Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 18. März 2015 - 1 MB 47/14
Gericht
Tenor
Auf die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 2. Kammer - vom 09. Dezember 2014 geändert:
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf
10.000,-- Euro
festgesetzt.
Gründe
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Die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen sind begründet. Die vom Verwaltungsgericht gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vorgenommene Interessenabwägung ist nach dem gegenwärtig bekannten Sachstand nicht mehr gerechtfertigt. Nach den vom Verwaltungsgericht dargelegten allgemeinen Grundsätzen, die der Senat teilt, ist das Interesse der Beigeladenen, das Vorhaben bereits vor Bestandskraft der angefochtenen Baugenehmigung zu vollenden und in Betrieb zu nehmen, höher zu bewerten als das Suspendierungsinteresse des Antragstellers.
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Entgegen der Auffassung der Beigeladenen folgt dies allerdings nicht aus der Bindungswirkung des Bauvorbescheides vom 11. September 2013. Die Beigeladenen haben ihren Bauvorbescheidsantrag vom 22. Mai 2013 nämlich ausdrücklich auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beschränkt. Deshalb regelt der Bauvorbescheid nur, dass das Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig ist. Die Vereinbarkeit des Vorhabens mit allen sonstigen im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden öffentlich–rechtlichen Vorschriften, also auch den Vorschriften des Waldrechts, die im vorliegenden Rechtsstreit allein thematisiert werden, ist nicht Gegenstand des Bauvorbescheides. Die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob der Bauvorbescheid den Antragsteller bindet, obwohl er ihm nicht förmlich bekanntgegeben worden ist, ist deshalb unerheblich.
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Entscheidend für die Interessenabwägung zu Gunsten der Beigeladenen ist, dass die angefochtene Baugenehmigung trotz der räumlichen Nähe des genehmigten Vorhabens zu dem Wald des Antragstellers dessen Rechte voraussichtlich nicht verletzt. Der Senat neigt zwar aus den vom Verwaltungsgericht genannten Gründen dazu, § 24 LWaldG eine nachbarschützende Wirkung zu Gunsten der betroffenen Waldeigentümer beizumessen, soweit die Vorschrift der Sicherung der Waldbewirtschaftung und der Verhütung von Waldbränden dient. Die gemäß § 24 Abs. 2 S. 2 LWaldG mit der angefochtenen Baugenehmigung vom 05. September 2014 in der Fassung des ergänzenden Bescheides vom 06. Januar 2013 zugelassene Unterschreitung des grundsätzlich in § 24 Abs. 1 S. 1 LWaldG vorgeschriebenen 30 m Abstandes baulicher Anlagen zum Waldrand auf 12 m dürfte aber mit diesen Schutzzwecken vereinbar sein. Eine Erschwerung der Waldbewirtschaftung macht der Antragsteller selbst nicht geltend. Eine Gefährdung des Waldes durch Brand ist nach den fachlichen Beurteilungen der Brandschutzingenieurin des Antragsgegners und der Forstbehörde, die ausdrücklich ihr Einvernehmen zu der Unterschreitung des Abstandes auf 12 m erteilt hat, nicht zu besorgen. Ihre Stellungsnahmen zeigen, dass eine Brandgefährdung des Waldes des Antragstellers durch das Vorhaben nicht besteht. Die Forstbehörde weist darauf hin, dass der angrenzende Laubwald sich zu einem stufig aufgebauten Bestand entwickelt habe und in seiner Standfestigkeit nicht beeinträchtigt sei; er sei deshalb unterdurchschnittlich brandgefährdet. Nach der Beurteilung der Brandschutzingenieurin des Antragsgegners geht von der geplanten Halle zudem nur eine unterdurchschnittliche Brandausbreitungsgefahr aus. Sie weist u.a. darauf hin, dass die Nutzung nur zu äußerst geringen Brandlasten führe und dass die vorgesehene Dachkonstruktion und die Baumaterialien (Wellzementplatten als Dacheindeckung, Außenwandverkleidung aus nicht brennbaren Trapezblechen auf 60 cm hohem Betonsockel, nicht brennbare Dämmmaterialien) dazu geeignet seien, eine rasche Brandausbreitung zu verhindern. Auch unter Berücksichtigung der in den Schriftsätzen des Antragstellers vom 28. Januar 2015 und vom 17. März 2015 geäußerten Kritik hält der Senat diese fachlichen Beurteilungen nach der in diesem Verfahren nur möglichen summarischen Überprüfung für überzeugend. Anhaltspunkte dafür, dass die Forstbehörde bei ihrer Beurteilung wesentliche, für die Beurteilung der Brandgefahr maßgebliche Aspekte ignoriert hat, sind nicht erkennbar. Die Brandschutzingenieurin hat ihre Stellungnahme im Hinblick auf Gefahren durch Blitzeinschlag, durch den Festmistcontainer und Öffnungen in der Gebäudewand mit Schreiben vom 24. Februar 2015 ergänzt und ihre Beurteilung mit plausiblen Begründungen aufrecht erhalten (vgl. Stellungnahme vom 24. Februar 2015). Sofern sich die vom Antragsteller befürchteten Brandgefahren durch Schmiedearbeiten im Hauptsacheverfahren als erheblich erweisen, bleibt es dem Antragsgegner unbenommen, hierzu im Widerspruchsbescheid ergänzende Regelungen zu treffen (z.B. Verbot von Schmiedearbeiten).
- 4
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.
- 5
Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig,
- 6
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.