Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 14. Mai 2014 - 2 A 649/12
Gericht
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 7. Februar 2011, Az. …, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2012, Az. …, verpflichtet, den Klägern die beantragte Abweichung zu erteilen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung in derselben Höhe Sicherheit leisten.
Tatbestand
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Die Kläger begehren die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Abweichung von der Vorschrift des § 30 Abs. 8 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V) hinsichtlich des Verbotes von Öffnungen in Brandwänden.
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Die Kläger sind Eigentümer des Grundstückes … Straße … in … (Flurstück … der Flur … der Gemarkung …). Mit Bescheid des Beklagten vom 12. August 2010 erhielten die Kläger für dieses Grundstück eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohngebäudes. Das Gebäude sollte als Anbau des bereits vorhandenen Wohngebäudes A-Straße realisiert werden, das ebenfalls im Eigentum der Kläger steht. Die Gebäude sind Teil der für … prägenden sog. Tüschenbebauung. Hierfür ist kennzeichnend, dass eine Gebäudewand - in der Regel die nördliche - grenzständig und die andere - in der Regel die südliche - grenznah errichtet ist. Dementsprechend erteilte der Beklagte den Klägern zusammen mit der Baugenehmigung vom 12. August 2010 eine Abweichung bezüglich der Abstandsfläche der südlichen Außenwand.
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Eine ebenfalls beantragte Abweichung von § 30 LBauO M-V hinsichtlich Öffnungen (sechs Fenster) in der Südwand, einer Brandwand, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 11. August 2010 dagegen ab. Gegen diesen Bescheid in Gestalt des auf Widerspruch der Kläger ergangenen Widerspruchsbescheides vom 9. März 2012 richtet sich die Klage 2 A 648/12.
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Nachdem der Beklagte aufgrund einer Ortsbesichtigung vom 12. Januar 2011 festgestellt hatte, dass die Kläger in die Südwand ihres Gebäudes neben sechs Fenstern auch eine Tür eingebaut hatte, stellten die Kläger durch den von ihnen bevollmächtigten Architekten einen weiteren Antrag auf Abweichung, diesmal betreffend die Tür in der Südwand des Wohngebäudes.
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Der Beklagte lehnte die Erteilung der Abweichung mit Bescheid vom 7. Februar 2011, zugestellt am 12. Februar 2012, ab. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Gemäß § 30 Abs. 2 LBauO M-V sei die Südwand des Gebäudes als Brandwand auszubilden. Nach § 30 Abs. 8 LBauO M-V seien Öffnungen in Brandwänden verboten. Entgegen dieser Forderung solle die Südwand des Anbaus eine Türöffnung aufweisen. Im betreffenden Erdgeschoss sei eine Garage geplant. Das Gebäude stelle einen Neubau dar, so dass die gesetzlichen Anforderungen von der Planung bis zur Ausführung vollinhaltlich umgesetzt werden könnten. Die Tür sei für die Garage kein zwingendes Erfordernis. Bei der Prüfung der Abweichung komme es allein darauf an, dass mit der geplanten Ausführung dem Zweck der Forderungen des § 30 LBauO M-V entsprochen werde und dieses auch unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des § 3 Abs. 1 LBauO M-V vereinbar sei. Bei Abwägung des privaten Interesses an der Errichtung einer Tür in der grenznahen Gebäudeabschlusswand mit den öffentlichen Interessen, insbesondere denen des § 3 Abs. 1 LBauO M-V, müsse das private Interesse zurückstehen. Das öffentliche Interesse bestehe hier im Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere von Leben und Gesundheit. Aus diesem Grund könne die beantragte Abweichung nicht zugelassen werden.
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Am 7. März 2011 erhoben die Kläger gegen den Bescheid vom 7. Februar 2011 Widerspruch. Zur Begründung trugen sie im Wesentlichen vor: Der angefochtene Bescheid befasse sich nicht mit den Zielsetzungen des § 30 LBauO M-V, sondern wiederhole im Grunde nur den Gesetzestext. Darüber hinaus befasse der Bescheid sich nicht mit der besonderen städtebaulichen, historisch gewachsenen Situation in …. Aus der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern zu einem gleichgelagerten Fall ergebe sich, dass nach den sich aus § 30 LBauO M-V ergebenden Brandschutzvorschriften unter Berücksichtigung der besonderen Situation in der betroffenen Ortsteillage in … bei Einhaltung der auch in der Vergangenheit geltenden Regel für die Nordseite der Grundstücke eine Grenzabschlussbebauung vorzusehen und im Bereich der Tüschen an den Südwänden Öffnungen zuzulassen seien. In den vergangenen Jahren seien im Bereich …, wo sich die Tüschenbebauung befinde, zudem eine Vielzahl von Gebäuden neu errichtet bzw. baugenehmigungspflichtig und bestandsverändernd erweitert bzw. umgebaut oder saniert worden. Bei solchen Vorhaben seien abweichend von der Landesbauordnung der städtebaulich typische und traditionelle Einbau von Fenstern und Türen in die Südwände genehmigt worden. An diese Verwaltungspraxis sei der Beklagte gemäß Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Offensichtlich erst seit dem vergangenen Jahr und möglicherweise zuerst bei den Klägern sei von der jahrelangen Verwaltungspraxis abgewichen worden. Wenn also in jahrelanger Verwaltungspraxis in gleichgelagerten Fällen in einer Umgebung von wenigen hundert Metern das dem Bauamt zustehende Ermessen immer wieder so ausgeübt worden sei, dass eine Abweichung durch Gestattung von Öffnungen in den Südwänden der Tüschen zulässig sei, müsse sich das Bauamt an dieser Verwaltungspraxis messen lassen. Eine Abweichung davon sei nur bei Vorliegen eines besonderen sachlichen Grundes möglich, der hier nicht ersichtlich sei.
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Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 9. März 2012, zugestellt am 13. März 2012, im Wesentlichen mit der Begründung zurück, vorliegend handele es sich um brandschutzrechtliche Vorschriften, die der Abwendung einer konkreten Gefahr von Leben und Gesundheit der Allgemeinheit und namentlich der Nachbarn dienten. Durch die beantragte Türöffnung würde eine Situation geschaffen, aus welcher hinreichend wahrscheinlich eine Gefährdung der bedrohten Rechtsgüter folge. Auch die Berücksichtigung der städtebaulichen historisch gewachsenen Situation könne zu keinem anderen Ergebnis führen. Im Umfeld des Bauvorhabens handele es sich in der Regel bei den Nordwänden um grenzständige und bei den Südwänden um grenznahe Wände, welche beide gemäß LBauO M-V als öffnungslose Brandwände auszubilden seien. Die zwischen den Gebäuden existierenden Tüschen erforderten aufgrund ihrer geringen Breite die Erfüllung dieser bauordnungsrechtlichen Vorschriften. Hierzu seien in der Vergangenheit Ordnungsverfügungen zum Verschließen der Öffnungen in den Nordwänden erlassen worden. Darüber hinaus seien in zahlreichen Fällen in Verfahren zur Herstellung der Genehmigungsfähigkeit von den Bauherren die hier streitgegenständlichen Öffnungen verschlossen worden. Im Zuge der Ermessensentscheidung sei vorliegend zu berücksichtigen, dass es sich bei dem betroffenen Bauvorhaben um einen Neubau handele, bei dessen Planung die Einhaltung der Forderungen der LBauO M-V voll umfänglich möglich gewesen sei. Der Einbau einer Türöffnung in der streitgegenständlichen Wand für die geplante Garagennutzung sei nicht zwingend erforderlich. Es liege auch keine vom Bestandsschutz geprägte Gefahrensituation vor. Die vom Gesetz gegebene Möglichkeit der Abweichung gemäß § 67 LBauO M-V solle nicht dazu genutzt werden, rechtswidrige Zustände zu legalisieren.
- 8
Eine Selbstbindung der Verwaltung liege nicht vor. Es sei richtig, dass bis Mai 2010 für Neubauten vereinzelt Abweichungen von § 30 Abs. 8 LBauO M-V zugelassen worden seien. Eine Änderung der Verwaltungspraxis sei in den Folgejahren erfolgt. Eine solche Änderung sei in Ausübung des Ermessens der Behörde zulässig, sofern sie konsequent erfolge. Im vorliegenden Fall habe der Beklagte seine Praxis konsequent geändert. So würden bei Neubauten grundsätzlich keine Abweichungen mehr erteilt. Des Weiteren würden in laufenden Genehmigungsverfahren rechtmäßige Zustände hergestellt.
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Am 13. April 2012 haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung wiederholen und vertiefen sie ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend führen sie aus: Die Errichtung einer Tür in der östlichen Fassade des Gebäudes sei bautechnisch nicht möglich, da das Gebäude an der ursprünglich vorgesehenen Stelle bei Errichtung der Tür nicht hinreichend hätte abgefangen werden können. Da gleichwohl die Zugänglichkeit des Erdgeschossbereiches von außen in diesem Bereich unerlässlich sei, bleibe allein die Herstellung einer Tür in dem hier streitgegenständlichen Bereich.
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Die Kläger beantragen,
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unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides des Beklagten vom 07.02.2011, Az. …, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2012, Az. …, den Beklagten zu verpflichten, die von den Klägern beantragte Abweichung zu genehmigen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er verweist zur Begründung im Wesentlichen auf die angefochtenen Bescheide. Ergänzend führt er aus, dass es sich bei den von den Klägern benannten Fällen, in denen in jüngster Zeit Öffnungen in Südwänden zugelassen worden seien, nicht um Neubauten, sondern um Sanierungs- und Umbaumaßnahmen an Bestandsgebäuden gehandelt habe.
- 15
Mit Beschluss vom 18. April 2014 ist der Rechtsstreit zur Entscheidung auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen worden.
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Im Verfahren 2 A 648/12 hat das Gericht den Beklagten mit Urteil vom heutigen Tag verpflichtet, den Klägern die beantragte Abweichung für sechs Fensteröffnungen zu erteilen. Auf die Urteilsgründe wird verwiesen.
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Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor Ort in … gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist begründet.
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Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom 7. Februar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Kläger haben Anspruch auf Erteilung der von ihnen begehrten Abweichung für die Zulassung der beantragten Türöffnung in der Südwand ihres Gebäudes in der … Straße … in ….
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Nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 LBauO M-V sind Brandwände erforderlich als Gebäudeabschlusswand, wenn diese Abschlusswand an oder mit einem Abstand von bis zu 2,5 m gegenüber der Grundstücksgrenze errichtet werden, es sei denn, dass ein Abstand von mindestens 5 m zum bestehenden oder nach den baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäude gesichert ist. Nach § 30 Abs. 1 LBauO M-V ist eine Gebäudeabschlusswand eine Brandwand als raumabschließender Bauteil zum Abschluss von Gebäuden. Diese Voraussetzungen sind an der südlichen - wie auch an der nördlichen - Wand des Gebäudes der Kläger unstreitig erfüllt. Bei der Tüschenbebauung sind zu den Tüschen hin grundsätzlich keinerlei Öffnungen in den Wänden zulässig. Sie können nur im Wege der Abweichung zulässig werden (vgl. Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 12. September 2008 - 3 L 18/02 -, juris).
- 21
Nach 67 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von Anforderungen der Landesbauordnung und aufgrund der Landesbauordnung erlassener Vorschriften zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des § 3 Abs. 1 LBauO M-V vereinbar sind. Bei der Auslegung dieser Vorschrift ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber das materielle Bauordnungsrecht vollzugstauglich flexibilisieren wollte und zum Ziel hatte, die Erreichung des jeweiligen Schutzzieles der Norm in den Vordergrund zu rücken.
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Hierzu hat der Gesetzgeber in der Regierungsbegründung (Landtagsdrucksache 4/1810, Seite 170) ausgeführt:
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"Dabei geht die Neufassung ... davon aus, dass Vorschriften des Bauordnungsrechts bestimmte - in der überarbeiteten Landesbauordnung namentlich in den Regelungen des Brandschutzes verstärkt verdeutlichte - Schutzziele verfolgen und zur Erreichung dieser Schutzziele einen - aber auch nur einen Weg von mehreren möglichen - Weg weisen. Ziel der Abweichungsregelung ist, die Erreichung des jeweiligen Schutzziels der Norm in den Vordergrund zu rücken und - insbesondere ohne Bindung an das Erfordernis des atypischen Einzelfalls - auf diese Weise das materielle Bauordnungsrecht vollzugstauglich zu flexibilisieren".
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Unter Zugrundelegung dieses Normverständnisses sind - im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten - die Voraussetzungen für die Erteilung einer Abweichung vorliegend gegeben.
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Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (vgl. Beschluss vom 12. September 2008 a.a.O.) hat zu dieser Problematik in einem Fall, der eine bauordnungsrechtliche Anordnung des Beklagten zum Schließen von Fenstern in der Nordwand des dort streitgegenständlichen Gebäudes in … zum Gegenstand hatte, in der bereits zitierten Entscheidung ausgeführt:
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"Im Ausgangspunkt kommt rechtlich gesehen eine Abweichung von den Anforderungen einer Gebäudeabschlusswand jeweils dann in Betracht, wenn die Grenzwand des gegenüberliegenden Gebäudes auf dem Nachbargrundstück als Gebäudeabschlusswand ausgeführt ist. In diesem Falle ist die Gefahr des Übergreifens eines Brandes, der durch die Errichtung einer Gebäudeabschlusswand gebannt werden soll, nicht mehr gegeben (vgl. VG des Saarlandes, U. v. 08.12.2004 - 5 K 117/04 - zitiert nach juris Rn. 28). Im vorliegenden Fall hat der Senat bereits herausgehoben, dass das Ensemble X. eine besondere städtebauliche Gestaltung aufweist, die es geradezu gebietet, dass es sich die vorhandene wie eine neue Bebauung in Dimension und Anordnung an die bestehende Bebauung mit schmalen Giebelhäusern, die durch Tüschen getrennt sind, hält (Senatsbeschluss v. 20.07.1995 - 3 M 154/04 - BRS 57 Nr. 160). Ausgangspunkt der Betrachtung unter diesen Umständen muss es für Entwicklungen vor In-Kraft-Treten der Landesbauordnung bzw. der Bauordnung der DDR sein, der bisherigen Entwicklung zu entnehmen, welche der jeweiligen Wände als Gebäudeabschlusswand ausgestaltet worden sind und demgemäß die gegenüberliegende Wand des Gebäudes auf dem Nachbargrundstück diese Anforderungen nicht zu erfüllen hat. Dies kann, muss aber nicht einheitlich für den gesamten Ortsteil Y. im Bereich der Tüschenbebauung die Nordseite sein. Entscheidend sind die Grundstücksverhältnisse auf dem jeweils betroffenen Grundstück."
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Diesen Ausführungen schließt das erkennende Gericht sich an. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass eine Abweichung bezüglich des Verbotes von Öffnungen in Brandwänden im Fall der Tüschenbebauung dann zuzulassen ist, wenn sich in der jeweils gegenüberliegenden Gebäudeabschlusswand keine Öffnungen befinden. In einer solchen Konstellation wird der Sinn und Zweck der Regelung in § 30 LBauO M-V - die Verhinderung des Übergreifens von Bränden - erfüllt, da diese Gefahr hier gerade nicht besteht. Grundsätzlich kommt es im Bereich des technischen Brandschutzes - im Gegensatz zu den Abstandsflächenvorschriften (vgl. hierzu Verwaltungsgericht Schwerin, Urteil vom 06.12.2012 - 2 A 259/10 -) auch nicht auf eine atypische Lage des betreffenden Grundstücks an (vgl. Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 12. September 2008 a.a.O.). Insoweit kann offenbleiben, ob die in der fraglichen Umgebung vorhandene Tüschenbauweise mit teils grenzständig, teils grenznah errichteten schmalen aber tiefen Gebäuden - wofür einiges spricht - um eine besondere städtebauliche Situation handelt, die atypisch ist und eine Abweichung von den Brandschutzvorschriften rechtfertigt.
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Für den hier zu entscheidenden Fall bedeutet das, dass die von den Klägern begehrte Abweichung für die streitgegenständliche Tür in der Südwand ihres Gebäudes zugelassen werden kann. Wie die Augenscheinseinnahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergeben hat, weist die auf der gegenüberliegenden Seite der Tüsche gelegene Nordwand des Gebäudes … bzw. … keine Fenster- oder Türöffnungen auf. Diese Wand ist damit als Gebäudeabschlusswand ausgebildet, so dass die Südwand des klägerischen Wohnhauses nach der vorgenannten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern die Anforderungen an eine Gebäudeabschlusswand nicht erfüllen muss.
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Soweit der Beklagte darauf verweist, dass es sich vorliegend um einen Neubau handele, bei dessen Planung die Einhaltung der Forderungen der Landesbauordnung voll umfänglich möglich gewesen sei, ist dies für sich genommen zwar grundsätzlich richtig. Eine Verwaltungspraxis, Abweichungen von brandschutzrechtlichen Vorschriften lediglich bei Sanierungs- oder Umbaumaßnahmen an Bestandsgebäuden zuzulassen, würde allerdings die vom Gesetzgeber generell beabsichtigte vollzugstaugliche Flexibilisierung des materiellen Bauordnungsrechts mit dem Ziel, die Erreichung des jeweiligen Schutzzieles der Norm in den Vordergrund zu rücken, nicht gerecht werden. Eine entsprechende Einschränkung lässt sich der Abweichungsvorschrift des § 67 LBauO M-V demgemäß auch nicht entnehmen. Auf die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob der sich Beklagte bereits aufgrund seiner jahrelangen Verwaltungspraxis in gleichgelagerten Fällen selbst gebunden hat und damit nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG auch gegenüber den Klägern bereits deshalb verpflichtet war, die begehrte Abweichung zu erteilen, kommt es insoweit nicht an.
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Auch die weiteren Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 Nr. 1 LBauO M-V liegen vor. Öffentlich-rechtlich geschützte nachbarliche Belange werden durch die streitgegenständliche Abweichung von § 30 Abs. 8 LBauO M-V nicht berührt. Aber auch sonst sind keine entgegen stehenden öffentlichen Belange ersichtlich. Denn wie bereits dargelegt - führt eine Abweichung hier nicht zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere von Leben und Gesundheit.
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Vorliegend können die Kläger nicht lediglich eine Neubescheidung ihres Abweichungsantrags verlangen, sondern es besteht darüber hinaus der geltend gemachte Anspruch auf die begehrte Abweichung. Denn das dem Beklagten grundsätzlich im Rahmen einer Abweichungsentscheidung zustehende Ermessen ist hier auf Null reduziert.
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Der Gesetzgeber hat mit der Neufassung des materiellen Bauordnungsrechts in der geänderten Landesbauordnung vom 18. April 2006 (GVOBl. M-V S. 102) die Zielrichtung verfolgt, "Kann-" und "Soll"-Regelungen des materiellen Bauordnungsrechts zu beseitigen und unmittelbar gesetzesabhängige Zulassungstatbestände zu formulieren. Wie bereits dargelegt, wurde eine vollzugstaugliche Flexibilisierung des Bauordnungsrechts mit dem Ziel, die Erreichung des jeweiligen Schutzzieles der Norm in den Vordergrund zu rücken, angestrebt. Bei diesem Verständnis des § 67 LBauO M-V ergibt sich, dass dann, wenn die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind, grundsätzlich ein Anspruch auf Ausnahme besteht, sofern nicht andere öffentliche Vorschriften entgegenstehen (vgl. Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 12. September 2008 a.a.O.).
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Dementsprechend war der Beklagte zu verpflichten, den Klägern die beantragte Abweichung für eine Tür in der Südwand ihres Gebäudes zu erteilen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
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Beschluss
- 37
Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
- 38
Gründe
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Annotations
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.