Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 25. Okt. 2016 - 2 B 88/16

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2016:1025.2B88.16.0A
bei uns veröffentlicht am25.10.2016

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auf 15.000,-- € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Errichtung eines Alten- und Pflegeheims.

2

Die Antragsteller sind Eigentümer der östlich des Vorhabengrundstücks des Beigeladenen (B...er Landstraße 54/56) von der südlich in West-Ostrichtung verlaufenden Bundesstraße 206 erschlossenen Grundstücke A-Straße (Antragsteller zu 1) und 52 (Antragsteller zu 2 und 3) in A-Stadt, die jeweils mit Einfamilienhäusern bebaut sind. Die Bebauungstiefe ihrer Wohnhäuser beträgt 54 m (Antragsteller zu 1) bzw. 38 m (Antragsteller zu 2 und 3). Während das Wohnhaus des Antragstellers zu 1 eine Entfernung von ca. 23 m zur östlichen Grundstücksgrenze des Vorhabengrundstücks des Beigeladenen aufweist, beträgt der Abstand der westlichen Gebäudewand des Einfamilienhauses der Antragsteller zu 2 und 3 drei Meter zur östlichen Grundstücksgrenze des Vorhabengrundstücks. Das Gelände fällt von der Straße nach Norden im rückwärtigen Bereich bis zu 2 m ab. Die Firsthöhe des zur Westgrenze giebelständigen Einfamilienhauses der Antragsteller zu 2 und 3 beträgt 9,82 m über dem dortigen ca. 2 m unter dem Straßenniveau liegenden Geländeniveau. Die Firsthöhe des Einfamilienhauses des Antragstellers zu 1 beträgt gegenüber dem Straßenniveau 6,43 m.

3

Ein Bebauungsplan besteht für den Bereich der vorgenannten Grundstücke nicht.

4

Der Antragsgegner erteilte dem Beigeladenen am 7.10.2014 eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Alten- und Pflegeheims mit seinerzeit 85 Betten auf den Grundstücken B...er Landstraße 54/56 in A-Stadt.

5

Dagegen legten die Antragsteller am 18.04.2016 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden worden ist.

6

Wegen Abweichungen der Bauausführung von der Baugenehmigung insbesondere durch Aufschüttungen des Vorhabengrundstücks erließ der Antragsgegner gegenüber dem Beigeladenen hinsichtlich des Vorhabens am 2.06.2016 eine Baueinstellungsanordnung.

7

Auf einen inzwischen eingereichten Nachtragsbauantrag des Beigeladenen erteilte der Antragsgegner am 14.09.2016 eine 2. Nachtragsbaugenehmigung nunmehr für ein Alten- und Pflegeheim mit 86 Betten in überwiegend zweigeschossiger Ausführung mit Staffelgeschoss mit Flachdächern. Das Vorhaben umfasst drei Hauptgebäude mit Verbindungsteilen (der Lage auf dem Grundstück nach von Osten nach Westen bezeichnet als Häuser A, B und C), die sich bis zu einer Bebauungstiefe von 60 m auf dem Grundstück erstrecken.

8

Die Zufahrten zu den oberirdisch anzulegenden Kfz-Stellplätzen sind vor dem Haus B und westlich des Hauses C in 40 m bzw. über 80 m Entfernung zum Grundstück der Antragsteller zu 2 und 3 vorgesehen.

9

Die Abstände der insgesamt 33 m breiten Ostwände des Hauses A zur Ostgrenze betragen zwischen 3,62 m und 4,51 m. Die genehmigten Wandhöhen der Ostwände des Verbindungsgebäudes 1 und des daran südlich anschließenden Hauses A betragen einschließlich der nunmehr nachträglich genehmigten Aufschüttungen von bis zu 2 m abschnittsweise von Süden nach Norden für das Verbindungsgebäude 1 jeweils 8,16 m (0,4 H = 3,26 m), 7,66 m (0,4 H = 3,06 m), 7,79 m (0,4 H = 3,11 m) und 8,15 m (0,4 H = 3,26 m) bei Abständen zur Ostgrenze von mindestens 7,51 m sowie für das Haus A jeweils 10,15 m (0,4 H = 4,06 m), 7,07 m (0,4 H = 3,00 m), 6,91 m (0,4 H = 2,76 m), 9,78 (0,4 H = 3,91 m), 7,64 (0,4 H = 3,06 m und 7,26 m (0,4 H = 3,00 m) bei Abständen der Staffelgeschosswandabschnitte von mindestens 4,51 m und des zweigeschossigen halbrunden Vorbaus (dortige Wandhöhen incl. Aufschüttungen 7,07 m (0,4 H = 3,00 m) und 6,91 m (0,4 H = 2,76 m) von mindestens 3,62 m zur Ostgrenze.

10

Der genehmigte Abstand der Ostwände des Vorhabens zur Westwand des 18 m langen Einfamilienhauses der Antragsteller zu 2 und 3 beträgt zwischen 6,62 m und 7,51 m.

11

Soweit der Bauantrag eine Aufschüttung im südöstlichen Grenzbereich vorsah, ist in der Baugenehmigung vom 14.09.2016 vom Antragsgegner mit Grüneintragung festgelegt worden, dass die Aufschüttung dort in einem Bereich von mindestens 3 m bis zur Grundstücksgrenze der Antragsteller zu 2 und 3 maximal eine Höhe von 1 m aufweisen darf.

12

Am 19.09.2016 legten die Antragsteller zu 1 bis 3 Widerspruch gegen die Baugenehmigung in der Fassung des am 14.09.2016 genehmigten 2. Nachtrags ein, über den noch nicht entschieden worden ist.

13

Ein gleichzeitig bei dem Antragsgegner gestellter Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung der Baugenehmigung in der Fassung vom 14.09.2016 wurde vom Antragsgegner mit Bescheid vom 27.09.2016 abgelehnt.

14

Mit Schriftsatz vom 10.10.2016 haben die Antragsteller am 18.10.2016 um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, das Vorhaben füge sich vom Maß der Nutzung nicht ein. Es überschreite zudem die hintere Baulinie um 20 m. Das Ortsbild werde gestört. Mit dem Vorhaben sei eine Zerstörung eines Biotops mit Fledermäusen und Molchen verbunden. Sie würden in ihren Rechten verletzt, da nunmehr kein unbeobachteter Aufenthalt im Garten mehr möglich sei. Es entstehe zusätzliche Unruhe durch die Tag- und Nachtumkehr bei Demenzkranken, was anders zu bewerten sei als wenn Bewohner eines Einfamilienhauses vom Nachbargrundstück aus Einsicht auf ihre Grundstücke hätten. Es komme zu einer Störung gesunder Wohnverhältnisse durch die Verschattung im Garten. Durch die Aufschüttung des Vorhabengrundstücks werde insgesamt eine erdrückende und erschlagende Wirkung des Gebäudes eintreten, da schon die Sohle des Vorhabens 2 m höher sei als die Sohle ihres Wohnhauses. Es liege ein Verstoß gegen die Abstandsflächenvorschriften vor, da die Aufschüttungen nicht bei Berechnung der Abstandsflächen berücksichtigt worden seien. Entgegen der Baugenehmigung sei nicht nur hinter dem Haus B und dem Verbindungsteil 2 eine Aufschüttung erfolgt, sondern auch bei dem Haus A.

15

Die Antragsteller beantragen,

16

1. die Vollziehung der dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung vom 7.10.2014 in der Fassung des zweiten Nachtrags vom 14.09.2016 auszusetzen und

17

2. dem Antragsgegner aufzugeben, die Baustelle stillzulegen.

18

Der Antragsgegner beantragt,

19

den Antrag abzulehnen.

20

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die angefochtene Genehmigung verletzte keine Nachbarrechte der Antragsteller.

21

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

23

Das vorläufige Rechtsschutzgesuch der Antragsteller bleibt ohne Erfolg.

24

Ihr Antrag zu 1., die Vollziehung der dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung vom 7.10.2014 in der Fassung des zweiten Nachtrags vom 14.09.2016 auszusetzen, ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer am 18.04.2016 und 19.09.2016 erhobenen Widersprüche gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung des Antragsgegners vom 7.10.2016 in der Fassung des 2. Nachtrags vom 14.09.2016 auszulegen und beurteilt sich nach §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO. Insoweit ist der Antrag statthaft und auch sonst zulässig. Denn nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs in den Fällen anordnen, in denen die aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO entfällt. Das ist hier der Fall, da dem Widerspruch der Antragsteller gegen die Baugenehmigung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO iVm § 212 a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung zukommt.

25

Der Antrag ist jedoch unbegründet. Die gerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ergeht auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung. Gegenstand der Abwägung sind das Interesse der beigeladenen Bauherren an der sofortigen Ausnutzung der ihnen erteilten Baugenehmigung einerseits und das Interesse der antragstellenden Nachbarn, von der Vollziehung der Baugenehmigung bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben, andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung können auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit oder die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, der vollzogen werden soll, Bedeutung erlangen, allerdings nicht als unmittelbare Entscheidungsgrundlage, sondern als in die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte. Darüber hinaus ist in die Abwägung einzustellen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens gemäß § 212 a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung haben sollen und der Gesetzgeber damit dem Bauverwirklichungsinteresse grundsätzlich den Vorrang eingeräumt hat. Insofern kann das Gericht die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage nur anordnen, wenn auf Seiten der Antragsteller geltend gemacht werden kann, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ihre Rechtsposition durch den Bau und die Nutzung des genehmigten Vorhabens unerträglich oder in einem nicht wieder gutzumachenden Maße beeinträchtigt bzw. gefährdet wird. Dabei macht der Verweis auf die Rechtsposition des antragstellenden Nachbarn allerdings deutlich, dass bei baurechtlichen Nachbarrechtsbehelfen nicht allein die objektive Rechtswidrigkeit der angefochtenen Baugenehmigung in den Blick zu nehmen ist, sondern dass Rechtsbehelfe dieser Art nur erfolgreich sein können, wenn darüber hinaus gerade der widersprechende bzw. klagende Nachbar in subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt ist. Ob die angefochtene Baugenehmigung insgesamt objektiv rechtmäßig ist, ist dagegen nicht maßgeblich. Vielmehr ist die Baugenehmigung allein daraufhin zu untersuchen, ob sie gegen Vorschriften verstößt, die dem Schutz des um Rechtsschutz nachsuchenden Nachbarn dienen. Der Nachbar kann sich nur auf solche Interessen berufen, die das Gesetz im Verhältnis der Grundstücksnachbarn untereinander als schutzwürdig ansieht. Dabei ist für die Beurteilung der Verletzung von öffentlich-rechtlich geschützten Nachbarrechten durch eine Baugenehmigung allein der Regelungsinhalt der Genehmigungsentscheidung maßgeblich. Eine hiervon abweichende Ausführung kann die Aufhebung der Baugenehmigung demgegenüber nicht rechtfertigen.

26

Nach diesem Maßstab überwiegt vorliegend das Interesse des Beigeladenen, die ihm erteilte Baugenehmigung sofort, d. h. ungeachtet des Widerspruchs der Antragsteller ausnutzen zu können. Denn bei der in diesem Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage lässt sich nicht mit hinreichender, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass die angefochtene Baugenehmigung des Antragsgegners vom 7.10.2016 in der Fassung des 2. Nachtrags vom 14.09.2016 für die Errichtung eines Alten- und Pflegeheims Nachbarrechte der Antragsteller verletzt.

27

Insbesondere ist kein Verstoß der Baugenehmigung gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts über die einzuhaltenden Abstandsflächen festzustellen. Nach den genehmigten Bauvorlagen, den dort dargestellten Abstandsflächenberechnungen und den vom Antragsgegner vorgenommen Grüneintragungen hält das Bauvorhaben zum Grundstück der Antragsteller zu 2 und 3 hin mit 3,62 m und 4,51 m die jeweils erforderlichen Abstände von 3 m und maximal 4,06 m insbesondere auch unter Berücksichtigung der Aufschüttungen ein.

28

Die Antragsteller können sich auch nicht mit Erfolg auf eine angebliche Abweichung des Vorhabens von der Eigenart der näheren Umgebung hinsichtlich der Bebauungstiefe oder des Maßes der baulichen Nutzung berufen.

29

Eine drittschützende Wirkung vermitteln nur solche Vorschriften des öffentlichen Baurechts, die auch der Rücksichtnahme auf individuelle Interessen und deren Ausgleich untereinander dienen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass nach der ständigen Spruchpraxis der Kammer grundsätzlich weder festgesetzten noch faktischen Baugrenzen eine nachbarschützende Wirkung zukommt. Bei den Kriterien des Maßes der baulichen Nutzung, Bauweise und überbaubaren Grundstücksfläche handelt es sich um solche, die nur bei Feststellung eines entsprechenden ausdrücklichen planerischen Willens eines Bebauungsplan-Satzungsgebers Drittschutz vermitteln können (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 25.10.2012, - 1 MB 38/12 -; VG Schleswig, Beschl. v. 19.04.2016, - 2 B 33/16 -; OVG Schleswig, Beschl. v. 24.06.2014, - 1 MB 8/14 -, Beschl. v. 22.04.2015, - 1 MB 9/15 -). Abweichungen von den Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung sind nämlich mit Abweichungen über die Art der baulichen Nutzung nicht vergleichbar. Sie lassen in der Regel den Gebietscharakter unberührt und haben nur Auswirkungen auf das Baugrundstück und die unmittelbar anschließenden Nachbargrundstücke. Zum Schutze der Nachbarn ist daher das drittschützende Rücksichtnahmegebot ausreichend, das eine Abwägung der nachbarlichen Interessen ermöglicht und den Nachbarn vor unzumutbaren Beeinträchtigungen schützt. Ein darüber hinausgehender, von einer realen Beeinträchtigung unabhängiger Anspruch des Nachbarn auf Einhaltung der Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung und der überbaubaren Grundstücksfläche kann dagegen dem Bundesrecht nicht entnommen werden (BVerwG, Beschluss v. 23.06.1995, - 4 B 52/95 -).

30

Aber auch ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des insoweit allein maßgeblichen Bauplanungsrechts einschließlich des Gebots der Rücksichtnahme ist nicht auszumachen.

31

Das Wohnbauvorhaben ist entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht rücksichtslos hinsichtlich seiner Ausmaße und Wirkungen des Baukörpers, sei es nun durch dessen Lage auf dem Grundstück oder dessen Größe. Dabei ist bereits zu berücksichtigen, dass bei Beachtung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot jedenfalls im Hinblick auf die durch die Abstandsflächenregelung geschützten Nachbarbelange (Belichtung, Belüftung und Besonnung) grundsätzlich ausgeschlossen ist.

32

Eine gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßende optisch bedrängende Wirkung wird bei Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften ausnahmeweise nur dann angenommen, wenn dem Bauvorhaben wegen seiner Höhe und Breite gegenüber dem Nachbargrundstück eine „erdrückende“ bzw. „erschlagende“ Wirkung zukommt (vgl. BVerwG, Urteile vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 -, sog. „Hochhaus-Fall“ - 12 geschossiges Hochhaus neben 2-geschossiger Bebauung - und vom 23.05.1986 - 4 C 34.85 -, sog. „Silo-Fall“). Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn die baulichen Dimensionen des „erdrückenden“ Gebäudes aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles derart übermächtig sind, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch überwiegend wie eine von einem herrschenden Gebäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen wird, oder das Bauvorhaben das Nachbargrundstück regelrecht abriegelt, d. h. dort das Gefühl des Eingemauertseins oder eine Gefängnishofsituation hervorruft. Dem Grundstück muss gleichsam die Luft zum Atmen genommen werden. Dass das Vorhaben die bislang vorhandene Situation lediglich verändert und dem Nachbarn unbequem ist, reicht nicht aus. Die in den gewählten Ausdrücken bzw. Bildern („Gefängnishofsituation“, „Eingemauertsein“, „Erdrücken“, „Erschlagen“, „Luft zum Atmen nehmen“) liegende „Dramatik“ ist danach vielmehr ernst zu nehmen (VG Schleswig, Beschl. v. 21.02.2011 - 2 B 8/11 -; Beschl. v. 27.1.2014, - 2 B 4/14 -). Ein solcher Fall wird nur in den - seltenen - Fällen einer „bedrängenden“ oder „erdrückenden“ Wirkung eines Bauvorhabens, die zu gravierenden nicht zu bewältigenden Nutzungskonflikten führen, anzunehmen sein (OVG Schleswig, Beschluss vom 25.10.2012 - 1 MB 38/12 -).

33

Diese Voraussetzungen sind hier hinsichtlich des Grundstücks des Antragstellers zu 1 (A-Straße) offenkundig nicht erfüllt. Bereits angesichts der Entfernung zwischen dem Bauvorhaben und dem Einfamilienhaus des Antragstellers von über 25 m sind derartige unzumutbare Auswirkungen des geplanten Vorhabens auf das Gebäude des Antragstellers auszuschließen.

34

Aber auch gegenüber dem Grundstück der Antragsteller zu 2 und 3 kann nach Auswertung der in den Akten enthaltenen Fotos, Lagepläne und Bauzeichnungen angesichts der Größenverhältnisse, der Lage und des Abstandes der Gebäude zu einander von einer Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme durch die Wirkungen des Baukörpers keine Rede sein.

35

Für die Annahme einer unzumutbaren Verschattung ist mangels besonderer Verhältnisse des Einzelfalles angesichts der Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften und der Lage zu den Himmelsrichtungen (das Vorhaben liegt im Westen der Antragstellergebäude) ohnehin kein Raum.

36

Das Rücksichtnahmegebot vermittelt zudem in der Regel weder einen Schutz vor Einsichtsmöglichkeiten von benachbarten Häusern aus noch vor einer Verschlechterung der freien Aussicht. Dies ist im innerörtlich bebauten Bereich nicht zu vermeiden und daher hinzunehmen. Selbst die durch eine Dachterrasse eröffnete „Rundumsicht“ ist grundsätzlich hinzunehmen (vgl. VG Schleswig, Urteil vom 28.05.2010 - 2 A 74/09 -, OVG Schleswig, Urteil vom 24.04.2007 - 1 LB 16/06 -; BVerwG, Beschluss vom 03.01.1983 - 4 B 224.82 -, BRS 40 Nr. 192).

37

Nach alledem ist der Antrag zu 1 mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzulehnen. Der Antrag zu 2, den Antragsgegner zu verpflichten, die Baustelle stillzulegen, ist daher unabhängig davon, dass wegen des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses (es bestand keine Veranlassung zu unterstellen, dass der Antragsgegner im Fall einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung eine Baueinstellung unterlassen würde) durchgreifende Bedenken gegen dessen Zulässigkeit bestehen, ebenfalls erfolglos.

38

Das Gericht hat davon abgesehen, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO aus Billigkeit für erstattungsfähig zu erklären, weil er keinen eigenen Antrag gestellt hat und damit auch das Risiko eigener Kostenpflicht nach § 154 Abs. 3 VwGO nicht eingegangen ist.

39

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 2 GKG. Dabei hat die Kammer das wirtschaftliche Interesse der Antragsteller zu 1 und der Antragsteller zu 2 und 3 jeweils mit 15.000,00 € für das Hauptsacheverfahren in Ansatz gebracht. Für das vorliegende Eilrechtsschutzverfahren ergab sich wegen der Vorläufigkeit der Entscheidung eine Halbierung dieses Wertes.


Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 25. Okt. 2016 - 2 B 88/16

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig. Der Streitwert wird auf 7.500,00 € festgesetzt. Gründe 1 Der Antrag gemäß §§

Referenzen

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 07.09.2012 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf

7.500,00 Euro

festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 23.02.2012 zur Errichtung von drei Wohnhäusern (mit Tiefgarage). Ihr Grundstück wie auch das Baugrundstück liegen in einem Bereich, der nach Maßgabe eines sog. „Durchführungsplans“ bebaut worden war. Jener Plan wird als unwirksam angesehen.

2

Den Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 07.09.2012 abgelehnt, da sich das Bauvorhaben der Beigeladenen einfüge und das - allein maßgebliche - „Haus 1“ das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletze. Die Abstandsflächen würden eingehalten und seien für „Haus 1“ auch hinsichtlich der maßgeblichen Geländeoberfläche zutreffend ermittelt worden. Auch eine erdrückende Wirkung oder unzumutbare Verkehrsbelastungen infolge des Bauvorhabens seien nicht festzustellen.

3

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller. Zur Begründung wird angeführt, auch das „Haus 2“ sei zu berücksichtigen. Dieses werde hinter der - nachbarschützenden - hinteren Baugrenze errichtet. Die maßgebliche Geländeoberfläche für „Haus 1“ und „Haus 2“ sei fehlerhaft ermittelt worden. Dem gesamten Vorhaben komme aufgrund seiner Höhe und Massivität eine erdrückende Wirkung zu. Durch die großflächigen Fenster und Balkone bestünden Einsichtsmöglichkeiten in den Gartenbereich. Das Verkehrsaufkommen in der … werde zunehmen.

II.

4

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 07.09.2012 ist unbegründet. Die dargelegten Beschwerdegründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.

5

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Antragsteller nur die Einhaltung solcher Bauvorschriften beanspruchen können, die zumindest auch ihrem (nachbarlichen) Schutz dienen.

6

Dazu gehören nicht verfahrensrechtliche Fragen (etwa zur Zulässigkeit eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens, zu evtl. „Mängeln“ der Bauvorlagen oder zur evtl. Abweichung von dem Vorbescheid vom 01.04.2011).

7

Ebenso ist die planungsrechtliche Frage des „Einfügens“ des Bauvorhabens i. S. d. § 34 BauGB - als solche - für die Rechte der Antragsteller nicht ergiebig. Selbst wenn die - erstinstanzlich vorgetragene - Annahme der Antragsteller zuträfe, dass sich die „Wohnblocks“ der Beigeladenen nach dem nach außen sichtbaren Maß (insbes. der Traufhöhe oder der Geschosszahl) nicht „einfügen“ bzw. den Rahmen des Zulässigen überschreiten, würde ein darin liegender (objektiv-)rechtlicher Verstoß gegen das Bauplanungsrecht keine Verletzung nachbarlicher Belange der Antragsteller begründen (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 20.03.2012, 3 S 223/12, BauR 2012, 1147 [Ls.]).

8

2. Die Annahme der Antragsteller, das Vorhaben der Beigeladenen überschreite eine - nachbarschützende - „faktische hintere Baugrenze“, könnte ausgehend von der „Baureihe“ an der …, der auch das Haus der Antragsteller zuzurechnen ist, auf „Haus 1“ und auf „Haus 2“ des Vorhabens der Beigeladenen zutreffen. Allerdings ist vorliegend - eine vom „planerischen Willen“ der Stadt getragene, nicht nur der allgemeinen städtebaulichen Ordnung, sondern (gerade) dem Nachbarschutz dienende - „Baugrenze“ nicht festzustellen. Dabei mag unberücksichtigt bleiben, dass der „Durchführungsplan Nr. 37“, der historisch Grundlage der Bebauung an der … war, mangels Beschlussfassung durch die Ratsversammlung unwirksam ist. Auch wenn sich - diesem Plan folgend - eine „Perlenschnur“ von Baukörpern entlang der Straße gebildet hat, folgt daraus noch kein tragfähiger Ansatz für einen (beabsichtigten) Nachbarschutz gegen eine rückwärtig in die „Tiefe“ gehende Bebauung. Ein solcher Ansatzpunkt lässt sich auch der von den Antragstellern zitierten Rechtsprechung nicht entnehmen. Eine „regelmäßige“ nachbarschützende Wirkung ist nur für seitliche Baugrenzen an derselben Grundstücksseite anerkannt worden, die „dem Schutz des Eigentümers angrenzender Grundstücke“ dienen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 11.02.1993, 5 S 2313/92, BRS 55 Nr. 71 [bei Juris Tn. 17]). Für vordere oder hintere Baugrenzen gilt dies nicht; hier „lassen sich Fälle denken, in denen die Gemeinde den Nachbarschutz begründet“ (und beabsichtigt; vgl. Bielenberg, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Komm., Stand Apr. 2012, § 23 BauNVO Rn. 59 a. E.); als „Regel“ lässt sich für eine hintere Baugrenze indes keine nachbarschützende Wirkung feststellen (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 2008, § 23 Rn. 6 m. w. N.). Die frühere, am „Durchführungsplan Nr. 37“ orientierte Genehmigungspraxis in der … mag belegen, dass eine reihenförmige Bebauung städtebaulich gewollt war, daraus ist aber nicht abzuleiten, dass eine in die „Tiefe“ reichende Bebauung zum Schutz der Nachbarn unterbleiben sollte.

9

3. Eine Nachbarrechtsverletzung mit der Folge eines Erfolgs des Antrags nach § 80 a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO und der vorliegenden Beschwerde könnte sich nur aus einer Verletzung des nachbarschützenden Gebots der Rücksichtnahme ergeben. Eine solche hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint.

10

Eine Rücksichtslosigkeit meinen die Antragsteller aus der festgesetzten Geländeoberfläche (GOF), den Abstandsflächen, dem übergroßen Staffelgeschoss und der - insgesamt - „erdrückenden“ und „abriegelnden“ Wirkung des Vorhabens der Beigeladenen ableiten zu können. Keiner dieser Gesichtspunkte greift durch.

11

3.1 Eine ausdrückliche (ermessensgesteuerte) „Festsetzung“ der GOF ist nicht erfolgt; insoweit weisen die Antragsteller zutreffend auf die diesbezüglichen erstinstanzlichen Ausführungen der Antragsgegnerin hin (S. 14 der Beschwerdebegründung mit Anlagen Bf 6 und Bf 7). Der rechtlichen Beurteilung ist damit die aus den genehmigten Bauvorlagen ersichtliche Geländeoberfläche zugrunde zu legen. Diese ist - als solche - für die Rechtsposition der Antragsteller irrelevant. Sie wird erst bedeutsam im Zusammenhang mit der Beurteilung der (Voll-)Geschosszahl und der einzuhaltenden Abstandsflächen (dazu unten 3.2).

12

Die (Voll-)Geschoßzahl betrifft das „Maß“ des „Einfügens“ i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB. Auch wenn unterstellt wird, dass eine das Einfügsame übersteigende Zahl von (Voll-)Geschossen genehmigt worden ist, geht - allein - davon keine Verletzung der nachbarlichen Rechte der Antragsteller aus (s. o. 1.) Die Zahl der (Voll-)Geschosse betrifft das Maß der baulichen Nutzung; diesbezügliche planerische Festsetzungen vermitteln ohne ausdrücklichen planerischen Willen der Gemeinde keinen Drittschutz (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.10.1995, 4 B 215.95, NVwZ 1996, 888). Im unbeplanten Innenbereich - wie hier - gilt nichts anderes; insbesondere geht hier der Nachbarschutz nicht weiter als in Plangebieten. Bei Abweichungen vom „einfügsamen“ Maß der Nutzung bietet das drittschützende Rücksichtnahmegebot ausreichenden Schutz (VGH Kassel, Beschl. v. 25.08.2008, 4 B 1320/08, NVwZ-RR 2009, 99).

13

3.2 Die Abstandsflächen knüpfen gem. § 6 Abs. 4 S. 2 LBO an die „festgelegte Geländeoberfläche“ an. Ein Abwehrrecht der Antragsteller könnte sich insofern nur ergeben, wenn - ausgehend von einer - rechtlich zutreffend festgelegten - Geländeoberfläche eine Unterschreitung der nach § 6 Abs. 5 LBO erforderlichen Abstandsflächen vorläge. Derartiges haben die Antragsteller - ausdrücklich - nicht dargelegt. Es ergibt sich auch nicht, wenn die von den Antragstellern für richtig gehaltenen Geländeoberflächen zugrundegelegt werden.

14

Nach den Bauvorlagen (Lage- und Höhenplan, Bl. 33 BA A) ist zwischen den Hauswänden von „Haus 1“ und „Haus 2“ und der Grenze zum Grundstück der Antragsteller ein Abstand von 3 m vorgesehen.

15

3.2.1 Wird die Wandhöhe (H) - zunächst - nur nach dem Gebäudeteil bis zu dem sog. Staffelgeschoss bemessen, ergibt sich folgendes:

16

Die Wandhöhe (H) von „Haus 1“ beträgt 6 m, wenn eine Geländeoberfläche von 24,10 m über NN (bis Terrassenboden Staffelgeschoss; s. „Haus 1“, Ansicht von Osten; Bl. 47 BA A) zugrunde gelegt wird; 0,4 H ergäbe danach 2,4 m. - Für „Haus 2“ (Ansicht von Westen und Osten; Bl. 49 BA A) ergibt sich bei einer Geländeoberfläche von 25,10 m über NN eine Wandhöhe (H) von 5 m (bis Terrassenboden Staffelgeschoss); 0,4 H ergäbe danach 2,0 m.

17

Würde - abweichend hiervon - die Wandhöhe ab der Geländeoberflächen-Höhe angesetzt, die die Antragsteller für richtig halten (also statt 24,10 m für „Haus 1“ 23,75 m [Bl. 5 der Beschwerdebegründung] bzw. für „Haus 2“ 24,36 m [Bl. 16 a.a.O.] oder - gar - nur 23,00 m), ergäbe sich

18

- für „Haus 1“ eine „korrigierte“ Wandhöhe von ([24,10 m - 23,75 m =] 0,35 m + 6 m =) 6,35 m; der Abstand müsste dann (6,35 m x 0,4 =) 2,54 m betragen;

19

- für „Haus 2“ eine „korrigierte“ Wandhöhe von ([25,10 m - 24,36 m =] 0,74 m + 5 m =) 5,74 m; der Abstand müsste dann (5,74 m x 0,4 =) 2,30 m betragen. Ausgehend von 23,00 m Geländehöhe ergäbe sich ein Abstand von ([{25,10 m - 23,00 m} + 5 m] x 0,4 =) 2,84 m.

20

Beide Abstände lägen immer noch - deutlich - im Bereich des nach § 6 Abs. 5 S. 1 LBO Zulässigen. Eine Nachbarrechtsverletzung wegen Abstandsflächenunterschreitung ist damit nicht festzustellen.

21

3.2.2 Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn das sog. Staffelgeschoss in die Ermittlung der Abstandsfläche einbezogen wird. Dabei geht der Senat „zu Gunsten“ der Antragsteller davon aus, dass es sich dabei um keinen „Dachaufbau“ i. S. d. § 6 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 b LBO handelt, dessen Höhe nur zu einem Viertel abstandsflächenwirksam wäre. Bei „vollem“ Ansatz der dem sog. Staffelgeschoss zuzurechnenden Wandhöhe (3 m; vgl. Schnittzeichnungen für „Haus 1“ und „Haus 2“, Bl. 44, 45 BA A) ergibt sich eine Gesamt-Wandhöhe für „Haus 1“ von (6 m + 3m =) 9 m und für „Haus 2“ von (5 m + 3 m =) 8 m; der Abstand müsste demnach (9 m bzw. 8 m x 0,4) für „Haus 1“ bei 3,60 m und für „Haus 2“ bei 3,20 m liegen. Geht man von der Geländeoberfläche aus, die die Antragsteller für richtig halten, ergibt sich für „Haus 1“ eine Abstandsfläche von ([6,35 m + 3 m] x 0,4 =) 3,74 m und für „Haus 2“ von ([5,74 m + 3 m] x 0,4 =) 3,496 m bzw. - ausgehend von 23,00 m Geländehöhe - von 4,04 m.

22

Diese Werte liegen - zwar - oberhalb der Mindestvorgabe von 3 m gem. § 6 Abs. 5 S. 1 LBO. Allerdings ist hier die „zurückspringende“ Außenwand des sog. Staffelgeschosses zu berücksichtigen. Die Abstandsfläche, die - zusätzlich - durch dessen Höhe veranlasst wird, ist von der Außenwand des sog. Staffelgeschosses aus zu bestimmen (vgl. Domning/Möller/Suttkus, LBO, Komm. (Stand 2011), § 2 Rn. 74 [mit „Anlage 20“]). Diese Außenwand liegt - wie die Schnittzeichnungen belegen - ca. 2 m hinter der Außenwand des darunter liegenden Baukörpers. Die unter Einbeziehung des sog. Staffelgeschosses ermittelten Abstandsflächen „beginnen“ m. a. W. erst an der diesem Geschoss zuzuordnenden Außenwand. Daraus folgt, dass dem „unten“ einzuhaltenden und eingehaltenen (s. o. 3.2.1) Abstand von 3 m der „Rücksprung“ des sog. Staffelgeschosses von ca. 2 m hinzuzurechnen ist, so dass - insgesamt - 5 m Abstand zur Verfügung stehen. Sämtliche oben unter Einbeziehung des sog. Staffelgeschosses errechneten Abstandswerte unterschreiten diese Anforderung, so dass auch auch bei dieser Betrachtung keine Abstandsflächenunterschreitung ergibt.

23

3.3 Soweit die Antragsteller die Baugenehmigung angreifen, weil der als Staffelgeschoss bezeichnete Bereich seiner Größe wegen als Vollgeschoss einzustufen sei (vgl. § 2 Abs. 7 LBO), betrifft auch dies das Maß der baulichen Nutzung. Nachbarschutz kann damit auch unter diesem Gesichtspunkt nicht beansprucht werden (s. o. 3.1).

24

3.4 Eine „erdrückende Wirkung“ des Vorhabens der Beigeladenen versuchen die Antragsteller aus der Länge der Baukörper („Haus 1“: 30 m, „Haus 2“: 22 m), aus ihrer „thronenden“ Höhenlage und -entwicklung (u. a. Traufhöhe) und dem von der Nordfassade ausgehenden „Eindruck der Viergeschossigkeit“ abzuleiten. Auch diese Einwände verfangen nicht.

25

Das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme wird in der Regel nicht verletzt, wenn ein Bauvorhaben - wie hier (s. o. 3.2) - den bauordnungsrechtlich geforderten Grenzabstand einhält (Urt. des Senats v. 20.01.2005, 1 LB 23/04, NordÖR 2005, 314). Eine Ausnahme gilt nur für - seltene - Fälle einer „bedrängenden“ oder (gar) „erdrückenden“ Wirkung eines Bauvorhabens oder in Fällen, die – absehbar – zu gravierenden, allein durch die Abstandsflächenwahrung nicht zu bewältigenden Nutzungskonflikten führen (Beschl. des Senats v. 11.11.2010, 1 MB 16/10, NordÖR 2011, 87). Im vorliegenden Fall besteht dafür kein tragfähiger Ansatzpunkt.

26

Eine erdrückende Wirkung im genannten Sinn ist schon im Hinblick auf die - auch nach Realisierung des Bauvorhabens fortbestehende - aufgelockerte Bebauung im Bereich … / … nicht anzunehmen. Die Höhenentwicklung der Baukörper (insbesondere von „Haus 1“ und „Haus 2“) wirkt sich überwiegend - optisch - auf den Ausblick aus dem Garten der Antragsteller aus; aus dem Wohnhaus können die Gebäude nur „schräg versetzt“ wahrgenommen werden. Eine Beeinträchtigung durch Schattenwurf machen die Antragsteller nicht geltend; sie wäre i. ü. auch - unabhängig von der Festlegung der Geländeoberfläche - lagebedingt hinzunehmen. Die Kritik an der „klotzigen“ Bauweise und dem von der Nordfassade ausgehenden „Eindruck der Viergeschossigkeit“ mag dem ästhetischen Empfinden der Antragsteller entspringen; ein substantieller Ansatzpunkt für eine erdrückende Wirkung ist daraus nicht zu gewinnen, zumal die Nordseite des Bauvorhabens vom Grundstück der Antragsteller abgewandt ist. Der Hinweis auf die Länge der (nur aus dem Gartenbereich des Grundstücks der Antragsteller komplett sichtbaren) Bauvorhaben des Beigeladenen übergeht, dass zwischen „Haus 1“ und „Haus 2“ eine 10,5 m breiter Abstand bleibt, so dass bei sachgerechter Betrachtung weder der Eindruck eines „Eingemauertseins“ noch derjenige einer „Riegelwirkung“ entstehen kann. Was die Antragsteller als „thronende“ Wirkung beschreiben, ist Folge der Topographie und des - Nachbarrechte nicht verletzenden - Maßes der genehmigten Bebauung. Anzumerken ist, dass die unmittelbare Nähe zu der - das Baugebiet prägenden - Pauluskirche mit ihrem dominanten neugotischen Turm die Wertung eines „thronenden“ Effekts der vom Beigeladenen geplanten Häuser als fernliegend erscheinen lässt.

27

Soweit die Höhenentwicklung von „Haus 1“ und „Haus 2“ auf das Grundstück der Antragsteller Einblickmöglichkeiten eröffnet, wäre - zunächst - zu fragen, ob diese nicht auch schon von der Altbebauung aus bestanden. Abgesehen davon sind solche Einblickmöglichkeiten in innerstädtischen Wohnlagen - wie hier - grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie es der Fall ist, wenn Nachbarn über den Gartenzaun gucken. Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die abstandsrechtlichen Vorschriften beachtet worden sind (Beschl. des Senats v. 24.11.2011, 1 LA 65/11, NordÖR 2012, 92, m. w. N.). Die Antragsteller können sich i. ü. durch Anpflanzungen oder Abschirmungen gegen unerwünschte Einblicke schützen.

28

4. Die Annahme der Antragsteller, die vorgesehene Anbindung der Tiefgarage an die … verletze § 50 Abs. 9 LBO und werde die Lärmsituation „erheblich verschlechtern“, ist unsubstantiiert. Selbst wenn alle 28 Stellplätze von der … aus angefahren würden (wovon die Antragsteller selbst nicht ausgehen), entstünde nur Anliegerverkehr. Ansatzpunkte dafür, dass eine (unterstellte) Lärmzunahme für die übrigen (mehr als) 20 Wohngrundstücke in der … unverträglich wären, sind weder dargetan noch ersichtlich; anzumerken ist, dass die Orientierungswerte für ein Wohngebiet (vgl. Ziff. 1.1 der DIN 18005) weit unterschritten sein dürften.

29

5. Eine Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens der Beigeladenen lässt sich - schließlich - auch nicht aus einer „Kumulation objektivrechtlicher Verstöße“ (S. 31 f. der Beschwerdebegründung) ableiten. Die Mehrzahl der von den Antragstellern aufgeführten Verstöße betreffen die Bauvorlagen (Ungenauigkeiten; fehlende Markierungen, Schraffuren, Nutzungs-, Höhenangaben, Maße bzw. Berechnungen; Geländergestaltung); soweit die Genehmigung in Bezug auf die südseitigen Balkone beanstandet wird, wird nicht dargelegt, aus welchem Grund es insofern einer Ausnahme oder Befreiung bedurft hätte.

30

Materiell-rechtliche Verstöße gegen das Baurecht werden dem Beschwerdevorbringen der Antragsteller zufolge - in den o. g. Planungsrechtsverstößen gesehen (s. o. II.1, 2).

31

Ob der Ansatz einer „Kumulation objektivrechtlicher Verstöße“ rechtlich überhaupt tragfähig ist, um - vorliegend - Nachbarrechtsschutz zu begründen, ist zweifelhaft. Die von den Antragstellern (dafür) angeführte Entscheidung des VGH Mannheim (Beschl. v. 08.11.2007, 3 S 1923/09, NVwZ-RR 2008, 159) hat die Schwelle rücksichtsloser Betroffenheit des Nachbarn „bei Nachteilen von etwas geringerer Intensität“ für den - speziellen - Fall einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB angenommen, wenn das beanstandete Vorhaben mit den Regelfestsetzungen des Bebauungsplans nicht übereinstimmt. Der vorliegende Fall ist damit nicht vergleichbar. Das Vorhaben der Beigeladenen liegt im unbeplanten Innenbereich; eine planungsrechtlich „definierte“ Vertrauensgrundlage, wie sie im Fall eines (befreiungsbedürftigen) Bebauungsplans vorliegt, fehlt also.

32

Unabhängig davon kann von einer objektiv-rechtlichen Baurechtswidrigkeit des Vorhabens der Beigeladenen nicht ausgegangen werden. Das Vorhaben ist seiner „Art“ nach - unstreitig - in dem unbeplanten Baugebiet zulässig. Zum „Maß“ mag unterstellt werden, dass es den Rahmen der Umgebungsbebauung überschreitet. Daraus ergäbe sich aber nicht zwangsläufig dessen fehlende Einfügsamkeit; nach § 34 Abs. 1 BauGB ist es nicht schlechthin ausgeschlossen, etwas zu verwirklichen, was es in der Umgebung bisher nicht gibt. Eine Überschreitung des Rahmens der Umgebungsbebauung ist - auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung - zulässig, wenn das Vorhaben keine bodenrechtlich beachtlichen Spannungen begründet oder schon vorhandene nicht erhöht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.1978, 4 C 9.77, BVerwGE 55, 369; Urt. v. 17.06.1993, 4 C 17.91, ZfBR 1994, 37; Beschl. v. 23.05.1986, 4 B 83.86, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 113). Ansatzpunkte für eine solche - bewältigungsbedürftige - Sachlage lassen sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Die Wohnbauvorhaben der Beigeladenen können in dem umgebenden Wohngebiet, in dem sich vereinzelt auch andere) größere Objekte befinden, noch hingenommen werden.

33

Selbst wenn man dies anders sähe, wären die die Antragsteller durch das „Maß“ der vorgesehen baulichen Nutzung allenfalls in dem Maße (zusätzlich) betroffen, als die Neubebauung von der Altbebauung abweicht. Insoweit sind die Antragsteller nicht schutzwürdig, denn sie hätten selbst bei einer Beibehaltung der Altbebauung mit Nutzungsänderungen rechnen müssen.

34

6. Die Beschwerde ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig, weil sie sich daran nicht beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).

35

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.

36

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig- Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 2. Kammer - vom 17. März 2014 wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 12. Juli 2013 zum Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses auf dem Grundstück … (Flurstücke …, …, …, …, … der Flur …). Sie sind Eigentümer des benachbarten Grundstücks … (Flurstück … Flur …), auf dem - durch Baugenehmigung vom 17. Oktober 2013 - ein Wohn- und Geschäftshaus errichtet werden soll.

2

Die beiden Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 76 der Antragsgegnerin, der ein Sondergebiet für den Fremdenverkehr und sonstiges Wohnen, das vorwiegend der Unterbringung von Anlagen und Einrichtungen des touristischen Gewerbes und von sonstigen Wohnungen dienen soll, festsetzt:

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3

In dem Verfahren zum Bauantrag der Beigeladenen sind die Antragsteller nicht beteiligt worden. Der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung vom 12. Juli 2013 ist als Anlage Nr. 11 ein (grün gestempelter) „Lageplan mit B-Plan Festsetzungen 1: 500“ beigefügt, in dem die im Bebauungsplan festgesetzten Baulinien gem. § 23 Abs. 2 BauNVO als rote Linien und die Baugrenzen gem. § 23 Abs. 3 BauNVO als blaue Linien dargestellt sind:

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4

Unter „Auflagen“ - Ziff. 5. - heißt es in der Baugenehmigung:

5

„Über die Einhaltung der Grundrissflächen ... ist ein amtlicher Nachweis in Form eines Absteckprotokolls ... zu führen (§ 73 Abs. 2 LBO). Dieser Nachweis ist der Bauaufsichtsbehörde mit der Baubeginnsanzeige, spätestens bei Baubeginn vorzulegen (§ 73 Abs. 6 und § 78 Abs. 1 LBO).“

6

Die Beigeladene zeigte den Baubeginn zum 29.07.2013 an. Der sog. „Absteckungsriss“ wurde am 25.07.2013 vorgelegt; anschließend begannen - zunächst - die Erdarbeiten.

7

Die Antragsteller kamen nach Genehmigung ihres Vorhabens und dessen Vermessung im November 2013 zu der Schlussfolgerung, das Bauvorhaben der Beigeladenen sei auf deren Grundstück „falsch positioniert“. Nachdem diesbezügliche Gespräche mit der Antragsgegnerin und der Beigeladenen ergebnislos geblieben waren, erhoben sie am 19. Dezember 2013 gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung Widerspruch und beantragten „vorsorglich“ für den Fall, dass die Beigeladene abweichend von der Baugenehmigung baut, die sofort vollziehbare Anordnung der Einstellung der Bauarbeiten durch die Antragsgegnerin. Der Widerspruch und der Antrag sind bislang nicht beschieden worden.

8

Den Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 17. März 2014 abgelehnt und zur Begründung i. w. ausgeführt, der Widerspruch der Antragsteller werde voraussichtlich erfolglos bleiben, da ihre Abwehrrechte gegen die Baugenehmigung vom 12. Juli 2013 verwirkt seien. Eine „Gesamtschau“ der zeitlichen Abläufe belege, dass die Geltendmachung von Einwänden gegen das Bauvorhaben der Beigeladenen erst ab Mitte November 2013 bzw. durch den Widerspruch vom 19. Dezember 2013 treuwidrig sei, da die Bauabsicht bereits ab Ende Juli 2013 mit Beginn der Auskofferung des Baugrundes bekannt gewesen sei. Überdies seien den Antragstellern Mitte August 2013 „diverse Unterlagen zur Planung an der gemeinsamen Grundstücksgrenze“ zur Verfügung gestellt worden. Weitere Informationen hätten die Antragsteller einholen können, was nicht geschehen sei. Mit einem Widerspruch erst im Dezember hätten die Beigeladenen nicht mehr rechnen müssen.

9

Gegen den am 20. März 2014 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 31.März 2014 Beschwerde eingelegt; die Beschwerdebegründung ist am 11. April 2014 eingegangen. Die Antragsteller sind der Ansicht, ihr Abwehrrecht sei nicht verwirkt; weder sei ihnen eine Verzögerung der erhobenen Rügen vorwerfbar noch habe die Beigeladene im Vertrauen auf ausbleibende Rügen mit ihrem Bau begonnen bzw. diesen fortgesetzt. Der Beginn der Erdarbeiten lasse keinen Rückschluss auf die Lage des Gebäudes zu. Nach dem Bebauungsplan habe die gesamte Bebauung von Anfang an einen „grundstücksübergreifenden Baukörper mit einer Kubatur aus einem Guss“ erreichen wollen; maßgebliche Bezugspunkte seien die Ecken der Bestandsgebäude auf dem Grundstück …; (auch) die hintere Baugrenze für das vierte Obergeschoss habe mit der Baugrenze betreffend die zweigeschossige Bauweise auf ihrem Grundstück „fluchten“ sollen.

10

ie Antragsgegnerin erwidert, die im Bebauungsplan festgesetzten Baulinien und - grenzen seien richtig in die Bauvorlagen übernommen worden. Eine Ungenauigkeit in „Strichstärke“ bestehe bzgl. der rückwärtigen Baugrenze nur zwischen dem dritten und dem vierten Obergeschoss. Weder die Baugenehmigung noch die Bauausführung weiche hinsichtlich der Baulinien bzw. Baugrenzen von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 76 ab. Das Vorhaben der Beigeladenen sei formell und materiell nicht zu beanstanden.

11

Die Beigeladene ist der Ansicht, die Antragsteller hätten ihre Rechte verwirkt. Zudem entfalle nach Fertigstellung der äußeren Gebäudehülle das Rechtsschutzbedürfnis. Das genehmigte Bauvorhaben liege i. ü. innerhalb der Baugrenzen und Baulinien.

12

Der Senat hat durch Beschluss vom 04. April 2014 den Antrag der Antragsteller auf einstweilige Untersagung der weiteren Bauausführung im Wege eines sog. „Hängebeschlusses“ abgelehnt.

II.

13

Die fristgerecht erhobene und begründete Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Ihrer Zulässigkeit steht - entgegen der Ansicht der Beigeladenen - nicht entgegen, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen während des Beschwerdeverfahrens (bzg. der äußeren „Gebäudehülle“) fertig gestellt und mit dem Innenausbau begonnen worden ist (unten 1.). Ob die Antragsteller - wie das Verwaltungsgericht annimmt - ihre Abwehrrechte gegen die Baugenehmigung vom 12. Juli 2013 verwirkt haben, erscheint zweifelhaft (unten 2.). Dem Erfolg der Beschwerde steht entgegen, dass nach der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage für den Widerspruch gegen die genannte Baugenehmigung keine Erfolgsaussichten bestehen (unten 3.). Ob die tatsächliche Bauausführung von der Baugenehmigung vom 12. Juli 2013 abweicht, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung (unten 4.).

14

1. Dem Begehren der Antragsteller würde das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn sie auch im Erfolgsfalle ihre Rechtsstellung nicht mehr verbessern könnten. Das ist auch im Beschwerdeverfahren zu prüfen, wenn - wie hier - eine Baugenehmigung im Wege des § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO suspendiert werden soll, die im Wesentlichen bereits „ausgenutzt“ worden ist.

15

In der Regel ist nach Fertigstellung der baulichen Anlage das mit dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage verbundene Ziel, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern, nicht mehr zu erreichen (vgl. VGH München, Beschl. v. 08.04.2014, 9 CS 13.2007, Juris [Rn. 17], OVG Magdeburg, Beschl. v. 04.06.2013, 2 M 34/13, Juris; OVG Hamburg, Beschl. v. 21.10.2009, 2 Bs 152/09, Juris, VGH Mannheim, Beschl. v. 12.01.2005, 8 S 2720/04, BRS 69 Nr. 183). Allerdings kann trotz Rohbau-Fertigstellung das Rechtsschutzbedürfnis des Nachbarn für eine Suspendierung der Baugenehmigung fortbestehen, wenn eine Rechtsverletzung (auch) durch die bauliche Nutzung geltend gemacht wird oder eine weitere Verfestigung des - möglicherweise - nachbarrechtswidrigen Zustandes durch die Fertigstellung des Gebäudes insgesamt (einschließlich des Innenausbaus) verhindert werden soll. Im vorliegenden Fall hat der Senat bereits in seinem („Hänge“-)Beschluss vom 04. April 2014 ausgeführt, dass die Bauausführung im vierten Obergeschoss („Laubengang“ vor der rückwärtigen Baugrenze) mit dem Risiko eines evtl. späteren (teilweisen) Rückbaus erfolgt; (zumindest) insoweit kann die Fortführung des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens für die Antragsteller von Nutzen sein. Zu berücksichtigen ist auch, dass im Falle einer (endgültig) obsiegenden Entscheidung zu Gunsten der Antragsteller die (teilweise) Beseitigung einer noch unfertigen „Gebäudehülle“ erfahrungsgemäß leichter und schneller zu erreichen ist als die eines fertig gestellten Bauwerks. Soll ein Objekt - wie hier - teilweise vermietet werden, wäre eine Beseitigungsverfügung nur nach dessen vorheriger Räumung möglich. Unter diesen Umständen ist von einem fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnis für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auszugehen (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 17.10.2000, 10 B 1053/00, BRS 63 Nr. 198 [bei Juris Rn. 5], OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 18.09.2013, 2 S 60.13, Juris [Rn. 5]).

16

2. Das Recht der Antragsteller auf „Abwehr“ des Bauvorhabens der Beigeladenen unterliegt - im Grundsatz - der Verwirkung. Die rechtlichen Maßstäbe dazu sind im erstinstanzlichen Beschluss i. W. zutreffend zusammengefasst worden (S. 3 u. - 5 o. des Beschl.-Abdr.). Die Verwirkung ist deutlich vor Ablauf eines Jahres möglich (Urt. des Senats v. 26.03.1997, 1 L 322/97, Juris; vgl. auch Beschl. des Senats vom 11.08.2003, 1 LA 137/02, NordÖR 2004, 244); sie kann schon eintreten, wenn der Berechtigte sein Abwehrrecht „deutlich länger als einen Monat“ nicht ausgeübt hat (BVerwG, Urt. v. 16.05.1991, 4 C 4.89, NVwZ 1991, 1182 [bei Juris Tn. 22]).

17

Im vorliegenden Fall spricht Überwiegendes gegen eine Verwirkung der Abwehrrechte der Antragsteller. Voraussetzung für eine solche Verwirkung ist stets, dass die Betroffenen - zumutbar - erkennen können, dass und in welcher Hinsicht ein nachbarliches Bauvorhaben ihre Rechte beeinträchtigen kann. Das war - hinsichtlich der geltend gemachten „falschen Positionierung“ des Bauwerks und der Abweichung von Baugrenzen und Baulinien weder bei Beginn der Erdarbeiten (Ende Juli 2013) noch im Zusammenhang mit der Übergabe von Unterlagen zum „technischen“ Anschluss von Bauteilen der Fall. Die Antragsteller konnten - allein - daraus noch keinen Rückschluss auf die (genaue) Position des genehmigten Baukörpers auf oder hinter den Baulinien/- grenzen ableiten.

18

Eine Verwirkung wäre bei dieser Sachlage allenfalls daraus abzuleiten, dass die Antragsteller den Baubeginn bzw. die Aushändigung technischer Unterlagen nicht sogleich zum Anlass genommen haben, sich über den (genauen) Inhalt der den Beigeladenen erteilten Baugenehmigung zu informieren. Eine solche „Erkundigungslast“ des Nachbarn kann etwa dann bestehen, wenn sich eine Beeinträchtigung seines Grundstücks und ein möglicher Eingriff in seine Rechtspositionen anhand des sichtbaren Baugeschehens aufdrängt oder diese zumindest wahrscheinlich ist. Eine Obliegenheit des Nachbarn zur Geltendmachung von Abwehrrechten besteht auch nach vollständiger Kenntnis aller maßgeblichen Umstände erst nach Ablauf einer Überlegungs- und Handlungsfrist, die in jedem Fall ausgeschöpft werden darf (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 14.05.2012, 10 S 2693/09, BauR 2012, 1637 [bei Juris Rn. 40]; BVerwG, Urt. v. 16.05.1991, a.a.O., Rn. 22). Im vorliegenden Fall hatten die Antragsteller allein wegen der begonnenen Erdarbeiten der Beigeladenen noch keinen Anlass zu einer genaueren Erkundigung über die (genehmigte) Lage des künftigen Bauwerks. Sie sind erst im Anschluss an die ihr Bauvorhaben veranlasste Vermessung aktiv geworden, indem sie die Beigeladene und die Antragstellerin darauf angesprochen haben. Der Umstand, dass sie erst nach Erfolglosigkeit dieser Bemühungen förmlich Widerspruch eingelegt haben, vermag eine Verwirkung ihres Abwehrrechtes nicht zu begründen, denn sie haben bereits zuvor klar zu erkennen gegeben, dass sie mit der „falschen Positionierung“ des Bauwerks der Beigeladenen nicht einverstanden sind.

19

3. Der Widerspruch der Antragsteller gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 12. Juli 2007 könnte nur Erfolg haben, wenn nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Baurechts verletzt worden wären. Das ist nicht der Fall.

20

3.1 Dem Vorbringen der Antragsteller ist schon nicht mit der gebotenen Klarheit zu entnehmen, worin eine von der Baugenehmigung ausgehende Nachbarrechtsverletzung liegen soll. Sie führen zwar aus, dass der „in der Errichtung befindliche“ Baukörper der Beigeladenen den Grenzabstand nicht einhalte, gegen § 23 BauNVO verstoße und unter Missachtung des Baufensters auf dem Baugrundstück „falsch positioniert“ sei. Diese Beanstandungen nehmen aber keinerlei Bezug auf den Inhalt der (im Widerspruchsverfahren angefochtenen) Baugenehmigung, wie er dem Genehmigungsbescheid und den diesem beigefügten genehmigten („grün gestempelten“) Bauvorlagen zu entnehmen ist.

21

Die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung kann nicht mit Erfolg angegriffen werden, indem auf eine - möglicherweise - von der Genehmigung abweichende tatsächliche Bauausführung hingewiesen wird. Maßgeblich ist vielmehr - allein - der Genehmigungsinhalt, m. a. W. die Frage, ob das Bauvorhaben in seiner genehmigten Gestalt und Nutzung nachbarschützende Vorschriften beachtet. Ein Widerspruch gegen die Baugenehmigung - und damit auch ein Antrag auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung - kann nicht darauf gestützt werden, dass die Bauausführung von der Genehmigung abweicht. Eine genehmigungsabweichende Bauausführung wäre durch die erteilte Baugenehmigung, um deren sofortige Vollziehbarkeit es geht, nicht gedeckt (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 12.01.2005, a.a.O., Rn. 4).

22

3.2 Der Baugenehmigung vom 12. Juli 2013 sind - unabhängig davon – keine Ansatzpunkte zu entnehmen, die eine - daran anknüpfende - Verletzung der Nachbarrechte der Antragsteller zu begründen vermögen.

23

3.2.1 Soweit das Bauvorhaben der Beigeladenen von den Festsetzungen des Bebauungsplans abweicht (Turm an der Ecke zur …, vertikale Zäsuren, Balkone, Arkaden, rückwärtige Treppenhäuser), betrifft dies Bauteile, die keine Relevanz für die Nachbarrechte der Antragsteller haben. Die Abweichungen sind i. Ü. durch den Vorbescheid der Antragsgegnerin vom 18.12.2012 (als „Befreiungen/Abweichungen“) genehmigt worden.

24

3.2.2 Hinsichtlich des im sog. „Staffelgeschoss“ vorgesehenen (sog.) offenen „Laubenganges“ fällt auf, dass dieser vor der rückwärtigen Baugrenze genehmigt worden ist. Ob darin eine materiell-rechtswidrige Überschreitung der rückwärtigen Baugrenze liegt, kann offen bleiben, wenn die hintere Baugrenze nicht aus Gründen des Nachbarschutzes, sondern aus allgemein-städtebaulichen Gründen festgesetzt worden ist.

25

Im Regelfall begründet die Festsetzung einer hinteren Baugrenze im Bebauungsplan keine Schutzrechte der Nachbarn, wenn aus der Planbegründung kein gegenteiliger Wille deutlich wird (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 2008, § 23 Rn. 6; Blechschmidt in: Ernst/Zinkahn u. a., BauGB (Stand 2013), § 23 BauNVO Rn. 56 m. w. N.). Vorliegend führt die Begründung des Bebauungsplans Nr. 76 für die Festsetzung des „zurückversetzten“ Staffelgeschosses städtebauliche Ziele an (Ziff. 4.2). Nachbarliche Belange werden nicht angesprochen. Eine Überschreitung der rückwärtigen Baugrenze im Bereich des Staffelgeschosses kann damit keine nachbarlichen Rechte der Antragsteller verletzen. Eine andere Beurteilung käme nur ausnahmsweise in Betracht, wenn der planerischen Festsetzung der Baugrenze eine besondere „Befriedungsfunktion“ - etwa in Bezug auf die Lichtzufuhr oder die Belüftung - zuzuerkennen wäre (vgl. Blechschmidt, a.a.O., Rn. 59). Dafür ist vorliegend nichts ersichtlich.

26

3.2.3 Die Baugenehmigung gibt das Vorhaben der Beigeladenen im Übrigen - plankonform - frei. Die (bereits) auf der Ebene des Bebauungsplans Nr. 76 der Antragsgegnerin gem. § 1 Abs. 7 BauGB erfolgte Abwägung ist damit in die Baugenehmigung überführt worden; für eine weitere, die nachbarlichen Belange der Antragsteller betreffende (Konflikt-)Prüfung bleibt insoweit kein Raum mehr (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.12.1984, 4 B 278.84, NVwZ 1985, 652 [Rn. 2]; Beschl. v. 11.07.1983, 4 B 123.83, Juris Rn. 15).

27

Die im Bebauungsplan festgesetzten Baulinien und Baugrenzen sind korrekt in die genehmigten Bauvorlagen übernommen worden. Sowohl die Antragsgegnerin als auch die Beigeladene haben dies bestätigt (Schriftsätze vom 04.04.2014 und vom 07.04.2014 mit Anlage Bgl. 2); für den Senat ergeben sich keine Zweifel daran, dass dies richtig ist. Die Baugenehmigung und die (insbesondere) in Anlage Nr. 11 - „Lageplan mit B-Plan Festsetzungen 1 : 500“ - dargestellten Baulinien und -grenzen sind im Zweifel so auszulegen, dass sie mit den im Bebauungsplan festgesetzten Baulinien- und -grenzen übereinstimmen.

28

Eine „Ungenauigkeit“ bezüglich der Baugrenze zwischen dem dritten und dem vierten Obergeschoss resultiert - so die Antragsgegnerin - aus der „Strichstärke“ in der Planzeichnung des Bebauungsplans; bei einem Plan-Maßstab von 1:500 und einer Strichstärke von 1 mm ergibt sich daraus ein Unterschied von max. 50 cm. Die genehmigten Bauvorlagen - insbesondere der „Lageplan“ in Anlage Nr. 11 zur Baugenehmigung - weisen den gleichen Maßstab und eine geringfügig schmalere Strichstärke bzgl. der Baugrenzen zwischen dem dritten und dem vierten Obergeschoss auf. Ansatzpunkte dafür, dass insoweit eine Nachbarrechtsverletzung der Antragsteller begründet wird, bestehen nicht.

29

Soweit die Antragsteller aus dem Planaufstellungsverfahren entnimmt, dass die „maßgeblichen Bezugspunkte der überbaubaren Grundstücksfläche an der westlichen Plangrenze ... die Ecken der Bestandsgebäude auf dem Grundstück …“ (genauer: am sog. „Trafogebäude“) lägen und daraus abzuleiten versucht, dass das Baufenster „bei der Baugenehmigung nicht eingehalten“ werde (Schriftsatz vom 11.04.2014, S. 9 [mit Anlagen Ast 11-14]), ist dies anhand der genehmigten Bauvorlagen - Anlage Nr. 11 zur Baugenehmigung - nicht zu verifizieren. Das sog. „Trafohäuschen“ ist in der genannten Bauvorlage nicht dargestellt. Die Lage der vorderen (seeseitigen) Baugrenzen und -linien treffen in der Bauvorlage in etwa an derselben Stelle auf das (Bestands-)Gebäude …, wie es in der Planzeichnung des Bebauungsplans festgesetzt worden ist.

30

4. Soweit die von den Antragstellern erhobenen Rügen auf eine von der Baugenehmigung vom 12. Juli 2013 abweichende tatsächliche Bauausführung hinweisen, wäre dies ggf. außerhalb des vorliegenden Verfahrens von der Antragsgegnerin im Wege der Bauüberwachung - unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgebots - zu korrigieren (s. o. 3.1).

31

Die von den Antragstellern am bereits errichteten Mauerwerk gemessenen „Versprünge“ von 64 cm seeseitig und von 74 cm landseitig (Schriftsatz vom 16.04.2014 mit Fotos) sind nach Darstellung der Antragsgegnerin durch den Bau der Antragsteller entstanden. Ob dies zutrifft, oder ob die - im einzelnen von der Antragsgegnerin ggf. noch zu überprüfenden - „Versprünge“ durch bauliche Abweichungen von den im Bebauungsplan festgesetzten und - damit konform - in der Baugenehmigung genehmigten Baulinien und - grenzen auf Seiten der Beigeladenen entstanden sind, ist für die vorliegend zu treffende Entscheidung unerheblich. Hinzuweisen ist darauf, dass die Antragsteller - zusammen mit ihrem Widerspruch gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 12. Juli 2013 - bei der Antragsgegnerin hilfsweise auch den Erlass „geeignete[r] Anordnungen ... zur Herstellung und Sicherung baurechtmäßiger Zustände“ sowie deren Überwachung und evtl. zwangsweise Durchsetzung beantragt haben (Widerspruchsschreiben vom 19.12.2013, S. 5). Über diesen Antrag hat die Antragsgegnerin bislang nicht entschieden. Im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens kann dieser Entscheidung nicht vorgegriffen werden.

32

Entsprechendes gilt auch für die Frage einer Überschreitung der Baugrenze im Bereich des sog. „Laubengangs“, die die Antragsteller mit 1,79 m angeben.

33

5. Ob die Antragsteller der aufgezeigten Problematik eines baulichen „Versatzes“ durch eine geringfügige „Verschiebung“ ihres Baus nach Nord-Osten abhelfen könnten und ob die Antragsgegnerin dies genehmigen könnte, bedarf vorliegend ebenfalls keiner Entscheidung. Lediglich angemerkt sei, dass eine infolge der „Verschiebung“ - nach Lage der Dinge - der Blick auf die freie Ostsee nur sehr geringfügig eingeengt werden würde, was von den Eigentümern des Grundstücks … hinzunehmen wäre. Der „freie“ Meeresblick war auch bisher rechtlich nicht besonders geschützt, insbesondere durch Bebauung behindert (vgl. Urt. des Senats v. 22.11.2007, 1 KN 11/06, NordÖR 2008, 344 [bei Juris Rn. 41]).

34

6. Die Beschwerde ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

35

Es entspricht billigem Ermessen, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären; denn diese hat einen Antrag gestellt und sich damit am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt (vgl. §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).

36

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


Gründe

1

Die Beschwerde der Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass die Sache gemäß § 133 Abs. 6 VwGO und § 70 SächsDG an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Das Berufungsurteil beruht auf einem von der Beklagten geltend gemachten Verstoß gegen die aus § 3 SächsDG und § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO folgende Pflicht zur Angabe der Gründe im Urteil, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Damit hat das Oberverwaltungsgericht zugleich, wie von der Beklagten gerügt, ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 103 Abs. 1 GG, § 3 SächsDG und § 108 Abs. 2 VwGO).

2

Die Beklagte steht als Justizobersekretärin im Dienst des Klägers. Sie wird beim Finanzgericht als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle verwendet. Im Jahr 2008 wurde die Beklagte wegen Diebstahls in Tatmehrheit mit Computerbetrug verurteilt. Sie hatte an ihrer Arbeitsstätte einer Kollegin die EC-Karte entwendet und mit dieser unter Angabe der ausgespähten Geheimnummer vom Konto der Kollegin 1 000 € abgehoben. Gegenstand der Disziplinarklage ist zum einen dieser durch einen Strafbefehl geahndete Sachverhalt und zum anderen der Umstand, dass die Beklagte im unmittelbaren Anschluss an die erste erfolgreiche Abhebung auf dieselbe Art versucht hatte, weitere 1 000 € vom Konto der Kollegin abzubuchen. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte aus dem Dienst entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen.

3

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 70 SächsDG und § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

4

Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Das ist hier nicht der Fall.

5

Als Frage von grundsätzlicher Bedeutung nennt die Beklagte zunächst:

Liegt bei objektiv feststehendem intakten Betriebsklima und nicht nachhaltig vergiftetem Betriebsfrieden in der Dienststelle noch ein typisierter Fall des Kollegendiebstahls vor, bei dem im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig, d.h. im Sinne eines Indizienschlusses, die Entfernung aus dem Dienst die angemessene disziplinarrechtliche Sanktion ist oder handelt es sich bei feststehender nicht eingetretener nachhaltiger Störung des Arbeitsfriedens in der Dienststelle um einen typisierten Fall des "minder schweren" Kollegendiebstahls, für den eine Entfernung aus dem Dienst - anders als im typischen Fall - nicht indiziert ist?

6

Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht, weil sie sich - soweit sie über den Einzelfall hinausgehende Aspekte überhaupt aufweist - an Hand der gesetzlichen Regelung und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten lässt.

7

Hat das Gericht im Einzelfall ein Dienstvergehen festgestellt, richtet sich die Bemessung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SächsDG nach der Schwere des Dienstvergehens; das Persönlichkeitsbild des Beamten ist ebenso angemessen zu berücksichtigen wie das Ausmaß der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Den Bedeutungsgehalt dieser gesetzlichen Begriffe hat der Senat in seiner Rechtsprechung näher bestimmt (Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.>, vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3, vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 und vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - ZBR 2011, 414, Rn. 29 ).

8

Da die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 1 Satz 2 SächsDG richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 SächsDG aufgeführten Maßnahme zugeordnet werden. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens. Hiervon ausgehend lassen sich, anknüpfend an die Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts, Fallgruppen von Dienstvergehen bestimmen, denen aufgrund ihrer Schwere jeweils eine der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen im Sinne einer Regeleinstufung zuzuordnen ist.

9

Nach der Rechtsprechung des Senats gelten diese Grundsätze auch für die disziplinarische Ahndung eines im Dienst zum Nachteil eines Kollegen begangenen Diebstahls ("Kollegendiebstahl"; Urteile vom 25. Oktober 2007 - BVerwG 2 C 43.07 - juris Rn. 19 § 65 bdg nr. 2> und vom 29. Mai 2008 juris Rn. 21 m.w.N.). Hinsichtlich der Schwere ist ein solcher Diebstahl nach der ständigen Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts im Grundsatz der Veruntreuung amtlich anvertrauter Gelder vergleichbar. Denn auch hier gilt, dass sich der Dienstherr auf die Ehrlichkeit seiner Bediensteten verlassen können muss. Ein Diebstahl zum Nachteil eines Kollegen vergiftet das Betriebsklima und stört den Arbeitsfrieden in schwerwiegender Weise (Urteile vom 9. August 1995 - BVerwG 1 D 7.95 - juris Rn. 18 und vom 29. September 1998 - BVerwG 1 D 82.97 - juris Rn. 11). Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens ist die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung, wenn die Beträge - wie hier einschließlich des Versuchs mit insgesamt 2 000 € - die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen.

10

Ausgehend vom dargelegten Bedeutungsgehalt des Begriffs der Schwere des Dienstvergehens sind  - unter Umständen - entlastende Umstände des konkreten Einzelfalles auf der Ebene der Zuordnung einer Disziplinarmaßnahme nach § 13 Abs. 1 Satz 2 SächsDG nicht von Bedeutung. Die durch die Schwere des Dienstvergehens bestimmte Zuordnung einer Maßnahme hat lediglich Indizwirkung. Diese Wirkung entfällt, wenn sich im Einzelfall aufgrund des Persönlichkeitsbildes des Beamten Entlastungsgründe von solchem Gewicht ergeben, dass die prognostische Gesamtwürdigung den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauensverhältnis noch nicht vollständig zerstört (Urteile vom 29. Mai 2008 juris Rn. 21 und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 11 jeweils Rn. 18, stRspr). Denn nach § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SächsDG hat das Disziplinargericht für die von ihm zu treffende Bemessungsentscheidung die genannten Kriterien mit dem ihnen zukommenden Gewicht zu ermitteln und in die Gesamtabwägung einzustellen. Nach dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss die gegen den Beamten ausgesprochene Maßnahme unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalles in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens stehen, die maßgebend auch vom Verschulden das Beamten abhängt.

11

Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf legt die Beschwerde nicht dar.

12

Auch die beiden weiteren von der Beklagten aufgeworfenen Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht.

Sind die subjektiven Vertrauensbekundungen von Kollegen des Beamten und des Opfers im Rahmen der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme beim Kollegendiebstahl ein objektiver Umstand, der zumindest dann, wenn sich daraus ergibt, dass das Betriebsklima und der Arbeitsfrieden trotz des Kollegendiebstahls in der Dienststelle nicht nachhaltig vergiftet bzw. gestört ist, die Unverhältnismäßigkeit der Regelmaßnahme Entfernung aus dem Dienst (gegen)indiziert?

Kann der endgültige Vertrauensverlust seitens des Dienstherrn bei der Anwendung des § 13 Abs. 2 Satz 1 SächsDG auch dann angenommen werden, wenn ein Beamter objektiv das Vertrauen derjenigen Dienststelle genießt, bei der er derzeit tätig ist? Ist mithin als Maßstab für die Feststellung des endgültigen Vertrauensverlustes des Dienstherrn oder der Allgemeinheit die Gesamtheit der hypothetisch möglichen Einsatzorte beim Dienstherrn heranzuziehen oder genügt vielmehr zur Widerlegung des endgültigen Vertrauensverlustes der Beweis, dass im Rahmen des unmittelbaren Dienstumfeldes des Beamten jener das volle Vertrauen der Angehörigen dieser Dienststelle - einschließlich ihres Leiters - genießt?

13

Diese Fragen lassen sich ebenfalls an Hand des Wortlauts des Gesetzes und der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens dahingehend beantworten, dass es nicht auf die Umstände bei der derzeitigen Dienststelle des Beamten ankommt.

14

§ 61 Abs. 2 Satz 2 SächsDG überträgt dem Gericht die Befugnis zur Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Im Falle der Berufung ist das Oberverwaltungsgericht nicht auf die Überprüfung des Urteils des Verwaltungsgerichts beschränkt, sondern trifft eine eigenständige Zumessungsentscheidung (§ 66 Abs. 1 Satz 1 SächsDG).

15

Der Bezugspunkt für diese Zumessungsentscheidung ist im Gesetz vorgegeben. Nach § 13 Abs. 1 Satz 4 SächsDG kommt es auf die Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit an, nicht auf die Verhältnisse bei der konkreten Dienststelle. Hat der Beamte dieses Vertrauen durch ein schweres Dienstvergehen endgültig verloren, so ist er aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen (§ 13 Abs. 2 Satz 1 SächsDG).

16

Die prognostische Frage nach dem Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit (§ 13 Abs. 1 Satz 4 BDG) betrifft die Erwartung, dass sich der Beamte aus der Sicht des Dienstherrn und der Allgemeinheit künftig wieder so verhält, wie es von ihm im Hinblick auf seine Dienstpflichten als berufserforderlich erwartet wird. Das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die Person des Beamten bezieht sich in erster Linie auf dessen allgemeinen Status als Beamter (vgl. dazu Urteil des Disziplinarsenats vom 20. Januar 2004 - BVerwG 1 D 33.02 - BVerwGE 120, 33 <53 f.>), daneben aber auch auf dessen konkreten Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung, z.B. als Polizei- oder Zollbeamter, und auf dessen konkret ausgeübte Funktion, z.B. als Vorgesetzter. Ob und gegebenenfalls inwieweit eine Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn vorliegt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Entscheidend ist nicht die subjektive Einschätzung des jeweiligen Dienstvorgesetzten, sondern schon aus Gründen der Gleichbehandlung der Beamten (Art. 3 Abs. 1 GG) die Frage, inwieweit der Dienstherr oder die Allgemeinheit bei objektiver Gewichtung des Dienstvergehens auf der Basis der festgestellten be- und entlastenden Umstände noch darauf vertrauen kann, dass der Beamte in Zukunft seinen Dienstpflichten ordnungsgemäß nachkommen wird (Urteile vom 20. Oktober 2005, a.a.O. S. 260 und vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - juris Rn. 78 § 77 bbg 2009 nr. 1>). Entscheidungsmaßstab ist insoweit, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen kann, wenn ihr das Dienstvergehen einschließlich der belastenden und entlastenden Umstände bekannt würde.

17

Die Prüfung, ob der betreffende Beamte im Beamtenverhältnis verbleiben darf, hat sich auf sein Amt als Ganzes und nicht nur auf einen begrenzten Tätigkeitsbereich (Amt im funktionellen Sinne) zu beziehen. Denn das Disziplinargericht kann einer Behörde nicht eine eingeschränkte Verwendung eines disziplinarisch in Erscheinung getretenen Beamten vorschreiben (Urteil vom 22. Mai 1996 - BVerwG 1 D 72.95 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 6 S. 17 m.w.N.).

18

2. Begründet ist jedoch die Verfahrensrüge des Verstoßes gegen die aus § 3 SächsDG und § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO folgende Pflicht zur Angabe der für die richterliche Überzeugung maßgeblichen Gründe im Urteil und des Verstoßes gegen das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 3 SächsDG und § 108 Abs. 2 VwGO).

19

Der Anspruch der Prozessbeteiligten auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, deren Ausführungen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Davon ist zwar grundsätzlich auszugehen; dies setzt aber voraus, dass die wesentlichen, der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung dienenden Tatsachenbehauptungen jedenfalls in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden (BVerfG, Beschlüsse vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <146>, vom 10. Mai 1990 - 2 BvR 1236/89 - InfAuslR 1990, 280 <281>, vom 29. Januar 1991 - 2 BvR 513/90 - InfAuslR 1991, 179 <180>, vom 14. Januar 1992 - 2 BvR 472/91 - InfAuslR 1992, 222 <225> und vom 13. November 1992 - 1 BvR 708/92 - NJW 1993, 1461). Dementsprechend verlangt die Begründungspflicht des § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO, dass in den Urteilsgründen die tatsächlichen Umstände und rechtlichen Erwägungen wiedergegeben werden, die das Gericht bestimmt haben, die Voraussetzungen für seine Entscheidung als erfüllt anzusehen. Das Urteil muss erkennen lassen, dass das Gericht den ermittelten Tatsachenstoff wertend gesichtet und in welchen konkreten Bezug es ihn zu den angewandten Rechtsnormen gesetzt hat (Urteil vom 18. Februar 1981 - BVerwG 6 C 159.80 - BVerwGE 61, 365 <368>). Zwar ist das Gericht nicht verpflichtet, jedes rechtliche Vorbringen eines Beteiligten in den Gründen ausdrücklich zu bescheiden. Art. 103 Abs. 1 GG ist aber dann verletzt, wenn sich im Einzelfall eindeutig ergibt, dass ein Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen des Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen, nicht nachgekommen ist (Beschluss vom 26. Mai 1999 - BVerwG 6 B 65.98 - NVwZ-RR 1999, 745). Nach diesen Grundsätzen liegt der von der Beschwerde geltend gemachte Verfahrensmangel vor, auf dem das Urteil auch beruhen kann.

20

Diesen Anforderungen ist das Oberverwaltungsgericht nicht hinreichend gerecht geworden. Es ist zwar im Grundsatz zutreffend davon ausgegangen, dass die in der Rechtsprechung des Disziplinarsenats zu den Zugriffsdelikten entwickelten Milderungsgründe nicht als abschließender Kanon der allein beachtlichen Entlastungsgründe anzusehen sind (Urteil vom 29. Mai 2008 juris Rn. 23 m.w.N. ). Eine Zumessungsentscheidung nach § 13 SächsDG, die vor dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Bestand haben soll, setzt voraus, dass die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten steht (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 260 f. und vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 20 f.). Dementsprechend sind entlastende Umstände auch dann beachtlich und in die Gesamtabwägung einzustellen, wenn sie die Voraussetzungen eines anerkannten Milderungsgrundes nicht erfüllen. Das Tatsachengericht hat zu entscheiden, ob die bemessungsrelevanten mildernden Umstände in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines anerkannten Milderungsgrundes kompensieren können. Dabei bieten die anerkannten Milderungsgründe Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Generell gilt, dass deren Gewicht umso größer sein muss, je schwerer das Delikt aufgrund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Handlungen und der Begehung von "Begleitdelikten" und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt (Urteile vom 3. Mai 2007 juris Rn. 23 und vom 29. Mai 2008 juris Rn. 23 ).

21

Bei der konkreten Zuweisung der Disziplinarmaßnahme hat sich das Oberverwaltungsgericht jedoch mit dem Vorbringen der Beklagten zu sonstigen Milderungsgründen nicht hinreichend beschäftigt. Im Anschluss an die Erörterung, ob anerkannte Milderungsgründe vorliegen, hat es sich nur kurz mit der Motivation der Beklagten für das schwere Dienstvergehen befasst und diese als nicht aufklärbar bezeichnet. Im Übrigen beschränken sich die Ausführungen auf die Bewertung der Vertrauensbekundungen von 22 Beschäftigten des Finanzgerichts. Das Oberverwaltungsgericht hat sich bei der Würdigung sämtlicher Gesichtspunkte aber nicht mit dem von der Beklagten in der Berufungsbegründung herausgehobenen - und auch im Tatbestand wiedergegebenen - Umstand befasst, dass sie auch noch nach Aufdeckung ihres Dienstvergehens im August 2007 mit einer kurzen Unterbrechung bis zur Berufungsverhandlung auf ihrem bisherigen Dienstposten in der Geschäftsstelle des Gerichts verwendet worden ist. Dies beruhte darauf, dass der Dienstherr nach dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vom Dezember 2008 keine erneute Ermessensentscheidung nach § 38 SächsDG getroffen hat. Auch die Vertrauensbekundung der Geschädigten, die mit der Beklagten weiterhin in einem gemeinsamen Dienstzimmer zusammengearbeitet hat, hätte besonders erörtert werden müssen. Ihre Bedeutung mag über die derjenigen Stellungnahmen hinausgehen, die sonstige Mitarbeiter der derzeitigen Dienststelle der Beklagten abgegeben haben. Unabhängig von der Frage, ob diesen Umständen nach der Rechtsprechung des Senats rechtliche Relevanz zukommt, sind sie im Vorbringen der Beklagten von zentraler Bedeutung und hätten deshalb erkennbar und nachvollziehbar im Urteil gewürdigt werden müssen.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 07.09.2012 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf

7.500,00 Euro

festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 23.02.2012 zur Errichtung von drei Wohnhäusern (mit Tiefgarage). Ihr Grundstück wie auch das Baugrundstück liegen in einem Bereich, der nach Maßgabe eines sog. „Durchführungsplans“ bebaut worden war. Jener Plan wird als unwirksam angesehen.

2

Den Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 07.09.2012 abgelehnt, da sich das Bauvorhaben der Beigeladenen einfüge und das - allein maßgebliche - „Haus 1“ das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletze. Die Abstandsflächen würden eingehalten und seien für „Haus 1“ auch hinsichtlich der maßgeblichen Geländeoberfläche zutreffend ermittelt worden. Auch eine erdrückende Wirkung oder unzumutbare Verkehrsbelastungen infolge des Bauvorhabens seien nicht festzustellen.

3

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller. Zur Begründung wird angeführt, auch das „Haus 2“ sei zu berücksichtigen. Dieses werde hinter der - nachbarschützenden - hinteren Baugrenze errichtet. Die maßgebliche Geländeoberfläche für „Haus 1“ und „Haus 2“ sei fehlerhaft ermittelt worden. Dem gesamten Vorhaben komme aufgrund seiner Höhe und Massivität eine erdrückende Wirkung zu. Durch die großflächigen Fenster und Balkone bestünden Einsichtsmöglichkeiten in den Gartenbereich. Das Verkehrsaufkommen in der … werde zunehmen.

II.

4

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 07.09.2012 ist unbegründet. Die dargelegten Beschwerdegründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.

5

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Antragsteller nur die Einhaltung solcher Bauvorschriften beanspruchen können, die zumindest auch ihrem (nachbarlichen) Schutz dienen.

6

Dazu gehören nicht verfahrensrechtliche Fragen (etwa zur Zulässigkeit eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens, zu evtl. „Mängeln“ der Bauvorlagen oder zur evtl. Abweichung von dem Vorbescheid vom 01.04.2011).

7

Ebenso ist die planungsrechtliche Frage des „Einfügens“ des Bauvorhabens i. S. d. § 34 BauGB - als solche - für die Rechte der Antragsteller nicht ergiebig. Selbst wenn die - erstinstanzlich vorgetragene - Annahme der Antragsteller zuträfe, dass sich die „Wohnblocks“ der Beigeladenen nach dem nach außen sichtbaren Maß (insbes. der Traufhöhe oder der Geschosszahl) nicht „einfügen“ bzw. den Rahmen des Zulässigen überschreiten, würde ein darin liegender (objektiv-)rechtlicher Verstoß gegen das Bauplanungsrecht keine Verletzung nachbarlicher Belange der Antragsteller begründen (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 20.03.2012, 3 S 223/12, BauR 2012, 1147 [Ls.]).

8

2. Die Annahme der Antragsteller, das Vorhaben der Beigeladenen überschreite eine - nachbarschützende - „faktische hintere Baugrenze“, könnte ausgehend von der „Baureihe“ an der …, der auch das Haus der Antragsteller zuzurechnen ist, auf „Haus 1“ und auf „Haus 2“ des Vorhabens der Beigeladenen zutreffen. Allerdings ist vorliegend - eine vom „planerischen Willen“ der Stadt getragene, nicht nur der allgemeinen städtebaulichen Ordnung, sondern (gerade) dem Nachbarschutz dienende - „Baugrenze“ nicht festzustellen. Dabei mag unberücksichtigt bleiben, dass der „Durchführungsplan Nr. 37“, der historisch Grundlage der Bebauung an der … war, mangels Beschlussfassung durch die Ratsversammlung unwirksam ist. Auch wenn sich - diesem Plan folgend - eine „Perlenschnur“ von Baukörpern entlang der Straße gebildet hat, folgt daraus noch kein tragfähiger Ansatz für einen (beabsichtigten) Nachbarschutz gegen eine rückwärtig in die „Tiefe“ gehende Bebauung. Ein solcher Ansatzpunkt lässt sich auch der von den Antragstellern zitierten Rechtsprechung nicht entnehmen. Eine „regelmäßige“ nachbarschützende Wirkung ist nur für seitliche Baugrenzen an derselben Grundstücksseite anerkannt worden, die „dem Schutz des Eigentümers angrenzender Grundstücke“ dienen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 11.02.1993, 5 S 2313/92, BRS 55 Nr. 71 [bei Juris Tn. 17]). Für vordere oder hintere Baugrenzen gilt dies nicht; hier „lassen sich Fälle denken, in denen die Gemeinde den Nachbarschutz begründet“ (und beabsichtigt; vgl. Bielenberg, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Komm., Stand Apr. 2012, § 23 BauNVO Rn. 59 a. E.); als „Regel“ lässt sich für eine hintere Baugrenze indes keine nachbarschützende Wirkung feststellen (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 2008, § 23 Rn. 6 m. w. N.). Die frühere, am „Durchführungsplan Nr. 37“ orientierte Genehmigungspraxis in der … mag belegen, dass eine reihenförmige Bebauung städtebaulich gewollt war, daraus ist aber nicht abzuleiten, dass eine in die „Tiefe“ reichende Bebauung zum Schutz der Nachbarn unterbleiben sollte.

9

3. Eine Nachbarrechtsverletzung mit der Folge eines Erfolgs des Antrags nach § 80 a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO und der vorliegenden Beschwerde könnte sich nur aus einer Verletzung des nachbarschützenden Gebots der Rücksichtnahme ergeben. Eine solche hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint.

10

Eine Rücksichtslosigkeit meinen die Antragsteller aus der festgesetzten Geländeoberfläche (GOF), den Abstandsflächen, dem übergroßen Staffelgeschoss und der - insgesamt - „erdrückenden“ und „abriegelnden“ Wirkung des Vorhabens der Beigeladenen ableiten zu können. Keiner dieser Gesichtspunkte greift durch.

11

3.1 Eine ausdrückliche (ermessensgesteuerte) „Festsetzung“ der GOF ist nicht erfolgt; insoweit weisen die Antragsteller zutreffend auf die diesbezüglichen erstinstanzlichen Ausführungen der Antragsgegnerin hin (S. 14 der Beschwerdebegründung mit Anlagen Bf 6 und Bf 7). Der rechtlichen Beurteilung ist damit die aus den genehmigten Bauvorlagen ersichtliche Geländeoberfläche zugrunde zu legen. Diese ist - als solche - für die Rechtsposition der Antragsteller irrelevant. Sie wird erst bedeutsam im Zusammenhang mit der Beurteilung der (Voll-)Geschosszahl und der einzuhaltenden Abstandsflächen (dazu unten 3.2).

12

Die (Voll-)Geschoßzahl betrifft das „Maß“ des „Einfügens“ i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB. Auch wenn unterstellt wird, dass eine das Einfügsame übersteigende Zahl von (Voll-)Geschossen genehmigt worden ist, geht - allein - davon keine Verletzung der nachbarlichen Rechte der Antragsteller aus (s. o. 1.) Die Zahl der (Voll-)Geschosse betrifft das Maß der baulichen Nutzung; diesbezügliche planerische Festsetzungen vermitteln ohne ausdrücklichen planerischen Willen der Gemeinde keinen Drittschutz (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.10.1995, 4 B 215.95, NVwZ 1996, 888). Im unbeplanten Innenbereich - wie hier - gilt nichts anderes; insbesondere geht hier der Nachbarschutz nicht weiter als in Plangebieten. Bei Abweichungen vom „einfügsamen“ Maß der Nutzung bietet das drittschützende Rücksichtnahmegebot ausreichenden Schutz (VGH Kassel, Beschl. v. 25.08.2008, 4 B 1320/08, NVwZ-RR 2009, 99).

13

3.2 Die Abstandsflächen knüpfen gem. § 6 Abs. 4 S. 2 LBO an die „festgelegte Geländeoberfläche“ an. Ein Abwehrrecht der Antragsteller könnte sich insofern nur ergeben, wenn - ausgehend von einer - rechtlich zutreffend festgelegten - Geländeoberfläche eine Unterschreitung der nach § 6 Abs. 5 LBO erforderlichen Abstandsflächen vorläge. Derartiges haben die Antragsteller - ausdrücklich - nicht dargelegt. Es ergibt sich auch nicht, wenn die von den Antragstellern für richtig gehaltenen Geländeoberflächen zugrundegelegt werden.

14

Nach den Bauvorlagen (Lage- und Höhenplan, Bl. 33 BA A) ist zwischen den Hauswänden von „Haus 1“ und „Haus 2“ und der Grenze zum Grundstück der Antragsteller ein Abstand von 3 m vorgesehen.

15

3.2.1 Wird die Wandhöhe (H) - zunächst - nur nach dem Gebäudeteil bis zu dem sog. Staffelgeschoss bemessen, ergibt sich folgendes:

16

Die Wandhöhe (H) von „Haus 1“ beträgt 6 m, wenn eine Geländeoberfläche von 24,10 m über NN (bis Terrassenboden Staffelgeschoss; s. „Haus 1“, Ansicht von Osten; Bl. 47 BA A) zugrunde gelegt wird; 0,4 H ergäbe danach 2,4 m. - Für „Haus 2“ (Ansicht von Westen und Osten; Bl. 49 BA A) ergibt sich bei einer Geländeoberfläche von 25,10 m über NN eine Wandhöhe (H) von 5 m (bis Terrassenboden Staffelgeschoss); 0,4 H ergäbe danach 2,0 m.

17

Würde - abweichend hiervon - die Wandhöhe ab der Geländeoberflächen-Höhe angesetzt, die die Antragsteller für richtig halten (also statt 24,10 m für „Haus 1“ 23,75 m [Bl. 5 der Beschwerdebegründung] bzw. für „Haus 2“ 24,36 m [Bl. 16 a.a.O.] oder - gar - nur 23,00 m), ergäbe sich

18

- für „Haus 1“ eine „korrigierte“ Wandhöhe von ([24,10 m - 23,75 m =] 0,35 m + 6 m =) 6,35 m; der Abstand müsste dann (6,35 m x 0,4 =) 2,54 m betragen;

19

- für „Haus 2“ eine „korrigierte“ Wandhöhe von ([25,10 m - 24,36 m =] 0,74 m + 5 m =) 5,74 m; der Abstand müsste dann (5,74 m x 0,4 =) 2,30 m betragen. Ausgehend von 23,00 m Geländehöhe ergäbe sich ein Abstand von ([{25,10 m - 23,00 m} + 5 m] x 0,4 =) 2,84 m.

20

Beide Abstände lägen immer noch - deutlich - im Bereich des nach § 6 Abs. 5 S. 1 LBO Zulässigen. Eine Nachbarrechtsverletzung wegen Abstandsflächenunterschreitung ist damit nicht festzustellen.

21

3.2.2 Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn das sog. Staffelgeschoss in die Ermittlung der Abstandsfläche einbezogen wird. Dabei geht der Senat „zu Gunsten“ der Antragsteller davon aus, dass es sich dabei um keinen „Dachaufbau“ i. S. d. § 6 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 b LBO handelt, dessen Höhe nur zu einem Viertel abstandsflächenwirksam wäre. Bei „vollem“ Ansatz der dem sog. Staffelgeschoss zuzurechnenden Wandhöhe (3 m; vgl. Schnittzeichnungen für „Haus 1“ und „Haus 2“, Bl. 44, 45 BA A) ergibt sich eine Gesamt-Wandhöhe für „Haus 1“ von (6 m + 3m =) 9 m und für „Haus 2“ von (5 m + 3 m =) 8 m; der Abstand müsste demnach (9 m bzw. 8 m x 0,4) für „Haus 1“ bei 3,60 m und für „Haus 2“ bei 3,20 m liegen. Geht man von der Geländeoberfläche aus, die die Antragsteller für richtig halten, ergibt sich für „Haus 1“ eine Abstandsfläche von ([6,35 m + 3 m] x 0,4 =) 3,74 m und für „Haus 2“ von ([5,74 m + 3 m] x 0,4 =) 3,496 m bzw. - ausgehend von 23,00 m Geländehöhe - von 4,04 m.

22

Diese Werte liegen - zwar - oberhalb der Mindestvorgabe von 3 m gem. § 6 Abs. 5 S. 1 LBO. Allerdings ist hier die „zurückspringende“ Außenwand des sog. Staffelgeschosses zu berücksichtigen. Die Abstandsfläche, die - zusätzlich - durch dessen Höhe veranlasst wird, ist von der Außenwand des sog. Staffelgeschosses aus zu bestimmen (vgl. Domning/Möller/Suttkus, LBO, Komm. (Stand 2011), § 2 Rn. 74 [mit „Anlage 20“]). Diese Außenwand liegt - wie die Schnittzeichnungen belegen - ca. 2 m hinter der Außenwand des darunter liegenden Baukörpers. Die unter Einbeziehung des sog. Staffelgeschosses ermittelten Abstandsflächen „beginnen“ m. a. W. erst an der diesem Geschoss zuzuordnenden Außenwand. Daraus folgt, dass dem „unten“ einzuhaltenden und eingehaltenen (s. o. 3.2.1) Abstand von 3 m der „Rücksprung“ des sog. Staffelgeschosses von ca. 2 m hinzuzurechnen ist, so dass - insgesamt - 5 m Abstand zur Verfügung stehen. Sämtliche oben unter Einbeziehung des sog. Staffelgeschosses errechneten Abstandswerte unterschreiten diese Anforderung, so dass auch auch bei dieser Betrachtung keine Abstandsflächenunterschreitung ergibt.

23

3.3 Soweit die Antragsteller die Baugenehmigung angreifen, weil der als Staffelgeschoss bezeichnete Bereich seiner Größe wegen als Vollgeschoss einzustufen sei (vgl. § 2 Abs. 7 LBO), betrifft auch dies das Maß der baulichen Nutzung. Nachbarschutz kann damit auch unter diesem Gesichtspunkt nicht beansprucht werden (s. o. 3.1).

24

3.4 Eine „erdrückende Wirkung“ des Vorhabens der Beigeladenen versuchen die Antragsteller aus der Länge der Baukörper („Haus 1“: 30 m, „Haus 2“: 22 m), aus ihrer „thronenden“ Höhenlage und -entwicklung (u. a. Traufhöhe) und dem von der Nordfassade ausgehenden „Eindruck der Viergeschossigkeit“ abzuleiten. Auch diese Einwände verfangen nicht.

25

Das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme wird in der Regel nicht verletzt, wenn ein Bauvorhaben - wie hier (s. o. 3.2) - den bauordnungsrechtlich geforderten Grenzabstand einhält (Urt. des Senats v. 20.01.2005, 1 LB 23/04, NordÖR 2005, 314). Eine Ausnahme gilt nur für - seltene - Fälle einer „bedrängenden“ oder (gar) „erdrückenden“ Wirkung eines Bauvorhabens oder in Fällen, die – absehbar – zu gravierenden, allein durch die Abstandsflächenwahrung nicht zu bewältigenden Nutzungskonflikten führen (Beschl. des Senats v. 11.11.2010, 1 MB 16/10, NordÖR 2011, 87). Im vorliegenden Fall besteht dafür kein tragfähiger Ansatzpunkt.

26

Eine erdrückende Wirkung im genannten Sinn ist schon im Hinblick auf die - auch nach Realisierung des Bauvorhabens fortbestehende - aufgelockerte Bebauung im Bereich … / … nicht anzunehmen. Die Höhenentwicklung der Baukörper (insbesondere von „Haus 1“ und „Haus 2“) wirkt sich überwiegend - optisch - auf den Ausblick aus dem Garten der Antragsteller aus; aus dem Wohnhaus können die Gebäude nur „schräg versetzt“ wahrgenommen werden. Eine Beeinträchtigung durch Schattenwurf machen die Antragsteller nicht geltend; sie wäre i. ü. auch - unabhängig von der Festlegung der Geländeoberfläche - lagebedingt hinzunehmen. Die Kritik an der „klotzigen“ Bauweise und dem von der Nordfassade ausgehenden „Eindruck der Viergeschossigkeit“ mag dem ästhetischen Empfinden der Antragsteller entspringen; ein substantieller Ansatzpunkt für eine erdrückende Wirkung ist daraus nicht zu gewinnen, zumal die Nordseite des Bauvorhabens vom Grundstück der Antragsteller abgewandt ist. Der Hinweis auf die Länge der (nur aus dem Gartenbereich des Grundstücks der Antragsteller komplett sichtbaren) Bauvorhaben des Beigeladenen übergeht, dass zwischen „Haus 1“ und „Haus 2“ eine 10,5 m breiter Abstand bleibt, so dass bei sachgerechter Betrachtung weder der Eindruck eines „Eingemauertseins“ noch derjenige einer „Riegelwirkung“ entstehen kann. Was die Antragsteller als „thronende“ Wirkung beschreiben, ist Folge der Topographie und des - Nachbarrechte nicht verletzenden - Maßes der genehmigten Bebauung. Anzumerken ist, dass die unmittelbare Nähe zu der - das Baugebiet prägenden - Pauluskirche mit ihrem dominanten neugotischen Turm die Wertung eines „thronenden“ Effekts der vom Beigeladenen geplanten Häuser als fernliegend erscheinen lässt.

27

Soweit die Höhenentwicklung von „Haus 1“ und „Haus 2“ auf das Grundstück der Antragsteller Einblickmöglichkeiten eröffnet, wäre - zunächst - zu fragen, ob diese nicht auch schon von der Altbebauung aus bestanden. Abgesehen davon sind solche Einblickmöglichkeiten in innerstädtischen Wohnlagen - wie hier - grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie es der Fall ist, wenn Nachbarn über den Gartenzaun gucken. Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die abstandsrechtlichen Vorschriften beachtet worden sind (Beschl. des Senats v. 24.11.2011, 1 LA 65/11, NordÖR 2012, 92, m. w. N.). Die Antragsteller können sich i. ü. durch Anpflanzungen oder Abschirmungen gegen unerwünschte Einblicke schützen.

28

4. Die Annahme der Antragsteller, die vorgesehene Anbindung der Tiefgarage an die … verletze § 50 Abs. 9 LBO und werde die Lärmsituation „erheblich verschlechtern“, ist unsubstantiiert. Selbst wenn alle 28 Stellplätze von der … aus angefahren würden (wovon die Antragsteller selbst nicht ausgehen), entstünde nur Anliegerverkehr. Ansatzpunkte dafür, dass eine (unterstellte) Lärmzunahme für die übrigen (mehr als) 20 Wohngrundstücke in der … unverträglich wären, sind weder dargetan noch ersichtlich; anzumerken ist, dass die Orientierungswerte für ein Wohngebiet (vgl. Ziff. 1.1 der DIN 18005) weit unterschritten sein dürften.

29

5. Eine Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens der Beigeladenen lässt sich - schließlich - auch nicht aus einer „Kumulation objektivrechtlicher Verstöße“ (S. 31 f. der Beschwerdebegründung) ableiten. Die Mehrzahl der von den Antragstellern aufgeführten Verstöße betreffen die Bauvorlagen (Ungenauigkeiten; fehlende Markierungen, Schraffuren, Nutzungs-, Höhenangaben, Maße bzw. Berechnungen; Geländergestaltung); soweit die Genehmigung in Bezug auf die südseitigen Balkone beanstandet wird, wird nicht dargelegt, aus welchem Grund es insofern einer Ausnahme oder Befreiung bedurft hätte.

30

Materiell-rechtliche Verstöße gegen das Baurecht werden dem Beschwerdevorbringen der Antragsteller zufolge - in den o. g. Planungsrechtsverstößen gesehen (s. o. II.1, 2).

31

Ob der Ansatz einer „Kumulation objektivrechtlicher Verstöße“ rechtlich überhaupt tragfähig ist, um - vorliegend - Nachbarrechtsschutz zu begründen, ist zweifelhaft. Die von den Antragstellern (dafür) angeführte Entscheidung des VGH Mannheim (Beschl. v. 08.11.2007, 3 S 1923/09, NVwZ-RR 2008, 159) hat die Schwelle rücksichtsloser Betroffenheit des Nachbarn „bei Nachteilen von etwas geringerer Intensität“ für den - speziellen - Fall einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB angenommen, wenn das beanstandete Vorhaben mit den Regelfestsetzungen des Bebauungsplans nicht übereinstimmt. Der vorliegende Fall ist damit nicht vergleichbar. Das Vorhaben der Beigeladenen liegt im unbeplanten Innenbereich; eine planungsrechtlich „definierte“ Vertrauensgrundlage, wie sie im Fall eines (befreiungsbedürftigen) Bebauungsplans vorliegt, fehlt also.

32

Unabhängig davon kann von einer objektiv-rechtlichen Baurechtswidrigkeit des Vorhabens der Beigeladenen nicht ausgegangen werden. Das Vorhaben ist seiner „Art“ nach - unstreitig - in dem unbeplanten Baugebiet zulässig. Zum „Maß“ mag unterstellt werden, dass es den Rahmen der Umgebungsbebauung überschreitet. Daraus ergäbe sich aber nicht zwangsläufig dessen fehlende Einfügsamkeit; nach § 34 Abs. 1 BauGB ist es nicht schlechthin ausgeschlossen, etwas zu verwirklichen, was es in der Umgebung bisher nicht gibt. Eine Überschreitung des Rahmens der Umgebungsbebauung ist - auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung - zulässig, wenn das Vorhaben keine bodenrechtlich beachtlichen Spannungen begründet oder schon vorhandene nicht erhöht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.1978, 4 C 9.77, BVerwGE 55, 369; Urt. v. 17.06.1993, 4 C 17.91, ZfBR 1994, 37; Beschl. v. 23.05.1986, 4 B 83.86, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 113). Ansatzpunkte für eine solche - bewältigungsbedürftige - Sachlage lassen sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Die Wohnbauvorhaben der Beigeladenen können in dem umgebenden Wohngebiet, in dem sich vereinzelt auch andere) größere Objekte befinden, noch hingenommen werden.

33

Selbst wenn man dies anders sähe, wären die die Antragsteller durch das „Maß“ der vorgesehen baulichen Nutzung allenfalls in dem Maße (zusätzlich) betroffen, als die Neubebauung von der Altbebauung abweicht. Insoweit sind die Antragsteller nicht schutzwürdig, denn sie hätten selbst bei einer Beibehaltung der Altbebauung mit Nutzungsänderungen rechnen müssen.

34

6. Die Beschwerde ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig, weil sie sich daran nicht beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).

35

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.

36

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.