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| Die Klage ist zulässig (I.), aber nicht begründet (II.). |
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| 1. Die Klage ist am 23.01.2009 und damit nach Ablauf von drei Monaten (vgl. § 75 Abs. 1 S. 2 VwGO) seit der am 25.08.2008 erfolgten Einlegung des Widerspruchs in zulässiger Weise als Untätigkeitsklage erhobenen worden. Ob die eingereichte Petition ein zureichender Grund für die Untätigkeit des Regierungspräsidiums im Widerspruchsverfahren war, hat keinen Einfluss auf die Zulässigkeit der Klage, sondern nur auf die Notwendigkeit einer gerichtlichen Fristsetzung gemäß § 75 Abs. 1 S. 3 VwGO. Der Kläger hat den nach Klageerhebung ergangenen Widerspruchsbescheid vom 11.03.2009 mit Schriftsatz vom 18.03.2009 innerhalb der Klagefrist des § 74 Abs. 1 VwGO in das Verfahren einbezogen. |
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| 2. Der Kläger ist gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Gegen die Zurückweisung eines Bürgerbegehrens kann jeder Unterzeichner Verpflichtungsklage auf Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erheben (vgl. § 21 Abs. 4 und 8 GemO BW i.V.m. § 41 Abs. 2 KomWG). Der Kläger hat das Bürgerbegehren selbst am 30.04.2008 unterzeichnet. Er hat die Klage ordnungsgemäß in eigenem Namen erhoben und auch das Widerspruchsverfahren in eigenem Namen durchgeführt. An der Wahlberechtigung des Klägers (vgl. § 41 Abs. 1 KomWG) bestehen keine Zweifel. |
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| 3. Es besteht auch weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung des Klageverfahrens. Die Firma B. hat ihre Ansiedlungspläne im Großen Forst zurückgestellt, aber nicht endgültig aufgegeben. Damit besteht nach wie vor die konkrete Möglichkeit, dass das Vorhaben verwirklicht wird. |
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| Die Klage ist jedoch unbegründet. |
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| Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, den mit dem Bürgerbegehren erstrebten Bürgerentscheid zuzulassen. Durch den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 25.07.2008 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 11.03.2009 wird der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 und 5 VwGO). Maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. |
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| Für die Beurteilung der Zulässigkeit des Bürgerentscheids ist § 21 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg (im Folgenden: GemO) in der seit dem 06.08.2005 gültigen Fassung zugrunde zu legen (vgl. Gesetz zur Änderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften vom 28.07.2005, GBl. S. 578 ff.). Nach § 21 Abs. 3 Satz 1 GemO kann die Bürgerschaft über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren). |
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| 1. Die in der Fragestellung des Bürgerbegehrens angesprochene Ansiedlung eines Logistikzentrums der Firma B. im Gebiet Großer Forst sowie der Abschluss von Grundstücksverträgen und grundsätzlich auch die „weiteren Schritte“ für dieses Projekt können nicht unmittelbar zum Gegenstand eines Bürgerbegehrens gemacht werden, da es sich insoweit nicht um eine Angelegenheit im Wirkungskreis der Beklagten i.S.d. § 21 Abs. 3 S. 1 GemO handelt. Im Zuständigkeitsbereich der Beklagten ist nur noch die für die Ansiedlung notwendige Bauleitplanung verblieben, die aber gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO nicht zum Gegenstand eines Bürgerbegehrens gemacht werden kann. |
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| a) Der Wirkungskreis der Gemeinde wird in §§ 1, 2 GemO BW beschreiben. Es sind darunter Angelegenheiten zu verstehen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder einen spezifischen Bezug zur Gemeinde haben und die der Gemeinde im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 GG garantiert sind. Damit sind einem Bürgerentscheid überörtliche Angelegenheiten und Angelegenheiten, deren Entscheidung in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Hoheitsträgers fällt, grundsätzlich nicht zugänglich. Für die Zulässigkeit von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid stellt sich im Einzelfall jedoch die Frage, welche Maßnahmen dem eigenen (gemeindlichen) Wirkungskreis und welche dem Wirkungskreis eines anderen Rechtsträgers zuzurechnen sind. So kann der Wirkungskreis der Gemeinde in einer Stufe angesprochen sein, obwohl die endgültige Entscheidung auf einer anderen Ebene getroffen wird (vgl. dazu Kammerurteil vom 17.07.2009 - 7 K 3229/08 -, VBlBW 2009, 432 ff.). |
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| b) Die Beklagte ist Mitglied im kommunalen Zweckverband „Gewerbezweckverband Wirtschaftsraum N.“ (GZV), dessen satzungsmäßige Aufgabe die Entwicklung des Gewerbe- und Dienstleistungsgebietes „Bachhalde/Großer Forst“ auf der Gemarkung der Beklagten ist. Gemäß § 2 der Verbandssatzung erschließt der Zweckverband auf der Basis der von der Beklagten erstellten Bebauungspläne das Verbandsgebiet, erwirbt und veräußert dort Grundstücke, siedelt Betriebe an und errichtet und unterhält die dafür erforderlichen Einrichtungen. |
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| Der kommunale Zweckverband ist kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 3 S. 1 des Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit - GKZ -). Als kommunale Körperschaft verwaltet der Zweckverband gem. § 3 S. 2 GKZ seine Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze unter eigener Verantwortung. Inhaltlich umfasst die Garantie der Selbstverwaltung des Zweckverbandes das Recht auf eigenverantwortliche Verwaltung der Verbandsangelegenheiten. Da der Zweckverband weder einen gesetzlich zugewiesenen Aufgabenkreis noch einen universellen Wirkungsbereich hat, bezieht sich die Selbstverwaltungsgarantie auf die aus dem Wirkungskreis der beteiligten kommunalen Gebietskörperschaften übertragenen Aufgaben, und zwar in dem Umfang, wie sie diesen primären Aufgabenträgern zustanden (vgl. dazu Kunze/Hekking, Gesetz über kommunale Zusammenarbeit für Baden-Württemberg, § 3 Rn 1 ff.). Mit dem Zeitpunkt des Entstehens gehen diese Aufgaben in dem in der Verbandssatzung festgelegten Umfang kraft Gesetzes auf den Zweckverband über (§ 4 Abs. 1 GKZ). Das Recht und die Pflicht, auf diesem Aufgabengebiet tätig zu werden, steht dann allein dem Zweckverband zu; er allein trägt die gesamte Verantwortung gegenüber den Bürgern und dem Staat. Durch diese Verlagerung der Zuständigkeit erlischt die Kompetenz der bisherigen (primären) Aufgabenträger; insoweit wird ihr universeller Wirkungskreis beschnitten. Dieser Aufgabenübergang ist eines der tragenden Prinzipien des Zweckverbandsrechts (vgl. dazu Kunze/Hekking, a.a.O., § 4 Rn. 1 ff.). |
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| Da das Recht auf Durchführung eines Bürgerbegehrens nach § 21 Abs. 3 GemO nur den Gemeindebürgern in Bezug auf die eigenen Angelegenheiten der Gemeinde eingeräumt ist und Aufgaben, die eine Gemeinde einem Zweckverband übertragen hat, nicht mehr Aufgaben der Gebietskörperschaften sind, können "Bürgerrechte" im Sinne eines Bürgerbegehrens gegen den Zweckverband nicht geltend gemacht werden. Dementsprechend kann eine einem Gemeindezweckverband übertragene Aufgabe nicht - unmittelbar - zum Gegenstand eines Bürgerbegehrens gemacht werden (so bereits VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.1963 - IV 575/62 -, ESVGH 13, 10 ff.; ebenso VG München, Beschluss vom 05.06.2000 - M 7 E 00 .2246 -, Rn. 13, juris, zur Bay. GemO). |
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| 2. Im vorliegenden Fall stellt das Bürgerbegehren nach seiner Fragestellung jedoch nicht unmittelbar die Erfüllung einer Verbandsaufgabe zur Abstimmung, sondern zielt darauf, durch Weisungen an die Verbandsvertreter der Beklagten Einfluss auf die Erledigung der Zweckverbandsaufgaben zu nehmen. |
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| a) Inhalt und Ziel des Bürgerbegehrens sind entsprechend dem Rechtsgedanken des § 133 BGB für die Auslegung von Willenserklärungen nach dem objektiven Erklärungsinhalt, wie er in der Formulierung und Begründung des Bürgerbegehrens zum Ausdruck kommt und von den Unterzeichnern verstanden werden konnte und musste, zu ermitteln (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 14.11.1983 - 1 S 1204/83 - und vom 20.03.2009 - 1 S 419/09 -, jeweils juris). Im vorliegenden Fall sind in der Fragestellung des Bürgerbegehrens zwei Halbsätze miteinander verknüpft: |
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| - „Sind Sie dafür, dass die Ansiedlung eines Logistikzentrums der Firma B. im Gebiet Großer Forst sowie Grundstücksverträge und weitere Schritte für dieses Projekt unterbleiben …“ (1. Teil der Fragestellung) und |
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| - „ … der Oberbürgermeister und die Vertreter der Stadt N. in der Verbandsversammlung Gewerbezweckverband N. entsprechend angewiesen werden?“ ( 2. Teil der Fragestellung). |
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| Durch die inhaltliche Verknüpfung der beiden Halbsätze wird nach Ansicht der Kammer hinreichend deutlich, dass nicht zwei Forderungen kumulativ zur Abstimmung gestellt werden, sondern eine einheitliche Forderung erhoben und im ersten Teil der Fragestellung das Ziel des Bürgerbegehrens, im zweiten Teil der Fragestellung das Mittel zur Erreichung dieses Ziels konkretisiert wird. |
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| Das Bürgerbegehren ist daher nach seiner Fragestellung darauf gerichtet, die Ansiedlung des Logistikzentrums der Firma B. im Gebiet Großer Forst durch entsprechende Weisung (des Gemeinderats der Beklagten) bezüglich des Abstimmungsverhaltens der Verbandsvertreter der Beklagten in der Verbandsversammlung zu verhindern. |
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| b) Gemäß § 13 Abs. 5 GKZ können die Verbandsmitglieder eines Gemeindezweckverbandes ihren Vertretern Weisungen erteilen. Dieses dem kommunalverfassungsrechtlichen System an sich fremde sog. „imperative Mandat“ erklärt sich aus dem Charakter der Verbandsversammlung als Trägerorgan mit mittelbar gewählten Vertretern (vgl. dazu Kunze/Hekker, a.a.O., § 13 Rn. 22). Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Urteil vom 10.12.1997 - 4 B 97/89 u.a. -, NVwZ-RR 1999, 141 ff.; ebenso wohl auch VG Bayreuth, Urteil vom 10.04.2003 - B 2 K 02.324 -, juris) sind daher - bei vergleichbarer Rechtslage - Bürgerbegehren zulässig, mit denen Weisungen an Verbandsräte der Gemeinden in Zweckverbänden erstrebt werden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof begründet seine Auffassung damit, dass der Bürgerentscheid die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses habe und deshalb alles, was durch Gemeinderatsbeschluss bestimmt werden könne, grundsätzlich auch Inhalt eines Bürgerentscheids sein könne (zur Möglichkeit mittelbarer Einflussnahme eines Bürgerentscheids vgl. auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.09.1980 - I 3895/78 -juris). |
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| 3. Die Kammer kann die Frage, ob Weisungen an Vertreter kommunaler Zweckverbände „bürgerentscheidsfähig“ sind, im Ergebnis offen lassen. Da die Prüfung der Zulässigkeit eines Bürgerentscheids sich auch auf die Frage erstreckt, ob die erstrebte Maßnahme mit der Rechtsordnung in Einklang steht (vgl. Kammerurteil vom 17.07.2009 - 7 K 3229/08 -, a.a.O.), müssten sich solche Weisungen im vorliegenden Fall jedenfalls innerhalb der rechtlichen Bindungen der Beklagten bewegen. Dies ist hier nach der Fragestellung und der Begründung des Bürgerbegehrens aber nicht gewährleistet. |
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| a) Das Gebiet Großer Forst ist im Regionalplan Region S. vom 01.03.1999, im Flächennutzungsplan der Verwaltungsgemeinschaft N. vom 07.04.2000 und im am 25.07.2008 in Kraft getretenen Bebauungsplan „Großer Forst I“ als gewerbliche Baufläche ausgewiesen. Damit steht die Nutzung des Großen Forsts als Gewerbestandort nicht mehr zur Disposition. Gemäß § 2 Abs. 1 der Verbandsatzung gehört die Ansiedlung von Betrieben im Gebiet Großer Forst zu den zentralen Aufgaben des Gewerbezweckverbandes. Die Beklagte ist als Verbandsmitglied verpflichtet, „übergemeindlich und partnerschaftlich“ an der Durchführung der Verbandsaufgaben mitzuwirken (vgl. Präambel der Verbandssatzung). Nachdem der allein auf der Gemarkung der Beklagten gelegene Große Forst nach den überregionalen Planvorgaben auch für die übrigen Verbandsgemeinden Schwerpunkt für die Gewerbeansiedlung ist, hat die satzungsmäßige Verpflichtung zu solidarischem Verhalten für die Beklagte besondere Bedeutung. Nach dem Inhalt des Bürgerbegehrens, wie er in Fragestellung und Begründung zum Ausdruck kommt, ist nicht gewährleistet, dass dieser rechtliche Rahmen bei möglichen Weisungen an die Verbandsvertreter beachtet wird. |
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| Zwar bezieht sich der Wortlaut der Fragestellung das Bürgerbegehren nur auf die Ansiedlung des Logistikzentrums der Firm B. Für die Ermittlung des Gegenstands eines Bürgerbegehrens ist aber weniger die Einkleidung der Fragestellung des Bürgerbegehrens als vielmehr dessen Zielrichtung maßgebend. Bei der Ermittlung dieser Zielrichtung kommt es in erster Linie darauf an, wie die Unterzeichner den Text verstehen müssen, da sichergestellt sein muss, dass die Bürger bei der Leistung der Unterschrift wissen, was Gegenstand des Bürgerbegehrens ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.03.2009 - 1 S 419/09 -, a.a.O. ). |
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| In der (deswegen auch unzureichenden, s.u.) Begründung des Bürgerbegehrens werden keinerlei sachliche und mit den Aufgaben des Zweckverbandes in Einklang stehende Gründe genannt, die das erstrebte Abstimmungsverhalten der Verbandsvertreter rechtfertigen könnten. Vielmehr wird in der Begründung ganz allgemein darauf abgehoben, dass durch die Ansiedlung des Logistikzentrums der Firma B. eine „unwiderrufliche Weichenstellung für die Entwicklung und Nutzung des Großen Forsts der Stadt N.“ erfolge. Weiter heißt es: „Die Vor- und Nachteile einer solchen Entwicklung sind heftig umstritten und führen zu einer Spaltung der Bürgerschaft. Mit dem beantragten Entscheid soll der Wille der Bürger festgestellt werden“. Dadurch, dass in der Begründung zur Fragestellung nicht auf die konkreten Gegebenheiten der B.-Ansiedlung, sondern allgemein auf die „Entwicklung und Nutzung des Großen Forsts“ und die „Vor- und Nachteile einer solchen Entwicklung“ Bezug genommen wird, kann bei den Unterzeichnern der - unzutreffende - Eindruck entstehen, „anlässlich“ der Ansiedlungsfrage grundsätzlich über die gewerbliche Nutzung im Großen Forst abstimmen und den Verbandsvertretern diesbezügliche Weisungen erteilen zu können. Ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankommt, sei darauf hingewiesen, dass dafür auch die in der Bürgerschaft seinerzeit geführte Debatte zu diesem Thema spricht, auf die die Begründung des Bürgerbegehrens ausdrücklich Bezug nimmt (vgl. z.B. die in der mündlichen Verhandlung angesprochene Kundgebung der Schutzgemeinschaft Großer Forst vom 17.02.2008, in der die Umnutzung des Großen Forsts von landwirtschaftlicher Fläche in gewerbliche Nutzung und die Situation der durch den Verlust von Pachtflächen betroffenen Landwirte in das Zentrum der öffentlichen Diskussion gerückt wurde). |
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| b) Die erstrebten Weisungen stehen auch in Widerspruch zu der maßgeblichen Beschlusslage im Gewerbezweckverband. |
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| Die Verbandsversammlung hat mit Beschlüssen vom 03.12.2007 und 14.07.2008 mit den Stimmen der Beklagten der Ansiedlung der Firma B. im Gewerbegebiet Großer Forst zugestimmt, die Grundsätze für den Erwerb der Grundstücke festgelegt und den Verbandsvorsitzenden beauftragt, die Beschlüsse entsprechend umzusetzen. An diese Beschlusslage ist die Beklagte gebunden. Der Oberbürgermeister der Beklagten ist als Verbandsvorsitzender gemäß §§ 7 Abs. 3 der Verbandssatzung, 43 Abs. 1 GemO verpflichtet, die Beschlüsse der Verbandsversammlung zu vollziehen. Der Beklagten als Verbandsmitglied obliegt es aufgrund ihrer Verpflichtung zu übergemeindlicher und partnerschaftlicher Zusammenarbeit, Maßnahmen zu unterlassen, die die sachgerechte Durchführung der Verbandsaufgaben gefährden. Ein (Abstimmungs-)Verhalten, welches sich ohne Vorliegen von sachlichen Gründen und ohne erkennbare Veränderung der Sachlage in Widerspruch zum bisherigen Abstimmungsverhalten und zur gemeinsamen Beschlusslage der Verbandsversammlung setzt, ist mit diesen Verpflichtungen unvereinbar und dürfte sich zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“) sogar als treuwidrig darstellen. |
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| c) Die erstrebte Weisung, dass „die Ansiedlung eines Logistikzentrums der Firma B. unterbleiben“ solle, widerspricht im Ergebnis auch dem, was durch den vom Gemeinderat der Beklagten als Satzung beschlossenen Bebauungsplan „Großer Forst I“ vorgegeben ist. Richtig ist zwar, dass es sich hier nicht um einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan i.S.d. § 12 BauGB handelt. Der zum Zwecke der Ansiedlung der Firma B. aufgestellte Bebauungsplan erlaubt nach seinen Festsetzungen jedoch die Realisierung des Bauvorhabens, und die Firma B. hat auf entsprechenden Bauantrag einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Baugenehmigung. |
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| 4. Die mit dem Bürgerentscheid erstrebte Weisung an die Verbandsvertreter der Beklagten, „weitere Schritte für das Projekt“ zu unterlassen, ist darüber hinaus inhaltlich unbestimmt und nicht geeignet, unmissverständliche Vorgaben für das zukünftige Verhalten der Verbandsvertreter in der Verbandsversammlung zu machen. Zudem umfasst die Formulierung, wie sie von den Unterzeichnern verstanden werden konnte, auch die Bauleitplanung und verstößt damit gegen § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO. |
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| a) Gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO findet ein Bürgerentscheid nicht statt über Bauleitpläne und örtliche Bauvorschriften. Die Ausschlussregelung umfasst grundsätzlich alle wesentlichen Verfahrensschritte der Bauleitplanung. Die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens muss sich auch dann an § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO messen lassen, wenn es ungeachtet der Einkleidung der Fragestellung der Sache nach auf eine bauplanerische Entscheidung gerichtet ist (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteile vom 20.03.2009 - 1 S 419/09 - und vom 22.06.2009 - 1 S 2865/08 -, jeweils juris). |
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| Nach der Fragestellung des Bürgerbegehrens sollen die Ansiedlung eines Logistikzentrums der Firma B. sowie Grundstücksverträge und „weitere Schritte“ für dieses Projekt unterbleiben. Neben dem Abschluss von Grundstückskaufverträgen war die Schaffung der bauplanungsrechtlichen Grundlagen der entscheidende, weil unabdingbare Schritt zur Realisierung des Projekts. Welche „weiteren Schritte“ sonst gemeint sein könnten, ist nicht erkennbar und konnte vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung auch nicht konkretisiert werden. Nach dem damaligen Stand des Bebauungsplanverfahrens „Großer Forst I“ (der Aufstellungsbeschluss war gefasst und die frühzeitige Bürgerbeteiligung erfolgt, die öffentliche Auslegung, die Anhörung der Träger öffentlicher Belange und der Satzungsbeschluss standen noch aus) lag es für die Unterzeichner des Bürgerbegehrens deshalb nahe, unter „weiteren Schritten“ auch die Fortführung des Bebauungsplanverfahrens zu verstehen. |
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| Dafür, dass das Bürgerbegehren „der Sache nach“ auch die Aufstellung des Bebauungsplans „Großer Forst I“ umfasst hat, spricht ferner die ausdrückliche Bezugnahme auf die Gemeinderatssitzung vom 06.05.2008 und die maßgebliche Sitzungsvorlage Nr. 012/2008/GR in der Begründung des Bürgerbegehrens. In dieser Sitzung hat der Gemeinderat der Beklagten auf der Grundlage der genannten Sitzungsvorlage |
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| - der Ansiedlung der Fa. B. im Gewerbegebiet Großer Forst zugestimmt, |
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| - den Oberbürgermeister angewiesen, alle zur Ansiedlung der Fa. B. erforderlichen Verfahrensschritte durchzuführen und |
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| - die Verwaltung beauftragt, das Bebauungsplanverfahren zügig abzuschließen. |
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| Nachdem die Aufstellung des Bebauungsplans unabdingbare Voraussetzung für die Gewerbeansiedlung war, folgt die Kammer nicht der Argumentation des Klägervertreters, der diesbezügliche Beschluss habe eine völlig untergeordnete Bedeutung. |
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| Für eine dem Bauplanungsrecht zuzuordnende Entscheidung über die Nutzung von Grundstücksflächen spricht schließlich die Begründung des Bürgerbegehrens auch insoweit, als darin allgemein von der „Weichenstellung für die Entwicklung und Nutzung des Großen Forsts“ die Rede ist. |
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| b) Ein Verstoß gegen § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO scheidet auch nicht deshalb aus, weil das Bürgerbegehren, soweit es die Bauleitplanung umfasst, nur auf einen „Planungsstopp“ gerichtet war. Ob die Forderung nach Einstellung der Bauleitplanung einem Bürgerbegehren zugänglich ist, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Selbst wenn man dies bejahen wollte, wäre nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. Urteil vom 22.06.2009 - 1 S 2865/08 - , a.a.O.) ab dem Aufstellungsbeschluss die 6-Wochen-Frist des § 21 Abs. 3 Satz 3 2. HS GemO zu beachten. Da im der Aufstellungsbeschluss bereits am 11.12.2007 gefasst wurde, war diese Frist bei Beantragung des Bürgerentscheids am 21.05.2008 längst abgelaufen. Darüber hinaus hat nach § 2 Abs. 2 der Verbandssatzung die Beklagte die Bauleitplanung in enger Abstimmung mit dem Zweckverband vorzunehmen, und alle wesentlichen Planungsschritte bedürfen der vorherigen Entscheidung in der Verbandsversammlung des Zweckverbandes. Ein „Planungsstopp“ hätte aber der Beschlusslage in der Verbandsversammlung widersprochen. |
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| c) Ob darüber hinaus das Bürgerbegehren auch deshalb unzulässig ist, weil es im Widerspruch zu der Darstellung des Großen Forsts im Flächennutzungsplan der Verwaltungsgemeinschaft N. steht (vgl. Urteil des VGH vom 22.06.2000 - 1 S 2865/08 -, a.a.O.), bedarf nach alledem keiner Entscheidung. |
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| 5. Das Bürgerbegehren genügt ferner nicht den Anforderungen des § 21 Abs. 3 S. 4 GemO. Danach muss das Bürgerbegehren die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung und einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten. Der Wortlaut der Vorschrift macht mithin Fragestellung, Begründung und - soweit erforderlich - Kostendeckungsvorschlag zu Wesensmerkmalen eines Bürgerbegehrens, die von der Unterschrift der Unterzeichner des Bürgerbegehrens gedeckt sein müssen. Eine Bezugnahme auf Ausführungen, die nicht auf der Unterschriftenliste selbst enthalten sind, ist unzulässig (vgl. Hess. VGH, Beschl. v. 15.11.1999 - 8 Tz 3237/99 -; Hess. VGH, Beschl. v. 15.11.1999 - 8 Tz 3237/99 -; VG Sigmaringen, Urt. v. 20.01.2009 - 7 K 3298/08 -; VG Gießen, Urt. v. 26.09.2008 - 8 K 1365/08 -; jeweils juris). Die Begründung dient dazu, die Unterzeichner über den Sachverhalt und die Argumente der Initiatoren aufzuklären. Der Bürger muss wissen, über was er abstimmt. Dabei sind an die Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Die Begründung darf allerdings nicht in wesentlichen Punkten falsch, unvollständig oder irreführend sein (vgl. Kammerurteil vom 17.07.2009 - 7 K 3229/08 -, a.a.O., m.w.N.). |
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| Diesen Anforderungen genügt die Begründung im vorliegenden Fall nicht. Es fehlt an jeglicher Darlegung, aus welchen sachlichen Gründen die Ansiedlung der Fa. B. im Gebiet Großer Forst unterbleiben soll. Dies ist auch deshalb unverzichtbar, weil ohne inhaltliche Begründung nicht nachvollziehbar ist, ob sich die mit dem Bürgerbegehren erstrebten Weisungen an die Verbandsvertreter innerhalb des rechtlichen Rahmens u.a. der Verbandssatzung bewegen. Die Begründung ist darüber hinaus auch missverständlich, weil sie durch den allgemeinen Hinweis auf die „Entwicklung und Nutzung des Großen Forsts“ den Eindruck erwecken kann, es könne grundsätzlich über die gewerbliche Nutzung des Großen Forsts abgestimmt werden. |
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| 6. Das Bürgerbegehren ist schließlich auch deshalb unzulässig sein, weil für die erstrebte Weisung, in der Verbandsversammlung gegen die Ansiedlung der Firma B. zu stimmen, zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung kein Raum mehr ist. |
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| a) Bürgerentscheide können, wie sich aus dem Namen und dem Wesen des Rechtsinstituts ergibt, nur zu Angelegenheiten stattfinden, über die die Gemeinde jetzt oder in absehbarer Zukunft noch entscheiden kann. Bürgerbegehren, die nur eine nachträgliche Meinungsäußerung der Bürger zu einer bereits vom Gemeinderat entschiedenen und vollzogenen Maßnahme herbeiführen wollen, sind nicht zulässig (vgl. BayVGH, B.v. 22.3.1999 - 4 ZB 98.1352 -, NVwZ-RR 1999, 368 f.). Der Gemeinderat ist auch nicht gehalten, mit der Beschlussfassung über den Gegenstand eines Bürgerbegehrens zuzuwarten, bis über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens entschieden ist, da ein Bürgerbegehren nach der GemO keine „aufschiebende Wirkung“ hat (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschluss vom 6.9.1993 - 1 S 1749/93 -, NVwZ 1994, 397 ff.; zuletzt auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27.04.2010 - 1 S 2810/09 -). |
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| b) Der Gemeinderat der Beklagten hat in seiner Sitzung vom 06.05.2008 der Ansiedlung der Fa. B. zugestimmt und den Oberbürgermeister zur Umsetzung der zur Ansiedlung erforderlichen Verfahrensschritten ermächtigt. Trotz der missverständlichen Formulierung in Ziffer 2 des Beschlusses vom 06.05.2008 war der Oberbürgermeister auch als Verbandsvertreter der Beklagten ermächtigt, in der Verbandsversammlung im Namen der Beklagten für die Ansiedlung des Logistikzentrums zu stimmen. Von dieser Ermächtigung hat der Oberbürgermeister als Vertreter der Beklagten Gebrauch gemacht. Die Verbandsversammlung hat dementsprechend mit den Stimmen der Beklagten in seiner Sitzung vom 14.07.2008 der Ansiedlung der Fa. B. zugestimmt, die Grundsätze für den Erwerb der Grundstücke festgelegt und den Verbandsvorsitzenden beauftragt, die Beschlüsse entsprechend umzusetzen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung käme damit die erstrebte Weisung, in der Verbandsversammlung gegen die Ansiedlung der Fa. B. zu stimmen, zu spät. |
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| Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor. |
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| Beschluss vom 30. Juni 2010 |
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| Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG auf5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. Ziff. 22.6 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, VBlBW 2004, 467 ff.). |
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