Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 09. Okt. 2006 - A 2 K 10792/05

published on 09/10/2006 00:00
Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 09. Okt. 2006 - A 2 K 10792/05
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Tenor

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 14.09.2005 wird in Nr. 2 bis 4 aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt 1/3 der Kosten des Verfahrens, die Beklagte trägt 2/3 der Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf seiner Anerkennung als Asylberechtigter und der Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG.
Die Klägerin ist eine 13 Jahre alter afghanische Staatsangehörige. Sie gehört dem Volk der Punjabis und der Religionsgemeinschaft der Sikh an. Sie wurde im ... 1993 in der Bundesrepublik Deutschland geboren. Nach den Angaben ihrer Eltern reisten diese am 12.01.1993 in Begleitung ihrer heute 17 und 15 Jahre alten Brüder in das Bundesgebiet ein. Ihre Eltern stellten für sich, die Klägerin und ihre Brüder Asylanträge. Im Rahmen dieses Verfahrens wurden die Eltern der Klägerin durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am ... 1995 zu ihrem Begehren befragt. Als Gründe für ihre Flucht gaben sie an, dass sie nach der Übernahme der Macht durch die Mudjaheddin im Jahr 1992 wegen ihrer Religionszugehörigkeit nicht mehr sicher gewesen seien. Die Tempel seien zerstört oder umgewandelt worden. Es sei auch versucht worden, ihnen den moslemischen Glauben aufzuzwingen.
Mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom ... 1995 wurden die Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte abgelehnt. Es wurde ferner festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht vorliegen. Es wurde jedoch weiter festgestellt, dass für die Klägerin und ihre Familienangehörigen das Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG hinsichtlich Afghanistans vorliegt. Schließlich wurde festgestellt, dass weitere Abschiebungshindernisse nicht vorliegen. Zur Begründung der positiven Entscheidung zu § 53 Abs. 4 AuslG wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich das Abschiebungshindernis aus Art. 3 EMRK ergeben würde. Dies sei dann anzunehmen, wenn eine Abschiebung in ein umkämpftes Bürgerkriegsgebiet erfolgen würde, in dem nahezu jedermann jederzeit das Opfer von Kampfhandlungen werden könne. Dies sei hinsichtlich Afghanistans derzeit anzunehmen. Es gebe Kampfhandlungen zwischen den Mudjaheddin und den Taleban, ohne dass es vor diesen Handlungen wirksamen Schutz gebe. Eine von den Klägern gegen diesen Bescheid vor dem VG Sigmaringen erhobene Klage mit dem Ziel der Anerkennung als Asylberechtigte blieb ohne Erfolg (Urt. v. ...).
Am ... 2000 stellten die Eltern der Klägerin für sich, die Klägerin selbst und ihre Geschwister einen neuerlichen Asylantrag, den sie im Wesentlichen auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur quasi-staatlichen Verfolgung vom 10.08.2000 stützten. Während das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hinsichtlich der Eltern der Klägerin mit Bescheid vom 14.09.2001 die Durchführung weiterer Asylverfahren ablehnte, wurden die Klägerin und ebenso ihre Geschwister mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 13.09.2001 als Asylberechtigte anerkannt. Ebenso wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich Afghanistans vorliegen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Taleban als quasistaatliche Macht tauglicher Verfolger seien. Bei einer Gesamtbetrachtung verschiedener, für sich jeweils nicht verfolgungsbegründender Umstände drohe der Klägerin mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung durch die Taleban. Als erster gefahrerhöhender Umstand sei zu berücksichtigen, dass der Kläger durch das deutsche Bildungssystem und die Erziehung irreversibel westeuropäisch geprägt sei. Als weiterer gefahrerhöhender Umstand sei anzunehmen, dass er nicht muslimischen Glaubens sei, sondern der Religionsgemeinschaft der Sikhs angehöre. Schließlich sei weiter gefahrerhöhend zu berücksichtigen, dass die Klägerin als Punjabi nicht zur Mehrheitsvolksgruppe der Paschtunen gehöre.
Eine Klage der Eltern gegen den für sie ablehnenden Bescheid blieb ohne Erfolg, nachdem die zunächst ruhende Klage seit dem 21.04.2005 als zurückgenommen gilt, wurde dieses Verfahren eingestellt (VG Sigmaringen, B.).
Mit Schreiben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom ... wurden die Eltern der Klägerin zum beabsichtigten Widerruf seiner Asylberechtigung und der Feststellung zu § 51 Abs. 1 AuslG angehört. Sie äußerten sich dahingehend, dass ihrer Ansicht die allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan der beabsichtigten Entscheidung entgegenstehe.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom ... wurde die Anerkennung der Klägerin als Asylberechtigte widerrufen. Ebenso wurde die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, widerrufen. Weiter wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG ebenso wenig vorliegen wie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass zum Zeitpunkt des Ergehens des anerkennenden Bescheids davon auszugehen gewesen sei, dass die Klägerin wegen ihrer westlichen Prägung und ihrer Religionszugehörigkeit von den Taleban als Gegner betrachtet und verfolgt würde.
Eine politische Verfolgung drohe der Klägerin nun nicht mehr. Seit dem Ende der Herrschaft der Taleban habe sich die Situation in Afghanistan grundlegend geändert. Weder die westliche Prägung der Klägerin noch die Religionszugehörigkeit führe zu einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit der Verfolgung. Aus den gleichen Gründen könne auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 AufenthG mehr bestehen. Schließlich lägen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vor. Es gebe keine extreme Gefahrenlage für Rückkehrer. Die Sicherheitslage in Kabul sei fragil aber zufrieden stellend. Die ISAF unterstütze den afghanischen Staat bei der Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung. Auch die Versorgungslage in Kabul führe nicht zu einer extremen Gefährdungslage.
Gegen diesen am 21.09.2005 zur Post gegebenen Bescheid hat die Klägerin am 06.10.2005 Klage erhoben. Zu deren Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass es zwar richtig sei, dass die Taleban nun keine quasi-staatliche Macht mehr ausüben könnten. Ihr sei aber eine Rückkehr in die desolaten Verhältnisse seines Heimatstaates nicht zuzumuten.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom ... aufzuheben, hilfsweise, die beklagte Bundesrepublik Deutschland zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3, 7 AufenthG vorliegen.
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Die Beklagte beantragt schriftsätzlich unter Bezugnahme auf den angegriffenen Bescheid,
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die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin ist im Termin zur mündlichen Verhandlung kurz informatorisch gehört worden. Dabei gab sie an, Afghanistan nicht zu kennen. Neben Punjabi spreche er Englisch und Deutsch. Sie wolle in Deutschland bleiben. Sie sei als Sikh erzogen worden. Sie kenne jedoch nur Mitteleuropa.
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Die Beteiligten erklärten sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden.
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Die Erkenntnismittel aus der Erkenntnismittelliste Afghanistan (Stand 01.08.2006) wurden zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
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Dem Gericht lagen die Behördenakten vor. Auf diese wird ebenso wie auf die Gerichtsverfahrensakten wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Der Berichterstatter konnte aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten anstelle der Kammer entscheiden, vgl. § 87a Abs. 2 und 3 VwGO.
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Das Gericht konnte trotz des Ausbleibens von Beteiligten entscheiden, da diese in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO).
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Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Sowohl der Widerruf der Feststellung zu § 51 Abs. 1 AuslG als auch die Feststellung, dass kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG vorliegt, erweist sich als rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in eigenen Rechten. Nicht zu beanstanden ist hingegen der Widerruf der Anerkennung als Asylberechtigter, da diese Entscheidung rechtmäßig ist und daher die Klägerin nicht in eigenen Rechten verletzen kann (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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In diesem Rechtsstreit ist auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen (§ 77 Abs. 1 AsylVfG), was zur Folge hat, dass das AufenthG und das AsylVfG in der Fassung, die es durch das Zuwanderungsgesetz seit 01.01.2005 gefunden haben, zur Anwendung zu gelangen hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.02.2005 - 1 C 29/03 -, InfAuslR 2005, 339 ff.).
22 
Hinsichtlich des Widerrufs der Feststellungen zu § 51 Abs. 1 AuslG ist der Tatbestand der einschlägigen Ermächtigungsgrundlage des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht erfüllt.
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Nach dieser Norm sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Aufgrund dieser Vorschrift kann auch die Feststellung widerrufen werden, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, obwohl diese Vorschrift am 01.01.2005 außer Kraft getreten ist (vgl. VG Köln, Urteil vom 01.07.2005 - 18 K 7716/04A - ). Denn eine vor dem 01.01.2005 getroffene Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG bleibt trotz der Rechtsänderung als Verwaltungsakt wirksam. Sie ist nach diesem Zeitpunkt als Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG zu behandeln. Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, wonach es sich bei den in den §§ 73, 31 und 42 AsylVfG 2005 vorgenommenen Änderungen betreffend §§ 51 Abs. 1 und 53 AuslG lediglich um redaktionelle Änderungen handelt, die zur Anpassung an das Aufenthaltsgesetz erforderlich waren (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 110 ff.). Inhaltlich werden die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vom § 60 Abs. 1 AufenthG mit umfasst. Darüber hinaus ist für einen Widerruf auf der Grundlage des § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG 2005 neben dem nachträglichen Wegfall der für die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG maßgeblichen Umstände zusätzlich erforderlich, dass zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) auch die Voraussetzungen des mit einem weiteren Anwendungsbereich versehenen § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen.
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Voraussetzung für einen Widerruf nach § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG ist, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung nicht mehr vorliegen. Dies ist nur dann der Fall, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse so einschneidend und dauerhaft geändert haben, dass die Gefahr von Verfolgung im Herkunftsstaat nicht mehr besteht und der Betroffene ohne Verfolgungsfurcht heimkehren kann (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 16.03.2004 - A 6 S 219/04 -, NVwZ-RR 2004, 790).
25 
§ 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG entspricht seinem Inhalt nach der „Beendigungs-" oder "Wegfall-der-Umstände-Klausel" in Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 GFK, die sich ebenfalls ausschließlich auf den Schutz vor erneuter Verfolgung bezieht. Nach dieser Bestimmung fällt eine Person nicht mehr unter die Genfer Flüchtlingskonvention, wenn sie nach Wegfall der Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt. Diese Regelung aus Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 GFK findet hier auch Anwendung. (BVerwG, Urt. v. 01.11.2005 - 1 C 21/04 -, NVwZ 2006, 707 ff.).
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„Wegfall der Umstände" im Sinne von Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 GFK, auf Grund derer die Anerkennung erfolgte, meint - ebenso wie im Rahmen von § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG - eine nachträgliche erhebliche und nicht nur vorübergehende Änderung der für die Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse. Unter „Schutz" ist nach Wortlaut und Zusammenhang der erwähnten „Beendigungsklausel" ausschließlich der Schutz vor erneuter Verfolgung zu verstehen. Der Begriff „Schutz des Landes" in dieser Bestimmung hat nämlich keine andere Bedeutung als „Schutz dieses Landes" in Art. 1 A Nr. 2 GFK, der die Flüchtlingseigenschaft definiert. Schutz ist dabei bezogen auf die Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen der politischen Überzeugung. Da Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 GFK die Beendigung des Flüchtlingsrechts im Anschluss an Art. 1 A Nr. 2 GFK regelt, kann mit „Schutz" nur der Schutz vor Verfolgung gemeint sein. Diese „Beendigungsklausel" beruht nämlich auf der Überlegung, dass in Anbetracht von Veränderungen in dem Verfolgerland ein internationaler (Flüchtlings-) Schutz nicht mehr gerechtfertigt ist, da die Gründe, die dazu führten, dass eine Person zum Flüchtling wurde, nicht mehr bestehen und damit die Gründe für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und für den internationalen Schutz nachträglich weggefallen sind. Nach allem kann ein Ausländer nach Wegfall der Umstände, auf Grund deren er als Flüchtling anerkannt worden ist, es im Sinne von Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 GFK nicht mehr ablehnen, den Schutz des Staates seiner Staatsangehörigkeit wieder in Anspruch zu nehmen. Dazu muss allerdings feststehen, dass ihm bei einer Rückkehr nunmehr auch nicht aus anderen Gründen Verfolgung droht.
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Dagegen werden allgemeine Gefahren (z.B. auf Grund von Kriegen, Naturkatastrophen oder einer schlechten Wirtschaftslage) von dem Schutz des Art. 1 A Nr. 2 GFK nach Wortlaut und Zweck dieser Bestimmung ebenso wenig umfasst wie von Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 GFK (anders offenbar die UNHCR-Richtlinien zum internationalen Schutz: Beendigung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Art. 1 C (5) und (6) des Abk. von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 10. Februar 2003, NVwZ Beilage Nr. I 8/2003, S. 57 ff. wo u.a. eine „angemessene Infrastruktur" verlangt wird, „innerhalb derer die Einwohner ihre Rechte ausüben können, einschließlich ihres Rechtes auf eine Existenzgrundlage"). Ob dem Ausländer wegen allgemeiner Gefahren im Herkunftsstaat eine Rückkehr unzumutbar ist, ist beim Widerruf der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung mithin nach § 73 Abs. 1 AsylVfG nicht zu prüfen. Schutz kann insoweit nach den allgemeinen Bestimmungen des deutschen Ausländerrechts gewährt werden, so namentlich § 60 Abs. 7 Satz 2 und § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG (BVerwG, Urt. v. 01.11.2005 - 1 C 21/04 -, a.a.O.).
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Eine Änderung der Sachlage, welche dazu führen könnte, dass die Klägerin nunmehr nicht mehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG zu gegenwärtigen hätte, lässt sich zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung für die Kammer nicht feststellen. Damit ist der Tatbestand des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht erfüllt mit der Folge, dass die Feststellungen zu § 51 Abs. 1 AuslG nicht zu widerrufen sind.
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Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG darf ein Ausländer in Anwendung des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Diese Voraussetzungen liegen nach § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG bei sonstigen Ausländern, die im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebietes als ausländische Flüchtlinge i. S. des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind vor. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellt außer in den Fällen des § 60 Abs. 1 Satz 2 fest, ob die Voraussetzungen des Abs. 1 vorliegen (§ 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG). Die Voraussetzungen für eine Asylanerkennung nach Art. 16 a Abs. 1 GG einerseits und eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 1 AufenthG andererseits sind nur teilweise deckungsgleich, soweit es die Verfolgungshandlung, das geschützte Rechtsgut sowie den politischen Charakter der Verfolgung betrifft. Hinsichtlich dieser Kriterien umfasst das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 AufenthG alle Fallkonstellationen, die auch von Art. 16a Abs. 1 GG erfasst werden. Jedoch gehen die Regelungen des § 60 Abs. 1 AufenthG sowohl hinsichtlich der Verfolgungshandlungen als auch der Verfolgungssubjekte über den Schutz des Grundrechts auf Asyl hinaus. Nach § 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG kann eine Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG von dem Staat (lit. a)), Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen (lit. b)) oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter den Buchstaben a und b genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative (lit. c)). Nach § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG kann eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe auch dann vorliegen, wenn die Bedrohung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Freiheit allein an das Geschlecht anknüpft.
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Zwar ist es richtig, dass eine quasistaatliche Verfolgung durch Milizen der Taleban der Klägerin zumindest in weiten Teilen Afghanistans nicht mehr drohen kann, da die Taleban diese Machtposition in Folge der Militäroperationen in Afghanistan 2001 und Anfang 2002 verloren haben. Jedoch droht der Klägerin aus den gleichen Gründen wie zum Zeitpunkt der Anerkennung im Jahr 2001 heute eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure im Sinne des § 60 Abs. 1 Nr. 4 lit. c) AufenthG. Es ist nur ein Wechsel der Qualität des Verfolgungssubjekts eingetreten. Sowohl der Verfolgungsgrund als auch die Qualität der Gefährdung elementarer Rechtsgüter der Klägerin sind gleich geblieben. Damit hat sich die Verfolgungssituation im Vergleich zu der Situation bei Erlass des Statusbescheids nicht erheblich verändert mit der Konsequenz, dass der Tatbestand des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht erfüllt ist.
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Diese Feststellungen beruhen auf eine Bewertung der Lage der Hindus und Sikhs in Afghanistan durch die Kammer anhand der dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel.
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Die Lage der Minderheit der Hindus und Sikh in Afghanistan stellt sich für das Gericht bei Auswertung der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel wie folgt dar:
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Dr. D. führt in seinem Sachverständigengutachten für das VG Hamburg vom 25.01.2006 unter anderem aus:
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„In Afghanistan lebten während der Zeit des Präsidenten Najibullah - je nach Quelle - zwischen 130.000 bis 200.000 Hindus und Sikhs, d.h. sie waren die größte religiöse Minderheit im Land. Insgesamt leben heute in Afghanistan noch 1.500 - 2.000 Hindus und Sikhs. Nach meiner intensiven Recherche leben in Kabul heute ca. 1.000 -1.300 Hindus und Sikhs. In Kandahar, im „Shekarpour"-Bazar, leben heute ca. 45 Hindu-Familien, etwa 150 bis 200 Personen. Einst existierte hier eine große Hindu und Sikhgemeinschaft von mehreren tausend Menschen. Einige der heutigen Bewohner leben in Privathäusern und haben sich nach außen hin vollkommen assimiliert. Der Rest lebt im Tempel unter äußerst provisorischen Bedingungen, die sich von den Lebensverhältnissen in Kabul nicht unterscheiden. In Jalalabad, im Osten des Landes, leben ungefähr 85 Familien (ca. 400 Personen) in einem ehemaligen Schulgebäude der Hindus und Sikhs, um sich gegenseitig zu unterstützen. Auch hier lebten vor Jahren noch mehrere Tausend Hindus und Sikhs, meist Geschäftsleute. In Khost, ebenfalls im Osten Afghanistans, lebten einst 400 Hindu-Familien, eine Gemeinschaft von ca. 2400 bis 3000 Menschen. Heute sind es noch ca. 30 Familien (120-150 Personen), die im Viertel „Kalay-e Hindu" im Zentrum der Stadt leben. Schulen gibt es dort nicht mehr; die Hindu-Kinder werden nur von ihren Eltern in ihrer Religion unterwiesen und wachsen ansonsten als Analphabeten auf, so dass die wenigen verbliebenen Hindus eine Zukunft in den untersten Bereichen der Gesellschaft erwartet. Auch dort haben sich, ähnlich wie in Kabul, alle in den Tempel zurückgezogen und werden derart bedroht und drangsaliert, dass sie sich bewaffnet haben, um sich notfalls zu verteidigen. Viele von ihnen sind in den letzten Jahren in die Hauptstadt geflüchtet. Man kann davon ausgehen, dass diese Hindu-Gemeinde bald nicht mehr existieren wird. In den Städten Ghazni, Gardez und Kunduz im Norden leben insgesamt etwa 100-150 Personen. Nachdem die Regierung Karsai im Dezember 2001 die Macht in Kabul übernahm und den Minderheiten in Afghanistan religiöse Freiheiten und Rechte versprach, veranlasste dies etliche Hindus und Sikhs, die nach Indien geflüchtet waren, zur Rückkehr, in der Hoffnung, gleichberechtigte Bürger Afghanistans zu sein und ihr Eigentum an Häusern und Firmen zurückzubekommen. Gerade diese Rückkehrer wurden aber in jeder Hinsicht enttäuscht, als die religiöse und ethnische Verfolgung sich fortsetzte. Sie flüchteten nun abermals aus dem Land. Nur die Ärmsten der Armen, die nicht über die nötigen Fluchtmittel verfügten, blieben im Lande zurück. ...
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Zunächst möchte ich ausführen, dass die Hindus und Sikhs von der muslimischen Bevölkerung - und auch von der afghanischen Regierung - als Atheisten und Götzendiener betrachtet werden, In den Augen der Muslime sind sie damit „Unreine", weshalb sie auch keine Aufnahme in den für Muslime vorgesehenen Flüchtlingslagern finden können. Als einzige Zufluchtsmöglichkeiten für abgeschobene Hindus bleiben damit nur ihre noch im Lande befindlichen Tempelanlagen. Dort können sie dann ihr Leben in Isolation von der Allgemeinheit fristen. Bereits die Mujahedin hatten die Infrastruktur der Hindu- und Sikh-Gemeinden zerschlagen und den Großteil der einst einflussreichen Minderheit aus dem Land vertrieben. Schon nach 1992 waren bis auf wenige Menschen, die sich eine Flucht aus finanziellen Gründen nicht leisten konnten, praktisch alle afghanischen Hindus und Sikhs geflüchtet. Auch die Taleban betrieben nach ihrer Machtübernahme (Einmarsch in Kabul 1996; Beherrschung praktisch des ganzen Landes ab 1998) gegenüber den wenigen noch im Land verbliebenen Hindus eine äußerst restriktive Politik. Hindus und Sikhs mussten Zeichen an ihrer Kleidung tragen, um sie kenntlich zu machen und besser kontrollieren zu können. Während der Taleban-Herrschaft waren die Hindus und Sikhs sowohl religiös als auch ethnisch motivierter Verfolgung ausgesetzt: zum einen als „Gottlose" und „Götzendiener", die den extrem fundamentalistischen Taleban womöglich noch verhasster waren als den Mujahedin; zum anderen wurden sie von den paschtunischen Taleban, deren politisches Ziel die Wiederherstellung der alten paschtunischen Vorherrschaft in Afghanistan war, auch als ethnische Minderheit diskriminiert. Im ganzen Land waren nur einige hundert Familien verblieben, die weit verstreut lebten und versuchten, sich der afghanischen Bevölkerung anzupassen, um nicht aufzufallen. Speziell in Kandahar wurden Hindus und Sikhs derart drangsaliert, dass sie versuchten, sich zu assimilieren, afghanische Kleidung trugen und Pashtu sprachen. Wenn man heute solche Menschen trifft, kann man davon ausgehen, dass sie sich verleugnet haben, um ihr Leben zu retten. Bereits an dieser Stelle möchte ich vorwegnehmen, dass sich mit der Vertreibung der Taleban und dem Einsetzen der Karsai-Regierung die Lage der Hindus und Sikhs nicht entscheidend geändert hat. Während meiner jüngsten Reise zwischen dem 10.12. und dem 26.12.2005 habe ich mich intensiv mit der Lebenssituation und politischen Lage der Hindus und Sikhs, besonders in Kabul, beschäftigt. Dabei kam mir zu statten, dass ich die Stadt seit beinahe dreißig Jahren gut kenne und - speziell auf diese Thematik bezogen - den direkten Vergleich zwischen der „Blütezeit" der Hindu-Gemeinden in den 1980er Jahren und ihrer heutigen Lage ziehen kann. Kabul ist eine Stadt, in der traditionell die verschiedenen Ethnien bestimmte Wohnviertel bevorzugen, beispielsweise lebten seit Alters her im Westen mehrheitlich afghanische Schiiten. So stellten auch die Hindus und Sikhs in bestimmten Stadtgebieten traditionell die Mehrheit und besaßen dort ihre Tempel und Kultstätten. Viele der materiell gut gestellten Hindus und Sikhs waren Hausbesitzer und betrieben selbstständig größere oder kleinere Firmen oder waren im Handel tätig. Früher fand dort ein reiches kulturelles Leben statt. Die wohlhabenden Gemeinden waren auch in der Lage, eigene Schulen zu betreiben, an denen die junge Generation eine qualifizierte, staatlich anerkannte Ausbildung erhielt.
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Die materiellen Lebensverhältnisse der afghanischen Hindus und Sikhs sind heute dadurch gekennzeichnet, dass ihr Haus- und Grundbesitz enteignet wurde. Ihre einzige Zuflucht sind ihre ehemaligen Tempel in ihren alten Wohngebieten. Im Zuge meiner Recherchen suchte ich daher alle Viertel in der Hauptstadt auf, die traditionell von Hindus bewohnt wurden, wobei ich mich von zwei Hindu-Informanten begleiten ließ. In dem Viertel „Shur Bazar" im Süden Kabuls lebten von der Zeit Zahir Schahs bis zur Najibullah-Ära ca. 35.000 Hindus und Sikhs, die meisten aus der unteren und der Mittelschicht, darunter viele Ladenbesitzer. Heute ist es ein Armenviertel, in dem mehrere hunderttausend Menschen leben, jedoch praktisch keine Hindus und Sikhs mehr. Die Einwohner sind heute Muslime, unter ihnen viele ehemalige Mujahedin. Von der Hindu-Gemeinde ist im Straßenbild nichts mehr zu entdecken. Einst hatte es in diesem Viertel acht größere Tempel gegeben, Diese wollte ich aufsuchen, um festzustellen, ob in den Tempelbezirken noch Hindus lebten. Diese Tempel sind die einzigen Stellen, an die sich ein abgeschobener afghanischer Hindu wenden kann; abgesehen von der einmaligen 12-Dollar-Hilfe der UNO, die er als afghanischer Staatsangehöriger einfordern kann.
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Auf dem Gehweg zu einem der Tempel, der am Ende einer Gasse liegt, wurden wir von mehreren Mujahedin angehalten und angegriffen, da sie glaubten, wir kämen, um Ansprüche auf enteignete Häuser zu erheben. Insbesondere griffen sie meine Begleiter, zwei Hindus, tätlich an, beschimpften sie als Gottlose und verlangten zu wissen, was sie hierzu suchen hätten. Vor ihrem Angriff flüchteten wir in den Tempel, wo ich tatsächlich einige Hindu- und Sikh-Familien antraf. Auch in dem zweiten ehemaligen Tempel des Viertels leben noch wenige Personen. Von diesen Hindus im „Shur Bazar"-Viertel erhielt ich folgende Auskunft: Die ehemaligen Bewohner des Viertels seien fast alle nach Indien, manche auch nach Europa und Übersee geflüchtet. Von den einst acht Hindu-Tempeln sind vier so stark zerschossen, dass sie praktisch nur noch Ruinen darstellen. Trotzdem leben dort noch einige Familien. In zwei weiteren Tempeln leben auch einige Familien; die Mehrzahl der verbliebenen Hindus dieses Viertels konzentriert sich auf die vier Tempel, die ich aufsuchte. Doch auch diese sind durch den Krieg stark zerstört; ein Wiederaufbau hat bisher nicht stattgefunden.
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Die Tempel, in denen die Hindus und Sikhs nun zwangsweise leben, liegen durch die Kriegszerstörungen praktisch in Trümmern und sind völlig zerschossen. Wenige unzerstörte Räume ohne Türen und Fenster und ohne Einrichtung dienen den Bewohnern als Wohn- und Schlafräume, in denen einige zerfetzte Decken und ein paar Kochstellen die gesamte Ausstattung bilden. Besonders Frauen und Kinder sind sichtlich von Krankheiten und Mangelernährung gezeichnet. Man erklärte mir, die Menschen in dem von mir zuerst besuchten Tempel stammten aus der Stadt Khost, wo die Zustände so schlimm seien, dass sie in Kabul Zuflucht gesucht hätten, Die ca. siebzig Kinder, die im Tempel leben, wagen nicht, das Gelände zu verlassen, weil sie außerhalb ihrer Zuflucht von ihren muslimischen Altersgenossen beschimpft und mit Steinen beworfen werden.
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Teilweise leben dort auch verarmte muslimische Flüchtlinge, mit denen die Hindus sich wohl oder übel arrangieren müssen. In ihrer Blütezeit waren die Hindu-Tempel mit ihren prachtvollen Fassaden und ihrer herrlichen Ausstattung geradezu ein Symbol der afghanischen Kultur. Doch während der Jahre der Kämpfe - zwischen den Mujahedin und später während der Belagerung der Taleban - lagen die Tempel ständig in der Schusslinie, so dass ihre Architektur vollkommen zerstört wurde. Heute ist ihre Umgebung dazu noch unbeschreiblich schmutzig und offensichtlich die Abfallhalde der Nachbarschaft. Eine Kanalisation gibt es nicht; wenn es im Winter regnet, watet man dort zwanzig Zentimeter tief in stinkendem Schlamm. Die afghanische Regierung unternimmt nichts zu ihrer Restaurierung. Ich bin überzeugt davon, dass sie in wenigen Jahren nur noch Schutthaufen darstellen werden, die man abträgt, um neue Häuser für muslimische Afghanen zu bauen; dann wird dieses kulturelle Erbe unwiederbringlich verloren sein. In einem der Tempel sprach ich einen Familienvater direkt an und wollte von ihm wissen, wie seine Familie überlebe. Er gab mir folgende Auskunft, die auch für alle anderen Hindus gilt: „Ich hatte einen Gewürzladen im Bazar. Die Mujahedin haben ihn mir weggenommen, mich geschlagen und aus dem Bazar vertrieben. Ich hatte kein Geld, um aus dem Land zu fliehen, und musste hier bleiben. Inzwischen habe ich eine Frau und vier Kinder. Ich wohne in diesen Trümmern." Er zeigte mir einen Raum mit Betonboden, auf sich nur einige zerfetzte Decken, ein Gaskocher und etwas Blechgeschirr befand. Dort lebten sechs Personen. Seine Frau und seine Kinder wagten nicht, den Tempel zu verlassen. Über Tag hockten sie auf dem Hof, um sich in der Sonne zu wärmen. Auf die Frage, ob sie sich bei Nacht - bei Temperaturen bis minus zehn Grad - irgendwie wärmen könnten, lachte er nur. Sie hätten keine Möglichkeit, an Brennmaterial für ein Feuer zu kommen. Für genügend Brennholz müsste er das gesamte Geld, das er als Tagelöhner verdient, ausgeben. Nach dem Dunkelwerden werde trockenes Brot gegessen, und dann versuchten die Bewohner, ohne Licht und Wärme Schlaf zu finden. Auf Nachfrage erklärte er, manchmal finde er Arbeit als Tagelöhner, oft allerdings auch nicht. Wenn, dann verdiene er 100, mit Glück gelegentlich 150 Afghani am Tag (2 bzw. 3 Dollar) - für einen Arbeitstag von zwölf Stunden. Von diesem Geld könne er nur trockenes Brot für seine Kinder kaufen, damit sie wenigstens drei Mal am Tag etwas zu essen bekämen. Ganz selten gebe es Tee, der ein Almosen des Tempels sei. Fleisch, Obst, Gemüse, ja sogar Zucker für den Tee seien inzwischen Fremdwörter für sie. Auch er berichtete, von in- oder ausländischen Hilfsorganisationen hätten sie noch nie etwas gesehen. Seit drei Jahren appellierten die Hindus ständig an die Hilfsorganisationen, bekämen aber stets die Antwort, sie seien noch nicht an der Reihe. Manche gäben ihnen auch die zynische Antwort, sie seien doch Hindus, daher solle Indien ihnen helfen.
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Zusammenfassend ist festzustellen, dass nicht einmal die Versorgung der Hindus und Sikhs mit einem existenziellen Minimum an Lebensmitteln gesichert ist. Weder der Staat noch ausländische Hilfsorganisationen gewähren den Hindus und Sikhs die geringste Unterstützung. Die Tempel versuchen ihre Gemeindemitglieder, durch Mittel aus Almosen zu unterstützen, doch diese sind sehr gering und retten die Bewohner kaum vor dem Verhungern. Offensichtlich ist es die Politik der afghanischen Regierung, das Problem zu ignorieren und darauf zu warten, dass sich die Hindu-Frage sozusagen auf „demographische" Weise von selbst löst, indem die Mischung aus offiziellem Ignorieren, gesellschaftlicher Diskriminierung und kultureller und religiöser Unterdrückung die Hindus zwingt, sich entweder vollkommen anzupassen oder das Land zu verlassen. Wenn diese Entwicklung nicht gestoppt wird, ist wahrscheinlich, dass die Hindus als eigenständige Minderheit in Afghanistan innerhalb weniger Jahre ausgelöscht sein werden. Insgesamt sind die Bedingungen, unter denen die Hindus und Sikh in ihren ehemaligen Tempeln leben, so katastrophal, dass eine Abschiebung in der Tat - so das Kriterium deutscher Gerichte - bedeuten würde, Rückkehrer „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen [auszuliefern]".
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Die Hindus und Sikhs in Afghanistan sind auch einer expliziten Diskriminierung ausgesetzt, die eindeutig zum Ziel hat, sie als religiöse und kulturelle Minderheit innerhalb kürzester Zeit auszulöschen, ihre Schulen sind geschlossen. Hindus berichteten mir, sie hätten sich nach dem Antritt der Regierung Karsai an das Bildungsministerium gewandt und gebeten, wieder eigene Schulen für ihre Kinder einzurichten und mit Finanzen und Lehrern auszustatten; jedoch ohne die geringste Reaktion. Darüber hinaus haben die Hindus und Sikhs keinerlei theoretische oder praktische Möglichkeit, ihren während der Herrschaft der Mujahedin und der Taleban enteigneten Besitz zurück zu erlangen. Um den Hindus und Sikhs ihre Lebensgrundlage zu entziehen, hatten bereits die Mujahedin eine systematische Enteignungspolitik betrieben. Mujahedin- Kommandanten eigneten sich die Firmen, Läden und Privathäuser der Sikhs und Hindus an. Seitdem war es ihnen weder unter der Mujahedin-Herrschaft noch seit dem Amtsantritt der Regierung Karsai möglich, ihr Eigentum zurückzuerhalten. Daher leben heute die wenigen Hindus und Sikhs, die in Afghanistan verblieben sind, so gut wie ausschließlich in den ehemaligen Tempelbezirken ihrer Gemeinden. Sie müssen also ein Leben in der Isolation führen. Über die Enteignungen unmittelbar nach der Machtübernahme der Mujahedin berichteten mir einige alt eingesessene muslimische Händler im Geldbazar „Saray~e Schazdeh", der einst von Hindus dominiert wurden. Als die Mujahedin kamen, überfielen sie den Geldbasar, trieben Hunderte von Hindus zusammen, schlugen sie und konfiszierten ihre Läden und ihr Eigentum. Ihre Geschäfte wurden von Mujahedin übernommen, die dort heute als Händler sitzen und sich als „Ehrenmänner" geben und begreifen. Die Hindus haben keinerlei Aussicht, ihren Besitz zurück zu bekommen. Einige Beispiele sollen belegen, dass - anders, als die Hindus nach dem Amtsantritt der Karsai-Regierung gehofft hatten - auch die heutige Regierung nicht bereit ist, die Enteignungen der Mujahedin- und Taleban-Zeit rückgängig zu machen. Am 11.12.2005 traf ich im Laden eines der Bazarhändler, der mir Auskünfte gegeben hatte, zufällig einen Hindu. Er berichtete mir, sein Haus im Viertel „Ka!a-e Fatullah" sei von dem ehemaligen Handelsminister Mostafa Kazemi konfisziert worden. Er habe sogar gewagt, vor Gericht zu gehen. Gerade heute Morgen sei der Prozess zu Ende gegangen, und das Gericht hätte dem Minister das Haus zugesprochen. Dieser Kazemi war einer der wichtigsten Männer im Kabinett von Karsai und hat noch heute als Parlamentsabgeordneter eine wichtige Position. Dieser Kazemi ist eine so wichtige Person, dass er bei der Petersberg-Konferenz zur Neuordnung Afghanistans im Dezember 2001 wichtige Fäden im Hintergrund zog.
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Ein weiteres Beispiel aus Kabul: Der Sikh Rawinda Singh erklärte mir, er habe ein Haus in Kart-e Parwan besessen. Dieses sei vor zehn Jahren von einem bekannten Mujahedin-Kommandanten aus der Umgebung von Ahmad Schah Masud namens Gajum Somorod beschlagnahmt worden. Ihn und seine Familie habe man aus dem Haus vertrieben, geschlagen und mit dem Tod bedroht. Dieser Gajum sei später durch Kämpfe zwischen den Mujahedin-Fraktionen zu Tode gekommen. Heute lebe dort dessen Bruder, ein wichtiger Mann der Karsai-Regierung. Einmal habe er gewagt, Anspruch auf sein Haus zu erheben; doch der heutige Besitzer habe ihn mit dem Tod bedroht, wenn er noch einmal wagen würde, sein Eigentum zu beanspruchen.
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Einige Hindus erklärten, vor etwa einem Jahr hätten sie eine Delegation, die bei der Regierung vorstellig wurde und die Rückgabe ihres konfiszierten Eigentums verlangte. Doch man schickte sie nur in das Viertel „Shur Bazar" zu den Ältesten der Moscheen, die angeblich darüber entscheiden konnten. Dort jedoch begegneten sie nur bewaffneten Mujahedin, die ihnen mit dem Tod drohten, falls sie nicht verschwänden. In ihrer Religionsausübung werden die Hindus und Sikhs ebenfalls massiv behindert. Nach der Machtübernahme der Mujahedin mussten die Hindus miterleben, wie viele ihrer Tempel entweiht wurden. Beispielsweise benutzten die Mujahedin unter Präsident Rabbani einen Tempel in Kabul lange als militärischen Stützpunkt der „Schoray-e Nezar", des militärischen Arms der „Djamiat-e Islami'-Partei; zur großen Empörung der Hindus, die ihr Gotteshaus entweiht sahen. Bezeichnend, dass heute neben mehreren Hindu-Tempeln große Moscheen stehen. Diese haben ihre Lautsprecher so auf die Hindu-Tempel ausgerichtet, dass diese ständig mit den Gebetsrufen beschallt werden - eine interessante Mischung zwischen Bekehrungsversuch und Psychoterror. Nur noch in dem Tempel von Kart-e Parwan werden noch religiöse Zeremonien durchgeführt, allerdings möglichst verstohlen, um nicht die Aufmerksamkeit der muslimischen Umgebung auf sich zu ziehen, während noch in der Najibullah-Zeit die religiösen Feste öffentlich und mit großem Prunk begangen wurden.
44 
Die Bewohner von „Kart-e Parwan" berichteten, unter Najibullah hätten sie eine Verbrennungsstätte außerhalb des Stadtgebiets gehabt, im Süden von Kabul im Viertel „Kalatsche". Doch die dortige, muslimische Bevölkerung gestatte ihnen heute nicht mehr, ihre Toten dort zu verbrennen. Mehrmals hätten sie dies versucht, doch sie wären geschlagen und von dem Areal vertrieben worden. Auf Beschwerden beim Innenministerium erklärte man den Hindus und Sikhs, sie sollten Polizeischutz für ihre Zeremonien anfordern. Sie mussten jedoch erleben, dass die Polizei nicht auftauchte und sie - unter Mitnahme ihrer toten Angehörigen - vor eine aufgebrachten muslimischen Menge flüchten mussten.
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Da die Regierung ihnen keinen Ersatz zur Verfügung stelle und ihr Anliegen ignoriere, hätten sie sonst nur die Möglichkeit, ihre Toten in Pakistan oder insgeheim irgendwo in Afghanistan zu verbrennen, ein beschwerliches und teures Unternehmen. Daher seien sie darauf angewiesen, ihre Toten im Tempel von Kart-e Parwan zu verbrennen, ein Verfahren, das im Übrigen ihren religiösen Geboten widerspricht. Doch sogar dies sei ihnen offiziell verboten. Die Menschen, die ihnen ihre Häuser geraubt hätten, ließen dies nicht zu. Einer davon sei der ehemalige Verteidigungsminister Fahim. Er habe ihnen gedroht, ihren Tempel zerstören zu lassen, wenn sie noch einmal eine Verbrennung dort abhielten. Nicht einmal diese Zeremonie, die in ihrer Religion von zentraler Bedeutung ist, können die Hindus also in Afghanistan abhalten. Ich suchte die ehemalige Verbrennungsstätte im Süden von Kabul auf und befragte die Anwohner. Diese bestätigten mir die Berichte. Hindus und Sikhs sind also eindeutig religiöser Diskriminierung ausgesetzt, die sie daran hindert, ihre religiösen Riten auszuüben und deren Ge- und Verbote einzuhalten.
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Am bedeutsamsten jedoch für die fortgesetzte Existenz der Hindus und Sikhs als kulturell eigenständige Minderheit und für ihr Überleben in der Zukunft ist jedoch die Politik, die in Afghanistan gegenüber der jungen Generation betrieben wird. Ganz abgesehen von dem humanitären Aspekt des Leidens der Kinder wird hier systematisch versucht, sie von jedem Zugang zu Bildung fernzuhalten. Der Druck auf die Gemeinden geht sogar bis zur Zwangsbekehrung von Kindern. Insgesamt befinden sich in Kabul noch ca. 120 Hindu- und Sikh-Kinder. Sie sind schwer traumatisiert, völlig verängstigt und fürchten sich, das Gelände ihrer Tempel zu verlassen, um nicht von den muslimischen Kindern drangsaliert und geschlagen zu werden. Die Hälfte von ihnen besucht die so genannte Hindu-Schule. Diese ist allerdings nicht staatlich anerkannt; die Kinder werden dort nur in Religion und in ihrer eigenen Sprache unterrichtet. Die Schule hat kaum Einrichtung und Lehrmittel und nur eine einzige Klasse für Kinder von 6 bis 12 Jahren. Die Regierung stellt weder Gelder noch Lehrer. Die Hindu-Gemeinde ist, wie der Schuldirektor erklärte, nicht mehr in der Lage - w ie in ihrer Blütezeit unter Najibullah - , aus eigenen Mitteln für die Schulausbildung der Kinder zu sorgen. Für ihr Leben in Afghanistan können die Kinder mit dieser Schulbildung nichts anfangen; in der afghanischen Sprache sind sie dennoch Analphabeten und erlangen keinen Schulabschluss. Diese einzige Schule befindet sich in Kart-e Parwan. Der so genannte Direktor, Otar Singh - der einzige Lehrer - erklärte, vor zweieinhalb Jahren seien einmal Vertreter von zwei NGOs dort gewesen und hätten ihnen zugesagt, beim Erziehungsministerium vorstellig zu werden, damit ihnen geholfen werde. Doch auf Hilfe warteten sie bis heute. „Es ist eine Lüge, wenn die UNO oder andere erzählen, sie hätten uns geholfen", sagte er wörtlich. Seiner Einschätzung nach sei es die Politik der Regierung, die Hindus so unter Druck zu setzen, dass sie entweder das Land verließen, oder die nächste Generation sich vollkommen assimiliere. Damit sei dann für die Afghanen das Problem gelöst. In den letzten zwei Jahren seien seiner Kenntnis nach in Kabul sieben Hindu-Kinder verhungert. Die Kinder in den anderen Vierteln haben nicht einmal Zugang zu dieser Schule, da sie nicht die Möglichkeit haben, den weiten Weg dorthin zurückzulegen. Familien haben auch immer wieder versucht, ihre Kinder in die muslimischen Schulen einzuschulen, um sie nicht als Analphabeten aufwachsen zu lassen. Doch dort wurden sie geschlagen, als Gottlose beschimpft und gezwungen, am Koranunterricht teilzunehmen. Die staatlichen Schulen versuchten ganz offen, sie zum Islam zu bekehren.
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Zusammenfassend lässt sich also zu Ihrer Frage 5 Folgendes festhalten: In der Tat erreicht die religiös motivierte Verfolgung von Hindus und Sikhs im heutigen Afghanistan asylrelevante Intensität. Hindus und Sikhs sind in ihrer Religionsausübung und kulturellen Identität in einem derartigen Ausmaß eingeschränkt, dass ihre Existenz als eigenständige Minderheit akut bedroht ist. Insbesondere muss der häufig getroffenen Einschätzung des Bundesamts widersprochen werden, die Regierung Karsai sei in der Lage oder bereit, Schutz vor nichtstaatlicher Verfolgung zu gewährleisten. An verschiedenen Punkten - keine Zurückerstattung enteigneten Besitzes, Verbot religiöser Zeremonien, Verweigerung der Unterstützung der Gemeinden in ihren Bildungsbestrebungen, Zwangsbekehrungen mit Rückendeckung der staatlichen Justiz usw. -wurde nachgewiesen, dass die Regierung Karsai die Hindu- und Sikh-Minderheit nicht nur nicht schützt, sondern sich aktiv an ihrer Verfolgung beteiligt. Insofern kann man für die Hindu- und Sikh-Minderheit tatsächlich von einer nichtstaatlichen wie einer staatlichen oder zumindest doch staatlich sanktionierten Verfolgung sprechen. Gegen diese und gegen gezielte Diskriminierungen und Behinderungen haben die Hindus keinerlei Möglichkeit, sich zu wehren, weder individuell noch durch Appelle an den Staat oder auf juristischem Wege.“
48 
Das Auswärtige Amt kommt in seinem Lagebericht vom 13.07.2006 zu folgender Einschätzung (S. 22 f.):
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„Nach offiziellen Schätzung en sind etwa 84 % der afghanischen Bevölkerung sunnitische Muslime, ca. 15 % schiitische Muslime. Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften (wie z. B. Sikhs, Hindus, Christen) machen nicht mehr als einen Prozent der Bevölkerung aus.
50 
Artikel 2 der neuen afghanischen Verfassung bestimmt in Absatz 1, dass der Islam Staatsreligion Afghanistans ist. Absatz 2 der Vorschrift räumt Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften das Recht ein, im Rahmen der Gesetze ihren Glauben auszuüben und ihre religiösen Bräuche zu pflegen. Somit gibt es in Afghanistan das Recht auf freie Religionswahl und -ausübung. Dieses Recht steht unter einem Gesetzesvorbehalt. Er ist nach Kenntnis der Auswärtigen Amts bislang nicht konkretisiert worden. Am 17.09.2003 hat Präsident Karzai die Einsetzung eines islamischen religiösen Rates (Shura) per Dekret genehmigt. Die Shura, in der Religionsgelehrte aller Provinzen vertreten sein sollen, umfasst rund 2.600 Mitglieder. Die Religionsgelehrten sollen dafür Sorge tragen, dass die Gebote des Islam eingehalten werden und insbesondere auch der Propaganda entgegenwirken, die zum Heiligen Krieg gegen die Übergangsregierung aufruft. Bislang ist dieser Rat lediglich mit der Ausarbeitung einer Resolution in Erscheinung getreten, in der die einflussreichen Religionsgelehrten aufgerufen werden, die Übergangsregierung zu unterstützen. Im Religionsministerium wurde eine Abteilung zur "Überwachung der Einhaltung religiöser Vorschriften" mit fünf Unterabteilungen (Ursprung islamischer Wissenschaften, "Einladung zum Islam und Hinweisung", soziale Reformen, Erkennen von Unglauben sowie "Einladung zum Islam und Hinweisung für Frauen") gegründet. Die Abteilung verfügt nicht über polizeiliche Befugnisse. Als Schwerpunkt der Abteilung sieht diese selbst die grundlegende Information von Bürgern über Fragen der Hygiene, des Umweltschutzes, des Zusammenlebens in der Familie u. a. wie auch die Rechte und Pflichten in der Gesellschaft auf der Grundlage des Islam. Als Leitlinie wurde zudem die Verhinderung der Diskriminierung von Frauen und Ermutigung zu ihrer Fortbildung und stärkerer Teilnahme an der Gesellschaft genannt.
51 
Die früher in Kabul lebende Hindu- und Sikh-Minderheit (zusammen deutlich unter ein Prozent der Bevölkerung) gibt sich gegenwärtig praktisch nicht zu erkennen. Nach Angaben einer indischen Nachrichtenagenturleben etwa 5.000 Hindus und Sikhs in Afghanistan. Nach Auskunft der indischen Botschaft in Kabul sind dort keine Fälle von religiöser Verfolgung von Sikhs oder Hindus anhängig. Die unter der Talibanzeit zerstörten Tempelanlagen sind nach deren Auskunft wieder voll funktionstüchtig. Nach Auskunft der "Stiftung für Kultur und Zivilgesellschaft", die sehr enge Beziehungen in die afghanische Hindu-Gemeinde unterhält, gibt es Fälle von Diskriminierung gegen Hindus. Die Handlungen richten sich gegen die Ausübung der religiösen Sitten und Gebräuche der Hindu-Minderheit.
52 
Hindus werden auch Opfer illegaler Landnahme. Häuser und Grundstücke werden von Kommandeuren und deren bewaffneter Gefolgschaft besetzt. Dem Auswärtigen Amt sind zudem Fälle bekannt, in denen Hindus illegal von einzelnen Kommandeuren aus ihren Häusern vertrieben wurden, bzw. nach ihrer Rückkehr aus dem Ausland nicht ihren rechtmäßigen Grundbesitz erhalten haben. Diese illegale Landnahme geht nicht selten einher mit massiven Einschüchterungen gegen die rechtmäßigen Eigentümer. Hierbei handelt sich allerdings nicht um ein spezifisch gegen Hindus gerichtetes Phänomen. Auch andere Bevölkerungsgruppen sind davon betroffen. Hindu-Rückkehrer kommen häufig nur in den noch existierenden Hindu-Tempeln unter und leben unter äußerst schwierigen Bedingungen. Ursache dafür ist nach Angaben der "Stiftung für Kultur und Zivilgesellschaft" der Umstand, dass die meisten Hindus ihre Häuser und Geschäfte verloren haben. Im Oktober 2005 verlief in Kabul das neuntägige Hindu-Fest Navrata, das in den Tempeln der Stadt gefeiert wurde, nach Meldung der „Hindustan Times Indo-Asian News Service Kabul“ hingegen ohne Zwischenfälle.“
53 
Dr. D. gab hierzu als Sachverständiger befragt in einem Verfahren vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof am 27.04.2006 an, dass er sich mit Hindus nicht konkret über dieses Navrata-Fest, aber über die religiösen Zeremonien im Allgemeinen gesprochen habe. Er habe festgestellt, dass bestimmte religiöse Handlungen nur noch in einem Tempel in Kart-e-Parwan durchgeführt werden dürften. Ein im Süden Kabuls benutztes Haus dürfe auf behördliche Anordnung nicht mehr benutzt werden. Auch in Kart-e-Parwan dürften zwischenzeitlich auf Betreiben des ehemaligen Verteidigungsministers Fahim Verbrennungsriten nicht mehr durchgeführt werden.
54 
Aus diesen Angaben zur Situation der Hindus und Sikh in Afghanistan lässt sich zur vollen Überzeugung des Gerichts erkennen, dass die Lage dieser religiösen Minderheiten in Afghanistan sehr ernst ist. Ihre Diskriminierung ist gesellschaftlich nicht nur nicht geächtet, sondern offenkundig der Wille der Mehrheit der afghanischen Bevölkerung. Hier sind die fundamentalistischen Kreise und auch die Anhänger der Taleban, die in Afghanistan langsam wieder am Erstarken sind, in erster Linie als potenzielle Verfolger im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 4 lit. c) AufenthG zu nennen. Dennoch ergeben die Auskünfte, dass die Hindus und Sikh als solche wohl nicht allein wegen ihrer Religionszugehörigkeit mit einer Verfolgung zu rechnen haben. Insoweit unterscheidet sich die Situation nicht von derjenigen zum Zeitpunkt der Anerkennung der Klägerin. Jedoch führt die westliche Prägung der Klägerin und ihre fehlenden Dari- oder Pashtu-Kenntnisse weiterhin, wie auch zum Zeitpunkt des Ergehens des Statusbescheids im Sommer 2001, dazu, dass sie in besonderer Weise aus dem Kreis der diskriminierten Minderheit heraus sticht und somit in besonderer Weise ein sich anbietendes Opfer für erheblichen Diskriminierungen und Übergriffe gegen Leib oder Leben darstellt. Der Umstand, dass sie eine junge Frau ist, kommt angesichts des geschlechtlichen Rollenverständnisses der Taleban zu der westlichen Prägung der Klägerin erschwerend als erheblich gefahrerhöhend hinzu. Die westliche Prägung der Klägerin ist in den vergangenen fünf Jahren selbstverständlich erweitert und vertieft worden. Damit fehlen ihr die Fähigkeiten und Kenntnisse, sich so zu verhalten, dass sie nicht in besonderer Form aus der kleinen Anzahl der Punjabis heraus stechen wird und damit vermeidet, zu einer einfachen, weil besonders schwachen Zielscheibe der Fundamentalisten zu werden. Würde sie über Sprachkenntnisse und Wissen um landestypische Gepflogenheiten verfügen, so könnte er sich vermutlich so verhalten, dass sie weitere als die leider typischen Diskriminierungen vermeiden könnte. Dann wäre es zumindest nicht mehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten, dass ihr im Falle der Rückkehr schwerwiegende Rechtsgutsverletzungen wegen ihrer Religions- und Volkszugehörigkeit drohten.
55 
Auch die weiteren Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Satz 4 lit. c) AufenthG sind erfüllt. Aufgrund der allgemein bekannten Probleme hinsichtlich der Sicherheitslage in Afghanistan und selbst in Kabul ist es offenkundig, dass derzeit niemand in der Lage ist, einer zahlenmäßig verschwindend kleinen Minderheit effektiven Schutz vor Übergriffen durch private Dritte zu bieten.
56 
Damit droht der Klägerin aus den selben Gründen wie schon 2001 weiterhin Verfolgung. Sie droht ihr auch durch die im Wesentlichen gleichen Kreise mit dem einzigen Unterschied, dass es sich nunmehr nicht mehr um staatliche oder quasistaatliche Machthaber handelt. Die Begründung der beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit ist unverändert geblieben. Diese Umstände rechtfertigen einen Widerruf der Entscheidung zu § 51 Abs. 1 AuslG nicht.
57 
Aufzuheben ist auch die negative Feststellung zu Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG. Dieser Entscheidung steht die bestandskräftige positive Entscheidung zu § 53 Abs. 4 AuslG entgegen, welche für die Klägerin immer noch wirkt. Diese ist offenkundig seitens des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge übersehen worden. Diese kann nur über die Vorschriften des § 73 Abs. 3 AsylVfG aufgehoben werden. Eine Umdeutung der negativen Feststellungsentscheidung in eine Entscheidung nach § 73 Abs. 3 AsylVfG kommt hier nicht in Betracht. Eine Umdeutung ist nach § 47 Abs. 1 VwVfG nur dann möglich, wenn der Verwaltungsakt auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.
58 
Im konkreten Fall ist zunächst festzustellen, dass über den Widerruf nach § 73 AsylVfG der Leiter des Bundesamtes oder ein von ihm beauftragter Bediensteter zu entscheiden hat, § 74 Abs. 1 AsylVfG. Ausweislich Behördenaktenseite 12 wurde übersehen, dass der Kläger auch bereits im Bescheid vom 12.07.1995 begünstigt worden ist. Daher fehlt es an einer Beauftragung im Sinne des § 73 Abs. 4 AsylVfG bezogen auf die Feststellung nach § 53 Abs. 4 AuslG zugunsten der Klägerin. Diese wird insoweit nur für ihre Eltern ausgesprochen. Damit ist eine Umdeutung der negativen Feststellung in einen Widerruf im vorliegenden Fall bereits ausgeschlossen, da der Widerruf von der erlassenden Behörde nicht in der geschehenen Verfahrensweise rechtmäßig hätte erlassen werden können. Zwar kommt der Regelung des § 73 Abs. 4 AsylVfG eine bloße Ordnungsfunktion zu, welche dem Ausländer keine subjektiven Rechte vermitteln kann (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 12.10.2004 - 8 LA 228/04 -, juris; VG Sigmaringen, Urt. v. 02.12.2003 - A 4 K 11498/01 -, juris). Jedoch kann eine Umdeutung eines fehlerhaften Verwaltungsaktes nur in einen rechtmäßigen Verwaltungsakt erfolgen. Der Maßstab ist damit ein anderer. Eine Umdeutung ist nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm nur dann zulässig, wenn der Verwaltungsakt rechtmäßig hätte erlassen werden können, also dem objektiven Recht entspricht. Eine Umdeutung eines fehlerhaften Verwaltungsaktes in einen „weniger fehlerhaften“ Verwaltungsakt, der zumindest die Rechte des Betroffenen nicht verletzt, ist nicht möglich. Dem steht schon die Bindung an Gesetz und Recht entgegen. Zumindest ist das Vorliegen eines objektiv rechtmäßigen Verfahrens nach dem Wortlaut des § 47 Abs. 1 VwVfG Voraussetzung für die Möglichkeit zur Umdeutung.
59 
Als rechtmäßig erweist sich hingegen der Widerruf der Asylberechtigung der Klägerin.
60 
Die formellen Voraussetzungen für einen Widerruf nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG liegen vor.
61 
Es liegt kein beachtlicher Verstoß gegen die in § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG geregelte Pflicht zum unverzüglichen Widerruf vor. Dabei kann die Frage, ob das Bundesamt aufgrund der Auskunftslage die den Kläger begünstigende Feststellung früher hätte widerrufen können, dahingestellt bleiben. Soweit die Entscheidung über den Widerruf im vorliegenden Fall nicht im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG „unverzüglich“ nach Wegfall der Voraussetzungen der Feststellung erfolgt ist, verletzt dies den Kläger jedenfalls nicht in seinen Rechten, da diese Regelung nicht seinem Schutz dient. Diese Vorschrift ordnet lediglich das Widerrufsverfahren. Mit ihr soll erreicht werden, dass Statusentscheidungen nach § 31 AsylVfG ohne Verzögerung widerrufen werden, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Die rasche Beendigung der nicht mehr gerechtfertigten privilegierten Stellung liegt im öffentlichen Interesse. Eine andere Bewertung ist auch bei Berücksichtigung der Erwartungen des Statusinhabers nicht angezeigt. Dessen Vertrauen, dass das Bundesamt bei verzögerter Handhabung weiterhin von einem Widerruf absehen wird, ist nicht geschützt. Beim Widerruf nach § 73 Abs. 1 AsylVfG handelt es sich um eine gebundene Entscheidung. Das heißt, dass das Bundesamt den Widerruf vornehmen muss, wenn die Voraussetzungen für die Statusentscheidung nicht mehr vorliegen. Jedes Absehen vom Widerruf ist in diesem Fall rechtswidrig. Ein rechtswidriges Absehen vom Erlass der Widerrufsentscheidung und die dadurch bewirkte Verzögerung können aber nicht zu einem den Kläger schützenden Vertrauenstatbestand führen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.11.2005 - 1 B 58/05 -, Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 14; BayVGH, Beschl. v. 25.04.2005 - 21 ZB 05.30260 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 27.11.1996 - A 13 S 2987/95 -; VG Sigmaringen, Urt. v. 15.08.1995 - A 4 K 12295/94 -).
62 
In materieller Hinsicht sind hier die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG zu bejahen. Der Klägerin droht nunmehr keine politische Verfolgung im Sinne des Art. 16a GG mehr.
63 
Politische Verfolgung liegt vor, wenn dem einzelnen durch seinen Heimatstaat oder durch Maßnahmen Dritter, die diesem Staat zurechenbar sind, in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen (z.B. seine Volkszugehörigkeit), gezielt Rechtsgutverletzungen zugefügt werden, die ihn nach ihrer Intensität und Schwere nicht lediglich unerheblich beeinträchtigen, sondern ihn aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, Beschl. v. 10. 07.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315 ff.). Staatlichkeit in diesem Sinne stellt ab auf das Vorhandensein einer in sich befriedeten Einheit, die nach innen alle Gegensätze, Konflikte und Auseinandersetzungen durch eine übergreifende Ordnung in der Weise relativiert, dass diese unterhalb der Stufe der Gewaltsamkeit verbleiben und die Existenzmöglichkeit des Einzelnen nicht in Frage stellen, insgesamt also die Friedensordnung nicht aufheben. Dazu dient staatliche Macht. Die Macht, zu schützen, schließt indes die Macht, zu verfolgen, mit ein. Daher hebt die Asylgewährleistung im Grundgesetz ganz auf die Gefahren ab, die aus einem bestimmt gearteten Einsatz verfolgender Staatsgewalt erwachsen; sie will den Einzelnen vor gezielten, an asylerhebliche Merkmale anknüpfenden Rechtsverletzungen schützen, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen. Darin liegt als Kehrseite beschlossen, dass Schutz vor den Folgen anarchischer Zustände oder der Auflösung der Staatsgewalt nicht durch Art. 16a Abs. 1 GG versprochen ist (BVerfG, Urt. v. 10.08.2000 - 2 BvR 1353/98 -, NVwZ 2000, 1165 ff.). Das Element der "Staatlichkeit" oder "Quasi-Staatlichkeit" von Verfolgung darf nicht losgelöst vom verfassungsrechtlichen Tatbestandsmerkmal des "politisch" Verfolgten betrachtet und nach abstrakten staatstheoretischen Begriffsmerkmalen geprüft werden. Es muss vielmehr in Beziehung gesetzt bleiben zu der Frage, ob eine Maßnahme den Charakter einer politischen Verfolgung im Sinne von Art. 16a Abs. 1 GG aufweist, vor der dem davon Betroffenen Schutz gewährt werden soll. Das Bundesverfassungsgericht hat betont, dass politische Verfolgung von einem Träger überlegener, in der Regel hoheitlicher Macht ausgeht, der der Verletzte unterworfen ist; politische Verfolgung ist somit grundsätzlich staatliche Verfolgung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10. 07.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, a.a.O.). Die Prüfung bestimmter staatstheoretischer Merkmale für die Annahme vorhandener oder neu entstehender Staatlichkeit kann mithin für die Beurteilung, ob Verfolgungsmaßnahmen die Qualität politischer Verfolgung haben, nicht schlechthin konstitutiv, sondern nur - wenn auch in gewichtiger Weise - indiziell sein. Maßgeblich für die Bewertung einer Maßnahme als politische Verfolgung ist, dass der Schutzsuchende einerseits in ein übergreifendes, das Zusammenleben in der konkreten Gemeinschaft durch Befehl und Zwang ordnendes Herrschaftsgefüge eingebunden ist, welches den ihm Unterworfenen in der Regel Schutz gewährt, andererseits aber wegen asylerheblicher Merkmale von diesem Schutz ausgenommen und durch gezielt zugefügte Rechtsverletzungen aus der konkreten Gemeinschaft ausgeschlossen wird, was ihn in eine ausweglose Lage bringt, der er sich nur durch die Flucht entziehen kann (vgl. zum Ganzen BVerfG, Urt. v. 10.08.2000 - 2 BvR 1353/98 -, a.a.O.).
64 
Wie oben dargestellt, drohen der Klägerin Übergriffe von Seiten fundamentalistischer Moslems, insbesondere auch von Anhängern der Taleban, weil er sich in besonderer Weise aus der Gruppe der ohnehin diskriminierten Hindus und Sikh durch seine westliche Prägung und seine Unkenntnis der Landessprache hervorheben würde. Dass der Staat an dieser Verfolgung ein Interesse haben könnte oder diese wohlwollend dulden könnte mit der Folge, dass eine mittelbare staatliche Verfolgung angenommen werden könnte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr ist hier davon auszugehen, dass der Staat einfach zum Schutz der diskriminierten Minderheiten nicht fähig ist. Dies allein reicht jedoch nicht aus, um von einer mittelbaren staatlichen Verfolgung zu sprechen. Damit ist der Tatbestand des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfüllt. Der Widerruf musste daher rechtlich zwingend verfügt werden-
65 
Es ist namentlich nicht zu beanstanden, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge kein Ermessen ausgeübt hat. § 73 Abs. 2a AsylVfG ist auf die hier vorliegende Fallkonstellation nicht dahingehend anzuwenden, dass es einer Ermessensentscheidung über den Widerruf bedürfte. Nach dieser Regelung hat die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Widerruf nach § 73 Abs. 1 AsylVfG oder einer Rücknahme nach Absatz 2 vorliegen, spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu erfolgen (Satz 1). Ist nach der Prüfung ein Widerruf oder eine Rücknahme nicht erfolgt, so steht eine spätere Entscheidung nach Absatz 1 oder 2 im Ermessen (Satz 3).
66 
Zwar liegt hier die Unanfechtbarkeit der positiven Statusentscheidung mehr als drei Jahre zurück. Dennoch führt dies nicht zu einem Ermessen hinsichtlich der Widerrufsentscheidung. Bei der zum 01. Januar 2005 in Kraft getretenen Überprüfungspflicht handelt es sich nämlich um einen zukunftsorientierten Auftrag an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die Regelung steht in engem Zusammenhang mit derjenigen in § 26 Abs. 3 AufenthG. Nach dieser Regelung wird einem Ausländer, der aufgrund einer positiven Entscheidung seines Asylbegehrens oder einer positiven Feststellung zu § 60 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 oder 2 AufenthG besitzt, nach Ablauf von drei Jahren eine Niederlassungserlaubnis erteilt, wenn die Mitteilung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach § 73 Abs. 2a AsylVfG vorliegt, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme nicht vorliegen. Der Gesetzgeber hat ausländerrechtlich die Frage nach der Rückwirkung dieser Regelung gesehen und sich bewusst dagegen entschieden, eine Mitteilung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge für Ausländer, die vor dem 01.01.2005 seit mehr als drei Jahren im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis nach § 70 Abs. 1 AsylVfG a.F. gewesen sind, fiktiv anzunehmen und somit den Anwendungsbereich des § 26 Abs. 3 AufenthG für diese Ausländer zu eröffnen. Der ursprüngliche Gesetzesvorschlag (BT-Drs. 15/4491 S. 9) ist nicht Gesetz geworden. Dieser gesetzgeberische Wille ist auch bei Auslegung der asylrechtlichen Norm zu berücksichtigen (Hess. VGH, Urt. v. 27.09.2005 - 7 UE 2030/05.A), mit der Konsequenz, dass die Prüfung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bis spätestens 31.12.2007 zu erfolgen hat. Erst nach erfolgter Prüfung und Verzicht auf einen Widerruf ist der Weg zur Ermessensentscheidung aus Satz 3 eröffnet (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 12.12.2005 - 21 A 4681/05.A; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 04.05.2006 - A 2 S 1122/05 -, juris).
67 
Nachdem die Klägerin überwiegend obsiegt hat, sind die Kosten des Verfahrens entsprechend der Anteile des Obsiegens und Unterliegens zu verteilen, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83b AsylVfG.

Gründe

 
18 
Der Berichterstatter konnte aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten anstelle der Kammer entscheiden, vgl. § 87a Abs. 2 und 3 VwGO.
19 
Das Gericht konnte trotz des Ausbleibens von Beteiligten entscheiden, da diese in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO).
20 
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Sowohl der Widerruf der Feststellung zu § 51 Abs. 1 AuslG als auch die Feststellung, dass kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG vorliegt, erweist sich als rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in eigenen Rechten. Nicht zu beanstanden ist hingegen der Widerruf der Anerkennung als Asylberechtigter, da diese Entscheidung rechtmäßig ist und daher die Klägerin nicht in eigenen Rechten verletzen kann (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21 
In diesem Rechtsstreit ist auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen (§ 77 Abs. 1 AsylVfG), was zur Folge hat, dass das AufenthG und das AsylVfG in der Fassung, die es durch das Zuwanderungsgesetz seit 01.01.2005 gefunden haben, zur Anwendung zu gelangen hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.02.2005 - 1 C 29/03 -, InfAuslR 2005, 339 ff.).
22 
Hinsichtlich des Widerrufs der Feststellungen zu § 51 Abs. 1 AuslG ist der Tatbestand der einschlägigen Ermächtigungsgrundlage des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht erfüllt.
23 
Nach dieser Norm sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Aufgrund dieser Vorschrift kann auch die Feststellung widerrufen werden, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, obwohl diese Vorschrift am 01.01.2005 außer Kraft getreten ist (vgl. VG Köln, Urteil vom 01.07.2005 - 18 K 7716/04A - ). Denn eine vor dem 01.01.2005 getroffene Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG bleibt trotz der Rechtsänderung als Verwaltungsakt wirksam. Sie ist nach diesem Zeitpunkt als Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG zu behandeln. Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, wonach es sich bei den in den §§ 73, 31 und 42 AsylVfG 2005 vorgenommenen Änderungen betreffend §§ 51 Abs. 1 und 53 AuslG lediglich um redaktionelle Änderungen handelt, die zur Anpassung an das Aufenthaltsgesetz erforderlich waren (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucksache 15/420 vom 07.02.2003, S. 110 ff.). Inhaltlich werden die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vom § 60 Abs. 1 AufenthG mit umfasst. Darüber hinaus ist für einen Widerruf auf der Grundlage des § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG 2005 neben dem nachträglichen Wegfall der für die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG maßgeblichen Umstände zusätzlich erforderlich, dass zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) auch die Voraussetzungen des mit einem weiteren Anwendungsbereich versehenen § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen.
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Voraussetzung für einen Widerruf nach § 73 Abs. 1 S. 1 AsylVfG ist, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung nicht mehr vorliegen. Dies ist nur dann der Fall, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse so einschneidend und dauerhaft geändert haben, dass die Gefahr von Verfolgung im Herkunftsstaat nicht mehr besteht und der Betroffene ohne Verfolgungsfurcht heimkehren kann (VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 16.03.2004 - A 6 S 219/04 -, NVwZ-RR 2004, 790).
25 
§ 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG entspricht seinem Inhalt nach der „Beendigungs-" oder "Wegfall-der-Umstände-Klausel" in Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 GFK, die sich ebenfalls ausschließlich auf den Schutz vor erneuter Verfolgung bezieht. Nach dieser Bestimmung fällt eine Person nicht mehr unter die Genfer Flüchtlingskonvention, wenn sie nach Wegfall der Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt. Diese Regelung aus Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 GFK findet hier auch Anwendung. (BVerwG, Urt. v. 01.11.2005 - 1 C 21/04 -, NVwZ 2006, 707 ff.).
26 
„Wegfall der Umstände" im Sinne von Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 GFK, auf Grund derer die Anerkennung erfolgte, meint - ebenso wie im Rahmen von § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG - eine nachträgliche erhebliche und nicht nur vorübergehende Änderung der für die Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse. Unter „Schutz" ist nach Wortlaut und Zusammenhang der erwähnten „Beendigungsklausel" ausschließlich der Schutz vor erneuter Verfolgung zu verstehen. Der Begriff „Schutz des Landes" in dieser Bestimmung hat nämlich keine andere Bedeutung als „Schutz dieses Landes" in Art. 1 A Nr. 2 GFK, der die Flüchtlingseigenschaft definiert. Schutz ist dabei bezogen auf die Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen der politischen Überzeugung. Da Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 GFK die Beendigung des Flüchtlingsrechts im Anschluss an Art. 1 A Nr. 2 GFK regelt, kann mit „Schutz" nur der Schutz vor Verfolgung gemeint sein. Diese „Beendigungsklausel" beruht nämlich auf der Überlegung, dass in Anbetracht von Veränderungen in dem Verfolgerland ein internationaler (Flüchtlings-) Schutz nicht mehr gerechtfertigt ist, da die Gründe, die dazu führten, dass eine Person zum Flüchtling wurde, nicht mehr bestehen und damit die Gründe für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und für den internationalen Schutz nachträglich weggefallen sind. Nach allem kann ein Ausländer nach Wegfall der Umstände, auf Grund deren er als Flüchtling anerkannt worden ist, es im Sinne von Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 GFK nicht mehr ablehnen, den Schutz des Staates seiner Staatsangehörigkeit wieder in Anspruch zu nehmen. Dazu muss allerdings feststehen, dass ihm bei einer Rückkehr nunmehr auch nicht aus anderen Gründen Verfolgung droht.
27 
Dagegen werden allgemeine Gefahren (z.B. auf Grund von Kriegen, Naturkatastrophen oder einer schlechten Wirtschaftslage) von dem Schutz des Art. 1 A Nr. 2 GFK nach Wortlaut und Zweck dieser Bestimmung ebenso wenig umfasst wie von Art. 1 C Nr. 5 Satz 1 GFK (anders offenbar die UNHCR-Richtlinien zum internationalen Schutz: Beendigung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Art. 1 C (5) und (6) des Abk. von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 10. Februar 2003, NVwZ Beilage Nr. I 8/2003, S. 57 ff. wo u.a. eine „angemessene Infrastruktur" verlangt wird, „innerhalb derer die Einwohner ihre Rechte ausüben können, einschließlich ihres Rechtes auf eine Existenzgrundlage"). Ob dem Ausländer wegen allgemeiner Gefahren im Herkunftsstaat eine Rückkehr unzumutbar ist, ist beim Widerruf der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung mithin nach § 73 Abs. 1 AsylVfG nicht zu prüfen. Schutz kann insoweit nach den allgemeinen Bestimmungen des deutschen Ausländerrechts gewährt werden, so namentlich § 60 Abs. 7 Satz 2 und § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG (BVerwG, Urt. v. 01.11.2005 - 1 C 21/04 -, a.a.O.).
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Eine Änderung der Sachlage, welche dazu führen könnte, dass die Klägerin nunmehr nicht mehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG zu gegenwärtigen hätte, lässt sich zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung für die Kammer nicht feststellen. Damit ist der Tatbestand des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht erfüllt mit der Folge, dass die Feststellungen zu § 51 Abs. 1 AuslG nicht zu widerrufen sind.
29 
Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG darf ein Ausländer in Anwendung des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Diese Voraussetzungen liegen nach § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG bei sonstigen Ausländern, die im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebietes als ausländische Flüchtlinge i. S. des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind vor. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellt außer in den Fällen des § 60 Abs. 1 Satz 2 fest, ob die Voraussetzungen des Abs. 1 vorliegen (§ 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG). Die Voraussetzungen für eine Asylanerkennung nach Art. 16 a Abs. 1 GG einerseits und eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 1 AufenthG andererseits sind nur teilweise deckungsgleich, soweit es die Verfolgungshandlung, das geschützte Rechtsgut sowie den politischen Charakter der Verfolgung betrifft. Hinsichtlich dieser Kriterien umfasst das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 AufenthG alle Fallkonstellationen, die auch von Art. 16a Abs. 1 GG erfasst werden. Jedoch gehen die Regelungen des § 60 Abs. 1 AufenthG sowohl hinsichtlich der Verfolgungshandlungen als auch der Verfolgungssubjekte über den Schutz des Grundrechts auf Asyl hinaus. Nach § 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG kann eine Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG von dem Staat (lit. a)), Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen (lit. b)) oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter den Buchstaben a und b genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative (lit. c)). Nach § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG kann eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe auch dann vorliegen, wenn die Bedrohung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Freiheit allein an das Geschlecht anknüpft.
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Zwar ist es richtig, dass eine quasistaatliche Verfolgung durch Milizen der Taleban der Klägerin zumindest in weiten Teilen Afghanistans nicht mehr drohen kann, da die Taleban diese Machtposition in Folge der Militäroperationen in Afghanistan 2001 und Anfang 2002 verloren haben. Jedoch droht der Klägerin aus den gleichen Gründen wie zum Zeitpunkt der Anerkennung im Jahr 2001 heute eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure im Sinne des § 60 Abs. 1 Nr. 4 lit. c) AufenthG. Es ist nur ein Wechsel der Qualität des Verfolgungssubjekts eingetreten. Sowohl der Verfolgungsgrund als auch die Qualität der Gefährdung elementarer Rechtsgüter der Klägerin sind gleich geblieben. Damit hat sich die Verfolgungssituation im Vergleich zu der Situation bei Erlass des Statusbescheids nicht erheblich verändert mit der Konsequenz, dass der Tatbestand des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht erfüllt ist.
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Diese Feststellungen beruhen auf eine Bewertung der Lage der Hindus und Sikhs in Afghanistan durch die Kammer anhand der dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel.
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Die Lage der Minderheit der Hindus und Sikh in Afghanistan stellt sich für das Gericht bei Auswertung der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel wie folgt dar:
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Dr. D. führt in seinem Sachverständigengutachten für das VG Hamburg vom 25.01.2006 unter anderem aus:
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„In Afghanistan lebten während der Zeit des Präsidenten Najibullah - je nach Quelle - zwischen 130.000 bis 200.000 Hindus und Sikhs, d.h. sie waren die größte religiöse Minderheit im Land. Insgesamt leben heute in Afghanistan noch 1.500 - 2.000 Hindus und Sikhs. Nach meiner intensiven Recherche leben in Kabul heute ca. 1.000 -1.300 Hindus und Sikhs. In Kandahar, im „Shekarpour"-Bazar, leben heute ca. 45 Hindu-Familien, etwa 150 bis 200 Personen. Einst existierte hier eine große Hindu und Sikhgemeinschaft von mehreren tausend Menschen. Einige der heutigen Bewohner leben in Privathäusern und haben sich nach außen hin vollkommen assimiliert. Der Rest lebt im Tempel unter äußerst provisorischen Bedingungen, die sich von den Lebensverhältnissen in Kabul nicht unterscheiden. In Jalalabad, im Osten des Landes, leben ungefähr 85 Familien (ca. 400 Personen) in einem ehemaligen Schulgebäude der Hindus und Sikhs, um sich gegenseitig zu unterstützen. Auch hier lebten vor Jahren noch mehrere Tausend Hindus und Sikhs, meist Geschäftsleute. In Khost, ebenfalls im Osten Afghanistans, lebten einst 400 Hindu-Familien, eine Gemeinschaft von ca. 2400 bis 3000 Menschen. Heute sind es noch ca. 30 Familien (120-150 Personen), die im Viertel „Kalay-e Hindu" im Zentrum der Stadt leben. Schulen gibt es dort nicht mehr; die Hindu-Kinder werden nur von ihren Eltern in ihrer Religion unterwiesen und wachsen ansonsten als Analphabeten auf, so dass die wenigen verbliebenen Hindus eine Zukunft in den untersten Bereichen der Gesellschaft erwartet. Auch dort haben sich, ähnlich wie in Kabul, alle in den Tempel zurückgezogen und werden derart bedroht und drangsaliert, dass sie sich bewaffnet haben, um sich notfalls zu verteidigen. Viele von ihnen sind in den letzten Jahren in die Hauptstadt geflüchtet. Man kann davon ausgehen, dass diese Hindu-Gemeinde bald nicht mehr existieren wird. In den Städten Ghazni, Gardez und Kunduz im Norden leben insgesamt etwa 100-150 Personen. Nachdem die Regierung Karsai im Dezember 2001 die Macht in Kabul übernahm und den Minderheiten in Afghanistan religiöse Freiheiten und Rechte versprach, veranlasste dies etliche Hindus und Sikhs, die nach Indien geflüchtet waren, zur Rückkehr, in der Hoffnung, gleichberechtigte Bürger Afghanistans zu sein und ihr Eigentum an Häusern und Firmen zurückzubekommen. Gerade diese Rückkehrer wurden aber in jeder Hinsicht enttäuscht, als die religiöse und ethnische Verfolgung sich fortsetzte. Sie flüchteten nun abermals aus dem Land. Nur die Ärmsten der Armen, die nicht über die nötigen Fluchtmittel verfügten, blieben im Lande zurück. ...
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Zunächst möchte ich ausführen, dass die Hindus und Sikhs von der muslimischen Bevölkerung - und auch von der afghanischen Regierung - als Atheisten und Götzendiener betrachtet werden, In den Augen der Muslime sind sie damit „Unreine", weshalb sie auch keine Aufnahme in den für Muslime vorgesehenen Flüchtlingslagern finden können. Als einzige Zufluchtsmöglichkeiten für abgeschobene Hindus bleiben damit nur ihre noch im Lande befindlichen Tempelanlagen. Dort können sie dann ihr Leben in Isolation von der Allgemeinheit fristen. Bereits die Mujahedin hatten die Infrastruktur der Hindu- und Sikh-Gemeinden zerschlagen und den Großteil der einst einflussreichen Minderheit aus dem Land vertrieben. Schon nach 1992 waren bis auf wenige Menschen, die sich eine Flucht aus finanziellen Gründen nicht leisten konnten, praktisch alle afghanischen Hindus und Sikhs geflüchtet. Auch die Taleban betrieben nach ihrer Machtübernahme (Einmarsch in Kabul 1996; Beherrschung praktisch des ganzen Landes ab 1998) gegenüber den wenigen noch im Land verbliebenen Hindus eine äußerst restriktive Politik. Hindus und Sikhs mussten Zeichen an ihrer Kleidung tragen, um sie kenntlich zu machen und besser kontrollieren zu können. Während der Taleban-Herrschaft waren die Hindus und Sikhs sowohl religiös als auch ethnisch motivierter Verfolgung ausgesetzt: zum einen als „Gottlose" und „Götzendiener", die den extrem fundamentalistischen Taleban womöglich noch verhasster waren als den Mujahedin; zum anderen wurden sie von den paschtunischen Taleban, deren politisches Ziel die Wiederherstellung der alten paschtunischen Vorherrschaft in Afghanistan war, auch als ethnische Minderheit diskriminiert. Im ganzen Land waren nur einige hundert Familien verblieben, die weit verstreut lebten und versuchten, sich der afghanischen Bevölkerung anzupassen, um nicht aufzufallen. Speziell in Kandahar wurden Hindus und Sikhs derart drangsaliert, dass sie versuchten, sich zu assimilieren, afghanische Kleidung trugen und Pashtu sprachen. Wenn man heute solche Menschen trifft, kann man davon ausgehen, dass sie sich verleugnet haben, um ihr Leben zu retten. Bereits an dieser Stelle möchte ich vorwegnehmen, dass sich mit der Vertreibung der Taleban und dem Einsetzen der Karsai-Regierung die Lage der Hindus und Sikhs nicht entscheidend geändert hat. Während meiner jüngsten Reise zwischen dem 10.12. und dem 26.12.2005 habe ich mich intensiv mit der Lebenssituation und politischen Lage der Hindus und Sikhs, besonders in Kabul, beschäftigt. Dabei kam mir zu statten, dass ich die Stadt seit beinahe dreißig Jahren gut kenne und - speziell auf diese Thematik bezogen - den direkten Vergleich zwischen der „Blütezeit" der Hindu-Gemeinden in den 1980er Jahren und ihrer heutigen Lage ziehen kann. Kabul ist eine Stadt, in der traditionell die verschiedenen Ethnien bestimmte Wohnviertel bevorzugen, beispielsweise lebten seit Alters her im Westen mehrheitlich afghanische Schiiten. So stellten auch die Hindus und Sikhs in bestimmten Stadtgebieten traditionell die Mehrheit und besaßen dort ihre Tempel und Kultstätten. Viele der materiell gut gestellten Hindus und Sikhs waren Hausbesitzer und betrieben selbstständig größere oder kleinere Firmen oder waren im Handel tätig. Früher fand dort ein reiches kulturelles Leben statt. Die wohlhabenden Gemeinden waren auch in der Lage, eigene Schulen zu betreiben, an denen die junge Generation eine qualifizierte, staatlich anerkannte Ausbildung erhielt.
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Die materiellen Lebensverhältnisse der afghanischen Hindus und Sikhs sind heute dadurch gekennzeichnet, dass ihr Haus- und Grundbesitz enteignet wurde. Ihre einzige Zuflucht sind ihre ehemaligen Tempel in ihren alten Wohngebieten. Im Zuge meiner Recherchen suchte ich daher alle Viertel in der Hauptstadt auf, die traditionell von Hindus bewohnt wurden, wobei ich mich von zwei Hindu-Informanten begleiten ließ. In dem Viertel „Shur Bazar" im Süden Kabuls lebten von der Zeit Zahir Schahs bis zur Najibullah-Ära ca. 35.000 Hindus und Sikhs, die meisten aus der unteren und der Mittelschicht, darunter viele Ladenbesitzer. Heute ist es ein Armenviertel, in dem mehrere hunderttausend Menschen leben, jedoch praktisch keine Hindus und Sikhs mehr. Die Einwohner sind heute Muslime, unter ihnen viele ehemalige Mujahedin. Von der Hindu-Gemeinde ist im Straßenbild nichts mehr zu entdecken. Einst hatte es in diesem Viertel acht größere Tempel gegeben, Diese wollte ich aufsuchen, um festzustellen, ob in den Tempelbezirken noch Hindus lebten. Diese Tempel sind die einzigen Stellen, an die sich ein abgeschobener afghanischer Hindu wenden kann; abgesehen von der einmaligen 12-Dollar-Hilfe der UNO, die er als afghanischer Staatsangehöriger einfordern kann.
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Auf dem Gehweg zu einem der Tempel, der am Ende einer Gasse liegt, wurden wir von mehreren Mujahedin angehalten und angegriffen, da sie glaubten, wir kämen, um Ansprüche auf enteignete Häuser zu erheben. Insbesondere griffen sie meine Begleiter, zwei Hindus, tätlich an, beschimpften sie als Gottlose und verlangten zu wissen, was sie hierzu suchen hätten. Vor ihrem Angriff flüchteten wir in den Tempel, wo ich tatsächlich einige Hindu- und Sikh-Familien antraf. Auch in dem zweiten ehemaligen Tempel des Viertels leben noch wenige Personen. Von diesen Hindus im „Shur Bazar"-Viertel erhielt ich folgende Auskunft: Die ehemaligen Bewohner des Viertels seien fast alle nach Indien, manche auch nach Europa und Übersee geflüchtet. Von den einst acht Hindu-Tempeln sind vier so stark zerschossen, dass sie praktisch nur noch Ruinen darstellen. Trotzdem leben dort noch einige Familien. In zwei weiteren Tempeln leben auch einige Familien; die Mehrzahl der verbliebenen Hindus dieses Viertels konzentriert sich auf die vier Tempel, die ich aufsuchte. Doch auch diese sind durch den Krieg stark zerstört; ein Wiederaufbau hat bisher nicht stattgefunden.
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Die Tempel, in denen die Hindus und Sikhs nun zwangsweise leben, liegen durch die Kriegszerstörungen praktisch in Trümmern und sind völlig zerschossen. Wenige unzerstörte Räume ohne Türen und Fenster und ohne Einrichtung dienen den Bewohnern als Wohn- und Schlafräume, in denen einige zerfetzte Decken und ein paar Kochstellen die gesamte Ausstattung bilden. Besonders Frauen und Kinder sind sichtlich von Krankheiten und Mangelernährung gezeichnet. Man erklärte mir, die Menschen in dem von mir zuerst besuchten Tempel stammten aus der Stadt Khost, wo die Zustände so schlimm seien, dass sie in Kabul Zuflucht gesucht hätten, Die ca. siebzig Kinder, die im Tempel leben, wagen nicht, das Gelände zu verlassen, weil sie außerhalb ihrer Zuflucht von ihren muslimischen Altersgenossen beschimpft und mit Steinen beworfen werden.
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Teilweise leben dort auch verarmte muslimische Flüchtlinge, mit denen die Hindus sich wohl oder übel arrangieren müssen. In ihrer Blütezeit waren die Hindu-Tempel mit ihren prachtvollen Fassaden und ihrer herrlichen Ausstattung geradezu ein Symbol der afghanischen Kultur. Doch während der Jahre der Kämpfe - zwischen den Mujahedin und später während der Belagerung der Taleban - lagen die Tempel ständig in der Schusslinie, so dass ihre Architektur vollkommen zerstört wurde. Heute ist ihre Umgebung dazu noch unbeschreiblich schmutzig und offensichtlich die Abfallhalde der Nachbarschaft. Eine Kanalisation gibt es nicht; wenn es im Winter regnet, watet man dort zwanzig Zentimeter tief in stinkendem Schlamm. Die afghanische Regierung unternimmt nichts zu ihrer Restaurierung. Ich bin überzeugt davon, dass sie in wenigen Jahren nur noch Schutthaufen darstellen werden, die man abträgt, um neue Häuser für muslimische Afghanen zu bauen; dann wird dieses kulturelle Erbe unwiederbringlich verloren sein. In einem der Tempel sprach ich einen Familienvater direkt an und wollte von ihm wissen, wie seine Familie überlebe. Er gab mir folgende Auskunft, die auch für alle anderen Hindus gilt: „Ich hatte einen Gewürzladen im Bazar. Die Mujahedin haben ihn mir weggenommen, mich geschlagen und aus dem Bazar vertrieben. Ich hatte kein Geld, um aus dem Land zu fliehen, und musste hier bleiben. Inzwischen habe ich eine Frau und vier Kinder. Ich wohne in diesen Trümmern." Er zeigte mir einen Raum mit Betonboden, auf sich nur einige zerfetzte Decken, ein Gaskocher und etwas Blechgeschirr befand. Dort lebten sechs Personen. Seine Frau und seine Kinder wagten nicht, den Tempel zu verlassen. Über Tag hockten sie auf dem Hof, um sich in der Sonne zu wärmen. Auf die Frage, ob sie sich bei Nacht - bei Temperaturen bis minus zehn Grad - irgendwie wärmen könnten, lachte er nur. Sie hätten keine Möglichkeit, an Brennmaterial für ein Feuer zu kommen. Für genügend Brennholz müsste er das gesamte Geld, das er als Tagelöhner verdient, ausgeben. Nach dem Dunkelwerden werde trockenes Brot gegessen, und dann versuchten die Bewohner, ohne Licht und Wärme Schlaf zu finden. Auf Nachfrage erklärte er, manchmal finde er Arbeit als Tagelöhner, oft allerdings auch nicht. Wenn, dann verdiene er 100, mit Glück gelegentlich 150 Afghani am Tag (2 bzw. 3 Dollar) - für einen Arbeitstag von zwölf Stunden. Von diesem Geld könne er nur trockenes Brot für seine Kinder kaufen, damit sie wenigstens drei Mal am Tag etwas zu essen bekämen. Ganz selten gebe es Tee, der ein Almosen des Tempels sei. Fleisch, Obst, Gemüse, ja sogar Zucker für den Tee seien inzwischen Fremdwörter für sie. Auch er berichtete, von in- oder ausländischen Hilfsorganisationen hätten sie noch nie etwas gesehen. Seit drei Jahren appellierten die Hindus ständig an die Hilfsorganisationen, bekämen aber stets die Antwort, sie seien noch nicht an der Reihe. Manche gäben ihnen auch die zynische Antwort, sie seien doch Hindus, daher solle Indien ihnen helfen.
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Zusammenfassend ist festzustellen, dass nicht einmal die Versorgung der Hindus und Sikhs mit einem existenziellen Minimum an Lebensmitteln gesichert ist. Weder der Staat noch ausländische Hilfsorganisationen gewähren den Hindus und Sikhs die geringste Unterstützung. Die Tempel versuchen ihre Gemeindemitglieder, durch Mittel aus Almosen zu unterstützen, doch diese sind sehr gering und retten die Bewohner kaum vor dem Verhungern. Offensichtlich ist es die Politik der afghanischen Regierung, das Problem zu ignorieren und darauf zu warten, dass sich die Hindu-Frage sozusagen auf „demographische" Weise von selbst löst, indem die Mischung aus offiziellem Ignorieren, gesellschaftlicher Diskriminierung und kultureller und religiöser Unterdrückung die Hindus zwingt, sich entweder vollkommen anzupassen oder das Land zu verlassen. Wenn diese Entwicklung nicht gestoppt wird, ist wahrscheinlich, dass die Hindus als eigenständige Minderheit in Afghanistan innerhalb weniger Jahre ausgelöscht sein werden. Insgesamt sind die Bedingungen, unter denen die Hindus und Sikh in ihren ehemaligen Tempeln leben, so katastrophal, dass eine Abschiebung in der Tat - so das Kriterium deutscher Gerichte - bedeuten würde, Rückkehrer „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen [auszuliefern]".
...
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Die Hindus und Sikhs in Afghanistan sind auch einer expliziten Diskriminierung ausgesetzt, die eindeutig zum Ziel hat, sie als religiöse und kulturelle Minderheit innerhalb kürzester Zeit auszulöschen, ihre Schulen sind geschlossen. Hindus berichteten mir, sie hätten sich nach dem Antritt der Regierung Karsai an das Bildungsministerium gewandt und gebeten, wieder eigene Schulen für ihre Kinder einzurichten und mit Finanzen und Lehrern auszustatten; jedoch ohne die geringste Reaktion. Darüber hinaus haben die Hindus und Sikhs keinerlei theoretische oder praktische Möglichkeit, ihren während der Herrschaft der Mujahedin und der Taleban enteigneten Besitz zurück zu erlangen. Um den Hindus und Sikhs ihre Lebensgrundlage zu entziehen, hatten bereits die Mujahedin eine systematische Enteignungspolitik betrieben. Mujahedin- Kommandanten eigneten sich die Firmen, Läden und Privathäuser der Sikhs und Hindus an. Seitdem war es ihnen weder unter der Mujahedin-Herrschaft noch seit dem Amtsantritt der Regierung Karsai möglich, ihr Eigentum zurückzuerhalten. Daher leben heute die wenigen Hindus und Sikhs, die in Afghanistan verblieben sind, so gut wie ausschließlich in den ehemaligen Tempelbezirken ihrer Gemeinden. Sie müssen also ein Leben in der Isolation führen. Über die Enteignungen unmittelbar nach der Machtübernahme der Mujahedin berichteten mir einige alt eingesessene muslimische Händler im Geldbazar „Saray~e Schazdeh", der einst von Hindus dominiert wurden. Als die Mujahedin kamen, überfielen sie den Geldbasar, trieben Hunderte von Hindus zusammen, schlugen sie und konfiszierten ihre Läden und ihr Eigentum. Ihre Geschäfte wurden von Mujahedin übernommen, die dort heute als Händler sitzen und sich als „Ehrenmänner" geben und begreifen. Die Hindus haben keinerlei Aussicht, ihren Besitz zurück zu bekommen. Einige Beispiele sollen belegen, dass - anders, als die Hindus nach dem Amtsantritt der Karsai-Regierung gehofft hatten - auch die heutige Regierung nicht bereit ist, die Enteignungen der Mujahedin- und Taleban-Zeit rückgängig zu machen. Am 11.12.2005 traf ich im Laden eines der Bazarhändler, der mir Auskünfte gegeben hatte, zufällig einen Hindu. Er berichtete mir, sein Haus im Viertel „Ka!a-e Fatullah" sei von dem ehemaligen Handelsminister Mostafa Kazemi konfisziert worden. Er habe sogar gewagt, vor Gericht zu gehen. Gerade heute Morgen sei der Prozess zu Ende gegangen, und das Gericht hätte dem Minister das Haus zugesprochen. Dieser Kazemi war einer der wichtigsten Männer im Kabinett von Karsai und hat noch heute als Parlamentsabgeordneter eine wichtige Position. Dieser Kazemi ist eine so wichtige Person, dass er bei der Petersberg-Konferenz zur Neuordnung Afghanistans im Dezember 2001 wichtige Fäden im Hintergrund zog.
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Ein weiteres Beispiel aus Kabul: Der Sikh Rawinda Singh erklärte mir, er habe ein Haus in Kart-e Parwan besessen. Dieses sei vor zehn Jahren von einem bekannten Mujahedin-Kommandanten aus der Umgebung von Ahmad Schah Masud namens Gajum Somorod beschlagnahmt worden. Ihn und seine Familie habe man aus dem Haus vertrieben, geschlagen und mit dem Tod bedroht. Dieser Gajum sei später durch Kämpfe zwischen den Mujahedin-Fraktionen zu Tode gekommen. Heute lebe dort dessen Bruder, ein wichtiger Mann der Karsai-Regierung. Einmal habe er gewagt, Anspruch auf sein Haus zu erheben; doch der heutige Besitzer habe ihn mit dem Tod bedroht, wenn er noch einmal wagen würde, sein Eigentum zu beanspruchen.
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Einige Hindus erklärten, vor etwa einem Jahr hätten sie eine Delegation, die bei der Regierung vorstellig wurde und die Rückgabe ihres konfiszierten Eigentums verlangte. Doch man schickte sie nur in das Viertel „Shur Bazar" zu den Ältesten der Moscheen, die angeblich darüber entscheiden konnten. Dort jedoch begegneten sie nur bewaffneten Mujahedin, die ihnen mit dem Tod drohten, falls sie nicht verschwänden. In ihrer Religionsausübung werden die Hindus und Sikhs ebenfalls massiv behindert. Nach der Machtübernahme der Mujahedin mussten die Hindus miterleben, wie viele ihrer Tempel entweiht wurden. Beispielsweise benutzten die Mujahedin unter Präsident Rabbani einen Tempel in Kabul lange als militärischen Stützpunkt der „Schoray-e Nezar", des militärischen Arms der „Djamiat-e Islami'-Partei; zur großen Empörung der Hindus, die ihr Gotteshaus entweiht sahen. Bezeichnend, dass heute neben mehreren Hindu-Tempeln große Moscheen stehen. Diese haben ihre Lautsprecher so auf die Hindu-Tempel ausgerichtet, dass diese ständig mit den Gebetsrufen beschallt werden - eine interessante Mischung zwischen Bekehrungsversuch und Psychoterror. Nur noch in dem Tempel von Kart-e Parwan werden noch religiöse Zeremonien durchgeführt, allerdings möglichst verstohlen, um nicht die Aufmerksamkeit der muslimischen Umgebung auf sich zu ziehen, während noch in der Najibullah-Zeit die religiösen Feste öffentlich und mit großem Prunk begangen wurden.
44 
Die Bewohner von „Kart-e Parwan" berichteten, unter Najibullah hätten sie eine Verbrennungsstätte außerhalb des Stadtgebiets gehabt, im Süden von Kabul im Viertel „Kalatsche". Doch die dortige, muslimische Bevölkerung gestatte ihnen heute nicht mehr, ihre Toten dort zu verbrennen. Mehrmals hätten sie dies versucht, doch sie wären geschlagen und von dem Areal vertrieben worden. Auf Beschwerden beim Innenministerium erklärte man den Hindus und Sikhs, sie sollten Polizeischutz für ihre Zeremonien anfordern. Sie mussten jedoch erleben, dass die Polizei nicht auftauchte und sie - unter Mitnahme ihrer toten Angehörigen - vor eine aufgebrachten muslimischen Menge flüchten mussten.
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Da die Regierung ihnen keinen Ersatz zur Verfügung stelle und ihr Anliegen ignoriere, hätten sie sonst nur die Möglichkeit, ihre Toten in Pakistan oder insgeheim irgendwo in Afghanistan zu verbrennen, ein beschwerliches und teures Unternehmen. Daher seien sie darauf angewiesen, ihre Toten im Tempel von Kart-e Parwan zu verbrennen, ein Verfahren, das im Übrigen ihren religiösen Geboten widerspricht. Doch sogar dies sei ihnen offiziell verboten. Die Menschen, die ihnen ihre Häuser geraubt hätten, ließen dies nicht zu. Einer davon sei der ehemalige Verteidigungsminister Fahim. Er habe ihnen gedroht, ihren Tempel zerstören zu lassen, wenn sie noch einmal eine Verbrennung dort abhielten. Nicht einmal diese Zeremonie, die in ihrer Religion von zentraler Bedeutung ist, können die Hindus also in Afghanistan abhalten. Ich suchte die ehemalige Verbrennungsstätte im Süden von Kabul auf und befragte die Anwohner. Diese bestätigten mir die Berichte. Hindus und Sikhs sind also eindeutig religiöser Diskriminierung ausgesetzt, die sie daran hindert, ihre religiösen Riten auszuüben und deren Ge- und Verbote einzuhalten.
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Am bedeutsamsten jedoch für die fortgesetzte Existenz der Hindus und Sikhs als kulturell eigenständige Minderheit und für ihr Überleben in der Zukunft ist jedoch die Politik, die in Afghanistan gegenüber der jungen Generation betrieben wird. Ganz abgesehen von dem humanitären Aspekt des Leidens der Kinder wird hier systematisch versucht, sie von jedem Zugang zu Bildung fernzuhalten. Der Druck auf die Gemeinden geht sogar bis zur Zwangsbekehrung von Kindern. Insgesamt befinden sich in Kabul noch ca. 120 Hindu- und Sikh-Kinder. Sie sind schwer traumatisiert, völlig verängstigt und fürchten sich, das Gelände ihrer Tempel zu verlassen, um nicht von den muslimischen Kindern drangsaliert und geschlagen zu werden. Die Hälfte von ihnen besucht die so genannte Hindu-Schule. Diese ist allerdings nicht staatlich anerkannt; die Kinder werden dort nur in Religion und in ihrer eigenen Sprache unterrichtet. Die Schule hat kaum Einrichtung und Lehrmittel und nur eine einzige Klasse für Kinder von 6 bis 12 Jahren. Die Regierung stellt weder Gelder noch Lehrer. Die Hindu-Gemeinde ist, wie der Schuldirektor erklärte, nicht mehr in der Lage - w ie in ihrer Blütezeit unter Najibullah - , aus eigenen Mitteln für die Schulausbildung der Kinder zu sorgen. Für ihr Leben in Afghanistan können die Kinder mit dieser Schulbildung nichts anfangen; in der afghanischen Sprache sind sie dennoch Analphabeten und erlangen keinen Schulabschluss. Diese einzige Schule befindet sich in Kart-e Parwan. Der so genannte Direktor, Otar Singh - der einzige Lehrer - erklärte, vor zweieinhalb Jahren seien einmal Vertreter von zwei NGOs dort gewesen und hätten ihnen zugesagt, beim Erziehungsministerium vorstellig zu werden, damit ihnen geholfen werde. Doch auf Hilfe warteten sie bis heute. „Es ist eine Lüge, wenn die UNO oder andere erzählen, sie hätten uns geholfen", sagte er wörtlich. Seiner Einschätzung nach sei es die Politik der Regierung, die Hindus so unter Druck zu setzen, dass sie entweder das Land verließen, oder die nächste Generation sich vollkommen assimiliere. Damit sei dann für die Afghanen das Problem gelöst. In den letzten zwei Jahren seien seiner Kenntnis nach in Kabul sieben Hindu-Kinder verhungert. Die Kinder in den anderen Vierteln haben nicht einmal Zugang zu dieser Schule, da sie nicht die Möglichkeit haben, den weiten Weg dorthin zurückzulegen. Familien haben auch immer wieder versucht, ihre Kinder in die muslimischen Schulen einzuschulen, um sie nicht als Analphabeten aufwachsen zu lassen. Doch dort wurden sie geschlagen, als Gottlose beschimpft und gezwungen, am Koranunterricht teilzunehmen. Die staatlichen Schulen versuchten ganz offen, sie zum Islam zu bekehren.
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Zusammenfassend lässt sich also zu Ihrer Frage 5 Folgendes festhalten: In der Tat erreicht die religiös motivierte Verfolgung von Hindus und Sikhs im heutigen Afghanistan asylrelevante Intensität. Hindus und Sikhs sind in ihrer Religionsausübung und kulturellen Identität in einem derartigen Ausmaß eingeschränkt, dass ihre Existenz als eigenständige Minderheit akut bedroht ist. Insbesondere muss der häufig getroffenen Einschätzung des Bundesamts widersprochen werden, die Regierung Karsai sei in der Lage oder bereit, Schutz vor nichtstaatlicher Verfolgung zu gewährleisten. An verschiedenen Punkten - keine Zurückerstattung enteigneten Besitzes, Verbot religiöser Zeremonien, Verweigerung der Unterstützung der Gemeinden in ihren Bildungsbestrebungen, Zwangsbekehrungen mit Rückendeckung der staatlichen Justiz usw. -wurde nachgewiesen, dass die Regierung Karsai die Hindu- und Sikh-Minderheit nicht nur nicht schützt, sondern sich aktiv an ihrer Verfolgung beteiligt. Insofern kann man für die Hindu- und Sikh-Minderheit tatsächlich von einer nichtstaatlichen wie einer staatlichen oder zumindest doch staatlich sanktionierten Verfolgung sprechen. Gegen diese und gegen gezielte Diskriminierungen und Behinderungen haben die Hindus keinerlei Möglichkeit, sich zu wehren, weder individuell noch durch Appelle an den Staat oder auf juristischem Wege.“
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Das Auswärtige Amt kommt in seinem Lagebericht vom 13.07.2006 zu folgender Einschätzung (S. 22 f.):
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„Nach offiziellen Schätzung en sind etwa 84 % der afghanischen Bevölkerung sunnitische Muslime, ca. 15 % schiitische Muslime. Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften (wie z. B. Sikhs, Hindus, Christen) machen nicht mehr als einen Prozent der Bevölkerung aus.
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Artikel 2 der neuen afghanischen Verfassung bestimmt in Absatz 1, dass der Islam Staatsreligion Afghanistans ist. Absatz 2 der Vorschrift räumt Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften das Recht ein, im Rahmen der Gesetze ihren Glauben auszuüben und ihre religiösen Bräuche zu pflegen. Somit gibt es in Afghanistan das Recht auf freie Religionswahl und -ausübung. Dieses Recht steht unter einem Gesetzesvorbehalt. Er ist nach Kenntnis der Auswärtigen Amts bislang nicht konkretisiert worden. Am 17.09.2003 hat Präsident Karzai die Einsetzung eines islamischen religiösen Rates (Shura) per Dekret genehmigt. Die Shura, in der Religionsgelehrte aller Provinzen vertreten sein sollen, umfasst rund 2.600 Mitglieder. Die Religionsgelehrten sollen dafür Sorge tragen, dass die Gebote des Islam eingehalten werden und insbesondere auch der Propaganda entgegenwirken, die zum Heiligen Krieg gegen die Übergangsregierung aufruft. Bislang ist dieser Rat lediglich mit der Ausarbeitung einer Resolution in Erscheinung getreten, in der die einflussreichen Religionsgelehrten aufgerufen werden, die Übergangsregierung zu unterstützen. Im Religionsministerium wurde eine Abteilung zur "Überwachung der Einhaltung religiöser Vorschriften" mit fünf Unterabteilungen (Ursprung islamischer Wissenschaften, "Einladung zum Islam und Hinweisung", soziale Reformen, Erkennen von Unglauben sowie "Einladung zum Islam und Hinweisung für Frauen") gegründet. Die Abteilung verfügt nicht über polizeiliche Befugnisse. Als Schwerpunkt der Abteilung sieht diese selbst die grundlegende Information von Bürgern über Fragen der Hygiene, des Umweltschutzes, des Zusammenlebens in der Familie u. a. wie auch die Rechte und Pflichten in der Gesellschaft auf der Grundlage des Islam. Als Leitlinie wurde zudem die Verhinderung der Diskriminierung von Frauen und Ermutigung zu ihrer Fortbildung und stärkerer Teilnahme an der Gesellschaft genannt.
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Die früher in Kabul lebende Hindu- und Sikh-Minderheit (zusammen deutlich unter ein Prozent der Bevölkerung) gibt sich gegenwärtig praktisch nicht zu erkennen. Nach Angaben einer indischen Nachrichtenagenturleben etwa 5.000 Hindus und Sikhs in Afghanistan. Nach Auskunft der indischen Botschaft in Kabul sind dort keine Fälle von religiöser Verfolgung von Sikhs oder Hindus anhängig. Die unter der Talibanzeit zerstörten Tempelanlagen sind nach deren Auskunft wieder voll funktionstüchtig. Nach Auskunft der "Stiftung für Kultur und Zivilgesellschaft", die sehr enge Beziehungen in die afghanische Hindu-Gemeinde unterhält, gibt es Fälle von Diskriminierung gegen Hindus. Die Handlungen richten sich gegen die Ausübung der religiösen Sitten und Gebräuche der Hindu-Minderheit.
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Hindus werden auch Opfer illegaler Landnahme. Häuser und Grundstücke werden von Kommandeuren und deren bewaffneter Gefolgschaft besetzt. Dem Auswärtigen Amt sind zudem Fälle bekannt, in denen Hindus illegal von einzelnen Kommandeuren aus ihren Häusern vertrieben wurden, bzw. nach ihrer Rückkehr aus dem Ausland nicht ihren rechtmäßigen Grundbesitz erhalten haben. Diese illegale Landnahme geht nicht selten einher mit massiven Einschüchterungen gegen die rechtmäßigen Eigentümer. Hierbei handelt sich allerdings nicht um ein spezifisch gegen Hindus gerichtetes Phänomen. Auch andere Bevölkerungsgruppen sind davon betroffen. Hindu-Rückkehrer kommen häufig nur in den noch existierenden Hindu-Tempeln unter und leben unter äußerst schwierigen Bedingungen. Ursache dafür ist nach Angaben der "Stiftung für Kultur und Zivilgesellschaft" der Umstand, dass die meisten Hindus ihre Häuser und Geschäfte verloren haben. Im Oktober 2005 verlief in Kabul das neuntägige Hindu-Fest Navrata, das in den Tempeln der Stadt gefeiert wurde, nach Meldung der „Hindustan Times Indo-Asian News Service Kabul“ hingegen ohne Zwischenfälle.“
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Dr. D. gab hierzu als Sachverständiger befragt in einem Verfahren vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof am 27.04.2006 an, dass er sich mit Hindus nicht konkret über dieses Navrata-Fest, aber über die religiösen Zeremonien im Allgemeinen gesprochen habe. Er habe festgestellt, dass bestimmte religiöse Handlungen nur noch in einem Tempel in Kart-e-Parwan durchgeführt werden dürften. Ein im Süden Kabuls benutztes Haus dürfe auf behördliche Anordnung nicht mehr benutzt werden. Auch in Kart-e-Parwan dürften zwischenzeitlich auf Betreiben des ehemaligen Verteidigungsministers Fahim Verbrennungsriten nicht mehr durchgeführt werden.
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Aus diesen Angaben zur Situation der Hindus und Sikh in Afghanistan lässt sich zur vollen Überzeugung des Gerichts erkennen, dass die Lage dieser religiösen Minderheiten in Afghanistan sehr ernst ist. Ihre Diskriminierung ist gesellschaftlich nicht nur nicht geächtet, sondern offenkundig der Wille der Mehrheit der afghanischen Bevölkerung. Hier sind die fundamentalistischen Kreise und auch die Anhänger der Taleban, die in Afghanistan langsam wieder am Erstarken sind, in erster Linie als potenzielle Verfolger im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 4 lit. c) AufenthG zu nennen. Dennoch ergeben die Auskünfte, dass die Hindus und Sikh als solche wohl nicht allein wegen ihrer Religionszugehörigkeit mit einer Verfolgung zu rechnen haben. Insoweit unterscheidet sich die Situation nicht von derjenigen zum Zeitpunkt der Anerkennung der Klägerin. Jedoch führt die westliche Prägung der Klägerin und ihre fehlenden Dari- oder Pashtu-Kenntnisse weiterhin, wie auch zum Zeitpunkt des Ergehens des Statusbescheids im Sommer 2001, dazu, dass sie in besonderer Weise aus dem Kreis der diskriminierten Minderheit heraus sticht und somit in besonderer Weise ein sich anbietendes Opfer für erheblichen Diskriminierungen und Übergriffe gegen Leib oder Leben darstellt. Der Umstand, dass sie eine junge Frau ist, kommt angesichts des geschlechtlichen Rollenverständnisses der Taleban zu der westlichen Prägung der Klägerin erschwerend als erheblich gefahrerhöhend hinzu. Die westliche Prägung der Klägerin ist in den vergangenen fünf Jahren selbstverständlich erweitert und vertieft worden. Damit fehlen ihr die Fähigkeiten und Kenntnisse, sich so zu verhalten, dass sie nicht in besonderer Form aus der kleinen Anzahl der Punjabis heraus stechen wird und damit vermeidet, zu einer einfachen, weil besonders schwachen Zielscheibe der Fundamentalisten zu werden. Würde sie über Sprachkenntnisse und Wissen um landestypische Gepflogenheiten verfügen, so könnte er sich vermutlich so verhalten, dass sie weitere als die leider typischen Diskriminierungen vermeiden könnte. Dann wäre es zumindest nicht mehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten, dass ihr im Falle der Rückkehr schwerwiegende Rechtsgutsverletzungen wegen ihrer Religions- und Volkszugehörigkeit drohten.
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Auch die weiteren Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Satz 4 lit. c) AufenthG sind erfüllt. Aufgrund der allgemein bekannten Probleme hinsichtlich der Sicherheitslage in Afghanistan und selbst in Kabul ist es offenkundig, dass derzeit niemand in der Lage ist, einer zahlenmäßig verschwindend kleinen Minderheit effektiven Schutz vor Übergriffen durch private Dritte zu bieten.
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Damit droht der Klägerin aus den selben Gründen wie schon 2001 weiterhin Verfolgung. Sie droht ihr auch durch die im Wesentlichen gleichen Kreise mit dem einzigen Unterschied, dass es sich nunmehr nicht mehr um staatliche oder quasistaatliche Machthaber handelt. Die Begründung der beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit ist unverändert geblieben. Diese Umstände rechtfertigen einen Widerruf der Entscheidung zu § 51 Abs. 1 AuslG nicht.
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Aufzuheben ist auch die negative Feststellung zu Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG. Dieser Entscheidung steht die bestandskräftige positive Entscheidung zu § 53 Abs. 4 AuslG entgegen, welche für die Klägerin immer noch wirkt. Diese ist offenkundig seitens des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge übersehen worden. Diese kann nur über die Vorschriften des § 73 Abs. 3 AsylVfG aufgehoben werden. Eine Umdeutung der negativen Feststellungsentscheidung in eine Entscheidung nach § 73 Abs. 3 AsylVfG kommt hier nicht in Betracht. Eine Umdeutung ist nach § 47 Abs. 1 VwVfG nur dann möglich, wenn der Verwaltungsakt auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.
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Im konkreten Fall ist zunächst festzustellen, dass über den Widerruf nach § 73 AsylVfG der Leiter des Bundesamtes oder ein von ihm beauftragter Bediensteter zu entscheiden hat, § 74 Abs. 1 AsylVfG. Ausweislich Behördenaktenseite 12 wurde übersehen, dass der Kläger auch bereits im Bescheid vom 12.07.1995 begünstigt worden ist. Daher fehlt es an einer Beauftragung im Sinne des § 73 Abs. 4 AsylVfG bezogen auf die Feststellung nach § 53 Abs. 4 AuslG zugunsten der Klägerin. Diese wird insoweit nur für ihre Eltern ausgesprochen. Damit ist eine Umdeutung der negativen Feststellung in einen Widerruf im vorliegenden Fall bereits ausgeschlossen, da der Widerruf von der erlassenden Behörde nicht in der geschehenen Verfahrensweise rechtmäßig hätte erlassen werden können. Zwar kommt der Regelung des § 73 Abs. 4 AsylVfG eine bloße Ordnungsfunktion zu, welche dem Ausländer keine subjektiven Rechte vermitteln kann (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 12.10.2004 - 8 LA 228/04 -, juris; VG Sigmaringen, Urt. v. 02.12.2003 - A 4 K 11498/01 -, juris). Jedoch kann eine Umdeutung eines fehlerhaften Verwaltungsaktes nur in einen rechtmäßigen Verwaltungsakt erfolgen. Der Maßstab ist damit ein anderer. Eine Umdeutung ist nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm nur dann zulässig, wenn der Verwaltungsakt rechtmäßig hätte erlassen werden können, also dem objektiven Recht entspricht. Eine Umdeutung eines fehlerhaften Verwaltungsaktes in einen „weniger fehlerhaften“ Verwaltungsakt, der zumindest die Rechte des Betroffenen nicht verletzt, ist nicht möglich. Dem steht schon die Bindung an Gesetz und Recht entgegen. Zumindest ist das Vorliegen eines objektiv rechtmäßigen Verfahrens nach dem Wortlaut des § 47 Abs. 1 VwVfG Voraussetzung für die Möglichkeit zur Umdeutung.
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Als rechtmäßig erweist sich hingegen der Widerruf der Asylberechtigung der Klägerin.
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Die formellen Voraussetzungen für einen Widerruf nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG liegen vor.
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Es liegt kein beachtlicher Verstoß gegen die in § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG geregelte Pflicht zum unverzüglichen Widerruf vor. Dabei kann die Frage, ob das Bundesamt aufgrund der Auskunftslage die den Kläger begünstigende Feststellung früher hätte widerrufen können, dahingestellt bleiben. Soweit die Entscheidung über den Widerruf im vorliegenden Fall nicht im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG „unverzüglich“ nach Wegfall der Voraussetzungen der Feststellung erfolgt ist, verletzt dies den Kläger jedenfalls nicht in seinen Rechten, da diese Regelung nicht seinem Schutz dient. Diese Vorschrift ordnet lediglich das Widerrufsverfahren. Mit ihr soll erreicht werden, dass Statusentscheidungen nach § 31 AsylVfG ohne Verzögerung widerrufen werden, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Die rasche Beendigung der nicht mehr gerechtfertigten privilegierten Stellung liegt im öffentlichen Interesse. Eine andere Bewertung ist auch bei Berücksichtigung der Erwartungen des Statusinhabers nicht angezeigt. Dessen Vertrauen, dass das Bundesamt bei verzögerter Handhabung weiterhin von einem Widerruf absehen wird, ist nicht geschützt. Beim Widerruf nach § 73 Abs. 1 AsylVfG handelt es sich um eine gebundene Entscheidung. Das heißt, dass das Bundesamt den Widerruf vornehmen muss, wenn die Voraussetzungen für die Statusentscheidung nicht mehr vorliegen. Jedes Absehen vom Widerruf ist in diesem Fall rechtswidrig. Ein rechtswidriges Absehen vom Erlass der Widerrufsentscheidung und die dadurch bewirkte Verzögerung können aber nicht zu einem den Kläger schützenden Vertrauenstatbestand führen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.11.2005 - 1 B 58/05 -, Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 14; BayVGH, Beschl. v. 25.04.2005 - 21 ZB 05.30260 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 27.11.1996 - A 13 S 2987/95 -; VG Sigmaringen, Urt. v. 15.08.1995 - A 4 K 12295/94 -).
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In materieller Hinsicht sind hier die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG zu bejahen. Der Klägerin droht nunmehr keine politische Verfolgung im Sinne des Art. 16a GG mehr.
63 
Politische Verfolgung liegt vor, wenn dem einzelnen durch seinen Heimatstaat oder durch Maßnahmen Dritter, die diesem Staat zurechenbar sind, in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen (z.B. seine Volkszugehörigkeit), gezielt Rechtsgutverletzungen zugefügt werden, die ihn nach ihrer Intensität und Schwere nicht lediglich unerheblich beeinträchtigen, sondern ihn aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, Beschl. v. 10. 07.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315 ff.). Staatlichkeit in diesem Sinne stellt ab auf das Vorhandensein einer in sich befriedeten Einheit, die nach innen alle Gegensätze, Konflikte und Auseinandersetzungen durch eine übergreifende Ordnung in der Weise relativiert, dass diese unterhalb der Stufe der Gewaltsamkeit verbleiben und die Existenzmöglichkeit des Einzelnen nicht in Frage stellen, insgesamt also die Friedensordnung nicht aufheben. Dazu dient staatliche Macht. Die Macht, zu schützen, schließt indes die Macht, zu verfolgen, mit ein. Daher hebt die Asylgewährleistung im Grundgesetz ganz auf die Gefahren ab, die aus einem bestimmt gearteten Einsatz verfolgender Staatsgewalt erwachsen; sie will den Einzelnen vor gezielten, an asylerhebliche Merkmale anknüpfenden Rechtsverletzungen schützen, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen. Darin liegt als Kehrseite beschlossen, dass Schutz vor den Folgen anarchischer Zustände oder der Auflösung der Staatsgewalt nicht durch Art. 16a Abs. 1 GG versprochen ist (BVerfG, Urt. v. 10.08.2000 - 2 BvR 1353/98 -, NVwZ 2000, 1165 ff.). Das Element der "Staatlichkeit" oder "Quasi-Staatlichkeit" von Verfolgung darf nicht losgelöst vom verfassungsrechtlichen Tatbestandsmerkmal des "politisch" Verfolgten betrachtet und nach abstrakten staatstheoretischen Begriffsmerkmalen geprüft werden. Es muss vielmehr in Beziehung gesetzt bleiben zu der Frage, ob eine Maßnahme den Charakter einer politischen Verfolgung im Sinne von Art. 16a Abs. 1 GG aufweist, vor der dem davon Betroffenen Schutz gewährt werden soll. Das Bundesverfassungsgericht hat betont, dass politische Verfolgung von einem Träger überlegener, in der Regel hoheitlicher Macht ausgeht, der der Verletzte unterworfen ist; politische Verfolgung ist somit grundsätzlich staatliche Verfolgung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10. 07.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, a.a.O.). Die Prüfung bestimmter staatstheoretischer Merkmale für die Annahme vorhandener oder neu entstehender Staatlichkeit kann mithin für die Beurteilung, ob Verfolgungsmaßnahmen die Qualität politischer Verfolgung haben, nicht schlechthin konstitutiv, sondern nur - wenn auch in gewichtiger Weise - indiziell sein. Maßgeblich für die Bewertung einer Maßnahme als politische Verfolgung ist, dass der Schutzsuchende einerseits in ein übergreifendes, das Zusammenleben in der konkreten Gemeinschaft durch Befehl und Zwang ordnendes Herrschaftsgefüge eingebunden ist, welches den ihm Unterworfenen in der Regel Schutz gewährt, andererseits aber wegen asylerheblicher Merkmale von diesem Schutz ausgenommen und durch gezielt zugefügte Rechtsverletzungen aus der konkreten Gemeinschaft ausgeschlossen wird, was ihn in eine ausweglose Lage bringt, der er sich nur durch die Flucht entziehen kann (vgl. zum Ganzen BVerfG, Urt. v. 10.08.2000 - 2 BvR 1353/98 -, a.a.O.).
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Wie oben dargestellt, drohen der Klägerin Übergriffe von Seiten fundamentalistischer Moslems, insbesondere auch von Anhängern der Taleban, weil er sich in besonderer Weise aus der Gruppe der ohnehin diskriminierten Hindus und Sikh durch seine westliche Prägung und seine Unkenntnis der Landessprache hervorheben würde. Dass der Staat an dieser Verfolgung ein Interesse haben könnte oder diese wohlwollend dulden könnte mit der Folge, dass eine mittelbare staatliche Verfolgung angenommen werden könnte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr ist hier davon auszugehen, dass der Staat einfach zum Schutz der diskriminierten Minderheiten nicht fähig ist. Dies allein reicht jedoch nicht aus, um von einer mittelbaren staatlichen Verfolgung zu sprechen. Damit ist der Tatbestand des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfüllt. Der Widerruf musste daher rechtlich zwingend verfügt werden-
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Es ist namentlich nicht zu beanstanden, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge kein Ermessen ausgeübt hat. § 73 Abs. 2a AsylVfG ist auf die hier vorliegende Fallkonstellation nicht dahingehend anzuwenden, dass es einer Ermessensentscheidung über den Widerruf bedürfte. Nach dieser Regelung hat die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Widerruf nach § 73 Abs. 1 AsylVfG oder einer Rücknahme nach Absatz 2 vorliegen, spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu erfolgen (Satz 1). Ist nach der Prüfung ein Widerruf oder eine Rücknahme nicht erfolgt, so steht eine spätere Entscheidung nach Absatz 1 oder 2 im Ermessen (Satz 3).
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Zwar liegt hier die Unanfechtbarkeit der positiven Statusentscheidung mehr als drei Jahre zurück. Dennoch führt dies nicht zu einem Ermessen hinsichtlich der Widerrufsentscheidung. Bei der zum 01. Januar 2005 in Kraft getretenen Überprüfungspflicht handelt es sich nämlich um einen zukunftsorientierten Auftrag an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die Regelung steht in engem Zusammenhang mit derjenigen in § 26 Abs. 3 AufenthG. Nach dieser Regelung wird einem Ausländer, der aufgrund einer positiven Entscheidung seines Asylbegehrens oder einer positiven Feststellung zu § 60 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 oder 2 AufenthG besitzt, nach Ablauf von drei Jahren eine Niederlassungserlaubnis erteilt, wenn die Mitteilung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach § 73 Abs. 2a AsylVfG vorliegt, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme nicht vorliegen. Der Gesetzgeber hat ausländerrechtlich die Frage nach der Rückwirkung dieser Regelung gesehen und sich bewusst dagegen entschieden, eine Mitteilung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge für Ausländer, die vor dem 01.01.2005 seit mehr als drei Jahren im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis nach § 70 Abs. 1 AsylVfG a.F. gewesen sind, fiktiv anzunehmen und somit den Anwendungsbereich des § 26 Abs. 3 AufenthG für diese Ausländer zu eröffnen. Der ursprüngliche Gesetzesvorschlag (BT-Drs. 15/4491 S. 9) ist nicht Gesetz geworden. Dieser gesetzgeberische Wille ist auch bei Auslegung der asylrechtlichen Norm zu berücksichtigen (Hess. VGH, Urt. v. 27.09.2005 - 7 UE 2030/05.A), mit der Konsequenz, dass die Prüfung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bis spätestens 31.12.2007 zu erfolgen hat. Erst nach erfolgter Prüfung und Verzicht auf einen Widerruf ist der Weg zur Ermessensentscheidung aus Satz 3 eröffnet (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 12.12.2005 - 21 A 4681/05.A; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 04.05.2006 - A 2 S 1122/05 -, juris).
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Nachdem die Klägerin überwiegend obsiegt hat, sind die Kosten des Verfahrens entsprechend der Anteile des Obsiegens und Unterliegens zu verteilen, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83b AsylVfG.
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit
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published on 16/03/2004 00:00

Tenor Die Anträge der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 04. Dezember 2003 - A 7 K 12600/03 - werden abgelehnt. Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Antragsverfahrens mit Aus
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Annotations

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt kann für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden, in den Fällen des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 jedoch für längstens sechs Monate, solange sich der Ausländer noch nicht mindestens 18 Monate rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Asylberechtigten und Ausländern, denen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt worden ist, wird die Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre erteilt. Subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes wird die Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr erteilt, bei Verlängerung für zwei weitere Jahre. Ausländern, die die Voraussetzungen des § 25 Absatz 3 erfüllen, wird die Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr erteilt. Die Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 1 und Absatz 4b werden jeweils für ein Jahr, Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 3 jeweils für zwei Jahre erteilt und verlängert; in begründeten Einzelfällen ist eine längere Geltungsdauer zulässig.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis darf nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind.

(3) Einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, ist eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
sein Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist,
4.
er über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
§ 9 Absatz 2 Satz 2 bis 6, § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 finden entsprechend Anwendung; von der Voraussetzung in Satz 1 Nummer 3 wird auch abgesehen, wenn der Ausländer die Regelaltersgrenze nach § 35 Satz 2 oder § 235 Absatz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch erreicht hat. Abweichend von Satz 1 und 2 ist einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn
1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit drei Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
er die deutsche Sprache beherrscht,
4.
sein Lebensunterhalt weit überwiegend gesichert ist und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
In den Fällen des Satzes 3 finden § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 entsprechend Anwendung. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für einen Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4 besitzt, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme vor.

(4) Im Übrigen kann einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend. Die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens wird abweichend von § 55 Abs. 3 des Asylgesetzes auf die Frist angerechnet. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt kann für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden, in den Fällen des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 jedoch für längstens sechs Monate, solange sich der Ausländer noch nicht mindestens 18 Monate rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Asylberechtigten und Ausländern, denen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt worden ist, wird die Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre erteilt. Subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes wird die Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr erteilt, bei Verlängerung für zwei weitere Jahre. Ausländern, die die Voraussetzungen des § 25 Absatz 3 erfüllen, wird die Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr erteilt. Die Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 1 und Absatz 4b werden jeweils für ein Jahr, Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 3 jeweils für zwei Jahre erteilt und verlängert; in begründeten Einzelfällen ist eine längere Geltungsdauer zulässig.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis darf nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind.

(3) Einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, ist eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
sein Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist,
4.
er über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
§ 9 Absatz 2 Satz 2 bis 6, § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 finden entsprechend Anwendung; von der Voraussetzung in Satz 1 Nummer 3 wird auch abgesehen, wenn der Ausländer die Regelaltersgrenze nach § 35 Satz 2 oder § 235 Absatz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch erreicht hat. Abweichend von Satz 1 und 2 ist einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn
1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit drei Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
er die deutsche Sprache beherrscht,
4.
sein Lebensunterhalt weit überwiegend gesichert ist und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
In den Fällen des Satzes 3 finden § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 entsprechend Anwendung. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für einen Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4 besitzt, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme vor.

(4) Im Übrigen kann einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend. Die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens wird abweichend von § 55 Abs. 3 des Asylgesetzes auf die Frist angerechnet. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt kann für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden, in den Fällen des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 jedoch für längstens sechs Monate, solange sich der Ausländer noch nicht mindestens 18 Monate rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Asylberechtigten und Ausländern, denen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt worden ist, wird die Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre erteilt. Subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes wird die Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr erteilt, bei Verlängerung für zwei weitere Jahre. Ausländern, die die Voraussetzungen des § 25 Absatz 3 erfüllen, wird die Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr erteilt. Die Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 1 und Absatz 4b werden jeweils für ein Jahr, Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 3 jeweils für zwei Jahre erteilt und verlängert; in begründeten Einzelfällen ist eine längere Geltungsdauer zulässig.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis darf nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind.

(3) Einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, ist eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
sein Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist,
4.
er über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
§ 9 Absatz 2 Satz 2 bis 6, § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 finden entsprechend Anwendung; von der Voraussetzung in Satz 1 Nummer 3 wird auch abgesehen, wenn der Ausländer die Regelaltersgrenze nach § 35 Satz 2 oder § 235 Absatz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch erreicht hat. Abweichend von Satz 1 und 2 ist einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn
1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit drei Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
er die deutsche Sprache beherrscht,
4.
sein Lebensunterhalt weit überwiegend gesichert ist und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
In den Fällen des Satzes 3 finden § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 entsprechend Anwendung. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für einen Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4 besitzt, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme vor.

(4) Im Übrigen kann einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend. Die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens wird abweichend von § 55 Abs. 3 des Asylgesetzes auf die Frist angerechnet. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt kann für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden, in den Fällen des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 jedoch für längstens sechs Monate, solange sich der Ausländer noch nicht mindestens 18 Monate rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Asylberechtigten und Ausländern, denen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt worden ist, wird die Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre erteilt. Subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes wird die Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr erteilt, bei Verlängerung für zwei weitere Jahre. Ausländern, die die Voraussetzungen des § 25 Absatz 3 erfüllen, wird die Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr erteilt. Die Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 1 und Absatz 4b werden jeweils für ein Jahr, Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 3 jeweils für zwei Jahre erteilt und verlängert; in begründeten Einzelfällen ist eine längere Geltungsdauer zulässig.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis darf nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind.

(3) Einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, ist eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
sein Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist,
4.
er über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
§ 9 Absatz 2 Satz 2 bis 6, § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 finden entsprechend Anwendung; von der Voraussetzung in Satz 1 Nummer 3 wird auch abgesehen, wenn der Ausländer die Regelaltersgrenze nach § 35 Satz 2 oder § 235 Absatz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch erreicht hat. Abweichend von Satz 1 und 2 ist einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn
1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit drei Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
er die deutsche Sprache beherrscht,
4.
sein Lebensunterhalt weit überwiegend gesichert ist und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
In den Fällen des Satzes 3 finden § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 entsprechend Anwendung. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für einen Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4 besitzt, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme vor.

(4) Im Übrigen kann einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend. Die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens wird abweichend von § 55 Abs. 3 des Asylgesetzes auf die Frist angerechnet. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.