Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 21. Juli 2005 - 2 K 2115/04

published on 21/07/2005 00:00
Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 21. Juli 2005 - 2 K 2115/04
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Tenor

Der Bescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 15. September 2004 und dessen Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2004 werden aufgehoben, soweit sie der Übernahme der Kosten einer weiteren Einheit pro Woche Legasthenietherapie entgegenstehen.

Der Beklagte wird verpflichtet, den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Bewilligung weiterer Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII.
Der Kläger ist 13 Jahre alt. Im Januar 2003 beantragten seine Eltern für ihn Eingliederungshilfe wegen seiner Lese - und Rechtschreibeschwierigkeiten. In einem Befundbericht der den Kläger behandelnden Jugendpsychiaterin vom 14.05. 2003 wird unter anderem ausgeführt, dass der Kläger seit Schulbeginn große Probleme in der Rechtschreibung und im Lesen habe. Es sei eine Legasthenie und eine Aufmerksamkeitsstörung zu diagnostizieren. Der Kläger zeige sich innerhalb der testdiagnostischen Settings sehr still und in sich gekehrt. Es sei nicht möglich, mit ihm in eine Beziehung zu treten. In der Interaktion wirke er verhärtet, wenig lebendig und unbeholfen. Es zeige sich, dass es ihm schwer falle, Gefühlsqualitäten wahrzunehmen und zu benennen. Es falle ihm schwer, die richtigen Worte zu finden. Er spreche nur auf Aufforderung und auch dann nur das Nötigste. Es fehle ihm an Anstrengungsbereitschaft. Lob und Aufforderungen erreichten ihn nicht. Er wirke immer wieder wie weggetreten. Er arbeite verlangsamt. Er arbeite manchmal systematisch. Manchmal arbeite er aber nach der Methode Trial and Error.
Der Kläger wirke und verhalte sich deutlich jünger als er sei. Er sei sehr einsilbig und ernst. Er sprechen sehr leise. Er spreche unaufgefordert kein Wort. Auf viele Fragen scheine er nicht in der Lage, zu antworten. Er sei auch nicht in der Lage, über Dinge längere Zeit nachzudenken. Insgesamt sei festzustellen, dass der Kläger ein intellektuelles Leistungsniveau im unteren Durchschnittsbereich aufweise. Das Ergebnis des Intelligenztests spreche für das Vorliegen einer Aufmerksamkeitsstörung des Träumertyps. Teilweise sei er abwesend. Es müsse dabei von einer schweren Legasthenie gesprochen werden. Es falle bei dem Kläger auch eine fehlende Differenzierungsfähigkeit im Sprachbereich auf.
Mit Bescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 29.07.2003 wurde dem Kläger Eingliederungshilfe für die Kosten einer Legastheniebehandlung für maximal zwei Einheiten pro Woche bewilligt. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens stellte der Beklagte fest, dass bei dem Kläger eine schwere Legasthenie und eine Aufmerksamkeitsstörung festgestellt worden sei. Dies äußere sich als emotionale und körperliche Starrheit. Der Hilfebedarf werde durch § 35a SGB VIII abgedeckt.
Die Eltern des Klägers beantragten Anfang 2004 die Weiterbewilligung der Maßnahme.
Im Rahmen der Überprüfung der Weiterbewilligung erklärte die Therapeutin des Klägers mit Schreiben vom 28.12.2003, dass die Therapie darauf ausgerichtet sei, den Kläger dabei zu unterstützen, einen Text selbstständig zu erlesen, Sätze zu formulieren und das Schriftbild zu verbessern. Die Verbesserungen der Koordination von Auge und Hand sei ein wichtiges Ziel gewesen. Der Kläger habe auf Grund seiner Linkshändigkeit und der nicht geübten Handhaltung nicht lesbar schreiben können. Sowohl die Leseleistungen als auch die Schreibleistung hätten sich erheblich verbessert. Die ersten erfolgreichen Schritte würden darauf hinweisen, dass der Kläger in der Lage sein werde, wie andere Kinder seines Alters zu lesen und zu schreiben. Hierzu müsse er seine jetzt erkennbaren Defizite kompensieren. Er habe es dabei deswegen schwer, weil er bei Beginn der Therapie schon in der sechsten Klasse gewesen sei und keinerlei Förderung erhalten habe. Er müsse auch lernen, den logischen Aufbau einer schriftlichen Mitteilung zu verstehen, um selbstständig Texte zu verfassen.
Der Kläger habe Erfolg. Deswegen sei er auch belastbar. Er sei motiviert, weil er einen Beruf erlernen wolle, zudem eine Ausbildung benötige. Er merkte, dass er richtig lesen und schreiben lernen könne. Er sei hoch motiviert und in der Therapie belastbar. Das Lesen stehe zur Zeit im Mittelpunkt der Therapie. Er habe sichtlich Freude daran, durch Lesen selbstständig Wissen zu erwerben. Die Eltern würden den Kläger die nötige Orientierung geben. Ohne die Unterstützung der Eltern würden die Therapie längere Zeit in Anspruch nehmen. Das Elternhaus würde ihn sehr unterstützen. Weil er mit deren Hilfe seine Freizeitinteressen verwirklichen könne, sei er auch bereit, sich beim Erwerb der Lese- und Schreibfertigkeiten sehr anzustrengen. Die Klassenlehrerin bestätige die Lernerfolge. Mit ihr sei vereinbart, dass der Kläger jetzt aufgefordert werde, im Unterricht laut vorzulesen. Das Selbstbewusstsein des Klägers habe sich verbessert. Er sei nun der Meinung, den Hauptschulabschluss schaffen zu können. Wirklich stabil wäre er jedoch erst dann werden, wenn er merkte, dass seine Leistungen den schulischen Anforderungen entsprechen würden. Deswegen müsse die Therapie dringend fortgesetzt werden.
In einem Schulbericht vom 22.12. 2003 wurde ausgeführt, dass seit Beginn der Förderung eine deutliche Erhöhung in der Motivation zur Mitarbeit im Fach Deutsch festzustellen sei. Auch in Mathematik gebe es eine Verbesserung. Dort sei nun der Leistungswille vorhanden. In den anderen Fächern gebe es mehr mündliche Beiträge durch den Kläger. Insgesamt sei ein wichtiges Selbstvertrauen festzustellen. Auch würde er Hausaufgaben häufiger erledigen. Der Kläger beiße sich durch. Er sei auch nicht mehr der Stille in der Klasse. Er gehe aus sich heraus. Aus Sicht der Schule sei die außerschulische Förderung weiterhin nötig. Er müsse außerschulisch an die Leistungen der Klasse herangeführt werden.
Mit Schreiben vom 30.01.2004 teilte das Landratsamt Bodenseekreis den Eltern des Klägers mit, dass es grundsätzlich Aufgabe der Schule sei, Schüler mit besonderen Schwächen zu fördern. In Schulamtsbereich des Bodenseekreises gebe es ausreichend Wahlmöglichkeiten für Legastheniebetroffene. Aufgrund der Nachrangigkeit der Jugendhilfe seien schulischen Förderungsmöglichkeiten vorrangig in Anspruch zu nehmen. Daher sei beabsichtigt, den Antrag auf Weiterbewilligung abzulehnen.
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Daraufhin trug der Kläger vor, dass dringend eine Einzeltherapie benötigt werde, um die Legasthenie soweit in den Griff zu bekommen, dass er eine seiner Intelligenz entsprechende Schulausbildung abschließen können. Dies bestätigten auch die Lehrer des Klägers. In einer weiteren Stellungnahme der Schule des Klägers führte der Betreuer für Lese- und Rechtschreibeschwächen der Schule aus, dass die Einzelfallmaßnahmen durch die Schule nicht übernommen werden könnten. Sie fielen in den Kompetenzbereich von Ärzten und Therapeuten.
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In einem Aktenvermerk des Sozialen Dienstes des Beklagten vom 26.03.2004 wird ausgeführt, dass eine positive Entwicklung bei dem Kläger festzustellen sei. Die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sei nun nicht mehr beeinträchtigt. Nach Angaben der Mutter fühle sich der Kläger im Klassenverband wohl. Es gebe auch Kontakt zu einem kleinen Kreis von Klassenkameraden außerhalb der Schule. Er trainiere auch zwei Mal in der Woche im Fußballverein. Er sei mit keinen Ausgrenzungserlebnissen mehr konfrontiert. Es gebe allerdings auch die ADS-Problematik. Er sei auf einer Warteliste für das ADS-Elterntraining. Es liege ein Teil der Voraussetzungen, nämlich die Teilhabebeeinträchtigung, des § 35a SGB VIII nicht mehr vor. Eine abschließende Beurteilung sei dem Sozialen Dienst nicht möglich.
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Mit Bescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 07.04.2004 wurde der Antrag auf Übernahme der weiteren Kosten gem. § 35a SGB VIII für die Legastheniebehandlung des Klägers abgelehnt. Es sei grundsätzlich Aufgabe der Schule, heißt es in der Begründung des Bescheides, Teilleistungsschwächen aufzufangen und Schüler zu fördern. Es sei festzustellen, dass in der bisherigen Therapie deutliche Fortschritte erzielt worden sein. Die noch vorhandenen Leistungsschwächen beeinträchtigten den Kläger bei einer Teilhabe am Leben der Gesellschaft nicht mehr. Der Kläger sei in den Klassenverband integriert. Auch im Fußballverein sei er integriert.
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Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 06.05.2004 Widerspruch ein, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er weiterhin an einer schweren Legasthenie und eine Aufmerksamkeitsstörung leide. Zwar hätten sich die Beschwerden gebessert. Jedoch sei er im Vergleich zu Kindern seines Alters immer noch erheblich benachteiligt. Die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sei bedingt durch die Legasthenie, die Aufmerksamkeitsstörung und die auditiven Wahrnehmungsstörungen sehr beeinträchtigt. Es sei weiterhin schwierig, mit ihm in Beziehung zu treten. Er sei sehr schweigsam und mache einen wenig lebendigen Eindruck.
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In einer Stellungnahme der Therapeutin des Klägers vom 13.08.2004 heißt es, dass die Therapie erfolgreich verlaufe. Das Selbstbewusstsein des Klägers habe sich verbessert. Er könne besser lesen und beim Schreiben die Hand besser steuern. Er könne orthographische Regeln nunmehr umsetzen. Die Hör- und Gedächtnisspanne sei bei ihm sehr gering. Durch die therapeutischen Fortschritte habe er schulische Erfolge. Die Leistungen seien stabilisiert. Neuerdings lasse er sich auch auf kurze Dialoge ein. Zur Zeit sei er jedoch zusätzlich belastet, weil sich seine Eltern trennen würden. Die Mutter sei in den Therapieprozess einbezogen. Sie machte ihm Mut. Die positive Entwicklung könne er nur dann aufrechterhalten, wenn er weiterhin die notwendige Unterstützung erhalte. Dazu gehöre ein Therapieprogramm, dass es ihm ermögliche, seine auditive Wahrnehmung zu verbessern. Das begonnene Programm müsse im nächsten Schuljahr deswegen fortgesetzt werden. Wenn er weiterhin unterstützt werde, könne er den Hauptschulabschluss erlangen. Die Therapie sei fortzusetzen.
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In einer weiteren Stellungnahme des Sozialen Dienstes vom 09.09.2004 heißt es, dass sich die Teilhabefähigkeit des Klägers nunmehr in einem etwas anderen Licht darstellen. Folge man den Angaben des Anwaltschreibens, sei davon auszugehen, dass die Teilhabebeeinträchtigung bei Abbruch der Hilfe wieder auftrete. Er sei noch nicht wirklich in der Lage, Kontakt zu halten und aufzubauen. Daher gehe der Soziale Dienst nunmehr davon aus, dass die Bewilligungsvoraussetzungen erfüllt seien.
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Mit Bescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 15.09.2004 wurde dem Kläger die Übernahme der Kosten für die Legastheniebehandlung für die Zeit vom 01.01.2004 bis 12.09.2004 mit maximal zwei Einheiten pro Woche und für die Zeit vom 13.09.2004 bis 31.12.2004 mit maximal einer Einheit pro Woche bewilligt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bewilligungsvoraussetzungen nach § 35a Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII vorlägen. Es sei jedoch grundsätzlich Aufgabe der Schule, Schüler mit besonderen Schwächen zu fördern. Ab dem 1.1.2005 sei vorrangig das ADS Elterntraining in Anspruch zu nehmen.
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Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 06.10.2004 Widerspruch ein. Er beantragte, dem Widerspruch insoweit abzuhelfen, als auch weiterhin eine Förderung von zwei Einheiten pro Woche zu übernehmen sei. Er legte eine Stellungnahme der Schule vom 23.07.2004 vor. Nach dieser weist der Kläger Verbesserungen bei schriftlichen Arbeiten im Fach Deutsch auf. Jedoch entspreche sein Leistungsstand nicht dem Niveau der sechsten Klasse. In Mathematik habe er erhebliche Schwierigkeiten bei Textaufgaben. Es gebe zwar mehr mündliche Beiträge. Sie seien aber immer noch selten. Im zweiten Schulhalbjahr sei er häufiger in Konflikte verwickelt worden. Dabei habe er immer wieder aufbrausend reagiert. Er brauche weiterhin eine intensive Einzelförderung, um an den klassengemäßen Leistungsstand herangeführt werden.
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Mit Widerspruchsbescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 20.10.2004 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Das Jugendamt sehe nicht mehr den Hilfebedarf im bisherigen Umfang. Es möge zwar sein, dass der Kläger noch an Legasthenie leide. Jedoch sei die Teilhabe am Leben der Gesellschaft nicht mehr bedroht. Ab Januar 2005 stehe das ADS-Training im Vordergrund.
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Am 20.11.2004 hat der Kläger nunmehr Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass der Umfang der Therapie im Rahmen der Jugendhilfeplanung mit der Therapeutin abgestimmt worden sei. Ohne sachlichen Grund oder Angabe einer Begründung sei dann nur noch eine Stunde bewilligt worden. In einer vorgelegten Stellungnahme der Therapeutin vom 20.03.2005 heißt es u. a., dass der Kläger in der Zeit vom 13.09.2004 bis zum 31.12.2004 zwei Therapieeinheiten pro Woche in Anspruch genommen habe. In der fünften Klasse der Hauptschule habe der Kläger praktisch nicht lesen können. Der Kläger sei ein echter Legastheniker. Ohne Förderung sei er nach wie vor nicht in der Lage, die schulische Laufbahn zu beenden und einen Abschluss zu schaffen. Zwei Stunden Förderung sei knapp bemessen; die weitere Kürzungen sei für sie überraschend. Er bedürfe weiterhin der zweistündigen Förderung. Er leide unter einem schwachen Selbstbewusstsein. Das Selbstbewusstsein sei durch die Therapie stabilisiert. Mit einer bloß einstündigen Förderung ließe sich dies nicht erreichen. Es drohe, dass das Selbstbewusstsein wieder geschwächt werde.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger für den Zeitraum vom 13. September 2004 bis 31. Dezember 2004 die Übernahme der Kosten einer weiteren Einheit pro Woche Legasthenietherapie zu bewilligen und den Bescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 15. September 2004 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Bodenseekreis vom 20. Oktober 2004 aufzuheben, so- weit sie dem entgegenstehen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
24 
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Übernahme einer der die Einheit pro Woche geeignet und notwendig sei, den erforderlichen Hilfe bedarf zu decken. Die bisherige Hilfe sei alleine nicht geeignet, den Hilfebedarf zu decken. Es sei so, dass vor allem der Umgang mit den Aufmerksamkeitsproblemen den Kläger daran hindere, adäquate soziale Kontakte zu gestalten. Die Eltern hätten in dieser Richtung nicht die möglichen Angebote wahrgenommen, obwohl sie darüber informiert worden wären. Der Beklagte legte eine Stellungnahme des Sozialen Dienstes vom 25.11.2004 vor, nach welcher die Therapeutin des Klägers in einem Hilfeplangespräch vom 17.11.2004 betont habe, dass sich die Ausgangslage zu Beginn der Therapie als sehr schwierig dargestellt habe. Es seien erhebliche Fortschritte erzielt worden, die den Kläger aber noch nicht auf das angestrebte Niveau geführt hätten. Den Fortschritten im Leistungsbereich stünden die kaum sichtbaren Fortschritte im Sozialbereich gegenüber. Aus den Unterlagen werde deutlich, dass vor allem der Umgang mit den Aufmerksamkeitsproblemen das Problem des Klägers sei. Eine Reduzierung der Therapiestundenzahl auf eine Einheit pro Woche und somit die Möglichkeit, zusätzlich notwendige Hilfeangebote wahrzunehmen, scheine geeignet und notwendig, den Hilfebedarf zu decken.
25 
Im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärte die Beklagtenvertreterin unter anderem, dass das Vorliegen des Tatbestandes des § 35a SGB VIII außer Frage stünde. Es sei bei der Entscheidung darum gegangen, die Legasthenietherapie zugunsten der ADS-Therapie zurückzufahren.
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Dem Gericht lagen die Behördenakten (1 Band) vor. Auf diese wird wegen der weiteren Einzelheiten ebenso verwiesen wie auf die Gerichtsverfahrensakten.

Entscheidungsgründe

 
27 
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
28 
Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass der Kläger die Bewilligung von Leistungen für einen Zeitraum begehrt, der teilweise nach der Zustellung des insoweit ablehnenden Widerspruchbescheids liegt. Zwar ist ein Hilfeanspruch in einem Rechtsstreit um die Gewährung von Jugendhilfe ebenso wie von Sozialhilfe regelmäßig nur im Zeitraum bis zur letzten Verwaltungsentscheidung, also bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides, Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt aber dann, wenn die Behörde den Hilfefall statt für den dem Bescheid nächstliegenden Zahlungszeitraum für einen längeren Zeitraum geregelt hat. Während eine Dauerbewilligung nicht in Betracht kommt und demgemäß auch Leistungen der Jugendhilfe nicht für alle Zukunft zugesprochen werden können, ist eine Bewilligung für längere Zeitabschnitte nicht ausgeschlossen, sondern im Interesse der Effektivität der Hilfegewährung in besonders gelagerten Fällen unter Umständen sogar angezeigt. So liegt der Fall hier. Der Beklagte hat in seinem Bewilligungsbescheid vom 15.09.2004 den Zeitraum vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2004 abschließend regeln wollen. Daher kann der Kläger mit der Verpflichtungsklage seine geltend gemachten Ansprüche für diesen Regelungszeitraum zulässigerweise verfolgen.
29 
Die Klage ist auch teilweise begründet. Die Ablehnung der durch den Kläger begehrten Bewilligung der Kostenübernahme für eine weitere Therapieeinheit im Zeitraum vom 13.09.2004 bis zum 31.12.2004 erweist sich als rechtswidrig. Allerdings hat der Kläger keinen Anspruch auf den begehrten Verwaltungsakt. Er hat jedoch einen Anspruch auf eine fehlerfreie Befassung des Beklagten mit seinem Begehren, wobei dem Beklagten ein nicht voll gerichtlich nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zukommt. Daher ist der Beklagte zu verpflichten, erneut über den klägerischen Antrag zu entscheiden (vgl. § 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO).
30 
Die Rechtswidrigkeit der in dem Bescheid vom 15.09.2004 inzident ausgesprochenen Ablehnung einer weitergehenden Bewilligung der Kostenübernahme für die Legasthenietherapie ergibt sich daraus, dass der Beklagte weder den gesamten entscheidungserheblichen Sachverhalt im erforderlichen Maße ermittelt hat noch den einzelnen Gesichtspunkten in seiner pädagogischen Abwägungsentscheidung das zutreffende Gewicht hat zukommen lassen.
31 
Der grundsätzliche Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe nach dem SGB VIII folgt aus § 35a Abs. 1 SGB VIII. Nach dieser Vorschrift in ihrer Fassung vom 19.06.2001 (BGBl I, 1046) haben Kinder und Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht (Nr.1) und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist (Nr. 2).
32 
Die seelische Gesundheit des Klägers weicht unstreitig länger als sechs Monate von dem für sein Lebensalter typischen Zustand ab. Er leidet jedenfalls an Legasthenie (ICD-10 F 81.0). Diese unter anderem im Befundbericht der Jugendpsychiaterin Dr. H vom 14.05.2003 gestellte Diagnose ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Ob darüber hinaus auch noch eine Aufmerksamkeitsstörung oder eine zentrale visuelle und auditive Verarbeitungsstörung vorliegt, ist für die Erfüllung des Tatbestands des § 35a Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII nicht von Relevanz.
33 
Der Kläger ist auch aufgrund der seelischen Störung an der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt oder von einer solchen Beeinträchtigung bedroht. Dieses Tatbestandsmerkmal ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig, was schon daran zu erkennen ist, dass für den streitgegenständlichen Zeitraum Eingliederungshilfe bewilligt worden ist und nur der Umfang der Hilfeleistung im Streit ist. Darüber hinaus hat das Gericht aber auch keinen Zweifel daran, dass bei dem Kläger eine Teilhabebeeinträchtigung vorliegt. Sowohl das Auftreten des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung als auch die vorgelegten fachlichen Stellungnahmen lassen erkennen, dass der Kläger erhebliche Kontaktprobleme und -ängste aufweist. Dass diese zumindest auch auf die zweifelsfrei festgestellte Legasthenie zurückzuführen ist, ergibt sich ebenfalls aus den vorgelegten Unterlagen.
34 
Ist der Tatbestand des § 35a Abs. 1 SGB VIII erfüllt, so ist der Träger der Jugendhilfe zur Hilfeleistung verpflichtet. Ihm kommt bei der Frage, wie Hilfe zu leisten ist, allerdings ein Beurteilungsspielraum zu, der durch das Gericht nicht vollständig kontrolliert werden kann. Dieser Beurteilungsspielraum folgt aus dem Umstand, dass die Entscheidung über Art und Ausmaß der zu leistenden Hilfe mit einem Hilfeplan bestimmt und koordiniert werden soll, wobei Fachkräfte in Zusammenwirken mit dem Jugendlichen und dessen Personensorgeberechtigten bei der Aufstellung kooperativ mitzuwirken haben (vgl. § 36 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII). Bei der Bewilligung von Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII soll darüber hinaus ein Arzt, der über besondere Erfahrungen in der Hilfe für Behinderte verfügt, beteiligt werden, § 36 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII. Angesichts der Tatsache, dass die Entscheidung über Notwendigkeit und Geeignetheit der Hilfeart das Ergebnis dieses kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses darstellt, das einen Anspruch auf objektive Richtigkeit nicht erhebt und nicht erheben kann, jedoch eine angemessene Lösung zur festgestellten Belastungssituation enthält, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss, ist hier von einem gerichtlich nicht voll überprüfbaren Beurteilungsspielraum auszugehen (BVerwG, Urt. v. 24.06.1999 - 5 C 24/98 -, BVerwGE 107, 155 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 09.12.1996 - 7 S 310/95 -, NDV-RD 1997, 133 ff.; BayVGH, Beschl. v. 17.06.2004 - 12 CE 04.578 -, JAmt 2004, 545 f.; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 11.05.2000 - 12 A 12335/99 -, ZfJ 2001, 23 ff.; Wiesner in: Wiesner/Mörseberger/Oberloskamp/Struck, SGB VIII, 2. Aufl. 2000, § 36 Rn. 47).
35 
Eine wiederholt in Entscheidungen der Gerichte und Stellungnahmen der Literatur als Gegenansicht hierzu angeführte Entscheidung des 2. Senats des VGH Baden-Württemberg vermag die Kammer nicht als solche zu erkennen. In dem Urteil vom 08.11.2001 (2 S 1198/99 -, NVwZ-RR 2002, 581 ff.) ist entschieden worden, dass der Behörde bei der Frage der Geeignetheit einer Maßnahme nach § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII kein Beurteilungsspielraum eröffnet sei. Die Frage, wie dies allgemein bei der Aufstellung eines Hilfeplans nach § 36 SGB VIII und der darauf fußenden Entscheidung zu beurteilen ist, hat der Senat ausdrücklich offen gelassen.
36 
Gerichtlich zu überprüfen ist eine von einem Beurteilungsspielraum geprägte Entscheidung dahingehend, ob gemeingültige fachliche Maßstäbe beachtet worden sind, ob keine sachfremden Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen sind und ob die an der Entscheidungsfindung zu Beteiligenden tatsächlich in angemessener Weise beteiligt worden sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.1999 - 5 C 24/98 -, a.a.O.; Wiesner in: Wiesner/Mörseberger/Oberloskamp/Struck, SGB VIII, 2. Aufl. 2000, § 36 Rn. 50).
37 
Eine solche Restriktion der gerichtlichen Kontrolle steht im Einklang mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG. In den Fällen, in welchen das materielle Recht der Verwaltung nämlich prognostische Entscheidungen oder eine Entscheidungsfindung in einem Prozess unter Hinzuziehung verschiedener Fachkräfte und sogar des betroffenen Bürgers abverlangt, ohne hinreichend bestimmte Vorgaben - Entscheidungsprogramme - zu enthalten, handelt die Exekutive insoweit kraft eigener Kompetenz. Diese Kompetenz ist auch durch die Judikative zu beachten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.12.1992 - 1 BvR 167/87 -, BVerfGE 88, 40 ff.).
38 
In Anwendung dieses gerichtlichen Kontrollmaßstabs erweist sich die Ablehnung der Bewilligung einer zweiten Therapieeinheit je Woche ab dem 13.09.2004 als rechtswidrig. Es sind gemeingültige fachliche Maßstäbe bei der Entscheidung missachtet worden. Weiter sind auch die notwendig an der Entscheidungsfindung zu Beteiligenden nicht in erforderlichem Maße an diesem Prozess beteiligt worden. Vermutlich sind auch sachfremde Erwägungen in die Entscheidung mit eingeflossen.
39 
Will ein Träger der Jugendhilfe die Art und das Ausmaß der Leistungen der Eingliederungshilfe im Hinblick auf von ihm angenommene mehrschichtig vorliegende seelische Störungen eines Hilfeempfängers in ihrem Schwergewicht von der Hilfe hinsichtlich der einen Störung auf die Hilfe zur Behandlung der anderen Störung verlagern, so muss er sich zwingend medizinisch-psychologischen Sachverstandes bedienen, was hier weitestgehend unterblieben ist. Er hat den Sachverhalt im Rahmen der ihm obliegenden Amtsermittlung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB X) nämlich umfassend zu ermitteln. Dazu gehört, dass er sich im Rahmen des Machbaren sicher ist, dass die weitere, von ihm nun zur Behandlung vorgesehene seelische Störung auch tatsächlich vorliegt. Hinsichtlich der Aufmerksamkeitsstörung lag dem Beklagten zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung lediglich ein 17 Monate alter Befundbericht vor. Nur wenn insoweit kein vernünftiger Grund zu Zweifeln an dem Fortbestand der Diagnose bestünde, kann davon abgesehen werden. So stellt sich die Situation aber gerade nicht dar. Dies hat insbesondere auch die mündliche Verhandlung und der Hinweis des Vaters des Klägers auf weitere Untersuchungen deutlich gezeigt.
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Unterstellt man einmal, dass beim Kläger eine Aufmerksamkeitsstörung vorliegt, so ist die Frage, in welchem Umfang die beiden notwendigen Maßnahmen nebeneinander durchgeführt werden könnten, hier unter Zuhilfenahme überholter und damit wahrscheinlich unzutreffender Stellungnahmen, also unter Zugrundelegung eines nicht zutreffenden Sachverhalts getroffen worden. Der im Termin zur mündlichen Verhandlung betonte Aspekt der mangelnden Belastbarkeit des Klägers über den bisherigen Therapieumfang hinaus basiert auf Angaben seiner Therapeutin, welche sich auf den zum damaligen Zeitpunkt deutlich jüngeren Kläger bezogen haben. Der Beklagte hätte dies erkennen müssen und entweder kraft eigenem pädagogischen Fachwissen eine Prognose über die im Zeitpunkt der Entscheidung vorhandene Belastbarkeit des Klägers treffen oder sich mittels eines Sachverständigen dieses notwendige Wissen für eine Prognoseentscheidung verschaffen müssen.
41 
Weiter fehlt es den an der Entscheidungsfindung Beteiligten offenkundig am notwendigen medizinisch-psychologischen Sachverstand, um eine Entscheidung zur Gewichtung der notwendigen Hilfemaßnahmen hinsichtlich Aufmerksamkeitsstörung einerseits und Legasthenie andererseits treffen zu können. Es ist weder aus den Akten ersichtlich noch sonst vorgetragen, dass in die Entscheidung über die Art der Hilfe ein Arzt mit besonderer Erfahrung in der Hilfe für Behinderte involviert gewesen wäre. Dies ist aber hier von offensichtlich erheblicher Bedeutung, da ohne eine solche Stellungnahme eine Prognose über die Wirksamkeit der koordinierten Maßnahmen kaum zu treffen ist. Insbesondere bedürfte es hier einer Bewertung aus medizinisch-psychologischer Sicht, welche Hilfe vorrangig sein könnte und ob die Behandlung der seelischen Störungen innere Abhängigkeiten zwischen einander aufweisen oder diese unabhängig, quasi nebeneinander, erfolgen kann. Diese Fragen sind von dem Beklagten - zumindest nicht in dokumentierter Form - erörtert worden. Aus der mündlichen Verhandlung hat sich ergeben, dass hier eine allgemeine Aufteilung der Zeit stattgefunden hat, welche der Beklagte - möglicherweise irrig (vgl. oben) - als für die Therapien insgesamt zur Verfügung stehend angesehen hat. Damit ist auch insoweit nicht der entscheidungserhebliche Sachverhalt ermittelt worden. Allgemein anerkannte fachliche Maßstäbe für die Beurteilung sind verkannt worden.
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Letztlich ist der Sachverhalt auch im Hinblick auf die tatsächlichen Auswirkungen der Legasthenie auf die Teilhabefähigkeit des Klägers nicht hinreichend ermittelt worden, was ebenfalls zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Beklagten führen muss. Die - rechtlich voll nachprüfbare - Entscheidung der Frage, ob der Kläger von einer Teilhabebeeinträchtigung bedroht ist oder ob eine solche weiterhin aktuell vorliegt, ist im Wesentlichen auf der Grundlage eines Telefonats mit der Mutter am 24.03.2004 und einer Bewertung der Aktenlage am 09.09.2004 durch den Sozialen Dienst getroffen worden. Das bedeutet, dass der Beklagte sich zum Zeitpunkt der Entscheidung gar kein eigenes Bild von der im Raum stehenden seelischen Behinderung (§ 2 Abs. 1 SGB IX) des Klägers gemacht hat. Wie auf dieser Grundlage eine Bewertung, ob eine oder zwei Therapieeinheiten angemessen sein könnten, möglich sein soll, verschließt sich der Kammer.
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Ebenso erweist sich die Entscheidung deswegen als rechtswidrig, weil die Begründung der Entscheidung sowohl in der Gestalt des Widerspruchsbescheids als auch die mündlich zur Verteidigung des Bescheids im Termin zur mündlichen Verhandlung unschlüssig ist. Der pädagogische Freiraum, dem der rechtliche Beurteilungsspielraum erwächst, lässt nur Freiraum für schlüssige und nachvollziehbare Entscheidungen. Die Entscheidung ist unschlüssig, wenn darauf abgestellt wird, dass mit der Kürzung des Therapieumfangs die Möglichkeit zur ADS-Therapie geschaffen werden soll. Losgelöst von der Frage, ob die Eltern des Klägers es vorwerfbar verabsäumt hatten, sich insoweit um einen Therapieplatz für ihren Sohn zu kümmern, war es den Beteiligten zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung bewusst, dass eine ADS-Therapie des Klägers im hier erheblichen Zeitraum vom 13.09.2004 bis zum 31.12.2004 nicht stattfinden konnte, weil in diesem Zeitraum ein Therapieplatz nicht mehr zu bekommen war. Damit ist dieses Argument in sich unschlüssig und vermag die Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Geht man von dem verbindlichen, im Widerspruchsbescheid niedergelegten Argument aus, dass bis zum Beginn der ADS-Therapie eine drohende seelische Behinderung mit Hilfe der reduzierten Therapie abzuwenden sei, so entbehrt die Behauptung, dass eine seelische Behinderung nur noch drohe, jeder fachlich abgesicherten Grundlage. Gleiches gilt für die inzident aufgestellte Behauptung, dass eine ADS-Therapie ohne Legasthenietherapie geeignet sein wird, die nach Auffassung des Beklagten „nur“ noch drohende seelische Behinderung abzuwenden. Auch hier hätte es der Einschaltung eines Sachverständigen bedurft. Sozialpädagogischer Sachverstand allein ist hier nicht in der Lage, eine Gewichtung der unterschiedlichen Therapien so vorzunehmen, dass eine aus medizinischer Sicht zutreffende Lösung gefunden werden kann.
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Die Ablehnung der Bewilligung einer weiteren Therapiestunde erweist sich darüber hinaus deswegen als rechtswidrig, weil die Gründe für die Entscheidung des Beklagten weder aus den Bescheiden noch aus sonstig dokumentierten Material ersichtlich werden und eine möglicherweise durchgeführte Abwägung innerhalb der zu treffenden Prognoseentscheidung über die Hilfegewährung ebenfalls nicht dokumentiert worden ist.
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Sowohl der Ausgangs- als auch der Widerspruchsbescheid genügt überdies nicht dem Begründungserfordernis aus § 35 Abs. 1 SGB X. Diese Regelung verlangt die schriftliche Begründung eines Verwaltungsaktes (Satz 1). Bei Ermessensentscheidungen müssen die Gesichtspunkte erkennbar sein, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. (Satz 3). Da der Sinn dieses verschärften Begründungserfordernisses bei Ermessensentscheidungen darin begründet liegt, dass die eingeschränkte gerichtliche Kontrolle anhand des Maßstabes aus § 114 Satz 1 VwGO der Entscheidung auf Ermessensfehler durch die Angabe der Gründe überhaupt erst ermöglicht werden soll (vgl. Wannagat, SGB X, Stand: Mai 2002, § 35 Rn. 12 ff.), ist diese Vorschrift entsprechend auf Entscheidungen mit einem behördlichen Beurteilungsspielraum anzuwenden. Die gesteigerte Begründungspflicht erweist sich hier als Korrelat zu dem inhaltlichen pädagogischen Freiraum, welcher nur in seinen Grenzen gerichtlicher Kontrolle zugänglich ist (vgl. oben). Um dieses Kontrolle zu ermöglichen, bedarf es der Angabe der wesentlichen Gründe, auf welche die Entscheidung gestützt wird. Nur so kann das Gericht letztlich überprüfen, ob die Behörde den Sachverhalt umfassend richtig erfasst hat und gemeingültige fachliche Maßstäbe beachtet worden sind. Allerdings kann die Begründung zum Verwaltungsakt selbst bei der Entscheidung über Art und Umfang der zu gewährenden Eingliederungshilfe dann knapper ausfallen, wenn sich aus anderen dokumentierten Umständen der wesentliche Weg der Entscheidungsfindung ergibt. Dies kann beispielsweise der Hilfeplan nach § 36 SGB VIII oder die Protokollierung eines Hilfeplangesprächs sein. Im vorliegenden Fall ist eine solch hinreichende Begründung oder anderweitige Dokumentierung unterblieben, sollte es eine abwägende Prognoseentscheidung überhaupt geben. Auffallend ist in diesem Zusammenhang, dass sich in den Behördenakten auch der Entwurf eines voll umfänglich bewilligenden Bescheids befindet ist, der in seiner Begründung mit demjenigen, der tatsächlich wirksam wurde, weit überwiegend wortgleich ist und nur sich nur insoweit unterscheidet, dass zunächst eine Empfehlung hinsichtlich des ADS-Trainings enthalten war, während im endgültigen Bescheid eine verbindliche Bestimmung des Vorrangs dieses ADS-Trainings ausgesprochen wird.
46 
Darüber hinaus ist es denkbar, dass in die Entscheidung sachfremde Erwägungen eingeflossen sind, was ebenfalls zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung führen würde. Auffallend oft ist nämlich in den Akten der Hinweis, dass die ADS-Therapie von der Krankenkasse zu finanzieren sei, zu finden. Sollten Kostengesichtspunkte bei der Entscheidung der Kürzung der Legasthenie-Therapie eine entscheidende Rolle gespielt haben, so wäre dies die Einstellung eines nach der Gesetzeslage des SGB VIII nicht beachtenswerten Belangs. Angesichts der Vielzahl der Gründe, die bereits zur Rechtswidrigkeit der Ablehnungsentscheidung führen, kann dieser Punkt aber dahinstehen.
47 
Aus der Rechtswidrigkeit der Ablehnung folgt für den Kläger aber nur ein Anspruch auf eine neue Entscheidung durch den Beklagten. Einen Anspruch auf die begehrte zweite Therapiestunde im streitgegenständlichen Zeitraum hat er jedoch nicht, so dass die Klage insoweit abzuweisen ist.
48 
Ein Anspruch stünde dem Kläger nur dann zu, wenn nur die Entscheidung der Bewilligung dieser zweiten Therapiestunde rechtmäßig wäre. Angesichts des Beurteilungsspielraums, welcher dem Beklagten hier eingeräumt ist (vgl. oben), wäre dies nur dann der Fall, wenn nur die Bewilligung von zwei Therapiestunden je Woche zur Eingliederung des Klägers beitragen könnte, jede andere denkbare Maßnahme hingegen schlichtweg ungeeignet wäre. Dies ist aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich und wird letztlich auch vom Kläger nicht behauptet. Daher kann die Klage insoweit keinen Erfolg haben.
49 
Bei der Neubescheidung des klägerischen Antrags wird der Beklagte zu berücksichtigen haben, dass zum Zeitpunkt des Ergehens des Bescheids vom 15.09.2004 ein ADS-Training für den Kläger im Jahr 2004 kaum mehr erreichbar gewesen ist, so dass eine Reduktion des Therapieumfangs im Hinblick auf die anzustrebende ADS-Therapie für 2004 nicht in Betracht kommt. Der Beklagte wird auch die Frage, ob eine seelische Behinderung beim Kläger zum damaligen Zeitpunkt überhaupt vorlag oder ob er nur von einer solchen bedroht gewesen ist, intensiver aufzuklären haben als dies bisher geschehen ist. Abhängig von diesem Ergebnis wird er die Frage nach der Notwendigkeit des ursprünglichen Therapieumfangs zu beantworten haben. Insoweit kommt ihm der oben geschilderte Beurteilungsspielraum zu. Die Einräumung eines solchen Beurteilungsspielraums bedeutet jedoch nicht uneingeschränkte Freiheit zur Entscheidung. Sie begründet auch die Pflicht zur sachlich vertretbaren Entscheidung. Fehlt es dem Beklagten am notwendigen Sachverstand zur Beurteilung der Frage, wie sich die Veränderung eines Therapieumfangs auf die Teilhabe des Klägers am Leben in der Gesellschaft auswirken kann, so hat er sich eines geeigneten Sachverständigen zu bedienen. Dies bedeutet andererseits keine sklavische Bindung an das Ergebnis des Gutachtens. Erachtet das Jugendamt andere Hilfegesichtspunkte als wichtiger bei der Bekämpfung der seelischen Behinderung, so darf es selbstverständlich diesen im Rahmen der Prognose über den weiteren Verlauf der Hilfemaßnahmen den Vorrang einräumen, wenn es für das Vorgehen vertretbare Gründe gibt.
50 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Sie vollzieht das anteilige Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten nach. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 188 Satz 2 VwGO.

Gründe

 
27 
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
28 
Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass der Kläger die Bewilligung von Leistungen für einen Zeitraum begehrt, der teilweise nach der Zustellung des insoweit ablehnenden Widerspruchbescheids liegt. Zwar ist ein Hilfeanspruch in einem Rechtsstreit um die Gewährung von Jugendhilfe ebenso wie von Sozialhilfe regelmäßig nur im Zeitraum bis zur letzten Verwaltungsentscheidung, also bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides, Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt aber dann, wenn die Behörde den Hilfefall statt für den dem Bescheid nächstliegenden Zahlungszeitraum für einen längeren Zeitraum geregelt hat. Während eine Dauerbewilligung nicht in Betracht kommt und demgemäß auch Leistungen der Jugendhilfe nicht für alle Zukunft zugesprochen werden können, ist eine Bewilligung für längere Zeitabschnitte nicht ausgeschlossen, sondern im Interesse der Effektivität der Hilfegewährung in besonders gelagerten Fällen unter Umständen sogar angezeigt. So liegt der Fall hier. Der Beklagte hat in seinem Bewilligungsbescheid vom 15.09.2004 den Zeitraum vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2004 abschließend regeln wollen. Daher kann der Kläger mit der Verpflichtungsklage seine geltend gemachten Ansprüche für diesen Regelungszeitraum zulässigerweise verfolgen.
29 
Die Klage ist auch teilweise begründet. Die Ablehnung der durch den Kläger begehrten Bewilligung der Kostenübernahme für eine weitere Therapieeinheit im Zeitraum vom 13.09.2004 bis zum 31.12.2004 erweist sich als rechtswidrig. Allerdings hat der Kläger keinen Anspruch auf den begehrten Verwaltungsakt. Er hat jedoch einen Anspruch auf eine fehlerfreie Befassung des Beklagten mit seinem Begehren, wobei dem Beklagten ein nicht voll gerichtlich nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zukommt. Daher ist der Beklagte zu verpflichten, erneut über den klägerischen Antrag zu entscheiden (vgl. § 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO).
30 
Die Rechtswidrigkeit der in dem Bescheid vom 15.09.2004 inzident ausgesprochenen Ablehnung einer weitergehenden Bewilligung der Kostenübernahme für die Legasthenietherapie ergibt sich daraus, dass der Beklagte weder den gesamten entscheidungserheblichen Sachverhalt im erforderlichen Maße ermittelt hat noch den einzelnen Gesichtspunkten in seiner pädagogischen Abwägungsentscheidung das zutreffende Gewicht hat zukommen lassen.
31 
Der grundsätzliche Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe nach dem SGB VIII folgt aus § 35a Abs. 1 SGB VIII. Nach dieser Vorschrift in ihrer Fassung vom 19.06.2001 (BGBl I, 1046) haben Kinder und Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht (Nr.1) und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist (Nr. 2).
32 
Die seelische Gesundheit des Klägers weicht unstreitig länger als sechs Monate von dem für sein Lebensalter typischen Zustand ab. Er leidet jedenfalls an Legasthenie (ICD-10 F 81.0). Diese unter anderem im Befundbericht der Jugendpsychiaterin Dr. H vom 14.05.2003 gestellte Diagnose ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Ob darüber hinaus auch noch eine Aufmerksamkeitsstörung oder eine zentrale visuelle und auditive Verarbeitungsstörung vorliegt, ist für die Erfüllung des Tatbestands des § 35a Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII nicht von Relevanz.
33 
Der Kläger ist auch aufgrund der seelischen Störung an der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt oder von einer solchen Beeinträchtigung bedroht. Dieses Tatbestandsmerkmal ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig, was schon daran zu erkennen ist, dass für den streitgegenständlichen Zeitraum Eingliederungshilfe bewilligt worden ist und nur der Umfang der Hilfeleistung im Streit ist. Darüber hinaus hat das Gericht aber auch keinen Zweifel daran, dass bei dem Kläger eine Teilhabebeeinträchtigung vorliegt. Sowohl das Auftreten des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung als auch die vorgelegten fachlichen Stellungnahmen lassen erkennen, dass der Kläger erhebliche Kontaktprobleme und -ängste aufweist. Dass diese zumindest auch auf die zweifelsfrei festgestellte Legasthenie zurückzuführen ist, ergibt sich ebenfalls aus den vorgelegten Unterlagen.
34 
Ist der Tatbestand des § 35a Abs. 1 SGB VIII erfüllt, so ist der Träger der Jugendhilfe zur Hilfeleistung verpflichtet. Ihm kommt bei der Frage, wie Hilfe zu leisten ist, allerdings ein Beurteilungsspielraum zu, der durch das Gericht nicht vollständig kontrolliert werden kann. Dieser Beurteilungsspielraum folgt aus dem Umstand, dass die Entscheidung über Art und Ausmaß der zu leistenden Hilfe mit einem Hilfeplan bestimmt und koordiniert werden soll, wobei Fachkräfte in Zusammenwirken mit dem Jugendlichen und dessen Personensorgeberechtigten bei der Aufstellung kooperativ mitzuwirken haben (vgl. § 36 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII). Bei der Bewilligung von Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII soll darüber hinaus ein Arzt, der über besondere Erfahrungen in der Hilfe für Behinderte verfügt, beteiligt werden, § 36 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII. Angesichts der Tatsache, dass die Entscheidung über Notwendigkeit und Geeignetheit der Hilfeart das Ergebnis dieses kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses darstellt, das einen Anspruch auf objektive Richtigkeit nicht erhebt und nicht erheben kann, jedoch eine angemessene Lösung zur festgestellten Belastungssituation enthält, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss, ist hier von einem gerichtlich nicht voll überprüfbaren Beurteilungsspielraum auszugehen (BVerwG, Urt. v. 24.06.1999 - 5 C 24/98 -, BVerwGE 107, 155 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 09.12.1996 - 7 S 310/95 -, NDV-RD 1997, 133 ff.; BayVGH, Beschl. v. 17.06.2004 - 12 CE 04.578 -, JAmt 2004, 545 f.; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 11.05.2000 - 12 A 12335/99 -, ZfJ 2001, 23 ff.; Wiesner in: Wiesner/Mörseberger/Oberloskamp/Struck, SGB VIII, 2. Aufl. 2000, § 36 Rn. 47).
35 
Eine wiederholt in Entscheidungen der Gerichte und Stellungnahmen der Literatur als Gegenansicht hierzu angeführte Entscheidung des 2. Senats des VGH Baden-Württemberg vermag die Kammer nicht als solche zu erkennen. In dem Urteil vom 08.11.2001 (2 S 1198/99 -, NVwZ-RR 2002, 581 ff.) ist entschieden worden, dass der Behörde bei der Frage der Geeignetheit einer Maßnahme nach § 27 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII kein Beurteilungsspielraum eröffnet sei. Die Frage, wie dies allgemein bei der Aufstellung eines Hilfeplans nach § 36 SGB VIII und der darauf fußenden Entscheidung zu beurteilen ist, hat der Senat ausdrücklich offen gelassen.
36 
Gerichtlich zu überprüfen ist eine von einem Beurteilungsspielraum geprägte Entscheidung dahingehend, ob gemeingültige fachliche Maßstäbe beachtet worden sind, ob keine sachfremden Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen sind und ob die an der Entscheidungsfindung zu Beteiligenden tatsächlich in angemessener Weise beteiligt worden sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.1999 - 5 C 24/98 -, a.a.O.; Wiesner in: Wiesner/Mörseberger/Oberloskamp/Struck, SGB VIII, 2. Aufl. 2000, § 36 Rn. 50).
37 
Eine solche Restriktion der gerichtlichen Kontrolle steht im Einklang mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG. In den Fällen, in welchen das materielle Recht der Verwaltung nämlich prognostische Entscheidungen oder eine Entscheidungsfindung in einem Prozess unter Hinzuziehung verschiedener Fachkräfte und sogar des betroffenen Bürgers abverlangt, ohne hinreichend bestimmte Vorgaben - Entscheidungsprogramme - zu enthalten, handelt die Exekutive insoweit kraft eigener Kompetenz. Diese Kompetenz ist auch durch die Judikative zu beachten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.12.1992 - 1 BvR 167/87 -, BVerfGE 88, 40 ff.).
38 
In Anwendung dieses gerichtlichen Kontrollmaßstabs erweist sich die Ablehnung der Bewilligung einer zweiten Therapieeinheit je Woche ab dem 13.09.2004 als rechtswidrig. Es sind gemeingültige fachliche Maßstäbe bei der Entscheidung missachtet worden. Weiter sind auch die notwendig an der Entscheidungsfindung zu Beteiligenden nicht in erforderlichem Maße an diesem Prozess beteiligt worden. Vermutlich sind auch sachfremde Erwägungen in die Entscheidung mit eingeflossen.
39 
Will ein Träger der Jugendhilfe die Art und das Ausmaß der Leistungen der Eingliederungshilfe im Hinblick auf von ihm angenommene mehrschichtig vorliegende seelische Störungen eines Hilfeempfängers in ihrem Schwergewicht von der Hilfe hinsichtlich der einen Störung auf die Hilfe zur Behandlung der anderen Störung verlagern, so muss er sich zwingend medizinisch-psychologischen Sachverstandes bedienen, was hier weitestgehend unterblieben ist. Er hat den Sachverhalt im Rahmen der ihm obliegenden Amtsermittlung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB X) nämlich umfassend zu ermitteln. Dazu gehört, dass er sich im Rahmen des Machbaren sicher ist, dass die weitere, von ihm nun zur Behandlung vorgesehene seelische Störung auch tatsächlich vorliegt. Hinsichtlich der Aufmerksamkeitsstörung lag dem Beklagten zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung lediglich ein 17 Monate alter Befundbericht vor. Nur wenn insoweit kein vernünftiger Grund zu Zweifeln an dem Fortbestand der Diagnose bestünde, kann davon abgesehen werden. So stellt sich die Situation aber gerade nicht dar. Dies hat insbesondere auch die mündliche Verhandlung und der Hinweis des Vaters des Klägers auf weitere Untersuchungen deutlich gezeigt.
40 
Unterstellt man einmal, dass beim Kläger eine Aufmerksamkeitsstörung vorliegt, so ist die Frage, in welchem Umfang die beiden notwendigen Maßnahmen nebeneinander durchgeführt werden könnten, hier unter Zuhilfenahme überholter und damit wahrscheinlich unzutreffender Stellungnahmen, also unter Zugrundelegung eines nicht zutreffenden Sachverhalts getroffen worden. Der im Termin zur mündlichen Verhandlung betonte Aspekt der mangelnden Belastbarkeit des Klägers über den bisherigen Therapieumfang hinaus basiert auf Angaben seiner Therapeutin, welche sich auf den zum damaligen Zeitpunkt deutlich jüngeren Kläger bezogen haben. Der Beklagte hätte dies erkennen müssen und entweder kraft eigenem pädagogischen Fachwissen eine Prognose über die im Zeitpunkt der Entscheidung vorhandene Belastbarkeit des Klägers treffen oder sich mittels eines Sachverständigen dieses notwendige Wissen für eine Prognoseentscheidung verschaffen müssen.
41 
Weiter fehlt es den an der Entscheidungsfindung Beteiligten offenkundig am notwendigen medizinisch-psychologischen Sachverstand, um eine Entscheidung zur Gewichtung der notwendigen Hilfemaßnahmen hinsichtlich Aufmerksamkeitsstörung einerseits und Legasthenie andererseits treffen zu können. Es ist weder aus den Akten ersichtlich noch sonst vorgetragen, dass in die Entscheidung über die Art der Hilfe ein Arzt mit besonderer Erfahrung in der Hilfe für Behinderte involviert gewesen wäre. Dies ist aber hier von offensichtlich erheblicher Bedeutung, da ohne eine solche Stellungnahme eine Prognose über die Wirksamkeit der koordinierten Maßnahmen kaum zu treffen ist. Insbesondere bedürfte es hier einer Bewertung aus medizinisch-psychologischer Sicht, welche Hilfe vorrangig sein könnte und ob die Behandlung der seelischen Störungen innere Abhängigkeiten zwischen einander aufweisen oder diese unabhängig, quasi nebeneinander, erfolgen kann. Diese Fragen sind von dem Beklagten - zumindest nicht in dokumentierter Form - erörtert worden. Aus der mündlichen Verhandlung hat sich ergeben, dass hier eine allgemeine Aufteilung der Zeit stattgefunden hat, welche der Beklagte - möglicherweise irrig (vgl. oben) - als für die Therapien insgesamt zur Verfügung stehend angesehen hat. Damit ist auch insoweit nicht der entscheidungserhebliche Sachverhalt ermittelt worden. Allgemein anerkannte fachliche Maßstäbe für die Beurteilung sind verkannt worden.
42 
Letztlich ist der Sachverhalt auch im Hinblick auf die tatsächlichen Auswirkungen der Legasthenie auf die Teilhabefähigkeit des Klägers nicht hinreichend ermittelt worden, was ebenfalls zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Beklagten führen muss. Die - rechtlich voll nachprüfbare - Entscheidung der Frage, ob der Kläger von einer Teilhabebeeinträchtigung bedroht ist oder ob eine solche weiterhin aktuell vorliegt, ist im Wesentlichen auf der Grundlage eines Telefonats mit der Mutter am 24.03.2004 und einer Bewertung der Aktenlage am 09.09.2004 durch den Sozialen Dienst getroffen worden. Das bedeutet, dass der Beklagte sich zum Zeitpunkt der Entscheidung gar kein eigenes Bild von der im Raum stehenden seelischen Behinderung (§ 2 Abs. 1 SGB IX) des Klägers gemacht hat. Wie auf dieser Grundlage eine Bewertung, ob eine oder zwei Therapieeinheiten angemessen sein könnten, möglich sein soll, verschließt sich der Kammer.
43 
Ebenso erweist sich die Entscheidung deswegen als rechtswidrig, weil die Begründung der Entscheidung sowohl in der Gestalt des Widerspruchsbescheids als auch die mündlich zur Verteidigung des Bescheids im Termin zur mündlichen Verhandlung unschlüssig ist. Der pädagogische Freiraum, dem der rechtliche Beurteilungsspielraum erwächst, lässt nur Freiraum für schlüssige und nachvollziehbare Entscheidungen. Die Entscheidung ist unschlüssig, wenn darauf abgestellt wird, dass mit der Kürzung des Therapieumfangs die Möglichkeit zur ADS-Therapie geschaffen werden soll. Losgelöst von der Frage, ob die Eltern des Klägers es vorwerfbar verabsäumt hatten, sich insoweit um einen Therapieplatz für ihren Sohn zu kümmern, war es den Beteiligten zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung bewusst, dass eine ADS-Therapie des Klägers im hier erheblichen Zeitraum vom 13.09.2004 bis zum 31.12.2004 nicht stattfinden konnte, weil in diesem Zeitraum ein Therapieplatz nicht mehr zu bekommen war. Damit ist dieses Argument in sich unschlüssig und vermag die Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Geht man von dem verbindlichen, im Widerspruchsbescheid niedergelegten Argument aus, dass bis zum Beginn der ADS-Therapie eine drohende seelische Behinderung mit Hilfe der reduzierten Therapie abzuwenden sei, so entbehrt die Behauptung, dass eine seelische Behinderung nur noch drohe, jeder fachlich abgesicherten Grundlage. Gleiches gilt für die inzident aufgestellte Behauptung, dass eine ADS-Therapie ohne Legasthenietherapie geeignet sein wird, die nach Auffassung des Beklagten „nur“ noch drohende seelische Behinderung abzuwenden. Auch hier hätte es der Einschaltung eines Sachverständigen bedurft. Sozialpädagogischer Sachverstand allein ist hier nicht in der Lage, eine Gewichtung der unterschiedlichen Therapien so vorzunehmen, dass eine aus medizinischer Sicht zutreffende Lösung gefunden werden kann.
44 
Die Ablehnung der Bewilligung einer weiteren Therapiestunde erweist sich darüber hinaus deswegen als rechtswidrig, weil die Gründe für die Entscheidung des Beklagten weder aus den Bescheiden noch aus sonstig dokumentierten Material ersichtlich werden und eine möglicherweise durchgeführte Abwägung innerhalb der zu treffenden Prognoseentscheidung über die Hilfegewährung ebenfalls nicht dokumentiert worden ist.
45 
Sowohl der Ausgangs- als auch der Widerspruchsbescheid genügt überdies nicht dem Begründungserfordernis aus § 35 Abs. 1 SGB X. Diese Regelung verlangt die schriftliche Begründung eines Verwaltungsaktes (Satz 1). Bei Ermessensentscheidungen müssen die Gesichtspunkte erkennbar sein, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. (Satz 3). Da der Sinn dieses verschärften Begründungserfordernisses bei Ermessensentscheidungen darin begründet liegt, dass die eingeschränkte gerichtliche Kontrolle anhand des Maßstabes aus § 114 Satz 1 VwGO der Entscheidung auf Ermessensfehler durch die Angabe der Gründe überhaupt erst ermöglicht werden soll (vgl. Wannagat, SGB X, Stand: Mai 2002, § 35 Rn. 12 ff.), ist diese Vorschrift entsprechend auf Entscheidungen mit einem behördlichen Beurteilungsspielraum anzuwenden. Die gesteigerte Begründungspflicht erweist sich hier als Korrelat zu dem inhaltlichen pädagogischen Freiraum, welcher nur in seinen Grenzen gerichtlicher Kontrolle zugänglich ist (vgl. oben). Um dieses Kontrolle zu ermöglichen, bedarf es der Angabe der wesentlichen Gründe, auf welche die Entscheidung gestützt wird. Nur so kann das Gericht letztlich überprüfen, ob die Behörde den Sachverhalt umfassend richtig erfasst hat und gemeingültige fachliche Maßstäbe beachtet worden sind. Allerdings kann die Begründung zum Verwaltungsakt selbst bei der Entscheidung über Art und Umfang der zu gewährenden Eingliederungshilfe dann knapper ausfallen, wenn sich aus anderen dokumentierten Umständen der wesentliche Weg der Entscheidungsfindung ergibt. Dies kann beispielsweise der Hilfeplan nach § 36 SGB VIII oder die Protokollierung eines Hilfeplangesprächs sein. Im vorliegenden Fall ist eine solch hinreichende Begründung oder anderweitige Dokumentierung unterblieben, sollte es eine abwägende Prognoseentscheidung überhaupt geben. Auffallend ist in diesem Zusammenhang, dass sich in den Behördenakten auch der Entwurf eines voll umfänglich bewilligenden Bescheids befindet ist, der in seiner Begründung mit demjenigen, der tatsächlich wirksam wurde, weit überwiegend wortgleich ist und nur sich nur insoweit unterscheidet, dass zunächst eine Empfehlung hinsichtlich des ADS-Trainings enthalten war, während im endgültigen Bescheid eine verbindliche Bestimmung des Vorrangs dieses ADS-Trainings ausgesprochen wird.
46 
Darüber hinaus ist es denkbar, dass in die Entscheidung sachfremde Erwägungen eingeflossen sind, was ebenfalls zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung führen würde. Auffallend oft ist nämlich in den Akten der Hinweis, dass die ADS-Therapie von der Krankenkasse zu finanzieren sei, zu finden. Sollten Kostengesichtspunkte bei der Entscheidung der Kürzung der Legasthenie-Therapie eine entscheidende Rolle gespielt haben, so wäre dies die Einstellung eines nach der Gesetzeslage des SGB VIII nicht beachtenswerten Belangs. Angesichts der Vielzahl der Gründe, die bereits zur Rechtswidrigkeit der Ablehnungsentscheidung führen, kann dieser Punkt aber dahinstehen.
47 
Aus der Rechtswidrigkeit der Ablehnung folgt für den Kläger aber nur ein Anspruch auf eine neue Entscheidung durch den Beklagten. Einen Anspruch auf die begehrte zweite Therapiestunde im streitgegenständlichen Zeitraum hat er jedoch nicht, so dass die Klage insoweit abzuweisen ist.
48 
Ein Anspruch stünde dem Kläger nur dann zu, wenn nur die Entscheidung der Bewilligung dieser zweiten Therapiestunde rechtmäßig wäre. Angesichts des Beurteilungsspielraums, welcher dem Beklagten hier eingeräumt ist (vgl. oben), wäre dies nur dann der Fall, wenn nur die Bewilligung von zwei Therapiestunden je Woche zur Eingliederung des Klägers beitragen könnte, jede andere denkbare Maßnahme hingegen schlichtweg ungeeignet wäre. Dies ist aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich und wird letztlich auch vom Kläger nicht behauptet. Daher kann die Klage insoweit keinen Erfolg haben.
49 
Bei der Neubescheidung des klägerischen Antrags wird der Beklagte zu berücksichtigen haben, dass zum Zeitpunkt des Ergehens des Bescheids vom 15.09.2004 ein ADS-Training für den Kläger im Jahr 2004 kaum mehr erreichbar gewesen ist, so dass eine Reduktion des Therapieumfangs im Hinblick auf die anzustrebende ADS-Therapie für 2004 nicht in Betracht kommt. Der Beklagte wird auch die Frage, ob eine seelische Behinderung beim Kläger zum damaligen Zeitpunkt überhaupt vorlag oder ob er nur von einer solchen bedroht gewesen ist, intensiver aufzuklären haben als dies bisher geschehen ist. Abhängig von diesem Ergebnis wird er die Frage nach der Notwendigkeit des ursprünglichen Therapieumfangs zu beantworten haben. Insoweit kommt ihm der oben geschilderte Beurteilungsspielraum zu. Die Einräumung eines solchen Beurteilungsspielraums bedeutet jedoch nicht uneingeschränkte Freiheit zur Entscheidung. Sie begründet auch die Pflicht zur sachlich vertretbaren Entscheidung. Fehlt es dem Beklagten am notwendigen Sachverstand zur Beurteilung der Frage, wie sich die Veränderung eines Therapieumfangs auf die Teilhabe des Klägers am Leben in der Gesellschaft auswirken kann, so hat er sich eines geeigneten Sachverständigen zu bedienen. Dies bedeutet andererseits keine sklavische Bindung an das Ergebnis des Gutachtens. Erachtet das Jugendamt andere Hilfegesichtspunkte als wichtiger bei der Bekämpfung der seelischen Behinderung, so darf es selbstverständlich diesen im Rahmen der Prognose über den weiteren Verlauf der Hilfemaßnahmen den Vorrang einräumen, wenn es für das Vorgehen vertretbare Gründe gibt.
50 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Sie vollzieht das anteilige Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten nach. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 188 Satz 2 VwGO.
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels
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published on 18/02/2016 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin kann die Vollstre
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Annotations

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.

(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.

(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.

(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.

(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.

(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.

(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.

(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.

(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.

(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

(2) Einer Begründung bedarf es nicht,

1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift,
2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist,
3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist,
4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt,
5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 bis 3 ist der Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch zu begründen, wenn der Beteiligte, dem der Verwaltungsakt bekannt gegeben ist, es innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe verlangt.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.

(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.

(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.

(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.

(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.

(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.

(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.

(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn

1.
ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und
2.
daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Von einer seelischen Behinderung bedroht im Sinne dieser Vorschrift sind Kinder oder Jugendliche, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. § 27 Absatz 4 gilt entsprechend.

(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme

1.
eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2.
eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, eines Psychotherapeuten mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder
3.
eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt,
einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Enthält die Stellungnahme auch Ausführungen zu Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, so sollen diese vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen seiner Entscheidung angemessen berücksichtigt werden. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden.

(2) Die Hilfe wird nach dem Bedarf im Einzelfall

1.
in ambulanter Form,
2.
in Tageseinrichtungen für Kinder oder in anderen teilstationären Einrichtungen,
3.
durch geeignete Pflegepersonen und
4.
in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie sonstigen Wohnformen geleistet.

(3) Aufgabe und Ziele der Hilfe, die Bestimmung des Personenkreises sowie Art und Form der Leistungen richten sich nach Kapitel 6 des Teils 1 des Neunten Buches sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 des Neunten Buches, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt.

(4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken. Sind heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht im schulpflichtigen Alter sind, in Tageseinrichtungen für Kinder zu gewähren und lässt der Hilfebedarf es zu, so sollen Einrichtungen in Anspruch genommen werden, in denen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam betreut werden.

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.

(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.

(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.

(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.

(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.

(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.

(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

(2) Einer Begründung bedarf es nicht,

1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift,
2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist,
3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist,
4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt,
5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 bis 3 ist der Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch zu begründen, wenn der Beteiligte, dem der Verwaltungsakt bekannt gegeben ist, es innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe verlangt.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.

(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.

(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.

(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.