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| Die als Verpflichtungsklage (vgl. § 41 Abs. 2 Kommunalwahlgesetz) zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens, die ablehnende Entscheidung des Gemeinderates, ihm durch Verfügung vom 30.09.2008 bekannt gegeben, verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, 5 VwGO). |
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| Die Anspruchsgrundlage auf die Durchführung eines Bürgerbegehrens findet sich in § 21 Abs. 3, 4 Gemeindeordnung (GO). Die im vorliegenden Verfahren relevanten Abs. 1 - 4 des § 21 GO lauten wie folgt: |
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| Bürgerentscheid, Bürgerbegehren |
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| (1) Der Gemeinderat kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen aller Mitglieder beschließen, dass eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, der Entscheidung der Bürger unterstellt wird (Bürgerentscheid). |
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| (2) Ein Bürgerentscheid findet nicht statt über |
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1. Weisungsaufgaben und Angelegenheiten, die kraft Gesetzes dem Bürgermeister obliegen, |
2. Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung, |
3. die Rechtsverhältnisse der Gemeinderäte, des Bürgermeisters und der Gemeindebediensteten, |
4. die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte, |
5. die Feststellung der Jahresrechnung der Gemeinde und der Jahresabschlüsse der Eigenbetriebe, |
6. Bauleitpläne und örtliche Bauvorschriften sowie über |
7. Entscheidungen in Rechtsmittelverfahren. |
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| (3) Über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, kann die Bürgerschaft einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren). Ein Bürgerbegehren darf nur Angelegenheiten zum Gegenstand haben, über die innerhalb der letzten drei Jahre nicht bereits ein Bürgerentscheid auf Grund eines Bürgerbegehrens durchgeführt worden ist. Das Bürgerbegehren muss schriftlich eingereicht werden, dabei findet § 3 a des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes keine Anwendung; richtet es sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Das Bürgerbegehren muss die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten. Es muss von mindestens 10 vom Hundert der Bürger unterzeichnet sein, höchstens jedoch in Gemeinden |
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mit nicht mehr als 50 000 Einwohnern |
von 2 500 Bürgern, |
mit mehr als 50 000 Einwohnern, aber nicht mehr als 100 000 Einwohnern |
von 5 000 Bürgern, |
mit mehr als 100 000 Einwohnern, aber nicht mehr als 200 000 Einwohnern |
von 10 000 Bürgern, |
mit mehr als 200 000 Einwohnern |
von 20 000 Bürgern. |
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| (4) Über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens entscheidet der Gemeinderat. Der Bürgerentscheid entfällt, wenn der Gemeinderat die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt. |
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| Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Bürgerbegehrens liegen - mit Ausnahme des Begründungserfordernisses - vor. So stellt der Bau einer Eisenbahnunterführung mit dem Ziel, eine Gemeindestraße unter der Bahntrasse durchführen zu können, eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde dar, für die der Gemeinderat zuständig ist. Angelegenheiten des Wirkungskreises der Gemeinde sind solche, die in der Gemeinde wurzeln oder einen spezifischen Bezug zu ihr haben und die von der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 GG umfasst sind (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, Rn. 3 zu § 21). Hierzu gehört auch die Entscheidung, eine Gemeindestraße in Gestalt einer Bahnunterführung zu bauen. Dem steht nicht entgegen, dass die Planungs- und Bauarbeiten von der ...-... GmbH durchgeführt bzw. in Auftrag gegeben werden. Diese Aufgabenteilung resultiert lediglich aus dem Kreuzungsvertrag und ändert nichts daran, dass die Entscheidung, die Straße mit Unterführung zu bauen, allein eine solche der Beklagten ist. Die Tatsache, dass die Straße der Allgemeinheit gewidmet werden wird und ihre Benutzung also nicht Einwohnern der Beklagten vorbehalten bleibt, vermag hieran nichts zu ändern. Bereits an dieser Stelle ist insoweit auf die gesetzgeberische Motivation einzugehen, die zur Schaffung der derzeitigen Fassung des § 21 GO geführt hat. Diese wurde durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005 (GBl. S. 578) eingeführt. Sinn der Neuregelung war, die Möglichkeiten der unmittelbaren Bürgerbeteiligung in den Städten und Gemeinden deutlich zu verstärken. Durch das bis dahin geltende Erfordernis einer „wichtigen Gemeindeangelegenheit“ in Verbindung mit dem früheren Positivkatalog seien zahlreiche Gemeindeangelegenheiten von einem Bürgerentscheid ausgeschlossen gewesen. Durch den Wegfall des Positivkatalogs würde eine Stärkung der Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene erreicht. Auch seien nach den Erfahrungen in anderen Länder, die lediglich einen Negativkatalog besitzen, keine negativen Auswirkungen im Hinblick auf die Kompetenzen des Gemeinderats als Hauptorgan der Gemeinde bekannt. Auch die Absenkung des Quorums von 30 auf 25 % der Stimmberechtigten diene dem Ziel, die unmittelbare Bürgerbeteiligung am kommunalen Geschehen attraktiver zu machen. Auch die Verlängerung der Frist für die Einreichung des Bürgerbegehrens von 4 auf 6 Wochen solle die Durchführung eines Bürgerbegehrens erleichtern (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung vom 13.06.2005, Drucksache 13/4385 sowie ebenso die Beschlussempfehlung und den Bericht des Innenausschusses, Drucksache 13/4495 und den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion Grüne vom 20.04.2005, Drucksache 13/4263). Den Gesetzesmaterialien ist mithin eindeutig zu entnehmen, dass durch die Neufassung die Möglichkeit, ein Bürgerbegehren durchzuführen, erweitert und erleichtert werden sollte. Dieser damit der jetzigen Gesetzesfassung innewohnende Zweck verbietet restriktive Auslegungen, die die Zulässigkeit eines Bürgerbegehren einschränken würden. |
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| Das Bürgerbegehren ist entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GO unzulässig, weil der für die Bahnunterführung existierende Planfeststellungsbeschluss einem Bauleitplan gleichzustellen wäre. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Wortlaut des § 21 Abs. 2 Nr. 6 eindeutig und nicht auslegungsbedürftig ist und Maßnahmen, die aufgrund eines Planfeststellungsbeschlusses durchgeführt werden, eben gerade nicht erfasst. Gleiches ergibt sich im Übrigen, wenn man die bereits dargestellte gesetzgeberische Intention der Neuregelung in Betracht zieht. Nach dem Sinn der Neuregelung gerade war, die Durchführung von Bürgerbegehren zu erleichtern und für die Bürgerschaft „attraktiver“ zu machen, verbietet es sich, die Ausschlussregelungen des Abs. 2 erweiternd auszulegen. Zum gleichen Ergebnis führt auch die Betrachtung von Sinn und Zweck des § 1 Abs. 2 Nr. 6 GO. Die Vorschrift trägt der Tatsache Rechnung, dass Bauleitpläne planerische Entscheidungen darstellen, die vielfältige Interessen und Interessenkonflikte berücksichtigen und ausgleichen müssen. Ein solch komplexer Abwägungsvorgang lässt sich nicht in eine Ja/Nein Fragestellung gießen, die bei einem Bürgerentscheid erforderlich wäre (vgl. §§ 53 Abs. 3 Satz 2, 52 Abs. 2 Kommunalwahlordnung). |
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| Das Schriftformerfordernis ist eingehalten, ebenso war die Angelegenheit nicht bereits innerhalb der letzten zwei Jahre schon einmal Gegenstand eines Bürgerbegehrens. Auch die 6-Wochen-Frist ist eingehalten. Die Frist beginnt mit der Bekanntgabe des Gemeinderatsbeschlusses zu laufen. Dabei kann offen bleiben, ob hierbei auf eine „offizielle“ Bekanntmachung im Amtsblatt abzustellen ist oder ob etwa ein Pressebericht oder ähnliches genügt. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass es vor dem 03.07.2008 keine Berichterstattung über den Beschluss vom 30.06.2008 gegeben hat. Mit dem am 12.08.2008 eingereichten Bürgerbegehren ist die 6-Wochen-Frist mithin gewahrt, was auch seitens der Beklagten nicht in Frage gezogen wird. Ebenso ist das Unterschriftenquorum des § 21 Abs. 3 Satz 5 GO (10 % der Bürger) erfüllt. |
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| Auch die Fragestellung (§ 21 Abs. 3 Satz 4 GO) ist hinreichend deutlich. Nach der genannten Vorschrift muss das Bürgerbegehren die „zur Entscheidung zu bringende Frage ...“ enthalten. Damit ist jedoch nicht gefordert, dass die Sachfrage tatsächlich in Frageform gestellt wird, auch ist nicht erforderlich, dass bereits auf den Unterschriftenlisten eine Frage gestellt wird, die mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. Erforderlich ist vielmehr, dass die Fragestellung eindeutig ist, dass der Unterzeichner des Bürgerbegehrens mithin zweifelsfrei ersieht, wofür oder wogegen er sich mit seiner Unterschrift ausspricht (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 25.10.1976 - I 561/76 -, ESVGH 27,73). In der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg ist auch klargestellt, dass an die Formulierung und die äußere Form eines Bürgerbegehrens keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen, wenn das Rechtsinstitut seinem Zweck gerecht werden soll. Andererseits muss die zur Entscheidung zu bringende Frage aus dem Antrag mit hinreichender Klarheit und Eindeutigkeit zu entnehmen sein, weil die Bürger wissen müssen, welchen Inhalt das von ihnen unterstützte Begehren hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 16.09.1974 - I 561/76 -, ESVGH 27, 73). Diesen Anforderungen genügt die auf den Unterschriftslisten enthaltene Fragestellung zweifelsfrei. Sie macht eindeutig deutlich, dass der Unterzeichner gegen den Bau der Eisenbahnunterführung in Amstetten-Bahnhof ist, deren Bau am 30.06.2008 vom Gemeinderat der Beklagten beschlossen wurde. |
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| Der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens steht weiter nicht entgegen, dass kein Kostendeckungsvorschlag enthalten ist. Zunächst ist anerkannt, dass es eines Kostendeckungsvorschlages dann nicht bedarf, wenn das Bürgerbegehren auf das Unterlassen einer Maßnahme gerichtet ist, Kosten mithin nicht entstehen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat zwar eingewandt, bei einem Absehen vom Bau der Bahnunterführung entstünden sehr wohl Kosten, nämlich in Gestalt der Schadensersatzansprüche der DB. Indes können mögliche Schadensersatzansprüche nicht zur Erfordernis eines Kostendeckungsvorschlages führen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 21 Abs. 3 Satz 4 GO, der einen Vorschlag für die Deckung der Kostender verlangten Maßnahme enthält. Eventuelle Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Durchführung oder der Nichtdurchführung einer Maßnahme sind davon gerade nicht erfasst. Zum andern muss beachtet werden, dass es der Bürgerschaft nicht möglich ist, möglicherweise entstehende Schadensersatzansprüche Dritter zu prüfen und zu beurteilen, da ihnen der Zugang zu den einschlägigen Verwaltungsunterlagen fehlt. Die Praxis hat in der Vergangenheit gezeigt, dass Bürgerbegehren, die auf die Durchführung einer Maßnahme zielen, relativ selten sind, weil es der Bürgerschaft wegen des komplexen Haushaltsrechts nur schwer möglich ist, einen realisierbaren Kostendeckungsvorschlag zu machen. Der Kostendeckungsvorschlag erweist sich also als schwerste „Hürde“ für einen Bürgerentscheid. Würde man von der Bürgerschaft darüber hinaus verlangen, sich über eventuelle Schadensersatzansprüche Dritter kundig zu machen und hierzu einen Finanzierungsvorschlag zu unterbreiten, würde dies eine unzulässige Erschwerung für ein Bürgerbegehren darstellen, der Kostendeckungsvorschlag würde zum „Killerkriterium“. Es ist vielmehr der Verwaltung unbenommen, nach Zulassung eines Bürgerbegehrens in der Diskussion auf eventuelle Schadenersatzansprüche hinzuweisen, damit die Bürgerschaft im Rahmen des (anschließenden) Bürgerentscheides dies in ihre Entscheidung einfließen lassen kann. |
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| Hinsichtlich des Begründungserfordernisses ist in der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg geklärt, dass an die Begründung (inhaltlich) keine hohen Anforderungen zu stellen sind, damit das Instrument Bürgerbegehren seinem Zweck gerecht wird (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 16.09.1974, ESVGH 27, 73). Daran, dass die in der „Anlage zur Unterschriftenliste“ enthaltene Begründung inhaltlich ausreichend ist, hat die Kammer deshalb keinerlei Zweifel. |
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| Hier ist allerdings dem Begründungserfordernis im Ergebnis deshalb nicht genügt, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Unterzeichner von der Begründung Kenntnis gehabt haben. Genauer gesagt, spitzt sich der vorliegende Rechtsstreit auf die Frage zu, ob das Begründungserfordernis verlangt, dass die Begründung den Unterzeichnern eines Bürgerbegehrens vorgelegen hat, diese also bei der Unterzeichnung hiervon Kenntnis nehmen konnten, oder ob es ausreicht, dass die Begründung zusammen mit den Unterschriftenlisten der Gemeinde vorgelegt wird, also dem Gemeinderat bei seiner Entscheidung nach § 21 Abs. 4 GO vorliegt. Anders formuliert geht die Frage dahin, ob das „Bürgerbegehren“ die Gesamtheit der Unterlagen ist, die der Gemeinde vorgelegt werden oder ob es das Schriftstück bzw. die Gesamtheit der Schriftstücke ist, die von den Bürgern unterzeichnet wurden. Würde es ausreichen, dass die Begründung zusammen mit Fragestellung, Unterschriftenliste und ggf. Kostendeckungsvorschlag der Gemeinde vorgelegt wird, unabhängig davon, ob sie den unterzeichnenden Bürgern vorlag, wäre das Bürgerbegehren zulässig. |
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| Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung ergeben nach Auffassung der Kammer indes hinreichend deutlich, das die Begründung des Bürgerbegehrens von den Unterzeichnern zur Kenntnis genommen werden können muss. Dies ergibt sich aus Folgendem: § 21 Abs. 2 Satz 1 GO definiert das Bürgerbegehren als Antrag der Bürgerschaft auf Durchführung eines Bürgerentscheids. Damit ist klargestellt, dass das Bürgerbegehren nicht von Einzelpersonen eingereicht wird, sondern von der „Bürgerschaft“. Es gibt mithin nur ein Bürgerbegehren, entsprechend sieht § 41 Kommunalwahlordnung vor, dass für dieses Vertrauensleute als Ansprechpartner bestimmt werden sollen. Diese sind mithin nicht „Antragsteller“, sondern quasi Vertreter der Bürgerschaft. § 21 Abs. 3 Satz 3 GO verlangt, dassdas Bürgerbegehren schriftlich eingereicht werden muss. Auch dies bestätigt, dass es insgesamt nur einen einheitlichen Antrag gibt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Bürgerbegehren gleichsam auf einem Blatt zusammengefasst sein müsste. Vielmehr führt gerade das Erfordernis des Unterschriftenquorums dazu, dass auf einer Vielzahl von Blättern Unterschriften gesammelt werden müssen. Damit spitzt sich die Fragestellung dahin zu, ob jedes dieser Unterschriftenblätter alle Anforderungen an ein Bürgerbegehren erfüllen muss. Diese Anforderungen sind in § 21 Abs. 3 Satz 4 GO geregelt, wonach das Bürgerbegehren die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen Kostendeckungsvorschlag enthalten muss. Der Wortlaut dieser Vorschrift macht mithin Fragestellung, Begründung und Kostendeckungsvorschlag zu Wesensmerkmalen eines Bürgerbegehrens. § 21 Abs. 3 Satz 5 schließlich verlangt, dass „es“, also „das Bürgerbegehren“ von mindestens 10 vom Hundert zu unterzeichnen ist. Dieser Wortlaut verlangt mithin, dass das gesamte Bürgerbegehren, also Fragestellung, Begründung und (soweit erforderlich) Kostendeckungsvorschlag unterschrieben werden muss. Ausgehend vom Wortlaut - mag er auch nicht ganz eindeutig sein - ergibt sich mithin hinreichend deutlich, dass die Begründung entweder auf der Unterschriftenliste selbst enthalten sein muss oder aber jeder Unterschriftenliste so als Anlage beigefügt sein muss, dass sie von den Unterzeichnern zur Kenntnis genommen werden kann. |
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| Betrachtet vom Sinn und Zweck der Vorschrift, so wird hierdurch dieses Ergebnis bestätigt. Der Zweck des Begründungserfordernisses muss im Wesentlichen in zweierlei gesehen werden: Zum einen soll dem Gemeinderat, der nach § 21 Abs. 4 GO über die Zulassung des Bürgerbegehrens zu entscheiden hat, verdeutlicht werden, aus welchen Gründen heraus dieses betrieben wird. Dies ist umso wichtiger, als der Gemeinderat - unabhängig davon, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Bürgerbegehrens erfüllt sind - nach § 21 Abs. 1 GO mit 2/3-Mehrheit einen Bürgerentscheid herbeiführen könnte. Würde sich der Sinn der Vorschrift hierin erschöpfen, wäre dies ein Argument dafür, das Vorliegen einer Begründung erst im Zeitpunkt der Vorlage bei der Gemeinde für ausreichend anzusehen. Zum gleichen Ergebnis führt auch die Überlegung, dass mit der Zulassung des Bürgerbegehrens über das Ergebnis eines Bürgerentscheides noch nichts ausgesagt ist: Mit der Zulassung des Bürgerbegehrens beginnt vielmehr erst der Meinungsstreit, in dem die Gegner ihre Argumente austauschen und diskutieren können, das Ergebnis des Meinungsstreites wird dann erst durch das Ergebnis des Bürgerentscheids dokumentiert. Ob die Begründung der Initiatoren des Bürgerbegehrens einem Bürgerentscheid zum Erfolg verhelfen, ob sie also die Mehrheit der Bürger zu überzeugen vermögen, entscheidet sich erst nach der Zulassung des Bürgerbegehrens in der dann folgenden Diskussionszeit vor dem Bürgerentscheid. |
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| Indes hat das Begründungserfordernis noch einen anderen, wichtigeren Sinn: Bereits mit der Zulassung des Bürgerbegehrens wird nämlich die kommunalrechtliche Zuständigkeitsordnung verändert: Bereits mit der Zulassung des Bürgerbegehrens (und nicht erst mit dem Ergebnis des Bürgerentscheids) verliert der an sich nach § 24 GO zuständige Gemeinderat für die konkrete Frage seine Entscheidungskompetenz. Mit dem Begründungserfordernis wollte der Gesetzgeber ersichtlich verlangen, dass diese „Entmachtung“ des Gemeinderates nicht aus irgendwelchen beliebigen Motiven heraus erfolgt, sondern gerade im Anschluss an eine bestimmte, schriftlich fixierte Begründung. Der Unterzeichner eines Bürgerbegehrens soll mithin nicht aus irgendwelchen beliebigen inneren Motiven das Bürgerbegehren unterzeichnen, sondern vielmehr mit seiner Unterschrift deutlich machen, dass er die dem Bürgerbegehren beigefügte Begründung als so wichtig und tragfähig ansieht, dass sie ausreicht, um die kommunale Zuständigkeitsordnung zu verändern und die Frage von der Bürgerschaft selbst entscheiden zu lassen. Dies verlangt jedoch, dass die Begründung entweder auf jedem Unterschriftenblatt enthalten ist oder aber jedem Unterschriftenblatt beigefügt ist. Die Kammer verkennt nicht, dass ungeachtet dessen letztlich nicht überprüfbar ist, aus welchen inneren Gründen ein Bürger das Bürgerbegehren unterschreibt, ob er sich also tatsächlich die Begründung zu eigen macht oder ob er evtl. aus anderen Gründen, etwa um „dem Gemeinderat eins auszuwischen“, unterschreibt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass durch das Begründungserfordernis weitest möglich sichergestellt werden soll, dass Unterschriften unter das Bürgerbegehren nur aus sachlichen Gründen geleistet werden. |
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| Die mündliche Verhandlung hat ergeben, dass diesem Erfordernis nicht genügt ist. Die Vertreterin des Bürgerbegehrens hat eingeräumt, dass die Begründung bei Beginn der Unterschriftensammlung schriftlich nicht fixiert war. Zwar habe sie - nachdem man vom Bürgermeister auf das Begründungserfordernis hingewiesen worden sei - die Begründung formuliert und zu einem nicht mehr klärbaren Zeitpunkt den Unterschriftenlisten das Begründungsblatt beigefügt. Sie hat jedoch eingeräumt, dass sich nicht mehr feststellen lässt, bei wie viel Unterschriftenblättern dies der Fall war. Nachdem die Darlegungslast für das Begründungserfordernis beim Kläger liegt, vermag die Kammer nicht davon auszugehen, dass dem Begründungserfordernis genügt ist. Die Beklagte hat das Bürgerbegehren somit zu Recht wegen Nichteinhaltung des Begründungserfordernisses als unzulässig angesehen. |
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| Aus den obigen Ausführungen ergibt sich auch, dass es entgegen der Auffassung des Klägers nicht ausreicht, dass für die Bürgerschaft die Möglichkeit bestand, sich über das Amtsblatt der Beklagten und die örtliche Presse über die Angelegenheit und die Pro- und Contraargumente zu informieren. Selbst wenn in Verbindung mit der Fragestellung - wie hier - auf die zur Verfügung stehenden Informationsquellen hingewiesen wird, ist nicht sichergestellt, dass die Unterzeichner aus diesen allgemein zugänglichen Quellen die Argumente der Initiatoren des Bürgerbegehrens zur Kenntnis genommen und sich zu eigen gemacht haben. Damit ist dem dargestellten Zweck des Begründungserfordernisses aber nicht genügt. |
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| Keiner abschließenden Erörterung bedarf die Frage, ob der Gemeinderat im Zusammenhang mit seinem Beschluss nach § 21 Abs. 4 GO auch zu entscheiden hat, ob er nach § 21 Abs. 1 GO einen Bürgerentscheid herbeiführen möchte. Zwar sind die Entscheidungen des Gemeinderats nach § 21 Abs. 4 GO bzw. § 21 Abs. 1 GO formal völlig unterschiedlich. Für das Erfordernis einer entsprechenden Ermessensentscheidung des Gemeinderates spricht gleichwohl einiges: Für § 21 Abs. 4 GO ist geklärt, dass der Gemeinderat kein „Ablehnungsermessen“ hat. Liegen also die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Bürgerbegehrens vor, muss der Gemeinderat dieses zulassen. Für die frühere Fassung des § 21 GO hatte der Gemeinderat die Möglichkeit, eine Angelegenheit durch Hauptsatzung zur „wichtigen Gemeindeangelegenheit“ zu machen und mithin die Möglichkeit, über den Gesetzeswortlaut hinaus ein Bürgerbegehren herbeiführen zu lassen. Mit der Abschaffung des Positivkataloges ist diese Möglichkeit entfallen. Andererseits war - wie dargelegt - Sinn der gesetzlichen Neuregelung gerade, das Rechtsinstitut des Bürgerbegehrens zu stärken und seinen Anwendungsbereich zu erweitern. Diese Intention spricht dafür, zu verlangen, dass der Gemeinderat im Rahmen der Entscheidung nach § 21 Abs. 4 GO für den Fall, dass die Voraussetzungen eines Bürgerbegehrensnicht vorliegen, eine Ermessensentscheidung dahingehend zu treffen hat, ob er (trotzdem) einen Bürgerentscheid nach § 21 Abs. 1 GO zulässt. Denn ein Bürgerbegehren - auch wenn es sich im Ergebnis als unzulässig erweist - manifestiert doch (je nach Anzahl der Unterschriften) einen gewissen „politischen Druck der Basis“ der den Gemeinderat veranlassen kann, nach § 21 Abs. 1 GO einen Bürgerentscheid herbeizuführen. Die Entscheidung dieser Frage kann im Ergebnis allerdings offen bleiben, da einer entsprechenden Verpflichtung des Gemeinderates jedenfalls kein subjektiv öffentliches Recht auf Seiten der Bürger gegenübersteht. Die Rechte der Bürgerschaft, einen Bürgerentscheid herbeizuführen, erschöpften sich vielmehr in der Möglichkeit des Bürgerbegehrens und erforderlichenfalls deren klageweiser Durchsetzung. Ein subjektives Recht einzelner Bürger auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung darüber, ob nach § 21 Abs. 1 GO ein Bürgerentscheid durchgeführt werden soll, existiert daneben nicht. |
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| Keiner weiteren Erörterung bedarf die Frage, ob das Bürgerbegehren vorliegend auch deshalb unzulässig wäre, weil bereits seine Durchführung - und nicht erst das Ergebnis des Bürgerentscheids - die Maßnahme jedenfalls für das Jahr 2009 zum Scheitern bringen würde. Hierzu hat der Zeuge H. überzeugend dargelegt, dass die Baumaßnahme im Jahr 2009 nicht durchgeführt werden und frühestens 2011 erfolgen könnte, wenn mit dem Bau nicht im März 2009 begonnen werden kann. Dies würde bedeuten, dass das Projekt - jedenfalls für das Jahr 2009 - nicht erst wegen des Ergebnisses des Bürgerentscheides (ggf.) scheitern würde, sondern bereits aufgrund des Umstands, dass ein solcher überhaupt durchgeführt wird, da das Ergebnis eines Bürgerentscheides vor März 2009 nicht vorliegen könnte. Das Bürgerbegehren wäre mithin nicht „ergebnisoffen“, da bereits die Durchführung des Bürgerentscheides, jedenfalls für das Jahr 2009 den Bau der Unterführung vereitelt würde. Ob eine fehlende „Ergebnisoffenheit“ eines Bürgerbegehrens seiner Zulässigkeit entgegenstehen würde, bedarf jedoch keiner Entscheidung, da das Bürgerbegehren bereits wegen Fehlens des Begründungserfordernisses unzulässig ist. Aus dem gleichen Grund bedarf es keiner Entscheidung dazu, ob mit dem Abschluss des Kreuzungsvertrages eine derartig strikte Bindung der Gemeinde nach außen eingetreten ist, dass für den Bürgerentscheid kein Entscheidungsraum mehr verbleibt oder ob § 4 Abs. 4 des Kreuzungsvertrages der Gemeinde hinreichende Möglichkeit bietet, von der Durchführung der Maßnahme noch Abstand nehmen zu können. |
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