Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 04. Dez. 2007 - 3 A 540/07

published on 04/12/2007 00:00
Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 04. Dez. 2007 - 3 A 540/07
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Gericht

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen ihre Heranziehung zu Zweitwohnungssteuern, betreffend ihr Haus-grundstück in R.

2

Auf entsprechende Aufforderung erklärte der Kläger (ausweislich des vorliegenden Grundsteuermessbescheides des Finanzamtes ... ist dieser zusammen mit seiner Ehefrau Eigentümer des fraglichen Grundstücks) in seiner unter dem 17. Juli 2006 gefertigten Erklärung, die 90 m² große Wohnung werde ausschließlich an Erholungsgäste vermietet. Es bestehe schon eine andere Zweitwohnung für Eigennutzung, für die Steuer entrichtet werde. Wegen Pflegefalls (Mutter) in R. sei ein Aufenthalt ausgeschlossen in R.. Die Steuer entfalle, weil das Ferienhaus mit einer Bettenabgabe (Fremdenverkehrsabgabe) belegt sei. Daraufhin teilte der Beklagte den Klägern mit, eine reine Kapitalanlage sei eine steuerfreie Wohnung nur dann, wenn eine überregionale Agentur mit der Vermietung der Wohnung beauftragt werde, eine Eigennutzung der Wohnung müsse vertraglich ausgeschlossen sein; die Kläger mögen entsprechende Nachweise einreichen. In seiner Antwort machte der Kläger geltend, Zweitwohnungssteuer und (von ihm gezahlte) Fremdenverkehrsabgabe schlössen einander aus. Es sei unerheblich, wer die Vermietung vornehme, in den Fällen ihrer Ferienhäuser würden durch die Selbstvermietung erhebliche Kosten für Agenturen erspart, dies gelte auch für das Objekt in R.. Der Beklagte bat daraufhin um Übersendung der Vermittlungsverträge für das Jahr 2005 und 2006; die Kläger machten geltend, nach einer Entscheidung des BFH (vom 6. November 2001) seien Leerstandszeiten eines Ferienhauses nicht einer Selbstnutzung zuzurechnen, somit seien die Vermietungszeiten unerheblich. Nach dieser Entscheidung sei es zulässig, eine Vermietung auch ohne eine Agentur vorzunehmen, aus Kostengründen sei dies in Eigenregie weitaus wirtschaftlicher. Weiterhin legten die Kläger zwei das Jahr 2006 betreffende Mietverträge vor über 21 bzw. 28 Tage.

3

Mit Bescheid vom 6. März 2007 zog der Beklagte die Kläger für die Jahre 2006 und 2007 zu Zweitwohnungssteuern in Höhe von je 460,16 Euro, zusammen 920,32 Euro heran. Hiergegen legten die Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, bei Häusern, die als Geldanlage gebaut würden, dürften Leerstandszeiten nicht einer Eigennutzung zugerechnet werden, wie sich aus einem (bereits zitierten) Urteils des Bundesfinanzhofes sowie einem Erlass des Bundesfinanzministeriums aus dem Jahr 1994 ergebe. Bei anderen Ferienhäusern würden sie, die Kläger, ebenfalls unter Bezug auf die o. g. Urteile und Erlasse nicht zur Zahlung der Zweitwohnungssteuer veranlagt werden.

4

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2007 wies der Beklagte den Widerspruch der Kläger als unbegründet zurück. Zur Begründung ist ausgeführt, eine steuerfreie Zweitwohnung als reine Kapitalanlage sei beispielsweise dann gegeben, wenn die Vermietung dieser Zweitwohnung an eine überregionale Agentur ohne den Vorbehalt der Eigennutzung übertragen werde. Bei einer Zweitwohnung, die vom Inhaber selbst an Dritte weitervermietet werde, sei regelmäßig davon auszugehen, dass die Wohnung auch für Zwecke der eigenen Erholung und der Erholung von Angehörigen vorgehalten werde. Denn die Eigenvermietung lasse gerade die Möglichkeit der jederzeitigen und kurzfristigen Zweckänderung offen und sei auch objektiv nicht geeignet, die Inanspruchnahme zu eigenen Zwecken auszuschließen.

5

Die Kläger haben am 18. April 2007 die vorliegende Klage erhoben.

6

Sie weisen darauf hing, in einem gleich gelagerten Fall einer Ferienwohnung sei eine von ihnen geführte, näher bezeichnete Klage erfolgreich gewesen (der Aufforderung des Gerichts, dieses Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts Hannover vorzulegen, sind die Kläger nicht nachgekommen). Den Argumenten des Beklagten, eine Vermietung dürfe nur von einer externen Agentur durchgeführt werden und die Vermietungsfreizeit müsse einer Selbstnutzung zuzurechnen sein, werde widersprochen.

7

Die Kläger haben schriftsätzlich keinen Klageantrag formuliert.

8

Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Einen Antrag der Kläger auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat die Kammer mit Beschluss vom 4. Oktober 2007 (Az 3 B 347/07) abgelehnt.

11

Die Kammer hat mit Beschluss vom 15. November 2007 den Rechtsstreit zur Entscheidung dem Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

12

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs.

Entscheidungsgründe

14

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

15

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

16

Die Heranziehung der Kläger erfolgt auf der Grundlage wirksamen Satzungsrechts (dazu im Folgenden unter 1.). Das fragliche Objekt ist taugliches Steuerobjekt; hinreichende Anhaltspunkte, dass es der Zweitwohnungssteuer nicht unterfällt, haben die Kläger weder vorgetragen noch gar nachgewiesen (2.). Auch deren übrigen Argumente greifen nicht durch (3.).

17

1. Eine Heranziehung der Kläger kann zwar nicht auf der Grundlage der 3. Änderungssatzung zur Zweitwohnungssteuer erfolgen (a.). Rechtsgrundlage ist vielmehr die Satzung des Beklagten in der Gestalt der 2. Änderungssatzung vom 22. Juni 2004 (b.).

18

Die Heranziehung zu Zweitwohnungssteuern erfolgt vorliegend letztlich auf der Grundlage der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Stadt R vom 14. Juli 1999, gegen dessen Wirksamkeit Bedenken weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind. Danach ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1) Gegenstand der Steuer "das Innehaben einer Zweitwohnungssteuer im Hoheitsgebiet der Stadt... R ". Nach der 1. Änderungssatzung (gleichfalls) vom 14. Juli 1999 ist der Steuersatz in § 5 Abs. 1 neu geregelt; die Steuer beträgt im Kalenderjahr bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 7.200,- DM 900,- DM. Nach § 4 Abs. 4 in der Fassung der 1. Änderungssatzung sind die Vorschriften des § 79 Bewertungsgesetz entsprechend anwendbar; Gleiches gilt für eine Wohnflächenberechnung für die Regelungen in § 42 bis 44 der zweiten Berechnungsverordnung.

19

a. Soweit gemäß der 3. Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Stadt R. vom 12. September 2004 dieser § 4 Abs. 4 der Satzung gestrichen und formuliert wird, "der Mietwert wird durch Beschluss der Stadtvertretung festgesetzt", erachtet das Gericht diese Satzungsregelung für unwirksam. Denn hiermit wird ein (gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V essentieller) Teil der Regelung des Steuermaßstabs aus der Satzung herausgelöst und der Gemeindevertretung zur eigenständigen Entscheidung überantwortet. Sofern dieses in Form einer (ergänzenden) Satzung geschehen würde, mag dies noch angehen. Vorliegend ist indessen in der Sitzung der Stadtvertretung der Stadt R. vom 9. Juni 2005 - im Übrigen: vor Inkrafttreten der Änderungssatzung - lediglich als Beschluss "der Mietwert für 2006" festgesetzt worden. Dieser Beschluss hat nicht "Satzungsqualität"; zudem ist er nicht bekanntgemacht.

20

Inhaltlich steht die Neuregelung zudem im Widerspruch zu der nach wie vor geltenden Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 2 der Satzung (in Gestalt der 1. Änderungssatzung), wonach die übliche Miete in Anlehnung an die Jahresrohmiete geschätzt wird, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. Ausweislich des Beschlusses der Gemeinde-vertretung sind diese Kriterien im Beschlussauszug an keiner Stelle erwähnt, vielmehr sollte der Mietwert dem von B. angeglichen werden. Auch eine differenzierte Festsetzung von Werten nach der örtlichen Lage, wie in Abs. 3 des § 4 der Satzung nach wie vor vorgesehen, erfolgt nicht - wobei indessen angesichts der Struktur der Stadt R. mit seinen Gemeindeteilen es durchaus nahe liegt, dass etwa unmittelbar an der Ostsee gelegene Wohnungen eine deutlich höhere Miete erzielen können als solche im Landesinneren.

21

Demgemäß erweist sich die 3. Änderungssatzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer vom 12. September 2005 als unwirksam und nichtig. Da es sich um einen wesentlichen Bestandteil einer Steuersatzung handelt, ist die Zweitwohnungssteuersatzung in Gestalt seiner 3. Änderungs-satzung insgesamt als nichtig anzusehen.

22

b. Dies führt indes nicht dazu, dass überhaupt keine Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Kläger zu Zweitwohnungssteuern besteht, vielmehr ist die Zweitwohnungssteuersatzung in Gestalt bis zur 2. Änderungssatzung vom 22. Juni 2004 anzuwenden; die spätere nichtige Änderungssatzung vermochte dieser Zweitwohnungssteuersatzung, gegen deren Rechtmäßigkeit Bedenken nicht bestehen, nicht die Grundlage zu entziehen (vgl. etwa Aussprung in Aussprung/Siemers/Holz, Kommunalabgabengesetz M-V, Stand Mai 2007, § 2 Anm 10.3).

23

2. Die Zweitwohnungssteuer ist eine zulässige örtliche Aufwandsteuer im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V und Artikel 105 Abs. 2 a GG. In ständiger Rechtsprechung werden Aufwandsteuern als Steuern auf die Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf definiert, in der die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck kommt (BVerfG, Beschluss vom 6.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325, und NJW 1984, 785; BVerwG, Urteil vom 6.12.1996 - 8 C 49.95 -, NVwZ 1998, 178; BFH, Urteil vom 5.3.1997 - II R 28/95 -, BFHE 182, 243).

24

Aufwandsteuern erfassen (nur) den besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand für die persönliche Lebensführung; sie besteuern also die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983, a.a.O., S. 346 f.). Das Innehaben einer weiteren Wohnung neben der Hauptwohnung zum Zwecke der persönlichen Nutzung kann danach grundsätzlich - und zwar ohne Rücksicht auf die Dauer und den konkreten Zweck des persönlichen Gebrauchs - Gegenstand einer Aufwandsteuer sein (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983, a.a.O., S. 348). Da aber nur der konsumtive Aufwand für den persönlichen Lebensbedarf Gegenstand der Besteuerung nach Art. 105 Abs. 2 a GG sein darf, scheiden solche Zweitwohnungen als Gegenstand einer örtlichen Aufwandsteuer aus, die diesen Zwecken persönlicher Lebensführung nicht dienen, sondern von ihrem Inhaber als reine Geld- oder Vermögensanlage in der Form des Immobiliarbesitzes - also ausschließlich zur Einkommenserzielung - gehalten werden (BVerwG, Urteile vom 26. Juli 1979 - BVerwG VII C 53.77 - a.a.O., S. 235 und - BVerwG VII C 12.77 - a.a.O., S. 16 sowie Beschluss vom 21. Februar 1994 - BVerwG 8 B 22.94 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 7, S. 1; BFH, Beschluss vom 31. Mai 1995 - II B 126/94 - DStR 1995, 1111; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 29. Juni 1995 - 1 BvR 1800/94 u.a. - DStR 1995, 1270, Abdruck S. 6).

25

Zum vorliegend relevanten Problem der Abgrenzung von steuerpflichtiger und steuerfreier Zweitwohnung hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 10. Oktober 1995 (Az 8 C 40.93 -, BVerwGE 99, 303 , NVwZ 1997, 36) folgendes ausgeführt:

26

"... Bei der somit entscheidungserheblichen Abgrenzung ... ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung darauf (abzustellen), dass die Erfüllung des Steuertatbestandes nicht die tatsächliche Nutzung durch den Wohnungsinhaber voraussetze, sondern dass hierfür genüge, wenn dieser die Zweitwohnung auch für den eigenen oder seiner Angehörigen Lebensbedarf "vorhalte", d.h. sich die Möglichkeit der Eigennutzung offenhalte. ... Für die im Ausgangspunkt subjektive Bestimmung des Verwendungszwecks der Zweitwohnung ist nicht die - unüberprüfbare - innere Absicht des Zweitwohnungsinhabers maßgeblich. Diese innere Tatsache ist nur auf der Grundlage objektiver, nach außen in Erscheinung tretender, verfestigter und von Dritten nachprüfbarer Umstände - gegebenenfalls auch aufgrund von Anhaltspunkten aus vergangenen Veranlagungszeiträumen - zu beurteilen (vgl. BFH, Urteil vom 25. Oktober 1989 - X R 109/87 - BFHE 159, 128 <132>; Scholz, BWGZ 1990, 285 <297>). In diesem Sinne kommt es für den Nachweis der subjektiven Zweckbestimmung nur auf objektive äußere Kriterien an."

27

Und weiter:

28

"Die im Begriff der Aufwandsteuer angelegte Abgrenzung zur zweitwohnungssteuerfreien reinen Kapitalanlage (erfordert) von Verfassungs wegen eine umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalles. In diesem Sinne ist die Satzung der Beklagten verfassungskonform auszulegen und anzuwenden. Der gesamte objektive Sachverhalt muß deshalb daraufhin überprüft werden, ob sich aus ihm mit der gebotenen Sicherheit die subjektive Zweckbestimmung der Zweitwohnung entnehmen läßt (vgl. insoweit VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. April 1993 - 2 S 135/91 - VBlBW 1993, 436; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 23. April 1993 - 22 A 3850/92 - ZMR 1994, 40 und vom 9. Mai 1994 - 22 A 716/93 - ZKF 1995, 35; vgl. auch Benne, ZKF 1992, 6 <8> unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts sowie - zur Abgrenzung von Fremdnutzung und Selbstnutzung im Steuerrecht - BFH, Urteil vom 25. Februar 1992 - IX R 171/87 - BFH/NV 1993, 603 und zur Ermittlung der inneren Tatsache der Gewinnerzielungsabsicht Obermeier, DStR 1991, 1613 f. m.w.N. zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs). Dabei kann die steuererhebende Gemeinde von der tatsächlichen Vermutung der Vorhaltung einer Zweitwohnung (auch) für Zwecke der persönlichen Lebensführung ausgehen, solange der Zweitwohnungsinhaber keine Umstände vorträgt, die - wie etwa die Lage der Hauptwohnung innerhalb desselben Feriengebiets (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Juni 1995, a.a.O., Abdruck S. 7 f.), der Abschluß eines Dauermietvertrags (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Juni 1993 - 2 S 957/92 - UA S. 8), die Übertragung der Vermietung an eine überregionale Agentur unter Ausschluß der Eigennutzung sowie unter Nachweis ganzjähriger Vermietungsbemühungen usw. (vgl. dazu Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 4. Mai 1994 - IV B 3 - S 2253 - 34/94 - ) - diese tatsächliche Vermutung erschüttern. Erhobene Einwände kann die Gemeinde ihrerseits gegebenenfalls entkräften und dadurch die ursprüngliche tatsächliche Vermutung zugunsten des Steuertatbestandes wiederherstellen..."

29

Demgemäß ist zwar den Klägern zuzustimmen, dass auch in den Fällen, in denen nicht eine Beauftragung eines Vermietungsbüros unter Ausschluss jeglicher Eigennutzung erfolgt ist, die Annahme einer reinen Kapitalanlage nicht ausgeschlossen ist. Ohne einen solchen Vertrag bedarf es indes anderer tragfähiger Gesichtspunkte, die den Rückschluss auf das Vorliegen einer Kapitalanlage nahelegen. Ein solcher Gesichtspunkt kann auch das Innehaben mehrerer Zweitwohnungen, gar in unmittelbarer Nähe zueinander, darstellen; denn nach der Lebenserfahrung ist es eher unwahrscheinlich, dass jemand sich mehrere ähnliche Objekte für den persönlichen Lebensbedarf hält. Demgemäß hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass bei typisierender Betrachtung ein (einheimischer oder auswärtiger) Inhaber mehrerer Zweitwohnungen im Gebiet ein und derselben Gemeinde in der Regel allenfalls eine dieser Wohnungen für persönliche Nutzungszwecke vorhalten wird; deshalb sei es mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden, wenn eine Gemeinde diesen Erfahrungssatz im Sinne der Vereinfachung der Steuerverwaltung zum Anlass nimmt, derartige Sachverhalte - die im konkreten Fall typischerweise den Nachweis der Nutzung als zweitwohnungssteuerfreie reine Kapitalanlage erwarten lassen - von vornherein "generalisierend" von der Besteuerung auszunehmen (so Urteil vom 6.12.1996 - 8 C 49/95 -, NVwZ 1998, 178).

30

Anhaltspunkte haben die Kläger hierfür insoweit gegeben, als sie in ihrer Korrespondenz, etwa mit Schriftsatz vom 22.08.2007 im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, "andere Häuser in Mecklenburg, die sich in unserem Eigentum befinden", angesprochen haben. Auf konkrete gerichtliche Nachfrage erfolgten nähere nachprüfbare Angaben indes nicht; im Antwortschreiben ist lediglich (noch) von einem Vergleichsfall in B. die Rede - ohne diesen auch nur ansatzweise nachzuweisen.

31

Andere Anhaltspunkte für die Annahme einer reinen Kapitalanlage sieht das Gericht nicht. Das konkrete Objekt mit einer Größe laut Bauzeichnung von über 200 m² Wohnfläche übersteigt das einer üblichen Ferienwohnung durchaus und spricht daher eher gegen als für eine reine Kapitalanlage. Auch die Antwort auf die gerichtliche Anheimgabe (Schreiben des Berichterstatters im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vom 13.08.2007), " im Einzelnen darzulegen, welche Tätigkeiten Sie wann und wo unternommen haben, das Objekt zu vermieten", ist von prägnanter Unschärfe, wenn im Antwortschreiben vom 22.08.2007 es heißt, die Werbung werde selbst "durch Insertion, Internet und demnächst ggf. in Fremdenverkehrsführern vorgenommen". Eine aktuelle Internetadresse ist nicht bezeichnet und nicht - jedenfalls nicht ohne Weiteres - auffindbar; ein Inserat betreffend Vermietung ist nicht vorgelegt worden. Wenn bereits seit 2005 Vermietungen vorgenommen werden, aber immer noch nicht einmal entschieden ist ("ggfs."), ob eine Werbung in Fremdenverkehrsführern erfolgen soll, ist eher der Nachweis eines Interesses an einer nicht dauerhaften Vermietung geführt als der des Vorliegens einer reinen Kapitalanlage. Nach der zitierten Rechtsprechung kann jedoch die steuererhebende Gemeinde von der tatsächlichen Vermutung der Vorhaltung einer Zweitwohnung (auch) für Zwecke der persönlichen Lebensführung ausgehen; für die gegenteilige Behauptung liegt die Beweislast beim Wohnungseigentümer (vgl. etwa Birk in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Stand Sept. 2005, § 3 Rdnr. 218).

32

3. Die im Übrigen seitens der Kläger vorgebrachten Überlegungen gegen ihre Heranziehung zu Zweitwohnungsteuer tragen gleichfalls nicht. Soweit sie die Auffassung vertreten, bei einer Veranlagung zur Fremdenverkehrsabgabe sei eine Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer ausgeschlossen, ist dies unzutreffend; die Zielsetzung beider Abgaben ist unterschiedlich. Die Fremdenverkehrsabgabe dient - wie in der einschlägigen Satzung der Stadt R. in § 1 Abs. 2 ausgeführt - für die Fremdenverkehrswerbung und zur teilweisen Deckung der Aufwendungen für die Herstellung, Verwaltung und Unterhaltung der zu Kur- und Erholungszwecken bereitgestellten öffentlichen Einrichtungen; die Zweitwohnungssteuer ist eine - wie der Begriff bereits aussagt - Steuer, deren Kennzeichen es ist, dass sie nicht an eine Gegenleistung anknüpft, sondern zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt wird, bei denen der Steuertatbestand zutrifft.

33

Die von den Klägern näher bezeichnete Entscheidung des Bundesfinanzhofes befasst sich mit der Frage einer Überschusserzielungsabsicht und damit (in Abgrenzung zu einer sog. Liebhaberei) zur Frage einer Absetzbarkeit von Werbungskosten im Rahmen der persönlichen Einkommensteuer; Gleiches gilt für den angesprochenen Erlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 4.5.2002 "zur einkommenssteuerrechtlichen Behandlung (sic!) einer zeitweise leerstehenden und zeitweise vermieteten Ferienwohnung".

34

4. Bedenken an der Höhe der festgesetzten Steuer bestehen nicht: Nach den durch die 1. Änderungssatzung eingeführten, hier anzuwendenden Regelungen des Steuersatzes in § 5 Abs. 1 unterfällt die Wohnung der Kläger der dortigen Ziffer 3, dem höchsten Zweitwohnungssteuersatz in Höhe von 900 DM (entsprechend 460,16 €), nämlich bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 7.200,- DM (entsprechend 3.681,30 Euro). Dieser Wert wird bereits bei einem Mietwert pro Quadratmeter von 2,14 € erreicht (2,14 € multipliziert mit 144 Quadratmeter mal 12 ergibt 3.697,92 €). Dass angesichts der Art der Immobilie, seiner Lage und Ausstattung regelmäßig von einer Miethöhe ausgegangen werden kann, die (deutlich) höher als 2,14 je m² liegt, ist offenkundig und bedarf keiner weiteren Begründung; demgemäß braucht auch nicht geprüft zu werden, ob denn tatsächlich lediglich 144 m² in Ansatz zu bringen sind.

35

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11 und 711 ZPO i. V. m. § 167 VwGO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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published on 08/10/2015 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherh
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Annotations

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.