit gefährden und dauerhaft schädigen können. Erkrankungen infolge des Kontaktes mit Asbest liegt eine hohe Latenzzeit zugrunde. Allein in der Bundesrepublik Deutschland sterben jährlich über 1.000 Menschen durch Erkrankungen infolge des Umgangs mit Asbest (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.04.2016 - 3 L 90/15 -, juris, Rn. 10). Der Gefahrstoff Asbest besitzt demzufolge bereits eine grundsätzlich gegebene abstrakte Gefährlichkeit, der die bereits aufgeführten Schutzvorschriften Rechnung tragen, indem sie dazu dienen, diese abstrakte Gefährlichkeit unter Kontrolle halten und den Eintritt einer konkreten Gefahr zu verhindern.
48 
Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, dass damals nicht bekannt gewesen sei und auch immer noch nicht bekannt sei, woher der schwach gebundene Asbest in der Halle stamme. Das Gericht hat jedoch keine Zweifel, dass die schwach gebundenen Asbestfasern von den Rändern der Eternitplatten stammen und dort als Stopf- und Dichtungsmasse verwendet wurden. Der Gutachter Herr H fand dieselben Asbestfasern an den bereits von der Klägerin abmontierten Eternitplatten in den Transportsäcken und in der Halle. Eine andere Herkunft der Fasern ist nicht ersichtlich. Zusätzlich ist auf der Fotodokumentation des Gutachters H vom 29.08.2014 - insbesondere auf den Bildern F 4 bis F 6 - erkennbar, dass an den in Transportsäcken verpackten Platten noch weiße Anhaftungen vorhanden waren. Die Mutmaßung des Vertreters der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, dass der schwach gebundene Asbest möglicherweise auch von den in der Halle gelagerten Geräten stammen könne, namentlich von einem Feuerwehrauto, greift nicht durch. Denn die Fasern stammten nach dem Gutachten des H vom 29.08.2014 mit großer Wahrscheinlichkeit von den Eternitplatten und nicht von sonstigen Geräten und wurden überdies überall in der Halle gefunden und nicht nur im Bereich der Gerätschaften.
49 
Der Beklagte hat die Klägerin zu Recht als Handlungsstörerin in Anspruch genommen. Handlungsstörer ist eine natürliche oder juristische Person, die durch ihr Verhalten eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung verursacht (§ 6 Abs. 1 PolG). Da das Ziel eine effektive Gefahrenabwehr ist, kommt es auf die Geschäfts- und Verschuldensfähigkeit des Handlungsstörers nicht an. Der Störer muss hierbei die Gefahr i.S.d. Theorie von der unmittelbaren Verursachung verursacht haben, also mit seinem Verhalten die Gefahrenschwelle überschritten haben (vgl. Ruder, Polizeirecht BW, 8. Aufl. 2015, Rn. 225 und 231).
50 
Die Klägerin hat durch die von ihr durchgeführten Dachsanierungsarbeiten Asbest freigesetzt und damit gegen ihre grundlegenden Pflichten auf § 8 GefStoffV und aus der TRGS 519 verstoßen. Durch ihre Dacharbeiten hat die Klägerin die Kontamination der Halle mit Weichasbest maßgeblich verursacht und die Gesundheitsgefahr in der Halle in erheblichem Ausmaß erhöht. Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass sich bei der Entfernung der alten Wellzementplatten als Stopf- und Dichtungsmasse verwendete Weichasbestmaterialen von den Rändern der Platten gelöst haben und in die Halle herabgefallen sind. Wie bereits ausgeführt, stammen die in der Halle aufgefundenen Asbestnester und -bestandteile, von den Rändern der Dachplatten. Dass sich diese Materialien durch die mechanischen Einwirkungen auf die Platten bei der Demontage gelöst haben und in die Halle herab gefallen sind, ergibt das vorgelegte Bildmaterial der Arbeitsbereiche und der Halle. Die im gerichtlichen Eilverfahren vorgelegten Bilder F4 bis F6 lassen lose anhaftende weißliche Faserbestandteile an den Rändern der demontierten Dachplatten erkennen. Auf den Bildern des Gutachtens vom 29.08.2014 - insbesondere auf dem Foto F 7 - sind die unter dem Hallendach angebrachten Fangnetze der Klägerin zu sehen, in denen Materialen hängen. Diese können ausschließlich im Zuge der Dachsanierung in die Fangnetze gelangt sein, da diese Netze erst wegen der Dachsanierung angebracht worden sind. Erkennbar ist ferner, dass die Netze sehr großmaschig sind, so dass kleinere Partikel, wie etwa die auf den Bildern vom Halleninneren und -boden erkennbaren weißen Asbestfasern durch die Fangnetze hindurch fallen konnten. Herr H hat in seiner Aussage vor dem Landgericht Ulm (Protokoll vom 28.04.2016 im Verfahren 6 O 357/15, S. 6f) ebenfalls beschrieben, dass in den Fangnetzen Materialien hingen, dass auf dem Boden der Halle Verschmutzungen fast auf der gesamten Oberfläche vorhanden waren, und dass es sich dabei um kleine Stücke, auch von den Eternitplatten selbst gehandelt hat. Dies belegt, dass bei den von Mitarbeitern der Klägerin vorgenommenen Demontagearbeiten sich sowohl Asbestbruchstücke der Eternitplatten als auch die an den Rändern lose anhaftenden, schwach gebundenen Asbestfasern gelöst und durch die Fangnetze in die Halle heruntergefallen sind. Bereits dadurch hat die Klägerin in eklatanter Weise gegen die genannten Schutzvorschriften verstoßen. Ob und auf welche Weise die Klägerin auf dem Dach gekehrt hat und ob sie Restfaserbindemittel hätte benutzen müssen - worauf im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes maßgeblich abgestellt wurde -, kann daher ebenso offenbleiben wie die Frage, ob die Klägerin durch diese Maßnahmen den massiven Materialeintrag und die damit entstandene Asbestkontamination hätte verhindern können, oder ob es dazu erheblich umfangreicherer Schutzmaßnahmen (z.B. Folienabdeckung, Räumung der Halle, Einziehung einer Zwischendecke) bedurft hätte.
51 
Es spricht auch nichts dafür, dass massive Materialeintrag bereits vor den Dachsanierungsarbeiten in der Halle stattgefunden hat. Der Pächter der Halle, Herr ..., hat erstmals im Zuge der Dachsanierungsarbeiten diese „Flusen“ und Bruchstücke festgestellt und umgehend überprüfen bzw. begutachten lassen. Auch die Zeugen B und R haben im zivilrechtlichen Verfahren vor dem Landgericht Ulm davon berichtet, dass im Zuge der Dacharbeiten „herausgerissene Teile wie Steinwolle oder Glaswolle“ bzw. „etwas Flusenmäßiges“ auf dem Boden der Halle lag, die vorher nicht dort gelegen hätten (Protokoll vom 28.04.2016 im Verfahren 6 O 357/15, S. 2 und 5). Die Klägerin selbst hat vorgetragen, dass vor Beginn ihrer Arbeiten kein Spritzasbest in der Halle festzustellen gewesen sei. Hätten die Fasernester bereits zu diesem Zeitpunkt in der Halle gelegen, wäre dies auch für die Mitarbeiter der Klägerin erkennbar gewesen.
52 
Der Inanspruchnahme der Klägerin als Handlungsstörerin durch die Beklagte stand auch nicht entgegen, dass schon durch den Hagelschaden im Jahr 2013 eine teilweise Asbestkontaminierung der Halle bewirkt worden war. Unabhängig davon, ob dies für die Beklagte zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung erkennbar gewesen war, entbindet dieser Vorschaden die Klägerin nicht von ihrer Verantwortlichkeit als Handlungsstörerin. Zwar ergibt sich nunmehr aus dem vom Beigeladenen vorgelegten Ergänzungsgutachten des Dipl.-Biol. R vom 23.01.2018, dass der Hagelschaden zu Durchschlägen des Daches und damit zum Herausbrechen einzelner Stücke der asbesthaltigen Wellzementplatten geführt hat und dass auch durch Erschütterungen Asbestfaserstäube freigesetzt worden sind (GA, S. 13 ff.). Dieser Vorschaden hat jedoch nicht zu einer ansatzweise vergleichbaren sichtbaren Kontamination der Halle geführt, sondern sich vor allem auf die Bereiche unterhalb der Durchschlagsstellen beschränkt. Die Dachsanierungsarbeiten der Klägerin haben hingegen zu einer massiven und vollständigen Kontaminierung der streitgegenständlichen Lagerhalle mit massiven Materialeinträgen geführt. Diese Materialeinträge haben sich über die gesamte Fläche der Halle erstreckt und insbesondere in großen Mengen den schwach gebundenen Asbest aus den Fasern der Stopf- und Dichtungsmasse freigesetzt. Der umfangreiche Materialeintrag war dem Pächter der Halle auch nicht bereits in Folge des Hagelschadens, sondern erst im Zusammenhang mit den Dachsanierungsarbeiten aufgefallen. Dass die Demontagearbeiten den weitaus größeren Anteil der Asbestkontamination verursacht haben, bestätigt letztlich auch das Ergänzungsgutachten des Dipl.-Biol. R vom 23.01.2018 (S. 18), in welchem ausgeführt wird, dass der Schaden durch die Dachsanierungsarbeiten der deutlich schwerere Schaden sei, weil es durch diese zu einem nennenswerten Materialeintrag an schwach gebundener asbesthaltiger Stopf- bzw. Dichtungsmasse in die Halle gekommen sei. Dass der Hagelschaden zu diesem Materialeintrag geführt haben könnte, wurde hingegen als äußerst unwahrscheinlich bewertet, da hierfür die Durchschläge im doppelten Überlappungsbereich der Platten hätten auftreten müssen.
53 
Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, dass der Spritzasbest nicht erkennbar gewesen sei. Auf die Kenntnis der Mitarbeiter der Klägerin, dass es sich beim Fugenmaterial um schwach gebundenes Asbest handelte, kommt es für ihre Störereigenschaft nach der Theorie der unmittelbaren Verursachung nicht an, da diese verschuldensunabhängig ist. Im Übrigen kann dem entgegengehalten werden, dass gerade dann, wenn die Verarbeitungsweise unter Verwendung faserhaltigen Dichtungsmaterials unüblich war, dies erst Recht hätte auffallen müssen und die Klägerin ihre Arbeiten unverzüglich hätte stoppen müssen. Zudem ist nach den beiden Gutachten des Sachverständigen R der Spritzasbest für einen Fachmann erkennbar (GA vom 27.02.2017, S. 34 bzw. ErgGA vom 23.01.2018, S. 10).
54 
Zwar befanden sich die schwach gebundenen Asbestfasern bereits im Dach der Halle, jedoch befanden sie sich vor dem Hagelschaden und der Dachsanierung durch die Klägerin noch fest zwischen den Eternitplatten. Sie stellten zu diesem Zeitpunkt lediglich eine abstrakte Gefahr dar. Durch den Hagelschaden hat sich diese abstrakte Gefahr bereits zu einer konkreten Gefahr gewandelt, da es auch dadurch zu einem nennenswerten Asbesteintrag in die Halle gekommen ist (ErgGA vom 23.01.2018, S. 15). Aber erst aufgrund der fehlerhaften Dachsanierung durch die Klägerin hat sich diese bereits vorhandene konkrete Gefahr in deutlich erkennbarer Weise wegen des immensen Materialeintrags von schwach gebundenen Asbestfasern in der Halle erheblich erhöht.
55 
Die Inanspruchnahme der Klägerin als Handlungsstörerin erweist sich auch unter dem Gesichtspunkt der Störerauswahl als rechtmäßig.
56 
Auch die Beigeladene als Eigentümerin der Halle ist als Zustandsstörerin für die entstandene konkrete Gefahr verantwortlich. In ihrer Halle war der gesundheitsgefährdende Spritzasbest eingebaut und fest gebundener Asbest hat sich bereits durch den Hagelschaden in der Halle verteilt. Die Beigeladene war für diesen Zustand verantwortlich und es hätte ihr oblegen, bei einem ordnungsgemäßen Verhalten der Klägerin - also bei einem Stoppen der Arbeiten beim Erkennen des Spritzasbests - die Fortsetzung der ordnungsgemäßen Sanierung zu veranlassen. Im Übrigen hätte die Beigeladene bereits im Vorfeld eine Schadstofferkundung durchführen müssen und dann in Kenntnis des Vorhandenseins von Spritzasbest die Arbeiten von vorneherein für schwach gebundenen Asbest ausschreiben müssen (GA R vom 27.02.2017 und 23.01.2018, S. 38 bzw. 24).
57 
Ungeachtet dessen, ist die Ermessensausübung des Beklagten bei der Störerauswahl auf der Primärebene nicht zu beanstanden.
58 
Gibt es mehrere Störer, hat die zuständige Behörde eine Auswahlentscheidung dahingehend zu treffen, wen sie in Anspruch nehmen möchte. Dabei handelt es sich im Rechtssinne um eine behördliche Ermessensentscheidung. Eine pflichtgemäße Ermessensbetätigung liegt vor, wenn die Vorgaben des § 40 LVwVfG beachtet worden sind; nur innerhalb dieses gesetzlichen Rahmens kann die Behörde ihre Ermessensausübung auf Zweckmäßigkeitserwägungen stützen. Die Behörde ist verpflichtet, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben. Diese Vorgabe verlangt, dass der Ermessensentscheidung sachgemäße Erwägungen zu Grunde liegen, die Entscheidung auf einem zutreffenden und vollständig ermittelnden Sachverhalt beruht und keine allgemein anerkannten Bewertungsmaßstäbe missachtet worden sind. Lässt sich die Behörde bei ihrer Auswahlentscheidung von unsachgemäßen bzw. falschen Gesichtspunkten leiten, liegt ein Ermessensfehlgebrauch vor. Die Feststellung eines derartigen Ermessensfehlers fällt in die gerichtliche Kontrollkompetenz (§ 114 Satz 1 VwGO).
59 
Bei der Störerauswahl ist im Falle einer Störermehrheit zwischen der primären und der sekundären Ebene zu unterscheiden. Auf der - hier allein streitgegenständlichen - primären Ebene geht es aus einer „ex-ante“-Sicht um die effektive Gefahrenabwehr. Leitender Gesichtspunkt für die Störerauswahl ist die daher Effektivität der Gefahrenabwehr. Anzustreben ist stets die schnelle und wirksame Gefahrbeseitigung. Bei der Ausübung des Auswahlermessens hat sich die Behörde in erster Linie vom Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr unter Berücksichtigung von Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten leiten zu lassen. Dies schließt nicht aus, dass daneben auch andere Gesichtspunkte, wie z.B. die größere Gefahrnähe eines Störers Berücksichtigung finden. Die sachgerechte Störerauswahl auf der primären Ebene muss zivilrechtliche Aspekte des internen Ausgleichs zwischen den Störern nicht berücksichtigen; im Einzelfall kommt etwas anderes allenfalls dann in Betracht, wenn die Behörde bei ihrer Ermessensbetätigung ihr bekannte und unstreitige Regelungen des internen Ausgleichs völlig unberücksichtigt lässt (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.04.2002 - 10 S 2367/01 -, juris, Rn.21). Andererseits ist die Behörde rechtlich nicht daran gehindert, im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens den Gesichtspunkt der gerechten Lastenverteilung neben dem vorrangigen Aspekt der Effektivität der Gefahrenabwehr in ihre Erwägungen bereits auf der Primärebene einzubeziehen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.12.2012 - 10 S 744/12 -, juris, Rn. 36, m.w.N; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.01.2012 - 10 S 1476/11 -, juris, Rn. 23).
60 
Anders als auf der primären Ebene der Gefahrenabwehr ist für den Erlass eines Bescheids über die Anforderung von Kosten einer Ersatzvornahme auf der sekundären Ebene eine ex post-Betrachtung geboten; die Störerauswahl auf der primären Ebene präjudiziert die Auswahl des Kostenschuldners bzw. der Kostenschuldner bei mehreren Kostenpflichtigen nicht. Unter gleichrangig Verpflichteten muss die Auswahl des bzw. der Kostenpflichtigen nach dem Gebot der gerechten Lastenverteilung erfolgen, falls keine speziellen Ermessensdirektiven zum Tragen kommen. Diese Vorgabe findet ihre rechtliche Grundlage im Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Maxime der Lastengerechtigkeit vermeidet, dass ohne hinreichenden sachlichen Grund einem der Verpflichteten allein die Kostenlast auferlegt wird (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.01.2012 - 10 S 1476/11 -, juris, Rn. 25).
61 
Ein gesetzliches Rangverhältnis zur gefahrenabwehrrechtlichen Heranziehung von Störern auf der Primärebene gibt es nach dem baden-württembergischen Landesrecht nicht (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.11.1992 - 1 S 2727/91 -, juris, Rn. 21). Es besteht daher kein genereller Vorrang der Inanspruchnahme eines Handlungsstörers gegenüber einem Zustandsstörer. Insbesondere ist es auch nicht verfassungsrechtlich geboten, dass Zustandsverantwortliche stets nachrangig haften (BVerfG vom 16.02.2000 - 1 BvR 242/91 -, juris, Rn. 53). Für die Ermessensausübung maßgebliche Gesichtspunkte sind insbesondere eine schnelle und effektive Beseitigung eingetretener Störungen und die Freihaltung der öffentlichen Hand von finanziellen Lasten. Normative Richtschnur fehlerfreier Ausübung des Auswahlermessens ist auch beim Zusammentreffen von Handlungs- und Zustandshaftung der Gesichtspunkt einer schnellen und wirksamen Gefahrenbeseitigung. Danach kann die Inanspruchnahme des Zustandsstörers vor dem Handlungsstörer rechtens sein, wenn der Handlungsstörer nicht greifbar oder aus rechtlichen, faktischen oder finanziellen Gründen eine wirksame Gefahrenbeseitigung durch ihn nicht gewährleistet ist. Die Ordnungsbehörde hat die Pflicht, ermessensgerecht unter Berücksichtigung der genannten Gesichtspunkte zwischen den in Betracht kommenden Störern auszuwählen (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 16.05.2018 - 1 M 327/18 OVG -, juris, Rn. 9).
62 
Der Beklagte hat, gemessen an diesen Grundsätzen, die Auswahl der Klägerin als Handlungsstörerin ermessensfehlerfrei i.S.d. § 40 LVwVfG vorgenommen. Maßgebend für die gerichtliche Überprüfung der behördlichen Ermessensentscheidung (§ 114 Satz 1 VwGO) sind die Gesichtspunkte, die im Ausgangsbescheid und im Widerspruchsbescheid dargelegt oder sonst aus den Akten ersichtlich sind (§ 39 Abs. 1 Satz 3 LVwVfG).
63 
Der Beklagte hat den Kreis der möglichen Adressaten der Verfügung zutreffend ermittelt. Er hat erkannt, dass sowohl die Klägerin als Handlungsstörerin als auch die Beigeladene als Zustandsstörerin in Anspruch genommen werden können und gesehen, dass beide Störer nicht in der Lage sind, die Gefahr zu beheben, sondern beide ein dafür zugelassenes Fachunternehmen beauftragen müssen. Auch hat der Beklagte seine Auswahlentscheidung ermessensgerecht getroffen, da er sich primär von dem Gesichtspunkt der Effektivität der Gefahrenabwehr leiten ließ und in fehlerfreier Weise die Gefahrnähe bzw. Sachnähe der Klägerin berücksichtigt hat. Auf der Primärebene kann das Kriterium der „Sachnähe“ - auf Grundlage einer präzisen Analyse der „Nähebeziehungen“ aller Störer zur Gefahrenlage - ein Gesichtspunkt pflichtgemäßen Ermessens für die Störerauswahl sein (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.01.2012 - 10 S 1476/11 -, juris, Rn. 34, m.w.N.). Der Beklagte hat festgestellt, dass beide Störer durch Beauftragung eines Fachbetriebes gleich effektiv die Gefahr beseitigen lassen können, es jedoch aus Gründen der Sachnähe bzw. der Gefahrnähe der Klägerin ermessensgerecht ist, die Klägerin in Anspruch zu nehmen. Er hat in nicht zu beanstandender Weise bedacht, dass die Klägerin als Fachfirma und als Verursacherin der sichtbaren Kontamination in der Halle eine größere Sachnähe bzw. Gefahrennähe aufwies als die Beigeladene. Der Beklagte durfte in seinen Ermessenserwägungen zugunsten der Beigeladenen berücksichtigen, dass der Spritzasbest damals rechtmäßig in der Halle verbaut worden war und dass diese gerade durch Beauftragung einer Fachfirma die Gefahr nach dem Hagelschaden beseitigen wollte. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte für einen Ermessensfehler des Beklagten, weil er das Gebot der gerechten Lastenverteilung nicht bereits auf der Primärebene in seine Ermessenserwägungen einbezogen hat. Es steht dem Beklagten zwar frei, dies zu tun, er hat jedoch - anders als auf der Sekundärebene - nicht die Pflicht, dieses Gebot hier schon zu beachten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.04.2002 - 10 S 2367/01 -, juris, Rn.21). Vielmehr hat sich der Beklagte hier vorrangig ordnungsgemäß am Leitbild der effektiven Gefahrenabwehr orientiert.
64 
Die Beseitigungsverfügung des Beklagten war auch verhältnismäßig. Sie war geeignet und erforderlich, eine Gefährdung der Menschen und der Umwelt auszuschließen. Andere mildere Mittel sind nicht ersichtlich. Sie war zum Schutz der Gesundheit auch angemessen.
65 
2. Auch die auf der Grundlage der Verfügung vom 17.09.2014 ergangenen Vollzugsmaßnahmen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Mit der in Ziff. 3 erfolgten Anordnung der sofortigen Vollziehung der in Ziff. 1 der Verfügung vom 17.09.2014 enthaltenen Beseitigungspflicht lag ein vollstreckbarer Verwaltungsakt vor, § 2 Nr. 2 LVwVG.
66 
In der Verfügung vom 30.09.2014 wurde das Zwangsmittel des Zwangsgeldes (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 LVwVG) unter Fristsetzung und in einer bestimmten Höhe angedroht und damit § 20 Abs. 1, 3 und 4 LVwVG beachtet. Die angedrohte Höhe des Zwangsgeldes hält sich im Rahmen des § 23 LVwVG und ist - insbesondere gemessen am Ausmaß der Gefahr und den voraussichtlichen Kosten ihrer Beseitigung - auch nicht unverhältnismäßig.
67 
Die Festsetzung des Zwangsgeldes in der zuvor mitgeteilten Höhe durch die Verfügung vom 19.11.2014 ist als Konsequenz aus dem Nichtbefolgen der Verpflichtung aus der Verfügung vom 17.09.2014 rechtmäßig. Dies gilt auch für die zugleich am 19.11.2014 erfolgte Ankündigung der Ersatzvornahme als weiterer Vollstreckungsmaßnahme (§ 25 LVwVG). Auch hier sind die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 und des Abs. 3 Satz 1 LVwVG beachtet. Zudem hat der Antragsgegner entsprechend § 20 Abs. 5 LVwVG auch die im Falle der Ersatzvornahme voraussichtlich anfallenden Kosten mitgeteilt.
68 
Ebenso ist die in Ziff. 1 der Verfügung vom 30.12.2014 erfolgte Festsetzung der Ersatzvornahme in der zuvor angedrohten Höhe als „letzte Warnung“ vor dem Vollzug in rechtmäßiger Weise ergangen, nachdem die anderen, milderen Zwangsmittel erfolglos waren.
69 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO. Es wäre unangemessen, dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Diese hat keinen Antrag gestellt und ist somit ihrerseits kein Kostenrisiko eingegangen, §§ 162 Abs. 3 und § 154 Abs. 3 VwGO.
70 
4. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO liegen nicht vor.

Gründe

 
38 
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist gegen die vom Beklagten im mehrstufigen Verfahren erlassenen Bescheide jeweils die Anfechtungsklage und nicht die Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft. Die Verwaltungsakte haben sich im rechtlichen Sinne nicht gemäß § 43 Abs. 2 LVwVfG erledigt. Grundsätzlich erledigen sich Verwaltungsakte nicht dadurch, dass sie freiwillig befolgt oder von der Behörde im Wege des Verwaltungszwangs mittels Ersatzvornahme durchgesetzt werden. Dies ergibt sich schon aus § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Danach kann die Rückgängigmachung der Vollziehung als Annex zur Anfechtungs- und nicht zur Fortsetzungsfeststellungsklage verlangt werden. Etwas anderes gilt auch nicht für den vorliegenden Fall des irreparablen Vollzugs, der hier seitens des Beklagten im Wege einer kostenpflichtigen Ersatzvornahme erfolgte. Auch in diesem Fall äußert der Verwaltungsakt immer noch Wirkungen, da der Fortbestand einer wirksamen Grundverfügung nach § 2 LVwVG Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der nachfolgenden Vollstreckungsmaßnahmen und die Zuweisung der Kostenlast ist (BVerwG, Urteil vom 25.09.2008 - 7 C 5.08 -, juris, Rn. 13; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.01.2018 - 1 S 2794/17 - juris, Rn. 4; Sächs. OVG, Urteil vom 27.01.2009 - 4 B 809/06 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 13.06.2006 - 13 A 632/04 -, juris, Rn. 37). Dies schließt die Annahme einer Erledigung im Sinne des nachträglichen Wegfalls der rechtlichen Wirkungen der Grundverfügung aus.
39 
Es liegt ein Fall der objektiven Klagehäufung gemäß § 44 VwGO vor.
40 
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Sanierungsanordnung des LRA ... vom 17.09.2014, sowie die auf Grundlage dieser Anordnung ergangenen Bescheide vom 30.09.2014 und 19.11.2014 und Ziff. 1 des Bescheids vom 30.12.2014, jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums ... vom 11.04.2016, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
41 
1. Ermächtigungsgrundlage für die Beseitigungsverfügung vom 17.09.2014 ist § 23 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutz vor gefährlichen Stoffen (Chemikaliengesetz - ChemG -) in der zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblichen Fassung vom 08.09.2015 (BGBl. I, 3498, 3991). Danach kann die zuständige Landesbehörde im Einzelfall u.a. die Anordnungen treffen, die zur Beseitigung festgestellter Verstöße gegen das Chemikaliengesetz selbst oder aufgrund dieses Gesetzes erlassener Rechtsverordnungen notwendig sind. Bei der Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffverordnung - GefStoffV -) vom 26.11.2010 (BGBl. I S. 1643, 1644) handelt es sich um eine solche u.a. auf §§ 3a, 14, 17 und 19 ChemG beruhende Rechtsverordnung. § 1 Abs. 1 Nr. 2 GefStoffV verfolgt dabei den Schutz von Mensch und Umwelt vor stoffbedingten Schädigungen durch Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten und anderer Personen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen. Zu Gefahrstoffen i.S.d. § 2 Abs. 1 GefStoffV gehört gem. Anhang I Nr. 2.2 Abs. 3 Nr. 4 zur GefStoffV auch Weichasbest in Form von Chrysotil. § 8 GefStoffV begründet für den Arbeitgeber Pflichten zu Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen. So müssen nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 GefStoffV der Arbeitsplatz und die Arbeitsorganisation geeignet gestaltet werden und nach § 8 Abs. 1 Nr. 7 GefStoffV geeignete Arbeitsmethoden und Verfahren getroffen werden, welche Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigen oder die Gefährdung so gering wie möglich halten, einschließlich Vorkehrungen für die sichere Handhabung, Lagerung und Beförderung von Gefahrstoffen und von Abfällen, die Gefahrstoffe enthalten, am Arbeitsplatz. Nach § 8 Abs. 4 GefStoffV hat der Arbeitgeber sicherzustellen, dass durch Verwendung verschließbarer Behälter eine sichere Lagerung, Handhabung und Beförderung von Gefahrstoffen auch bei der Abfallentsorgung gewährleistet ist. Weiter hat der Arbeitgeber nach § 8 Abs. 8 i.V.m. § 6 GefStoffV eine Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen. § 8 Abs. 8 GefStoffV i.V.m. Anhang I Nr. 2.3 Abs. 3, 5 und 6 zur GefStoffV bestimmt, dass die Ablagerung von Stäuben zu vermeiden ist bzw. diese Stäube an der Austritts- und Entstehungsstelle möglichst vollständig gefahrlos zu entsorgen sind. Präzisiert wird die Verordnung gemäß § 20 GefStoffV durch die Technischen Regeln für Gefahrstoffe - TRGS 519 (GMBl. 2014, 164) - für Asbest. Auch nach Nr. 7 Abs. 3, Nr. 8.1 Abs. 1, Nr. 17.1 Abs. 1 und Nr. 18.1 Abs. 3 TRGS 519 müssen die Arbeitsabläufe so gestaltet werden, dass Asbestfasern sich nicht verbreiten und die Freisetzung von Asbestfasern vermieden wird.
42 
Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Beseitigungsverfügung vom 17.09.2014 sowohl in formeller als auch materieller Hinsicht rechtmäßig.
43 
a) Die Beseitigungsverfügung ist formell rechtmäßig. Das Landratsamt als untere Verwaltungsbehörde, § 15 Abs. 1 Nr. 1 LVG, war gem. § 23 Abs. 1 ChemG i.V.m. § 1 Abs. 2 a.E. ChemZuVO für die angefochtene Sanierungsverfügung zuständig. Insbesondere wurde die Klägerin vor Erlass der Verfügung mit Schreiben vom 25.08.2014 auch angehört i.S.d. § 28 Abs. 1 LVwVfG.
44 
b) Auch materiell-rechtlich erweist sich die Beseitigungsverfügung als rechtmäßig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Ordnungsverfügung auf Grundlage des § 23 ChemG lagen vor.
45 
Für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit ist dabei grundsätzlich auf die behördliche Sicht „ex ante“ im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung - hier also der Erlass des Widerspruchsbescheids - abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt stand für den Beklagten fest, dass im Zuge der Dachsanierung Asbestfasernester in die Halle gelangt waren. Dem Beklagten war durch die gutachterlichen Ausführungen des H in seinem Gutachten vom 29.08.2014 bekannt, dass die Halle jedenfalls seit der ersten Probennahme am 15.08.2014 und damit im Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung weitgehend flächendeckend mit schwach gebundenem Asbest in Form von Chrysotil verunreinigt war. Der Hallenboden und alle darin befindlichen Objekte waren mit organischen, „strohähnlichen“ Material bedeckt. Zwischen den organischen Resten waren gräuliche Fasernester unterschiedlicher Größe über die Halle verteilt feststellbar, die einen 80%-igen Chrysotil Anteil aufwiesen. Dieselben Ergebnisse fanden sich an den Rändern der bereits in Transportsäcken abmontierten Eternitplatten.
46 
Das Gericht darf sich für sein Urteil - im Wege des Urkundenbeweises - auf gutachterliche Stellungnahmen stützen, welche ein Dritter oder die beteiligte Behörde im vorangegangen Verwaltungsverfahren eingeholt haben (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.07.2008 – 10 S 2327/07 –, juris, Rn. 24, m. w. N. zu medizinischen Fragestellungen). Die Gutachten des Herrn H vom 29.08.2014 und 30.01.2015 sind nachvollziehbar und widerspruchsfrei und stellen objektiv die Sachlage anhand eingeholter Proben dar.
47 
Angesichts des Umstands, dass in der Halle flüchtige Asbeststoffe (Chrysotil) vorhanden waren und Personen und Umwelt schädigen konnten, war der Anwendungsbereich des ChemG eröffnet. Im Falle des hier vorliegenden Nachweises von schwach gebundenen, weißen Asbestfasernestern auf dem Boden des Lagerschuppens, an den darin befindlichen Objekten und den Rändern der in den Transportsäcken zwischengelagerten Wellzement-Eternitplatten, lag eindeutig eine schädliche Einwirkung eines gefährlichen Stoffes i.S.d. § 1 ChemG für Umwelt und Menschen, u.a. den Pächter der Halle, seine Mitarbeiter und die Arbeitnehmer der Klägerin, vor. Bei freiem Spritzasbest, einer sehr flüchtigen Substanz mit minimaler Faserbindung an die Matrix, besteht eine erhöhte Gefahr der Freisetzung feinster atembarer Asbestfasern. Das Einatmen von lungengängigem asbesthaltigem Feinstaub kann zu Asbestose und schlussendlich zu unheilbaren Krebserkrankungen führen (vgl. LAGA-Merkblatt Entsorgung asbesthaltiger Abfälle in der aktualisierten Fassung v. 10.12.2001, GemABl. 2002, 700, 701). Asbest gehört zu den gefährlichsten Stoffen, die die Gesundheit gefährden und dauerhaft schädigen können. Erkrankungen infolge des Kontaktes mit Asbest liegt eine hohe Latenzzeit zugrunde. Allein in der Bundesrepublik Deutschland sterben jährlich über 1.000 Menschen durch Erkrankungen infolge des Umgangs mit Asbest (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.04.2016 - 3 L 90/15 -, juris, Rn. 10). Der Gefahrstoff Asbest besitzt demzufolge bereits eine grundsätzlich gegebene abstrakte Gefährlichkeit, der die bereits aufgeführten Schutzvorschriften Rechnung tragen, indem sie dazu dienen, diese abstrakte Gefährlichkeit unter Kontrolle halten und den Eintritt einer konkreten Gefahr zu verhindern.
48 
Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, dass damals nicht bekannt gewesen sei und auch immer noch nicht bekannt sei, woher der schwach gebundene Asbest in der Halle stamme. Das Gericht hat jedoch keine Zweifel, dass die schwach gebundenen Asbestfasern von den Rändern der Eternitplatten stammen und dort als Stopf- und Dichtungsmasse verwendet wurden. Der Gutachter Herr H fand dieselben Asbestfasern an den bereits von der Klägerin abmontierten Eternitplatten in den Transportsäcken und in der Halle. Eine andere Herkunft der Fasern ist nicht ersichtlich. Zusätzlich ist auf der Fotodokumentation des Gutachters H vom 29.08.2014 - insbesondere auf den Bildern F 4 bis F 6 - erkennbar, dass an den in Transportsäcken verpackten Platten noch weiße Anhaftungen vorhanden waren. Die Mutmaßung des Vertreters der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, dass der schwach gebundene Asbest möglicherweise auch von den in der Halle gelagerten Geräten stammen könne, namentlich von einem Feuerwehrauto, greift nicht durch. Denn die Fasern stammten nach dem Gutachten des H vom 29.08.2014 mit großer Wahrscheinlichkeit von den Eternitplatten und nicht von sonstigen Geräten und wurden überdies überall in der Halle gefunden und nicht nur im Bereich der Gerätschaften.
49 
Der Beklagte hat die Klägerin zu Recht als Handlungsstörerin in Anspruch genommen. Handlungsstörer ist eine natürliche oder juristische Person, die durch ihr Verhalten eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung verursacht (§ 6 Abs. 1 PolG). Da das Ziel eine effektive Gefahrenabwehr ist, kommt es auf die Geschäfts- und Verschuldensfähigkeit des Handlungsstörers nicht an. Der Störer muss hierbei die Gefahr i.S.d. Theorie von der unmittelbaren Verursachung verursacht haben, also mit seinem Verhalten die Gefahrenschwelle überschritten haben (vgl. Ruder, Polizeirecht BW, 8. Aufl. 2015, Rn. 225 und 231).
50 
Die Klägerin hat durch die von ihr durchgeführten Dachsanierungsarbeiten Asbest freigesetzt und damit gegen ihre grundlegenden Pflichten auf § 8 GefStoffV und aus der TRGS 519 verstoßen. Durch ihre Dacharbeiten hat die Klägerin die Kontamination der Halle mit Weichasbest maßgeblich verursacht und die Gesundheitsgefahr in der Halle in erheblichem Ausmaß erhöht. Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass sich bei der Entfernung der alten Wellzementplatten als Stopf- und Dichtungsmasse verwendete Weichasbestmaterialen von den Rändern der Platten gelöst haben und in die Halle herabgefallen sind. Wie bereits ausgeführt, stammen die in der Halle aufgefundenen Asbestnester und -bestandteile, von den Rändern der Dachplatten. Dass sich diese Materialien durch die mechanischen Einwirkungen auf die Platten bei der Demontage gelöst haben und in die Halle herab gefallen sind, ergibt das vorgelegte Bildmaterial der Arbeitsbereiche und der Halle. Die im gerichtlichen Eilverfahren vorgelegten Bilder F4 bis F6 lassen lose anhaftende weißliche Faserbestandteile an den Rändern der demontierten Dachplatten erkennen. Auf den Bildern des Gutachtens vom 29.08.2014 - insbesondere auf dem Foto F 7 - sind die unter dem Hallendach angebrachten Fangnetze der Klägerin zu sehen, in denen Materialen hängen. Diese können ausschließlich im Zuge der Dachsanierung in die Fangnetze gelangt sein, da diese Netze erst wegen der Dachsanierung angebracht worden sind. Erkennbar ist ferner, dass die Netze sehr großmaschig sind, so dass kleinere Partikel, wie etwa die auf den Bildern vom Halleninneren und -boden erkennbaren weißen Asbestfasern durch die Fangnetze hindurch fallen konnten. Herr H hat in seiner Aussage vor dem Landgericht Ulm (Protokoll vom 28.04.2016 im Verfahren 6 O 357/15, S. 6f) ebenfalls beschrieben, dass in den Fangnetzen Materialien hingen, dass auf dem Boden der Halle Verschmutzungen fast auf der gesamten Oberfläche vorhanden waren, und dass es sich dabei um kleine Stücke, auch von den Eternitplatten selbst gehandelt hat. Dies belegt, dass bei den von Mitarbeitern der Klägerin vorgenommenen Demontagearbeiten sich sowohl Asbestbruchstücke der Eternitplatten als auch die an den Rändern lose anhaftenden, schwach gebundenen Asbestfasern gelöst und durch die Fangnetze in die Halle heruntergefallen sind. Bereits dadurch hat die Klägerin in eklatanter Weise gegen die genannten Schutzvorschriften verstoßen. Ob und auf welche Weise die Klägerin auf dem Dach gekehrt hat und ob sie Restfaserbindemittel hätte benutzen müssen - worauf im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes maßgeblich abgestellt wurde -, kann daher ebenso offenbleiben wie die Frage, ob die Klägerin durch diese Maßnahmen den massiven Materialeintrag und die damit entstandene Asbestkontamination hätte verhindern können, oder ob es dazu erheblich umfangreicherer Schutzmaßnahmen (z.B. Folienabdeckung, Räumung der Halle, Einziehung einer Zwischendecke) bedurft hätte.
51 
Es spricht auch nichts dafür, dass massive Materialeintrag bereits vor den Dachsanierungsarbeiten in der Halle stattgefunden hat. Der Pächter der Halle, Herr ..., hat erstmals im Zuge der Dachsanierungsarbeiten diese „Flusen“ und Bruchstücke festgestellt und umgehend überprüfen bzw. begutachten lassen. Auch die Zeugen B und R haben im zivilrechtlichen Verfahren vor dem Landgericht Ulm davon berichtet, dass im Zuge der Dacharbeiten „herausgerissene Teile wie Steinwolle oder Glaswolle“ bzw. „etwas Flusenmäßiges“ auf dem Boden der Halle lag, die vorher nicht dort gelegen hätten (Protokoll vom 28.04.2016 im Verfahren 6 O 357/15, S. 2 und 5). Die Klägerin selbst hat vorgetragen, dass vor Beginn ihrer Arbeiten kein Spritzasbest in der Halle festzustellen gewesen sei. Hätten die Fasernester bereits zu diesem Zeitpunkt in der Halle gelegen, wäre dies auch für die Mitarbeiter der Klägerin erkennbar gewesen.
52 
Der Inanspruchnahme der Klägerin als Handlungsstörerin durch die Beklagte stand auch nicht entgegen, dass schon durch den Hagelschaden im Jahr 2013 eine teilweise Asbestkontaminierung der Halle bewirkt worden war. Unabhängig davon, ob dies für die Beklagte zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung erkennbar gewesen war, entbindet dieser Vorschaden die Klägerin nicht von ihrer Verantwortlichkeit als Handlungsstörerin. Zwar ergibt sich nunmehr aus dem vom Beigeladenen vorgelegten Ergänzungsgutachten des Dipl.-Biol. R vom 23.01.2018, dass der Hagelschaden zu Durchschlägen des Daches und damit zum Herausbrechen einzelner Stücke der asbesthaltigen Wellzementplatten geführt hat und dass auch durch Erschütterungen Asbestfaserstäube freigesetzt worden sind (GA, S. 13 ff.). Dieser Vorschaden hat jedoch nicht zu einer ansatzweise vergleichbaren sichtbaren Kontamination der Halle geführt, sondern sich vor allem auf die Bereiche unterhalb der Durchschlagsstellen beschränkt. Die Dachsanierungsarbeiten der Klägerin haben hingegen zu einer massiven und vollständigen Kontaminierung der streitgegenständlichen Lagerhalle mit massiven Materialeinträgen geführt. Diese Materialeinträge haben sich über die gesamte Fläche der Halle erstreckt und insbesondere in großen Mengen den schwach gebundenen Asbest aus den Fasern der Stopf- und Dichtungsmasse freigesetzt. Der umfangreiche Materialeintrag war dem Pächter der Halle auch nicht bereits in Folge des Hagelschadens, sondern erst im Zusammenhang mit den Dachsanierungsarbeiten aufgefallen. Dass die Demontagearbeiten den weitaus größeren Anteil der Asbestkontamination verursacht haben, bestätigt letztlich auch das Ergänzungsgutachten des Dipl.-Biol. R vom 23.01.2018 (S. 18), in welchem ausgeführt wird, dass der Schaden durch die Dachsanierungsarbeiten der deutlich schwerere Schaden sei, weil es durch diese zu einem nennenswerten Materialeintrag an schwach gebundener asbesthaltiger Stopf- bzw. Dichtungsmasse in die Halle gekommen sei. Dass der Hagelschaden zu diesem Materialeintrag geführt haben könnte, wurde hingegen als äußerst unwahrscheinlich bewertet, da hierfür die Durchschläge im doppelten Überlappungsbereich der Platten hätten auftreten müssen.
53 
Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, dass der Spritzasbest nicht erkennbar gewesen sei. Auf die Kenntnis der Mitarbeiter der Klägerin, dass es sich beim Fugenmaterial um schwach gebundenes Asbest handelte, kommt es für ihre Störereigenschaft nach der Theorie der unmittelbaren Verursachung nicht an, da diese verschuldensunabhängig ist. Im Übrigen kann dem entgegengehalten werden, dass gerade dann, wenn die Verarbeitungsweise unter Verwendung faserhaltigen Dichtungsmaterials unüblich war, dies erst Recht hätte auffallen müssen und die Klägerin ihre Arbeiten unverzüglich hätte stoppen müssen. Zudem ist nach den beiden Gutachten des Sachverständigen R der Spritzasbest für einen Fachmann erkennbar (GA vom 27.02.2017, S. 34 bzw. ErgGA vom 23.01.2018, S. 10).
54 
Zwar befanden sich die schwach gebundenen Asbestfasern bereits im Dach der Halle, jedoch befanden sie sich vor dem Hagelschaden und der Dachsanierung durch die Klägerin noch fest zwischen den Eternitplatten. Sie stellten zu diesem Zeitpunkt lediglich eine abstrakte Gefahr dar. Durch den Hagelschaden hat sich diese abstrakte Gefahr bereits zu einer konkreten Gefahr gewandelt, da es auch dadurch zu einem nennenswerten Asbesteintrag in die Halle gekommen ist (ErgGA vom 23.01.2018, S. 15). Aber erst aufgrund der fehlerhaften Dachsanierung durch die Klägerin hat sich diese bereits vorhandene konkrete Gefahr in deutlich erkennbarer Weise wegen des immensen Materialeintrags von schwach gebundenen Asbestfasern in der Halle erheblich erhöht.
55 
Die Inanspruchnahme der Klägerin als Handlungsstörerin erweist sich auch unter dem Gesichtspunkt der Störerauswahl als rechtmäßig.
56 
Auch die Beigeladene als Eigentümerin der Halle ist als Zustandsstörerin für die entstandene konkrete Gefahr verantwortlich. In ihrer Halle war der gesundheitsgefährdende Spritzasbest eingebaut und fest gebundener Asbest hat sich bereits durch den Hagelschaden in der Halle verteilt. Die Beigeladene war für diesen Zustand verantwortlich und es hätte ihr oblegen, bei einem ordnungsgemäßen Verhalten der Klägerin - also bei einem Stoppen der Arbeiten beim Erkennen des Spritzasbests - die Fortsetzung der ordnungsgemäßen Sanierung zu veranlassen. Im Übrigen hätte die Beigeladene bereits im Vorfeld eine Schadstofferkundung durchführen müssen und dann in Kenntnis des Vorhandenseins von Spritzasbest die Arbeiten von vorneherein für schwach gebundenen Asbest ausschreiben müssen (GA R vom 27.02.2017 und 23.01.2018, S. 38 bzw. 24).
57 
Ungeachtet dessen, ist die Ermessensausübung des Beklagten bei der Störerauswahl auf der Primärebene nicht zu beanstanden.
58 
Gibt es mehrere Störer, hat die zuständige Behörde eine Auswahlentscheidung dahingehend zu treffen, wen sie in Anspruch nehmen möchte. Dabei handelt es sich im Rechtssinne um eine behördliche Ermessensentscheidung. Eine pflichtgemäße Ermessensbetätigung liegt vor, wenn die Vorgaben des § 40 LVwVfG beachtet worden sind; nur innerhalb dieses gesetzlichen Rahmens kann die Behörde ihre Ermessensausübung auf Zweckmäßigkeitserwägungen stützen. Die Behörde ist verpflichtet, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben. Diese Vorgabe verlangt, dass der Ermessensentscheidung sachgemäße Erwägungen zu Grunde liegen, die Entscheidung auf einem zutreffenden und vollständig ermittelnden Sachverhalt beruht und keine allgemein anerkannten Bewertungsmaßstäbe missachtet worden sind. Lässt sich die Behörde bei ihrer Auswahlentscheidung von unsachgemäßen bzw. falschen Gesichtspunkten leiten, liegt ein Ermessensfehlgebrauch vor. Die Feststellung eines derartigen Ermessensfehlers fällt in die gerichtliche Kontrollkompetenz (§ 114 Satz 1 VwGO).
59 
Bei der Störerauswahl ist im Falle einer Störermehrheit zwischen der primären und der sekundären Ebene zu unterscheiden. Auf der - hier allein streitgegenständlichen - primären Ebene geht es aus einer „ex-ante“-Sicht um die effektive Gefahrenabwehr. Leitender Gesichtspunkt für die Störerauswahl ist die daher Effektivität der Gefahrenabwehr. Anzustreben ist stets die schnelle und wirksame Gefahrbeseitigung. Bei der Ausübung des Auswahlermessens hat sich die Behörde in erster Linie vom Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr unter Berücksichtigung von Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten leiten zu lassen. Dies schließt nicht aus, dass daneben auch andere Gesichtspunkte, wie z.B. die größere Gefahrnähe eines Störers Berücksichtigung finden. Die sachgerechte Störerauswahl auf der primären Ebene muss zivilrechtliche Aspekte des internen Ausgleichs zwischen den Störern nicht berücksichtigen; im Einzelfall kommt etwas anderes allenfalls dann in Betracht, wenn die Behörde bei ihrer Ermessensbetätigung ihr bekannte und unstreitige Regelungen des internen Ausgleichs völlig unberücksichtigt lässt (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.04.2002 - 10 S 2367/01 -, juris, Rn.21). Andererseits ist die Behörde rechtlich nicht daran gehindert, im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens den Gesichtspunkt der gerechten Lastenverteilung neben dem vorrangigen Aspekt der Effektivität der Gefahrenabwehr in ihre Erwägungen bereits auf der Primärebene einzubeziehen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.12.2012 - 10 S 744/12 -, juris, Rn. 36, m.w.N; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.01.2012 - 10 S 1476/11 -, juris, Rn. 23).
60 
Anders als auf der primären Ebene der Gefahrenabwehr ist für den Erlass eines Bescheids über die Anforderung von Kosten einer Ersatzvornahme auf der sekundären Ebene eine ex post-Betrachtung geboten; die Störerauswahl auf der primären Ebene präjudiziert die Auswahl des Kostenschuldners bzw. der Kostenschuldner bei mehreren Kostenpflichtigen nicht. Unter gleichrangig Verpflichteten muss die Auswahl des bzw. der Kostenpflichtigen nach dem Gebot der gerechten Lastenverteilung erfolgen, falls keine speziellen Ermessensdirektiven zum Tragen kommen. Diese Vorgabe findet ihre rechtliche Grundlage im Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Maxime der Lastengerechtigkeit vermeidet, dass ohne hinreichenden sachlichen Grund einem der Verpflichteten allein die Kostenlast auferlegt wird (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.01.2012 - 10 S 1476/11 -, juris, Rn. 25).
61 
Ein gesetzliches Rangverhältnis zur gefahrenabwehrrechtlichen Heranziehung von Störern auf der Primärebene gibt es nach dem baden-württembergischen Landesrecht nicht (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.11.1992 - 1 S 2727/91 -, juris, Rn. 21). Es besteht daher kein genereller Vorrang der Inanspruchnahme eines Handlungsstörers gegenüber einem Zustandsstörer. Insbesondere ist es auch nicht verfassungsrechtlich geboten, dass Zustandsverantwortliche stets nachrangig haften (BVerfG vom 16.02.2000 - 1 BvR 242/91 -, juris, Rn. 53). Für die Ermessensausübung maßgebliche Gesichtspunkte sind insbesondere eine schnelle und effektive Beseitigung eingetretener Störungen und die Freihaltung der öffentlichen Hand von finanziellen Lasten. Normative Richtschnur fehlerfreier Ausübung des Auswahlermessens ist auch beim Zusammentreffen von Handlungs- und Zustandshaftung der Gesichtspunkt einer schnellen und wirksamen Gefahrenbeseitigung. Danach kann die Inanspruchnahme des Zustandsstörers vor dem Handlungsstörer rechtens sein, wenn der Handlungsstörer nicht greifbar oder aus rechtlichen, faktischen oder finanziellen Gründen eine wirksame Gefahrenbeseitigung durch ihn nicht gewährleistet ist. Die Ordnungsbehörde hat die Pflicht, ermessensgerecht unter Berücksichtigung der genannten Gesichtspunkte zwischen den in Betracht kommenden Störern auszuwählen (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 16.05.2018 - 1 M 327/18 OVG -, juris, Rn. 9).
62 
Der Beklagte hat, gemessen an diesen Grundsätzen, die Auswahl der Klägerin als Handlungsstörerin ermessensfehlerfrei i.S.d. § 40 LVwVfG vorgenommen. Maßgebend für die gerichtliche Überprüfung der behördlichen Ermessensentscheidung (§ 114 Satz 1 VwGO) sind die Gesichtspunkte, die im Ausgangsbescheid und im Widerspruchsbescheid dargelegt oder sonst aus den Akten ersichtlich sind (§ 39 Abs. 1 Satz 3 LVwVfG).
63 
Der Beklagte hat den Kreis der möglichen Adressaten der Verfügung zutreffend ermittelt. Er hat erkannt, dass sowohl die Klägerin als Handlungsstörerin als auch die Beigeladene als Zustandsstörerin in Anspruch genommen werden können und gesehen, dass beide Störer nicht in der Lage sind, die Gefahr zu beheben, sondern beide ein dafür zugelassenes Fachunternehmen beauftragen müssen. Auch hat der Beklagte seine Auswahlentscheidung ermessensgerecht getroffen, da er sich primär von dem Gesichtspunkt der Effektivität der Gefahrenabwehr leiten ließ und in fehlerfreier Weise die Gefahrnähe bzw. Sachnähe der Klägerin berücksichtigt hat. Auf der Primärebene kann das Kriterium der „Sachnähe“ - auf Grundlage einer präzisen Analyse der „Nähebeziehungen“ aller Störer zur Gefahrenlage - ein Gesichtspunkt pflichtgemäßen Ermessens für die Störerauswahl sein (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.01.2012 - 10 S 1476/11 -, juris, Rn. 34, m.w.N.). Der Beklagte hat festgestellt, dass beide Störer durch Beauftragung eines Fachbetriebes gleich effektiv die Gefahr beseitigen lassen können, es jedoch aus Gründen der Sachnähe bzw. der Gefahrnähe der Klägerin ermessensgerecht ist, die Klägerin in Anspruch zu nehmen. Er hat in nicht zu beanstandender Weise bedacht, dass die Klägerin als Fachfirma und als Verursacherin der sichtbaren Kontamination in der Halle eine größere Sachnähe bzw. Gefahrennähe aufwies als die Beigeladene. Der Beklagte durfte in seinen Ermessenserwägungen zugunsten der Beigeladenen berücksichtigen, dass der Spritzasbest damals rechtmäßig in der Halle verbaut worden war und dass diese gerade durch Beauftragung einer Fachfirma die Gefahr nach dem Hagelschaden beseitigen wollte. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte für einen Ermessensfehler des Beklagten, weil er das Gebot der gerechten Lastenverteilung nicht bereits auf der Primärebene in seine Ermessenserwägungen einbezogen hat. Es steht dem Beklagten zwar frei, dies zu tun, er hat jedoch - anders als auf der Sekundärebene - nicht die Pflicht, dieses Gebot hier schon zu beachten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.04.2002 - 10 S 2367/01 -, juris, Rn.21). Vielmehr hat sich der Beklagte hier vorrangig ordnungsgemäß am Leitbild der effektiven Gefahrenabwehr orientiert.
64 
Die Beseitigungsverfügung des Beklagten war auch verhältnismäßig. Sie war geeignet und erforderlich, eine Gefährdung der Menschen und der Umwelt auszuschließen. Andere mildere Mittel sind nicht ersichtlich. Sie war zum Schutz der Gesundheit auch angemessen.
65 
2. Auch die auf der Grundlage der Verfügung vom 17.09.2014 ergangenen Vollzugsmaßnahmen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Mit der in Ziff. 3 erfolgten Anordnung der sofortigen Vollziehung der in Ziff. 1 der Verfügung vom 17.09.2014 enthaltenen Beseitigungspflicht lag ein vollstreckbarer Verwaltungsakt vor, § 2 Nr. 2 LVwVG.
66 
In der Verfügung vom 30.09.2014 wurde das Zwangsmittel des Zwangsgeldes (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 LVwVG) unter Fristsetzung und in einer bestimmten Höhe angedroht und damit § 20 Abs. 1, 3 und 4 LVwVG beachtet. Die angedrohte Höhe des Zwangsgeldes hält sich im Rahmen des § 23 LVwVG und ist - insbesondere gemessen am Ausmaß der Gefahr und den voraussichtlichen Kosten ihrer Beseitigung - auch nicht unverhältnismäßig.
67 
Die Festsetzung des Zwangsgeldes in der zuvor mitgeteilten Höhe durch die Verfügung vom 19.11.2014 ist als Konsequenz aus dem Nichtbefolgen der Verpflichtung aus der Verfügung vom 17.09.2014 rechtmäßig. Dies gilt auch für die zugleich am 19.11.2014 erfolgte Ankündigung der Ersatzvornahme als weiterer Vollstreckungsmaßnahme (§ 25 LVwVG). Auch hier sind die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 und des Abs. 3 Satz 1 LVwVG beachtet. Zudem hat der Antragsgegner entsprechend § 20 Abs. 5 LVwVG auch die im Falle der Ersatzvornahme voraussichtlich anfallenden Kosten mitgeteilt.
68 
Ebenso ist die in Ziff. 1 der Verfügung vom 30.12.2014 erfolgte Festsetzung der Ersatzvornahme in der zuvor angedrohten Höhe als „letzte Warnung“ vor dem Vollzug in rechtmäßiger Weise ergangen, nachdem die anderen, milderen Zwangsmittel erfolglos waren.
69 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO. Es wäre unangemessen, dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Diese hat keinen Antrag gestellt und ist somit ihrerseits kein Kostenrisiko eingegangen, §§ 162 Abs. 3 und § 154 Abs. 3 VwGO.
70 
4. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO liegen nicht vor.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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published on 16/05/2018 00:00

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 26. März 2018 – 5 B 2556/17 HGW – wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird für
published on 17/01/2018 00:00

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. November 2017 - 5 K 4087/16 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gründe  1 Die Beschwerde ist zulässig, aber unbeg
published on 11/04/2016 00:00

Gründe 1 1. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 1. Kammer - vom 24. März 2015 hat keinen Erfolg. 2 a) Die von der Klägerin gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemachten ernst
published on 24/01/2012 00:00

Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 14. Oktober 2010 – 2 K 3366/08 – wird zurückgewiesen.Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 D
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Annotations

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die zuständige Landesbehörde kann im Einzelfall die Anordnungen treffen, die zur Beseitigung festgestellter oder zur Verhütung künftiger Verstöße gegen dieses Gesetz oder gegen die nach diesem Gesetz erlassenen Rechtsverordnungen oder gegen eine in § 21 Absatz 2 Satz 1 genannte EG- oder EU-Verordnung notwendig sind.

(1a) Wird eine Anordnung nach Absatz 1 nicht innerhalb der gesetzten Frist oder eine solche für sofort vollziehbar erklärte Anordnung nicht sofort ausgeführt, kann die zuständige Behörde die von der Anordnung betroffene Arbeit ganz oder teilweise bis zur Erfüllung der Anordnung untersagen, wenn die Untersagung zum Schutz von Leben oder Gesundheit der Beschäftigten erforderlich ist.

(2) Die zuständige Landesbehörde kann für eine Dauer von höchstens drei Monaten anordnen, dass ein gefährlicher Stoff, ein gefährliches Gemisch oder ein Erzeugnis, das einen gefährlichen Stoff oder ein gefährliches Gemisch freisetzen kann oder enthält, nicht, nur unter bestimmten Voraussetzungen, nur in bestimmter Beschaffenheit oder nur für bestimmte Zwecke hergestellt, in den Verkehr gebracht oder verwendet werden darf, soweit Anhaltspunkte, insbesondere ein nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse begründeter Verdacht dafür vorliegen, dass von dem Stoff, dem Gemisch oder dem Erzeugnis eine erhebliche Gefahr für Leben oder Gesundheit des Menschen oder die Umwelt ausgeht. Die zuständige Landesbehörde kann diese Anordnung aus wichtigem Grund um bis zu einem Jahr verlängern. Die Sätze 1 und 2 gelten auch dann, wenn Anhaltspunkte, insbesondere ein nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse begründeter Verdacht, für die Annahme bestehen, dass ein Stoff oder ein Gemisch gefährlich ist. Anordnungen nach Satz 1 und 2 können nur ergehen, soweit dies unionsrechtlich zulässig ist.

(3) Rechtsbehelfe gegen Anordnungen nach den Absätzen 1a und 2 haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Gefahrstoffe im Sinne dieser Verordnung sind

1.
gefährliche Stoffe und Gemische nach § 3,
2.
Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, die explosionsfähig sind,
3.
Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, aus denen bei der Herstellung oder Verwendung Stoffe nach Nummer 1 oder Nummer 2 entstehen oder freigesetzt werden,
4.
Stoffe und Gemische, die die Kriterien nach den Nummern 1 bis 3 nicht erfüllen, aber auf Grund ihrer physikalisch-chemischen, chemischen oder toxischen Eigenschaften und der Art und Weise, wie sie am Arbeitsplatz vorhanden sind oder verwendet werden, die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten gefährden können,
5.
alle Stoffe, denen ein Arbeitsplatzgrenzwert zugewiesen worden ist.

(2) Für die Begriffe Stoff, Gemisch, Erzeugnis, Lieferant, nachgeschalteter Anwender und Hersteller gelten die Begriffsbestimmungen nach Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/1221 (ABl. L 197 vom 25.7.2015, S. 10) geändert worden ist.

(2a) Umweltgefährlich sind, über die Gefahrenklasse gewässergefährdend nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 hinaus, Stoffe oder Gemische, wenn sie selbst oder ihre Umwandlungsprodukte geeignet sind, die Beschaffenheit von Naturhaushalt, Boden oder Luft, Klima, Tieren, Pflanzen oder Mikroorganismen derart zu verändern, dass dadurch sofort oder später Gefahren für die Umwelt herbeigeführt werden können.

(3) Krebserzeugend, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch sind

1.
Stoffe, die in Anhang VI der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 in der jeweils geltenden Fassung als karzinogen, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch eingestuft sind,
2.
Stoffe, welche die Kriterien für die Einstufung als karzinogen, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch nach Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 in der jeweils geltenden Fassung erfüllen,
3.
Gemische, die einen oder mehrere der in § 2 Absatz 3 Nummer 1 oder 2 genannten Stoffe enthalten, wenn die Konzentration dieses Stoffs oder dieser Stoffe die stoffspezifischen oder die allgemeinen Konzentrationsgrenzen nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 in der jeweils geltenden Fassung erreicht oder übersteigt, die für die Einstufung eines Gemischs als karzinogen, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch festgelegt sind,
4.
Stoffe, Gemische oder Verfahren, die in den nach § 20 Absatz 4 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnissen als krebserzeugend, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch bezeichnet werden.

(4) Organische Peroxide im Sinne des § 11 Absatz 4 und des Anhangs III sind Stoffe, die sich vom Wasserstoffperoxid dadurch ableiten, dass ein oder beide Wasserstoffatome durch organische Gruppen ersetzt sind, sowie Gemische, die diese Stoffe enthalten.

(5) Eine Tätigkeit ist jede Arbeit mit Stoffen, Gemischen oder Erzeugnissen, einschließlich Herstellung, Mischung, Ge- und Verbrauch, Lagerung, Aufbewahrung, Be- und Verarbeitung, Ab- und Umfüllung, Entfernung, Entsorgung und Vernichtung. Zu den Tätigkeiten zählen auch das innerbetriebliche Befördern sowie Bedien- und Überwachungsarbeiten.

(5a) Begasung bezeichnet eine Verwendung von Biozid-Produkten oder Pflanzenschutzmitteln

1.
bei der bestimmungsgemäß Stoffe gasförmig freigesetzt werden,
a)
die als akut toxisch Kategorie 1, 2 oder 3 eingestuft sind oder
b)
für die in der Zulassung festgelegt wurde, dass eine Messung oder Überwachung der Wirkstoff- oder Sauerstoffkonzentration zu erfolgen hat,
2.
für die in der Zulassung die Bereitstellung und Verwendung eines unabhängig von der Umgebungsatmosphäre wirkenden Atemschutzgeräts festgelegt wurde oder
3.
die zur Raumdesinfektion sämtlicher Flächen eines umschlossenen Raums eingesetzt werden, wobei Formaldehyd aus einer wässrigen Formaldehydlösung in Form schwebfähiger Flüssigkeitstropfen ausgebracht wird.

(6) Lagern ist das Aufbewahren zur späteren Verwendung sowie zur Abgabe an andere. Es schließt die Bereitstellung zur Beförderung ein, wenn die Beförderung nicht innerhalb von 24 Stunden nach der Bereitstellung oder am darauffolgenden Werktag erfolgt. Ist dieser Werktag ein Samstag, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.

(7) Es stehen gleich

1.
den Beschäftigten die in Heimarbeit beschäftigten Personen sowie Schülerinnen und Schüler, Studierende und sonstige, insbesondere an wissenschaftlichen Einrichtungen tätige Personen, die Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ausüben; für Schülerinnen und Schüler und Studierende gelten jedoch nicht die Regelungen dieser Verordnung über die Beteiligung der Personalvertretungen,
2.
dem Arbeitgeber der Unternehmer ohne Beschäftigte sowie der Auftraggeber und der Zwischenmeister im Sinne des Heimarbeitsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 804-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 225 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist.

(8) Der Arbeitsplatzgrenzwert ist der Grenzwert für die zeitlich gewichtete durchschnittliche Konzentration eines Stoffs in der Luft am Arbeitsplatz in Bezug auf einen gegebenen Referenzzeitraum. Er gibt an, bis zu welcher Konzentration eines Stoffs akute oder chronische schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Beschäftigten im Allgemeinen nicht zu erwarten sind.

(9) Der biologische Grenzwert ist der Grenzwert für die toxikologisch-arbeitsmedizinisch abgeleitete Konzentration eines Stoffs, seines Metaboliten oder eines Beanspruchungsindikators im entsprechenden biologischen Material. Er gibt an, bis zu welcher Konzentration die Gesundheit von Beschäftigten im Allgemeinen nicht beeinträchtigt wird.

(9a) Physikalisch-chemische Einwirkungen umfassen Gefährdungen, die hervorgerufen werden können durch Tätigkeiten mit

1.
Stoffen, Gemischen oder Erzeugnissen mit einer physikalischen Gefahr nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 oder
2.
weiteren Gefahrstoffen, die nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 nicht mit einer physikalischen Gefahr eingestuft sind, die aber miteinander oder aufgrund anderer Wechselwirkungen so reagieren können, dass Brände oder Explosionen entstehen können.

(10) Ein explosionsfähiges Gemisch ist ein Gemisch aus brennbaren Gasen, Dämpfen, Nebeln oder aufgewirbelten Stäuben und Luft oder einem anderen Oxidationsmittel, das nach Wirksamwerden einer Zündquelle in einer sich selbsttätig fortpflanzenden Flammenausbreitung reagiert, sodass im Allgemeinen ein sprunghafter Temperatur- und Druckanstieg hervorgerufen wird.

(11) Chemisch instabile Gase, die auch ohne ein Oxidationsmittel nach Wirksamwerden einer Zündquelle in einer sich selbsttätig fortpflanzenden Flammenausbreitung reagieren können, sodass ein sprunghafter Temperatur- und Druckanstieg hervorgerufen wird, stehen explosionsfähigen Gemischen nach Absatz 10 gleich.

(12) Ein gefährliches explosionsfähiges Gemisch ist ein explosionsfähiges Gemisch, das in solcher Menge auftritt, dass besondere Schutzmaßnahmen für die Aufrechterhaltung der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten oder anderer Personen erforderlich werden.

(13) Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre ist ein gefährliches explosionsfähiges Gemisch mit Luft als Oxidationsmittel unter atmosphärischen Bedingungen (Umgebungstemperatur von –20 °C bis +60 °C und Druck von 0,8 Bar bis 1,1 Bar).

(14) Explosionsgefährdeter Bereich ist der Gefahrenbereich, in dem gefährliche explosionsfähige Atmosphäre auftreten kann.

(15) Der Stand der Technik ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zum Schutz der Gesundheit und zur Sicherheit der Beschäftigten gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Stands der Technik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen, die mit Erfolg in der Praxis erprobt worden sind. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Arbeitsmedizin und die Arbeitsplatzhygiene.

(16) Fachkundig ist, wer zur Ausübung einer in dieser Verordnung bestimmten Aufgabe über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügt. Die Anforderungen an die Fachkunde sind abhängig von der jeweiligen Art der Aufgabe. Zu den Anforderungen zählen eine entsprechende Berufsausbildung, Berufserfahrung oder eine zeitnah ausgeübte entsprechende berufliche Tätigkeit sowie die Teilnahme an spezifischen Fortbildungsmaßnahmen.

(17) Sachkundig ist, wer seine bestehende Fachkunde durch Teilnahme an einem behördlich anerkannten Sachkundelehrgang erweitert hat. In Abhängigkeit vom Aufgabengebiet kann es zum Erwerb der Sachkunde auch erforderlich sein, den Lehrgang mit einer erfolgreichen Prüfung abzuschließen. Sachkundig ist ferner, wer über eine von der zuständigen Behörde als gleichwertig anerkannte oder in dieser Verordnung als gleichwertig bestimmte Qualifikation verfügt.

(18) Eine Verwenderkategorie bezeichnet eine Personengruppe, die berechtigt ist, ein bestimmtes Biozid-Produkt zu verwenden. Sie beschreibt den Grad der Qualifikation, die für diese Verwendung erforderlich ist. Die zugehörige Verwenderkategorie eines Biozid-Produkts wird nach der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozid-Produkten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2019/1825 (ABl. L 279 vom 31.10.2019, S. 19) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, im Zulassungsverfahren festgelegt. Verwenderkategorien sind:

1.
die breite Öffentlichkeit,
2.
der berufsmäßige Verwender,
3.
der geschulte berufsmäßige Verwender.

(1) Der Arbeitgeber hat bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen die folgenden Schutzmaßnahmen zu ergreifen:

1.
geeignete Gestaltung des Arbeitsplatzes und geeignete Arbeitsorganisation,
2.
Bereitstellung geeigneter Arbeitsmittel für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und geeignete Wartungsverfahren zur Gewährleistung der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten bei der Arbeit,
3.
Begrenzung der Anzahl der Beschäftigten, die Gefahrstoffen ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können,
4.
Begrenzung der Dauer und der Höhe der Exposition,
5.
angemessene Hygienemaßnahmen, insbesondere zur Vermeidung von Kontaminationen, und die regelmäßige Reinigung des Arbeitsplatzes,
6.
Begrenzung der am Arbeitsplatz vorhandenen Gefahrstoffe auf die Menge, die für den Fortgang der Tätigkeiten erforderlich ist,
7.
geeignete Arbeitsmethoden und Verfahren, welche die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigen oder die Gefährdung so gering wie möglich halten, einschließlich Vorkehrungen für die sichere Handhabung, Lagerung und Beförderung von Gefahrstoffen und von Abfällen, die Gefahrstoffe enthalten, am Arbeitsplatz.

(2) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass

1.
alle verwendeten Stoffe und Gemische identifizierbar sind,
2.
gefährliche Stoffe und Gemische innerbetrieblich mit einer Kennzeichnung versehen sind, die ausreichende Informationen über die Einstufung, über die Gefahren bei der Handhabung und über die zu beachtenden Sicherheitsmaßnahmen enthält; vorzugsweise ist eine Kennzeichnung zu wählen, die der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 entspricht,
3.
Apparaturen und Rohrleitungen so gekennzeichnet sind, dass mindestens die enthaltenen Gefahrstoffe sowie die davon ausgehenden Gefahren eindeutig identifizierbar sind.
Kennzeichnungspflichten nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt. Solange der Arbeitgeber den Verpflichtungen nach Satz 1 nicht nachgekommen ist, darf er Tätigkeiten mit den dort genannten Stoffen und Gemischen nicht ausüben lassen. Satz 1 Nummer 2 gilt nicht für Stoffe, die für Forschungs- und Entwicklungszwecke oder für wissenschaftliche Lehrzwecke neu hergestellt worden sind und noch nicht geprüft werden konnten. Eine Exposition der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit diesen Stoffen ist zu vermeiden.

(3) Der Arbeitgeber hat gemäß den Ergebnissen der Gefährdungsbeurteilung nach § 6 sicherzustellen, dass die Beschäftigten in Arbeitsbereichen, in denen sie Gefahrstoffen ausgesetzt sein können, keine Nahrungs- oder Genussmittel zu sich nehmen. Der Arbeitgeber hat hierfür vor Aufnahme der Tätigkeiten geeignete Bereiche einzurichten.

(4) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass durch Verwendung verschließbarer Behälter eine sichere Lagerung, Handhabung und Beförderung von Gefahrstoffen auch bei der Abfallentsorgung gewährleistet ist.

(5) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Gefahrstoffe so aufbewahrt oder gelagert werden, dass sie weder die menschliche Gesundheit noch die Umwelt gefährden. Er hat dabei wirksame Vorkehrungen zu treffen, um Missbrauch oder Fehlgebrauch zu verhindern. Insbesondere dürfen Gefahrstoffe nicht in solchen Behältern aufbewahrt oder gelagert werden, durch deren Form oder Bezeichnung der Inhalt mit Lebensmitteln verwechselt werden kann. Sie dürfen nur übersichtlich geordnet und nicht in unmittelbarer Nähe von Arznei-, Lebens- oder Futtermitteln, einschließlich deren Zusatzstoffe, aufbewahrt oder gelagert werden. Bei der Aufbewahrung zur Abgabe oder zur sofortigen Verwendung muss eine Kennzeichnung nach Absatz 2 deutlich sichtbar und lesbar angebracht sein.

(6) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Gefahrstoffe, die nicht mehr benötigt werden, und entleerte Behälter, die noch Reste von Gefahrstoffen enthalten können, sicher gehandhabt, vom Arbeitsplatz entfernt und sachgerecht gelagert oder entsorgt werden.

(7) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Stoffe und Gemische, die als akut toxisch Kategorie 1, 2 oder 3, spezifisch zielorgantoxisch Kategorie 1, krebserzeugend Kategorie 1A oder 1B oder keimzellmutagen Kategorie 1A oder 1B eingestuft sind, unter Verschluss oder so aufbewahrt oder gelagert werden, dass nur fachkundige und zuverlässige Personen Zugang haben. Tätigkeiten mit diesen Stoffen und Gemischen dürfen nur von fachkundigen oder besonders unterwiesenen Personen ausgeführt werden. Satz 2 gilt auch für Tätigkeiten mit Stoffen und Gemischen, die als reproduktionstoxisch Kategorie 1A oder 1B oder als atemwegssensibilisierend eingestuft sind. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Kraftstoffe an Tankstellen oder sonstigen Betankungseinrichtungen sowie für Stoffe und Gemische, die als akut toxisch Kategorie 3 eingestuft sind, sofern diese vormals nach der Richtlinie 67/548/EWG oder der Richtlinie 1999/45/EG als gesundheitsschädlich bewertet wurden. Hinsichtlich der Bewertung als gesundheitsschädlich sind die entsprechenden nach § 20 Absatz 4 Nummer 1 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen.

(8) Der Arbeitgeber hat bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen nach Anhang I Nummer 2 bis 5 sowohl die §§ 6 bis 18 als auch die betreffenden Vorschriften des Anhangs I Nummer 2 bis 5 zu beachten.

(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung).

(3) Kommt nach Absatz 2 die Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Er muß außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muß mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(4) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Die Beiladung ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die zuständige Landesbehörde kann im Einzelfall die Anordnungen treffen, die zur Beseitigung festgestellter oder zur Verhütung künftiger Verstöße gegen dieses Gesetz oder gegen die nach diesem Gesetz erlassenen Rechtsverordnungen oder gegen eine in § 21 Absatz 2 Satz 1 genannte EG- oder EU-Verordnung notwendig sind.

(1a) Wird eine Anordnung nach Absatz 1 nicht innerhalb der gesetzten Frist oder eine solche für sofort vollziehbar erklärte Anordnung nicht sofort ausgeführt, kann die zuständige Behörde die von der Anordnung betroffene Arbeit ganz oder teilweise bis zur Erfüllung der Anordnung untersagen, wenn die Untersagung zum Schutz von Leben oder Gesundheit der Beschäftigten erforderlich ist.

(2) Die zuständige Landesbehörde kann für eine Dauer von höchstens drei Monaten anordnen, dass ein gefährlicher Stoff, ein gefährliches Gemisch oder ein Erzeugnis, das einen gefährlichen Stoff oder ein gefährliches Gemisch freisetzen kann oder enthält, nicht, nur unter bestimmten Voraussetzungen, nur in bestimmter Beschaffenheit oder nur für bestimmte Zwecke hergestellt, in den Verkehr gebracht oder verwendet werden darf, soweit Anhaltspunkte, insbesondere ein nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse begründeter Verdacht dafür vorliegen, dass von dem Stoff, dem Gemisch oder dem Erzeugnis eine erhebliche Gefahr für Leben oder Gesundheit des Menschen oder die Umwelt ausgeht. Die zuständige Landesbehörde kann diese Anordnung aus wichtigem Grund um bis zu einem Jahr verlängern. Die Sätze 1 und 2 gelten auch dann, wenn Anhaltspunkte, insbesondere ein nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse begründeter Verdacht, für die Annahme bestehen, dass ein Stoff oder ein Gemisch gefährlich ist. Anordnungen nach Satz 1 und 2 können nur ergehen, soweit dies unionsrechtlich zulässig ist.

(3) Rechtsbehelfe gegen Anordnungen nach den Absätzen 1a und 2 haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Gefährliche Stoffe oder gefährliche Gemische im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische, die

1.
die in Anhang I Teil 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 dargelegten Kriterien für physikalische Gefahren oder Gesundheitsgefahren erfüllen oder
2.
umweltgefährlich sind, indem sie
a)
die in Anhang I Teil 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 dargelegten Kriterien für Umweltgefahren und weitere Gefahren erfüllen oder
b)
selbst oder deren Umwandlungsprodukte sonst geeignet sind, die Beschaffenheit des Naturhaushaltes, von Wasser, Boden oder Luft, Klima, Tieren, Pflanzen oder Mikroorganismen derart zu verändern, dass dadurch sofort oder später Gefahren für die Umwelt herbeigeführt werden können.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, soweit unionsrechtlich zulässig durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nähere Vorschriften über die Festlegung der in Absatz 1 genannten Gefährlichkeitsmerkmale zu erlassen.

(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, soweit unionsrechtlich zulässig durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Stoffe oder Gemische als gefährlich einzustufen,
2.
Berechnungsverfahren vorzuschreiben, nach denen bestimmte Gemische aufgrund der Einstufung derjenigen Stoffe, die in dem Gemisch enthalten sind, einzustufen sind,
3.
zu bestimmen,
a)
wie gefährliche Stoffe und Gemische und dass und wie bestimmte Erzeugnisse, die bestimmte gefährliche Stoffe oder Gemische freisetzen können oder enthalten, zu verpacken oder zu kennzeichnen sind, damit bei der vorhersehbaren Verwendung Gefahren für Leben und Gesundheit des Menschen und die Umwelt vermieden werden,
b)
dass und wie bestimmte Angaben über gefährliche Stoffe und Gemische oder Erzeugnisse, die gefährliche Stoffe und Gemische freisetzen können oder enthalten, einschließlich Empfehlungen über Vorsichtsmaßnahmen beim Verwenden oder über Sofortmaßnahmen bei Unfällen von demjenigen, der die Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse in den Verkehr bringt, insbesondere inForm einesSicherheitsdatenblattes oder einer Gebrauchsanweisung, mitgeliefert und auf dem neuesten Stand gehalten werden müssen,
c)
welche Gesichtspunkte der Hersteller oder Einführer bei der Einstufung der Stoffe nach § 13 Absatz 2 mindestens zu beachten hat,
d)
wer die gefährlichen Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse zu verpacken und zu kennzeichnen hat, wenn sie bereits vor Inkrafttreten der die Kennzeichnungs- oder Verpackungspflicht begründenden Rechtsverordnung in den Verkehr gebracht worden sind,
e)
dass und wie bestimmte Gemische und Erzeugnisse, die bestimmte näher zu bezeichnende gefährliche Stoffe nicht enthalten, zu kennzeichnen sind oder gekennzeichnet werden können,
f)
dass und von wem die Kennzeichnung bestimmter Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse nach dem Inverkehrbringen zu erhalten oder erneut anzubringen ist und
g)
dass andere als die in § 13 Absatz 2 und 3 genannten Personen für die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung verantwortlich sind.

(2) In der Rechtsverordnung nach Absatz 1 können auch Ausnahmen von der Pflicht zur Verpackung und Kennzeichnung vorgesehen werden, soweit dadurch der Schutzzweck nach Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe a nicht beeinträchtigt wird. In der Rechtsverordnung kann auch bestimmt werden, dass anstelle einer Kennzeichnung die entsprechenden Angaben in anderer geeigneter Weise mitzuliefern sind.

(3) Regelungen nach den Absätzen 1 und 2 können auch für Biozid-Wirkstoffe und Biozid-Produkte, die nicht gefährliche Stoffe oder Gemische im Sinne des § 3a sind, sowie für Stoffe, Gemische und Erzeugnisse nach § 19 Absatz 2 getroffen werden.

(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, soweit es zu dem in § 1 genannten Zweck erforderlich und unionsrechtlich zulässig ist,

1.
vorzuschreiben, dass bestimmte gefährliche Stoffe, bestimmte gefährliche Gemische oder Erzeugnisse, die einen solchen Stoff oder ein solches Gemisch freisetzen können oder enthalten,
a)
nicht, nur in bestimmter Beschaffenheit oder nur für bestimmte Zwecke hergestellt, in den Verkehr gebracht oder verwendet werden dürfen,
b)
nur auf bestimmte Art und Weise verwendet werden dürfen oder
c)
nur unter bestimmten Voraussetzungen oder nur an bestimmte Personen abgegeben oder nur unter bestimmten Voraussetzungen oder nur bestimmten Personen angeboten werden dürfen,
2.
vorzuschreiben, dass derjenige, der bestimmte gefährliche Stoffe, bestimmte gefährliche Gemische oder Erzeugnisse, die einen solchen Stoff oder ein solches Gemisch freisetzen können oder enthalten, herstellt, in den Verkehr bringt oder verwendet,
a)
dies anzuzeigen hat,
b)
dazu einer Erlaubnis bedarf,
c)
bestimmten Anforderungen an seine Zuverlässigkeit und Gesundheit genügen muss oder
d)
seine Sachkunde in einem näher festzulegenden Verfahren nachzuweisen hat,
3.
Herstellungs- oder Verwendungsverfahren zu verbieten, bei denen bestimmte gefährliche Stoffe anfallen.

(2) Durch Verordnung nach Absatz 1 können auch Verbote und Beschränkungen unter Berücksichtigung der Entwicklung von Stoffen, Gemischen, Erzeugnissen oder Verfahren, deren Herstellung, Verwendung, Entsorgung oder Anwendung mit einem geringeren Risiko für Mensch oder Umwelt verbunden ist, festgesetzt werden.

(3) Absatz 1 gilt auch für Biozid-Wirkstoffe und Biozid-Produkte, die nicht gefährliche Stoffe oder Gemische im Sinne des § 3a sind, für Stoffe, Gemische und Erzeugnisse nach § 19 Absatz 2 sowie für Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse, deren Umwandlungsprodukte gefährlich im Sinne des Anhangs I Teil 2 bis 5 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 sind. Durch Verordnung nach Absatz 1 in Verbindung mit Satz 1 können auch Vorschriften zur guten fachlichen Praxis bei der Verwendung von Biozid-Produkten erlassen werden.

(4) Absatz 1 Nummer 1 und 2 gilt auch für solche Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse, bei denen Anhaltspunkte, insbesondere ein nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse begründeter Verdacht dafür bestehen, dass der Stoff, das Gemisch oder das Erzeugnis gefährlich ist.

(5) Die Bundesregierung kann in den Rechtsverordnungen nach Absatz 1 auch Regelungen zum Verfahren sowie Methoden zur Überprüfung ihrer Einhaltung festlegen. Dabei können insbesondere auch die Entnahme von Proben und die hierfür anzuwendenden Verfahren und die zur Bestimmung von einzelnen Stoffen oder Stoffgruppen erforderlichen Analyseverfahren geregelt werden.

(6) Bei Gefahr im Verzuge kann die Bundesregierung eine Rechtsverordnung nach Absatz 1 Nummer 1 und 3 ohne Zustimmung des Bundesrates und ohne Anhörung der beteiligten Kreise erlassen. Sie tritt spätestens zwölf Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft. Ihre Geltungsdauer kann nur mit Zustimmung des Bundesrates verlängert werden.

(7) Die beteiligten Kreise bestehen aus jeweils auszuwählenden Vertretern der Wissenschaft, der Verbraucherschutzverbände, der Gewerkschaften und Berufsgenossenschaften, der beteiligten Wirtschaft, des Gesundheitswesens sowie der Umwelt-, Tierschutz- und Naturschutzverbände.

(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, soweit es zum Schutz von Leben und Gesundheit des Menschen einschließlich des Schutzes der Arbeitskraft und der menschengerechten Gestaltung der Arbeit erforderlich ist, beim Herstellen und Verwenden von Stoffen, Gemischen und Erzeugnissen sowie bei Tätigkeiten in deren Gefahrenbereich Maßnahmen der in Absatz 3 beschriebenen Art vorzuschreiben. Satz 1 gilt nicht für Maßnahmen nach Absatz 3, soweit entsprechende Vorschriften nach dem Atomgesetz, Bundes-Immissionsschutzgesetz, Pflanzenschutzgesetz oder Sprengstoffgesetz bestehen.

(2) Gefahrstoffe im Sinne dieser Vorschrift sind

1.
gefährliche Stoffe und Gemische nach § 3a Absatz 1,
2.
Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, die explosionsfähig sind,
3.
Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, aus denen bei der Herstellung oder Verwendung Stoffe nach Nummer 1 oder Nummer 2 entstehen oder freigesetzt werden,
4.
Stoffe und Gemische, die die Kriterien nach den Nummern 1 bis 3 nicht erfüllen, aber aufgrund ihrer physikalisch-chemischen, chemischen oder toxischen Eigenschaften und der Art und Weise, wie sie am Arbeitsplatz vorhanden sind oder verwendet werden, die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten gefährden können,
5.
alle Stoffe, denen ein Arbeitsplatzgrenzwert im Sinne der Rechtsverordnung nach Absatz 1 zugewiesen ist.

(3) Durch Rechtsverordnung nach Absatz 1 kann insbesondere bestimmt werden,

1.
wie derjenige, der andere mit der Herstellung oder Verwendung von Stoffen, Gemischen oder Erzeugnissen beschäftigt, zu ermitteln hat, ob es sich im Hinblick auf die vorgesehene Herstellung oder Verwendung um einen Gefahrstoff handelt, soweit nicht bereits eine Einstufung nach den Vorschriften des Dritten Abschnitts erfolgt ist,
2.
dass derjenige, der andere mit der Herstellung oder Verwendung von Gefahrstoffen beschäftigt, verpflichtet wird zu prüfen, ob Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse oder Herstellungs- oder Verwendungsverfahren mit einem geringeren Risiko für die menschliche Gesundheit verfügbar sind und dass er diese verwenden soll oder zu verwenden hat, soweit es ihm zumutbar ist,
2a.
dass der Hersteller oder Einführer dem Arbeitgeber auf Verlangen die gefährlichen Inhaltsstoffe der Gefahrstoffe sowie die gültigen Grenzwerte und, falls solche noch nicht vorhanden sind, Empfehlungen für einzuhaltende Stoffkonzentrationen und die von den Gefahrstoffen ausgehenden Gefahren oder die zu ergreifenden Maßnahmen mitzuteilen hat,
3.
wie die Arbeitsstätte einschließlich der technischen Anlagen, die technischen Arbeitsmittel und die Arbeitsverfahren beschaffen, eingerichtet sein oder betrieben werden müssen, damit sie dem Standder Technik,Arbeitsmedizin und Hygiene sowie den gesicherten sicherheitstechnischen, arbeitsmedizinischen, hygienischen und sonstigen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen, die zum Schutz der Beschäftigten zu beachten sind,
4.
wie der Betrieb geregelt sein muss, insbesondere
a)
dass Stoffe und Gemische bezeichnet und wie Gefahrstoffe innerbetrieblich verpackt, gekennzeichnet und erfasst sein müssen, damit die Beschäftigten durch eine ungeeignete Verpackung nicht gefährdet und durch eine Kennzeichnung über die von ihnen ausgehenden Gefahren unterrichtet werden,
b)
wie das Herstellungs- oder Verwendungsverfahren gestaltet sein muss, damit die Beschäftigten nicht gefährdet und die Grenzwerte oder Richtwerte über die Konzentration gefährlicher Stoffe oder Gemische am Arbeitsplatz nach dem Stand der Technik unterschritten werden,
c)
welche Vorkehrungen getroffen werden müssen, damit Gefahrstoffe nicht in die Hände Unbefugter gelangen oder sonst abhanden kommen,
d)
welche persönlichen Schutzausrüstungen zur Verfügung gestellt und von den Beschäftigten bestimmungsgemäß benutzt werden müssen,
e)
wie die Zahl der Beschäftigten, die Gefahrstoffen ausgesetzt werden, beschränkt und wie die Dauer einer solchen Beschäftigung begrenzt sein muss,
f)
wie die Beschäftigten sich verhalten müssen, damit sie sich selbst und andere nicht gefährden, und welche Voraussetzungen hierfür zu treffen sind, insbesondere welche Kenntnisse und Fähigkeiten Beschäftigte haben müssen und welche Nachweise hierüber zu erbringen sind,
g)
unter welchen Umständen Zugangs- und Beschäftigungsbeschränkungen zum Schutz der Beschäftigten vorgesehen werden müssen,
h)
dass ein Projektleiter für bestimmte Herstellungs- oder Verwendungsverfahren zu bestellen ist, welche Verantwortlichkeiten diesem zuzuweisen sind und welche Sachkunde dieser nachzuweisen hat,
5.
wie den Beschäftigten die anzuwendenden Vorschriften in einer tätigkeitsbezogenen Betriebsanweisung dauerhaft zur Kenntnis zu bringen sind und in welchen Zeitabständen anhand der Betriebsanweisung über die auftretenden Gefahren und die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu unterweisen ist,
6.
welche Vorkehrungen zur Verhinderung von Betriebsstörungen und zur Begrenzung ihrer Auswirkungen für die Beschäftigten und welche Maßnahmen zur Organisation der Ersten Hilfe zu treffen sind,
7.
dass und welche verantwortlichen Aufsichtspersonen für Bereiche, in denen Beschäftigte besonderen Gefahren ausgesetzt sind, bestellt und welche Befugnisse ihnen übertragen werden müssen, damit die Arbeitsschutzaufgaben erfüllt werden können,
8.
dass im Hinblick auf den Schutz der Beschäftigten eine Gefahrenbeurteilung vorzunehmen ist, welche Unterlagen hierfür zu erstellen sind und dass diese Unterlagen zur Überprüfung der Gefahrenbeurteilung von der zuständigen Landesbehörde der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zugeleitet werden können,
9.
welche Unterlagen zur Abwendung von Gefahren für die Beschäftigten zur Einsicht durch die zuständige Landesbehörde bereitzuhalten und auf Verlangen vorzulegen sind,
10.
dass ein Herstellungs- oder Verwendungsverfahren, bei dem besondere Gefahren für die Beschäftigten bestehen oder zu besorgen sind, der zuständigen Landesbehörde angezeigt oder von der zuständigen Landesbehörde erlaubt sein muss,
11.
dass Arbeiten, bei denen bestimmte gefährliche Stoffe oder Gemische freigesetzt werden können, nur von dafür behördlich anerkannten Betrieben durchgeführt werden dürfen,
12.
dass die Beschäftigten gesundheitlich zu überwachen sind, hierüber Aufzeichnungen zu führen sind und zu diesem Zweck
a)
derjenige, der andere mit der Herstellung oder Verwendung von Gefahrstoffen beschäftigt, insbesondere verpflichtet werden kann, die Beschäftigten ärztlich untersuchen zu lassen,
b)
der Arzt, der mit einer Vorsorgeuntersuchung beauftragt ist, in Zusammenhang mit dem Untersuchungsbefund bestimmte Pflichten zu erfüllen hat, insbesondere hinsichtlich des Inhalts einer von ihm auszustellenden Bescheinigung und der Unterrichtung und Beratung über das Ergebnis der Untersuchung,
c)
die zuständige Behörde entscheidet, wenn Feststellungen des Arztes für unzutreffend gehalten werden,
d)
die in die Aufzeichnung aufzunehmenden Daten dem zuständigen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung oder einer von ihm beauftragten Stelle zum Zwecke der Ermittlung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren oder Berufskrankheiten übermittelt werden,
13.
dass der Arbeitgeber dem Betriebs- oder Personalrat Vorgänge mitzuteilen hat, die er erfahren muss, um seine Aufgaben erfüllen zu können,
14.
dass die zuständigen Landesbehörden ermächtigt werden, zur Durchführung von Rechtsverordnungen bestimmte Anordnungen im Einzelfall zu erlassen, insbesondere bei Gefahr im Verzug auch gegen Aufsichtspersonen und sonstige Beschäftigte,
15.
dass die Betriebsanlagen und Arbeitsverfahren, in denen bestimmte Gefahrstoffe hergestellt oder verwendet werden, durch einen Sachkundigen oder einen Sachverständigen geprüft werden müssen,
16.
dass und welche Informations- und Mitwirkungspflichten derjenige hat, der Tätigkeiten an Erzeugnissen oder Bauwerken veranlasst, welche Gefahrstoffe enthalten, die durch diese Tätigkeiten freigesetzt werden können und zu besonderen Gesundheitsgefahren führen können.

(4) Wegen der Anforderungen nach Absatz 3 kann auf jedermann zugängliche Bekanntmachungen sachverständiger Stellen verwiesen werden; hierbei ist

1.
in der Rechtsverordnung das Datum der Bekanntmachung anzugeben und die Bezugsquelle genau zu bezeichnen,
2.
die Bekanntmachung bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin archivmäßig gesichert niederzulegen und in der Rechtsverordnung darauf hinzuweisen.

(1) Ziel dieser Verordnung ist es, den Menschen und die Umwelt vor stoffbedingten Schädigungen zu schützen durch

1.
Regelungen zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung gefährlicher Stoffe und Gemische,
2.
Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten und anderer Personen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und
3.
Beschränkungen für das Herstellen und Verwenden bestimmter gefährlicher Stoffe, Gemische und Erzeugnisse.

(2) Abschnitt 2 gilt für das Inverkehrbringen von

1.
gefährlichen Stoffen und Gemischen,
2.
bestimmten Stoffen, Gemischen und Erzeugnissen, die mit zusätzlichen Kennzeichnungen zu versehen sind, nach Maßgabe der Richtlinie 96/59/EG des Rates vom 16. September 1996 über die Beseitigung polychlorierter Biphenyle und polychlorierter Terphenyle (PCB/PCT) (ABl. L 243 vom 24.9.1996, S. 31), die durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009 (ABl. L 188 vom 18.7.2009, S. 14) geändert worden ist,
3.
Biozid-Produkten im Sinne des § 3 Nummer 11 des Chemikaliengesetzes, die keine gefährlichen Stoffe oder Gemische sind, sowie
4.
Biozid-Wirkstoffen im Sinne des § 3 Nummer 12 des Chemikaliengesetzes, die biologische Arbeitsstoffe im Sinne der Biostoffverordnung sind, und Biozid-Produkten im Sinne des § 3 Nummer 11 des Chemikaliengesetzes, die als Wirkstoffe solche biologischen Arbeitsstoffe enthalten.
Abschnitt 2 gilt nicht für Lebensmittel oder Futtermittel in Form von Fertigerzeugnissen, die für den Endverbrauch bestimmt sind.

(3) Die Abschnitte 3 bis 6 gelten für Tätigkeiten, bei denen Beschäftigte Gefährdungen ihrer Gesundheit und Sicherheit durch Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse ausgesetzt sein können. Sie gelten auch, wenn die Sicherheit und Gesundheit anderer Personen aufgrund von Tätigkeiten im Sinne von § 2 Absatz 5 gefährdet sein können, die durch Beschäftigte oder Unternehmer ohne Beschäftigte ausgeübt werden. Die Sätze 1 und 2 finden auch Anwendung auf Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit der Beförderung von Stoffen, Gemischen und Erzeugnissen ausgeübt werden. Die Vorschriften des Gefahrgutbeförderungsgesetzes und der darauf gestützten Rechtsverordnungen bleiben unberührt.

(4) Sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, gilt diese Verordnung nicht für

1.
biologische Arbeitsstoffe im Sinne der Biostoffverordnung und
2.
private Haushalte.
Diese Verordnung gilt ferner nicht für Betriebe, die dem Bundesberggesetz unterliegen, soweit dort oder in Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen worden sind, entsprechende Rechtsvorschriften bestehen.

(1) Gefahrstoffe im Sinne dieser Verordnung sind

1.
gefährliche Stoffe und Gemische nach § 3,
2.
Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, die explosionsfähig sind,
3.
Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, aus denen bei der Herstellung oder Verwendung Stoffe nach Nummer 1 oder Nummer 2 entstehen oder freigesetzt werden,
4.
Stoffe und Gemische, die die Kriterien nach den Nummern 1 bis 3 nicht erfüllen, aber auf Grund ihrer physikalisch-chemischen, chemischen oder toxischen Eigenschaften und der Art und Weise, wie sie am Arbeitsplatz vorhanden sind oder verwendet werden, die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten gefährden können,
5.
alle Stoffe, denen ein Arbeitsplatzgrenzwert zugewiesen worden ist.

(2) Für die Begriffe Stoff, Gemisch, Erzeugnis, Lieferant, nachgeschalteter Anwender und Hersteller gelten die Begriffsbestimmungen nach Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/1221 (ABl. L 197 vom 25.7.2015, S. 10) geändert worden ist.

(2a) Umweltgefährlich sind, über die Gefahrenklasse gewässergefährdend nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 hinaus, Stoffe oder Gemische, wenn sie selbst oder ihre Umwandlungsprodukte geeignet sind, die Beschaffenheit von Naturhaushalt, Boden oder Luft, Klima, Tieren, Pflanzen oder Mikroorganismen derart zu verändern, dass dadurch sofort oder später Gefahren für die Umwelt herbeigeführt werden können.

(3) Krebserzeugend, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch sind

1.
Stoffe, die in Anhang VI der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 in der jeweils geltenden Fassung als karzinogen, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch eingestuft sind,
2.
Stoffe, welche die Kriterien für die Einstufung als karzinogen, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch nach Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 in der jeweils geltenden Fassung erfüllen,
3.
Gemische, die einen oder mehrere der in § 2 Absatz 3 Nummer 1 oder 2 genannten Stoffe enthalten, wenn die Konzentration dieses Stoffs oder dieser Stoffe die stoffspezifischen oder die allgemeinen Konzentrationsgrenzen nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 in der jeweils geltenden Fassung erreicht oder übersteigt, die für die Einstufung eines Gemischs als karzinogen, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch festgelegt sind,
4.
Stoffe, Gemische oder Verfahren, die in den nach § 20 Absatz 4 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnissen als krebserzeugend, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch bezeichnet werden.

(4) Organische Peroxide im Sinne des § 11 Absatz 4 und des Anhangs III sind Stoffe, die sich vom Wasserstoffperoxid dadurch ableiten, dass ein oder beide Wasserstoffatome durch organische Gruppen ersetzt sind, sowie Gemische, die diese Stoffe enthalten.

(5) Eine Tätigkeit ist jede Arbeit mit Stoffen, Gemischen oder Erzeugnissen, einschließlich Herstellung, Mischung, Ge- und Verbrauch, Lagerung, Aufbewahrung, Be- und Verarbeitung, Ab- und Umfüllung, Entfernung, Entsorgung und Vernichtung. Zu den Tätigkeiten zählen auch das innerbetriebliche Befördern sowie Bedien- und Überwachungsarbeiten.

(5a) Begasung bezeichnet eine Verwendung von Biozid-Produkten oder Pflanzenschutzmitteln

1.
bei der bestimmungsgemäß Stoffe gasförmig freigesetzt werden,
a)
die als akut toxisch Kategorie 1, 2 oder 3 eingestuft sind oder
b)
für die in der Zulassung festgelegt wurde, dass eine Messung oder Überwachung der Wirkstoff- oder Sauerstoffkonzentration zu erfolgen hat,
2.
für die in der Zulassung die Bereitstellung und Verwendung eines unabhängig von der Umgebungsatmosphäre wirkenden Atemschutzgeräts festgelegt wurde oder
3.
die zur Raumdesinfektion sämtlicher Flächen eines umschlossenen Raums eingesetzt werden, wobei Formaldehyd aus einer wässrigen Formaldehydlösung in Form schwebfähiger Flüssigkeitstropfen ausgebracht wird.

(6) Lagern ist das Aufbewahren zur späteren Verwendung sowie zur Abgabe an andere. Es schließt die Bereitstellung zur Beförderung ein, wenn die Beförderung nicht innerhalb von 24 Stunden nach der Bereitstellung oder am darauffolgenden Werktag erfolgt. Ist dieser Werktag ein Samstag, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.

(7) Es stehen gleich

1.
den Beschäftigten die in Heimarbeit beschäftigten Personen sowie Schülerinnen und Schüler, Studierende und sonstige, insbesondere an wissenschaftlichen Einrichtungen tätige Personen, die Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ausüben; für Schülerinnen und Schüler und Studierende gelten jedoch nicht die Regelungen dieser Verordnung über die Beteiligung der Personalvertretungen,
2.
dem Arbeitgeber der Unternehmer ohne Beschäftigte sowie der Auftraggeber und der Zwischenmeister im Sinne des Heimarbeitsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 804-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 225 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist.

(8) Der Arbeitsplatzgrenzwert ist der Grenzwert für die zeitlich gewichtete durchschnittliche Konzentration eines Stoffs in der Luft am Arbeitsplatz in Bezug auf einen gegebenen Referenzzeitraum. Er gibt an, bis zu welcher Konzentration eines Stoffs akute oder chronische schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Beschäftigten im Allgemeinen nicht zu erwarten sind.

(9) Der biologische Grenzwert ist der Grenzwert für die toxikologisch-arbeitsmedizinisch abgeleitete Konzentration eines Stoffs, seines Metaboliten oder eines Beanspruchungsindikators im entsprechenden biologischen Material. Er gibt an, bis zu welcher Konzentration die Gesundheit von Beschäftigten im Allgemeinen nicht beeinträchtigt wird.

(9a) Physikalisch-chemische Einwirkungen umfassen Gefährdungen, die hervorgerufen werden können durch Tätigkeiten mit

1.
Stoffen, Gemischen oder Erzeugnissen mit einer physikalischen Gefahr nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 oder
2.
weiteren Gefahrstoffen, die nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 nicht mit einer physikalischen Gefahr eingestuft sind, die aber miteinander oder aufgrund anderer Wechselwirkungen so reagieren können, dass Brände oder Explosionen entstehen können.

(10) Ein explosionsfähiges Gemisch ist ein Gemisch aus brennbaren Gasen, Dämpfen, Nebeln oder aufgewirbelten Stäuben und Luft oder einem anderen Oxidationsmittel, das nach Wirksamwerden einer Zündquelle in einer sich selbsttätig fortpflanzenden Flammenausbreitung reagiert, sodass im Allgemeinen ein sprunghafter Temperatur- und Druckanstieg hervorgerufen wird.

(11) Chemisch instabile Gase, die auch ohne ein Oxidationsmittel nach Wirksamwerden einer Zündquelle in einer sich selbsttätig fortpflanzenden Flammenausbreitung reagieren können, sodass ein sprunghafter Temperatur- und Druckanstieg hervorgerufen wird, stehen explosionsfähigen Gemischen nach Absatz 10 gleich.

(12) Ein gefährliches explosionsfähiges Gemisch ist ein explosionsfähiges Gemisch, das in solcher Menge auftritt, dass besondere Schutzmaßnahmen für die Aufrechterhaltung der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten oder anderer Personen erforderlich werden.

(13) Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre ist ein gefährliches explosionsfähiges Gemisch mit Luft als Oxidationsmittel unter atmosphärischen Bedingungen (Umgebungstemperatur von –20 °C bis +60 °C und Druck von 0,8 Bar bis 1,1 Bar).

(14) Explosionsgefährdeter Bereich ist der Gefahrenbereich, in dem gefährliche explosionsfähige Atmosphäre auftreten kann.

(15) Der Stand der Technik ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zum Schutz der Gesundheit und zur Sicherheit der Beschäftigten gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Stands der Technik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen, die mit Erfolg in der Praxis erprobt worden sind. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Arbeitsmedizin und die Arbeitsplatzhygiene.

(16) Fachkundig ist, wer zur Ausübung einer in dieser Verordnung bestimmten Aufgabe über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügt. Die Anforderungen an die Fachkunde sind abhängig von der jeweiligen Art der Aufgabe. Zu den Anforderungen zählen eine entsprechende Berufsausbildung, Berufserfahrung oder eine zeitnah ausgeübte entsprechende berufliche Tätigkeit sowie die Teilnahme an spezifischen Fortbildungsmaßnahmen.

(17) Sachkundig ist, wer seine bestehende Fachkunde durch Teilnahme an einem behördlich anerkannten Sachkundelehrgang erweitert hat. In Abhängigkeit vom Aufgabengebiet kann es zum Erwerb der Sachkunde auch erforderlich sein, den Lehrgang mit einer erfolgreichen Prüfung abzuschließen. Sachkundig ist ferner, wer über eine von der zuständigen Behörde als gleichwertig anerkannte oder in dieser Verordnung als gleichwertig bestimmte Qualifikation verfügt.

(18) Eine Verwenderkategorie bezeichnet eine Personengruppe, die berechtigt ist, ein bestimmtes Biozid-Produkt zu verwenden. Sie beschreibt den Grad der Qualifikation, die für diese Verwendung erforderlich ist. Die zugehörige Verwenderkategorie eines Biozid-Produkts wird nach der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozid-Produkten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2019/1825 (ABl. L 279 vom 31.10.2019, S. 19) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, im Zulassungsverfahren festgelegt. Verwenderkategorien sind:

1.
die breite Öffentlichkeit,
2.
der berufsmäßige Verwender,
3.
der geschulte berufsmäßige Verwender.

(1) Der Arbeitgeber hat bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen die folgenden Schutzmaßnahmen zu ergreifen:

1.
geeignete Gestaltung des Arbeitsplatzes und geeignete Arbeitsorganisation,
2.
Bereitstellung geeigneter Arbeitsmittel für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und geeignete Wartungsverfahren zur Gewährleistung der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten bei der Arbeit,
3.
Begrenzung der Anzahl der Beschäftigten, die Gefahrstoffen ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können,
4.
Begrenzung der Dauer und der Höhe der Exposition,
5.
angemessene Hygienemaßnahmen, insbesondere zur Vermeidung von Kontaminationen, und die regelmäßige Reinigung des Arbeitsplatzes,
6.
Begrenzung der am Arbeitsplatz vorhandenen Gefahrstoffe auf die Menge, die für den Fortgang der Tätigkeiten erforderlich ist,
7.
geeignete Arbeitsmethoden und Verfahren, welche die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigen oder die Gefährdung so gering wie möglich halten, einschließlich Vorkehrungen für die sichere Handhabung, Lagerung und Beförderung von Gefahrstoffen und von Abfällen, die Gefahrstoffe enthalten, am Arbeitsplatz.

(2) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass

1.
alle verwendeten Stoffe und Gemische identifizierbar sind,
2.
gefährliche Stoffe und Gemische innerbetrieblich mit einer Kennzeichnung versehen sind, die ausreichende Informationen über die Einstufung, über die Gefahren bei der Handhabung und über die zu beachtenden Sicherheitsmaßnahmen enthält; vorzugsweise ist eine Kennzeichnung zu wählen, die der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 entspricht,
3.
Apparaturen und Rohrleitungen so gekennzeichnet sind, dass mindestens die enthaltenen Gefahrstoffe sowie die davon ausgehenden Gefahren eindeutig identifizierbar sind.
Kennzeichnungspflichten nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt. Solange der Arbeitgeber den Verpflichtungen nach Satz 1 nicht nachgekommen ist, darf er Tätigkeiten mit den dort genannten Stoffen und Gemischen nicht ausüben lassen. Satz 1 Nummer 2 gilt nicht für Stoffe, die für Forschungs- und Entwicklungszwecke oder für wissenschaftliche Lehrzwecke neu hergestellt worden sind und noch nicht geprüft werden konnten. Eine Exposition der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit diesen Stoffen ist zu vermeiden.

(3) Der Arbeitgeber hat gemäß den Ergebnissen der Gefährdungsbeurteilung nach § 6 sicherzustellen, dass die Beschäftigten in Arbeitsbereichen, in denen sie Gefahrstoffen ausgesetzt sein können, keine Nahrungs- oder Genussmittel zu sich nehmen. Der Arbeitgeber hat hierfür vor Aufnahme der Tätigkeiten geeignete Bereiche einzurichten.

(4) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass durch Verwendung verschließbarer Behälter eine sichere Lagerung, Handhabung und Beförderung von Gefahrstoffen auch bei der Abfallentsorgung gewährleistet ist.

(5) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Gefahrstoffe so aufbewahrt oder gelagert werden, dass sie weder die menschliche Gesundheit noch die Umwelt gefährden. Er hat dabei wirksame Vorkehrungen zu treffen, um Missbrauch oder Fehlgebrauch zu verhindern. Insbesondere dürfen Gefahrstoffe nicht in solchen Behältern aufbewahrt oder gelagert werden, durch deren Form oder Bezeichnung der Inhalt mit Lebensmitteln verwechselt werden kann. Sie dürfen nur übersichtlich geordnet und nicht in unmittelbarer Nähe von Arznei-, Lebens- oder Futtermitteln, einschließlich deren Zusatzstoffe, aufbewahrt oder gelagert werden. Bei der Aufbewahrung zur Abgabe oder zur sofortigen Verwendung muss eine Kennzeichnung nach Absatz 2 deutlich sichtbar und lesbar angebracht sein.

(6) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Gefahrstoffe, die nicht mehr benötigt werden, und entleerte Behälter, die noch Reste von Gefahrstoffen enthalten können, sicher gehandhabt, vom Arbeitsplatz entfernt und sachgerecht gelagert oder entsorgt werden.

(7) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Stoffe und Gemische, die als akut toxisch Kategorie 1, 2 oder 3, spezifisch zielorgantoxisch Kategorie 1, krebserzeugend Kategorie 1A oder 1B oder keimzellmutagen Kategorie 1A oder 1B eingestuft sind, unter Verschluss oder so aufbewahrt oder gelagert werden, dass nur fachkundige und zuverlässige Personen Zugang haben. Tätigkeiten mit diesen Stoffen und Gemischen dürfen nur von fachkundigen oder besonders unterwiesenen Personen ausgeführt werden. Satz 2 gilt auch für Tätigkeiten mit Stoffen und Gemischen, die als reproduktionstoxisch Kategorie 1A oder 1B oder als atemwegssensibilisierend eingestuft sind. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Kraftstoffe an Tankstellen oder sonstigen Betankungseinrichtungen sowie für Stoffe und Gemische, die als akut toxisch Kategorie 3 eingestuft sind, sofern diese vormals nach der Richtlinie 67/548/EWG oder der Richtlinie 1999/45/EG als gesundheitsschädlich bewertet wurden. Hinsichtlich der Bewertung als gesundheitsschädlich sind die entsprechenden nach § 20 Absatz 4 Nummer 1 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen.

(8) Der Arbeitgeber hat bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen nach Anhang I Nummer 2 bis 5 sowohl die §§ 6 bis 18 als auch die betreffenden Vorschriften des Anhangs I Nummer 2 bis 5 zu beachten.

(1) Im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung als Bestandteil der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes hat der Arbeitgeber festzustellen, ob die Beschäftigten Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ausüben oder ob bei Tätigkeiten Gefahrstoffe entstehen oder freigesetzt werden können. Ist dies der Fall, so hat er alle hiervon ausgehenden Gefährdungen der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten unter folgenden Gesichtspunkten zu beurteilen:

1.
gefährliche Eigenschaften der Stoffe oder Gemische, einschließlich ihrer physikalisch-chemischen Wirkungen,
2.
Informationen des Lieferanten zum Gesundheitsschutz und zur Sicherheit insbesondere im Sicherheitsdatenblatt,
3.
Art und Ausmaß der Exposition unter Berücksichtigung aller Expositionswege; dabei sind die Ergebnisse der Messungen und Ermittlungen nach § 7 Absatz 8 zu berücksichtigen,
4.
Möglichkeiten einer Substitution,
5.
Arbeitsbedingungen und Verfahren, einschließlich der Arbeitsmittel und der Gefahrstoffmenge,
6.
Arbeitsplatzgrenzwerte und biologische Grenzwerte,
7.
Wirksamkeit der ergriffenen oder zu ergreifenden Schutzmaßnahmen,
8.
Erkenntnisse aus arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge.

(2) Der Arbeitgeber hat sich die für die Gefährdungsbeurteilung notwendigen Informationen beim Lieferanten oder aus anderen, ihm mit zumutbarem Aufwand zugänglichen Quellen zu beschaffen. Insbesondere hat der Arbeitgeber die Informationen zu beachten, die ihm nach Titel IV der Verordnung (EG)Nr. 1907/2006 zur Verfügung gestellt werden; dazu gehören Sicherheitsdatenblätter und die Informationen zu Stoffen oder Gemischen, für die kein Sicherheitsdatenblatt zu erstellen ist. Sofern die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 keine Informationspflicht vorsieht, hat der Lieferant dem Arbeitgeber auf Anfrage die für die Gefährdungsbeurteilung notwendigen Informationen über die Gefahrstoffe zur Verfügung zu stellen.

(3) Stoffe und Gemische, die nicht von einem Lieferanten nach § 4 Absatz 1 eingestuft und gekennzeichnet worden sind, beispielsweise innerbetrieblich hergestellte Stoffe oder Gemische, hat der Arbeitgeber selbst einzustufen. Zumindest aber hat er die von den Stoffen oder Gemischen ausgehenden Gefährdungen der Beschäftigten zu ermitteln; dies gilt auch für Gefahrstoffe nach § 2 Absatz 1 Nummer 4.

(4) Der Arbeitgeber hat festzustellen, ob die verwendeten Stoffe, Gemische und Erzeugnisse bei Tätigkeiten, auch unter Berücksichtigung verwendeter Arbeitsmittel, Verfahren und der Arbeitsumgebung sowie ihrer möglichen Wechselwirkungen, zu Brand- oder Explosionsgefährdungen führen können. Dabei hat er zu beurteilen,

1.
ob gefährliche Mengen oder Konzentrationen von Gefahrstoffen, die zu Brand- und Explosionsgefährdungen führen können, auftreten; dabei sind sowohl Stoffe und Gemische mit physikalischen Gefährdungen nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 wie auch andere Gefahrstoffe, die zu Brand- und Explosionsgefährdungen führen können, sowie Stoffe, die in gefährlicher Weise miteinander reagieren können, zu berücksichtigen,
2.
ob Zündquellen oder Bedingungen, die Brände oder Explosionen auslösen können, vorhanden sind und
3.
ob schädliche Auswirkungen von Bränden oder Explosionen auf die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten möglich sind.
Insbesondere hat er zu ermitteln, ob die Stoffe, Gemische und Erzeugnisse auf Grund ihrer Eigenschaften und der Art und Weise, wie sie am Arbeitsplatz vorhanden sind oder verwendet werden, explosionsfähige Gemische bilden können. Im Fall von nicht atmosphärischen Bedingungen sind auch die möglichen Veränderungen der für den Explosionsschutz relevanten sicherheitstechnischen Kenngrößen zu ermitteln und zu berücksichtigen.

(5) Bei der Gefährdungsbeurteilung sind ferner Tätigkeiten zu berücksichtigen, bei denen auch nach Ausschöpfung sämtlicher technischer Schutzmaßnahmen die Möglichkeit einer Gefährdung besteht. Dies gilt insbesondere für Instandhaltungsarbeiten, einschließlich Wartungsarbeiten. Darüber hinaus sind auch andere Tätigkeiten wie Bedien- und Überwachungsarbeiten zu berücksichtigen, wenn diese zu einer Gefährdung von Beschäftigten durch Gefahrstoffe führen können.

(6) Die mit den Tätigkeiten verbundenen inhalativen, dermalen und physikalisch-chemischen Gefährdungen sind unabhängig voneinander zu beurteilen und in der Gefährdungsbeurteilung zusammenzuführen. Treten bei einer Tätigkeit mehrere Gefahrstoffe gleichzeitig auf, sind Wechsel- oder Kombinationswirkungen der Gefahrstoffe, die Einfluss auf die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten haben, bei der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen, soweit solche Wirkungen bekannt sind.

(7) Der Arbeitgeber kann bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen eine Gefährdungsbeurteilung übernehmen, die ihm der Lieferant mitgeliefert hat, sofern die Angaben und Festlegungen in dieser Gefährdungsbeurteilung den Arbeitsbedingungen und Verfahren, einschließlich der Arbeitsmittel und der Gefahrstoffmenge, im eigenen Betrieb entsprechen.

(8) Der Arbeitgeber hat die Gefährdungsbeurteilung unabhängig von der Zahl der Beschäftigten erstmals vor Aufnahme der Tätigkeit zu dokumentieren. Dabei ist Folgendes anzugeben:

1.
die Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen,
2.
das Ergebnis der Prüfung auf Möglichkeiten einer Substitution nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 4,
3.
eine Begründung für einen Verzicht auf eine technisch mögliche Substitution, sofern Schutzmaßnahmen nach § 9 oder § 10 zu ergreifen sind,
4.
die durchzuführenden Schutzmaßnahmen einschließlich derer,
a)
die wegen der Überschreitung eines Arbeitsplatzgrenzwerts zusätzlich ergriffen wurden sowie der geplanten Schutzmaßnahmen, die zukünftig ergriffen werden sollen, um den Arbeitsplatzgrenzwert einzuhalten, oder
b)
die unter Berücksichtigung eines Beurteilungsmaßstabs für krebserzeugende Gefahrstoffe, der nach § 20 Absatz 4 bekannt gegeben worden ist, zusätzlich getroffen worden sind oder zukünftig getroffen werden sollen (Maßnahmenplan),
5.
eine Begründung, wenn von den nach § 20 Absatz 4 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnissen abgewichen wird, und
6.
die Ermittlungsergebnisse, die belegen, dass der Arbeitsplatzgrenzwert eingehalten wird oder, bei Stoffen ohne Arbeitsplatzgrenzwert, die ergriffenen technischen Schutzmaßnahmen wirksam sind.
Im Rahmen der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung können auch vorhandene Gefährdungsbeurteilungen, Dokumente oder andere gleichwertige Berichte verwendet werden, die auf Grund von Verpflichtungen nach anderen Rechtsvorschriften erstellt worden sind.

(9) Bei der Dokumentation nach Absatz 8 hat der Arbeitgeber in Abhängigkeit der Feststellungen nach Absatz 4 die Gefährdungen durch gefährliche explosionsfähige Gemische besonders auszuweisen (Explosionsschutzdokument). Daraus muss insbesondere hervorgehen,

1.
dass die Explosionsgefährdungen ermittelt und einer Bewertung unterzogen worden sind,
2.
dass angemessene Vorkehrungen getroffen werden, um die Ziele des Explosionsschutzes zu erreichen (Darlegung eines Explosionsschutzkonzeptes),
3.
ob und welche Bereiche entsprechend Anhang I Nummer 1.7 in Zonen eingeteilt wurden,
4.
für welche Bereiche Explosionsschutzmaßnahmen nach § 11 und Anhang I Nummer 1 getroffen wurden,
5.
wie die Vorgaben nach § 15 umgesetzt werden und
6.
welche Überprüfungen nach § 7 Absatz 7 und welche Prüfungen zum Explosionsschutz nach Anhang 2 Abschnitt 3 der Betriebssicherheitsverordnung durchzuführen sind.

(10) Bei Tätigkeiten mit geringer Gefährdung nach Absatz 13 kann auf eine detaillierte Dokumentation verzichtet werden. Falls in anderen Fällen auf eine detaillierte Dokumentation verzichtet wird, ist dies nachvollziehbar zu begründen. Die Gefährdungsbeurteilung ist regelmäßig zu überprüfen und bei Bedarf zu aktualisieren. Sie ist umgehend zu aktualisieren, wenn maßgebliche Veränderungen oder neue Informationen dies erfordern oder wenn sich eine Aktualisierung auf Grund der Ergebnisse der arbeitsmedizinischen Vorsorge nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge als notwendig erweist.

(11) Die Gefährdungsbeurteilung darf nur von fachkundigen Personen durchgeführt werden. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse, so hat er sich fachkundig beraten zu lassen. Fachkundig können insbesondere die Fachkraft für Arbeitssicherheit und die Betriebsärztin oder der Betriebsarzt sein.

(12) Der Arbeitgeber hat nach Satz 2 ein Verzeichnis der im Betrieb verwendeten Gefahrstoffe zu führen, in dem auf die entsprechenden Sicherheitsdatenblätter verwiesen wird. Das Verzeichnis muss mindestens folgende Angaben enthalten:

1.
Bezeichnung des Gefahrstoffs,
2.
Einstufung des Gefahrstoffs oder Angaben zu den gefährlichen Eigenschaften,
3.
Angaben zu den im Betrieb verwendeten Mengenbereichen,
4.
Bezeichnung der Arbeitsbereiche, in denen Beschäftigte dem Gefahrstoff ausgesetzt sein können.
Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn nur Tätigkeiten mit geringer Gefährdung nach Absatz 13 ausgeübt werden. Die Angaben nach Satz 2 Nummer 1, 2 und 4 müssen allen betroffenen Beschäftigten und ihrer Vertretung zugänglich sein.

(13) Ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung für bestimmte Tätigkeiten auf Grund

1.
der gefährlichen Eigenschaften des Gefahrstoffs,
2.
einer geringen verwendeten Stoffmenge,
3.
einer nach Höhe und Dauer niedrigen Exposition und
4.
der Arbeitsbedingungen
insgesamt eine nur geringe Gefährdung der Beschäftigten und reichen die nach § 8 zu ergreifenden Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten aus, so müssen keine weiteren Maßnahmen des Abschnitts 4 ergriffen werden.

(14) Liegen für Stoffe oder Gemische keine Prüfdaten oder entsprechende aussagekräftige Informationen zur akut toxischen, reizenden, hautsensibilisierenden oder keimzellmutagenen Wirkung oder zur spezifischen Zielorgan-Toxizität bei wiederholter Exposition vor, sind die Stoffe oder Gemische bei der Gefährdungsbeurteilung wie Stoffe der Gefahrenklasse Akute Toxizität (oral, dermal und inhalativ) Kategorie 3, Ätz-/Reizwirkung auf die Haut Kategorie 2, Sensibilisierung der Haut Kategorie 1, Keimzellmutagenität Kategorie 2 oder Spezifische Zielorgan-Toxizität, wiederholte Exposition (STOT RE) Kategorie 2 zu behandeln. Hinsichtlich der Spezifizierung der anzuwendenden Einstufungskategorien sind die entsprechenden nach § 20 Absatz 4 Nummer 1 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen.

(1) Der Arbeitgeber hat bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen die folgenden Schutzmaßnahmen zu ergreifen:

1.
geeignete Gestaltung des Arbeitsplatzes und geeignete Arbeitsorganisation,
2.
Bereitstellung geeigneter Arbeitsmittel für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und geeignete Wartungsverfahren zur Gewährleistung der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten bei der Arbeit,
3.
Begrenzung der Anzahl der Beschäftigten, die Gefahrstoffen ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können,
4.
Begrenzung der Dauer und der Höhe der Exposition,
5.
angemessene Hygienemaßnahmen, insbesondere zur Vermeidung von Kontaminationen, und die regelmäßige Reinigung des Arbeitsplatzes,
6.
Begrenzung der am Arbeitsplatz vorhandenen Gefahrstoffe auf die Menge, die für den Fortgang der Tätigkeiten erforderlich ist,
7.
geeignete Arbeitsmethoden und Verfahren, welche die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigen oder die Gefährdung so gering wie möglich halten, einschließlich Vorkehrungen für die sichere Handhabung, Lagerung und Beförderung von Gefahrstoffen und von Abfällen, die Gefahrstoffe enthalten, am Arbeitsplatz.

(2) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass

1.
alle verwendeten Stoffe und Gemische identifizierbar sind,
2.
gefährliche Stoffe und Gemische innerbetrieblich mit einer Kennzeichnung versehen sind, die ausreichende Informationen über die Einstufung, über die Gefahren bei der Handhabung und über die zu beachtenden Sicherheitsmaßnahmen enthält; vorzugsweise ist eine Kennzeichnung zu wählen, die der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 entspricht,
3.
Apparaturen und Rohrleitungen so gekennzeichnet sind, dass mindestens die enthaltenen Gefahrstoffe sowie die davon ausgehenden Gefahren eindeutig identifizierbar sind.
Kennzeichnungspflichten nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt. Solange der Arbeitgeber den Verpflichtungen nach Satz 1 nicht nachgekommen ist, darf er Tätigkeiten mit den dort genannten Stoffen und Gemischen nicht ausüben lassen. Satz 1 Nummer 2 gilt nicht für Stoffe, die für Forschungs- und Entwicklungszwecke oder für wissenschaftliche Lehrzwecke neu hergestellt worden sind und noch nicht geprüft werden konnten. Eine Exposition der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit diesen Stoffen ist zu vermeiden.

(3) Der Arbeitgeber hat gemäß den Ergebnissen der Gefährdungsbeurteilung nach § 6 sicherzustellen, dass die Beschäftigten in Arbeitsbereichen, in denen sie Gefahrstoffen ausgesetzt sein können, keine Nahrungs- oder Genussmittel zu sich nehmen. Der Arbeitgeber hat hierfür vor Aufnahme der Tätigkeiten geeignete Bereiche einzurichten.

(4) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass durch Verwendung verschließbarer Behälter eine sichere Lagerung, Handhabung und Beförderung von Gefahrstoffen auch bei der Abfallentsorgung gewährleistet ist.

(5) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Gefahrstoffe so aufbewahrt oder gelagert werden, dass sie weder die menschliche Gesundheit noch die Umwelt gefährden. Er hat dabei wirksame Vorkehrungen zu treffen, um Missbrauch oder Fehlgebrauch zu verhindern. Insbesondere dürfen Gefahrstoffe nicht in solchen Behältern aufbewahrt oder gelagert werden, durch deren Form oder Bezeichnung der Inhalt mit Lebensmitteln verwechselt werden kann. Sie dürfen nur übersichtlich geordnet und nicht in unmittelbarer Nähe von Arznei-, Lebens- oder Futtermitteln, einschließlich deren Zusatzstoffe, aufbewahrt oder gelagert werden. Bei der Aufbewahrung zur Abgabe oder zur sofortigen Verwendung muss eine Kennzeichnung nach Absatz 2 deutlich sichtbar und lesbar angebracht sein.

(6) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Gefahrstoffe, die nicht mehr benötigt werden, und entleerte Behälter, die noch Reste von Gefahrstoffen enthalten können, sicher gehandhabt, vom Arbeitsplatz entfernt und sachgerecht gelagert oder entsorgt werden.

(7) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Stoffe und Gemische, die als akut toxisch Kategorie 1, 2 oder 3, spezifisch zielorgantoxisch Kategorie 1, krebserzeugend Kategorie 1A oder 1B oder keimzellmutagen Kategorie 1A oder 1B eingestuft sind, unter Verschluss oder so aufbewahrt oder gelagert werden, dass nur fachkundige und zuverlässige Personen Zugang haben. Tätigkeiten mit diesen Stoffen und Gemischen dürfen nur von fachkundigen oder besonders unterwiesenen Personen ausgeführt werden. Satz 2 gilt auch für Tätigkeiten mit Stoffen und Gemischen, die als reproduktionstoxisch Kategorie 1A oder 1B oder als atemwegssensibilisierend eingestuft sind. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Kraftstoffe an Tankstellen oder sonstigen Betankungseinrichtungen sowie für Stoffe und Gemische, die als akut toxisch Kategorie 3 eingestuft sind, sofern diese vormals nach der Richtlinie 67/548/EWG oder der Richtlinie 1999/45/EG als gesundheitsschädlich bewertet wurden. Hinsichtlich der Bewertung als gesundheitsschädlich sind die entsprechenden nach § 20 Absatz 4 Nummer 1 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen.

(8) Der Arbeitgeber hat bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen nach Anhang I Nummer 2 bis 5 sowohl die §§ 6 bis 18 als auch die betreffenden Vorschriften des Anhangs I Nummer 2 bis 5 zu beachten.

(1) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) gebildet, in dem geeignete Personen vonseiten der Arbeitgeber, der Gewerkschaften, der Landesbehörden, der gesetzlichen Unfallversicherung und weitere geeignete Personen, insbesondere aus der Wissenschaft, vertreten sein sollen. Die Gesamtzahl der Mitglieder soll 21 Personen nicht überschreiten. Für jedes Mitglied ist ein stellvertretendes Mitglied zu benennen. Die Mitgliedschaft im Ausschuss für Gefahrstoffe ist ehrenamtlich.

(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beruft die Mitglieder des Ausschusses und die stellvertretenden Mitglieder. Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung und wählt die Vorsitzende oder den Vorsitzenden aus seiner Mitte. Die Geschäftsordnung und die Wahl der oder des Vorsitzenden bedürfen der Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

(3) Zu den Aufgaben des Ausschusses gehört es:

1.
den Stand der Wissenschaft, Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen einschließlich deren Einstufung und Kennzeichnung zu ermitteln und entsprechende Empfehlungen auszusprechen,
2.
zu ermitteln, wie die in dieser Verordnung gestellten Anforderungen erfüllt werden können und dazu die dem jeweiligen Stand von Technik und Medizin entsprechenden Regeln und Erkenntnisse zu erarbeiten,
3.
das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in allen Fragen zu Gefahrstoffen und zur Chemikaliensicherheit zu beraten und
4.
Arbeitsplatzgrenzwerte, biologische Grenzwerte und andere Beurteilungsmaßstäbe für Gefahrstoffe vorzuschlagen und regelmäßig zu überprüfen, wobei Folgendes zu berücksichtigen ist:
a)
bei der Festlegung der Grenzwerte und Beurteilungsmaßstäbe ist sicherzustellen, dass der Schutz der Gesundheit der Beschäftigten gewahrt ist,
b)
für jeden Stoff, für den ein Arbeitsplatzgrenzwert oder ein biologischer Grenzwert in Rechtsakten der Europäischen Union festgelegt worden ist, ist unter Berücksichtigung dieses Grenzwerts ein nationaler Grenzwert vorzuschlagen.
Das Arbeitsprogramm des Ausschusses für Gefahrstoffe wird mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales abgestimmt, wobei die Letztentscheidungsbefugnis beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales liegt. Der Ausschuss arbeitet eng mit den anderen Ausschüssen beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales zusammen.

(4) Nach Prüfung kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales

1.
die vom Ausschuss für Gefahrstoffe ermittelten Regeln und Erkenntnisse nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 sowie die Arbeitsplatzgrenzwerte und Beurteilungsmaßstäbe nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 4 im Gemeinsamen Ministerialblatt bekannt geben und
2.
die Empfehlungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 sowie die Beratungsergebnisse nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 in geeigneter Weise veröffentlichen.

(5) Die Bundesministerien sowie die obersten Landesbehörden können zu den Sitzungen des Ausschusses Vertreterinnen oder Vertreter entsenden. Auf Verlangen ist diesen in der Sitzung das Wort zu erteilen.

(6) Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin führt die Geschäfte des Ausschusses.

(1) Die zuständige Landesbehörde kann im Einzelfall die Anordnungen treffen, die zur Beseitigung festgestellter oder zur Verhütung künftiger Verstöße gegen dieses Gesetz oder gegen die nach diesem Gesetz erlassenen Rechtsverordnungen oder gegen eine in § 21 Absatz 2 Satz 1 genannte EG- oder EU-Verordnung notwendig sind.

(1a) Wird eine Anordnung nach Absatz 1 nicht innerhalb der gesetzten Frist oder eine solche für sofort vollziehbar erklärte Anordnung nicht sofort ausgeführt, kann die zuständige Behörde die von der Anordnung betroffene Arbeit ganz oder teilweise bis zur Erfüllung der Anordnung untersagen, wenn die Untersagung zum Schutz von Leben oder Gesundheit der Beschäftigten erforderlich ist.

(2) Die zuständige Landesbehörde kann für eine Dauer von höchstens drei Monaten anordnen, dass ein gefährlicher Stoff, ein gefährliches Gemisch oder ein Erzeugnis, das einen gefährlichen Stoff oder ein gefährliches Gemisch freisetzen kann oder enthält, nicht, nur unter bestimmten Voraussetzungen, nur in bestimmter Beschaffenheit oder nur für bestimmte Zwecke hergestellt, in den Verkehr gebracht oder verwendet werden darf, soweit Anhaltspunkte, insbesondere ein nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse begründeter Verdacht dafür vorliegen, dass von dem Stoff, dem Gemisch oder dem Erzeugnis eine erhebliche Gefahr für Leben oder Gesundheit des Menschen oder die Umwelt ausgeht. Die zuständige Landesbehörde kann diese Anordnung aus wichtigem Grund um bis zu einem Jahr verlängern. Die Sätze 1 und 2 gelten auch dann, wenn Anhaltspunkte, insbesondere ein nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse begründeter Verdacht, für die Annahme bestehen, dass ein Stoff oder ein Gemisch gefährlich ist. Anordnungen nach Satz 1 und 2 können nur ergehen, soweit dies unionsrechtlich zulässig ist.

(3) Rechtsbehelfe gegen Anordnungen nach den Absätzen 1a und 2 haben keine aufschiebende Wirkung.

Zweck des Gesetzes ist es, den Menschen und die Umwelt vor schädlichen Einwirkungen gefährlicher Stoffe und Gemische zu schützen, insbesondere sie erkennbar zu machen, sie abzuwenden und ihrem Entstehen vorzubeugen.

(1) Der Arbeitgeber hat bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen die folgenden Schutzmaßnahmen zu ergreifen:

1.
geeignete Gestaltung des Arbeitsplatzes und geeignete Arbeitsorganisation,
2.
Bereitstellung geeigneter Arbeitsmittel für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und geeignete Wartungsverfahren zur Gewährleistung der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten bei der Arbeit,
3.
Begrenzung der Anzahl der Beschäftigten, die Gefahrstoffen ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können,
4.
Begrenzung der Dauer und der Höhe der Exposition,
5.
angemessene Hygienemaßnahmen, insbesondere zur Vermeidung von Kontaminationen, und die regelmäßige Reinigung des Arbeitsplatzes,
6.
Begrenzung der am Arbeitsplatz vorhandenen Gefahrstoffe auf die Menge, die für den Fortgang der Tätigkeiten erforderlich ist,
7.
geeignete Arbeitsmethoden und Verfahren, welche die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigen oder die Gefährdung so gering wie möglich halten, einschließlich Vorkehrungen für die sichere Handhabung, Lagerung und Beförderung von Gefahrstoffen und von Abfällen, die Gefahrstoffe enthalten, am Arbeitsplatz.

(2) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass

1.
alle verwendeten Stoffe und Gemische identifizierbar sind,
2.
gefährliche Stoffe und Gemische innerbetrieblich mit einer Kennzeichnung versehen sind, die ausreichende Informationen über die Einstufung, über die Gefahren bei der Handhabung und über die zu beachtenden Sicherheitsmaßnahmen enthält; vorzugsweise ist eine Kennzeichnung zu wählen, die der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 entspricht,
3.
Apparaturen und Rohrleitungen so gekennzeichnet sind, dass mindestens die enthaltenen Gefahrstoffe sowie die davon ausgehenden Gefahren eindeutig identifizierbar sind.
Kennzeichnungspflichten nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt. Solange der Arbeitgeber den Verpflichtungen nach Satz 1 nicht nachgekommen ist, darf er Tätigkeiten mit den dort genannten Stoffen und Gemischen nicht ausüben lassen. Satz 1 Nummer 2 gilt nicht für Stoffe, die für Forschungs- und Entwicklungszwecke oder für wissenschaftliche Lehrzwecke neu hergestellt worden sind und noch nicht geprüft werden konnten. Eine Exposition der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit diesen Stoffen ist zu vermeiden.

(3) Der Arbeitgeber hat gemäß den Ergebnissen der Gefährdungsbeurteilung nach § 6 sicherzustellen, dass die Beschäftigten in Arbeitsbereichen, in denen sie Gefahrstoffen ausgesetzt sein können, keine Nahrungs- oder Genussmittel zu sich nehmen. Der Arbeitgeber hat hierfür vor Aufnahme der Tätigkeiten geeignete Bereiche einzurichten.

(4) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass durch Verwendung verschließbarer Behälter eine sichere Lagerung, Handhabung und Beförderung von Gefahrstoffen auch bei der Abfallentsorgung gewährleistet ist.

(5) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Gefahrstoffe so aufbewahrt oder gelagert werden, dass sie weder die menschliche Gesundheit noch die Umwelt gefährden. Er hat dabei wirksame Vorkehrungen zu treffen, um Missbrauch oder Fehlgebrauch zu verhindern. Insbesondere dürfen Gefahrstoffe nicht in solchen Behältern aufbewahrt oder gelagert werden, durch deren Form oder Bezeichnung der Inhalt mit Lebensmitteln verwechselt werden kann. Sie dürfen nur übersichtlich geordnet und nicht in unmittelbarer Nähe von Arznei-, Lebens- oder Futtermitteln, einschließlich deren Zusatzstoffe, aufbewahrt oder gelagert werden. Bei der Aufbewahrung zur Abgabe oder zur sofortigen Verwendung muss eine Kennzeichnung nach Absatz 2 deutlich sichtbar und lesbar angebracht sein.

(6) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Gefahrstoffe, die nicht mehr benötigt werden, und entleerte Behälter, die noch Reste von Gefahrstoffen enthalten können, sicher gehandhabt, vom Arbeitsplatz entfernt und sachgerecht gelagert oder entsorgt werden.

(7) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Stoffe und Gemische, die als akut toxisch Kategorie 1, 2 oder 3, spezifisch zielorgantoxisch Kategorie 1, krebserzeugend Kategorie 1A oder 1B oder keimzellmutagen Kategorie 1A oder 1B eingestuft sind, unter Verschluss oder so aufbewahrt oder gelagert werden, dass nur fachkundige und zuverlässige Personen Zugang haben. Tätigkeiten mit diesen Stoffen und Gemischen dürfen nur von fachkundigen oder besonders unterwiesenen Personen ausgeführt werden. Satz 2 gilt auch für Tätigkeiten mit Stoffen und Gemischen, die als reproduktionstoxisch Kategorie 1A oder 1B oder als atemwegssensibilisierend eingestuft sind. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Kraftstoffe an Tankstellen oder sonstigen Betankungseinrichtungen sowie für Stoffe und Gemische, die als akut toxisch Kategorie 3 eingestuft sind, sofern diese vormals nach der Richtlinie 67/548/EWG oder der Richtlinie 1999/45/EG als gesundheitsschädlich bewertet wurden. Hinsichtlich der Bewertung als gesundheitsschädlich sind die entsprechenden nach § 20 Absatz 4 Nummer 1 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen.

(8) Der Arbeitgeber hat bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen nach Anhang I Nummer 2 bis 5 sowohl die §§ 6 bis 18 als auch die betreffenden Vorschriften des Anhangs I Nummer 2 bis 5 zu beachten.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die zuständige Landesbehörde kann im Einzelfall die Anordnungen treffen, die zur Beseitigung festgestellter oder zur Verhütung künftiger Verstöße gegen dieses Gesetz oder gegen die nach diesem Gesetz erlassenen Rechtsverordnungen oder gegen eine in § 21 Absatz 2 Satz 1 genannte EG- oder EU-Verordnung notwendig sind.

(1a) Wird eine Anordnung nach Absatz 1 nicht innerhalb der gesetzten Frist oder eine solche für sofort vollziehbar erklärte Anordnung nicht sofort ausgeführt, kann die zuständige Behörde die von der Anordnung betroffene Arbeit ganz oder teilweise bis zur Erfüllung der Anordnung untersagen, wenn die Untersagung zum Schutz von Leben oder Gesundheit der Beschäftigten erforderlich ist.

(2) Die zuständige Landesbehörde kann für eine Dauer von höchstens drei Monaten anordnen, dass ein gefährlicher Stoff, ein gefährliches Gemisch oder ein Erzeugnis, das einen gefährlichen Stoff oder ein gefährliches Gemisch freisetzen kann oder enthält, nicht, nur unter bestimmten Voraussetzungen, nur in bestimmter Beschaffenheit oder nur für bestimmte Zwecke hergestellt, in den Verkehr gebracht oder verwendet werden darf, soweit Anhaltspunkte, insbesondere ein nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse begründeter Verdacht dafür vorliegen, dass von dem Stoff, dem Gemisch oder dem Erzeugnis eine erhebliche Gefahr für Leben oder Gesundheit des Menschen oder die Umwelt ausgeht. Die zuständige Landesbehörde kann diese Anordnung aus wichtigem Grund um bis zu einem Jahr verlängern. Die Sätze 1 und 2 gelten auch dann, wenn Anhaltspunkte, insbesondere ein nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse begründeter Verdacht, für die Annahme bestehen, dass ein Stoff oder ein Gemisch gefährlich ist. Anordnungen nach Satz 1 und 2 können nur ergehen, soweit dies unionsrechtlich zulässig ist.

(3) Rechtsbehelfe gegen Anordnungen nach den Absätzen 1a und 2 haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Gefährliche Stoffe oder gefährliche Gemische im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische, die

1.
die in Anhang I Teil 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 dargelegten Kriterien für physikalische Gefahren oder Gesundheitsgefahren erfüllen oder
2.
umweltgefährlich sind, indem sie
a)
die in Anhang I Teil 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 dargelegten Kriterien für Umweltgefahren und weitere Gefahren erfüllen oder
b)
selbst oder deren Umwandlungsprodukte sonst geeignet sind, die Beschaffenheit des Naturhaushaltes, von Wasser, Boden oder Luft, Klima, Tieren, Pflanzen oder Mikroorganismen derart zu verändern, dass dadurch sofort oder später Gefahren für die Umwelt herbeigeführt werden können.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, soweit unionsrechtlich zulässig durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nähere Vorschriften über die Festlegung der in Absatz 1 genannten Gefährlichkeitsmerkmale zu erlassen.

(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, soweit unionsrechtlich zulässig durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
Stoffe oder Gemische als gefährlich einzustufen,
2.
Berechnungsverfahren vorzuschreiben, nach denen bestimmte Gemische aufgrund der Einstufung derjenigen Stoffe, die in dem Gemisch enthalten sind, einzustufen sind,
3.
zu bestimmen,
a)
wie gefährliche Stoffe und Gemische und dass und wie bestimmte Erzeugnisse, die bestimmte gefährliche Stoffe oder Gemische freisetzen können oder enthalten, zu verpacken oder zu kennzeichnen sind, damit bei der vorhersehbaren Verwendung Gefahren für Leben und Gesundheit des Menschen und die Umwelt vermieden werden,
b)
dass und wie bestimmte Angaben über gefährliche Stoffe und Gemische oder Erzeugnisse, die gefährliche Stoffe und Gemische freisetzen können oder enthalten, einschließlich Empfehlungen über Vorsichtsmaßnahmen beim Verwenden oder über Sofortmaßnahmen bei Unfällen von demjenigen, der die Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse in den Verkehr bringt, insbesondere inForm einesSicherheitsdatenblattes oder einer Gebrauchsanweisung, mitgeliefert und auf dem neuesten Stand gehalten werden müssen,
c)
welche Gesichtspunkte der Hersteller oder Einführer bei der Einstufung der Stoffe nach § 13 Absatz 2 mindestens zu beachten hat,
d)
wer die gefährlichen Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse zu verpacken und zu kennzeichnen hat, wenn sie bereits vor Inkrafttreten der die Kennzeichnungs- oder Verpackungspflicht begründenden Rechtsverordnung in den Verkehr gebracht worden sind,
e)
dass und wie bestimmte Gemische und Erzeugnisse, die bestimmte näher zu bezeichnende gefährliche Stoffe nicht enthalten, zu kennzeichnen sind oder gekennzeichnet werden können,
f)
dass und von wem die Kennzeichnung bestimmter Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse nach dem Inverkehrbringen zu erhalten oder erneut anzubringen ist und
g)
dass andere als die in § 13 Absatz 2 und 3 genannten Personen für die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung verantwortlich sind.

(2) In der Rechtsverordnung nach Absatz 1 können auch Ausnahmen von der Pflicht zur Verpackung und Kennzeichnung vorgesehen werden, soweit dadurch der Schutzzweck nach Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe a nicht beeinträchtigt wird. In der Rechtsverordnung kann auch bestimmt werden, dass anstelle einer Kennzeichnung die entsprechenden Angaben in anderer geeigneter Weise mitzuliefern sind.

(3) Regelungen nach den Absätzen 1 und 2 können auch für Biozid-Wirkstoffe und Biozid-Produkte, die nicht gefährliche Stoffe oder Gemische im Sinne des § 3a sind, sowie für Stoffe, Gemische und Erzeugnisse nach § 19 Absatz 2 getroffen werden.

(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, soweit es zu dem in § 1 genannten Zweck erforderlich und unionsrechtlich zulässig ist,

1.
vorzuschreiben, dass bestimmte gefährliche Stoffe, bestimmte gefährliche Gemische oder Erzeugnisse, die einen solchen Stoff oder ein solches Gemisch freisetzen können oder enthalten,
a)
nicht, nur in bestimmter Beschaffenheit oder nur für bestimmte Zwecke hergestellt, in den Verkehr gebracht oder verwendet werden dürfen,
b)
nur auf bestimmte Art und Weise verwendet werden dürfen oder
c)
nur unter bestimmten Voraussetzungen oder nur an bestimmte Personen abgegeben oder nur unter bestimmten Voraussetzungen oder nur bestimmten Personen angeboten werden dürfen,
2.
vorzuschreiben, dass derjenige, der bestimmte gefährliche Stoffe, bestimmte gefährliche Gemische oder Erzeugnisse, die einen solchen Stoff oder ein solches Gemisch freisetzen können oder enthalten, herstellt, in den Verkehr bringt oder verwendet,
a)
dies anzuzeigen hat,
b)
dazu einer Erlaubnis bedarf,
c)
bestimmten Anforderungen an seine Zuverlässigkeit und Gesundheit genügen muss oder
d)
seine Sachkunde in einem näher festzulegenden Verfahren nachzuweisen hat,
3.
Herstellungs- oder Verwendungsverfahren zu verbieten, bei denen bestimmte gefährliche Stoffe anfallen.

(2) Durch Verordnung nach Absatz 1 können auch Verbote und Beschränkungen unter Berücksichtigung der Entwicklung von Stoffen, Gemischen, Erzeugnissen oder Verfahren, deren Herstellung, Verwendung, Entsorgung oder Anwendung mit einem geringeren Risiko für Mensch oder Umwelt verbunden ist, festgesetzt werden.

(3) Absatz 1 gilt auch für Biozid-Wirkstoffe und Biozid-Produkte, die nicht gefährliche Stoffe oder Gemische im Sinne des § 3a sind, für Stoffe, Gemische und Erzeugnisse nach § 19 Absatz 2 sowie für Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse, deren Umwandlungsprodukte gefährlich im Sinne des Anhangs I Teil 2 bis 5 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 sind. Durch Verordnung nach Absatz 1 in Verbindung mit Satz 1 können auch Vorschriften zur guten fachlichen Praxis bei der Verwendung von Biozid-Produkten erlassen werden.

(4) Absatz 1 Nummer 1 und 2 gilt auch für solche Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse, bei denen Anhaltspunkte, insbesondere ein nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse begründeter Verdacht dafür bestehen, dass der Stoff, das Gemisch oder das Erzeugnis gefährlich ist.

(5) Die Bundesregierung kann in den Rechtsverordnungen nach Absatz 1 auch Regelungen zum Verfahren sowie Methoden zur Überprüfung ihrer Einhaltung festlegen. Dabei können insbesondere auch die Entnahme von Proben und die hierfür anzuwendenden Verfahren und die zur Bestimmung von einzelnen Stoffen oder Stoffgruppen erforderlichen Analyseverfahren geregelt werden.

(6) Bei Gefahr im Verzuge kann die Bundesregierung eine Rechtsverordnung nach Absatz 1 Nummer 1 und 3 ohne Zustimmung des Bundesrates und ohne Anhörung der beteiligten Kreise erlassen. Sie tritt spätestens zwölf Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft. Ihre Geltungsdauer kann nur mit Zustimmung des Bundesrates verlängert werden.

(7) Die beteiligten Kreise bestehen aus jeweils auszuwählenden Vertretern der Wissenschaft, der Verbraucherschutzverbände, der Gewerkschaften und Berufsgenossenschaften, der beteiligten Wirtschaft, des Gesundheitswesens sowie der Umwelt-, Tierschutz- und Naturschutzverbände.

(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, soweit es zum Schutz von Leben und Gesundheit des Menschen einschließlich des Schutzes der Arbeitskraft und der menschengerechten Gestaltung der Arbeit erforderlich ist, beim Herstellen und Verwenden von Stoffen, Gemischen und Erzeugnissen sowie bei Tätigkeiten in deren Gefahrenbereich Maßnahmen der in Absatz 3 beschriebenen Art vorzuschreiben. Satz 1 gilt nicht für Maßnahmen nach Absatz 3, soweit entsprechende Vorschriften nach dem Atomgesetz, Bundes-Immissionsschutzgesetz, Pflanzenschutzgesetz oder Sprengstoffgesetz bestehen.

(2) Gefahrstoffe im Sinne dieser Vorschrift sind

1.
gefährliche Stoffe und Gemische nach § 3a Absatz 1,
2.
Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, die explosionsfähig sind,
3.
Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, aus denen bei der Herstellung oder Verwendung Stoffe nach Nummer 1 oder Nummer 2 entstehen oder freigesetzt werden,
4.
Stoffe und Gemische, die die Kriterien nach den Nummern 1 bis 3 nicht erfüllen, aber aufgrund ihrer physikalisch-chemischen, chemischen oder toxischen Eigenschaften und der Art und Weise, wie sie am Arbeitsplatz vorhanden sind oder verwendet werden, die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten gefährden können,
5.
alle Stoffe, denen ein Arbeitsplatzgrenzwert im Sinne der Rechtsverordnung nach Absatz 1 zugewiesen ist.

(3) Durch Rechtsverordnung nach Absatz 1 kann insbesondere bestimmt werden,

1.
wie derjenige, der andere mit der Herstellung oder Verwendung von Stoffen, Gemischen oder Erzeugnissen beschäftigt, zu ermitteln hat, ob es sich im Hinblick auf die vorgesehene Herstellung oder Verwendung um einen Gefahrstoff handelt, soweit nicht bereits eine Einstufung nach den Vorschriften des Dritten Abschnitts erfolgt ist,
2.
dass derjenige, der andere mit der Herstellung oder Verwendung von Gefahrstoffen beschäftigt, verpflichtet wird zu prüfen, ob Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse oder Herstellungs- oder Verwendungsverfahren mit einem geringeren Risiko für die menschliche Gesundheit verfügbar sind und dass er diese verwenden soll oder zu verwenden hat, soweit es ihm zumutbar ist,
2a.
dass der Hersteller oder Einführer dem Arbeitgeber auf Verlangen die gefährlichen Inhaltsstoffe der Gefahrstoffe sowie die gültigen Grenzwerte und, falls solche noch nicht vorhanden sind, Empfehlungen für einzuhaltende Stoffkonzentrationen und die von den Gefahrstoffen ausgehenden Gefahren oder die zu ergreifenden Maßnahmen mitzuteilen hat,
3.
wie die Arbeitsstätte einschließlich der technischen Anlagen, die technischen Arbeitsmittel und die Arbeitsverfahren beschaffen, eingerichtet sein oder betrieben werden müssen, damit sie dem Standder Technik,Arbeitsmedizin und Hygiene sowie den gesicherten sicherheitstechnischen, arbeitsmedizinischen, hygienischen und sonstigen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen, die zum Schutz der Beschäftigten zu beachten sind,
4.
wie der Betrieb geregelt sein muss, insbesondere
a)
dass Stoffe und Gemische bezeichnet und wie Gefahrstoffe innerbetrieblich verpackt, gekennzeichnet und erfasst sein müssen, damit die Beschäftigten durch eine ungeeignete Verpackung nicht gefährdet und durch eine Kennzeichnung über die von ihnen ausgehenden Gefahren unterrichtet werden,
b)
wie das Herstellungs- oder Verwendungsverfahren gestaltet sein muss, damit die Beschäftigten nicht gefährdet und die Grenzwerte oder Richtwerte über die Konzentration gefährlicher Stoffe oder Gemische am Arbeitsplatz nach dem Stand der Technik unterschritten werden,
c)
welche Vorkehrungen getroffen werden müssen, damit Gefahrstoffe nicht in die Hände Unbefugter gelangen oder sonst abhanden kommen,
d)
welche persönlichen Schutzausrüstungen zur Verfügung gestellt und von den Beschäftigten bestimmungsgemäß benutzt werden müssen,
e)
wie die Zahl der Beschäftigten, die Gefahrstoffen ausgesetzt werden, beschränkt und wie die Dauer einer solchen Beschäftigung begrenzt sein muss,
f)
wie die Beschäftigten sich verhalten müssen, damit sie sich selbst und andere nicht gefährden, und welche Voraussetzungen hierfür zu treffen sind, insbesondere welche Kenntnisse und Fähigkeiten Beschäftigte haben müssen und welche Nachweise hierüber zu erbringen sind,
g)
unter welchen Umständen Zugangs- und Beschäftigungsbeschränkungen zum Schutz der Beschäftigten vorgesehen werden müssen,
h)
dass ein Projektleiter für bestimmte Herstellungs- oder Verwendungsverfahren zu bestellen ist, welche Verantwortlichkeiten diesem zuzuweisen sind und welche Sachkunde dieser nachzuweisen hat,
5.
wie den Beschäftigten die anzuwendenden Vorschriften in einer tätigkeitsbezogenen Betriebsanweisung dauerhaft zur Kenntnis zu bringen sind und in welchen Zeitabständen anhand der Betriebsanweisung über die auftretenden Gefahren und die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu unterweisen ist,
6.
welche Vorkehrungen zur Verhinderung von Betriebsstörungen und zur Begrenzung ihrer Auswirkungen für die Beschäftigten und welche Maßnahmen zur Organisation der Ersten Hilfe zu treffen sind,
7.
dass und welche verantwortlichen Aufsichtspersonen für Bereiche, in denen Beschäftigte besonderen Gefahren ausgesetzt sind, bestellt und welche Befugnisse ihnen übertragen werden müssen, damit die Arbeitsschutzaufgaben erfüllt werden können,
8.
dass im Hinblick auf den Schutz der Beschäftigten eine Gefahrenbeurteilung vorzunehmen ist, welche Unterlagen hierfür zu erstellen sind und dass diese Unterlagen zur Überprüfung der Gefahrenbeurteilung von der zuständigen Landesbehörde der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zugeleitet werden können,
9.
welche Unterlagen zur Abwendung von Gefahren für die Beschäftigten zur Einsicht durch die zuständige Landesbehörde bereitzuhalten und auf Verlangen vorzulegen sind,
10.
dass ein Herstellungs- oder Verwendungsverfahren, bei dem besondere Gefahren für die Beschäftigten bestehen oder zu besorgen sind, der zuständigen Landesbehörde angezeigt oder von der zuständigen Landesbehörde erlaubt sein muss,
11.
dass Arbeiten, bei denen bestimmte gefährliche Stoffe oder Gemische freigesetzt werden können, nur von dafür behördlich anerkannten Betrieben durchgeführt werden dürfen,
12.
dass die Beschäftigten gesundheitlich zu überwachen sind, hierüber Aufzeichnungen zu führen sind und zu diesem Zweck
a)
derjenige, der andere mit der Herstellung oder Verwendung von Gefahrstoffen beschäftigt, insbesondere verpflichtet werden kann, die Beschäftigten ärztlich untersuchen zu lassen,
b)
der Arzt, der mit einer Vorsorgeuntersuchung beauftragt ist, in Zusammenhang mit dem Untersuchungsbefund bestimmte Pflichten zu erfüllen hat, insbesondere hinsichtlich des Inhalts einer von ihm auszustellenden Bescheinigung und der Unterrichtung und Beratung über das Ergebnis der Untersuchung,
c)
die zuständige Behörde entscheidet, wenn Feststellungen des Arztes für unzutreffend gehalten werden,
d)
die in die Aufzeichnung aufzunehmenden Daten dem zuständigen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung oder einer von ihm beauftragten Stelle zum Zwecke der Ermittlung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren oder Berufskrankheiten übermittelt werden,
13.
dass der Arbeitgeber dem Betriebs- oder Personalrat Vorgänge mitzuteilen hat, die er erfahren muss, um seine Aufgaben erfüllen zu können,
14.
dass die zuständigen Landesbehörden ermächtigt werden, zur Durchführung von Rechtsverordnungen bestimmte Anordnungen im Einzelfall zu erlassen, insbesondere bei Gefahr im Verzug auch gegen Aufsichtspersonen und sonstige Beschäftigte,
15.
dass die Betriebsanlagen und Arbeitsverfahren, in denen bestimmte Gefahrstoffe hergestellt oder verwendet werden, durch einen Sachkundigen oder einen Sachverständigen geprüft werden müssen,
16.
dass und welche Informations- und Mitwirkungspflichten derjenige hat, der Tätigkeiten an Erzeugnissen oder Bauwerken veranlasst, welche Gefahrstoffe enthalten, die durch diese Tätigkeiten freigesetzt werden können und zu besonderen Gesundheitsgefahren führen können.

(4) Wegen der Anforderungen nach Absatz 3 kann auf jedermann zugängliche Bekanntmachungen sachverständiger Stellen verwiesen werden; hierbei ist

1.
in der Rechtsverordnung das Datum der Bekanntmachung anzugeben und die Bezugsquelle genau zu bezeichnen,
2.
die Bekanntmachung bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin archivmäßig gesichert niederzulegen und in der Rechtsverordnung darauf hinzuweisen.

(1) Ziel dieser Verordnung ist es, den Menschen und die Umwelt vor stoffbedingten Schädigungen zu schützen durch

1.
Regelungen zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung gefährlicher Stoffe und Gemische,
2.
Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten und anderer Personen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und
3.
Beschränkungen für das Herstellen und Verwenden bestimmter gefährlicher Stoffe, Gemische und Erzeugnisse.

(2) Abschnitt 2 gilt für das Inverkehrbringen von

1.
gefährlichen Stoffen und Gemischen,
2.
bestimmten Stoffen, Gemischen und Erzeugnissen, die mit zusätzlichen Kennzeichnungen zu versehen sind, nach Maßgabe der Richtlinie 96/59/EG des Rates vom 16. September 1996 über die Beseitigung polychlorierter Biphenyle und polychlorierter Terphenyle (PCB/PCT) (ABl. L 243 vom 24.9.1996, S. 31), die durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009 (ABl. L 188 vom 18.7.2009, S. 14) geändert worden ist,
3.
Biozid-Produkten im Sinne des § 3 Nummer 11 des Chemikaliengesetzes, die keine gefährlichen Stoffe oder Gemische sind, sowie
4.
Biozid-Wirkstoffen im Sinne des § 3 Nummer 12 des Chemikaliengesetzes, die biologische Arbeitsstoffe im Sinne der Biostoffverordnung sind, und Biozid-Produkten im Sinne des § 3 Nummer 11 des Chemikaliengesetzes, die als Wirkstoffe solche biologischen Arbeitsstoffe enthalten.
Abschnitt 2 gilt nicht für Lebensmittel oder Futtermittel in Form von Fertigerzeugnissen, die für den Endverbrauch bestimmt sind.

(3) Die Abschnitte 3 bis 6 gelten für Tätigkeiten, bei denen Beschäftigte Gefährdungen ihrer Gesundheit und Sicherheit durch Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse ausgesetzt sein können. Sie gelten auch, wenn die Sicherheit und Gesundheit anderer Personen aufgrund von Tätigkeiten im Sinne von § 2 Absatz 5 gefährdet sein können, die durch Beschäftigte oder Unternehmer ohne Beschäftigte ausgeübt werden. Die Sätze 1 und 2 finden auch Anwendung auf Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit der Beförderung von Stoffen, Gemischen und Erzeugnissen ausgeübt werden. Die Vorschriften des Gefahrgutbeförderungsgesetzes und der darauf gestützten Rechtsverordnungen bleiben unberührt.

(4) Sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, gilt diese Verordnung nicht für

1.
biologische Arbeitsstoffe im Sinne der Biostoffverordnung und
2.
private Haushalte.
Diese Verordnung gilt ferner nicht für Betriebe, die dem Bundesberggesetz unterliegen, soweit dort oder in Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen worden sind, entsprechende Rechtsvorschriften bestehen.

(1) Gefahrstoffe im Sinne dieser Verordnung sind

1.
gefährliche Stoffe und Gemische nach § 3,
2.
Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, die explosionsfähig sind,
3.
Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, aus denen bei der Herstellung oder Verwendung Stoffe nach Nummer 1 oder Nummer 2 entstehen oder freigesetzt werden,
4.
Stoffe und Gemische, die die Kriterien nach den Nummern 1 bis 3 nicht erfüllen, aber auf Grund ihrer physikalisch-chemischen, chemischen oder toxischen Eigenschaften und der Art und Weise, wie sie am Arbeitsplatz vorhanden sind oder verwendet werden, die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten gefährden können,
5.
alle Stoffe, denen ein Arbeitsplatzgrenzwert zugewiesen worden ist.

(2) Für die Begriffe Stoff, Gemisch, Erzeugnis, Lieferant, nachgeschalteter Anwender und Hersteller gelten die Begriffsbestimmungen nach Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/1221 (ABl. L 197 vom 25.7.2015, S. 10) geändert worden ist.

(2a) Umweltgefährlich sind, über die Gefahrenklasse gewässergefährdend nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 hinaus, Stoffe oder Gemische, wenn sie selbst oder ihre Umwandlungsprodukte geeignet sind, die Beschaffenheit von Naturhaushalt, Boden oder Luft, Klima, Tieren, Pflanzen oder Mikroorganismen derart zu verändern, dass dadurch sofort oder später Gefahren für die Umwelt herbeigeführt werden können.

(3) Krebserzeugend, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch sind

1.
Stoffe, die in Anhang VI der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 in der jeweils geltenden Fassung als karzinogen, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch eingestuft sind,
2.
Stoffe, welche die Kriterien für die Einstufung als karzinogen, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch nach Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 in der jeweils geltenden Fassung erfüllen,
3.
Gemische, die einen oder mehrere der in § 2 Absatz 3 Nummer 1 oder 2 genannten Stoffe enthalten, wenn die Konzentration dieses Stoffs oder dieser Stoffe die stoffspezifischen oder die allgemeinen Konzentrationsgrenzen nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 in der jeweils geltenden Fassung erreicht oder übersteigt, die für die Einstufung eines Gemischs als karzinogen, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch festgelegt sind,
4.
Stoffe, Gemische oder Verfahren, die in den nach § 20 Absatz 4 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnissen als krebserzeugend, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch bezeichnet werden.

(4) Organische Peroxide im Sinne des § 11 Absatz 4 und des Anhangs III sind Stoffe, die sich vom Wasserstoffperoxid dadurch ableiten, dass ein oder beide Wasserstoffatome durch organische Gruppen ersetzt sind, sowie Gemische, die diese Stoffe enthalten.

(5) Eine Tätigkeit ist jede Arbeit mit Stoffen, Gemischen oder Erzeugnissen, einschließlich Herstellung, Mischung, Ge- und Verbrauch, Lagerung, Aufbewahrung, Be- und Verarbeitung, Ab- und Umfüllung, Entfernung, Entsorgung und Vernichtung. Zu den Tätigkeiten zählen auch das innerbetriebliche Befördern sowie Bedien- und Überwachungsarbeiten.

(5a) Begasung bezeichnet eine Verwendung von Biozid-Produkten oder Pflanzenschutzmitteln

1.
bei der bestimmungsgemäß Stoffe gasförmig freigesetzt werden,
a)
die als akut toxisch Kategorie 1, 2 oder 3 eingestuft sind oder
b)
für die in der Zulassung festgelegt wurde, dass eine Messung oder Überwachung der Wirkstoff- oder Sauerstoffkonzentration zu erfolgen hat,
2.
für die in der Zulassung die Bereitstellung und Verwendung eines unabhängig von der Umgebungsatmosphäre wirkenden Atemschutzgeräts festgelegt wurde oder
3.
die zur Raumdesinfektion sämtlicher Flächen eines umschlossenen Raums eingesetzt werden, wobei Formaldehyd aus einer wässrigen Formaldehydlösung in Form schwebfähiger Flüssigkeitstropfen ausgebracht wird.

(6) Lagern ist das Aufbewahren zur späteren Verwendung sowie zur Abgabe an andere. Es schließt die Bereitstellung zur Beförderung ein, wenn die Beförderung nicht innerhalb von 24 Stunden nach der Bereitstellung oder am darauffolgenden Werktag erfolgt. Ist dieser Werktag ein Samstag, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.

(7) Es stehen gleich

1.
den Beschäftigten die in Heimarbeit beschäftigten Personen sowie Schülerinnen und Schüler, Studierende und sonstige, insbesondere an wissenschaftlichen Einrichtungen tätige Personen, die Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ausüben; für Schülerinnen und Schüler und Studierende gelten jedoch nicht die Regelungen dieser Verordnung über die Beteiligung der Personalvertretungen,
2.
dem Arbeitgeber der Unternehmer ohne Beschäftigte sowie der Auftraggeber und der Zwischenmeister im Sinne des Heimarbeitsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 804-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 225 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist.

(8) Der Arbeitsplatzgrenzwert ist der Grenzwert für die zeitlich gewichtete durchschnittliche Konzentration eines Stoffs in der Luft am Arbeitsplatz in Bezug auf einen gegebenen Referenzzeitraum. Er gibt an, bis zu welcher Konzentration eines Stoffs akute oder chronische schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Beschäftigten im Allgemeinen nicht zu erwarten sind.

(9) Der biologische Grenzwert ist der Grenzwert für die toxikologisch-arbeitsmedizinisch abgeleitete Konzentration eines Stoffs, seines Metaboliten oder eines Beanspruchungsindikators im entsprechenden biologischen Material. Er gibt an, bis zu welcher Konzentration die Gesundheit von Beschäftigten im Allgemeinen nicht beeinträchtigt wird.

(9a) Physikalisch-chemische Einwirkungen umfassen Gefährdungen, die hervorgerufen werden können durch Tätigkeiten mit

1.
Stoffen, Gemischen oder Erzeugnissen mit einer physikalischen Gefahr nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 oder
2.
weiteren Gefahrstoffen, die nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 nicht mit einer physikalischen Gefahr eingestuft sind, die aber miteinander oder aufgrund anderer Wechselwirkungen so reagieren können, dass Brände oder Explosionen entstehen können.

(10) Ein explosionsfähiges Gemisch ist ein Gemisch aus brennbaren Gasen, Dämpfen, Nebeln oder aufgewirbelten Stäuben und Luft oder einem anderen Oxidationsmittel, das nach Wirksamwerden einer Zündquelle in einer sich selbsttätig fortpflanzenden Flammenausbreitung reagiert, sodass im Allgemeinen ein sprunghafter Temperatur- und Druckanstieg hervorgerufen wird.

(11) Chemisch instabile Gase, die auch ohne ein Oxidationsmittel nach Wirksamwerden einer Zündquelle in einer sich selbsttätig fortpflanzenden Flammenausbreitung reagieren können, sodass ein sprunghafter Temperatur- und Druckanstieg hervorgerufen wird, stehen explosionsfähigen Gemischen nach Absatz 10 gleich.

(12) Ein gefährliches explosionsfähiges Gemisch ist ein explosionsfähiges Gemisch, das in solcher Menge auftritt, dass besondere Schutzmaßnahmen für die Aufrechterhaltung der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten oder anderer Personen erforderlich werden.

(13) Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre ist ein gefährliches explosionsfähiges Gemisch mit Luft als Oxidationsmittel unter atmosphärischen Bedingungen (Umgebungstemperatur von –20 °C bis +60 °C und Druck von 0,8 Bar bis 1,1 Bar).

(14) Explosionsgefährdeter Bereich ist der Gefahrenbereich, in dem gefährliche explosionsfähige Atmosphäre auftreten kann.

(15) Der Stand der Technik ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zum Schutz der Gesundheit und zur Sicherheit der Beschäftigten gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Stands der Technik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen, die mit Erfolg in der Praxis erprobt worden sind. Gleiches gilt für die Anforderungen an die Arbeitsmedizin und die Arbeitsplatzhygiene.

(16) Fachkundig ist, wer zur Ausübung einer in dieser Verordnung bestimmten Aufgabe über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügt. Die Anforderungen an die Fachkunde sind abhängig von der jeweiligen Art der Aufgabe. Zu den Anforderungen zählen eine entsprechende Berufsausbildung, Berufserfahrung oder eine zeitnah ausgeübte entsprechende berufliche Tätigkeit sowie die Teilnahme an spezifischen Fortbildungsmaßnahmen.

(17) Sachkundig ist, wer seine bestehende Fachkunde durch Teilnahme an einem behördlich anerkannten Sachkundelehrgang erweitert hat. In Abhängigkeit vom Aufgabengebiet kann es zum Erwerb der Sachkunde auch erforderlich sein, den Lehrgang mit einer erfolgreichen Prüfung abzuschließen. Sachkundig ist ferner, wer über eine von der zuständigen Behörde als gleichwertig anerkannte oder in dieser Verordnung als gleichwertig bestimmte Qualifikation verfügt.

(18) Eine Verwenderkategorie bezeichnet eine Personengruppe, die berechtigt ist, ein bestimmtes Biozid-Produkt zu verwenden. Sie beschreibt den Grad der Qualifikation, die für diese Verwendung erforderlich ist. Die zugehörige Verwenderkategorie eines Biozid-Produkts wird nach der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozid-Produkten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2019/1825 (ABl. L 279 vom 31.10.2019, S. 19) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, im Zulassungsverfahren festgelegt. Verwenderkategorien sind:

1.
die breite Öffentlichkeit,
2.
der berufsmäßige Verwender,
3.
der geschulte berufsmäßige Verwender.

(1) Der Arbeitgeber hat bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen die folgenden Schutzmaßnahmen zu ergreifen:

1.
geeignete Gestaltung des Arbeitsplatzes und geeignete Arbeitsorganisation,
2.
Bereitstellung geeigneter Arbeitsmittel für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und geeignete Wartungsverfahren zur Gewährleistung der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten bei der Arbeit,
3.
Begrenzung der Anzahl der Beschäftigten, die Gefahrstoffen ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können,
4.
Begrenzung der Dauer und der Höhe der Exposition,
5.
angemessene Hygienemaßnahmen, insbesondere zur Vermeidung von Kontaminationen, und die regelmäßige Reinigung des Arbeitsplatzes,
6.
Begrenzung der am Arbeitsplatz vorhandenen Gefahrstoffe auf die Menge, die für den Fortgang der Tätigkeiten erforderlich ist,
7.
geeignete Arbeitsmethoden und Verfahren, welche die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigen oder die Gefährdung so gering wie möglich halten, einschließlich Vorkehrungen für die sichere Handhabung, Lagerung und Beförderung von Gefahrstoffen und von Abfällen, die Gefahrstoffe enthalten, am Arbeitsplatz.

(2) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass

1.
alle verwendeten Stoffe und Gemische identifizierbar sind,
2.
gefährliche Stoffe und Gemische innerbetrieblich mit einer Kennzeichnung versehen sind, die ausreichende Informationen über die Einstufung, über die Gefahren bei der Handhabung und über die zu beachtenden Sicherheitsmaßnahmen enthält; vorzugsweise ist eine Kennzeichnung zu wählen, die der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 entspricht,
3.
Apparaturen und Rohrleitungen so gekennzeichnet sind, dass mindestens die enthaltenen Gefahrstoffe sowie die davon ausgehenden Gefahren eindeutig identifizierbar sind.
Kennzeichnungspflichten nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt. Solange der Arbeitgeber den Verpflichtungen nach Satz 1 nicht nachgekommen ist, darf er Tätigkeiten mit den dort genannten Stoffen und Gemischen nicht ausüben lassen. Satz 1 Nummer 2 gilt nicht für Stoffe, die für Forschungs- und Entwicklungszwecke oder für wissenschaftliche Lehrzwecke neu hergestellt worden sind und noch nicht geprüft werden konnten. Eine Exposition der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit diesen Stoffen ist zu vermeiden.

(3) Der Arbeitgeber hat gemäß den Ergebnissen der Gefährdungsbeurteilung nach § 6 sicherzustellen, dass die Beschäftigten in Arbeitsbereichen, in denen sie Gefahrstoffen ausgesetzt sein können, keine Nahrungs- oder Genussmittel zu sich nehmen. Der Arbeitgeber hat hierfür vor Aufnahme der Tätigkeiten geeignete Bereiche einzurichten.

(4) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass durch Verwendung verschließbarer Behälter eine sichere Lagerung, Handhabung und Beförderung von Gefahrstoffen auch bei der Abfallentsorgung gewährleistet ist.

(5) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Gefahrstoffe so aufbewahrt oder gelagert werden, dass sie weder die menschliche Gesundheit noch die Umwelt gefährden. Er hat dabei wirksame Vorkehrungen zu treffen, um Missbrauch oder Fehlgebrauch zu verhindern. Insbesondere dürfen Gefahrstoffe nicht in solchen Behältern aufbewahrt oder gelagert werden, durch deren Form oder Bezeichnung der Inhalt mit Lebensmitteln verwechselt werden kann. Sie dürfen nur übersichtlich geordnet und nicht in unmittelbarer Nähe von Arznei-, Lebens- oder Futtermitteln, einschließlich deren Zusatzstoffe, aufbewahrt oder gelagert werden. Bei der Aufbewahrung zur Abgabe oder zur sofortigen Verwendung muss eine Kennzeichnung nach Absatz 2 deutlich sichtbar und lesbar angebracht sein.

(6) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Gefahrstoffe, die nicht mehr benötigt werden, und entleerte Behälter, die noch Reste von Gefahrstoffen enthalten können, sicher gehandhabt, vom Arbeitsplatz entfernt und sachgerecht gelagert oder entsorgt werden.

(7) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Stoffe und Gemische, die als akut toxisch Kategorie 1, 2 oder 3, spezifisch zielorgantoxisch Kategorie 1, krebserzeugend Kategorie 1A oder 1B oder keimzellmutagen Kategorie 1A oder 1B eingestuft sind, unter Verschluss oder so aufbewahrt oder gelagert werden, dass nur fachkundige und zuverlässige Personen Zugang haben. Tätigkeiten mit diesen Stoffen und Gemischen dürfen nur von fachkundigen oder besonders unterwiesenen Personen ausgeführt werden. Satz 2 gilt auch für Tätigkeiten mit Stoffen und Gemischen, die als reproduktionstoxisch Kategorie 1A oder 1B oder als atemwegssensibilisierend eingestuft sind. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Kraftstoffe an Tankstellen oder sonstigen Betankungseinrichtungen sowie für Stoffe und Gemische, die als akut toxisch Kategorie 3 eingestuft sind, sofern diese vormals nach der Richtlinie 67/548/EWG oder der Richtlinie 1999/45/EG als gesundheitsschädlich bewertet wurden. Hinsichtlich der Bewertung als gesundheitsschädlich sind die entsprechenden nach § 20 Absatz 4 Nummer 1 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen.

(8) Der Arbeitgeber hat bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen nach Anhang I Nummer 2 bis 5 sowohl die §§ 6 bis 18 als auch die betreffenden Vorschriften des Anhangs I Nummer 2 bis 5 zu beachten.

(1) Im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung als Bestandteil der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes hat der Arbeitgeber festzustellen, ob die Beschäftigten Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ausüben oder ob bei Tätigkeiten Gefahrstoffe entstehen oder freigesetzt werden können. Ist dies der Fall, so hat er alle hiervon ausgehenden Gefährdungen der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten unter folgenden Gesichtspunkten zu beurteilen:

1.
gefährliche Eigenschaften der Stoffe oder Gemische, einschließlich ihrer physikalisch-chemischen Wirkungen,
2.
Informationen des Lieferanten zum Gesundheitsschutz und zur Sicherheit insbesondere im Sicherheitsdatenblatt,
3.
Art und Ausmaß der Exposition unter Berücksichtigung aller Expositionswege; dabei sind die Ergebnisse der Messungen und Ermittlungen nach § 7 Absatz 8 zu berücksichtigen,
4.
Möglichkeiten einer Substitution,
5.
Arbeitsbedingungen und Verfahren, einschließlich der Arbeitsmittel und der Gefahrstoffmenge,
6.
Arbeitsplatzgrenzwerte und biologische Grenzwerte,
7.
Wirksamkeit der ergriffenen oder zu ergreifenden Schutzmaßnahmen,
8.
Erkenntnisse aus arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge.

(2) Der Arbeitgeber hat sich die für die Gefährdungsbeurteilung notwendigen Informationen beim Lieferanten oder aus anderen, ihm mit zumutbarem Aufwand zugänglichen Quellen zu beschaffen. Insbesondere hat der Arbeitgeber die Informationen zu beachten, die ihm nach Titel IV der Verordnung (EG)Nr. 1907/2006 zur Verfügung gestellt werden; dazu gehören Sicherheitsdatenblätter und die Informationen zu Stoffen oder Gemischen, für die kein Sicherheitsdatenblatt zu erstellen ist. Sofern die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 keine Informationspflicht vorsieht, hat der Lieferant dem Arbeitgeber auf Anfrage die für die Gefährdungsbeurteilung notwendigen Informationen über die Gefahrstoffe zur Verfügung zu stellen.

(3) Stoffe und Gemische, die nicht von einem Lieferanten nach § 4 Absatz 1 eingestuft und gekennzeichnet worden sind, beispielsweise innerbetrieblich hergestellte Stoffe oder Gemische, hat der Arbeitgeber selbst einzustufen. Zumindest aber hat er die von den Stoffen oder Gemischen ausgehenden Gefährdungen der Beschäftigten zu ermitteln; dies gilt auch für Gefahrstoffe nach § 2 Absatz 1 Nummer 4.

(4) Der Arbeitgeber hat festzustellen, ob die verwendeten Stoffe, Gemische und Erzeugnisse bei Tätigkeiten, auch unter Berücksichtigung verwendeter Arbeitsmittel, Verfahren und der Arbeitsumgebung sowie ihrer möglichen Wechselwirkungen, zu Brand- oder Explosionsgefährdungen führen können. Dabei hat er zu beurteilen,

1.
ob gefährliche Mengen oder Konzentrationen von Gefahrstoffen, die zu Brand- und Explosionsgefährdungen führen können, auftreten; dabei sind sowohl Stoffe und Gemische mit physikalischen Gefährdungen nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 wie auch andere Gefahrstoffe, die zu Brand- und Explosionsgefährdungen führen können, sowie Stoffe, die in gefährlicher Weise miteinander reagieren können, zu berücksichtigen,
2.
ob Zündquellen oder Bedingungen, die Brände oder Explosionen auslösen können, vorhanden sind und
3.
ob schädliche Auswirkungen von Bränden oder Explosionen auf die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten möglich sind.
Insbesondere hat er zu ermitteln, ob die Stoffe, Gemische und Erzeugnisse auf Grund ihrer Eigenschaften und der Art und Weise, wie sie am Arbeitsplatz vorhanden sind oder verwendet werden, explosionsfähige Gemische bilden können. Im Fall von nicht atmosphärischen Bedingungen sind auch die möglichen Veränderungen der für den Explosionsschutz relevanten sicherheitstechnischen Kenngrößen zu ermitteln und zu berücksichtigen.

(5) Bei der Gefährdungsbeurteilung sind ferner Tätigkeiten zu berücksichtigen, bei denen auch nach Ausschöpfung sämtlicher technischer Schutzmaßnahmen die Möglichkeit einer Gefährdung besteht. Dies gilt insbesondere für Instandhaltungsarbeiten, einschließlich Wartungsarbeiten. Darüber hinaus sind auch andere Tätigkeiten wie Bedien- und Überwachungsarbeiten zu berücksichtigen, wenn diese zu einer Gefährdung von Beschäftigten durch Gefahrstoffe führen können.

(6) Die mit den Tätigkeiten verbundenen inhalativen, dermalen und physikalisch-chemischen Gefährdungen sind unabhängig voneinander zu beurteilen und in der Gefährdungsbeurteilung zusammenzuführen. Treten bei einer Tätigkeit mehrere Gefahrstoffe gleichzeitig auf, sind Wechsel- oder Kombinationswirkungen der Gefahrstoffe, die Einfluss auf die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten haben, bei der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen, soweit solche Wirkungen bekannt sind.

(7) Der Arbeitgeber kann bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen eine Gefährdungsbeurteilung übernehmen, die ihm der Lieferant mitgeliefert hat, sofern die Angaben und Festlegungen in dieser Gefährdungsbeurteilung den Arbeitsbedingungen und Verfahren, einschließlich der Arbeitsmittel und der Gefahrstoffmenge, im eigenen Betrieb entsprechen.

(8) Der Arbeitgeber hat die Gefährdungsbeurteilung unabhängig von der Zahl der Beschäftigten erstmals vor Aufnahme der Tätigkeit zu dokumentieren. Dabei ist Folgendes anzugeben:

1.
die Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen,
2.
das Ergebnis der Prüfung auf Möglichkeiten einer Substitution nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 4,
3.
eine Begründung für einen Verzicht auf eine technisch mögliche Substitution, sofern Schutzmaßnahmen nach § 9 oder § 10 zu ergreifen sind,
4.
die durchzuführenden Schutzmaßnahmen einschließlich derer,
a)
die wegen der Überschreitung eines Arbeitsplatzgrenzwerts zusätzlich ergriffen wurden sowie der geplanten Schutzmaßnahmen, die zukünftig ergriffen werden sollen, um den Arbeitsplatzgrenzwert einzuhalten, oder
b)
die unter Berücksichtigung eines Beurteilungsmaßstabs für krebserzeugende Gefahrstoffe, der nach § 20 Absatz 4 bekannt gegeben worden ist, zusätzlich getroffen worden sind oder zukünftig getroffen werden sollen (Maßnahmenplan),
5.
eine Begründung, wenn von den nach § 20 Absatz 4 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnissen abgewichen wird, und
6.
die Ermittlungsergebnisse, die belegen, dass der Arbeitsplatzgrenzwert eingehalten wird oder, bei Stoffen ohne Arbeitsplatzgrenzwert, die ergriffenen technischen Schutzmaßnahmen wirksam sind.
Im Rahmen der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung können auch vorhandene Gefährdungsbeurteilungen, Dokumente oder andere gleichwertige Berichte verwendet werden, die auf Grund von Verpflichtungen nach anderen Rechtsvorschriften erstellt worden sind.

(9) Bei der Dokumentation nach Absatz 8 hat der Arbeitgeber in Abhängigkeit der Feststellungen nach Absatz 4 die Gefährdungen durch gefährliche explosionsfähige Gemische besonders auszuweisen (Explosionsschutzdokument). Daraus muss insbesondere hervorgehen,

1.
dass die Explosionsgefährdungen ermittelt und einer Bewertung unterzogen worden sind,
2.
dass angemessene Vorkehrungen getroffen werden, um die Ziele des Explosionsschutzes zu erreichen (Darlegung eines Explosionsschutzkonzeptes),
3.
ob und welche Bereiche entsprechend Anhang I Nummer 1.7 in Zonen eingeteilt wurden,
4.
für welche Bereiche Explosionsschutzmaßnahmen nach § 11 und Anhang I Nummer 1 getroffen wurden,
5.
wie die Vorgaben nach § 15 umgesetzt werden und
6.
welche Überprüfungen nach § 7 Absatz 7 und welche Prüfungen zum Explosionsschutz nach Anhang 2 Abschnitt 3 der Betriebssicherheitsverordnung durchzuführen sind.

(10) Bei Tätigkeiten mit geringer Gefährdung nach Absatz 13 kann auf eine detaillierte Dokumentation verzichtet werden. Falls in anderen Fällen auf eine detaillierte Dokumentation verzichtet wird, ist dies nachvollziehbar zu begründen. Die Gefährdungsbeurteilung ist regelmäßig zu überprüfen und bei Bedarf zu aktualisieren. Sie ist umgehend zu aktualisieren, wenn maßgebliche Veränderungen oder neue Informationen dies erfordern oder wenn sich eine Aktualisierung auf Grund der Ergebnisse der arbeitsmedizinischen Vorsorge nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge als notwendig erweist.

(11) Die Gefährdungsbeurteilung darf nur von fachkundigen Personen durchgeführt werden. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse, so hat er sich fachkundig beraten zu lassen. Fachkundig können insbesondere die Fachkraft für Arbeitssicherheit und die Betriebsärztin oder der Betriebsarzt sein.

(12) Der Arbeitgeber hat nach Satz 2 ein Verzeichnis der im Betrieb verwendeten Gefahrstoffe zu führen, in dem auf die entsprechenden Sicherheitsdatenblätter verwiesen wird. Das Verzeichnis muss mindestens folgende Angaben enthalten:

1.
Bezeichnung des Gefahrstoffs,
2.
Einstufung des Gefahrstoffs oder Angaben zu den gefährlichen Eigenschaften,
3.
Angaben zu den im Betrieb verwendeten Mengenbereichen,
4.
Bezeichnung der Arbeitsbereiche, in denen Beschäftigte dem Gefahrstoff ausgesetzt sein können.
Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, wenn nur Tätigkeiten mit geringer Gefährdung nach Absatz 13 ausgeübt werden. Die Angaben nach Satz 2 Nummer 1, 2 und 4 müssen allen betroffenen Beschäftigten und ihrer Vertretung zugänglich sein.

(13) Ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung für bestimmte Tätigkeiten auf Grund

1.
der gefährlichen Eigenschaften des Gefahrstoffs,
2.
einer geringen verwendeten Stoffmenge,
3.
einer nach Höhe und Dauer niedrigen Exposition und
4.
der Arbeitsbedingungen
insgesamt eine nur geringe Gefährdung der Beschäftigten und reichen die nach § 8 zu ergreifenden Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten aus, so müssen keine weiteren Maßnahmen des Abschnitts 4 ergriffen werden.

(14) Liegen für Stoffe oder Gemische keine Prüfdaten oder entsprechende aussagekräftige Informationen zur akut toxischen, reizenden, hautsensibilisierenden oder keimzellmutagenen Wirkung oder zur spezifischen Zielorgan-Toxizität bei wiederholter Exposition vor, sind die Stoffe oder Gemische bei der Gefährdungsbeurteilung wie Stoffe der Gefahrenklasse Akute Toxizität (oral, dermal und inhalativ) Kategorie 3, Ätz-/Reizwirkung auf die Haut Kategorie 2, Sensibilisierung der Haut Kategorie 1, Keimzellmutagenität Kategorie 2 oder Spezifische Zielorgan-Toxizität, wiederholte Exposition (STOT RE) Kategorie 2 zu behandeln. Hinsichtlich der Spezifizierung der anzuwendenden Einstufungskategorien sind die entsprechenden nach § 20 Absatz 4 Nummer 1 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen.

(1) Der Arbeitgeber hat bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen die folgenden Schutzmaßnahmen zu ergreifen:

1.
geeignete Gestaltung des Arbeitsplatzes und geeignete Arbeitsorganisation,
2.
Bereitstellung geeigneter Arbeitsmittel für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und geeignete Wartungsverfahren zur Gewährleistung der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten bei der Arbeit,
3.
Begrenzung der Anzahl der Beschäftigten, die Gefahrstoffen ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können,
4.
Begrenzung der Dauer und der Höhe der Exposition,
5.
angemessene Hygienemaßnahmen, insbesondere zur Vermeidung von Kontaminationen, und die regelmäßige Reinigung des Arbeitsplatzes,
6.
Begrenzung der am Arbeitsplatz vorhandenen Gefahrstoffe auf die Menge, die für den Fortgang der Tätigkeiten erforderlich ist,
7.
geeignete Arbeitsmethoden und Verfahren, welche die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigen oder die Gefährdung so gering wie möglich halten, einschließlich Vorkehrungen für die sichere Handhabung, Lagerung und Beförderung von Gefahrstoffen und von Abfällen, die Gefahrstoffe enthalten, am Arbeitsplatz.

(2) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass

1.
alle verwendeten Stoffe und Gemische identifizierbar sind,
2.
gefährliche Stoffe und Gemische innerbetrieblich mit einer Kennzeichnung versehen sind, die ausreichende Informationen über die Einstufung, über die Gefahren bei der Handhabung und über die zu beachtenden Sicherheitsmaßnahmen enthält; vorzugsweise ist eine Kennzeichnung zu wählen, die der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 entspricht,
3.
Apparaturen und Rohrleitungen so gekennzeichnet sind, dass mindestens die enthaltenen Gefahrstoffe sowie die davon ausgehenden Gefahren eindeutig identifizierbar sind.
Kennzeichnungspflichten nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt. Solange der Arbeitgeber den Verpflichtungen nach Satz 1 nicht nachgekommen ist, darf er Tätigkeiten mit den dort genannten Stoffen und Gemischen nicht ausüben lassen. Satz 1 Nummer 2 gilt nicht für Stoffe, die für Forschungs- und Entwicklungszwecke oder für wissenschaftliche Lehrzwecke neu hergestellt worden sind und noch nicht geprüft werden konnten. Eine Exposition der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit diesen Stoffen ist zu vermeiden.

(3) Der Arbeitgeber hat gemäß den Ergebnissen der Gefährdungsbeurteilung nach § 6 sicherzustellen, dass die Beschäftigten in Arbeitsbereichen, in denen sie Gefahrstoffen ausgesetzt sein können, keine Nahrungs- oder Genussmittel zu sich nehmen. Der Arbeitgeber hat hierfür vor Aufnahme der Tätigkeiten geeignete Bereiche einzurichten.

(4) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass durch Verwendung verschließbarer Behälter eine sichere Lagerung, Handhabung und Beförderung von Gefahrstoffen auch bei der Abfallentsorgung gewährleistet ist.

(5) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Gefahrstoffe so aufbewahrt oder gelagert werden, dass sie weder die menschliche Gesundheit noch die Umwelt gefährden. Er hat dabei wirksame Vorkehrungen zu treffen, um Missbrauch oder Fehlgebrauch zu verhindern. Insbesondere dürfen Gefahrstoffe nicht in solchen Behältern aufbewahrt oder gelagert werden, durch deren Form oder Bezeichnung der Inhalt mit Lebensmitteln verwechselt werden kann. Sie dürfen nur übersichtlich geordnet und nicht in unmittelbarer Nähe von Arznei-, Lebens- oder Futtermitteln, einschließlich deren Zusatzstoffe, aufbewahrt oder gelagert werden. Bei der Aufbewahrung zur Abgabe oder zur sofortigen Verwendung muss eine Kennzeichnung nach Absatz 2 deutlich sichtbar und lesbar angebracht sein.

(6) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Gefahrstoffe, die nicht mehr benötigt werden, und entleerte Behälter, die noch Reste von Gefahrstoffen enthalten können, sicher gehandhabt, vom Arbeitsplatz entfernt und sachgerecht gelagert oder entsorgt werden.

(7) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Stoffe und Gemische, die als akut toxisch Kategorie 1, 2 oder 3, spezifisch zielorgantoxisch Kategorie 1, krebserzeugend Kategorie 1A oder 1B oder keimzellmutagen Kategorie 1A oder 1B eingestuft sind, unter Verschluss oder so aufbewahrt oder gelagert werden, dass nur fachkundige und zuverlässige Personen Zugang haben. Tätigkeiten mit diesen Stoffen und Gemischen dürfen nur von fachkundigen oder besonders unterwiesenen Personen ausgeführt werden. Satz 2 gilt auch für Tätigkeiten mit Stoffen und Gemischen, die als reproduktionstoxisch Kategorie 1A oder 1B oder als atemwegssensibilisierend eingestuft sind. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Kraftstoffe an Tankstellen oder sonstigen Betankungseinrichtungen sowie für Stoffe und Gemische, die als akut toxisch Kategorie 3 eingestuft sind, sofern diese vormals nach der Richtlinie 67/548/EWG oder der Richtlinie 1999/45/EG als gesundheitsschädlich bewertet wurden. Hinsichtlich der Bewertung als gesundheitsschädlich sind die entsprechenden nach § 20 Absatz 4 Nummer 1 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen.

(8) Der Arbeitgeber hat bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen nach Anhang I Nummer 2 bis 5 sowohl die §§ 6 bis 18 als auch die betreffenden Vorschriften des Anhangs I Nummer 2 bis 5 zu beachten.

(1) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) gebildet, in dem geeignete Personen vonseiten der Arbeitgeber, der Gewerkschaften, der Landesbehörden, der gesetzlichen Unfallversicherung und weitere geeignete Personen, insbesondere aus der Wissenschaft, vertreten sein sollen. Die Gesamtzahl der Mitglieder soll 21 Personen nicht überschreiten. Für jedes Mitglied ist ein stellvertretendes Mitglied zu benennen. Die Mitgliedschaft im Ausschuss für Gefahrstoffe ist ehrenamtlich.

(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beruft die Mitglieder des Ausschusses und die stellvertretenden Mitglieder. Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung und wählt die Vorsitzende oder den Vorsitzenden aus seiner Mitte. Die Geschäftsordnung und die Wahl der oder des Vorsitzenden bedürfen der Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

(3) Zu den Aufgaben des Ausschusses gehört es:

1.
den Stand der Wissenschaft, Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen einschließlich deren Einstufung und Kennzeichnung zu ermitteln und entsprechende Empfehlungen auszusprechen,
2.
zu ermitteln, wie die in dieser Verordnung gestellten Anforderungen erfüllt werden können und dazu die dem jeweiligen Stand von Technik und Medizin entsprechenden Regeln und Erkenntnisse zu erarbeiten,
3.
das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in allen Fragen zu Gefahrstoffen und zur Chemikaliensicherheit zu beraten und
4.
Arbeitsplatzgrenzwerte, biologische Grenzwerte und andere Beurteilungsmaßstäbe für Gefahrstoffe vorzuschlagen und regelmäßig zu überprüfen, wobei Folgendes zu berücksichtigen ist:
a)
bei der Festlegung der Grenzwerte und Beurteilungsmaßstäbe ist sicherzustellen, dass der Schutz der Gesundheit der Beschäftigten gewahrt ist,
b)
für jeden Stoff, für den ein Arbeitsplatzgrenzwert oder ein biologischer Grenzwert in Rechtsakten der Europäischen Union festgelegt worden ist, ist unter Berücksichtigung dieses Grenzwerts ein nationaler Grenzwert vorzuschlagen.
Das Arbeitsprogramm des Ausschusses für Gefahrstoffe wird mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales abgestimmt, wobei die Letztentscheidungsbefugnis beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales liegt. Der Ausschuss arbeitet eng mit den anderen Ausschüssen beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales zusammen.

(4) Nach Prüfung kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales

1.
die vom Ausschuss für Gefahrstoffe ermittelten Regeln und Erkenntnisse nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 sowie die Arbeitsplatzgrenzwerte und Beurteilungsmaßstäbe nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 4 im Gemeinsamen Ministerialblatt bekannt geben und
2.
die Empfehlungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 sowie die Beratungsergebnisse nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 in geeigneter Weise veröffentlichen.

(5) Die Bundesministerien sowie die obersten Landesbehörden können zu den Sitzungen des Ausschusses Vertreterinnen oder Vertreter entsenden. Auf Verlangen ist diesen in der Sitzung das Wort zu erteilen.

(6) Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin führt die Geschäfte des Ausschusses.

(1) Die zuständige Landesbehörde kann im Einzelfall die Anordnungen treffen, die zur Beseitigung festgestellter oder zur Verhütung künftiger Verstöße gegen dieses Gesetz oder gegen die nach diesem Gesetz erlassenen Rechtsverordnungen oder gegen eine in § 21 Absatz 2 Satz 1 genannte EG- oder EU-Verordnung notwendig sind.

(1a) Wird eine Anordnung nach Absatz 1 nicht innerhalb der gesetzten Frist oder eine solche für sofort vollziehbar erklärte Anordnung nicht sofort ausgeführt, kann die zuständige Behörde die von der Anordnung betroffene Arbeit ganz oder teilweise bis zur Erfüllung der Anordnung untersagen, wenn die Untersagung zum Schutz von Leben oder Gesundheit der Beschäftigten erforderlich ist.

(2) Die zuständige Landesbehörde kann für eine Dauer von höchstens drei Monaten anordnen, dass ein gefährlicher Stoff, ein gefährliches Gemisch oder ein Erzeugnis, das einen gefährlichen Stoff oder ein gefährliches Gemisch freisetzen kann oder enthält, nicht, nur unter bestimmten Voraussetzungen, nur in bestimmter Beschaffenheit oder nur für bestimmte Zwecke hergestellt, in den Verkehr gebracht oder verwendet werden darf, soweit Anhaltspunkte, insbesondere ein nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse begründeter Verdacht dafür vorliegen, dass von dem Stoff, dem Gemisch oder dem Erzeugnis eine erhebliche Gefahr für Leben oder Gesundheit des Menschen oder die Umwelt ausgeht. Die zuständige Landesbehörde kann diese Anordnung aus wichtigem Grund um bis zu einem Jahr verlängern. Die Sätze 1 und 2 gelten auch dann, wenn Anhaltspunkte, insbesondere ein nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse begründeter Verdacht, für die Annahme bestehen, dass ein Stoff oder ein Gemisch gefährlich ist. Anordnungen nach Satz 1 und 2 können nur ergehen, soweit dies unionsrechtlich zulässig ist.

(3) Rechtsbehelfe gegen Anordnungen nach den Absätzen 1a und 2 haben keine aufschiebende Wirkung.

Zweck des Gesetzes ist es, den Menschen und die Umwelt vor schädlichen Einwirkungen gefährlicher Stoffe und Gemische zu schützen, insbesondere sie erkennbar zu machen, sie abzuwenden und ihrem Entstehen vorzubeugen.

(1) Der Arbeitgeber hat bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen die folgenden Schutzmaßnahmen zu ergreifen:

1.
geeignete Gestaltung des Arbeitsplatzes und geeignete Arbeitsorganisation,
2.
Bereitstellung geeigneter Arbeitsmittel für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und geeignete Wartungsverfahren zur Gewährleistung der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten bei der Arbeit,
3.
Begrenzung der Anzahl der Beschäftigten, die Gefahrstoffen ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können,
4.
Begrenzung der Dauer und der Höhe der Exposition,
5.
angemessene Hygienemaßnahmen, insbesondere zur Vermeidung von Kontaminationen, und die regelmäßige Reinigung des Arbeitsplatzes,
6.
Begrenzung der am Arbeitsplatz vorhandenen Gefahrstoffe auf die Menge, die für den Fortgang der Tätigkeiten erforderlich ist,
7.
geeignete Arbeitsmethoden und Verfahren, welche die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigen oder die Gefährdung so gering wie möglich halten, einschließlich Vorkehrungen für die sichere Handhabung, Lagerung und Beförderung von Gefahrstoffen und von Abfällen, die Gefahrstoffe enthalten, am Arbeitsplatz.

(2) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass

1.
alle verwendeten Stoffe und Gemische identifizierbar sind,
2.
gefährliche Stoffe und Gemische innerbetrieblich mit einer Kennzeichnung versehen sind, die ausreichende Informationen über die Einstufung, über die Gefahren bei der Handhabung und über die zu beachtenden Sicherheitsmaßnahmen enthält; vorzugsweise ist eine Kennzeichnung zu wählen, die der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 entspricht,
3.
Apparaturen und Rohrleitungen so gekennzeichnet sind, dass mindestens die enthaltenen Gefahrstoffe sowie die davon ausgehenden Gefahren eindeutig identifizierbar sind.
Kennzeichnungspflichten nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt. Solange der Arbeitgeber den Verpflichtungen nach Satz 1 nicht nachgekommen ist, darf er Tätigkeiten mit den dort genannten Stoffen und Gemischen nicht ausüben lassen. Satz 1 Nummer 2 gilt nicht für Stoffe, die für Forschungs- und Entwicklungszwecke oder für wissenschaftliche Lehrzwecke neu hergestellt worden sind und noch nicht geprüft werden konnten. Eine Exposition der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit diesen Stoffen ist zu vermeiden.

(3) Der Arbeitgeber hat gemäß den Ergebnissen der Gefährdungsbeurteilung nach § 6 sicherzustellen, dass die Beschäftigten in Arbeitsbereichen, in denen sie Gefahrstoffen ausgesetzt sein können, keine Nahrungs- oder Genussmittel zu sich nehmen. Der Arbeitgeber hat hierfür vor Aufnahme der Tätigkeiten geeignete Bereiche einzurichten.

(4) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass durch Verwendung verschließbarer Behälter eine sichere Lagerung, Handhabung und Beförderung von Gefahrstoffen auch bei der Abfallentsorgung gewährleistet ist.

(5) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Gefahrstoffe so aufbewahrt oder gelagert werden, dass sie weder die menschliche Gesundheit noch die Umwelt gefährden. Er hat dabei wirksame Vorkehrungen zu treffen, um Missbrauch oder Fehlgebrauch zu verhindern. Insbesondere dürfen Gefahrstoffe nicht in solchen Behältern aufbewahrt oder gelagert werden, durch deren Form oder Bezeichnung der Inhalt mit Lebensmitteln verwechselt werden kann. Sie dürfen nur übersichtlich geordnet und nicht in unmittelbarer Nähe von Arznei-, Lebens- oder Futtermitteln, einschließlich deren Zusatzstoffe, aufbewahrt oder gelagert werden. Bei der Aufbewahrung zur Abgabe oder zur sofortigen Verwendung muss eine Kennzeichnung nach Absatz 2 deutlich sichtbar und lesbar angebracht sein.

(6) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Gefahrstoffe, die nicht mehr benötigt werden, und entleerte Behälter, die noch Reste von Gefahrstoffen enthalten können, sicher gehandhabt, vom Arbeitsplatz entfernt und sachgerecht gelagert oder entsorgt werden.

(7) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass Stoffe und Gemische, die als akut toxisch Kategorie 1, 2 oder 3, spezifisch zielorgantoxisch Kategorie 1, krebserzeugend Kategorie 1A oder 1B oder keimzellmutagen Kategorie 1A oder 1B eingestuft sind, unter Verschluss oder so aufbewahrt oder gelagert werden, dass nur fachkundige und zuverlässige Personen Zugang haben. Tätigkeiten mit diesen Stoffen und Gemischen dürfen nur von fachkundigen oder besonders unterwiesenen Personen ausgeführt werden. Satz 2 gilt auch für Tätigkeiten mit Stoffen und Gemischen, die als reproduktionstoxisch Kategorie 1A oder 1B oder als atemwegssensibilisierend eingestuft sind. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Kraftstoffe an Tankstellen oder sonstigen Betankungseinrichtungen sowie für Stoffe und Gemische, die als akut toxisch Kategorie 3 eingestuft sind, sofern diese vormals nach der Richtlinie 67/548/EWG oder der Richtlinie 1999/45/EG als gesundheitsschädlich bewertet wurden. Hinsichtlich der Bewertung als gesundheitsschädlich sind die entsprechenden nach § 20 Absatz 4 Nummer 1 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen.

(8) Der Arbeitgeber hat bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen nach Anhang I Nummer 2 bis 5 sowohl die §§ 6 bis 18 als auch die betreffenden Vorschriften des Anhangs I Nummer 2 bis 5 zu beachten.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.