Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 15. März 2005 - 11 K 74/05

bei uns veröffentlicht am15.03.2005

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg vom 16. Dezember 2004 (13 S 2510/04) wird mit Ausnahme der Kostenentscheidung und der Streitwertfestsetzung geändert.

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der vom Antragsteller erhobenen Klage (11 K 4306/04) gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 20. April 2004 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 05. Oktober 2004 anzuordnen, wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Abänderungsverfahrens.

Der Streitwert des Abänderungsverfahrens wird auf EUR 5.000,-- festgesetzt.

Gründe

 
1. a) Das Gericht führt das vorliegende Abänderungsverfahren von Amts wegen gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO durch. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern, sofern hierfür ein sachlicher Grund gegeben ist. Ein solcher sachlicher Grund liegt insbesondere bei einer besseren rechtlichen Erkenntnis aufgrund einer geänderten prozessualen Lage vor. Solches ist vorliegend dadurch gegeben, dass die Antragsgegnerin im Hauptsacheverfahren mit Schriftsatz vom 24.01.2005 nunmehr die Ausländerakte des Vaters des Antragstellers vorgelegt hat, woraus sich eine andere Einschätzung der Erfolgsaussicht der Klage des Antragstellers ergibt.
b) Daneben ist aber auch der Abänderungsantrag der Antragsgegnerin gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO statthaft. Die Antragsgegnerin beruft sich zu Recht darauf, im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im vorangegangenen Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden zu sein (dazu sogleich aa)). Insoweit steht ihr ein Antrag auf Abänderung gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO offen (dazu bb)).
aa) Im vorangegangenen Beschwerdeverfahren wurde die Antragsgegnerin mit Verfügung des Berichterstatters beim VGH vom 16.11.2004 um Stellungnahme zur eingegangenen Beschwerde bis zum 01.01.2005 gebeten (AS 139 d. VGH - Akten). Mit Telefax vom 10.12.2004 (AS 151 d. VGH - Akten) bat der Antragsteller und damalige Beschwerdeführer den Senat um eine baldige Entscheidung, da er zum 01.01.2005 für den Militärdienst in der Türkei eingezogen werden solle. Ausweislich der Akten des VGH Baden-Württemberg wurde dieses Schreiben der Antragsgegnerin nicht in Mehrfertigung übermittelt, auch nicht, nachdem es am 14.12.2004 im Original zu den Gerichtsakten gelangte. Die Antragsgegnerin wurde insbesondere auch nicht darauf hingewiesen, wegen der nunmehr angenommenen Eilbedürftigkeit müsse die ihr bis zum 01.01.2005 eingeräumte Frist zur Stellungnahme abgekürzt werden. Dagegen ist den Verfahrensakten des VGH Baden-Württemberg als nächstes (AS „wie AS 151“ d. VGH-Akten) der Aktenvermerk des Berichterstatters vom 20.12.2004 zu entnehmen, das Rechtsanwaltsbüro (des Antragstellers) sei telefonisch vom Ergebnis (nämlich dem bereits am 16.12.2004 getroffenen Beschluss des VGH) informiert worden, bei der Antragsgegnerin sei aber telefonisch niemand zu erreichen gewesen. Eine solche Vorgehensweise, ohne eine Äußerung der Beschwerdegegnerin abzuwarten bzw. ohne ihr mitzuteilen, dass eine zunächst eingeräumte Äußerungsfrist abgekürzt werden müsse, verletzt selbstredend den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör. Dies bedarf keiner weiteren Darlegung.
bb) Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Allbedyl , VwGO, 2. Auflage, § 80 Rz 124 m. zahlreichen N.) kommt dem Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO u.a. die Funktion des fachgerichtlichen Schutzes der Verfahrensgrundrechte, insbesondere bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu. Insoweit liegen durch den Gehörsverstoß in einem weit verstandenen Sinne „veränderte Umstände“ entsprechend § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO vor (Bader a.a.O.). Damit ist das Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO ein (ordentlicher) Rechtsbehelf gegen die mit dem Makel des Gehörverstoßes behaftete vorangegangene Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers schließt der gemäß Art. 8 und Art. 22 Satz 2 des Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügengesetz vom 09.12.2004; BGB l. I S. 3220) am 01. Januar 2005 in Kraft getretene § 152 a VwGO die von der Antragsgegnerin gewählte Vorgehensweise nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO nicht aus. Nach dieser - neu in die VwGO aufgenommenen - Vorschrift kann ein Beteiligter, dessen rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise durch das Gericht verletzt wurde, innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs durch eine Gehörsrüge eine Fortsetzung des Verfahrens verlangen. Voraussetzung ist aber nach § 152 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO, dass ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist. Dass ist hier aber nicht der Fall. § 152 a VwGO schließt als - abschließende - gesetzliche Regelung ab dem 01.01.2005 lediglich außerordentliche Rechtsbehelfe, wie etwa materiell-rechtlich begründete Gegenvorstellungen aus (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.02.2005 - 3 S 83/05 -). In diesem Sinne jedoch ist der Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kein außerordentlicher Rechtsbehelf. Er stellt vielmehr in der gegebenen Konstellation eine seit Jahren von den Fachgerichten anerkannte Vorgehensweise dar und wird insoweit durch § 152 a VwGO nicht verdrängt.
c) Nachdem für ein Abänderungsverfahren gemäß § 80 Abs. 7 VwGO das Gericht der Hauptsache zuständig ist, bedeutet dies, dass auch das Verwaltungsgericht, bei dem - wie hier - die Hauptsache noch anhängig ist, ggf. einen im Beschwerdeverfahren ergangenen Beschluss des Obergerichtes zu ändern hat (Bader, a.a.O., Rz 136 m.w.N).
2. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 16. Dezember 2004 ist zu ändern, der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers ist abzulehnen, da eine Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehung der angegriffenen Entscheidung der Antragsgegnerin vom 20.04.2004 und dem privaten Interesse des Antragstellers, von diesen Folgen einstweilen verschont zu bleiben, unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs und auch der sonstigen Interessen, insbesondere der Frage, ob durch die Vollziehung dieser Verfügung eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentlichen Interessen gebotene Härte eintreten würde (entsprechende Anwendung des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO), nunmehr ergibt, dass der Antrag unbegründet ist.
a) Eine Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs des Antragstellers gegen die Ablehnung seines Antrages auf Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung in der Verfügung der Antragsgegnerin vom 20.04.2004 ist aktuell nicht (mehr) zu erkennen. Zwar ist das Gericht der Hauptsache im Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO aufgrund der insoweit eingetretenen Rechtskraft der Beschwerdeentscheidung an die dortige Rechtsauffassung gebunden, ein Erfolg der Klage des Antragstellers könne nicht deshalb verneint werden, weil der Vater des Antragstellers als so genannter „Stammberechtigter“ im für das Entstehen des Rechts des Antragstellers aus Art. 7 Satz 1, 1. Spiegelstrich ARB 1/80 maßgeblichen Zeitraum auch Zeiten der Arbeitslosigkeit aufweise. Es sei derzeit ungeklärt, ob der Begriff des „dem regulären Arbeitsmarkt angehörenden türkischen Arbeitnehmers“, für den zur Entstehung des Rechts aus Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 konstitutiven Zeitraum, eine entsprechende Beschäftigung des Arbeitnehmers verlangt oder Zeiten der Arbeitslosigkeit genügen lässt (Beschluss des VGH Baden-Württemberg im vorangegangenen Beschwerdeverfahren, S. 6). Diese Frage werde letztlich im Hauptsacheverfahren mit seinen spezifischen Aufklärungs- und Vorlagemöglichkeiten zu beantworten sein; das Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO sei hierfür nicht vorgesehen und auch nicht geeignet (S. 9 des Beschlusses des VGH Baden-Württemberg im vorangegangenen Beschwerdeverfahren).
Von der Rechtskraft der Beschwerdeentscheidung unberührt bleiben jedoch Umstände, die im vorangegangenen Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO unberücksichtigt geblieben sind. Aus solchen Umständen ergibt sich nunmehr, dass dem Rechtsbehelf des Antragstellers keine hinreichenden Erfolgsaussichten zukommt.
10 
aa) Unabhängig von der Frage, ob der Vater des Antragstellers als so genannter „Stammberechtigter“ überhaupt in der Lage war, dem Antragsteller die Rechte aus Art. 7 Satz 1, 1. Spiegelstrich ARB 1/80 zu vermitteln (dazu aber auch noch unten), ergibt sich nun gerade auch aus dem Vortrag der Antragsgegnerin, der aufgrund der Verletzung des rechtlichen Gehörs (vgl. oben) durch das Beschwerdegericht nicht zur Kenntnis genommen werden konnte, dass sich der Antragsteller selbst schon nicht auf Art. 7 Satz 1, 1. Spiegelstrich ARB 1/80 - der als einzige Anspruchsnorm insoweit überhaupt in Betracht kommt - berufen kann. Das sich aus dieser Vorschrift abzuleitende Aufenthaltsrecht eines Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehörenden türkischen Arbeitnehmers, der die Genehmigung erhalten hat, zu ihm zu ziehen, besteht nämlich lediglich infolge des im Beschluss des Assoziationsrates EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19. September 1980 - ARB 1/80 - garantierten Rechtes auf „Zugang zum Arbeitsmarkt“, d.h. in Folge oder in der Absicht einer Aufnahme einer Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis, also einer unselbständigen Erwerbstätigkeit als „Arbeitnehmer“. Ein türkischer Staatsangehöriger, der überhaupt nicht beabsichtigt eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder eine solche auch nicht ausübt, kann sich danach - selbst wenn er die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 7 ARB 1/80 erfüllt - nicht auf eine assoziationsrechtliche Rechtsposition nach dieser Vorschrift berufen, denn sein (weiterer) Aufenthalt dient dann nicht einem Zweck, der vom Schutzbereich des Art. 7 ARB 1/80 als Rechtsfolge erfasst wird (Armbruster in HTK-Ausländerrecht, Art. 7 ARB 1/80, Anmerkung 2; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 18.03.2002 - 13 S 442/02 -, NVwZ-RR 2002, 779).
11 
Aus dem Vortrag der Antragsgegnerin und ihren hierzu zwischenzeitlich im Hauptsacheverfahren vorgelegten weiteren Unterlagen ergibt sich, dass der Antragsteller in der Zeit seines rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet, der gemäß § 69 Abs. 3 AuslG in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung mit der Bekanntgabe der hier angegriffenen Verfügung am 23.04.2004 endete, keinerlei Interesse an einer Erwerbstätigkeit besaß, das gemäß Art. 7 Satz 1, 1. Spiegelstrich ARB 1/80 aufenthaltsrechtlich abzusichern gewesen wäre. Ausweislich einer Auskunft der Agentur für Arbeit, festgehalten in einem Aktenvermerk der Antragsgegnerin vom 21.12.2004, wurde dem Antragsteller vor Erlass der hier angegriffenen Verfügung der Antragsgegnerin keine Arbeitserlaubnis erteilt. Dementsprechend hat der Antragsteller sich im Rahmen der Anhörung nach § 28 LVwVfG vor Erlass der angegriffenen Verfügung auch nicht darauf berufen, er beabsichtige sich auf ein Stellenangebot zu bewerben, weshalb er das Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1, 1. Spiegelstrich ARB 1/80 für sich in Anspruch nehme. Schließlich wurde auch auf die spätere ausdrückliche Bitte der Antragsgegnerin im Schreiben vom 04.12.2004 an die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers, Auskunft darüber zu geben, dass sich der Antragsteller während seines Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland nachhaltig um eine Erwerbstätigkeit bemüht habe, lediglich eine Arbeitsbescheinigung vorgelegt, wonach der Antragsteller ab dem 01.05.2004, also erst nach Erlass der angegriffenen Verfügung eine Teilzeitarbeit bei einer Kebap-Firma aufgenommen habe, wobei die in den Verwaltungsakten hierzu enthaltenen Auskünfte des Arbeitgebers, der AOK, der Agentur für Arbeit und des Steuerberaters des Arbeitgebers aber auch äußert widersprüchlich sind. Jedenfalls konnte diese erst im Anschluss an den Erlass der angegriffenen Verfügung der Antragsgegnerin vom 20.04.2004 kurzfristig aufgenommene Teilzeit-Erwerbstätigkeit des Antragstellers eine Rechtsposition nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 nicht mehr begründen. Nach Erlass der angegriffenen Verfügung endete nämlich der rechtmäßige Aufenthalt des Antragstellers im Inland und damit auch sein ordnungsgemäßer Wohnsitz i.S.v. Art. 7 Satz 1, 1. Spiegelstrich ARB 1/80. Denn der Wohnsitz ist dann nicht mehr ordnungsgemäß, wenn sich der türkische Staatsangehörige nicht mehr mit einer erforderlichen Genehmigung der Behörden des Mitgliedstaats auf seinem Territorium befindet (Gutmann in GK-AufenthG, ARB 1/80, Art. 7 Rz 63). Sein nachträgliches Bemühen um ein Stellenangebot vermochte daher ein Aufenthaltsrecht nach dieser Vorschrift ebenfalls nicht mehr auszulösen.
12 
Daher konnte mit der angegriffenen Verfügung auch nicht in ein Aufenthaltsrecht des Antragstellers nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 eingegriffen werden, woraus sich nunmehr die fehlende Erfolgsaussicht der Klage des Antragstellers ergibt.
13 
bb) Zweifel an der Erfolgsaussicht der Klage des Antragstellers ergeben sich nunmehr aber auch aus den zwischenzeitlich im Hauptsacheverfahren vorgelegten Ausländerakten des Vaters des Antragstellers, von dem er überhaupt sein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1, 1. Spiegelstrich ARB 1/80 ableiten möchte.
14 
aaa) Der Ausländerakte des Vaters des Antragstellers ist nämlich schon nicht zu entnehmen, dass dieser überhaupt in dem vom Antragsteller behaupteten Umfang erwerbstätig gewesen ist. Die in dieser Ausländerakte enthaltenen Lohn- und Gehaltsabrechnungen bzw. Arbeitgeberbescheinigungen betreffen sämtlich andere Familienmitglieder, einen Bruder des Antragstellers bzw. die Mutter. Allein aus dem in der Ausländerakte enthaltenen Leistungsnachweis über den Bezug von Arbeitslosengeld ab dem 01.06.2002 bis zum 26.05.2003 lässt sich - mittelbar - ableiten, dass der Vater des Antragstellers in den Zeiten davor einmal eine anspruchsbegründende sozialversicherungspflichtige abhängige Beschäftigung ausgeübt haben muss. Soweit die vormaligen Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers unter dem 19.03.2004 (zur Ausländerakte des Antragstellers selbst) ausgeführt haben, der Vater des Antragstellers habe von April 2000 bis Mai 2002 bei der Firma Robert Friedel GmbH gearbeitet, haben sie jedenfalls, entgegen diesem Schreiben, eine Aufstellung des Verdienstes und der Arbeitszeiten nicht beigelegt. Im Übrigen unterscheidet sich dieser Vortrag auch vom Vortrag der jetzigen Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers etwa im Beschwerdebegründungschriftsatz zum VGH Baden-Württemberg vom 15.11.2004 in der es heißt (Seite 4 oben), der Vater des Antragstellers habe von April 2000 bis März 2002 bei der Firma Robert Fiedel GmbH gearbeitet.
15 
bbb) Entscheidend für das vorliegende Abänderungsverfahren, also für den Umstand, dass nach Vorlage der Ausländerakte des Vaters des Antragstellers zum Hauptsacheverfahren die Erfolgsaussichten dieses Rechtsmittels des Antragstellers als gering zu veranschlagen sind, ist jedoch ein weiterer Gesichtspunkt. Der Vater des Antragstellers unterfällt grundsätzlich nicht dem Anwendungsbereich des ARB 1/80. Er kann daher auch nicht „Stammberechtigter“ im Sinne von Art. 7 Satz 1, 1. Spiegelstrich ARB 1/80 sein und vermag dem Antragstellers selbst, als einem Familienangehörigen, keine hieraus abzuleitenden Rechte zu vermitteln.
16 
Der Vater des Antragstellers ist im Jahr 1996 - allein - zum Zwecke der Asylgewährung nach Deutschland gelangt und hier durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 19.04.1996 als Asylberechtigter anerkannt worden.
17 
Der Beschluss des Assoziationsrates EWG-Türkei vom 19. September 1980 erging in Ausführung des Art. 36 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509 - Assoziationsabkommen EWG/Türkei - ). Dieser Beschluss gewährt keine vollständige Freizügigkeit für türkische Staatsangehörige zum Zwecke der Arbeitsaufnahme. Vielmehr räumt er einem Teil der Arbeitnehmer, die bereits als Wanderarbeitnehmer zwischen den Mitgliedsstaaten und der Türkei gewechselt sind, in beschränktem Umfang Rechte ein. Nur der Wanderarbeitnehmer und türkische Staatsangehörige kann aus dem Assoziationsabkommen sowie den darauf fußenden Beschlüssen des Assoziationsrates Rechte ableiten. Diese Voraussetzungen erfüllt der Vater des Antragstellers aber gerade nicht.
18 
Mit seiner Flucht aus der Türkei und seiner Berufung auf das Asylgrundrecht des Art. 16 a GG aufgrund der ihm durch die türkische Republik zugefügten Verfolgung hat sich der Vater des Antragstellers des Schutzes des türkischen Staates begeben. Er ist in diesem Sinne „de-facto-Staatenloser“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.07.1984 - 1 C 30/81 -, InfAuflR 1984, 312 = Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 24). Hat sich der Vater des Antragstellers aber des Schutzes der türkischen Republik begeben und gerade deshalb Schutz in einem Mitgliedsstaat der Union gefunden, so kann er sich nicht zugleich auf ein Abkommen berufen, dass die türkische Republik auch zugunsten und im Interesse ihrer Staatsangehörigen zum Zwecke der Erweiterung der Arbeitnehmerfreizügigkeit geschlossen hat.
19 
Die Rechtsstellung des Vaters des Antragstellers, solange er sich auf seine Asylberechtigung im Bundesgebiet beruft, ergibt sich daher - allein - aus der Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK) vom 28. Juli 1951 (zugestimmt und veröffentlicht durch Gesetz vom 1. September 1953 - BGBl. II S. 559 -). Die gleichzeitige Anwendung des ARB 1/80 im Sinne einer „Meistbegünstigungsklausel“ scheidet aus.
20 
Demzufolge fehlt es auch an einer Grundvoraussetzung, die der Anwendung des ARB 1/80 und des Assoziationsabkommens EWG-Türkei überhaupt immanent ist. Der Vater des Antragstellers ist als politischer Flüchtling nämlich kein Wanderarbeitnehmer (oder ggf. Abkömmling eines solchen). Sein Aufenthaltsrecht in Deutschland und seine daraus resultierende Zulassung zum deutschen Arbeitsmarkt wurde ihm gerade nicht unter dem Gedanken der Assoziation und einer entstehenden Freizügigkeit für türkische Arbeitnehmer innerhalb der Europäischen Union (vormals: EWG) gewährt. Ohne seine Berufung auf das Asylgrundrecht im Jahre 1996 hätte er ein Aufenthaltsrecht bzw. ein Zugangsrecht zum deutschen Arbeitsmarkt im Zeitpunkt seiner Einreise unter keinem denkbaren Gesichtspunkt erlangen können.
21 
b) Die mangelnde Erfolgsaussicht des Begehrens des Antragstellers im Hauptsacheverfahren erscheint demnach so eindeutig, dass sich hieraus nunmehr auch schon im Eilverfahren ergibt, dass es dem Antragsteller zuzumuten ist, das Ergebnis dieses Hauptsacheverfahrens im Heimatland abzuwarten. Dass dies unter Umständen mit der Ableistung seiner türkischen Wehrpflicht verbunden ist, ist rechtlich bedeutungslos. Die türkische Wehrpflicht für türkische Staatsangehörige stellt keineswegs eine unzumutbare Belastung dar.
22 
Zwar ist nicht zu verkennen, dass das Hauptsacheverfahren - sei es aus den vom VGH Baden-Württemberg im vorangegangenen Beschluss im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO aufgeworfenen Rechtsfragen, sei es aus den hier dargelegten Gründen - aller Voraussicht nach eine erhebliche Zeitdauer in Anspruch nehmen wird, bis möglicherweise dereinst der EuGH hierüber abschließend entschieden hat. Dem VGH Baden-Württemberg in seiner Beschwerdeentscheidung im vorangegangenen Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO mag auch zuzustimmen sein, dass für die (endgültige) Beantwortung dieser Rechtsfragen das Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht vorgesehen und auch nicht geeignet ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Ausländer immer dann, wenn wegen einer anzunehmenden Letztentscheidungs-Zuständigkeit des EuGH mit einer erheblichen Zeitdauer des Hauptsacheverfahrens zu rechnen ist, diesem stets und ohne weiteres deshalb ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland zukommen müsste. Vielmehr hat das Gericht im Eilverfahren wenigstens eine Prognose über den Ausgang dieses Hauptsachestreits abzugeben und unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen sodann über die beantragte Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen die - von Gesetzes wegen ja ausdrücklich vorgesehene - sofortige Vollziehung zu befinden. Zur Überzeugung des Berichterstatters ist das zu erwartende Ergebnis des Hauptsacheverfahrens hier eindeutig (vgl. oben), auch wenn die Rechtskraft insoweit wohl noch längere Zeit auf sich warten lassen wird. Dem Antragsteller ist es hier aber auch zuzumuten, sich der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit der Verfügung der Antragsgegnerin zu unterwerfen. Es ist nicht zu erkennen, dass der Antragsteller, der erst Ende 1999 als knapp 16-jähriger und damit praktisch nach Abschluss seiner Sozialisation ins Bundesgebiet gelangte, nicht in der Türkei leben können sollte (zum bevorstehenden Wehrdienst, vgl. bereits oben). Umgekehrt ist festzustellen, dass der Antragsteller seit seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland ohne Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse und auch - entscheidend - ohne greifbare Chance einer Integration geblieben ist. Der Antragsteller wurde bereits ein Jahr nach seiner Einreise straffällig und musste durch Urteil des Amtsgerichts Böblingen zu einer Sanktion nach dem Jugendgerichtsgesetz verurteilt werden. Einen Schulabschluss hat der Antragsteller ausweislich seiner Ausländerakte augenscheinlich nicht erlangt. Eine Fördermaßnahme beim Internationalen Bund für Sozialarbeit wurde abgebrochen, nachdem er dort einen Streit hatte. Einer Erwerbstätigkeit ging er im Anschluss daran nicht nach und hatte hieran auch kein Interesse (vgl. oben). Seine äußerst kurzfristige Teilzeit-Erwerbstätigkeit nach Erlass der angegriffenen Verfügung bei einer Kebap-Firma deutet ebenfalls nicht auf eine im Werden begriffene Integration hin. Die Familie des Antragstellers bezog in der Vergangenheit in erheblichem Maße Sozialhilfe. Auch der Umstand, dass der Asylantrag der älteren Schwester Elmas des Antragstellers, die im Jahre 1999 aus der Türkei nachzog, wegen Unglaubwürdigkeit abgelehnt werden musste, wobei die Mutter des Antragstellers unglaubwürdige Zeugenangaben machte (vgl. Urt. d. VG Stuttgart v. 06.11.2001 - A 5 K 11423/00 -) spricht eher gegen eine Integration in die deutsche Gesellschaftsordnung seitens der Familie. Schließlich wurde der Antragsteller wegen versuchter Vergewaltigung, bei der es nur durch den glücklichen Umstand eines überraschend klingelnden Handys nicht zur Vollendung der Tat kam, strafrechtlich verurteilt, was überhaupt Grundlage der hier angegriffenen Verfügung der Antragsgegnerin war.
23 
Nach allem hält das Gericht ein Aufenthaltsrecht des Antragstellers bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht für geboten.
24 
Die Kostenentscheidung folgt § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus den §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 15. März 2005 - 11 K 74/05

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 15. März 2005 - 11 K 74/05

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 15. März 2005 - 11 K 74/05 zitiert 10 §§.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

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Tenor Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. März 2005 - 11 K 74/05 - geändert; der Antrag der Antragsgegnerin auf Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg v

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Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 07. Oktober 2004 - 11 K 2973/04 - geändert; die aufschiebende Wirkung der von dem Antragsteller erhobenen Klage gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 20. April 2004 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 05. Oktober 2004 wird angeordnet.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des erstinstanzlichen und des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene (§ 147 Abs. 1 VwGO) und mit Gründen versehene (§ 146 Abs. 4 S. 1 VwGO) Beschwerde hat sachlich Erfolg; die von dem Antragsteller nach § 146 Abs. 4 S. 3 VwGO ausreichend substantiiert dargelegten Bedenken gegen die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart führen zu der von ihm beantragten Abänderung. Entgegen der angefochtenen Entscheidung überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der inzwischen erhobenen Klage gegen die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis und die gleichzeitig ergangene Abschiebungsandrohung (Verfügung der Antragsgegnerin vom 20.04.2004). Die Erfolgsaussicht der Klage, auf die in erster Linie als Entscheidungskriterium im Rahmen der Interessenabwägung abzustellen ist, kann nämlich entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung nicht von vornherein verneint werden; vieles spricht im Gegenteil dafür, dass der Antragsteller in der Tat ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht erworben hat, so dass sich die Ablehnung einer Aufenthaltserlaubnis durch die Antragsgegnerin und die gleichzeitig ergangene Abschiebungsandrohung gegen den (inzwischen ausgereisten) Antragsteller als rechtswidrig erweisen.
Die von dem Antragsteller vorgetragenen Beschwerdegründe - der Antragsteller beruft sich insofern insbesondere auf Art. 7 S. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation (im folgenden: ARB 1/80) und die Richtlinie 64/221/EWG - rechtfertigen die Annahme, dass der Antragsteller Erfolg im Hauptsacheverfahren haben kann; mindestens ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens insofern als offen anzusehen, so dass auch unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgesehenen sofortigen Vollziehbarkeit der Aufenthaltserlaubnisablehnung (§ 72 Abs. 1 AuslG) das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage ein entgegenstehendes öffentliches Interesse am Sofortvollzug der angefochtenen Verfügungen überwiegt.
Soweit die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis auf Gründe des nationalen Ausländerrechts, insbesondere auf § 7 Abs. 2 AuslG gestützt ist, werden in der Beschwerdebegründung keine Einwende erhoben; auch der Antragsteller selbst räumt offenbar ein, dass seine Verurteilung wegen sexueller Nötigung vom 16.09.2003 (ein Jahr und drei Monate Freiheitsstrafe, zur Bewährung ausgesetzt) grundsätzlich einen Regelausweisungsgrund i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG darstellt. Auch der Senat geht davon aus, dass nationales Ausländerrecht der Verpflichtungsklage des Antragstellers auf Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis aller Voraussicht nach nicht zum Erfolg verhelfen wird.
Erfolgsaussicht hat die Klage des Antragstellers allerdings, soweit er sich auf Vorschriften des Assoziationsrechts beruft. Die von dem Antragsteller zu seinen Gunsten angeführte Richtlinie 64/221/EWG wird zwar der Klage aller Voraussicht nach nicht zum Erfolg verhelfen (1); anders steht es jedoch mit der Frage, ob der Antragsteller inzwischen ein eigenständiges assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht aus Art. 7 S. 1 ARB 1/80 erworben hat (2).
Was die Einhaltung der Richtlinie 64/221/EWG angeht, macht der Antragsteller aller Voraussicht nach zu Unrecht eine Verletzung dieser Vorschrift geltend. Selbst wenn sie auf türkische Arbeitnehmer zu übertragen ist (s. dazu das durch den österreichischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitete Vorabentscheidungsverfahren - C 136/03 - beim Europäischen Gerichtshof), liegt eine Verletzung dieser Richtlinie, insbesondere der durch den Antragsteller gerügten Bestimmung des Art. 9, nicht vor. Zwar hat ein Widerspruch gegen die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis i.S.d. Art. 9 RL 64/221/EWG nach deutschem Ausländerrecht keine aufschiebende Wirkung (s. § 42 Abs. 1 AuslG); die Entscheidung über den weiteren Verbleib des Antragstellers im Bundesgebiet wurde hier aber letztverbindlich (s. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) durch die Widerspruchsbehörde (hier das Regierungspräsidium Stuttgart) getroffen. Diese Behörde ist mit der Ausgangsbehörde i.S.d. Art. 9 Abs. 1 S. 2 RL 64/221/EWG nicht identisch, und vor ihr konnte sich der Antragsteller auch i.S.d. Art. 9 Abs. 1 S. 1 RL 64/221/EWG „verteidigen, unterstützen oder vertreten lassen“. Damit ist dem Schutzzweck der Vorschrift - die Gewährleistung eines Minimum an verfahrensmäßigem Schutz (s. dazu EuGH, Urteil vom 08.04.1976 - 48/75 - Royer -, Sammlung 1976, S. 515 und VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.03.2004 - 13 S 585/04 -) - Rechnung getragen. Dementsprechend ist der Antragsteller auch erst nach Ergehen des Widerspruchsbescheides in die Türkei zurückgereist, von wo aus er nunmehr seine Wiedereinreise betreibt.
Soweit der Antragsteller in der Beschwerde das Bestehen eines assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts aus Art. 7 S. 1 ARB/80 geltend macht, ist seine Klage allerdings nicht ohne Erfolgsaussicht. Der Antragsteller verweist in diesem Zusammenhang insbesondere darauf, er sei im Jahr 1999 im Weg der Familienzusammenführung mit entsprechender behördlicher Erlaubnis in das Bundesgebiet zu seinem seit 1995 hier befindlichen Vater eingereist und habe Aufenthaltserlaubnisse - zuletzt bis zum 08.12.2003 - erhalten; er habe mit einer einmonatigen Unterbrechung (Untersuchungshaft) bei seinem Vater auch gewohnt. Dass sein Vater zum Zeitpunkt der hier streitigen Behördenentscheidung arbeitslos gewesen sei - die Arbeitslosigkeit bestand ab März 2002, und er erhielt ab Juni 2002 ein Jahr Arbeitslosengeld und danach 1 Jahr lang Arbeitslosenhilfe - stehe dem Aufenthaltsrecht aus Art. 7 S. 1 ARB 1/80 nicht entgegen; der Europäische Gerichtshof habe im Verfahren Cetinkaya am 11.11.2004 entschieden, dass aktuelle Arbeitslosigkeit des „Stammberechtigten“ - hier also seines Vaters - ein Aufenthaltsrecht aus Art. 7 S. 1 ARB 1/80 nicht vernichte. Im übrigen habe sein Vater mittlerweile wieder Arbeit gefunden, wie sich aus einer Verdienstabrechnung für den Oktober 2004 ergebe. Damit seien - auch unter Berücksichtigung der Fiktionswirkung des § 69 Abs. 3 AuslG - alle Voraussetzungen des Art. 7 S. 1 ARB 1/80 erfüllt, und die Behörde dürfe das ihm zustehende assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht unter Hinweis auf die Arbeitslosigkeit seines Vaters verneinen.
Mit diesem Beschwerdevortrag hat der Kläger die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, die in diesem Zusammenhang (ARB 1/80) auf die Gründe des Ablehnungsbescheides verwiesen hat, ausreichend konkret in Frage gestellt; es spricht vieles dafür, dass trotz der (früheren) Arbeitslosigkeit des Vaters des Antragstellers für diesen ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht aus Art. 7 Abs. 1 ARB 1/80 zu bejahen ist.
Nach Art. 7 Abs. 1 ARB 1/80 haben „die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedsstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmers“, die - wie der Antragsteller - die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen, gegenüber den Arbeitnehmern aus den Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft nachrangig nicht nur ein Bewerbungsrecht auf Stellenangebote, sondern auch - aus diesem abgeleitet - entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (s. dazu zuletzt Urteil vom 11.11.2004 - C 467/02 - Cetinkaya, RdNr. 32; EuGH, Urteil vom 05.10.1994 - Eroglu, InfAuslR 1994, 385, Vorabentscheidung vom 17.04.1997 - Kadiman, InfAuslR 1997, 281; weitere Nachweise bei Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Ausländerrecht, Bd. 3 RdNr. 1 zu Art. 7 und Gutmann in GK-AuslG, RdNr. 80 zu Art. 7) - ein eigenständiges (assoziationsrechtliches) Aufenthaltsrecht, das der Ablehnung einer Aufenthaltserlaubnis nach nationalem Recht entgegensteht.
Was die nach Art. 7 Abs. 1 ARB 1/80 erforderliche Aufenthaltszeit des Antragstellers von 3 Jahren bei einem „dem regulären Arbeitsmarkt... angehörenden türkischen Arbeitnehmer“ angeht, so trifft es allerdings zu, dass der Vater des Antragstellers, der als „Stammberechtigter“ i.S.d. genannten Vorschrift allein in Betracht kommt, nicht in dem gesamten, für die Entstehung des Aufenthaltsrechts aus Art. 7 Abs. 1 1. Spiegelstrich ARB 1/80 maßgebenden Zeitraum von 3 Jahren erwerbstätig war; er wurde im März 2002 arbeitslos und blieb dies bis Oktober 2004, so dass von der Einreise des Antragstellers im Dezember 1999 aus gerechnet von der erforderlichen Zeit von drei Jahren nur zwei Jahre und vier Monate durch die väterliche Erwerbstätigkeit „gedeckt“ sind. Man könnte also durchaus wie die Ausgangsbehörde annehmen, dass die Arbeitslosigkeit des Vaters einer assoziationsrechtlichen Rechtsstellung des Antragstellers entgegensteht. Die von dem Antragsteller in diesem Zusammenhang zu seinen Gunsten angeführte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 11.11.2004 (aaO) ist für die hier liegende Fallkonstellation allerdings nicht einschlägig; sie stellt lediglich klar, dass ein Ausscheiden des Stammberechtigten aus dem Arbeitsmarkt (z.B. durch Verrentung) jedenfalls dann das Aufenthaltsrecht des Familienangehörigen nicht in Frage stellt, wenn dieses zuvor bereits erworben war (s. insbesondere RdNrn. 32 und 33 des Urteils), äußert sich aber nicht zu der Frage, ob diese Rechte bei (früherer) Arbeitslosigkeit des Stammberechtigten überhaupt erst entstehen können. Auch der Senat hat sich für die Fälle der Erwerbslosigkeit des Stammberechtigten bisher lediglich mit der Frage des Erlöschens des dem Familienangehörigen zustehenden Rechts, nicht aber mit seinen Entstehungsvoraussetzungen befasst (s. etwa Urteil vom 17.08.2000 - 13 S 950/00 -NVwZ-RR 2001, 134). Es wird damit im vorliegenden Fall im Hauptsacheverfahren darauf ankommen, ob der Begriff des „dem regulären Arbeitsmarkt angehörenden türkischen Arbeitnehmers“ für den zur Entstehung des Rechts aus Art. 7 Abs. 1 ARB 1/80 konstitutiven Zeitraum eine entsprechende Beschäftigung dieses Arbeitnehmers verlangt oder nicht. Diese Frage hält der Senat für bisher noch ungeklärt. Was Art. 6 ARB 1/80 angeht, so hat der EuGH zwar entschieden, dass der dort enthaltene (und mit Art. 7 ARB 1/90 gleichlautende) Begriff des „dem regulären Arbeitsmarkt angehörenden türkischen Arbeitnehmers“ mit dem daneben verwendeten Begriff der „ordnungsgemäßen Beschäftigung“ identisch sei (s. insbesondere EuGH, Urteil vom 26.11.1998 - C 1/97 -, Birden, InfAuslR 1999, S. 6, RdNr. 47 bis 54; Gutmann in GK-AuslR, RdNr. 63 bis 65 zu Art. 6 m.w.N.), so dass bei Übertragung dieser Grundsätze auf die hier zu behandelnde Vorschrift des Art. 7 Abs. 1 ARB 1/80 eine entsprechende konkrete ordnungsgemäße Beschäftigung des Vaters des Antragstellers jedenfalls in dem für die Entstehung des abgeleiteten Rechts des Antragstellers maßgebenden Drei-Jahres-Zeitraum verlangt werden könnte; auch bestimmt Art. 6 Abs. 2 S. 2 ARB 1/80 ausdrücklich, dass (auch unverschuldete) Arbeitslosigkeit für den Erwerb von Rechten aus Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 nicht positiv berücksichtigt wird. Andererseits ist aber zu bedenken, dass Art. 6 ARB 1/80 den Begriff der ordnungsgemäßen Beschäftigung sowie den Begriff der Zugehörigkeit eines Arbeitnehmers zum regulären Arbeitsmarkt enthält, während S. 1 des Art. 7 ARB 1/80 eine „ordnungsgemäße Beschäftigung“ des Stammberechtigten begrifflich nicht verlangt. Von diesem Ausgangspunkt aus ist es nicht abwegig anzunehmen, dass die Voraussetzung der Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt bei Art. 7 S. 1 ARB lediglich „die Gesamtheit der Arbeitnehmer (bezeichnet), die den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des betroffenen Staates nachkommen und somit das Recht haben, eine Berufstätigkeit in seinem Hoheitsgebiet auszuüben“ (so EuGH, Urteil vom 26.11.1998, aaO, RdNr. 51), ohne dass es zusätzlich auf eine konkrete (ordnungsgemäße) tatsächliche Beschäftigung des Stammberechtigten ankommt (vgl. auch OVG Berlin, Beschluss vom 25.09.1996 OVG 8 S 35/96, InfAuslR 1997, 190). Die Arbeitslosigkeit des Vaters des Antragstellers in dem hier relevanten Zeitraum von März 2002 bis zur Erfüllung des Dreijahreszeitraums im Juni 2002 würde dann die Entstehung eines eigenständigen Aufenthaltsrechts nicht hindern. Auch der in beiden Vorschriften (Art. 6 und Art. 7 ARB 1/80) verwendete Begriff des „Arbeitnehmers“ stünde einer solchen Auslegung nicht entgegen; dieser Begriff ist in Anlehnung an die Grundsätze des Gemeinschaftsrechts auszulegen (s. EuGH, Urteil vom 26.11.1998, aaO, RdNr. 23 m.w.N. und z.B. Ziff. 2.2 der „Allgemeinen Anwendungshinweise“ des Bundesministeriums des Innern zum Beschluss Nr. 1/80 vom 01.10./19.10.1998, InfAuslR 1999, S. 13), und nach den gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen endet die Arbeitnehmereigenschaft nicht bereits mit Arbeitslosigkeit, sondern bleibt bestehen, solange sich der Arbeitslose als Arbeitssuchender aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht berechtigt zum Zweck der Arbeitssuche weiterhin im Staat der bisherigen Beschäftigung aufhält (s. dazu Streinz, EUV/EGV, 2003, RdNr. 34 zu Art. 39 EGV). Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitnehmereigenschaft des Vaters des Antragstellers in dem hier streitigen Zeitraum ab März 2002 erloschen sein könnte (s. dazu Streinz, aaO; s. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.08.2000, aaO), sind hier nicht gegeben; ebenso wenig kann ein Ausscheiden aus dem regulären Arbeitsmarkt infolge dauerhafter Arbeitsunfähigkeit, Verrentung o.ä. angenommen werden.
10 
Es wird dem Hauptsacheverfahren vorbehalten sein zu prüfen, ob sich - neben der die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bisher prägenden Gleichsetzung der Begriffe „Zugehörigkeit zur regulären Arbeitsmarkt“ einerseits und „ordnungsgemäße Beschäftigung“ andererseits - einer nicht auf konkrete Erwerbstätigkeit des Stammberechtigten abstellenden Auslegung auch weitere, insbesondere systematische Argumente entgegenhalten lassen. So hat etwa der Europäische Gerichtshof - zwar im Zusammenhang mit Art. 7 S. 2 ARB 1/80, aber doch mit deutlichem Hinweis auf die dort enthaltenen Verbesserungen bei der Rechtsstellung bestimmter Gruppen Familienangehöriger - entschieden, eine aktuelle ordnungsgemäße Beschäftigung des Stammberechtigten noch zu dem Zeitpunkt, zu dem der Familienangehörige sein Recht auf Arbeitssuche geltend macht, könne bei dieser Vorschrift nicht verlangt werden (s. dazu auch Hailbronner, Ausländerrecht, D 5.4 RdNr. 37 b zu Art. 7; Gutmann in GK-AuslR, RdNr. 99 f. zu Art. 7). Wenn die für bestimmte Familienangehörige günstigere Vorschrift des Art. 7 S. 2 ARB 1/80 - anders als die hier einschlägige Vorschrift des Art. 7 S. 1 ARB 1/80 - ausdrücklich das Tatbestandsmerkmal der „ordnungsgemäßen Beschäftigung“ verlangt, so könnte dies u.U. auch in die Ausgangsvorschrift des Art. 7 S. 1 ARB 1/80 hineingelesen werden, zumal auch Art. 6 ARB 1/80 die Zugehörigkeit zum Arbeitsmarkt mit dem (strengeren) Tatbestandsmerkmal der ordnungsmäßigen Beschäftigung gleichsetzt. Auch wäre zu fragen, ob es in allen Fällen des Art. 7 Abs. 1 ARB 1/80 ausreicht, dass der betreffende Stammberechtigte dem Arbeitsmarkt noch angehört oder ob zusätzlich weitere Voraussetzungen - etwa der Erwerb einer Rechtsstellung nach Art. 6 ARB 1/80 und/oder über bestimmte Mindestzeiten hinaus andauernde entsprechende Beschäftigung - zu fordern sind. Da dem Vater des Antragstellers andererseits nur wenige Monate zu einer während der Anwesenheit des Antragstellers vollendeten dreijährigen ordnungsgemäßen Beschäftigung fehlen, wäre aber auch daran zu denken, diese Zeitspanne als zumutbare Arbeitssuche i.S.d. Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für den Fall des Berufswechsels für assoziationsrechtlich unschädlich zu halten (vgl. dazu die Nachweise bei Gutmann, aaO, RdNr. 78 f. und EuGH, Urteil vom 23.01.1997 - C 171/95 -, InfAuslR 1997, 146); in diesem Fall könnte offen bleiben, ob der Erwerb eines Rechts aus Art. 7 S. 1 ARB 1/80 von einer Beschäftigung des Stammberechtigten während des in der Vorschrift genannten gesamten Zeitraums abhängt oder nicht. Letztlich werden diese Fragen im Hauptsacheverfahren mit seinen spezifischen Aufklärungs- und Vorlagemöglichkeiten nach Art. 234 EGV bzw. Rechtsmittelregelungen (s. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu beantworten sein; das Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ist hierfür nicht vorgesehen und auch nicht geeignet (s. auch Kopp/Schenke, VwGO, 2003, RdNr. 164 zu § 80).
11 
Bei Annahme eines eigenständigen Aufenthaltsrechts des Antragstellers aus Art. 7 S. 1 ARB 1/80 wäre dieses auch nicht im Hinblick auf Art. 14 ARB 1/80 unbeachtlich. Art. 14 ARB 1/80 ist nicht nur bei einer Ausweisung, sondern auch bei der Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis einschlägig (vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss vom 15.07.1997 - 1 C 24.96, InfAuslR 1998, S. 4). Die Vorschrift stellt die aus Art. 6 oder Art. 7 ARB 1/80 erworbenen Rechte unter den Vorbehalt der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen. Erforderlich ist hierfür allerdings außer der Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, die jede Straftat darstellt, eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt; sie muss die konkrete Gefahr neuer erheblicher Störungen begründen (s. dazu BVerwG, Urteil vom 27.10.1978 - 1 C 91.76 -, BVerwGE 57, 61, Beschluss vom 15.05.1990 - 1 B 64.90 -, Buchholz 402.26 § 12 AufenthG/EWG Nr. 7; Kloesel/Christ/Häußer, aaO, RdNr. 5 zu Art. 14; EuGH, Urteil vom 10.02.2000 - 1 C 340/97 -, BayVBl.01, 13). Im vorliegenden Fall ist der Antragsteller zwar wegen einer Straftat zu einer nicht unerheblichen Haftstrafe verurteilt worden; diese wurde aber nach § 57 JGG zur Bewährung ausgesetzt. Das Urteil verneint - wenn auch kurz - Wiederholungsgefahr mit der Erwägung, der Antragsteller habe sich bereits durch die Untersuchungshaft „erkennbar beeindruckt“ gezeigt. Da tatsächliche Anhaltspunkte für eine Abweichung von dieser prognostischen Beurteilung des Strafgerichts für den Senat nicht ersichtlich sind, spricht viel dafür, dass die in Anlehnung an das Gemeinschaftsrecht (vgl. auch § 12 Abs. 4 AufenthG/EWG) assoziationsrechtlich erforderliche Wiederholungsgefahr auch ausländerrechtlich nicht angenommen werden kann (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.12.2000 - 11 S 304/00 -; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 16.11.2000 - 9 C 6/00 -, NVwZ 2001, 442 und Urteil vom 27.08.1996 - 1 C 8/94 -, NVwZ 1997, 116, 118). Hinzukommt, dass bei Annahme eines eigenständigen Aufenthaltsrechts aus Art. 7 S. 1 ARB 1/80 im Hauptsacheverfahren anders als bei nicht nach den genannten Vorschriften privilegierten Ausländern für die Beurteilung der angefochtenen Maßnahme wohl der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgebend sein wird (s. EuGH, Urteil vom 29.04.2004 - 1 C 482/01 - und - 1 C 493/01 -, InfAuslR 2004, 286 f. sowie BVerwG, Urteil vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -), so dass auch insoweit die Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis gegenüber dem in der Verfügung zugrundegelegten Sachverhalt strenger sein dürften als dies die Behörden gesehen haben.
12 
Dem von dem Antragsteller im Beschwerdeverfahren zusätzlich gestellten Antrag, ihm die Wiedereinreise in die Bundesrepublik Deutschland bis zur Beendigung des Verfahrens vor dem VG Karlsruhe (gemeint ist wohl: VG Stuttgart) über die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu gestatten, kommt gegenüber dem „eigentlichen“ Beschwerdeantrag (Ziff. 1 des Beschwerdebegründungsschriftsatzes) keine eigenständige Bedeutung zu; als eigener, selbständiger Antrag wäre er im übrigen nach den Grundsätzen der im Beschwerdeverfahren unzulässigen Antragserweiterung nicht statthaft (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.09.2004 - 12 S 1750/04 -, VBlBW 2004, 483).
13 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG n.F., wobei der Senat auch für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes den vollen Regelstreitwert angenommen hat, da es um die Aufrechterhaltung eines bereits durch Aufenthaltserlaubnisse erreichten Aufenthaltsstatus geht (s. auch Ziff. 1.5 und Ziff. 8.1 des überarbeiteten Streitwertkatalogs vom 07./08.2004).
14 
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Die Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2004 - 3 S 1407/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten dieses Verfahrens trägt der Antragsteller.

Gründe

 
Die als Anhörungsrüge gewertete Gegenvorstellung des Antragstellers vom 5. Januar 2005 gegen den ihm am 22. Dezember 2004 zugestellten Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2004 hat keinen Erfolg.
1. Zu Gunsten des Antragstellers geht der Senat aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG davon aus, dass dieser mit seiner „Gegenvorstellung“ - die insbesondere unter Berufung auf die angeblich fehlerhafte Auslegung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO sinngemäß auf Fortführung des Verfahrens abzielt - eine Anhörungsrüge erhoben hat. Da sich diese gegen eine Entscheidung richtet, gegen die gemäß § 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben ist, sie innerhalb der Zweiwochenfrist, schriftlich und durch einen Prozessbevollmächtigten gemäß §§ 152 a Abs. 2 Satz 5, 67 Abs. 1 VwGO beim Verwaltungsgerichtshof erhoben wurde, ist sie nach § 152 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO statthaft und zulässig.
Die Anhörungsrüge ist jedoch unbegründet und deshalb gemäß § 152 a Abs. 4 Sätze 2-4 VwGO durch unanfechtbaren Beschluss zurückzuweisen. Denn der Antragsteller hat auch nicht ansatzweise substanziiert dargelegt, dass der Senat seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt haben könnte. Die stattdessen vorgenommene Berufung auf eine angeblich fehlerhafte Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO kann der Anhörungsrüge nicht zum Erfolg verhelfen (vgl. § 152 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
Mit dem gemäß Art. 8 und Art. 22 Satz 2 des Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügengesetz vom 9.12.2004; BGBl. I S. 3220 <3223 f./3230>) am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen § 152 a VwGO hat der Gesetzgeber insbesondere in Umsetzung des Plenarbeschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 30. April 2003 (1 PBvU 1/02 = BVerfGE 107, 395 ff.) aus Gründen des Rechtsstaatsprinzips eine fachgerichtliche Abhilfemöglichkeit - nur - für den Fall geschaffen, dass ein Gericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt hat. Abgesehen von vergleichbar klar überprüfbaren Verstößen gegen Verfahrensgrundrechte, wie etwa einem Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, in denen möglicherweise eine analoge Anwendung des § 152 a VwGO in Betracht gezogen werden könnte (vgl. bzgl. § 321 a ZPO: BGH, Beschluss vom 19.5.2004 - IXa ZB 182/03 -, FamRZ 2004 S. 1278 f.), scheidet eine erweiternde Anwendung des § 152 a VwGO für sonstige, insbesondere materiellrechtlich begründete Fälle behaupteter „greifbarer Gesetzeswidrigkeit“ aus. Im Hinblick auf das Gebot der Rechtsmittelklarheit ist der Antragsteller insoweit auf die Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG i.V.m. §§ 13 Nr. 8 a, 90 ff. BVerfGG zu verweisen, mit deren Hilfe gegebenenfalls etwa Verstöße gegen das sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebende Willkürgebot korrigiert werden können. Mit der bewussten gesetzgeberischen Entscheidung im Anhörungsrügengesetz, ab 1. Januar 2005 nur in Fällen der Verletzung rechtlichen Gehörs dem entscheidenden Gericht die Möglichkeit der Selbstkorrektur einzuräumen (vgl. BT-Drs. 15/3966 vom 20.10.2004), wäre es unvereinbar, § 152 a VwGO als einen über seinen klaren Regelungsgehalt wesentlich hinausgehenden allgemeinen Rechtsbehelf gegen rechtskräftige verwaltungsgerichtliche Entscheidungen zu begreifen. Insoweit fehlt es an der für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke. Eine dergestalt in das Institut der Rechtskraft eingreifende Korrektur der eindeutigen gesetzgeberischen Entscheidung überschritte zudem die Befugnisse eines Fachgerichtes (vgl. BGH, Beschluss vom 19.1.2004 - II ZR 108/02 -, NJW 2004 S. 1531 f.).
2. Zu Gunsten des Antragstellers wurde sein Vorbringen als Anhörungsrüge gewertet und nicht als „sonstige Gegenvorstellung“. Denn eine solche wäre schon nicht statthaft und mithin (entsprechend § 152 a Abs. 4 Satz 1 VwGO) als unzulässig zu verwerfen. Insbesondere aus den dargelegten Gründen der Rechtsmittelklarheit und des Instituts der Rechtskraft ist ab 1. Januar 2005 neben der - abschließenden - gesetzlichen Regelung des § 152 a VwGO für sonstige außerordentliche Rechtsbehelfe bei unanfechtbaren verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen kein Raum.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Ein Ausländer, der rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, kann auf seinen Antrag eingebürgert werden, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist,
2.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen gefunden hat,
4.
sich und seine Angehörigen zu ernähren imstande ist und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet ist.

(2) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 2 und 4 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder zur Vermeidung einer besonderen Härte abgesehen werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.