Verwaltungsgericht Schwerin Beschluss, 30. Jan. 2013 - 4 B 836/12
Gericht
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
2. Der Streitwert wird auf 383,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz im Hinblick auf ihre in der Hauptsache (Aktenzeichen 4 A 1898/12) erhobene Klage auf Verpflichtung des Beklagten zum Erlass von festgesetzten Säumniszuschlägen in Bezug auf einen Trinkwasserbeitrag.
- 2
Mit Bescheid vom 6. Februar 2008 setzte der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin einen Trinkwasserbeitrag für das Grundstück L… Straße 4 in B-Stadt in Höhe von 3.658,20 € fest.
- 3
Mit „Zahlungserinnerung“ vom 8. September 2011 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin im Wesentlichen zur Zahlung des festgesetzten Trinkwasserbeitrages sowie von Säumniszuschlägen in Höhe von 1.533 € auf. Die Zahlungserinnerung enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, der zufolge gegen die in diesem Mahnschreiben festgesetzten Säumniszuschläge nach § 240 AO innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe Widerspruch eingelegt werden könne. Der Widerspruch habe keine aufschiebende Wirkung und entbinde nicht von der Zahlungspflicht. In der Rechtsbehelfsbelehrung ist ferner ausgeführt, dass der Widerspruch schriftlich oder zur Niederschrift beim Antragsgegner eingelegt werden könne, wobei dessen postalische Anschrift in der Rechtsbehelfsbelehrung benannt wurde.
- 4
Mit Schreiben vom 14. September 2011 teilte die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner mit, dass sie die Zahlungserinnerung erhalten habe und mit Befremden feststellen müsse, dass der Antragsgegner auf ihr Schreiben vom "29.10.2008" keine Reaktion zeige.
- 5
Mit Schreiben vom 28. September 2011 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass ihm kein Schreiben vom 29.10.2008 vorliege. Die Zahlungserinnerung sei rechtmäßig und nicht zu beanstanden.
- 6
Mit Schreiben vom 19. Oktober 2011 teilte die – nunmehr anwaltlich vertretene – Antragstellerin dem Antragsgegner mit, dass sie mit Schreiben vom 29. Februar 2008 Widerspruch eingelegt habe, weil sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Eigentümerin des Grundstücks gewesen sei, sondern ihre Tochter, Frau Gudrun B.. Das Widerspruchsschreiben sei durch die Tochter der Antragstellerin verfasst, durch die Antragstellerin persönlich unterschrieben und sodann durch ihre Tochter am gleichen Tage vorab per Fax sowie als Brief ordnungsgemäß zur Post gebracht worden. Hilfsweise beantragte die Antragstellerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. In der Sache machte sie geltend, dass sie im Zeitpunkt der Inanspruchnahme nicht mehr Eigentümerin des streitgegenständlichen Grundstücks gewesen sei. Die Übertragung und auch die Eintragung im Grundbuch seien bereits im Jahr 2004 erfolgt.
- 7
Einem in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Auszug aus dem Geodatenportal zufolge war zum 20. Oktober 2011 die Tochter der Antragstellerin als Eigentümerin des mittlerweile in die Flurstücke 156/6 und 156/7 aufgeteilten Grundstücks eingetragen. Ob es sich auch um getrennte Grundstücke handelt, lässt sich dem Auszug aus dem Geodatenportal nicht entnehmen. In der Folgezeit bat der Antragsgegner die Antragstellerin, das Widerspruchsschreiben vom 29. Februar 2008 sowie den Faxbericht zu übersenden. Sodann solle der Sachverhalt nochmals überprüft werden. Die Antragstellerin übersandte eine Kopie des Schreibens vom 29. Februar 2008 sowie eine Erklärung ihrer Tochter vom 13. November 2011, in der diese angab, das Widerspruchsschreiben vom 29. Februar 2008 für ihre Mutter gefertigt, dieser zur Unterschrift vorgelegt, sodann am 29. Februar 2008 per Telefax an den Antragsgegner übersandt und am selben Tag das Original in einen Briefumschlag gesteckt, ausreichend frankiert und zur Post verbracht zu haben. Einen Sendebericht für das Telefax könne sie nicht vorliegen, weil es sich seinerzeit um ein einfaches Faxgerät gehandelt habe, das solche Sendeberichte nicht gefertigt habe.
- 8
Mit Schreiben vom 2. Februar 2012 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab. Er versah dieses Schreiben mit einer Rechtsbehelfsbelehrung, wonach gegen diesen „Bescheid“ Widerspruch eingelegt werden könne.
- 9
Mit Schreiben vom 2. März 2012, das am selben Tag per Telefax übermittelt wurde, erhob die Antragstellerin Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid vom 2. Februar 2012. Zur Begründung gab sie an, sie habe konkreten Zeugenbeweis dafür angetreten, dass der Widerspruch vom 29. Februar 2008 tatsächlich an den Antragsgegner übersandt worden sei.
- 10
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. April 2012 wies der Antragsgegner den Widerspruch gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurück. Zur Begründung führte er aus, dass der Widerspruch der Antragstellerin von 29. Februar 2008 beim Antragsgegner nicht eingegangen sei. Die Nachweispflicht hierüber obliege der Antragstellerin. Die Zusendung einer Kopie des Widerspruches reiche als Nachweis nicht aus. Hiergegen hat die Antragstellerin Klage erhoben (Aktenzeichen 4 A 802/12).
- 11
Mit Schreiben vom 20. August 2012 stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Erlass der Säumniszuschläge. Sie führte aus, dass die Einziehung der dem Grunde nach entstandenen Säumniszuschläge in diesem Fall sachlich unbillig im Sinne des § 12 KAG M-V in Verbindung mit § 227 AO sei. Die Festsetzung der Säumniszuschläge entspreche zwar dem Wortlaut der Vorschrift, sei aber nach dem Zweck des zu Grunde liegenden Gesetzes nicht mehr zu rechtfertigen und laufe der gesetzlichen Wertung zuwider. Die den Säumniszuschlägen zu Grunde liegende Beitragsforderung sei im März 2008 fällig geworden. Gegen die Beitragsforderung habe die Antragstellerin bereits im Februar 2008 Widerspruch erhoben. Über den Zeitraum von insgesamt 42 Monaten habe sie keine Reaktion auf ihren Widerspruch erhalten. Die Festsetzung von Säumniszuschlägen nach Ablauf von 42 Monaten könne den Zweck der Erhebung von Säumniszuschlägen nicht mehr erfüllen. Der Zweck der Festsetzung bestehe in erster Linie darin, den Abgabepflichtigen zu einer rechtzeitigen Zahlung des Beitrages zum Fälligkeitstermin anzuhalten. Dieser Zweck könne 42 Monate nach Fälligkeit der Beitragsforderung nicht mehr in dem von § 240 AO beabsichtigten Sinne erfüllt werden.
- 12
Mit Bescheid vom 23. August 2012 lehnte der Antragsgegner den Erlass der Säumniszuschläge ab. Zur Begründung führte er aus, dass er bereits mit Bekanntgabe des Ausgangsbescheides sein Ermessen ausgeübt habe, dass Säumniszuschläge im Falle einer verspäteten Zahlung bzw. Nichtzahlung zu erheben seien. Bezüglich der Einkommenssituation der Antragstellerin liege ein Antragsformular auf Ratenzahlung als Anlage bei.
- 13
Den hiergegen erhobenen Widerspruch vom 24. September 2012, mit dem zusätzlich die Aussetzung der Vollziehung begehrt wurde, wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2012 zurück, nachdem bereits der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Schreiben vom 26. September 2012 abgelehnt worden war. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass auch nach erneuter Prüfung nicht erkennbar sei, dass die Einziehung der Säumniszuschläge für die Antragstellerin unbillig sei. Die Berechnung der Säumniszuschläge sei ordnungsgemäß und nicht zu beanstanden. Der Widerspruchsbescheid wurde der Antragstellerin am 25. Oktober 2012 zugestellt.
- 14
Hiergegen hat die Antragstellerin am Montag, den 26. November 2012, Klage erhoben (Az.: 4 A 1898/12) und zugleich den vorliegenden Betrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Sie vertieft ihr Vorbringen, dass ein Fall der sachlichen Unbilligkeit vorliege. Sie habe gegen den Beitragsbescheid vom 6. Februar 2008 am 29. Februar 2008 Widerspruch erhoben. Termin zur Fälligkeit des Beitrages sei der 10. März 2008 gewesen. Sie habe über einen Zeitraum von insgesamt 42 Monaten keine Reaktion auf ihren Widerspruch erhalten. Sie habe bis zu dem Zeitpunkt auch keine Mahnung oder Zahlungserinnerung erhalten. Die Festsetzung von Säumniszuschlägen erst 42 Monate nach Fälligkeit der Beitragsforderung könne den Zweck der Erhebung von Säumniszuschlägen im Sinne des § 240 AO nicht mehr erfüllen. Die Antragstellerin sei Rentnerin und verfüge über keine besonderen Kenntnisse im Verwaltungsrecht. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die Antragstellerin lediglich über ein monatliches Einkommen in Höhe von 943,06 € verfüge.
- 15
Die Antragstellerin beantragt,
- 16
die aufschiebende Wirkung der Klage auf Erlass der Säumniszuschläge (Az.: 4 A 1898/12) anzuordnen.
- 17
Der Antragsgegner beantragt,
- 18
den Antrag abzulehnen.
- 19
Er nimmt auf die Gründe der angefochtenen Bescheide Bezug.
II.
- 20
Der Antrag ist – bei der gebotenen Auslegung des Begehrens der Antragstellerin – statthaft. Er ist vorliegend als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu qualifizieren, weil die in der Hauptsache erhobene Klage als eine Verpflichtungsklage auf Erlass der gegenüber der Antragstellerin festgesetzten Säumniszuschläge zu qualifizieren ist. Dementsprechend kann vorliegend nicht die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet werden, sondern das Begehren der Antragstellerin ist dahingehend auszulegen, dass sie dem Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig untersagen lassen möchte, aus dem Bescheid vom 8. September 2011 zu vollstrecken, bis in der Klage über den Erlass der Säumniszuschläge (Aktenzeichen 4 A 1898/12) eine Entscheidung ergangen ist.
- 21
Auf die Frage, ob auch bei diesem Antrag in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 6 VwGO ein Antrag an den Antragsgegner auf Absehen von Vollstreckungsmaßnahmen zu richten ist, kommt es vorliegend nicht an, weil ein derartiger Antrag – sinngemäß – mit Schreiben vom 24. September 2012 gestellt und mit Schreiben des Antragsgegners vom 26. September 2012 abgelehnt worden ist.
- 22
Der so verstandene Antrag ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
- 23
Die Antragstellerin hat bei summarischer Prüfung nicht das Vorliegen eines Anordnungsanspruches, d.h. eines Anspruchs auf Erlass der Säumniszuschläge glaubhaft gemacht.
- 24
Maßstab für einen Anspruch auf Erlass der Säumniszuschläge ist allerdings vorliegend nicht § 6 der Satzung über Stundung, Niederschlagung und Erlass von Forderungen und Ansprüchen des beklagten Zweckverbandes vom 25. Mai 2009, soweit die darin enthaltenen Regelungen § 227 AO in Verbindung mit § 12 Abs. 1 KAG MV einschränken. Maßgeblich für den Tatbestand des § 227 AO ist die Unbilligkeit der Einziehung des Anspruchs nach Lage des einzelnen Falls. Eine Beschränkung des Erlasses auf die drei Fallgruppen des § 6 Abs. 1 Buchstaben a) bis c) ist in dieser Regelung nicht vorgesehen. Insolvenz, Existenzgefährdung sowie Unverhältnismäßigkeit der Kosten der Beitreibung zur einzuziehenden Forderung sind zwar Anwendungsfälle der sachlichen Unbilligkeit, umfassen den Tatbestand der Unbilligkeit im Sinne des § 227 AO aber nicht vollständig.
- 25
Gründe für eine sachliche Unbilligkeit der Beitreibung der mit Bescheid vom 8. September 2011 festgesetzten Säumniszuschläge sind nicht erkennbar. Dabei kann das Gericht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur ohne weitere Sachaufklärung von dem beiderseitigen Vortrag der Beteiligten ausgehen, demzufolge die Antragstellerin ihren Widerspruch am 29. Februar 2008 per Telefax sowie durch Absendung des Widerspruchs zur Post erhoben haben will, beim Antragsgegner entsprechend seiner Einlassung jedoch weder ein Telefax noch ein Brief angekommen sind.
- 26
Bei Zugrundelegung dieses Sachverhaltes ist eine sachliche Unbilligkeit der Festsetzung der Säumniszuschläge im Rahmen der „Zahlungserinnerung“ vom 8. September 2011 nicht erkennbar. Wenn man aus der Sicht des Antragsgegners davon ausgeht, dass für ihn der Beitragsbescheid vom 6. Februar 2008 mangels Erhebung eines Widerspruchs im März 2008 bestandskräftig geworden ist, so trifft ihn aus der Sicht des Gerichts keine rechtlich maßgebliche Obliegenheit, die Antragstellerin zu einem früheren Zeitpunkt als dem 8. September 2011 zur Zahlung der Beitragsforderung aufzufordern und im Rahmen dessen auf die entstandenen Säumniszuschläge hinzuweisen bzw. diese festzusetzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner bereits im Beitragsbescheid vom 6. Februar 2008 auf das Entstehen von Säumniszuschlägen im Falle der Nichtzahlung hingewiesen hat. Aus seiner Sicht hatte er damit das Erforderliche getan, um die – aus seiner Sicht - Beitragspflichtige zur Zahlung anzuhalten. Maßstab für die Verpflichtung des Antragsgegners zum Hinweis auf die noch ausstehende Forderung kann nach Auffassung des Gerichts zunächst nur die gesetzliche Frist über die Zahlungsverjährung sein. Diese Frist beträgt gemäß § 12 KAG M-V in Verbindung mit § 218 AO fünf Jahre. Ohne das Vorliegen besonderer Umstände kann dem Antragsgegner deshalb nach Auffassung des Gerichts nicht vorgehalten werden, dass er zu einem früheren Zeitpunkt auf die ausstehende Forderung und das zwischenzeitliche Entstehen von Säumniszuschlägen hätte hinweisen müssen.
- 27
Ein sachlicher Billigkeitsgrund ist nach Auffassung des Gerichts auch insoweit nicht zu erkennen, als die Antragstellerin das Entstehen der Säumniszuschläge nicht verhindern konnte, weil sie - zumindest subjektiv – das Erforderliche getan hatte, um eine Aussetzung der Vollziehung zu erreichen. Selbst wenn man vom Sachvortrag der Antragstellerin ausgeht, sie habe den Widerspruch und den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Hilfe ihrer Tochter zunächst per Telefax und sodann durch Aufgabe zur Post fristgerecht erhoben, hatte sie damit noch nicht das Nötige getan, um ohne weitere Reaktion des Antragsgegners von der tatsächlichen Aussetzung der Vollziehung ausgehen zu können. Sie durfte sich nicht darauf verlassen, dass der Antragsgegner durch Stillschweigen von seiner Forderung einstweilen Abstand genommen hatte, zumal ihr bekannt sein musste, dass ihre Tochter als neue Eigentümerin des Grundstücks noch keinen Bescheid bekommen hatte. Bei dieser Sachlage oblag es ihr, nach mehrmonatiger fehlender Reaktion des Antragsgegners von sich aus nachzufragen, ob der Beitragsbescheid auf ihren Widerspruch hin nicht mehr aufrecht erhalten werde. Selbst wenn es aus ihrer Sicht offensichtlich gewesen sein mag, dass sie bereits seit geraumer Zeit nicht Eigentümerin des Grundstücks war, führt dies zu keiner anderen Betrachtung ihrer Obliegenheiten – auch als rechtlich unerfahrene Bürgerin. Die Hinweise des Antragsgegners zum Entstehen der Säumniszuschläge im Beitragsbescheid und zur Zahlungspflicht trotz der Erhebung des Widerspruchs sind hinreichend deutlich.
- 28
Eine sachliche Unbilligkeit kann vorliegend auch nicht aus der Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides vom 6. Februar 2008 und etwaigen Erfolgsaussichten der hiergegen gerichteten Anfechtungsklage hergeleitet werden. Wie sich aus § 240 Abs. 1 Satz 4 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V ergibt, ist der Fortbestand des Anspruchs auf Zahlung von Säumniszuschlägen gerade nicht davon abhängig, dass sich der ihnen zugrunde liegende Abgabenbescheid letztendlich als rechtmäßig erweist. Anders als Aussetzungszinsen bleiben Säumniszuschläge vielmehr grundsätzlich auch dann verwirkt, wenn der Beitragsbescheid als rechtswidrig aufgehoben wird. Bezüglich der Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage ist zudem zu berücksichtigen, dass die Frage des fristgerechten Zuganges des Widerspruchs ebenso offen ist wie die Frage der fristgerechten Beantragung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, sofern es darauf ankommen sollte. Kenntnis davon, dass der Widerspruch vom 29. Februar 2008 nicht beim Antragsgegner angekommen war, dürfte die Antragstellerin zumindest durch das Schreiben des Antragsgegners vom 28. September 2011 erhalten haben, mithin unter entsprechender Anwendung der Drei-Tage-Frist für die Bekanntgabe nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO spätestens am 1. Oktober 2011. Dementsprechend dürfte die Wiedereinsetzungsfrist von zwei Wochen des § 60 Abs. 2 VwGO im Zeitpunkt des Schreibens ihrer Prozessbevollmächtigten vom 19. Oktober 2011 bereits abgelaufen gewesen sein. Daher spricht bei summarischer Prüfung einiges dafür, dass der Beitragsbescheid vom 6. Februar 2008 bestandskräftig geworden ist.
- 29
Andere sachliche Billigkeitsgründe sind ebenfalls nicht ersichtlich. Vom Gericht wird erwogen, dass ein sachlicher Billigkeitsgrund für den Erlass von Säumniszuschlägen dann vorliegen könnte, wenn der Antragsgegner in Kenntnis einer rechtskräftigen Entscheidung bezüglich eines Beitragsbescheides aufgrund von vom Gericht festgestellten erheblichen Fehlern der Beitragssatzung trotz unveränderter – nichtiger - Satzungslage weiterhin Beitragsbescheide erhebt. Zwar wirkt eine derartige Gerichtsentscheidung, die kein Normkontrollverfahren ist, jeweils nur unmittelbar zwischen den Beteiligten, doch ist es gegebenenfalls unter dem Gesichtspunkt der Rechtsmissbräuchlichkeit zu erwägen, ob der Antragsgegner gegebenenfalls in einem gleichgelagerten Fall unter besonderen Voraussetzungen zumindest einen Anspruch auf Erlass von Säumniszuschlägen hat, wenn der gegen ihn gerichtete Beitragsbescheid ebenfalls aufgehoben wird. Solche besonderen Voraussetzungen können darin zu sehen sein, dass ein Beitragsbescheid in Kenntnis einer rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts ergeht, die gerade auf die Nichtigkeit der als Rechtsgrundlage dienenden Beitragssatzung abgestellt hat. Auch in diesem Fall entstehen grundsätzlich von Gesetzes wegen gemäß § 240 AO i.V.m. § 12 KAG M-V die Säumniszuschläge, doch könnte hier viel dafür sprechen, dass ein Rechtsanspruch des ursprünglich Beitragspflichtigen auf Erlass der Säumniszuschläge aus sachlichen Billigkeitsgründen gegeben ist.
- 30
Auch ein solcher Fall ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Der Beitragsbescheid vom 6. Februar 2008 ist zwar ergangen, nachdem das Gericht in einem Urteil vom 30. Januar 2008 (8 A 803/07) erstmals die seinerzeit maßgebliche Beitragssatzung des Beklagten überprüft und als Rechtsgrundlage für nichtig bewertet hatte. Im Zeitpunkt des Erlasses des hier streitgegenständlichen Beitragsbescheides lagen dem Antragsgegner aber noch nicht die schriftlichen Gründe des Urteils vor und es war dementsprechend erst recht noch keine Rechtskraft eingetreten. Folglich kann dem Antragsgegner nicht vorgeworfen werden, dass er in diesem konkreten Fall den Beitragsbescheid erlassen hat, obwohl ihm die Rechtsauffassung des Gerichts über die Nichtigkeit der Satzung bekannt war und er sich gegen diese Rechtsauffassung noch nicht mit einem weiteren Rechtsmittel gewehrt hat, zumal er später tatsächlich die Zulassung der Berufung beantragt hat.
- 31
Persönliche Billigkeitsgründe sind ebenfalls nicht hinreichend dargetan. Der Verweis auf die Rente der Antragstellerin von 943,06 € reicht hierfür nicht aus. Dass die Säumniszuschläge angesichts der Vermögensverhältnisse der Antragstellerin ohnehin nicht beitreibbar wären, ist bislang nicht dargetan worden und auch nicht erkennbar, zumal die Beitragsforderung selbst zwischenzeitlich beglichen wurde.
- 32
Sonstige Anordnungsansprüche sind nicht ersichtlich. Es ist insbesondere nicht erkennbar, dass der Antragstellerin aus anderen Gründen im Hauptsacheverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Anspruch auf Erlass der Säumniszuschläge zuerkannt werden wird. Zwar ist die bislang vom Antragsgegner vorgenommene Ermessenentscheidung deutlich verfehlt. Die Aussage, man habe bereits im Beitragsbescheid vom 6. Februar 2008 auf die Folgen der Nichtzahlung hingewiesen und halte deshalb an der Durchsetzung der Säumniszuschläge fest, lässt eine einzelfallbezogene Ermessensausübung nicht erkennen. Dies kann aber allein noch nicht zu einem Anspruch der Antragstellerin auf Erlass der Säumniszuschläge, sondern allenfalls zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides mit der Verpflichtung zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts führen. Dass eine Neubescheidung ggf. dann zu einem Erlass der Säumniszuschläge führen wird, muss als offen angesehen werden. In dieser Situation kann aber kein anerkennenswertes überwiegendes Interesse der Antragstellerin am vorläufigen Einbehalt der von ihr geforderten Säumniszuschläge erkannt werden.
- 33
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergeht gemäß § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. § 53 Abs. 2 GKG. Dabei geht das Gericht entsprechend seiner ständigen Rechtsprechung von einem Viertel des in der Hauptsache streitigen Betrages aus.
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(1) Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Das Gleiche gilt für zurückzuzahlende Steuervergütungen und Haftungsschulden, soweit sich die Haftung auf Steuern und zurückzuzahlende Steuervergütungen erstreckt. Die Säumnis nach Satz 1 tritt nicht ein, bevor die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist. Wird die Festsetzung einer Steuer oder Steuervergütung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt; das Gleiche gilt, wenn ein Haftungsbescheid zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Erlischt der Anspruch durch Aufrechnung, bleiben Säumniszuschläge unberührt, die bis zur Fälligkeit der Schuld des Aufrechnenden entstanden sind.
(2) Säumniszuschläge entstehen nicht bei steuerlichen Nebenleistungen.
(3) Ein Säumniszuschlag wird bei einer Säumnis bis zu drei Tagen nicht erhoben. Dies gilt nicht bei Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 1.
(4) In den Fällen der Gesamtschuld entstehen Säumniszuschläge gegenüber jedem säumigen Gesamtschuldner. Insgesamt ist jedoch kein höherer Säumniszuschlag zu entrichten als verwirkt worden wäre, wenn die Säumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre.
Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.
(1) Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Das Gleiche gilt für zurückzuzahlende Steuervergütungen und Haftungsschulden, soweit sich die Haftung auf Steuern und zurückzuzahlende Steuervergütungen erstreckt. Die Säumnis nach Satz 1 tritt nicht ein, bevor die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist. Wird die Festsetzung einer Steuer oder Steuervergütung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt; das Gleiche gilt, wenn ein Haftungsbescheid zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Erlischt der Anspruch durch Aufrechnung, bleiben Säumniszuschläge unberührt, die bis zur Fälligkeit der Schuld des Aufrechnenden entstanden sind.
(2) Säumniszuschläge entstehen nicht bei steuerlichen Nebenleistungen.
(3) Ein Säumniszuschlag wird bei einer Säumnis bis zu drei Tagen nicht erhoben. Dies gilt nicht bei Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 1.
(4) In den Fällen der Gesamtschuld entstehen Säumniszuschläge gegenüber jedem säumigen Gesamtschuldner. Insgesamt ist jedoch kein höherer Säumniszuschlag zu entrichten als verwirkt worden wäre, wenn die Säumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.
(1) Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) sind die Steuerbescheide, die Steuervergütungsbescheide, die Haftungsbescheide und die Verwaltungsakte, durch die steuerliche Nebenleistungen festgesetzt werden; bei den Säumniszuschlägen genügt die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands (§ 240). Die Steueranmeldungen (§ 168) stehen den Steuerbescheiden gleich.
(2) Über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche im Sinne des Absatzes 1 betreffen, entscheidet die Finanzbehörde durch Abrechnungsbescheid. Dies gilt auch, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsanspruch (§ 37 Abs. 2) betrifft.
(3) Wird eine Anrechnungsverfügung oder ein Abrechnungsbescheid auf Grund eines Rechtsbehelfs oder auf Antrag des Steuerpflichtigen oder eines Dritten zurückgenommen und in dessen Folge ein für ihn günstigerer Verwaltungsakt erlassen, können nachträglich gegenüber dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Person die entsprechenden steuerlichen Folgerungen gezogen werden. § 174 Absatz 4 und 5 gilt entsprechend.
(1) Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Das Gleiche gilt für zurückzuzahlende Steuervergütungen und Haftungsschulden, soweit sich die Haftung auf Steuern und zurückzuzahlende Steuervergütungen erstreckt. Die Säumnis nach Satz 1 tritt nicht ein, bevor die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist. Wird die Festsetzung einer Steuer oder Steuervergütung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt; das Gleiche gilt, wenn ein Haftungsbescheid zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Erlischt der Anspruch durch Aufrechnung, bleiben Säumniszuschläge unberührt, die bis zur Fälligkeit der Schuld des Aufrechnenden entstanden sind.
(2) Säumniszuschläge entstehen nicht bei steuerlichen Nebenleistungen.
(3) Ein Säumniszuschlag wird bei einer Säumnis bis zu drei Tagen nicht erhoben. Dies gilt nicht bei Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 1.
(4) In den Fällen der Gesamtschuld entstehen Säumniszuschläge gegenüber jedem säumigen Gesamtschuldner. Insgesamt ist jedoch kein höherer Säumniszuschlag zu entrichten als verwirkt worden wäre, wenn die Säumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre.
(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.
(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben
- 1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post, - 2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.
(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.
(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.
(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.
(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.
(7) Betreffen Verwaltungsakte
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.
(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.
(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.
(1) Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Das Gleiche gilt für zurückzuzahlende Steuervergütungen und Haftungsschulden, soweit sich die Haftung auf Steuern und zurückzuzahlende Steuervergütungen erstreckt. Die Säumnis nach Satz 1 tritt nicht ein, bevor die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist. Wird die Festsetzung einer Steuer oder Steuervergütung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt; das Gleiche gilt, wenn ein Haftungsbescheid zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Erlischt der Anspruch durch Aufrechnung, bleiben Säumniszuschläge unberührt, die bis zur Fälligkeit der Schuld des Aufrechnenden entstanden sind.
(2) Säumniszuschläge entstehen nicht bei steuerlichen Nebenleistungen.
(3) Ein Säumniszuschlag wird bei einer Säumnis bis zu drei Tagen nicht erhoben. Dies gilt nicht bei Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 1.
(4) In den Fällen der Gesamtschuld entstehen Säumniszuschläge gegenüber jedem säumigen Gesamtschuldner. Insgesamt ist jedoch kein höherer Säumniszuschlag zu entrichten als verwirkt worden wäre, wenn die Säumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.