Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 20. Jan. 2009 - 7 K 3298/08

published on 20/01/2009 00:00
Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 20. Jan. 2009 - 7 K 3298/08
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Gericht

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ein Bürgerbegehren zuzulassen, das den Bau einer Eisenbahnunterführung in Amstetten betrifft.
Die Gemeinde Amstetten wird von der Eisenbahntrasse Stuttgart-Ulm, einer vielbefahrenen Intercitystrecke, durchschnitten. Ein innerörtlicher, Pkw-tauglicher Bahnübergang existiert nicht. Der Planungs- und Entscheidungsprozess bezüglich der Bahnunterführung, deren Bau mit dem erstrebten Bürgerbegehren verhindert werden soll, lässt sich ausweislich der Behördenakten wie folgt skizzieren:
Im Sommer 2002 schlug der Ortskernsanierungsausschuss zur städtebaulichen Entwicklung u.a. den Bau einer Pkw-tauglichen Bahnunterführung vor. In den Sitzungen vom 18.01. und 06.12.2003 befasste sich der Gemeinderat mit der Finanzierung dieser Baumaßnahme. In der Sitzung vom 22.11.2004 lag dem Gemeinderat eine erste Planung des Ingenieurbüros W. vor. Dieses hatte alternativ die Planung für eine Bahnüber- oder -unterführung berechnet und war zum Ergebnis gekommen, dass die Bahnunterführung mit ca. 1,6 Mio. EUR billiger sei als eine Überführung, deren Kosten auf ca. 2,2 Mio. EUR ermittelt wurden. Es gebe aus dem GVFG-Programm Zuschüsse in Höhe von 60 % der Herstellungskosten, der planende Ingenieur erläuterte, dass bei Bedarf der Abruf des Zuschusses über einen Zeitraum von 5 bis 6 Jahren verschoben werden könne, damit die Gemeinde ihren Anteil aufbringen könne. In der Sitzung beschloss der Gemeinderat, die Verwaltung zu beauftragen, mit der Vorplanung zur Pkw-Unterführung die Aufnahme ins GVFG-Programm zu beantragen. In der Sitzung vom 11.04.2005 beschloss der Gemeinderat, gegenüber der Bahn eine Kostenübernahmeerklärung betreffend der Planungskosten abzugeben. In der Sitzung vom 13.06.2005 teilte der Bürgermeister mit, dass die Bahnunterführung zwar nicht ins GVFG-Programm bis 2009 aufgenommen worden sei, die Maßnahme sei jedoch „im Nachtrag“; rufe eine andere Gemeinde ihren Zuschuss nicht ab, so könne man doch noch zum Zug kommen. Die Planungsarbeiten würden weiter laufen. Im November 2005 wurden ein eisenbahntechnisches und ein Lärmgutachten in Auftrag gegeben. In der Sitzung vom 22.05.2006 teilte der Bürgermeister mit, die ...-... GmbH habe vergessen, den Bau in ihr Maßnahmenprogramm aufzunehmen, frühester Baubeginn sei damit im Frühjahr 2008. In der Sitzung vom 19.03.2007 teilte der Bürgermeister mit, dass das Bauprojekt aufgrund einer neuen Kostenschätzung nunmehr mit 2,8 Mio. EUR anzusetzen sei und erläuterte im Einzelnen, worauf die Kostensteigerung beruhte. In der Sitzung vom 29.10.2007 befasste sich der Gemeinderat mit einer Änderung der Trassenführung der Bahnhofstraße, um die Zufahrt zur Unterführung zu optimieren. In der Gemeinderatsitzung vom 26.11.2007 legte ein Ingenieur der Firma W. die endgültige Planung vor und bezifferte die Kosten nunmehr auf 2,94 Mio. EUR. Der Gemeinderat erfasste den Ausführungsbeschluss für die Planung unter der Voraussetzung, dass der Zuschussbescheid komme.
In der Gemeinderatsitzung vom 30.06.2008, die dann Anlass für das Bürgerbegehren wurde, gab der Bürgermeister eine neue Kostenberechnung bekannt, in die Vorgaben der Bundesbahn eingeflossen waren. Die Kostenberechnung lautete nunmehr auf 4,4 Mio. EUR. Die Mehrkosten resultierten weitgehend aus der Notwendigkeit aufwendigerer Gründungsmaßnahmen und der Verlegung von Fernmeldeleitungen. Bisher sei ein Zuschuss von 1,1 Mio. EUR bewilligt, der maximal mögliche betrage 2,5 Mio. EUR. Die Finanzierung der Maßnahme sei gesichert. Die Bahn wolle nunmehr wissen, ob der Bau vorangetrieben werde, da die notwendigen Sperrungen langfristig geplant werden müssten. Ausweislich des Protokolls wurde im Gemeinderat rege diskutiert, insbesondere über die gravierende Kostensteigerung, in der Folge wurde der Baubeschluss mit 14 : 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen gefasst.
Über diese Sitzung wurde im Amtsblatt berichtet, ebenso erschien in der örtlichen Presse am 03.07.2008 ein Zeitungsartikel „Kostenschock in Amstetten“.
In der Folge bildete sich in der Bevölkerung eine Bewegung, die wegen der gestiegenen Kosten den Bau der Unterführung zu verhindern versuchte. Als Initiatoren versuchten vor allem Frau V.-L., die in der mündlichen Verhandlung als Zeugin gehört wurde und das Gemeinderatsmitglied Herr W. ein Bürgerbegehren herbeizuführen. Hierzu begannen sie ab 21.07.2008 Unterschriften zu sammeln. Auf den Unterschriftenblättern findet sich folgender Text:
Bürgerbegehren
        
Gem. § 21 der Gemeindeordnung Baden-Württemberg in der Fassung vom 27. Juli 2005.
Das Bürgerbegehren richtet sich gegen die geplante Bahnunterführung in Amstetten-Bahnhof gemäß Gemeinderatsbeschluss vom 30.06.2008, veröffentlich im Amtsblatt Nr. 27 vom 03. Juli 2008.
Ich bin gegen den Bau dieser Unterführung!
Außerdem bestätige ich, dass ich meinen Hauptwohnsitz in 73340 Amstetten/Württemberg habe.
Darunter befinden sich Tabellen jeweils für Name, Vorname, Straße und Hausnummer sowie Unterschrift .
Am 12.08.2008 wurden die Unterschriftenlisten der Gemeindeverwaltung zusammen mit einem Anschreiben übergeben, das von Frau V.-L. und Herrn W. unterschrieben ist und in dem es heißt: „Sehr geehrte Damen und Herren, anbei übergeben wir Ihnen die Unterschriftenliste mit 519 Unterzeichnern, die sich gegen den Bau der geplanten Bahnunterführung in Amstetten-Bahnhof richten. Beigefügt war außerdem ein Blatt mit folgendem Text:
10 
Anlage zur Unterschriftenliste
11 
1. Der Eigenanteil der Gemeinde Amstetten an der geplanten Baumaßnahme ist unverhältnismäßig von der ersten Kostenschätzung zur Zweiten bekannt gemachten Investitionssumme gestiegen. Eine weitere Kostenexplosion muss nach Sachlage befürchtet werden.
2. Es wurde keine Kosten-/Nutzungsrechnung bekannt gemacht.
3. Folgekosten, wie z.B. Instandhaltung, stehen keine direkten oder indirekten Einnahmen gegenüber.
4. Eine eventuelle Nutzung kann nur ein Teil der Verkehrsteilnehmer wahrnehmen.
Transportfahrzeuge für Gewerbetreibende müssen weiterhin die Umfahrung wählen. Für Fußgänger und Radfahrer besteht in unmittelbarer Nähe bereits eine barrierefreie Unterführung.
5. Größere Rettungsfahrzeuge könne die Durchfahrt nicht nutzen.
6. Solange die Streckenführung der neuen B 10 nicht geklärt ist, sind vermeintliche Verkürzungen als Zubringer grundsätzlich in Frage zu stellen.
7. Es steht zu befürchten, dass diese Baumaßnahmen ein vergleichbares Dasein fristen könnte, wie die B 10-Unterführung zum „Staffelweg“.
12 
Die Überprüfung seitens der Beklagten ergab, dass 510 gültige Unterschriften vorhanden waren. Auf Nachfrage der Beklagten teilte das Landratsamt Alb-Donau-Kreis in seiner Stellungnahme vom 20.08.2008 mit, das Bürgerbegehren sei unzulässig, da keine Begründung enthalten sei. Wenn die Bürger anstelle des Gemeinderates entscheiden sollten, müssten sie sich mit den Gründen hierfür befassen können. Die nachgereichte Anlage sei den Bürgern nicht bekannt gewesen und genüge mithin dem Begründungserfordernis nicht.
13 
In seiner Sitzung vom 29.09.2008 befasste sich der Gemeinderat mit der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Ausweislich des Protokolls kreiste die Diskussion im Wesentlichen um die rechtliche Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Erwägungen, durch Gemeinderatsbeschluss einen Bürgerentscheid herbeizuführen, wurden offenbar nicht angestellt. Der Gemeinderat beschloss mit 16 : 2 Stimmen, das Bürgerbegehren nicht zuzulassen. Diese Entscheidung wurde Frau V.-L. und Herrn W. unter dem Datum 30.09.2008 mitgeteilt.
14 
Am 06.10.2008 legte der Kläger gegen den Gemeinderatsbeschluss vom 29.09.2008 Widerspruch ein und begründete diesen damit, die Bürger hätten sich sehr wohl mit den Gründen des Bürgerbegehrens befassen können. Ihm als Mitunterzeichner habe zur Zeit der Unterschriftsleistung ein Artikel der Geislinger Zeitung vorgelegen, der von einer Kostenexplosion von 1,2 auf 4,4 Mio. EUR berichte. Außerdem habe er nochmals die Bekanntmachung aus dem Amtsblatt durchgelesen, auf die sich die Unterschriftsliste berief. Darin hätten genug Gründe gestanden.
15 
In seiner Sitzung vom 03.11.2008 befasste sich der Gemeinderat mit dem Abschluss der Kreuzungsvereinbarung mit der DB und beschloss mit 14 : 2 Stimmen, die Kreuzungsvereinbarung abzuschließen. Die „Vereinbarung über die Herstellung einer neuen Kreuzung gem. § 11 Abs. 1 EKrG“ zwischen der Beklagten und der DB Netz AG ist mittlerweile unterzeichnet.
16 
Durch Widerspruchsbescheid vom 17.11.2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, das Bürgerbegehren müsse, um zulässig zu sein, auch eine Begründung enthalten. Auch wenn nur geringe verfahrensrechtliche Anforderungen zu stellen seien, führe das gänzliche Fehlen einer Begründung doch dazu, dass das Bürgerbegehren nicht zulässig sei. Wenn die Bürger anstelle des Gemeinderats verantwortlich über das Vorhaben entscheiden sollten, müssten sie sich mit den Gründen befassen können, die gegen das Projekt vorgebracht würden. Durch die vom Gesetzgeber geforderte Begründung solle sichergestellt werden, dass sich jeder einzelne Unterzeichner mit den Gründen befasst habe, die gegen die Durchführung der Unterführung sprächen. Die bloße Möglichkeit, sich über die Hintergründe in der Tageszeitung oder dem Amtsblatt zu informieren, reichten nicht aus. Da die Unterschriftenlisten gar keine Begründungen enthielten, sei das Bürgerbegehren für unzulässig erachtet worden. Die nachgereichte Anlage zur Unterschriftenliste sei den Unterstützern des Bürgerbegehrens im Zeitpunkt der Unterzeichnung nicht bekannt gewesen.
17 
Am 16.12.2008 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Bereits am 03.11.2008, dem Tag der Gemeinderatssitzung zum Abschluss des Kreuzungsvertrages hatte er (beim Gericht per Fax eingegangen um 17:49 Uhr) den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel beantragt, weitere Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Bau der Unterführung vorläufig zu untersagen. Diesen Antrag hat er in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
18 
Zur Begründung macht der Kläger wie bereits im Widerspruch geltend, sowohl das Amtsblatt Nr. 27 vom 03.07.2008 wie auch die Presse habe über die Kostenexplosion des Projekts berichtet. Diese würden von den Bürgern als Informationsquellen genutzt. Außerdem habe bei seiner persönlichen Unterschriftsleistung in den letzten Tagen vor Abgabe des Sammelordners das Blatt „Anlage zur Unterschriftenliste“ ebenfalls auf dem Tisch gelegen.
19 
Der Kläger beantragt,
20 
den Bescheid der Beklagten vom 30.09.2008 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Alb-Donau-Kreis vom 17.11.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das beantragte Bürgerbegehren zuzulassen.
21 
Die Beklagte beantragt,
22 
die Klage abzuweisen.
23 
Zur Begründung beruft sie sich auf die Gründe des Widerspruchsbescheids und ihres Beschlusses, wonach das Bürgerbegehren schon deshalb unzulässig sei, weil den Unterschriftenlisten keine Begründung beigefügt gewesen sei. Darüber hinaus könne ein Bürgerentscheid schon deshalb nicht mehr stattfinden, weil die Gemeinde durch den Abschluss des Kreuzungsvertrages mit der DB Netz AG nach außen hin rechtlich gebunden sei und der Bürgerentscheid ihr kein Kündigungsrecht gebe. Weiter wird geltend gemacht, der Ausschlussgrund des § 21 Abs. 2 Nr. 6 Gemeindeordnung - GO - sei entsprechend anzuwenden, wenn die Maßnahme - wie hier - aufgrund eines Planfeststellungsbeschlusses durchgeführt werde. Darüber hinaus handele es sich nicht um eine Angelegenheit im Wirkungskreis der Gemeinde. Die geplante Straße werde aufgrund der Widmung nicht nur den Einwohnern der Gemeinde zur Verfügung stehen, sondern jedermann, weshalb das Vorhaben über den Wirkungskreis der Gemeinde hinausgehe.
24 
Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine Stellungnahme der ...-... GmbH zu den Terminplanungen der Baumaßnahme eingeholt. In der Stellungnahme vom 27.11.2008 heißt es, für den Einbau der notwendigen Hilfsbrücken müssten sogenannte „Sperrpausen“ angemeldet werden, dies sei nun für den Zeitraum 18.07. bis 27.07.2009 erfolgt. Der eigentliche Baubeginn, d.h. die ersten Baumaßnahmen seien für den 02.03.2009 geplant. Dieser Termin sei wegen der Sperrpausen im Juli 2009 nicht mehr disponibel. Müssten die Sperrpausen abgesagt werden, käme es zu einer Verzögerung des Baubeginns von ca. 24 Monaten.
25 
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung Frau V.-L. als Zeugin gehört. Diese hat angegeben, sie sei aufgrund des Zeitungsartikels tätig geworden. Sie hätten im Freundeskreis überlegt, wie die Baumaßnahme zu stoppen sei und erkannt, dass dies nur durch ein Bürgerbegehren möglich sei. Sie hätten dann im Zeitraum vom 21.07. bis 12.08.2008 Unterschriften gesammelt. Die Unterschriftenlisten hätten auf der Poststelle ausgelegen, ferner sei sie - und auch andere - von Haustür zu Haustür gegangen und habe Unterschriften gesammelt. Eines Tages sei dann der Bürgermeister zum Postamt gekommen und habe Herrn W. auf die fehlende Begründung des Bürgerbegehrens hingewiesen. Daraufhin habe sie die Begründung verfasst und auch Herrn W. zugeleitet. Ab diesem Zeitpunkt hätten die Begründungsblätter den Unterschriftenlisten lose beigelegen. Sie selbst habe die Begründungsblätter immer dabei gehabt, sie könne jedoch nicht sicher sagen, dass jeder Unterschriftenliste ein Begründungsblatt beigelegen habe. Sie könne auch nicht sicher sagen, wie Herr W. das gehandhabt habe. Ab wann das Begründungsblatt den Unterschriftenlisten beigefügt gewesen sei, könne sie datumsmäßig nicht mehr fixieren, auch könne man nicht nachvollziehen, wie viele Unterschriften geleistet worden seien, nachdem die Begründung erstellt worden sei. Da sie in der letzten Woche die meisten Unterschriften gesammelt hätten, könne sie sich gut vorstellen, dass schon nach Existenz des Begründungsblattes genug Unterschriften für die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gesammelt worden seien, belegen könne sie das aber nicht.
26 
Ferner ist der Projektleiter der ...-... GmbH angehört worden. Dieser hat angegeben, der Beginn der Baumaßnahmen sei auf März 2009 festgelegt. Dies sei erforderlich, um die Sperrpausen im Juli 2009 zu nutzen. Am 04.07.2009 werde die erste Hilfsbrücke eingebaut. Das Bauende sei voraussichtlich im November 2009. Den Begriff „Sperrpause“ müsse man sich wie folgt vorstellen: Während mancher Arbeitsschritte sei nur ein Gleis blockiert und der Zugverkehr könne über das andere umgeleitet werden. Es gebe aber bestimmte Arbeitsschritte, bei denen die Baumaschinen nicht nur ein Gleis blockieren, sondern auch auf Nachbargleise hineinragen würden, sodass für diese Zeiten kein Zug die Baustelle passieren könne. Solche Baumaßnahmen würden in der Regel in der Nacht von einem Sonntag auf einen Montag durchgeführt, da in diesen Nächten die wenigsten Güterzüge unterwegs seien. Die Dauer dieser Baumaßnahmen, die die Bahnlinie voll blockierten, sei zwar jeweils relativ kurz, oft nur ca. zwei Stunden. Wegen der dichten Taktfrequenz auf dieser Strecke sei es jedoch erforderlich, diese Sperrpausen langfristig zu planen, der zeitliche Vorlauf liege derzeit bei ca. zwei Jahren. Die Anmeldung der Sperrpause für Juli 2009 habe also im Jahr 2007 stattgefunden. Neben dieser mehrjährigen Planung gebe es auch eine unterjährige Planung, die ca. 28 Wochen vor dem Projektbeginn einsetze. Die unmittelbare Bau- und Betriebsplanung lege dann die einzelnen Bauschritte konkret fest, dafür würden die verantwortlichen Planer und Bauleiter namentlich benannt, dies erfolge ca. 6 Wochen vor Beginn der Maßnahme. Im Zeitpunkt des Gemeinderatsbeschlusses vom 30.06.2008 sei aus Sicht der Bahn „die Saat längst ausgebracht“ gewesen. Hätte die Gemeinde für diesen Zeitpunkt die Weiterführung der Maßnahme abgelehnt, hätten die Sperrpausen im Juli 2009 abgesagt werden müssen. Hätte man sich dann jedoch entschlossen, doch zu bauen, hätte eine Weiterplanung wegen erforderlicher neuerer Sperrpausen frühestens nach zwei Jahren erfolgen können. Die Vorlaufzeit für die Sperrpausen wirke für Außenstehende zwar lang, jedoch müsse bedacht werden, dass es an den Eisenbahntrassen ja nicht nur jeweils eine Baustelle gäbe. Jede Baustelle führe zu Verzögerungen für einzelne Züge, die sich dann zu Verspätungen addieren würden. Die verschiedenen Baustellen müssten also so koordiniert werden, dass sich die Einzelverzögerungen nicht zu Zugverspätungen aufaddierten. Dieses zur Verfügung stehende Zeitkontingent werde durch die Sperrpausen zugeteilt. Die Zuteilung der Sperrpausen erfolge durch die Netz AG, deren genaue Kriterien kenne er nicht.
27 
Auf entsprechende Fragen des Klägers hat Herr H. Folgendes angegeben: Wann er über das Bürgerbegehren informiert worden sei, wisse er nicht. Man habe ihm das wohl telefonisch mitgeteilt, dies habe für seine Arbeiten jedoch keine Konsequenzen gehabt. Hinsichtlich der Sperrpausen ändere sich bei einer Verschiebung der Baumaßnahme insoweit nichts, als bestimmte Arbeiten eben am Wochenende durchgeführt werden müssten, etwa der Einbau der Hilfsbrücken. Dass für die Zeit der Sperrpausen Züge über andere Strecken umgeleitet würden, könne sein, das wisse er nicht, da diese Disposition von der Netz AG gemacht werde. Das deutsche Eisenbahnnetz stehe ja nicht nur der DB zur Verfügung, sondern ebenso anderen, auch ausländischen Eisenbahngesellschaften. Die Nutzung des Schienennetzes koordiniere die Netz AG, dazu könne er nichts sagen. Auch der Kreuzungsvertrag werde von der Gemeinde mit der DB Netz AG geschlossen.Wann die einzelnen Unterschriften geleistet worden seien, könne er nicht sagen. Der Bürgermeister der Beklagten hat an dieser Stelle erläutert, er habe am 03.11.2008 unterschrieben, die Gegenzeichnung sei wohl am 13.12.2008 erfolgt. Angesprochen auf Vorleistungen hat Herr H. erläutert, allein während der letzten drei Wochen seien Vorarbeiten im „sechsstelligen Eurobereich“ durchgeführt worden. So habe er etwa schon die zu verlegenden Kabel bestellt. Dabei handele es sich um spezielle Fernmeldekabel, die nur für diese Baustelle angefertigt würden und anderweitig nicht verwertbar seien. Werde auf den Bau verzichtet, könne er die Kabel eigentlich nur noch zum Materialwert verkaufen. Auch seien schon Baumaßnahmen mit einem Volumen von rund 1,8 Mio. EUR ausgeschrieben worden, die Submission sei für Ende Januar 2009 geplant. Man müsse sich immer vor Augen führen, dass die Planungsarbeiten schon seit ca. zwei Jahren liefen.
28 
Der Bürgermeister der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung noch erläutert, das Regierungspräsidium habe mündlich einen Zuschuss von insgesamt 1,7 Mio. EUR zugesagt. Die Kosten der Gesamtmaßnahme würden aktuell auf 4,2 Mio. EUR veranschlagt, die Finanzierung sei gesichert.
29 
Dem Gericht liegen die Behördenakten vor. Auf diese sowie die Gerichtsakten - auch des Verfahrens 7 K 2643/08 - wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die als Verpflichtungsklage (vgl. § 41 Abs. 2 Kommunalwahlgesetz) zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens, die ablehnende Entscheidung des Gemeinderates, ihm durch Verfügung vom 30.09.2008 bekannt gegeben, verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, 5 VwGO).
31 
Die Anspruchsgrundlage auf die Durchführung eines Bürgerbegehrens findet sich in § 21 Abs. 3, 4 Gemeindeordnung (GO). Die im vorliegenden Verfahren relevanten Abs. 1 - 4 des § 21 GO lauten wie folgt:
32 
§ 21 GO
33 
Bürgerentscheid, Bürgerbegehren
34 
(1) Der Gemeinderat kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen aller Mitglieder beschließen, dass eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, der Entscheidung der Bürger unterstellt wird (Bürgerentscheid).
35 
(2) Ein Bürgerentscheid findet nicht statt über
36 
1. Weisungsaufgaben und Angelegenheiten, die kraft Gesetzes dem Bürgermeister obliegen,
2. Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung,
3. die Rechtsverhältnisse der Gemeinderäte, des Bürgermeisters und der Gemeindebediensteten,
4. die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte,
5. die Feststellung der Jahresrechnung der Gemeinde und der Jahresabschlüsse der Eigenbetriebe,
6. Bauleitpläne und örtliche Bauvorschriften sowie über
7. Entscheidungen in Rechtsmittelverfahren.
37 
(3) Über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, kann die Bürgerschaft einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren). Ein Bürgerbegehren darf nur Angelegenheiten zum Gegenstand haben, über die innerhalb der letzten drei Jahre nicht bereits ein Bürgerentscheid auf Grund eines Bürgerbegehrens durchgeführt worden ist. Das Bürgerbegehren muss schriftlich eingereicht werden, dabei findet § 3 a des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes keine Anwendung; richtet es sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Das Bürgerbegehren muss die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten. Es muss von mindestens 10 vom Hundert der Bürger unterzeichnet sein, höchstens jedoch in Gemeinden
38 
mit nicht mehr als 50 000 Einwohnern
von 2 500 Bürgern,
mit mehr als 50 000 Einwohnern, aber nicht mehr als 100 000 Einwohnern
von 5 000 Bürgern,
mit mehr als 100 000 Einwohnern, aber nicht mehr als 200 000 Einwohnern
von 10 000 Bürgern,
mit mehr als 200 000 Einwohnern
von 20 000 Bürgern.
39 
(4) Über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens entscheidet der Gemeinderat. Der Bürgerentscheid entfällt, wenn der Gemeinderat die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt.
40 
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Bürgerbegehrens liegen - mit Ausnahme des Begründungserfordernisses - vor. So stellt der Bau einer Eisenbahnunterführung mit dem Ziel, eine Gemeindestraße unter der Bahntrasse durchführen zu können, eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde dar, für die der Gemeinderat zuständig ist. Angelegenheiten des Wirkungskreises der Gemeinde sind solche, die in der Gemeinde wurzeln oder einen spezifischen Bezug zu ihr haben und die von der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 GG umfasst sind (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, Rn. 3 zu § 21). Hierzu gehört auch die Entscheidung, eine Gemeindestraße in Gestalt einer Bahnunterführung zu bauen. Dem steht nicht entgegen, dass die Planungs- und Bauarbeiten von der ...-... GmbH durchgeführt bzw. in Auftrag gegeben werden. Diese Aufgabenteilung resultiert lediglich aus dem Kreuzungsvertrag und ändert nichts daran, dass die Entscheidung, die Straße mit Unterführung zu bauen, allein eine solche der Beklagten ist. Die Tatsache, dass die Straße der Allgemeinheit gewidmet werden wird und ihre Benutzung also nicht Einwohnern der Beklagten vorbehalten bleibt, vermag hieran nichts zu ändern. Bereits an dieser Stelle ist insoweit auf die gesetzgeberische Motivation einzugehen, die zur Schaffung der derzeitigen Fassung des § 21 GO geführt hat. Diese wurde durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005 (GBl. S. 578) eingeführt. Sinn der Neuregelung war, die Möglichkeiten der unmittelbaren Bürgerbeteiligung in den Städten und Gemeinden deutlich zu verstärken. Durch das bis dahin geltende Erfordernis einer „wichtigen Gemeindeangelegenheit“ in Verbindung mit dem früheren Positivkatalog seien zahlreiche Gemeindeangelegenheiten von einem Bürgerentscheid ausgeschlossen gewesen. Durch den Wegfall des Positivkatalogs würde eine Stärkung der Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene erreicht. Auch seien nach den Erfahrungen in anderen Länder, die lediglich einen Negativkatalog besitzen, keine negativen Auswirkungen im Hinblick auf die Kompetenzen des Gemeinderats als Hauptorgan der Gemeinde bekannt. Auch die Absenkung des Quorums von 30 auf 25 % der Stimmberechtigten diene dem Ziel, die unmittelbare Bürgerbeteiligung am kommunalen Geschehen attraktiver zu machen. Auch die Verlängerung der Frist für die Einreichung des Bürgerbegehrens von 4 auf 6 Wochen solle die Durchführung eines Bürgerbegehrens erleichtern (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung vom 13.06.2005, Drucksache 13/4385 sowie ebenso die Beschlussempfehlung und den Bericht des Innenausschusses, Drucksache 13/4495 und den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion Grüne vom 20.04.2005, Drucksache 13/4263). Den Gesetzesmaterialien ist mithin eindeutig zu entnehmen, dass durch die Neufassung die Möglichkeit, ein Bürgerbegehren durchzuführen, erweitert und erleichtert werden sollte. Dieser damit der jetzigen Gesetzesfassung innewohnende Zweck verbietet restriktive Auslegungen, die die Zulässigkeit eines Bürgerbegehren einschränken würden.
41 
Das Bürgerbegehren ist entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GO unzulässig, weil der für die Bahnunterführung existierende Planfeststellungsbeschluss einem Bauleitplan gleichzustellen wäre. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Wortlaut des § 21 Abs. 2 Nr. 6 eindeutig und nicht auslegungsbedürftig ist und Maßnahmen, die aufgrund eines Planfeststellungsbeschlusses durchgeführt werden, eben gerade nicht erfasst. Gleiches ergibt sich im Übrigen, wenn man die bereits dargestellte gesetzgeberische Intention der Neuregelung in Betracht zieht. Nach dem Sinn der Neuregelung gerade war, die Durchführung von Bürgerbegehren zu erleichtern und für die Bürgerschaft „attraktiver“ zu machen, verbietet es sich, die Ausschlussregelungen des Abs. 2 erweiternd auszulegen. Zum gleichen Ergebnis führt auch die Betrachtung von Sinn und Zweck des § 1 Abs. 2 Nr. 6 GO. Die Vorschrift trägt der Tatsache Rechnung, dass Bauleitpläne planerische Entscheidungen darstellen, die vielfältige Interessen und Interessenkonflikte berücksichtigen und ausgleichen müssen. Ein solch komplexer Abwägungsvorgang lässt sich nicht in eine Ja/Nein Fragestellung gießen, die bei einem Bürgerentscheid erforderlich wäre (vgl. §§ 53 Abs. 3 Satz 2, 52 Abs. 2 Kommunalwahlordnung).
42 
Das Schriftformerfordernis ist eingehalten, ebenso war die Angelegenheit nicht bereits innerhalb der letzten zwei Jahre schon einmal Gegenstand eines Bürgerbegehrens. Auch die 6-Wochen-Frist ist eingehalten. Die Frist beginnt mit der Bekanntgabe des Gemeinderatsbeschlusses zu laufen. Dabei kann offen bleiben, ob hierbei auf eine „offizielle“ Bekanntmachung im Amtsblatt abzustellen ist oder ob etwa ein Pressebericht oder ähnliches genügt. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass es vor dem 03.07.2008 keine Berichterstattung über den Beschluss vom 30.06.2008 gegeben hat. Mit dem am 12.08.2008 eingereichten Bürgerbegehren ist die 6-Wochen-Frist mithin gewahrt, was auch seitens der Beklagten nicht in Frage gezogen wird. Ebenso ist das Unterschriftenquorum des § 21 Abs. 3 Satz 5 GO (10 % der Bürger) erfüllt.
43 
Auch die Fragestellung (§ 21 Abs. 3 Satz 4 GO) ist hinreichend deutlich. Nach der genannten Vorschrift muss das Bürgerbegehren die „zur Entscheidung zu bringende Frage ...“ enthalten. Damit ist jedoch nicht gefordert, dass die Sachfrage tatsächlich in Frageform gestellt wird, auch ist nicht erforderlich, dass bereits auf den Unterschriftenlisten eine Frage gestellt wird, die mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. Erforderlich ist vielmehr, dass die Fragestellung eindeutig ist, dass der Unterzeichner des Bürgerbegehrens mithin zweifelsfrei ersieht, wofür oder wogegen er sich mit seiner Unterschrift ausspricht (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 25.10.1976 - I 561/76 -, ESVGH 27,73). In der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg ist auch klargestellt, dass an die Formulierung und die äußere Form eines Bürgerbegehrens keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen, wenn das Rechtsinstitut seinem Zweck gerecht werden soll. Andererseits muss die zur Entscheidung zu bringende Frage aus dem Antrag mit hinreichender Klarheit und Eindeutigkeit zu entnehmen sein, weil die Bürger wissen müssen, welchen Inhalt das von ihnen unterstützte Begehren hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 16.09.1974 - I 561/76 -, ESVGH 27, 73). Diesen Anforderungen genügt die auf den Unterschriftslisten enthaltene Fragestellung zweifelsfrei. Sie macht eindeutig deutlich, dass der Unterzeichner gegen den Bau der Eisenbahnunterführung in Amstetten-Bahnhof ist, deren Bau am 30.06.2008 vom Gemeinderat der Beklagten beschlossen wurde.
44 
Der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens steht weiter nicht entgegen, dass kein Kostendeckungsvorschlag enthalten ist. Zunächst ist anerkannt, dass es eines Kostendeckungsvorschlages dann nicht bedarf, wenn das Bürgerbegehren auf das Unterlassen einer Maßnahme gerichtet ist, Kosten mithin nicht entstehen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat zwar eingewandt, bei einem Absehen vom Bau der Bahnunterführung entstünden sehr wohl Kosten, nämlich in Gestalt der Schadensersatzansprüche der DB. Indes können mögliche Schadensersatzansprüche nicht zur Erfordernis eines Kostendeckungsvorschlages führen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 21 Abs. 3 Satz 4 GO, der einen Vorschlag für die Deckung der Kostender verlangten Maßnahme enthält. Eventuelle Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Durchführung oder der Nichtdurchführung einer Maßnahme sind davon gerade nicht erfasst. Zum andern muss beachtet werden, dass es der Bürgerschaft nicht möglich ist, möglicherweise entstehende Schadensersatzansprüche Dritter zu prüfen und zu beurteilen, da ihnen der Zugang zu den einschlägigen Verwaltungsunterlagen fehlt. Die Praxis hat in der Vergangenheit gezeigt, dass Bürgerbegehren, die auf die Durchführung einer Maßnahme zielen, relativ selten sind, weil es der Bürgerschaft wegen des komplexen Haushaltsrechts nur schwer möglich ist, einen realisierbaren Kostendeckungsvorschlag zu machen. Der Kostendeckungsvorschlag erweist sich also als schwerste „Hürde“ für einen Bürgerentscheid. Würde man von der Bürgerschaft darüber hinaus verlangen, sich über eventuelle Schadensersatzansprüche Dritter kundig zu machen und hierzu einen Finanzierungsvorschlag zu unterbreiten, würde dies eine unzulässige Erschwerung für ein Bürgerbegehren darstellen, der Kostendeckungsvorschlag würde zum „Killerkriterium“. Es ist vielmehr der Verwaltung unbenommen, nach Zulassung eines Bürgerbegehrens in der Diskussion auf eventuelle Schadenersatzansprüche hinzuweisen, damit die Bürgerschaft im Rahmen des (anschließenden) Bürgerentscheides dies in ihre Entscheidung einfließen lassen kann.
45 
Hinsichtlich des Begründungserfordernisses ist in der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg geklärt, dass an die Begründung (inhaltlich) keine hohen Anforderungen zu stellen sind, damit das Instrument Bürgerbegehren seinem Zweck gerecht wird (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 16.09.1974, ESVGH 27, 73). Daran, dass die in der „Anlage zur Unterschriftenliste“ enthaltene Begründung inhaltlich ausreichend ist, hat die Kammer deshalb keinerlei Zweifel.
46 
Hier ist allerdings dem Begründungserfordernis im Ergebnis deshalb nicht genügt, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Unterzeichner von der Begründung Kenntnis gehabt haben. Genauer gesagt, spitzt sich der vorliegende Rechtsstreit auf die Frage zu, ob das Begründungserfordernis verlangt, dass die Begründung den Unterzeichnern eines Bürgerbegehrens vorgelegen hat, diese also bei der Unterzeichnung hiervon Kenntnis nehmen konnten, oder ob es ausreicht, dass die Begründung zusammen mit den Unterschriftenlisten der Gemeinde vorgelegt wird, also dem Gemeinderat bei seiner Entscheidung nach § 21 Abs. 4 GO vorliegt. Anders formuliert geht die Frage dahin, ob das „Bürgerbegehren“ die Gesamtheit der Unterlagen ist, die der Gemeinde vorgelegt werden oder ob es das Schriftstück bzw. die Gesamtheit der Schriftstücke ist, die von den Bürgern unterzeichnet wurden. Würde es ausreichen, dass die Begründung zusammen mit Fragestellung, Unterschriftenliste und ggf. Kostendeckungsvorschlag der Gemeinde vorgelegt wird, unabhängig davon, ob sie den unterzeichnenden Bürgern vorlag, wäre das Bürgerbegehren zulässig.
47 
Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung ergeben nach Auffassung der Kammer indes hinreichend deutlich, das die Begründung des Bürgerbegehrens von den Unterzeichnern zur Kenntnis genommen werden können muss. Dies ergibt sich aus Folgendem: § 21 Abs. 2 Satz 1 GO definiert das Bürgerbegehren als Antrag der Bürgerschaft auf Durchführung eines Bürgerentscheids. Damit ist klargestellt, dass das Bürgerbegehren nicht von Einzelpersonen eingereicht wird, sondern von der „Bürgerschaft“. Es gibt mithin nur ein Bürgerbegehren, entsprechend sieht § 41 Kommunalwahlordnung vor, dass für dieses Vertrauensleute als Ansprechpartner bestimmt werden sollen. Diese sind mithin nicht „Antragsteller“, sondern quasi Vertreter der Bürgerschaft. § 21 Abs. 3 Satz 3 GO verlangt, dassdas Bürgerbegehren schriftlich eingereicht werden muss. Auch dies bestätigt, dass es insgesamt nur einen einheitlichen Antrag gibt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Bürgerbegehren gleichsam auf einem Blatt zusammengefasst sein müsste. Vielmehr führt gerade das Erfordernis des Unterschriftenquorums dazu, dass auf einer Vielzahl von Blättern Unterschriften gesammelt werden müssen. Damit spitzt sich die Fragestellung dahin zu, ob jedes dieser Unterschriftenblätter alle Anforderungen an ein Bürgerbegehren erfüllen muss. Diese Anforderungen sind in § 21 Abs. 3 Satz 4 GO geregelt, wonach das Bürgerbegehren die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen Kostendeckungsvorschlag enthalten muss. Der Wortlaut dieser Vorschrift macht mithin Fragestellung, Begründung und Kostendeckungsvorschlag zu Wesensmerkmalen eines Bürgerbegehrens. § 21 Abs. 3 Satz 5 schließlich verlangt, dass „es“, also „das Bürgerbegehren“ von mindestens 10 vom Hundert zu unterzeichnen ist. Dieser Wortlaut verlangt mithin, dass das gesamte Bürgerbegehren, also Fragestellung, Begründung und (soweit erforderlich) Kostendeckungsvorschlag unterschrieben werden muss. Ausgehend vom Wortlaut - mag er auch nicht ganz eindeutig sein - ergibt sich mithin hinreichend deutlich, dass die Begründung entweder auf der Unterschriftenliste selbst enthalten sein muss oder aber jeder Unterschriftenliste so als Anlage beigefügt sein muss, dass sie von den Unterzeichnern zur Kenntnis genommen werden kann.
48 
Betrachtet vom Sinn und Zweck der Vorschrift, so wird hierdurch dieses Ergebnis bestätigt. Der Zweck des Begründungserfordernisses muss im Wesentlichen in zweierlei gesehen werden: Zum einen soll dem Gemeinderat, der nach § 21 Abs. 4 GO über die Zulassung des Bürgerbegehrens zu entscheiden hat, verdeutlicht werden, aus welchen Gründen heraus dieses betrieben wird. Dies ist umso wichtiger, als der Gemeinderat - unabhängig davon, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Bürgerbegehrens erfüllt sind - nach § 21 Abs. 1 GO mit 2/3-Mehrheit einen Bürgerentscheid herbeiführen könnte. Würde sich der Sinn der Vorschrift hierin erschöpfen, wäre dies ein Argument dafür, das Vorliegen einer Begründung erst im Zeitpunkt der Vorlage bei der Gemeinde für ausreichend anzusehen. Zum gleichen Ergebnis führt auch die Überlegung, dass mit der Zulassung des Bürgerbegehrens über das Ergebnis eines Bürgerentscheides noch nichts ausgesagt ist: Mit der Zulassung des Bürgerbegehrens beginnt vielmehr erst der Meinungsstreit, in dem die Gegner ihre Argumente austauschen und diskutieren können, das Ergebnis des Meinungsstreites wird dann erst durch das Ergebnis des Bürgerentscheids dokumentiert. Ob die Begründung der Initiatoren des Bürgerbegehrens einem Bürgerentscheid zum Erfolg verhelfen, ob sie also die Mehrheit der Bürger zu überzeugen vermögen, entscheidet sich erst nach der Zulassung des Bürgerbegehrens in der dann folgenden Diskussionszeit vor dem Bürgerentscheid.
49 
Indes hat das Begründungserfordernis noch einen anderen, wichtigeren Sinn: Bereits mit der Zulassung des Bürgerbegehrens wird nämlich die kommunalrechtliche Zuständigkeitsordnung verändert: Bereits mit der Zulassung des Bürgerbegehrens (und nicht erst mit dem Ergebnis des Bürgerentscheids) verliert der an sich nach § 24 GO zuständige Gemeinderat für die konkrete Frage seine Entscheidungskompetenz. Mit dem Begründungserfordernis wollte der Gesetzgeber ersichtlich verlangen, dass diese „Entmachtung“ des Gemeinderates nicht aus irgendwelchen beliebigen Motiven heraus erfolgt, sondern gerade im Anschluss an eine bestimmte, schriftlich fixierte Begründung. Der Unterzeichner eines Bürgerbegehrens soll mithin nicht aus irgendwelchen beliebigen inneren Motiven das Bürgerbegehren unterzeichnen, sondern vielmehr mit seiner Unterschrift deutlich machen, dass er die dem Bürgerbegehren beigefügte Begründung als so wichtig und tragfähig ansieht, dass sie ausreicht, um die kommunale Zuständigkeitsordnung zu verändern und die Frage von der Bürgerschaft selbst entscheiden zu lassen. Dies verlangt jedoch, dass die Begründung entweder auf jedem Unterschriftenblatt enthalten ist oder aber jedem Unterschriftenblatt beigefügt ist. Die Kammer verkennt nicht, dass ungeachtet dessen letztlich nicht überprüfbar ist, aus welchen inneren Gründen ein Bürger das Bürgerbegehren unterschreibt, ob er sich also tatsächlich die Begründung zu eigen macht oder ob er evtl. aus anderen Gründen, etwa um „dem Gemeinderat eins auszuwischen“, unterschreibt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass durch das Begründungserfordernis weitest möglich sichergestellt werden soll, dass Unterschriften unter das Bürgerbegehren nur aus sachlichen Gründen geleistet werden.
50 
Die mündliche Verhandlung hat ergeben, dass diesem Erfordernis nicht genügt ist. Die Vertreterin des Bürgerbegehrens hat eingeräumt, dass die Begründung bei Beginn der Unterschriftensammlung schriftlich nicht fixiert war. Zwar habe sie - nachdem man vom Bürgermeister auf das Begründungserfordernis hingewiesen worden sei - die Begründung formuliert und zu einem nicht mehr klärbaren Zeitpunkt den Unterschriftenlisten das Begründungsblatt beigefügt. Sie hat jedoch eingeräumt, dass sich nicht mehr feststellen lässt, bei wie viel Unterschriftenblättern dies der Fall war. Nachdem die Darlegungslast für das Begründungserfordernis beim Kläger liegt, vermag die Kammer nicht davon auszugehen, dass dem Begründungserfordernis genügt ist. Die Beklagte hat das Bürgerbegehren somit zu Recht wegen Nichteinhaltung des Begründungserfordernisses als unzulässig angesehen.
51 
Aus den obigen Ausführungen ergibt sich auch, dass es entgegen der Auffassung des Klägers nicht ausreicht, dass für die Bürgerschaft die Möglichkeit bestand, sich über das Amtsblatt der Beklagten und die örtliche Presse über die Angelegenheit und die Pro- und Contraargumente zu informieren. Selbst wenn in Verbindung mit der Fragestellung - wie hier - auf die zur Verfügung stehenden Informationsquellen hingewiesen wird, ist nicht sichergestellt, dass die Unterzeichner aus diesen allgemein zugänglichen Quellen die Argumente der Initiatoren des Bürgerbegehrens zur Kenntnis genommen und sich zu eigen gemacht haben. Damit ist dem dargestellten Zweck des Begründungserfordernisses aber nicht genügt.
52 
Keiner abschließenden Erörterung bedarf die Frage, ob der Gemeinderat im Zusammenhang mit seinem Beschluss nach § 21 Abs. 4 GO auch zu entscheiden hat, ob er nach § 21 Abs. 1 GO einen Bürgerentscheid herbeiführen möchte. Zwar sind die Entscheidungen des Gemeinderats nach § 21 Abs. 4 GO bzw. § 21 Abs. 1 GO formal völlig unterschiedlich. Für das Erfordernis einer entsprechenden Ermessensentscheidung des Gemeinderates spricht gleichwohl einiges: Für § 21 Abs. 4 GO ist geklärt, dass der Gemeinderat kein „Ablehnungsermessen“ hat. Liegen also die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Bürgerbegehrens vor, muss der Gemeinderat dieses zulassen. Für die frühere Fassung des § 21 GO hatte der Gemeinderat die Möglichkeit, eine Angelegenheit durch Hauptsatzung zur „wichtigen Gemeindeangelegenheit“ zu machen und mithin die Möglichkeit, über den Gesetzeswortlaut hinaus ein Bürgerbegehren herbeiführen zu lassen. Mit der Abschaffung des Positivkataloges ist diese Möglichkeit entfallen. Andererseits war - wie dargelegt - Sinn der gesetzlichen Neuregelung gerade, das Rechtsinstitut des Bürgerbegehrens zu stärken und seinen Anwendungsbereich zu erweitern. Diese Intention spricht dafür, zu verlangen, dass der Gemeinderat im Rahmen der Entscheidung nach § 21 Abs. 4 GO für den Fall, dass die Voraussetzungen eines Bürgerbegehrensnicht vorliegen, eine Ermessensentscheidung dahingehend zu treffen hat, ob er (trotzdem) einen Bürgerentscheid nach § 21 Abs. 1 GO zulässt. Denn ein Bürgerbegehren - auch wenn es sich im Ergebnis als unzulässig erweist - manifestiert doch (je nach Anzahl der Unterschriften) einen gewissen „politischen Druck der Basis“ der den Gemeinderat veranlassen kann, nach § 21 Abs. 1 GO einen Bürgerentscheid herbeizuführen. Die Entscheidung dieser Frage kann im Ergebnis allerdings offen bleiben, da einer entsprechenden Verpflichtung des Gemeinderates jedenfalls kein subjektiv öffentliches Recht auf Seiten der Bürger gegenübersteht. Die Rechte der Bürgerschaft, einen Bürgerentscheid herbeizuführen, erschöpften sich vielmehr in der Möglichkeit des Bürgerbegehrens und erforderlichenfalls deren klageweiser Durchsetzung. Ein subjektives Recht einzelner Bürger auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung darüber, ob nach § 21 Abs. 1 GO ein Bürgerentscheid durchgeführt werden soll, existiert daneben nicht.
53 
Keiner weiteren Erörterung bedarf die Frage, ob das Bürgerbegehren vorliegend auch deshalb unzulässig wäre, weil bereits seine Durchführung - und nicht erst das Ergebnis des Bürgerentscheids - die Maßnahme jedenfalls für das Jahr 2009 zum Scheitern bringen würde. Hierzu hat der Zeuge H. überzeugend dargelegt, dass die Baumaßnahme im Jahr 2009 nicht durchgeführt werden und frühestens 2011 erfolgen könnte, wenn mit dem Bau nicht im März 2009 begonnen werden kann. Dies würde bedeuten, dass das Projekt - jedenfalls für das Jahr 2009 - nicht erst wegen des Ergebnisses des Bürgerentscheides (ggf.) scheitern würde, sondern bereits aufgrund des Umstands, dass ein solcher überhaupt durchgeführt wird, da das Ergebnis eines Bürgerentscheides vor März 2009 nicht vorliegen könnte. Das Bürgerbegehren wäre mithin nicht „ergebnisoffen“, da bereits die Durchführung des Bürgerentscheides, jedenfalls für das Jahr 2009 den Bau der Unterführung vereitelt würde. Ob eine fehlende „Ergebnisoffenheit“ eines Bürgerbegehrens seiner Zulässigkeit entgegenstehen würde, bedarf jedoch keiner Entscheidung, da das Bürgerbegehren bereits wegen Fehlens des Begründungserfordernisses unzulässig ist. Aus dem gleichen Grund bedarf es keiner Entscheidung dazu, ob mit dem Abschluss des Kreuzungsvertrages eine derartig strikte Bindung der Gemeinde nach außen eingetreten ist, dass für den Bürgerentscheid kein Entscheidungsraum mehr verbleibt oder ob § 4 Abs. 4 des Kreuzungsvertrages der Gemeinde hinreichende Möglichkeit bietet, von der Durchführung der Maßnahme noch Abstand nehmen zu können.
54 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (vgl. § 124 a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO).

Gründe

 
30 
Die als Verpflichtungsklage (vgl. § 41 Abs. 2 Kommunalwahlgesetz) zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens, die ablehnende Entscheidung des Gemeinderates, ihm durch Verfügung vom 30.09.2008 bekannt gegeben, verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, 5 VwGO).
31 
Die Anspruchsgrundlage auf die Durchführung eines Bürgerbegehrens findet sich in § 21 Abs. 3, 4 Gemeindeordnung (GO). Die im vorliegenden Verfahren relevanten Abs. 1 - 4 des § 21 GO lauten wie folgt:
32 
§ 21 GO
33 
Bürgerentscheid, Bürgerbegehren
34 
(1) Der Gemeinderat kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen aller Mitglieder beschließen, dass eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, der Entscheidung der Bürger unterstellt wird (Bürgerentscheid).
35 
(2) Ein Bürgerentscheid findet nicht statt über
36 
1. Weisungsaufgaben und Angelegenheiten, die kraft Gesetzes dem Bürgermeister obliegen,
2. Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung,
3. die Rechtsverhältnisse der Gemeinderäte, des Bürgermeisters und der Gemeindebediensteten,
4. die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte,
5. die Feststellung der Jahresrechnung der Gemeinde und der Jahresabschlüsse der Eigenbetriebe,
6. Bauleitpläne und örtliche Bauvorschriften sowie über
7. Entscheidungen in Rechtsmittelverfahren.
37 
(3) Über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, kann die Bürgerschaft einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren). Ein Bürgerbegehren darf nur Angelegenheiten zum Gegenstand haben, über die innerhalb der letzten drei Jahre nicht bereits ein Bürgerentscheid auf Grund eines Bürgerbegehrens durchgeführt worden ist. Das Bürgerbegehren muss schriftlich eingereicht werden, dabei findet § 3 a des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes keine Anwendung; richtet es sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. Das Bürgerbegehren muss die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten. Es muss von mindestens 10 vom Hundert der Bürger unterzeichnet sein, höchstens jedoch in Gemeinden
38 
mit nicht mehr als 50 000 Einwohnern
von 2 500 Bürgern,
mit mehr als 50 000 Einwohnern, aber nicht mehr als 100 000 Einwohnern
von 5 000 Bürgern,
mit mehr als 100 000 Einwohnern, aber nicht mehr als 200 000 Einwohnern
von 10 000 Bürgern,
mit mehr als 200 000 Einwohnern
von 20 000 Bürgern.
39 
(4) Über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens entscheidet der Gemeinderat. Der Bürgerentscheid entfällt, wenn der Gemeinderat die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt.
40 
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Bürgerbegehrens liegen - mit Ausnahme des Begründungserfordernisses - vor. So stellt der Bau einer Eisenbahnunterführung mit dem Ziel, eine Gemeindestraße unter der Bahntrasse durchführen zu können, eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde dar, für die der Gemeinderat zuständig ist. Angelegenheiten des Wirkungskreises der Gemeinde sind solche, die in der Gemeinde wurzeln oder einen spezifischen Bezug zu ihr haben und die von der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 GG umfasst sind (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, Rn. 3 zu § 21). Hierzu gehört auch die Entscheidung, eine Gemeindestraße in Gestalt einer Bahnunterführung zu bauen. Dem steht nicht entgegen, dass die Planungs- und Bauarbeiten von der ...-... GmbH durchgeführt bzw. in Auftrag gegeben werden. Diese Aufgabenteilung resultiert lediglich aus dem Kreuzungsvertrag und ändert nichts daran, dass die Entscheidung, die Straße mit Unterführung zu bauen, allein eine solche der Beklagten ist. Die Tatsache, dass die Straße der Allgemeinheit gewidmet werden wird und ihre Benutzung also nicht Einwohnern der Beklagten vorbehalten bleibt, vermag hieran nichts zu ändern. Bereits an dieser Stelle ist insoweit auf die gesetzgeberische Motivation einzugehen, die zur Schaffung der derzeitigen Fassung des § 21 GO geführt hat. Diese wurde durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005 (GBl. S. 578) eingeführt. Sinn der Neuregelung war, die Möglichkeiten der unmittelbaren Bürgerbeteiligung in den Städten und Gemeinden deutlich zu verstärken. Durch das bis dahin geltende Erfordernis einer „wichtigen Gemeindeangelegenheit“ in Verbindung mit dem früheren Positivkatalog seien zahlreiche Gemeindeangelegenheiten von einem Bürgerentscheid ausgeschlossen gewesen. Durch den Wegfall des Positivkatalogs würde eine Stärkung der Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene erreicht. Auch seien nach den Erfahrungen in anderen Länder, die lediglich einen Negativkatalog besitzen, keine negativen Auswirkungen im Hinblick auf die Kompetenzen des Gemeinderats als Hauptorgan der Gemeinde bekannt. Auch die Absenkung des Quorums von 30 auf 25 % der Stimmberechtigten diene dem Ziel, die unmittelbare Bürgerbeteiligung am kommunalen Geschehen attraktiver zu machen. Auch die Verlängerung der Frist für die Einreichung des Bürgerbegehrens von 4 auf 6 Wochen solle die Durchführung eines Bürgerbegehrens erleichtern (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung vom 13.06.2005, Drucksache 13/4385 sowie ebenso die Beschlussempfehlung und den Bericht des Innenausschusses, Drucksache 13/4495 und den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion Grüne vom 20.04.2005, Drucksache 13/4263). Den Gesetzesmaterialien ist mithin eindeutig zu entnehmen, dass durch die Neufassung die Möglichkeit, ein Bürgerbegehren durchzuführen, erweitert und erleichtert werden sollte. Dieser damit der jetzigen Gesetzesfassung innewohnende Zweck verbietet restriktive Auslegungen, die die Zulässigkeit eines Bürgerbegehren einschränken würden.
41 
Das Bürgerbegehren ist entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GO unzulässig, weil der für die Bahnunterführung existierende Planfeststellungsbeschluss einem Bauleitplan gleichzustellen wäre. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Wortlaut des § 21 Abs. 2 Nr. 6 eindeutig und nicht auslegungsbedürftig ist und Maßnahmen, die aufgrund eines Planfeststellungsbeschlusses durchgeführt werden, eben gerade nicht erfasst. Gleiches ergibt sich im Übrigen, wenn man die bereits dargestellte gesetzgeberische Intention der Neuregelung in Betracht zieht. Nach dem Sinn der Neuregelung gerade war, die Durchführung von Bürgerbegehren zu erleichtern und für die Bürgerschaft „attraktiver“ zu machen, verbietet es sich, die Ausschlussregelungen des Abs. 2 erweiternd auszulegen. Zum gleichen Ergebnis führt auch die Betrachtung von Sinn und Zweck des § 1 Abs. 2 Nr. 6 GO. Die Vorschrift trägt der Tatsache Rechnung, dass Bauleitpläne planerische Entscheidungen darstellen, die vielfältige Interessen und Interessenkonflikte berücksichtigen und ausgleichen müssen. Ein solch komplexer Abwägungsvorgang lässt sich nicht in eine Ja/Nein Fragestellung gießen, die bei einem Bürgerentscheid erforderlich wäre (vgl. §§ 53 Abs. 3 Satz 2, 52 Abs. 2 Kommunalwahlordnung).
42 
Das Schriftformerfordernis ist eingehalten, ebenso war die Angelegenheit nicht bereits innerhalb der letzten zwei Jahre schon einmal Gegenstand eines Bürgerbegehrens. Auch die 6-Wochen-Frist ist eingehalten. Die Frist beginnt mit der Bekanntgabe des Gemeinderatsbeschlusses zu laufen. Dabei kann offen bleiben, ob hierbei auf eine „offizielle“ Bekanntmachung im Amtsblatt abzustellen ist oder ob etwa ein Pressebericht oder ähnliches genügt. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass es vor dem 03.07.2008 keine Berichterstattung über den Beschluss vom 30.06.2008 gegeben hat. Mit dem am 12.08.2008 eingereichten Bürgerbegehren ist die 6-Wochen-Frist mithin gewahrt, was auch seitens der Beklagten nicht in Frage gezogen wird. Ebenso ist das Unterschriftenquorum des § 21 Abs. 3 Satz 5 GO (10 % der Bürger) erfüllt.
43 
Auch die Fragestellung (§ 21 Abs. 3 Satz 4 GO) ist hinreichend deutlich. Nach der genannten Vorschrift muss das Bürgerbegehren die „zur Entscheidung zu bringende Frage ...“ enthalten. Damit ist jedoch nicht gefordert, dass die Sachfrage tatsächlich in Frageform gestellt wird, auch ist nicht erforderlich, dass bereits auf den Unterschriftenlisten eine Frage gestellt wird, die mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. Erforderlich ist vielmehr, dass die Fragestellung eindeutig ist, dass der Unterzeichner des Bürgerbegehrens mithin zweifelsfrei ersieht, wofür oder wogegen er sich mit seiner Unterschrift ausspricht (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 25.10.1976 - I 561/76 -, ESVGH 27,73). In der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg ist auch klargestellt, dass an die Formulierung und die äußere Form eines Bürgerbegehrens keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen, wenn das Rechtsinstitut seinem Zweck gerecht werden soll. Andererseits muss die zur Entscheidung zu bringende Frage aus dem Antrag mit hinreichender Klarheit und Eindeutigkeit zu entnehmen sein, weil die Bürger wissen müssen, welchen Inhalt das von ihnen unterstützte Begehren hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 16.09.1974 - I 561/76 -, ESVGH 27, 73). Diesen Anforderungen genügt die auf den Unterschriftslisten enthaltene Fragestellung zweifelsfrei. Sie macht eindeutig deutlich, dass der Unterzeichner gegen den Bau der Eisenbahnunterführung in Amstetten-Bahnhof ist, deren Bau am 30.06.2008 vom Gemeinderat der Beklagten beschlossen wurde.
44 
Der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens steht weiter nicht entgegen, dass kein Kostendeckungsvorschlag enthalten ist. Zunächst ist anerkannt, dass es eines Kostendeckungsvorschlages dann nicht bedarf, wenn das Bürgerbegehren auf das Unterlassen einer Maßnahme gerichtet ist, Kosten mithin nicht entstehen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat zwar eingewandt, bei einem Absehen vom Bau der Bahnunterführung entstünden sehr wohl Kosten, nämlich in Gestalt der Schadensersatzansprüche der DB. Indes können mögliche Schadensersatzansprüche nicht zur Erfordernis eines Kostendeckungsvorschlages führen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 21 Abs. 3 Satz 4 GO, der einen Vorschlag für die Deckung der Kostender verlangten Maßnahme enthält. Eventuelle Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Durchführung oder der Nichtdurchführung einer Maßnahme sind davon gerade nicht erfasst. Zum andern muss beachtet werden, dass es der Bürgerschaft nicht möglich ist, möglicherweise entstehende Schadensersatzansprüche Dritter zu prüfen und zu beurteilen, da ihnen der Zugang zu den einschlägigen Verwaltungsunterlagen fehlt. Die Praxis hat in der Vergangenheit gezeigt, dass Bürgerbegehren, die auf die Durchführung einer Maßnahme zielen, relativ selten sind, weil es der Bürgerschaft wegen des komplexen Haushaltsrechts nur schwer möglich ist, einen realisierbaren Kostendeckungsvorschlag zu machen. Der Kostendeckungsvorschlag erweist sich also als schwerste „Hürde“ für einen Bürgerentscheid. Würde man von der Bürgerschaft darüber hinaus verlangen, sich über eventuelle Schadensersatzansprüche Dritter kundig zu machen und hierzu einen Finanzierungsvorschlag zu unterbreiten, würde dies eine unzulässige Erschwerung für ein Bürgerbegehren darstellen, der Kostendeckungsvorschlag würde zum „Killerkriterium“. Es ist vielmehr der Verwaltung unbenommen, nach Zulassung eines Bürgerbegehrens in der Diskussion auf eventuelle Schadenersatzansprüche hinzuweisen, damit die Bürgerschaft im Rahmen des (anschließenden) Bürgerentscheides dies in ihre Entscheidung einfließen lassen kann.
45 
Hinsichtlich des Begründungserfordernisses ist in der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg geklärt, dass an die Begründung (inhaltlich) keine hohen Anforderungen zu stellen sind, damit das Instrument Bürgerbegehren seinem Zweck gerecht wird (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 16.09.1974, ESVGH 27, 73). Daran, dass die in der „Anlage zur Unterschriftenliste“ enthaltene Begründung inhaltlich ausreichend ist, hat die Kammer deshalb keinerlei Zweifel.
46 
Hier ist allerdings dem Begründungserfordernis im Ergebnis deshalb nicht genügt, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Unterzeichner von der Begründung Kenntnis gehabt haben. Genauer gesagt, spitzt sich der vorliegende Rechtsstreit auf die Frage zu, ob das Begründungserfordernis verlangt, dass die Begründung den Unterzeichnern eines Bürgerbegehrens vorgelegen hat, diese also bei der Unterzeichnung hiervon Kenntnis nehmen konnten, oder ob es ausreicht, dass die Begründung zusammen mit den Unterschriftenlisten der Gemeinde vorgelegt wird, also dem Gemeinderat bei seiner Entscheidung nach § 21 Abs. 4 GO vorliegt. Anders formuliert geht die Frage dahin, ob das „Bürgerbegehren“ die Gesamtheit der Unterlagen ist, die der Gemeinde vorgelegt werden oder ob es das Schriftstück bzw. die Gesamtheit der Schriftstücke ist, die von den Bürgern unterzeichnet wurden. Würde es ausreichen, dass die Begründung zusammen mit Fragestellung, Unterschriftenliste und ggf. Kostendeckungsvorschlag der Gemeinde vorgelegt wird, unabhängig davon, ob sie den unterzeichnenden Bürgern vorlag, wäre das Bürgerbegehren zulässig.
47 
Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung ergeben nach Auffassung der Kammer indes hinreichend deutlich, das die Begründung des Bürgerbegehrens von den Unterzeichnern zur Kenntnis genommen werden können muss. Dies ergibt sich aus Folgendem: § 21 Abs. 2 Satz 1 GO definiert das Bürgerbegehren als Antrag der Bürgerschaft auf Durchführung eines Bürgerentscheids. Damit ist klargestellt, dass das Bürgerbegehren nicht von Einzelpersonen eingereicht wird, sondern von der „Bürgerschaft“. Es gibt mithin nur ein Bürgerbegehren, entsprechend sieht § 41 Kommunalwahlordnung vor, dass für dieses Vertrauensleute als Ansprechpartner bestimmt werden sollen. Diese sind mithin nicht „Antragsteller“, sondern quasi Vertreter der Bürgerschaft. § 21 Abs. 3 Satz 3 GO verlangt, dassdas Bürgerbegehren schriftlich eingereicht werden muss. Auch dies bestätigt, dass es insgesamt nur einen einheitlichen Antrag gibt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Bürgerbegehren gleichsam auf einem Blatt zusammengefasst sein müsste. Vielmehr führt gerade das Erfordernis des Unterschriftenquorums dazu, dass auf einer Vielzahl von Blättern Unterschriften gesammelt werden müssen. Damit spitzt sich die Fragestellung dahin zu, ob jedes dieser Unterschriftenblätter alle Anforderungen an ein Bürgerbegehren erfüllen muss. Diese Anforderungen sind in § 21 Abs. 3 Satz 4 GO geregelt, wonach das Bürgerbegehren die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen Kostendeckungsvorschlag enthalten muss. Der Wortlaut dieser Vorschrift macht mithin Fragestellung, Begründung und Kostendeckungsvorschlag zu Wesensmerkmalen eines Bürgerbegehrens. § 21 Abs. 3 Satz 5 schließlich verlangt, dass „es“, also „das Bürgerbegehren“ von mindestens 10 vom Hundert zu unterzeichnen ist. Dieser Wortlaut verlangt mithin, dass das gesamte Bürgerbegehren, also Fragestellung, Begründung und (soweit erforderlich) Kostendeckungsvorschlag unterschrieben werden muss. Ausgehend vom Wortlaut - mag er auch nicht ganz eindeutig sein - ergibt sich mithin hinreichend deutlich, dass die Begründung entweder auf der Unterschriftenliste selbst enthalten sein muss oder aber jeder Unterschriftenliste so als Anlage beigefügt sein muss, dass sie von den Unterzeichnern zur Kenntnis genommen werden kann.
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Betrachtet vom Sinn und Zweck der Vorschrift, so wird hierdurch dieses Ergebnis bestätigt. Der Zweck des Begründungserfordernisses muss im Wesentlichen in zweierlei gesehen werden: Zum einen soll dem Gemeinderat, der nach § 21 Abs. 4 GO über die Zulassung des Bürgerbegehrens zu entscheiden hat, verdeutlicht werden, aus welchen Gründen heraus dieses betrieben wird. Dies ist umso wichtiger, als der Gemeinderat - unabhängig davon, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Bürgerbegehrens erfüllt sind - nach § 21 Abs. 1 GO mit 2/3-Mehrheit einen Bürgerentscheid herbeiführen könnte. Würde sich der Sinn der Vorschrift hierin erschöpfen, wäre dies ein Argument dafür, das Vorliegen einer Begründung erst im Zeitpunkt der Vorlage bei der Gemeinde für ausreichend anzusehen. Zum gleichen Ergebnis führt auch die Überlegung, dass mit der Zulassung des Bürgerbegehrens über das Ergebnis eines Bürgerentscheides noch nichts ausgesagt ist: Mit der Zulassung des Bürgerbegehrens beginnt vielmehr erst der Meinungsstreit, in dem die Gegner ihre Argumente austauschen und diskutieren können, das Ergebnis des Meinungsstreites wird dann erst durch das Ergebnis des Bürgerentscheids dokumentiert. Ob die Begründung der Initiatoren des Bürgerbegehrens einem Bürgerentscheid zum Erfolg verhelfen, ob sie also die Mehrheit der Bürger zu überzeugen vermögen, entscheidet sich erst nach der Zulassung des Bürgerbegehrens in der dann folgenden Diskussionszeit vor dem Bürgerentscheid.
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Indes hat das Begründungserfordernis noch einen anderen, wichtigeren Sinn: Bereits mit der Zulassung des Bürgerbegehrens wird nämlich die kommunalrechtliche Zuständigkeitsordnung verändert: Bereits mit der Zulassung des Bürgerbegehrens (und nicht erst mit dem Ergebnis des Bürgerentscheids) verliert der an sich nach § 24 GO zuständige Gemeinderat für die konkrete Frage seine Entscheidungskompetenz. Mit dem Begründungserfordernis wollte der Gesetzgeber ersichtlich verlangen, dass diese „Entmachtung“ des Gemeinderates nicht aus irgendwelchen beliebigen Motiven heraus erfolgt, sondern gerade im Anschluss an eine bestimmte, schriftlich fixierte Begründung. Der Unterzeichner eines Bürgerbegehrens soll mithin nicht aus irgendwelchen beliebigen inneren Motiven das Bürgerbegehren unterzeichnen, sondern vielmehr mit seiner Unterschrift deutlich machen, dass er die dem Bürgerbegehren beigefügte Begründung als so wichtig und tragfähig ansieht, dass sie ausreicht, um die kommunale Zuständigkeitsordnung zu verändern und die Frage von der Bürgerschaft selbst entscheiden zu lassen. Dies verlangt jedoch, dass die Begründung entweder auf jedem Unterschriftenblatt enthalten ist oder aber jedem Unterschriftenblatt beigefügt ist. Die Kammer verkennt nicht, dass ungeachtet dessen letztlich nicht überprüfbar ist, aus welchen inneren Gründen ein Bürger das Bürgerbegehren unterschreibt, ob er sich also tatsächlich die Begründung zu eigen macht oder ob er evtl. aus anderen Gründen, etwa um „dem Gemeinderat eins auszuwischen“, unterschreibt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass durch das Begründungserfordernis weitest möglich sichergestellt werden soll, dass Unterschriften unter das Bürgerbegehren nur aus sachlichen Gründen geleistet werden.
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Die mündliche Verhandlung hat ergeben, dass diesem Erfordernis nicht genügt ist. Die Vertreterin des Bürgerbegehrens hat eingeräumt, dass die Begründung bei Beginn der Unterschriftensammlung schriftlich nicht fixiert war. Zwar habe sie - nachdem man vom Bürgermeister auf das Begründungserfordernis hingewiesen worden sei - die Begründung formuliert und zu einem nicht mehr klärbaren Zeitpunkt den Unterschriftenlisten das Begründungsblatt beigefügt. Sie hat jedoch eingeräumt, dass sich nicht mehr feststellen lässt, bei wie viel Unterschriftenblättern dies der Fall war. Nachdem die Darlegungslast für das Begründungserfordernis beim Kläger liegt, vermag die Kammer nicht davon auszugehen, dass dem Begründungserfordernis genügt ist. Die Beklagte hat das Bürgerbegehren somit zu Recht wegen Nichteinhaltung des Begründungserfordernisses als unzulässig angesehen.
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Aus den obigen Ausführungen ergibt sich auch, dass es entgegen der Auffassung des Klägers nicht ausreicht, dass für die Bürgerschaft die Möglichkeit bestand, sich über das Amtsblatt der Beklagten und die örtliche Presse über die Angelegenheit und die Pro- und Contraargumente zu informieren. Selbst wenn in Verbindung mit der Fragestellung - wie hier - auf die zur Verfügung stehenden Informationsquellen hingewiesen wird, ist nicht sichergestellt, dass die Unterzeichner aus diesen allgemein zugänglichen Quellen die Argumente der Initiatoren des Bürgerbegehrens zur Kenntnis genommen und sich zu eigen gemacht haben. Damit ist dem dargestellten Zweck des Begründungserfordernisses aber nicht genügt.
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Keiner abschließenden Erörterung bedarf die Frage, ob der Gemeinderat im Zusammenhang mit seinem Beschluss nach § 21 Abs. 4 GO auch zu entscheiden hat, ob er nach § 21 Abs. 1 GO einen Bürgerentscheid herbeiführen möchte. Zwar sind die Entscheidungen des Gemeinderats nach § 21 Abs. 4 GO bzw. § 21 Abs. 1 GO formal völlig unterschiedlich. Für das Erfordernis einer entsprechenden Ermessensentscheidung des Gemeinderates spricht gleichwohl einiges: Für § 21 Abs. 4 GO ist geklärt, dass der Gemeinderat kein „Ablehnungsermessen“ hat. Liegen also die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Bürgerbegehrens vor, muss der Gemeinderat dieses zulassen. Für die frühere Fassung des § 21 GO hatte der Gemeinderat die Möglichkeit, eine Angelegenheit durch Hauptsatzung zur „wichtigen Gemeindeangelegenheit“ zu machen und mithin die Möglichkeit, über den Gesetzeswortlaut hinaus ein Bürgerbegehren herbeiführen zu lassen. Mit der Abschaffung des Positivkataloges ist diese Möglichkeit entfallen. Andererseits war - wie dargelegt - Sinn der gesetzlichen Neuregelung gerade, das Rechtsinstitut des Bürgerbegehrens zu stärken und seinen Anwendungsbereich zu erweitern. Diese Intention spricht dafür, zu verlangen, dass der Gemeinderat im Rahmen der Entscheidung nach § 21 Abs. 4 GO für den Fall, dass die Voraussetzungen eines Bürgerbegehrensnicht vorliegen, eine Ermessensentscheidung dahingehend zu treffen hat, ob er (trotzdem) einen Bürgerentscheid nach § 21 Abs. 1 GO zulässt. Denn ein Bürgerbegehren - auch wenn es sich im Ergebnis als unzulässig erweist - manifestiert doch (je nach Anzahl der Unterschriften) einen gewissen „politischen Druck der Basis“ der den Gemeinderat veranlassen kann, nach § 21 Abs. 1 GO einen Bürgerentscheid herbeizuführen. Die Entscheidung dieser Frage kann im Ergebnis allerdings offen bleiben, da einer entsprechenden Verpflichtung des Gemeinderates jedenfalls kein subjektiv öffentliches Recht auf Seiten der Bürger gegenübersteht. Die Rechte der Bürgerschaft, einen Bürgerentscheid herbeizuführen, erschöpften sich vielmehr in der Möglichkeit des Bürgerbegehrens und erforderlichenfalls deren klageweiser Durchsetzung. Ein subjektives Recht einzelner Bürger auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung darüber, ob nach § 21 Abs. 1 GO ein Bürgerentscheid durchgeführt werden soll, existiert daneben nicht.
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Keiner weiteren Erörterung bedarf die Frage, ob das Bürgerbegehren vorliegend auch deshalb unzulässig wäre, weil bereits seine Durchführung - und nicht erst das Ergebnis des Bürgerentscheids - die Maßnahme jedenfalls für das Jahr 2009 zum Scheitern bringen würde. Hierzu hat der Zeuge H. überzeugend dargelegt, dass die Baumaßnahme im Jahr 2009 nicht durchgeführt werden und frühestens 2011 erfolgen könnte, wenn mit dem Bau nicht im März 2009 begonnen werden kann. Dies würde bedeuten, dass das Projekt - jedenfalls für das Jahr 2009 - nicht erst wegen des Ergebnisses des Bürgerentscheides (ggf.) scheitern würde, sondern bereits aufgrund des Umstands, dass ein solcher überhaupt durchgeführt wird, da das Ergebnis eines Bürgerentscheides vor März 2009 nicht vorliegen könnte. Das Bürgerbegehren wäre mithin nicht „ergebnisoffen“, da bereits die Durchführung des Bürgerentscheides, jedenfalls für das Jahr 2009 den Bau der Unterführung vereitelt würde. Ob eine fehlende „Ergebnisoffenheit“ eines Bürgerbegehrens seiner Zulässigkeit entgegenstehen würde, bedarf jedoch keiner Entscheidung, da das Bürgerbegehren bereits wegen Fehlens des Begründungserfordernisses unzulässig ist. Aus dem gleichen Grund bedarf es keiner Entscheidung dazu, ob mit dem Abschluss des Kreuzungsvertrages eine derartig strikte Bindung der Gemeinde nach außen eingetreten ist, dass für den Bürgerentscheid kein Entscheidungsraum mehr verbleibt oder ob § 4 Abs. 4 des Kreuzungsvertrages der Gemeinde hinreichende Möglichkeit bietet, von der Durchführung der Maßnahme noch Abstand nehmen zu können.
54 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (vgl. § 124 a Abs. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO).
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
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published on 08/04/2011 00:00

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21.01.2011 - 5 K 3560/10 - wird zurückgewiesen.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert für das Beschwerdeverfahre
published on 30/06/2010 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1 Der Kläger ist Mitunterzeichner des „Bürgerbegehrens Großer Forst“, mit dem die Ansiedlung eines Logistikze
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.