Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 26. Apr. 2017 - 2 A 124/15
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte oder die Beigeladenen vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für eine landwirtschaftliche Mehrzweckhalle mit Pferdestall.
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Er ist Eigentümer eines Grundstücks in A-Stadt, B., (Fl. 6, Flst 19/1 u. 20), das südlich an das Vorhabengrundstück der Beigeladenen (Fl. 6, Flst 18) angrenzt. Im nordwestlichen südlich an das Vorhabengrundstück der Beigeladenen angrenzenden Teil des Flurstücks 19/1 befindet sich ein Eichenmischwald mit einer maximalen West-Ostausdehnung von ca. 100 m und einer Nord-Südausdehnung zwischen ca. 100 und 130 m. Unmittelbar entlang der Nordgrenze des Flurstücks 19/1 erstreckt sich eine ca. 50 m lange und zwischen im Westen ca.15 m und an dessen östlicher Spitze ca. 3 m breite Fläche, die sich an den Eichenmischwald östlich anschließt und von Laubgehölzen bestanden ist, von denen einige Bäume Stammdurchmesser zwischen 20 und 40 cm aufweisen. Dazu gehören unter anderem ein ca. 10 m x 25 m großer Erlenbruch mit einem Feuchtgebiet in dessen Mitte sowie mehrere für einen Knick typische sog. Überhälter. Am östlichen Ende dieses Abschnitts steht eine Eiche, die sowohl von der Unteren Naturschutzbehörde als auch der Unteren Forstbehörde als Teil des sich dort nach Nordosten anschließenden Knicks und nicht mehr als Teil des Waldes eingestuft wird. Nach Nordosten setzt sich entlang der Nordgrenze des Flurstücks ein knickartiger Bewuchs zunächst mit Sträuchern und erst ca. 20 m weiter östlich mit weiteren Bäumen in Form von weiteren Überhältern fort.
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Mit Bescheid vom 5.09.2014 erteilte der Beklagte den Beigeladenen eine Baugenehmigung für die Neuerrichtung einer landwirtschaftlichen Mehrzweckhalle mit Pferdestall einschließlich Boxen und Futterkammer mit einer Grundfläche von ca. 1.600 m² auf dem Grundstück an der B. in A-Stadt (Flst. 18 der Flur 6, Gemarkung A-Stadt).
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Das Hauptgebäude soll danach ein 12° geneigtes mit nicht brennbaren Wellzementplatten gedecktes Dach mit einem zur südlichen Grundstücksgrenze parallel verlaufenden First auf einer Unterkonstruktion aus Leimholzbindern erhalten. Dessen Außenwand besteht aus Trapezblechen auf einem 60 cm hohen umlaufenden Betonsockel. Der Stallbereich soll mit Ziegelmauerwerk mit Stahlbetonstützen ausgeführt werden.
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Das Hauptgebäude ist mit einer Breite von 56 m zur gemeinsamen Grenze mit dem Klägergrundstück mit einer Traufhöhe von 5,386 m, einer Wandhöhe von 5,50 m und einem Grenzabstand zwischen 9,50 m und 12 m genehmigt, während ein 21,16 m breiter und 5,65 m tiefer daran südöstlich anschließender Unterstand für Mistcontainer und einen Abstellplatz für Pferdeanhänger und Geräte eine Traufhöhe von 4,185 m und einen Grenzabstand von 6 m bis 6,11 m einhalten soll. Das Gebäude soll weder eine brennbare Dämmung erhalten noch sind Heu- u. Strohlager, Aufenthaltsräume oder eine Feuerungsanlage vorgesehen.
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Am 2.10.2014 legte der Kläger gegen diese Baugenehmigung Widerspruch ein.
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Die Unter Forstbehörde gab zu dem Vorhaben Stellungnahmen vom 8./29.12.2014 mit folgendem Inhalt ab:
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„Aus forstbehördlicher Sicht bestehen keine Bedenken, da sich der angrenzende Laubwald zu einem stufig aufgebauten Bestand entwickelt hat, der unterdurchschnittlich brandgefährdet ist und wo bei den betroffenen Bäumen von einer verminderten Standfestigkeit nicht auszugehen ist. Deshalb erkläre ich hiermit mein Einverständnis zur Unterschreitung des gesetzlich geforderten Mindestabstands, wie hier vorgesehen auf 12 m, was zur Verwirklichung des Vorhabens nötig ist.“
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Die Brandschutzingenieurin des Beklagten führte in ihrer Stellungnahme vom 6.01.2015 aus:
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„Erklärung zur unterdurchschnittlichen Brandausbreitungsgefahr
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Bei dem geplanten Neubau der Halle kann aus folgenden Gründen von einer unterdurchschnittlichen Brandausbreitungsgefahr ausgegangen werden:
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1. durch die geplante Nutzung und Aufteilung der Halle:
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es befindet sich kein Heu- und Strohlager innerhalb der Bewegungshalle und kein ungeschützter Lagerbereich für leicht entflammbare Materialien (äußerst geringe Brandlasten); es befinden sich keine Aufenthaltsräume mit Kochstellen oder Dauerarbeitsplätze mit Maschinen im Gebäude; es ist keine Feuerungsanlage vorgesehen;
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2. durch die Wahl folgender Materialien wird eine rasche Brandausbreitung begrenzt:
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nichtbrennbare Wellzementplatten als Dacheindeckung, Außenwandverkleidung aus nichtbrennbarem Trapezblech über einem 60 cm hohen umlaufenden Betonsockel; im Stallbereich Ziegelmauerwerk mit Stahlbetonstützen; Dachkonstruktion aus Leimholzbindern, die aufgrund der erforderlichen Abmessungen eine deutlich geringere Abbrandgeschwindigkeit haben als z.B. eine Dachkonstruktion aus Nagelplattenbindern. Es kommen keine brennbaren Dämmmaterialien zum Einsatz.
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3. durch betriebliche Maßnahmen:
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die Pferdeboxen befinden sich auf der waldabgewandten Seite des Gebäudes durch einen Brunnenbau und/oder einen geeigneten Löschwasserteich wird die Löschwasserversorgung auf dem Grundstück sichergestellt; durch die Vorhaltung von Feuerlöschern kann ein Brand in der Entstehungsphase schnell eingedämmt werden.
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Es handelt sich bei dem geplanten Gebäude um ein Gebäude der Gebäudeklasse lb ohne Anforderungen an den Feuerwiderstand der tragenden Konstruktion. Die Feuerwiderstandsklasse hat jedoch nur Auswirkung auf die Standsicherheit der Halle, nicht aber auf die Brandausbreitung.“
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Mit Nachtragsbaugenehmigung vom 6.01.2015, die dem seinerzeitigen Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom selben Tag übersandt wurde, ließ der Beklagte im Einvernehmen mit der Unteren Forstbehörde eine Unterschreitung des Waldabstandes durch das Vorhaben auf 12 m zu.
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Dagegen legte der Kläger keinen gesonderten Widerspruch ein.
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Die Brandschutzingenieurin des Beklagten ergänzte ihre Stellungnahme vom 6.01.2015 um folgende Stellungnahme vom 24.02.2015:
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„1. Blitzeinschlag:
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Die Ursache von Waldbränden in Deutschland ist nur in den seltensten Fällen ein Naturereignis. Blitzeinschlag als einzige natürliche Ursache ist bei Waldbränden verhältnismäßig unbedeutend und geht oft einher mit Niederschlägen, so dass nur einzelne Bäume geschädigt werden oder die Brandfläche sehr klein ausfällt. Gefährdet sind jüngere oder lichte Nadelwälder mit leicht brennbarem Material wie Gras, Heide oder trockenen Ästen (Kaulfuß Susanne (FVA): „Waldbrand in Deutschland" in Informationen für die Forstwirtschaft). Bei Laubbäumen — wie hier — ist die Gefahr der Entzündung durch Blitzeinschlag dagegen deutlich geringer. Eine Gefährdung des Gebäudes durch einen Blitzeinschlag in einen Laubbaum der näheren Umgebung erscheint ausgeschlossen.
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2. Festmistcontainer:
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Von Festmist geht aus meiner Brandschutzerfahrung und auch nach der Literatur bei praxisüblichem Strohanteil im Mist keine besondere Brandgefahr aus.
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Das Heu- und Strohlager ist in einem gesonderten Gebäude auf dem Grundstück in einem Abstand von > 30,00 Meter zur Mehrzweckhalle geplant.
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3. Öffnungen in der Gebäudewand
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Bei den Öffnungen handelt es sich um Schiebetore zur Bewegungshalle, die im Bedarfsfall geöffnet werden. Eine erhöhte Gefahr durch die Öffnungen besteht nicht, da die Halle — abgesehen von der eigenen Konstruktion — keine Brandlasten enthält. Die Stallboxen befinden sich auf der waldabgewandten Seite.“
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In einer weiteren Stellungnahme vom 22.01.2016 heißt es:
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„Die Brandschutzingenieurin beurteilt entsprechend § 24 LWaldG die Brandausbreitungsgefahr, die von der baulichen Anlage ausgeht (Gebäude + Nutzung); der Abstand zum Wald ist dabei zunächst ohne Bedeutung. Nur wenn von der baulichen Anlage eine unterdurchschnittliche Brandgefahr ausgeht, ist eine Unterschreitung des Waldabstandes zulässig. Die Forstbehörde beurteilt dann, ob der Wald unterdurchschnittlich leicht in Brand geraten kann und andere Aspekte des LWaldG wie Windwurfgefahr, Walderhaltung, Waldbewirtschaftung, Naturschutz und Landschaftspflege.
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Ergänzend zur Checkliste — die in der Regel von der Bauaufsichtsbehörde ausgefüllt wird, hat die Brandschutzingenieurin eine Stellungnahme am 06.01.2015 und eine Ergänzung (zum Schreiben RA A. vom 09.02.15) am 24.02.2015 abgegeben.
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Es handelt sich bei der Mehrzweckhalle um ein Gebäude der Gebäudeklasse 1 b (freistehende landwirtschaftlich genutzte Gebäude) nach § 2 Abs. 3 LBO, an das keine Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden Konstruktion gestellt werden (§ 28 LBO). Die Feuerwiderstandsfähigkeit bezieht sich bei tragenden Bauteilen aber auch auf deren Standsicherheit im Brandfall und nicht auf die Brandausbreitung.
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Die Vorgehensweise für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Unterschreitung des Waldabstandes nach § 24 LWaldG ist im gemeinsamen Runderlass des Innenministeriums und des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume vom 30.08.2013-V 544-7414.2 geregelt. Die Beurteilung der Brandausbreitungsgefahr erfolgt auf Grundlage der Bauantragsunterlagen, die weder Lagerflächen außerhalb des Gebäudes zum Wald, noch eine Lagernutzung für leichtbrennbare Stoffe in der Halle beinhalten.“
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Auf einen am 4.12.2014 vom Kläger gestellten Antrag im Verfahren 2 B 89/14 ordnete das erkennende Gericht mit Beschluss vom 9.12.2014 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Klägers gegen die Baugenehmigung vom 5.09.2014 an.
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Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht änderte im Beschwerdeverfahren (1 MB 47/14) mit Beschluss vom 18.03.2015 auf der Grundlage der inzwischen vorliegenden Stellungnahmen der Unteren Forstbehörde und der Brandschutzingenieurin des Beklagen sowie der am 6.01.2015 erteilten Nachtragsbaugenehmigung die Entscheidung dahingehend, dass der Antrag auf Anordnung der aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Klägers abgelehnt wurde.
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Zur Begründung heißt es im Beschluss vom 18.03.2015:
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„Entscheidend für die Interessenabwägung zu Gunsten der Beigeladenen ist, dass die angefochtene Baugenehmigung trotz der räumlichen Nähe des genehmigten Vorhabens zu dem Wald des Antragstellers dessen Rechte voraussichtlich nicht verletzt. Der Senat neigt zwar aus den vom Verwaltungsgericht genannten Gründen dazu, § 24 LWaldG eine nachbarschützende Wirkung zu Gunsten der betroffenen Waldeigentümer beizumessen, soweit die Vorschrift der Sicherung der Waldbewirtschaftung und der Verhütung von Waldbränden dient. Die gemäß § 24 Abs. 2 S. 2 LWaldG mit der angefochtenen Baugenehmigung vom 05. September 2014 in der Fassung des ergänzenden Bescheides vom 06. Januar 2013 zugelassene Unterschreitung des grundsätzlich in § 24 Abs. 1 S. 1 LWaldG vorgeschriebenen 30 m Abstandes baulicher Anlagen zum Waldrand auf 12 m dürfte aber mit diesen Schutzzwecken vereinbar sein. Eine Erschwerung der Waldbewirtschaftung macht der Antragsteller selbst nicht geltend. Eine Gefährdung des Waldes durch Brand ist nach den fachlichen Beurteilungen der Brandschutzingenieurin des Antragsgegners und der Forstbehörde, die ausdrücklich ihr Einvernehmen zu der Unterschreitung des Abstandes auf 12 m erteilt hat, nicht zu besorgen. Ihre Stellungsnahmen zeigen, dass eine Brandgefährdung des Waldes des Antragstellers durch das Vorhaben nicht besteht. Die Forstbehörde weist darauf hin, dass der angrenzende Laubwald sich zu einem stufig aufgebauten Bestand entwickelt habe und in seiner Standfestigkeit nicht beeinträchtigt sei; er sei deshalb unterdurchschnittlich brandgefährdet. Nach der Beurteilung der Brandschutzingenieurin des Antragsgegners geht von der geplanten Halle zudem nur eine unterdurchschnittliche Brandausbreitungsgefahr aus. Sie weist u.a. darauf hin, dass die Nutzung nur zu äußerst geringen Brandlasten führe und dass die vorgesehene Dachkonstruktion und die Baumaterialien (Wellzementplatten als Dacheindeckung, Außenwandverkleidung aus nicht brennbaren Trapezblechen auf 60 cm hohem Betonsockel, nicht brennbare Dämmmaterialien) dazu geeignet seien, eine rasche Brandausbreitung zu verhindern. Auch unter Berücksichtigung der in den Schriftsätzen des Antragstellers vom 28. Januar 2015 und vom 17. März 2015 geäußerten Kritik hält der Senat diese fachlichen Beurteilungen nach der in diesem Verfahren nur möglichen summarischen Überprüfung für überzeugend. Anhaltspunkte dafür, dass die Forstbehörde bei ihrer Beurteilung wesentliche, für die Beurteilung der Brandgefahr maßgebliche Aspekte ignoriert hat, sind nicht erkennbar. Die Brandschutzingenieurin hat ihre Stellungnahme im Hinblick auf Gefahren durch Blitzeinschlag, durch den Festmistcontainer und Öffnungen in der Gebäudewand mit Schreiben vom 24. Februar 2015 ergänzt und ihre Beurteilung mit plausiblen Begründungen aufrecht erhalten (vgl. Stellungnahme vom 24. Februar 2015). Sofern sich die vom Antragsteller befürchteten Brandgefahren durch Schmiedearbeiten im Hauptsacheverfahren als erheblich erweisen, bleibt es dem Antragsgegner unbenommen, hierzu im Widerspruchsbescheid ergänzende Regelungen zu treffen (z.B. Verbot von Schmiedearbeiten).“
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Mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2015 – dem seinerzeitigen Bevollmächtigten des Klägers am 8.07.2015 zugestellt - wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers – wie es dort heißt – „gegen die … am 5.09.2014 erteilte Baugenehmigung in der Fassung der Nachtragsbaugenehmigung vom 6.01.2015“ als unbegründet zurück und ergänzte die angefochtene Baugenehmigung gleichzeitig um folgende Auflage:
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„In der Halle und den Boxen sowie im Bereich zwischen Halle und dem südöstlichen Nachbargrundstück Flurstück 19/1 der Flur 5, Gemarkung A-Stadt, dürfen keine Warmbeschlag-Hufschmiedearbeiten ausgeführt werden.“
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Unter dem 17.09.2015 erteilte der Beklagte den Beigeladenen eine Baugenehmigung für den Einbau einer Holzbalkendecke der Bewegungshalle als Raumabschluss der darunter liegenden Räume (Futter- und Sattelkammer, Untersuchungsplatz) im Erdgeschoss. Den dagegen vom Kläger am 19.10.2015 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.04.2016, dem Kläger am 28.04.2016 zugestellt, als unbegründet zurück. Dagegen ist keine Klage erhoben worden.
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Am 5.08.2015 hat der Kläger gegen die Baugenehmigung vom 5.09.2014 und die Nachtragsbaugenehmigung vom 6.01.2015 Klage erhoben und trägt zur Begründung im Wesentlichen vor, die Ausführungen der Brandschutzingenieurin, auf die sich der Beklagte für die Zulassung der Unterschreitung des Waldabstandes gestützt habe, seien mangelhaft und unzureichend. Da die Brandschutzingenieurin dienstlichen Weisungen unterliege, nehme sie keine objektive Beurteilung vor. Es betrage der Abstand des Vorhabens zum Wald an der dichtesten Stelle 9,85 m und an weiteren Stellen kaum mehr als 12 m. Es handele sich bei der unmittelbar südwestlich des Bauvorhabens befindlichen mit Bäumen bestandenen Fläche um Wald iSd Waldgesetzes. Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Unterschreitung des Waldabstandes seien nicht erfüllt. Die von der Brandschutzingenieurin des Beklagten vorgelegte Checkliste Waldabstand sei als Beweis für die Beurteilung der Brandgefährdung untauglich, da die aufgelisteten Kriterien weder vollständig seien noch die ausgefüllte Liste den tatsächlichen Gegebenheiten entspreche. So sei das Haupttragwerk der Außenwände und des Daches aus Holz und die zum Wald gewandte Gebäudeseite bestehe aus Holzständerwerk mit der geringsten Feuerschutzklasse (F 30) und nicht wie behauptet aus Stahlbetonstützen. Die Mehrzweckhalle verfüge sowohl über einen Aufenthaltsraum für Mitarbeiter als auch über einen Waschraum mit Dusche, sodass eine Warmwasserversorgung vorhanden sei. Es fehle sowohl eine Brandmelde- als auch eine Löschanlage und durch die Lage des Gebäudes und der Entfernung zur nächsten Wohnbebauung würde im Brandfall eine Ausbreitung des Feuers stundenlang unbemerkt bleiben. Wegen der Beschaffenheit der Zuwegung sei das Gebäude für Feuerwehrfahrzeuge schwer erreichbar. Der vorhandene Teich sei selbst nach starken Regenfällen kaum gefüllt und außerdem im Winter zugefroren. In der Halle würden überwiegend leichtbrennbare Stoffe, die für die Pferdehaltung und -zucht notwendig seien, gelagert. Sowohl Heu mit Selbstentzündungsgefahr als auch Stroh, Vorräte an Einstreu und Kraftfutter würden nicht nur für den täglichen Bedarf gelagert. Sämtliche Boxen und ein Teil der Halle seien mit Stroh eingestreut. Im Unterstand auf der seinem Grundstück zugewandten Seite werde ein Festmistlagerplatz unterhalten, während der angenommene Festmistcontainer nicht vorhanden sei. Von Festmist mit hohem Heu- und Strohanteil gehe eine hohe Selbstentzündungsgefahr aus.
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Die Untere Forstbehörde sei unzutreffender Weise davon ausgegangen, dass Wald und Waldrand durch einen stufigen Aufbau gekennzeichnet seien. Die am Waldrand befindlichen Eichen und Erlen seien atypisch für einen stufig aufgebauten Bestand. Eine unterdurchschnittliche Brandgefahr sei nicht gegeben, was sich an zahlreichen vom Blitz getroffenen Bäumen in unmittelbarer Nähe zeige. Außerdem seien die vielen umgefallenen Bäume im Wald und am Waldrand Beweis für eine verminderte Standfestigkeit. Durch die ungerechtfertigte Unterschreitung des Waldabstandes werde er als Eigentümer des angrenzenden Waldes in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt.
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Zur Begründung des hilfsweise gestellten Beweisantrages trägt der Kläger vor, die Stellungnahme der Brandschutzingenieurin des Beklagten vom 06.01.2015 bewerte nicht das Fehlen einer Brandmelde- und Löschanlage im Bauvorhaben. Sie berücksichtige weiterhin nicht, dass Brände nur dann durch die vorhandenen Feuerlöscher in der Entstehungs-phase schnell eingedämmt werden könnten, wenn Personen vor Ort seien, die diese
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Feuerlöscher bedienten. Es hielten sich zur Versorgung der gehaltenen Pferde allerdings lediglich stundenweise Personen vor Ort auf, sodass während eines Großteils des Tages Brände in der Entstehungsphase - und weit darüber hinausgehend - unentdeckt bleiben würden. Die Stellungnahme der Brandschutzingenieurin des Beklagten vom 24.02.2015 weis außerdem einen Widerspruch zur „Checkliste Waldabstand“ auf, als dass in der Stellungnahme unter Ziff. 2 ausgeführt werde, von Festmist gehe „keine besondere Brandgefahr aus“. Die vorgenannte Checkliste weise Festmistlagerplätze als Kriterium für überdurchschnittliche Brandgefahr aus. Eine Überprüfung der Stellungnahmen der Brandschutzingenieurin des Beklagten mit eigenen Feststellungen im Hinblick auf die tatsächliche Situation vor Ort sei daher unumgänglich. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Beklagte in den vorgenannten Stellungnahmen nur die Kriterien für eine unterdurchschnittliche Brandgefahr entsprechend der Checkliste referieren lasse, ohne sich mit den zweifellos gegebenen Kriterien für eine überdurchschnittliche Brandgefahr entsprechend der Checkliste bewertend auseinanderzusetzen. Nach der brandschutztechnischen Beschreibung der Bauantragsteller sei selbst von dort von einer mittleren Gefahr ausgegangen worden. Ein einzuholendes Sachverständigengutachten müsse sich auch mit der konkreten Nutzung des Grundstücks an der waldzugewandten Seite (Abstell- und Lagerfläche sowie Arbeitsraum für Instandhaltungsarbeiten etc.) auseinandersetzen.
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Der Kläger beantragt,
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die Baugenehmigung vom 5.09.2014 und die Nachtragsbaugenehmigung vom 6.01.2015 sowie den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 25.06.2015 aufzuheben.
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hilfsweise,
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zum Beweis der Tatsache, dass von dem streitgegenständlichen Bauvorhaben, nämlich der landwirtschaftlichen Mehrzweckhalle mit Pferdestall und Futterkammer, eine zumindest durchschnittliche Brandgefährdung für den angrenzenden Wald gegeben ist und auch vom Wald ausgehend zumindest eine durchschnittliche Brandgefahr auf das streitgegenständliche Bauvorhaben wirkt, Beweis zu erheben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens im Sachgebiet (vorbeugender) Brandschutz.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte sieht durch die angefochtene Baugenehmigung und die damit verbundene Zulassung der Unterschreitung des Waldabstandes den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt.
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Die Beigeladenen beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Sie tragen im Wesentlichen vor, der Kläger könne sich ihnen gegenüber nicht auf eine Verletzung bauplanungsrechtlicher oder bauordnungsrechtlicher Vorschriften berufen, da der bereits bestandskräftige Bauvorbescheid vom 11.09.2013 diese Fragen abschließend geregelt habe. Der Kläger könne sich auch nicht auf eine Verletzung sonstiger drittschützender Vorschriften gegenüber ihrem Vorhaben berufen. Insbesondere hätten die Vorschriften über den einzuhaltenden Waldabstand weder einen drittschützenden Charakter, noch würden diese durch die angefochtene Baugenehmigung verletzt. Bei dem entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze bis auf Höhe ihres Vorhabens verlaufenden, mit Sträuchern, einzelnen Bäumen und einer Erlenreihe bewachsen Bereich handele es sich nicht um eine Waldfläche, sondern um einen teilweise durchbrochenen und ausgedünnten Knick mit einem Biotop in Form eines Feuchtgebietes. Das südwestlich angrenzende Waldgebiet mit einem Eichenmischwald unterscheide sich deutlich in Bewuchs, Baumdichte und Untergrund. Die gesamte Fläche bis zu einem Überhälter weise Unterbrechungen auf und gebe nicht den Eindruck wieder, dass es sich um eine zusammenhängende Waldfläche handele. Insbesondere bestehe keine Waldbrandgefahr durch ihr Vorhaben. In der Anlage befinde sich insbesondere keine Schmiede und das Gebäude sei aufgrund seiner Konstruktion unterdurchschnittlich brandgefährdet. Soweit in der Halle auf ca. 300 m² Sandfläche im Durchschnitt vier bis höchstens acht Ballen Heu stünden, würden diese zur Fütterung in Heunetze aufgeteilt, sodass die Gefahr der Selbstentzündung ausgeschlossen sei. Es werde nur abgelagertes vorher inspiziertes Heu geliefert. Als Einstreu diene ein Ballen Stroh pro Woche oder Strohmehl, das im Pferdetransporter bereitgehalten werde. Künftig werde ein Monatsbedarf Heu und Stroh in einem Schuppen gelagert. Die Waldbrandgefahr werde durch ihr Vorhaben sogar reduziert, da bislang der Wald ohne ständige Beobachtung gewesen sei, sodass ein Feuer lange unentdeckt geblieben wäre. Auch hätten zuvor ständig ca. 40 Ballen Heu ohne jede Überwachung direkt am Südrand des Waldes gelagert. Auf den Flächen des Klägers hätten ständig ca. 20 Ballen teilweise in Baumnähe gelegen. Nunmehr sei durch ihren Betrieb jedenfalls täglich 8 Stunden jemand auf dem Gelände, sodass ein Waldbrand leichter entdeckt und besser bekämpft werden könnte. Im Übrigen sei die Nachtragsbaugenehmigung vom 6.01.2015 mangels dagegen vom Kläger eingelegtem Widerspruch inzwischen bestandskräftig.
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Der Einzelrichter hat am 11.08.2016 die Örtlichkeiten in Augenschein genommen. Wegen der dabei vom Gericht getroffenen Feststellungen wird auf das Ortsterminsprotokoll und die gefertigten Fotos Bezug genommen.
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Mit Beschluss vom 23.01.2017 hat die Kammer den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
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Die Untere Fortbehörde hat am 1.03.2017 dem Beklagten mitgeteilt, dass es sich bei dem „strittigen Knickeichenüberhälter“ nicht um Wald iSd Landeswaldgesetzes handele, obwohl Kronenschluss zum Wald bestehe. Der Baum selbst stehe jedoch deutlich abgesetzt zum Wald und es sei dazwischen auch keine typische Waldflora zu erkennen.
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Die Untere Naturschutzbehörde hat am 7.03.2017 dem Beklagten mitgeteilt, dass es sich bei dem im Plan als „Eiche Überhälter“ gekennzeichneten Baum um einen Bestandteil des entlang der Grundstücksgrenze verlaufenden Knicks handele. Die einzeln stehende Knickeiche sei typischer Bewuchs dieses lineare Landschaftselement und charakterisiere als Überhälter (von der Knickpflege ausgenommener Baum) maßgeblich diesen Teil der holsteinischen Kulturlandschaft.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
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Die streitbefangene Baugenehmigung vom 5.09.2014 in der Fassung der Nachtragsbaugenehmigung vom 6.01.2015 unter ausdrücklich im Einvernehmen mit der Unteren Forstbehörde zugelassener Unterschreitung des Waldabstandes und des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2015 mit der darin zusätzlich verfügten Auflage zum Verbot von Warmbeschlag-Hufschmiedearbeiten verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
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Soweit die Nachtragsbaugenehmigung vom 6.01.2015, die dem seinerzeitigen Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 6.01.2015 übersandt und diesem zudem im Rahmen des Beschwerdeverfahrens 1 MB 47/14 bekannt geworden ist, nicht ausdrücklich mit einem gesonderten Widerspruch vom Kläger angefochten worden ist, wird dies vom Gericht deshalb für unschädlich gehalten, weil der Kläger die Baugenehmigung vom 5.09.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2015 anficht, der seinerseits einen Widerspruch des Klägers – wie es dort heißt - „gegen die … am 5.09.2014 erteilte Baugenehmigung in der Fassung der Nachtragsbaugenehmigung vom 6.01.2015“ als unbegründet zurückweist.
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Bei Nachbarklagen gegen bauaufsichtliche Zulassungen ist nicht allein die objektive Rechtswidrigkeit der angefochtenen Baugenehmigung in den Blick zu nehmen, sondern Rechtsbehelfe dieser Art können nur erfolgreich sein, wenn darüber hinaus gerade der klagende Nachbar in subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt ist. Ob die angefochtene Baugenehmigung insgesamt objektiv rechtmäßig ist, ist nicht maßgeblich. Vielmehr ist die Baugenehmigung allein daraufhin zu untersuchen, ob sie gegen Vorschriften verstößt, die dem Schutz des um Rechtsschutz nachsuchenden Nachbarn dienen. Der Nachbar kann sich nur auf solche Interessen berufen, die das Gesetz im Verhältnis der Grundstücksnachbarn untereinander als schutzwürdig ansieht. Dabei ist für die Beurteilung der Verletzung von öffentlich-rechtlich geschützten Nachbarrechten durch eine Baugenehmigung allein der Regelungsinhalt der Genehmigungsentscheidung maßgeblich. Eine hiervon abweichende Ausführung kann die Aufhebung der Baugenehmigung demgegenüber nicht rechtfertigen.
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Nach der maßgeblichen Rechtslage ergibt sich, dass der Kläger gegenüber der angefochtenen Baugenehmigung die Verletzung nachbarschützender Vorschriften nicht mit Erfolg geltend machen kann.
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Diese verstößt nicht gegen die auch den Kläger in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten als Eigentümer des angrenzenden Waldes schützende Vorschrift des § 24 Abs. 1 Satz 1 LWaldG.
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Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 LWaldG ist es zur Verhütung von Waldbränden, zur Sicherung der Waldbewirtschaftung und der Walderhaltung, wegen der besonderen Bedeutung von Waldrändern für den Naturschutz sowie zur Sicherung von baulichen Anlagen vor Gefahren durch Windwurf oder Waldbrand verboten, Vorhaben iSd § 29 des Baugesetzbuches in einem Abstand von weniger als 30 Meter vom Wald (Waldabstand) durchzuführen.
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Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm sind nach Auffassung des Gerichts erfüllt. Bei – der inzwischen erfolgten - Realisierung des geplanten Bauvorhabens beträgt der Abstand kaum mehr als 12 Meter zu einem als Wald einzustufenden Fläche. Es handelt sich bei der unmittelbar südwestlich des Vorhabenstandortes befindlichen, mit Bäumen bestandenen Fläche auch um Wald iSd Waldgesetzes.
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Nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 1 Satz 1 LWaldG ist Wald im Sinne dieses Gesetzes jede mit Waldgehölzen bestockte Grundfläche. Nach § 2 Abs. 3 LWaldG sind Waldgehölze iSd Gesetzes alle Waldbaum- und Waldstraucharten ohne Rücksicht auf Alter und Zustand. Bestockung ist danach der flächenhafte Bewuchs mit Waldgehölzen ohne Rücksicht auf Verteilung und Art der Entstehung. Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 LWaldG sind Wald nicht
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1. in der Flur oder im bebauten Gebiet gelegene kleinere Flächen, die nur mit einzelnen Baumgruppen, Baumreihen oder Hecken bestockt sind,
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2. Baumschulen,
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3. Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkulturen,
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4. Schnellwuchsplantagen sowie
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5. zum Wohnbereich gehörende Parkanlagen und mit Waldgehölzen bestandene Friedhöfe, ausgenommen Friedhöfe, auf denen die Waldfunktionen (§ 1 Abs. 2 Nr. 1) erhalten bleiben.
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§ 2 LWaldG stellt damit ebenso wie § 2 BWaldG zur Bestimmung des Waldes allein auf objektive Kriterien ab. Die früheren, auf die subjektive Zielsetzung gerichteten Definitionen, dass Grundstücke hauptsächlich oder wesentlich der Holzgewinnung dienen oder dazu bestimmt seien, sind damit überholt. Dies bedeutet, dass zur Bestimmung der Waldeigenschaft grundsätzlich auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen ist.
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Die Waldeigenschaft ist damit unabhängig von Eintragungen im Waldverzeichnis, im Grundbuch, in Flächennutzungsplänen oder in Liegenschaftskarten. Unerheblich ist, wie es zur Waldbildung gekommen ist, d. h. entweder durch bewusste Aufforstung oder durch natürliche Sukzession. In der Rechtsprechung wird durchgängig die Auffassung vertreten, dass es für die Beurteilung als Wald nicht von Bedeutung ist, ob die Bestockung durch planmäßiges menschliches Handeln oder ohne menschliches Tun entstanden ist (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 20.12.1993, - 3 S 2356/91 -).
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Ob ein Wald „rechtswidrig“ an ein Vorhabengrundstück herangerückt ist und ob der Eigentümer dieses Grundstücks möglicherweise eine Beseitigung des Waldes erfolgreich veranlassen könnte, ist unerheblich. Um zu gewährleisten, dass die in § 24 Abs. 1 Satz 1 LWaldG genannten Schutzzwecke der Vorschrift nicht verletzt werden, darf die Genehmigung erst dann erteilt werden, wenn feststeht, dass der erforderliche Waldabstand auch tatsächlich eingehalten wird (so ausdrücklich OVG Schleswig, Beschl. v. 17.02.2010, - 1 LA 3/10 -; VG Schleswig, Urt. v. 2.10.2009, - 2 A 84/08 -).
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Bei Anlegung dieser rechtlichen Maßstäbe und nach dem Eindruck der vorliegenden Luftbilder, Fotos und der Ortsbesichtigung ist das Gericht zu der Auffassung gelangt, dass es sich bei den unmittelbar südwestlich des Vorhabenstandortes befindlichen, mit Bäumen bestandenen Fläche als untrennbarerer Teil des sich im weiteren westlichen und südwestlichen Verlauf des Flurstücks 19/1 vorhandenen Eichenmischwaldes insgesamt um Wald iSd Waldgesetzes handelt. Diese Flächen sind fast durchgehend mit Waldgehölzen, insbesondere hochgewachsenen Waldbaumarten bestanden. Der schon durch die vorhandenen Luftbildaufnahmen insoweit vermittelte flächenhafte Eindruck eines durchgehenden Kronenschlusses hat sich bei der Ortsbesichtigung bestätigt. Dass der vorhandene Gehölzbestand zwischen dem eigentlichen Eichenmischwald und an dessen nordöstlichem Rand stehenden Eiche gegenüber der Südwestecke des Unterstandes einzelne Lücken aufweist, rechtfertigt ebenso wenig eine andere Beurteilung wie der Umstand, dass es sich im Grenzbereich offenbar ursprünglich um einen Knick gehandelt hat und das Feuchtgebiet mit der umgebenden Erlenreihe eigenständig als Biotop betrachtet wird.
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Während jedenfalls jenseits der Eiche gegenüber der Südwestecke des Unterstandes des streitbefangenen Vorhabens in nordöstlicher Richtung der vorhandene Bewuchs angesichts der anschließenden Lücke und der bloßen Knickartigkeit keine Waldeigenschaft mehr aufweist, vermögen nach dem vom Gericht vor Ort gewonnenen Eindruck die Lücken zwischen den Bäumen in südwestlicher Richtung zum Eichenmischwald hin die Waldeigenschaft dieser Fläche nicht in Frage zu stellen.
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Unabhängig davon, ob man die Eiche gegenüber der Südwestecke des Unterstandes noch zu dem jedenfalls südwestlich davon beginnenden Wald zählt oder wie die Untere Naturschutzbehörde und die Untere Forstbehörde in ihren jüngsten Stellungnahmen diese davon ausnimmt und lediglich als Überhälter des Knicks einstuft, hält das genehmigte Vorhaben den Waldabstand von 30 Metern iSv § 24 Abs. 1 Satz 1 LWaldG unstreitig nicht ein.
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Ein Verstoß gegen die Regelung über den einzuhaltenden Waldabstand des § 24 Abs. 1 Satz 1 LWaldG würde auch eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte des Klägers als Eigentümer des von einem möglichen Brand des Vorhabens bedrohten angrenzenden Waldes darstellen. Zum Schutzzweck des § 24 Abs. 1 Satz 1 LWaldG gehört ausdrücklich auch der Schutz vor Gefahren für den Wald und damit des Eigentümers des Waldes (vgl. VGH Mannheim Urt. v. 25.11.1982, - 3 S 1121.82 -; Urt. v. 7.12.1988, - 3 S 2993.88; Urt. v. 31.8.1995, - 8 S 1719.95 -). Auch das OVG Schleswig hat aus diesem Zweck der Vorschrift offenbar abgeleitet, dass sie – neben den Interessen der Allgemeinheit an der Verhütung der bezeichneten Gefahren – auch dem Schutz des jeweiligen Waldeigentümers dient (Beschl. v. 15.10.2013, - 1 MB 25/13 -).
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Zudem ergibt sich der drittschützende Charakter des § 24 Abs. 1 S. 1 LWaldG aus dem Umstand, dass der aus dem Landeswaldgesetz folgenden Verpflichtung des Waldeigentümers, den Wald im Falle seiner Zerstörung etwa durch einen Brand wieder aufzuforsten, das Recht des Waldeigentümers folgen muss, Bedrohungen des Waldbestandes insbesondere bei Missachtung der Schutzvorschrift des § 24 Abs. 1 S. 1 LWaldG genauso abzuwehren, wie es dem Eigentümer eines unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes zugestanden wird (BVerwG, Urt. v. 21.04.2009, – 4 C 3/08 –), sich gegen eine Beeinträchtigung des denkmalrechtlichen Umgebungsschutzes „seines“ Denkmals zu wenden, weil ihm nach dem Denkmalrecht ebenfalls Erhaltungspflichten auferlegt sind.
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Gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 LWaldG kann die zuständige Bauaufsichtsbehörde allerdings – wie im vorliegenden Fall gesehen - im Einvernehmen mit der Forstbehörde Unterschreitungen des Abstandes zulassen, wenn eine Gefährdung nach Abs. 1 Satz 1 nicht zu besorgen ist.
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Die Voraussetzungen dafür liegen hier auch vor.
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Eine Gefährdung nach § 24 Abs. 1 Satz 1 LWaldG ist nicht zu besorgen, wenn in der konkreten Situation aufgrund besonderer Umstände die Gefahren, vor denen der Waldschutzstreifen schützen soll, also Gefahren für den Wald einerseits sowie von dem Wald auf das geplante Vorhaben ausgehende Gefahren andererseits praktisch ausgeschlossen, zu vernachlässigen oder vermeidbar sind (OVG Schleswig, Urt. v. 16.03.2006, - 1 LB 3/05 -). Solche besonderen Umstände sind hier zum einen in Form einer unterdurchschnittlichen Brandausbreitungsgefahr aufgrund der Konstruktion und genehmigten Nutzung des Hallengebäudes gegeben.
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Das Gericht folgt insoweit den überzeugend begründeten Annahmen der Brandschutzingenieurin des Beklagten und nimmt zur Vermeidung von Wiederholung auf deren Stellungnahmen vom 6.1.2015, 24.02.2015 und 22.01.2016 Bezug.
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Die von dem Kläger zur Begründung des hilfsweise gestellten Beweisantrags angeführten Erwägungen rechtfertigen nach Auffassung des Gerichts keine andere Beurteilung und auch nicht die beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens. Die in den Stellungnahmen dargelegten tatsächlichen Gesichtspunkte werden vom Gericht als ausreichend erachtet, um selbst die Frage, ob von dem Vorhaben eine unterdurchschnittliche Brandausbreitungsgefahr ausgeht, beurteilen zu können. Hervorzuheben ist insoweit, dass maßgebliche Beurteilungsgrundlage allein der Inhalt der Baugenehmigung sein kann, der insbesondere in dem waldzugewandten Bereich des Vorhabens keine offene Lagerung von Festmist, sondern ausdrücklich in Festmistcontainern vorsieht. Ebenso wenig ist eine die Brandlast erhöhende Lagerung von Heu- und Strohvorräten in der Halle Baugenehmigungsgegenstand.
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Das Gericht geht zudem nach den Stellungnahmen der Unteren Forstbehörde davon aus, dass auch der angrenzende Wald nur unterdurchschnittlich leicht in Brand geraten kann. Auch insoweit greifen die von dem Kläger erhobenen und zur Begründung des Beweisantrages angeführten Erwägungen nach Auffassung des Gerichts nicht durch. Gerade die Besonderheiten des vorliegenden Waldabschnitts streiten überzeugend gegen die Annahme einer vom Wald ausgehenden, mehr als unterdurchschnittlichen Brandgefahr. Insoweit weist die Untere Forstbehörde zutreffend auf die Art des Baumbestandes hin. Außerdem erweist sich der allein überhaupt in dem 30 m Waldabstand liegende Waldabschnitt von seinem Ausmaß als zu geringe Brandlast, um - selbst wenn er in Brand geraten sollte – nicht zuletzt aufgrund der nicht brennbaren Außenhaut des Gebäudes das Vorhaben zu gefährden. Zum anderen stellt sich dieser Waldabschnitt, der wesentlich aus einem Feuchtgebiet, dem Erlenbruch besteht, was wesentlich für eine jedenfalls unterdurchschnittliche Gefahr spricht, dass dieser in Brand gerät. Wegen des geringen Umfangs an Bäumen dieses Waldabschnitts und deren Baumart hält das Gericht auch eine Gefährdung von Personen, die sich im Waldabstand des Gebäudes aufhalten, durch Windwurf oder Windbruch für zu vernachlässigend gering.
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Insofern teilt das erkennende Gericht nunmehr ausdrücklich die bereits vom 1. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts im Beschluss vom 18.03.2015 im Verfahren 1 MB 47/14 dargestellte und oben im Tatbestand wiedergegebene Bewertung.
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Im Ergebnis erweist sich die angefochtene Baugenehmigung jedenfalls mit der darin durch die Nachtragsbaugenehmigung vom 6.01.2015 zugelassenen Unterschreitung des Waldabstandes als rechtmäßig, sodass sich der Kläger nicht mit Erfolg auf eine Verletzung seiner subjektiv-öffentlichen Rechten als Eigentümer des angrenzenden Waldes berufen kann.
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Da eine Verletzung anderer drittschützender Vorschriften durch die angefochtene Baugenehmigung ebenfalls nicht ersichtlich ist, war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nach § 162 Abs. 3 VwGO aus Billigkeit für erstattungsfähig erklärt worden, weil sie einen eigenen Antrag gestellt haben und damit auch das Risiko eigener Kostenpflicht nach § 154 Abs. 3 VwGO eingegangen sind.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.
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(1) Wald im Sinne dieses Gesetzes ist jede mit Forstpflanzen bestockte Grundfläche. Als Wald gelten auch kahlgeschlagene oder verlichtete Grundflächen, Waldwege, Waldeinteilungs- und Sicherungsstreifen, Waldblößen und Lichtungen, Waldwiesen, Wildäsungsplätze, Holzlagerplätze sowie weitere mit dem Wald verbundene und ihm dienende Flächen.
(2) Kein Wald im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Grundflächen auf denen Baumarten mit dem Ziel baldiger Holzentnahme angepflanzt werden und deren Bestände eine Umtriebszeit von nicht länger als 20 Jahren haben (Kurzumtriebsplantagen), - 2.
Flächen mit Baumbestand, die gleichzeitig dem Anbau landwirtschaftlicher Produkte dienen (agroforstliche Nutzung), - 3.
mit Forstpflanzen bestockte Flächen, die am 6. August 2010 in dem in § 3 Satz 1 der InVeKoS-Verordnung vom 3. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3194), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 7. Mai 2010 (eBAnz AT51 2010 V1) geändert worden ist, bezeichneten Flächenidentifizierungssystem als landwirtschaftliche Flächen erfasst sind, solange deren landwirtschaftliche Nutzung andauert, - 4.
in der Flur oder im bebauten Gebiet gelegene kleinere Flächen, die mit einzelnen Baumgruppen, Baumreihen oder mit Hecken bestockt sind oder als Baumschulen verwendet werden, und - 5.
mit Forstpflanzen bestockte Grundflächen - a)
auf Schienenwegen, auch auf solchen in Serviceeinrichtungen, sowie - b)
beidseits der Schienenwege in einer Breite von 6,80 Meter, gemessen von der Gleismitte des außen liegenden Gleises, oder, wenn die Schienenwege im Bereich von Böschungen oder Einschnitten liegen, bei denen die Böschungsschulter oder der Böschungsfuß weiter als 6,80 Meter von der Gleismitte aus liegt, in einer Breite von der Gleismitte bis zum Böschungsfuß oder zur Böschungsschulter.
(3) Die Länder können andere Grundflächen dem Wald zurechnen und Weihnachtsbaum- und Schmuckreisigkulturen sowie zum Wohnbereich gehörende Parkanlagen vom Waldbegriff ausnehmen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
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Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.