| |
|
Die Klage bleibt sowohl als Fortsetzungsfeststellungklage (1.) als auch als vorbeugende Unterlassungsklage (2.) ohne Erfolg.
|
|
|
1. Die Klage ist hinsichtlich der polizeilichen Maßnahmen an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 als Fortsetzungsfeststellungklage zulässig, jedoch nicht begründet.
|
|
|
Die Klage ist analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig.
|
|
|
Dem Kläger steht eine Feststellungsinteresse analog § 113 Abs.1 Satz 4 jedenfalls unter dem Aspekt der Wiederholungsgefahr zur Seite. Eine Wiederholungsgefahr in diesem Sinne setzt voraus, dass eine gleichartige Verwaltungsentscheidung bereits tatsächlich bevorsteht, in absehbarer Zeit möglich ist oder sich konkret abzeichnet. Dies ist vorliegend der Fall, nachdem die Beklagte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hinsichtlich des Volkstrauertages 2004 (8 K 1965/04) mit Schreiben vom 08.11.2004 ausdrücklich erklärt hat, dass für den Fall, dass sich der Kläger wie zum Volkstrauertag 2003 verhalte, „damit zu rechnen [sei], dass die Antragsgegnerin bereits um ihrer Selbstbindung gerecht zu werden, ähnlich verfährt, wie sie es im vergangenen Jahr für geboten hielt“. Dass sich der Kläger in Bezug auf künftige Volkstrauertage ähnlich wie bisher verhalten - also im Eingangsbereich des B. Plakate zeigen und Handzettel verteilen - möchte, ergibt sich u. a. bereits aus seinen Klaganträgen zum vorbeugenden Rechtsschutz. Darüber hinaus erklärte der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich, dass er mit seinen Handlungen „das spezielle Volkstrauertagspublikum im Auge“ habe und diese daher zum Zeitpunkt der Gedenkfeier am B. stattfinden müssten. Solche Handlungen „am Volkstrauertag in der Fußgängerzone in T.“ vorzunehmen, was die Beklagte gestatten würde, wie ihre Vertreter in der mündlichen Verhandlung sagten, lehnte der Kläger in der Verhandlung ausdrücklich ab.
|
|
|
Darüber hinaus hat der Kläger ein schutzwürdiges Interesse an einer Rehabilitierung. Hat ein Verwaltungsakt außer seiner erledigten, belastenden Wirkung einen Inhalt, der dem Ansehen des Betroffenen schadet, so rechtfertigt das Interesse an einer Rehabilitation, an der Beseitigung der Rufminderung, eine Fortsetzungsfeststellungsklage. Der Kläger trägt vor, das Geschehen im Eingangsbereich des B. sei von der Öffentlichkeit beobachtet worden, was von der Beklagtenseite nicht bestritten worden ist. Zudem ist, jedenfalls was den Volkstrauertag 2003 angeht, auch in der Presse darüber berichtet worden. Dadurch kann das Ansehen des Klägers beeinträchtigt sein. Hinzu kommt hier noch, dass die Feststellungsbegehren polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand haben, die sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränken, in welcher der Betroffene keine gerichtliche Entscheidung erlangen kann. Dass in einem solchen Fall im Hinblick auf den durch Art.19 Abs.4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Klärung bestehen kann, ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.04.2005 - 1 S 2362/04 -, Juris m. w. N.).
|
|
|
Der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage steht auch nicht entgegen, dass kein Vorverfahren durchgeführt worden ist. Die von der Polizei getroffene Maßnahmen in den genannten beiden Jahren haben sich auf die Dauer der Gedenkveranstaltung beschränkt und mit Ablauf ihrer Vollziehung erledigt. Da die Erledigung somit vor Ablauf der Widerspruchsfrist eingetreten ist, bedarf es eines Vorverfahrens nicht. Zudem ist die Klage auch nicht an die Frist der §§ 74 Abs. 1, 58 Abs. 2 VwGO gebunden (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7/98 -, BVerwGE 109, 203).
|
|
|
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die polizeilichen Maßnahmen an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 waren rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten.
|
|
|
Die Platzverweise an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 finden ihre Rechtsgrundlage in den §§ 1, 3 des Polizeigesetzes (PolG) in der Fassung vom 13.Januar 1992 (GBl. S.1, ber. S. 596, 1993 S.155). Danach hat die Polizei die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren, und zu deren Wahrnehmung diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage sind vorliegend erfüllt. Denn das Verhalten des Klägers stellte jeweils eine Störung der öffentlichen Sicherheit bzw. Ordnung dar.
|
|
|
Öffentliche Sicherheit in diesem Sinne meint die Unverletzlichkeit der objektiven Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie die Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates und der sonstigen Träger von Hoheitsgewalt. Hierunter fällt auch die Rechtsposition der Veranstalter der Gedenkfeiern am Volkstrauertag als Sondernutzungserlaubnis, wie das Verwaltungsgericht Sigmaringen bereits in seinen Urteilen vom 31.05.1989 - 3 K 1735/88 - und vom 17.10.2002 - 6 K 1760/01 - zutreffend ausführt. Bei dem Mahnmal auf dem B. der Stadt T. handelt es sich um eine öffentliche Einrichtung der Beklagten (vgl. § 2 der Friedhofssatzung vom 2. Juli 2001). Das Mahnmal ist Teil der Friedhofs. Nach § 5 Abs.4 Satz 1 Friedhofsordnung bedürfen Totengedenkfeiern auf den Friedhöfen der Zustimmung der Beklagten. Daraus folgt, dass es sich bei den Gedenkfeiern an den Volkstrauertagen 2003 und 2004 um eine Sondernutzung, nicht um Ausübung des Gemeingebrauchs handelte. Die den Veranstaltern der Gedenkfeiern - der Stadt T. und dem Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge - erteilte Sondernutzungserlaubnis schließt für die Dauer ihrer Geltung den Gemeingebrauch anderer aus (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 10.09.1986 - 11 A 53/84 -, NVwZ 1987, 1099). Die Veranstalter haben als Inhaber der Sondernutzungserlaubnis das Recht den Ablauf der Veranstaltung zu bestimmen und die Gedenkstätte nach ihren Wünschen und Bedürfnissen zu gestalten. Es gibt kein Recht Dritter, darauf Einfluss zu nehmen. Nach dem Willen der Veranstalter sollten die jeweiligen Gedenkfeiern zu den Volkstrauertagen 2003 und 2004 störungsfrei ablaufen; insbesondere ergibt sich aus den Umständen - seit 1987 sollte nur ein Kranz durch die Veranstalter abgelegt werden -, dass in unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Nähe zur Gedenkfeier keine politischen Meinungsäußerungen stattfinden sollten, welche zum mahnenden Charakter der Veranstaltung in Widerspruch stehen. Dabei bezieht sich das Gestaltungsrecht der Veranstalter räumlich nicht nur auf das Friedhofgelände selbst, sondern auch auf den daran unmittelbar angrenzenden Bereich - hier den Zugangsbereich zum Friedhofsgelände -, von dem aus zumindest bei extensiver Nutzung Dritte auf die Veranstaltung störend einzuwirken vermochten; dies auch dann, wenn diese Personen hierbei die Grenzen des sonst zulässigen Gemeingebrauchs im Einzelfall nicht überschritten haben sollten (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 10.09.1986, a. a. O.). Zeitlich setzt die Sondernutzungserlaubnis nicht erst mit Beginn der Veranstaltung, sondern bereits zu einem Zeitpunkt ein, zu dem regelmäßig mit dem Eintreffen von Besuchern und Teilnehmern der Veranstaltung zu rechnen ist.
|
|
|
Durch das Verhalten des Klägers an den genannten Volkstrauertagen stand jeweils eine Störung dieses Rechts der Veranstalter unmittelbar bevor. Im Jahr 2003 ergibt sich dies daraus, dass der Kläger sich gegen 10.40 Uhr und damit unmittelbar vor der um 11.15 Uhr beginnenden Veranstaltung mit den im Tatbestand bezeichneten Plakaten gegenüber dem Eingang des B. postierte. Der Inhalt dieser Plakate stand zu dem von den Veranstaltern gewünschten mahnenden Charakter der Gedenkfeier in erkennbarem Widerspruch. Gleiches gilt für die am Volkstrauertag 2004 gegen 10.55 Uhr verteilten Flugblätter des Klägers. Insoweit ist auch die vom Kläger gegenüber dem Vertreter des Ordnungsamtes der Beklagten gemachte Äußerung („Sie missbrauchen den Volkstrauertag für Ihre Juden- und Kommunistenpropaganda.“) zu berücksichtigen, aus der ersichtlich wird, dass es dem Kläger mit seinen Meinungsäußerungen erkennbar um eine Relativierung der Gedenkfeiern in der von Veranstaltern vorgenommenen Art und Weise ging. Zudem ließen das aggressive Verhalten des aus den Vorjahren für massive Störversuche im Hinblick auf die Gedenkfeier bekannten Klägers während der jeweils durchgeführten Polizeikontrollen darauf schließen, dass weitere Störungen unmittelbar bevor standen.
|
|
|
Darüber hinaus bestand eine Gefahr für die öffentliche Ordnung im Sinne von § 1 PolG. Unter öffentlicher Ordnung wird die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln verstanden, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden und mit dem Wertgehalt des Grundgesetzes zu vereinbarenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebietes angesehen wird. Die öffentliche Ordnung kann durch die Art und Weise der Kundgabe einer Meinung oder durch provokantes Auftreten von Rechtsextremen verletzt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.09.2003 - 1 BvQ 32/03 -, NVwZ 2004, 90 m. w. N.). Die Gedenkfeier auf dem B. in T. am Volkstrauertag diente der Erinnerung an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, also an diejenigen Menschen, die unmittelbar durch die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft oder mittelbar durch den von dieser verschuldeten Weltkrieg ihr Leben verloren haben, und der Mahnung vor der Wiederholung solcher oder vergleichbarer Geschehnisse. Dieser Feiertag als solcher und speziell die Gedenkfeier, mit der er begangen wird, haben nach der Anschauung einer weit überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung einen Inhalt und eine Zielrichtung, die gegen rechtsextreme Bestrebungen und rechtsextremes Gedankengut gerichtet ist. Dem kommt nach dieser Anschauung ein so hoher Wert zu, dass seine Beachtung als für ein gedeihliches Zusammenleben notwendig erscheint (vgl. zum Charakter des Volkstrauertages auch OVG Brandenburg, Beschl. v. 15.11.2002 - 4 B 326/02 -, NVwZ 2003, 623). Die Absicht des Klägers, an diesen Tagen eine erklärtermaßen politisch rechts angesiedelte Meinungsäußerung - sei es durch das Zeigen von Plakaten oder das Verteilen von Flugblättern - zu betreiben, stellt eine Störung der öffentlichen Ordnung dar, die in den konkreten Situationen 2003 und 2004 jedenfalls unmittelbar bevorstand, wenn nicht gar bereits eingetreten war.
|
|
|
Es sind keinerlei Anhaltspunkte - auch nicht ansatzweise - ersichtlich oder vorgetragen, dass die Veranstalter des Gedenktags dessen Charakter zuwider handeln oder gar missbrauchen. Die Behauptung des Klägers, der Tag werde für „Juden- und Kommunistenpropaganda“ missbraucht, ist haltlos. Sie lässt allerdings deutlich werden, worum es dem Kläger bei seinen Aktionen geht. Deren Inhalt aber auch die Art und Weise, etwa die lautstarken Auftritte des Klägers, sind unvereinbar mit dem still mahnenden Charakter des Volkstrauertages.
|
|
|
Die Beklagte wurde jeweils als zuständige Ortspolizeibehörde (§§ 60 Abs. 1, 66 Abs. 2 PolG) tätig, um durch den Erlass der Platzverweise die Rechtspositionen der Veranstalter zu schützen und hierdurch die Gefahr für die öffentliche Ordnung zu beseitigen. Die Anordnungen richteten sich gegen den Kläger als Störer (§§ 6 und 7 PolG). Die Platzverweise waren auch nicht unverhältnismäßig. Es handelte sich um vorübergehende Maßnahmen, die nur von kurzer Dauer waren, nämlich bis zum Ende der Veranstaltung; es fehlt ihnen die Eingriffsqualität, so dass Art. 11 GG nicht entgegensteht (Reiff, PolG für Baden-Württemberg, Kommentar, § 3 RdNr. 26). Diese Platzverweise waren auch erforderlich, da es kein milderes Mittel im Sinne des § 5 PolG gab, um die Entfernung des Klägers vom Ort der Gedenkfeier zu erreichen.
|
|
|
Die Platzverweise sind schließlich, auch soweit sie dazu dienten, eine Gefahr für die öffentliche Ordnung abzuwehren, ermessensfehlerfrei ergangen. Insbesondere ist auch die hierin liegende Beeinträchtigung der Meinungsäußerungsfreiheit des Klägers nicht zu beanstanden. Die Gewährleistung der Freiheit der Meinungsäußerung unterliegt nach Art. 5 Abs. 2 GG den Schranken der allgemeinen Gesetze, die - wie hier die §§ 1, 3 PolG - den Schutz anderer Rechtsgüter zum Gegenstand haben. Dabei darf das Grundrecht aus Art. 5 Abs.1 GG zwar nicht unbegrenzt eingeschränkt werden. Das Recht der freien Meinungsäußerung ist vielmehr als konstituierend für ein freiheitliches demokratisches Gemeinwesen in der Güterabwägung zu gewichten. Andererseits zählt die Abgrenzung gegen die nationalsozialistische Vergangenheit Deutschland ebenfalls zu den tragenden Elementen der Wertordnung des Grundgesetzes. Wenngleich in einer Demokratie selbst diese Grundwerte keinen absoluten Schutz vor jeder Art von Kritik und auch Provokation genießen können, ist doch ein gewisser, eng begrenzter Kernbereich anzunehmen, in welchem die symbolische Bekräftigung derselben, auch im Sinne einer Selbstvergewisserung des demokratischen Gemeinwesens, gänzlich frei von Störungen gehalten werden darf. Zu diesem Kernbereich sind Veranstaltungen mit solch symbolischem Charakter, wie eben die Gedenkfeier zum Volkstrauertag auf dem T. B., zu zählen. Es ist darum unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht zu beanstanden, wenn die Behörde in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Gedenkfeier Meinungsäußerungen unterbindet, die - wie die des Klägers - gezielt zur selben Zeit und in unmittelbarer Nähe vorgenommen werden, um den Inhalt der Feier zu konterkarieren. Zu diesem Zweck stellte ein Platzverweis, auch in der Ausdehnung auf den Eingangsbereich des Friedhofs, das mildeste Mittel dar.
|
|
|
Was die Beschlagnahme der Plakate anlässlich des Volkstrauertages 2003 sowie der Flugblätter anlässlich des Volkstrauertages 2004 anbelangt, so waren diese ebenfalls rechtmäßig. Rechtsgrundlage der Beschlagnahme war jeweils § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG. Danach kann die Polizei eine Sache beschlagnahmen, wenn dies erforderlich ist zum Schutz eines Einzelnen oder des Gemeinwesens gegen eine unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung. Diese Voraussetzungen waren vorliegend gegeben, denn die Plakate und die Flugblätter dienten als Mittel der unmittelbar bevorstehenden Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme gilt das oben zu den Platzverweisen Ausgeführte entsprechend. Zudem waren die zeitlichen Grenzen des § 33 Abs. 3 Satz 1 PolG gewahrt. Dies gilt auch hinsichtlich der anlässlich des Volkstrauertages 2003 stattgefundenen Beschlagnahme. Denn dem Kläger wurde die Möglichkeit gegeben, die Plakate unmittelbar nach dem Ende der Gedenkfeier am Ort der Verwahrung, dem Polizeirevier T., abzuholen. Eine Pflicht zur Rückgabe der Plakate am Ort der Beschlagnahme - hier dem Eingangsbereich des B.s - bestand angesichts von deren Rechtmäßigkeit nicht (vgl. ausführlich zur strafprozessualen Beschlagnahme: BGH, Urt. v. 03.02.2005 - III ZR 271/04 -, NJW 2005, 988).
|
|
|
Was schließlich die Anordnung des polizeilichen Gewahrsams am Volkstrauertag 2004 angeht, war diese - soweit sich angesichts der Antragsformulierung die Klage hiergegen überhaupt richten sollte - ebenfalls rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten. Der Gewahrsam ist eine Maßnahme der Gefahrenabwehr und zielt auf eine Freiheitsentziehung aus präventiv polizeilichen Gründen. Rechtsgrundlage hierfür war § 28 Abs. 1 Nr. 1 PolG. Danach kann die Polizei eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn auf andere Weise eine unmittelbar bevorstehende erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht verhindert oder eine bereits eingetretene Störung nicht beseitigt werden kann. Die weitere unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die vom Kläger im Jahr 2004 aufgrund seines aggressiven Verhaltens ausging, ist als erheblich einzustufen, nachdem er sich gegen die zuvor ausgesprochene Beschlagnahme der Flugblätter zur Wehr setzte und im Zuge dessen lauthals schrie; weitere Störungen des Klägers konnten daher auf andere Weise als seine Gewahrsamnahme nicht verhindert werden, insbesondere erschien ein Platzverweis nicht mehr ausreichend. Der erforderliche enge Zusammenhang mit der Gedenkveranstaltung (§ 28 Abs. 3 Satz 1 PolG) war ebenfalls gewahrt, da der Kläger unmittelbar nach Ende dieser Veranstaltung wieder aus dem Gewahrsam entlassen wurde.
|
|
|
Der Rechtmäßigkeit der Gewahrsamnahme des Klägers steht schließlich nicht entgegen, dass keine richterliche Entscheidung über den Gewahrsam herbeigeführt worden ist (§ 28 Abs. 3 Satz 3 PolG). Denn die Herbeiführung einer solchen Entscheidung war vorliegend entbehrlich, da eine Prognose ergibt, dass eine richterliche Entscheidung erst zu einem Zeitpunkt hätte ergehen können, als der Grund für den Gewahrsam wieder weggefallen ist (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.09.2004 - 1 S 2206/03 -, VBlBW 2005, 63 m. w. N.). Der Kläger ist lediglich für knapp eine Stunde in Gewahrsam genommen worden, wobei für die Polizeibehörde angesichts der alljährlich stattfindenden Gedenkfeier auf dem B. diese (kurze) zeitliche Dauer und damit der Zeitpunkt der Freilassung des Klägers absehbar war. Bei dieser Sachlage erweist sich der Verzicht auf eine richterliche Entscheidung durch die Prognose gerechtfertigt, dass die Herbeiführung einer solchen die Dauer des Gewahrsams aller Voraussicht nach verlängert hätte. Insbesondere mit Blick darauf, dass die herbeizuführende richterliche Entscheidung zur Gewährung rechtlichen Gehörs grundsätzlich die Anhörung sämtlicher Beteiligter vorausgesetzt hätte, konnte die Polizei - zumal es sich um einen Sonntag handelte, an dem am zuständigen Amtsgericht allenfalls ein Bereitschaftsdienst tätig gewesen ist - davon ausgehen, dass eine richterliche Entscheidung nicht vor Ablauf des Gewahrsams hätte ergehen können.
|
|
|
2. Auch die vorbeugende Unterlassungsklage des Klägers bleibt ohne Erfolg. Sie dürfte zwar zulässig sein. Denn im Hinblick darauf, dass auch diese Klage polizeiliche Maßnahmen zum Gegenstand hat, die sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränken, in welcher der Betroffene keine gerichtliche Entscheidung erlangen kann, wäre (auch vorläufiger) nachträglicher Rechtsschutz nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße wirksam (vgl. zum sog. qualifizierten Rechtsschutzinteresse: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.01.1993 - 2 S 1040/91 -, NVwZ-RR1994, 363 m. w. N.). Allerdings ist die Klage unbegründet. Denn dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu, nachdem sich die anlässlich der Volkstrauertage 2003 und 2004 durchgeführten polizeilichen Maßnahmen - gegen deren Wiederholung sich die Unterlassungsklage richtet - als rechtmäßig erweisen.
|
|
|
|