Verwaltungsgericht Schwerin Beschluss, 09. Jan. 2017 - 2 B 3786/16 SN
Gericht
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller vom 24. Oktober 2016 gegen die Baugenehmigung nebst Befreiungen des Antragsgegners vom 6. Oktober 2016 wird angeordnet.
Der Antragsgegner und der Beigeladene tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller je zur Hälfte. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen sie jeweils selbst.
2. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
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Der Antrag der Antragsteller,
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die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 24. Oktober 2016 gegen die Baugenehmigung nebst Befreiungen des Antragsgegners vom 6. Oktober 2016 anzuordnen,
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hat Erfolg.
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Die Antragsteller sind Eigentümer des Grundstücks A-Straße in A-Stadt und wenden sich als Nachbarn gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Erweiterung eines Geschäfts- und Wohnhauses auf dem westlich gelegenen Grundstück A-Straße, A-Stadt, nebst zwei Befreiungen hinsichtlich der im vorliegend geltenden Bebauungsplan festgesetzten Traufhöhe und Dachneigung.
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Der Antrag ist zulässig und begründet.
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Gemäß §§ 80 Abs. 5 Satz 1, 80 a Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs eines Dritten gegen einen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO sofort vollziehbaren Verwaltungsakt anordnen, wenn das Interesse des Dritten, von der Vollziehung vorläufig verschont zu werden, das Interesse des Begünstigten – hier des Beigeladenen – an der sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung überwiegt. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind zunächst die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren zu prüfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Antragsteller gegen die erteilte Baugenehmigung nicht bereits dann zur Wehr setzen können, wenn diese objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr muss sich die Rechtswidrigkeit gerade aus einem Verstoß gegen Vorschriften ergeben, die zumindest auch eine nachbarschützende Funktion gerade ihnen gegenüber haben, mit der Folge, dass die rechtswidrige Baugenehmigung sie auch in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Nach Maßgabe dieser Grundsätze geht die Interessenabwägung hier zugunsten der Antragsteller aus. Denn aufgrund der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist davon auszugehen, dass das Rechtsschutzbegehren in der Hauptsache aller Voraussicht nach Erfolg haben wird, weil die erteilte Baugenehmigung die Antragsteller in ihren nachbarlichen Rechten verletzt.
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Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung erweist sich nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand der Kammer entgegen § 37 Abs. 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG M-V) in nachbarrechtsrelevanter Weise als unbestimmt.
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Aus dem Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit eines Verwaltungsakts (vgl. § 37 VwVfG M-V) folgt für die Baugenehmigung, dass sich aus ihr in erster Linie, insbesondere in Verbindung mit den durch den Genehmigungsvermerk zu ihrem Bestandteil gemachten Bauvorlagen, eindeutig und zweifelsfrei ergeben muss, welches Vorhaben genehmigt worden ist. Inhalt, Umfang und Reichweite der genehmigten Nutzung müssen eindeutig erkennbar sein, damit der Bauherr die Bandbreite der für ihn legalen Nutzung und Drittbetroffene das Maß der für sie aus der Baugenehmigung erwachsenden Betroffenheit zweifelsfrei feststellen kann. Eine solche dem Bestimmtheitsgebot genügende Aussage muss dem Bauschein selbst - ggf. durch Auslegung - entnommen werden können, wobei die mit Zugehörigkeitsvermerk versehenen Bauvorlagen bei der Ermittlung des objektiven Erklärungsinhalts der Baugenehmigung herangezogen werden müssen (vgl. Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. Mai 2005 – 10 A 2017/03 –, Baurecht 2005, 1459; VG Schwerin, Urteil vom 31. Januar 2013 – 2 A 1167/11 –, amtl. Umdruck S. 10 f.). Ist die Baugenehmigung hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Umstände unbestimmt und infolgedessen die Verletzung von Nachbarrechten bei der Ausführung des Vorhabens nicht auszuschließen, ist die Baugenehmigung im Regelfall als nachbarrechtswidrig aufzuheben (vgl. VG Schwerin, Urteil vom 31. Januar 2013 – 2 A 1167/11 –, amtl. Umdruck S. 11; vgl. auch Urteil vom 4. Februar 2010 – 2 A 402/08 –, amtl. Umdruck S. 8 ff.).
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Gemessen daran wird die streitige Baugenehmigung vom 6. Oktober 2016 nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand der Kammer den an sie zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen nicht gerecht, was zu einem eigenständigen Abwehrrecht der Antragsteller führt. Die Baugenehmigung lässt im Hinblick auf die Art der genehmigten Nutzung Merkmale des Vorhabens des Beigeladenen unreglementiert, deren Regelung es zur Wahrung auch der nachbarlichen Rechte der Antragsteller bedurft hätte.
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Die Zulässigkeit des Vorhabens des Beigeladenen richtet sich vorliegend nach § 30 Baugesetzbuch (BauGB), da sich das streitgegenständliche Grundstück – wie auch das Grundstück der Antragsteller – im Geltungsbereich des derzeit in seiner 1. Änderungsfassung vom 21. August 2003 in Kraft befindlichen Bebauungsplans Nr. 2 „Technopark Nienhagen“ befindet. Einwände gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans sind weder von den Beteiligten vorgetragen noch sonst – gemessen an den Bedingungen eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens – derzeit offensichtlich. Eine Überprüfung der Wirksamkeit des Bebauungsplans mit gegebenenfalls weiteren Ermittlungen kann im Übrigen auch nicht Gegenstand des vorliegenden vorläufigen Rechtsschutzverfahrens sein, sondern muss einem nachfolgenden Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
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Nach den textlichen Festsetzungen in Ziffer 2.5 des Bebauungsplans sind in den festgesetzten Sondergebieten nach § 11 Baunutzungsverordnung (BauNVO) u.a. Wohnungen und Wohngebäude für im Gemeindegebiet tätige Gewerbetreibende sowie notwendige Aufsichts- und Bereitschaftspersonen und im Gemeindegebiet freiberuflich Tätige zulässig. Diese Festsetzung gilt auch für das SO 12, in dem sich die Grundstücke der Antragsteller und des Beigeladenen befinden. Voraussetzung für eine zulässige Wohnnutzung ist damit die Knüpfung an eine gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit des jeweiligen Bauherrn im Gemeindegebiet. In der Begründung der 1. Änderung des Bebauungsplans wird dabei klargestellt, dass der räumliche Zusammenhang zwischen dem Gewerbebetrieb und der zugeordneten Wohnnutzung dahingehend ausgeweitet wurde, dass nunmehr der Bezug zwischen Wohnung und Gewerbebetrieb nicht nur auf den A-Park beschränkt, sondern auch auf das übrige Gemeindegebiet ausgedehnt werden sollte.
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Die Einhaltung der Festsetzung in Ziffer 2.5 des Bebauungsplans durch das Vorhaben des Beigeladenen wird mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung nicht sichergestellt. Die Genehmigung bezieht sich lediglich auf die Erweiterung eines Geschäfts- und Wohnhauses. Die nach dem Bebauungsplan notwendige Verknüpfung zwischen gewerblicher Tätigkeit und Wohnnutzung ist dagegen weder ausdrücklich Gegenstand der Baugenehmigung, noch wird darauf in den mit dem Bauantrag eingereichten Bauvorlagen Bezug genommen. Nach den Planzeichnungen sollen nach Neuerrichtung und Bestandsumbau des Gebäudes auf dem Grundstück des Beigeladenen eine große Wohnung im Neubauteil sowie zwei kleinere Wohnungen im Erdgeschoss und mehrere Büroräume im Ober- und Staffelgeschoss des Bestandsgebäudes entstehen. Welchen gewerblichen bzw. freiberuflichen Nutzungen die geplanten Büroräume dienen sollen, bleibt dabei ebenso unklar wie ein Zusammenhang der drei separaten Wohneinheiten mit einer gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit, sei es im Gebäude selbst, im Bebauungsplangebiet oder im sonstigen Gemeindegebiet. Eine aussagekräftige Baubeschreibung hierzu fehlt völlig. Der Beigeladene hat im Verlauf des vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes hierzu lediglich vorgetragen, dass er beabsichtige, Teile seines Unternehmens in das streitgegenständliche Objekt zu verlegen und hierzu sowohl im 1. Obergeschoss als auch im 2. Obergeschoss Büroräume einrichten zu wollen. Im Übrigen beabsichtige er, mit seiner Familie in das erweiterte Geschäfts- und Wohnhaus einzuziehen. Abgesehen davon, dass diese Angaben des Beigeladenen wenig aussagekräftig sind und sich insbesondere nicht in den genehmigten Bauvorlagen widerspiegeln, enthält die Baugenehmigung keinerlei Auflagen oder Hinweise, um die so geplante Nutzung abzusichern. Dies gilt umso mehr für die weiteren beiden im Gebäude geplanten Wohneinheiten, zu deren Zweckbindung der Beigeladene nichts vorgetragen hat.
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Angesichts der Unbestimmtheit der Baugenehmigung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Antragsteller sich insoweit auf einen ihnen zustehenden Gebietserhaltungsanspruch berufen können.
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In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass sich der Nachbar gegen die bauaufsichtliche Zulassung einer baugebietswidrigen Nutzung wenden kann, ohne dass es darauf ankommt, ob mit dem Vorhaben im Einzelfall eine für den Nachbarn unzumutbare Beeinträchtigung verbunden ist. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz unterhalb des eine konkrete unzumutbare Beeinträchtigung verlangenden Rücksichtnahmeverstoßes beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2007 - 4 B 55.07 - NVwZ 2008, 427 m.w.N.). Als Hauptanwendungsfall im Bauplanungsrecht für diesen Grundsatz gelten die Festsetzungen eines Bebauungsplans über die Art der baulichen Nutzung. Durch sie werden die Planbetroffenen im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks wird dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen Grundstückseigentümer diesen Beschränkungen unterworfen sind. Im Rahmen dieses nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses soll daher jeder Planbetroffene im Baugebiet das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindern können (vgl. BVerwG a.a.O.; VG Schwerin, Urteil vom 20. August 2015 – 2 A 16/13 –, amtl. Umdruck S. 9).
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Nach den vorstehenden Grundsätzen könnten sich auch die Antragsteller darauf berufen, dass der Beigeladene sein Grundstück nicht entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans nutzt.
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Soweit der Beigeladene geltend macht, dass das Wohnhaus der Antragsteller seinerseits den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspreche, weil es nicht (auch) gewerblich genutzt werde, ist zwar nicht auszuschließen, dass die Antragsteller selbst die mit der Gebietsfestsetzung verbundenen Beschränkungen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht einhalten. In diesem Fall könnten die Antragsteller sich voraussichtlich nicht mittels des Gebietsgewährleistungsanspruchs gegen das Vorhaben des Beigeladenen wenden, weil sie an dem notwendigen wechselseitigen nachbarlichen Austauschverhältnis nicht teilhätten. Für das baunachbarrechtliche Verhältnis ist anerkannt, dass eine ungenehmigte Nutzung, die bauplanungsrechtlich unzulässig und auch nicht durch Bestandsschutz gedeckt ist, grundsätzlich kein Schutzobjekt eines nachbarrechtlichen Abwehrrechts sein kann (vgl. Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. März 2012 – 2 A 2753/11 –, Rn. 9, juris).
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Ob die Antragsteller ihr Wohnhaus angesichts des Umstandes, dass der Sitz des Unternehmens des Antragstellers zu 2. sich in B-Stadt befindet, tatsächlich nicht entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans nutzen, kann jedoch nicht im Rahmen des vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes geklärt werden. Hierzu wären weitere Ermittlungen, etwa eine Inaugenscheinnahme vor Ort oder eine Einvernahme der Antragsteller als Partei, notwendig, die einem eventuell nachfolgenden Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müssen. Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand des Gerichts ist es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass das Wohnhaus der Antragsteller jedenfalls teilweise auch gewerblich genutzt wird, indem – wie es nach seinen Angaben auch der Beigeladene vorhat – Teile des Unternehmens des Antragsteller zu 2. von seinem Wohnsitz im Plangebiet aus geführt werden. Dass der Antragsteller zu 2. trotz seines Alters tatsächlich noch als Geschäftsführer der A-GmbH tätig ist, ergibt sich im Übrigen aus der Internetseite des Unternehmens, wo der Antragsteller als einer der beiden Geschäftsführer aufgeführt ist.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 und 3 VwGO. Da der Beigeladene einen eigenen Antrag gestellt hat und damit unterliegt, erscheint es billig, ihn an der Kostentragungslast zu beteiligen.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG sowie Ziffern 9.7.1 und 1.5 Streitwertkatalog 2013.
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.
(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.
(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.
(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.
(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.
(3)
- 1.
Einkaufszentren, - 2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können, - 3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.