Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 18. Okt. 2016 - RO 3 K 14.1177

published on 18/10/2016 00:00
Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 18. Okt. 2016 - RO 3 K 14.1177
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Gericht

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Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung und Missbilligung der Beklagten, dass zwei seiner im Internet ausgestrahlten Sendungen gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag verstoßen und für sein Rundfunkangebot im Internet kein Jugendschutzbeauftragter bestellt ist. Ferner begehrt er die Aufhebung der durch die Beklagte verfügten Untersagung des Verbreitens oder des Zugänglichmachens der vorgenannten Sendungen.

Der Kläger ist Inhaber der Internetdomain http://1...de, über die (in der Regel) wöchentlich und sonntags zwischen 19 Uhr und 21 Uhr unter dem Titel 1... per Live-Stream Online-TV-Sendungen ausgestrahlt werden. In den Sendungen sitzen der Kläger und ein Mann mit einer Guy-Fawkes-Maske, wie sie im Film „V.“ verwendet wird, als Moderatoren frontal zum Zuschauer an einem Tisch vor dem Hintergrund eines Transparents mit dem Senderlogo. Im Rahmen der Sendungen werden neu erschienene Musik-CDs vorgestellt und gelegentlich auch Personen (insbesondere Musiker) telefonisch interviewt. Zuschauer können über einen Live-Chat oder per Skype Fragen an die Interviewpartner und Moderatoren richten. Ältere Sendungen sind über das Archiv auf http://1... zum Teil abrufbar.

Unter dem 12. Februar 2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Inhalte der unter der Internetdomain http://1... ausgestrahlten Sendungen des Klägers vom 1. Dezember 2013 (Sendung Nr. 60) und 8. Dezember 2013 (Sendung Nr. 61) von der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) vorläufig als Verstoß gegen das Verbot bewertet worden seien, Angebote zu verbreiten, die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt. Darüber hinaus würden die Inhalte als Verstoß gegen das Verbot angesehen, für indizierte Angebote zu werben, und die Inhalte der Sendungen als geeignet eingestuft, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen. Ferner legte die Beklagte dar, dass ein Jugendschutzbeauftragter für das Angebot nicht erkannt werde. Dem Kläger wurde Gelegenheit zur Äußerung hierzu gegenüber der Beklagten gegeben. Eine Stellungnahme des Klägers erfolgte nicht.

Die KJM stellte in der Sitzung vom 16. April 2014 Verstöße gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag durch das Rundfunkangebot bzw. die vorgenannten Sendungen des Klägers (Nrn. 60 und 61) fest und beschloss eine Beanstandung und Untersagung der vorgenannten Sendungen. Auf das Protokoll der KJM-Sitzung vom 16. April 2014 wird Bezug genommen.

Unter dem 17. Juni 2014 erließ die Beklagte gegenüber dem Kläger folgenden Bescheid, der am 18. Juni 2014 zugestellt wurde:

„1. Die Landeszentrale stellt fest und missbilligt, dass im über die Internetadresse http://1...de verbreiteten Rundfunkangebot in der Sendung Nr. 60 vom 01.12.2013 in der Zeit von 19:00 Uhr bis 21:00 Uhr insbesondere aufgrund eines Kommentares des Moderators zu der Besetzung eines öffentlichen Gebäudes in Berlin gegen das Verbot der Gewaltverharmlosung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 JMStV) sowie unter anderem wegen der Empfehlung indizierter Bücher aus der Reihe 2... durch einen vom Moderator in der Sendung befragten Gast gegen das Verbot der Werbung für indizierte Angebote (§ 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV) und schließlich insbesondere aufgrund der jugendaffinen Präsentation und der rechtsextremistisch geprägten Aussagen der Moderatoren gegen das Verbot der Verbreitung von Inhalten, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen (§ 5 Abs. 1 JMStV), verstoßen wurde.

2. Die Landeszentrale stellt fest und missbilligt, dass im über die Internetadresse http://1...de verbreiteten Rundfunkangebot in der Sendung Nr. 61 vom 08.12.2013 in der Zeit von 19:00 Uhr bis 21:00 Uhr gegen das Verbot der Verbreitung von Inhalten, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen (§ 5 Abs. 1 JMStV), verstoßen wurde.

3. Die Landeszentrale stellt fest und missbilligt, dass für das Rundfunkangebot über die Internetadresse http://1...de kein Jugendschutzbeauftragter bestellt ist (§ 7 Abs. 1 Satz 1 JMStV).

4. Herrn ... wird untersagt die Sendung Nr. 60 vom 01.12.2013 oder eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Sendung zu verbreiten oder zugänglich zu machen.

5. Herrn ... wird untersagt die Sendung Nr. 61 vom 08.12.2013 oder eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Sendung zu verbreiten oder zugänglich zu machen, wenn nicht durch technische Mittel oder aufgrund der Sendezeiten sichergestellt ist, dass Kinder und Jugendliche die Inhalte üblicherweise nicht wahrnehmen können.

6. Die Kosten des Verfahrens trägt Herr ...

7. Für diesen Bescheid werden eine Gebühr in Höhe von € 1.500,- und Auslagen in Höhe von € 3,45 € erhoben.“

Zur Begründung des Bescheids wird in tatsächlicher Hinsicht Folgendes ausgeführt:

„In der Sendung Nr. 60 vom 1. Dezember 2013 (19 Uhr bis 21:00 Uhr) wird u. a. ein Musikvideo zu dem Lied „3...“ der Gruppe 4... gezeigt. In dem Video wird ein Porträtfoto des nationalsozialistischen Kulturpolitikers 5... eingeblendet. Hierauf folgen die Nachrichten, bei denen die Moderatoren aktuelle Ereignisse präsentieren und kommentieren. Einer der Moderatoren äußert sich dabei wie folgt über die Besetzung des Kreuzberger Bezirksamtes durch Demonstranten:

„Da haben also jetzt die Flüchtlinge zusammen mit autonomen Demonstranten, das … ja, das Rathaus mehr oder weniger, besetzt, 250 Personen. Also ich stell mir das immer relativ … Stell dir mal vor, wir wären in einem echten Staat, also jetzt nicht Bundes…, in ´nem richtigen Land halt. Wenn du in ´nem richtigen Land wohnst und da kommt ´ne Horde Menschen, die dann staatliche Gebäude besetzen… also in ´nem richtigen Land, nicht Bundesrep…, so ein richtiger Staat halt, richtiges Land halt, das noch so´n Funken Selbstachtung hat - da schaffen´s bis zum Gebäude vielleicht 30 Leute, aber der Rest geht im Kugelhagel unter und das völlig zu Recht. Das völlig zu Recht. Das wär in ´nem richtigen Land. (...) Also wie gesagt: In ´nem richtigen Land wird da aus dem Gebäude rausgefeuert, während du da drauf zuläufst, und da bleibt halt da alle fünf Meter einer liegen und dann hören die halt irgendwann auf zu rennen. So wär´s in einem richtigen Land. Vielleicht kriegen wir die Chance, dass dieses Land irgendwann mal wieder ein richtiges Land wird. Aber, wie gesagt, da müssen wir noch ein bisschen was machen dafür.“

Es folgt eine Einspielung des Musiktitels „6...“ der Gruppe 2..., von der im Anschluss zwei Mitglieder per Telefon zugeschaltet werden. Auf die Frage nach der Herkunft des Bandnamens erklärt einer der Mitglieder, dieser sei auf eine gleichnamige sechsbändige Buchreihe zurückzuführen, die „leider mittlerweile bis auf den fünften Band alle indiziert sind“. Dennoch könnten auch die indizierten Bände im Internet „gesucht und runtergeladen werden“, so der Gast, und außerdem könne er die Buchreihe nur empfehlen. Weitere Fragen an die Gäste beziehen sich auf deren „Weg in die 13... Bewegung“, ihre Lieblingsbands oder Entwicklungen in der NSBM-Szene (steht für National Socialist Black Metal, einer neonazistischen Strömung innerhalb der Black Metal-Musikszene). Im weiteren Verlauf der Sendung werden noch Tonträger per Gewinnspiel an Anrufer verteilt.

In der Sendung vom 8. Dezember 2013 (19 Uhr bis 21 Uhr) ist während eines Großteils der Sendung ein Fernsehteam des TV-Magazins „7...“ anwesend. Gelegentlich sieht man ein Mikrofon und eine Kamera und es werden einzelne Zwischenfragen von einem Redakteur gestellt, auf die der Moderator bzw. Studiogast eingeht, die aber für den Zuschauer nicht zu hören sind. Zu Beginn der Sendung bringt einer der Moderatoren den Unterschied zwischen 1... und 7... wie folgt auf den Punkt:

„Der Unterschied zwischen uns und 7... (…)? Der Unterschied ist, 7..., wenn du aus´m Fenster guckst, da sendet 7... raus, sieht, wie ´ne Frau vergewaltigt wird, da sagt 7...: „Äh ja, das finden wir nicht gut… und dann zu unserem nächsten Thema.“ Wir gehen dann runter und hauen dem Typen halt auf´s Maul, oder so, und sorgen dafür, dass das nicht mehr passiert. Und ihr sollt das bitte alle genauso machen!“

Als Studiogast wird der Frontmann der Gruppe 4... zugeschaltet, dem per Skype, per Chat und von den Moderatoren verschiedene Fragen gestellt werden - über den Namen der Band, seinen Weg in die „13... Bewegung“, darüber, wie sich ein junger Mann am besten in diese Bewegung einbringen könne, ob er polizeilichen Repressionen ausgesetzt war und wie er verschiedene Entwicklungen innerhalb der „13...n Szene“ einschätzt. Zur Sinnhaftigkeit von Demonstrationen befragt, meint der Gast: „Alles, was dieses demokratische System uns an Mitteln zur Verfügung stellt…eigentlich wollen sie uns loswerden, sie gewähren uns aber das Recht zu demonstrieren.“ Nochmals auf seine Meinung zu Demokratie angesprochen, kommt es zu folgendem Dialog zwischen Gast und einem Moderator:

Moderator: “Du willst im Endeffekt sagen, der Parlamentarismus an sich ist jetzt nicht so dein Ding (…)?

Gast: Persönlich nicht, nein. Erstmal muss das System überwunden werden (…).“

Zu seinem Verhältnis zum Nationalsozialismus in der Zeit zwischen 1933 und 1945 befragt, antwortet der Studiogast, er habe dazu ein „gesundes Verhältnis“ und er könne „einige Dinge für gut befinden und einige Dinge für schlecht“. Einer der Moderatoren führt die Frage kurz darauf noch weiter wie folgt aus:

„Man darf nicht über Systeme oder Zeiten urteilen, in denen man nicht selber irgendwo dabei war. (...) Ich verteidig´ von damals gar nix, weil ich nicht weiß, was da war. Ich hab´ Adolf Hitler nie kennen gelernt, ich weiß nicht, wie viel Leute wirklich vergast wurden, ob überhaupt welche vergast wurden, wie´s im Krieg genau abgelaufen ist. Wer wird mir das denn beantworten? Ich bin doch auch nur…. ich krieg meine Informationen - die einen sagen das, die anderen sagen das und da kann ich anhand der Beweise entscheiden: so und so sieht‘s aus.“

Es folgen Gewinnspiele und CD-Vorstellungen, u. a. des Tonträgers „8...“ der Gruppe „9...“. In der Hörprobe zu dem Lied „10...“ heißt es im Text:

„Hier kommen die Tage,

Wo die Skinheads durch die Straße ziehen.

Hier kommen die Zeiten,

Wo das Faustrecht regiert.

Wie werden niemals vor unsren Feinden fliehen,

Die wilde Zeit sie ist zurück! Sie ist zurück.““

Zur Begründung des Bescheids in rechtlicher Hinsicht wird Folgendes dargelegt:

Die Landeszentrale sei zuständig für die Aufsicht der in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich veranstalteten Rundfunkangebote in Bezug auf die vom Jugendmedienschutz-Staatsvertrag geregelten Bereiche. Die Sendungen Nrn. 60 und 61 seien Bestandteil eines Rundfunkprogramms. Ein solches liege auch dann vor, wenn lediglich einmal pro Woche für zwei Stunden Sendungen im Live-Stream-Modus über das Internet verbreitet würden. Die Regelmäßigkeit der Ausstrahlung lasse das Vorliegen eines Sendeplans erkennen. Für die abschließende Beurteilung von Angeboten nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag sei die KJM als Organ der Landeszentrale zuständig.

Die Beanstandungen würden auf § 20 Abs. 1 und 2 JMStV, Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG beruhen. Die KJM habe im vorliegenden Fall die Einhaltungen der Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages geprüft und in der Ausstrahlung einen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Satz 1 und § 7 Abs. 1 Satz 1 JMStV festgestellt.

In der Sendung Nr. 60 vom 1. Dezember 2013 werde durch die beschriebenen Inhalte gegen das Verbot verstoßen, Angebote zu verbreiten, die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 JMStV). Der in der Sendung Nr. 60 vorgenommene Kommentar eines Moderators erfülle die Voraussetzungen dieses Verbots. Der Moderator schildere in Bezug auf die Besetzung eines öffentlichen Gebäudes in Berlin durch „Flüchtlinge“ die Tötung dieser Menschen, die von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht hätten, um auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam zu machen, als ausdrücklich legitimes Mittel zur Durchsetzung staatlicher Gewalt. Die Beschreibung des von Seiten des Moderators geforderten brutalen Vorgehens der Sicherheitskräfte erfolge detailliert („der Rest geht im Kugelhagel unter“ bzw. „wird da aus dem Gebäude rausgefeuert, während du da drauf zuläufst, und da bleibt halt da alle fünf Meter einer liegen dann hören die halt irgendwann auf zu rennen“). Der Bundesrepublik Deutschland werde unterstellt, kein „echter Staat“ oder kein „richtiges Land“ zu sein, da sie sich gegen ihre demonstrierenden Bewohner nicht mit militärisch-brutaler Waffengewalt zur Wehr zu setzen vermag. Dem liege eine Sicht auf den Staat als repressiver, autoritärer Organisationsform zugrunde, die dem Totalitarismus entspreche und der freiheitlich demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes zuwiderlaufe. Das Erschießen bzw. Töten von Menschen stelle eine Gewalttätigkeit dar. Diese sei auch grausam bzw. sonst unmenschlich, da das Erschießen wehrloser Flüchtlinge, die von ihrem Recht auf Demonstration Gebrauch machen würden, menschenverachtend sei und eine überschießende, rücksichtslose Tendenz zum Ausdruck bringe. Selbst wenn man annehme, dass die Flüchtlinge durch die Besetzung des Rathauses Hausfriedensbruch begingen und sich deshalb nicht auf ihr Demonstrationsrecht berufen dürften, da es am Kriterium „Friedlichkeit“ möglicherweise fehle, ändere dies nichts daran, dass die geforderte brutale und grausame Gewaltanwendung, die durch den Moderator in einer verharmlosenden Form geschildert werde, nicht als Mittel der Wahl zum Umgang mit Flüchtlingen veranschaulicht werden dürfe. Dieses Vorgehen widerspreche unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung. Eine Gewaltverharmlosung liege nicht zuletzt vor, da die Gewalttätigkeiten wie das Erschießen von wehrlosen Menschen von Seiten des Staates bagatellisiert werde als ein im menschlichen Zusammenleben nicht verwerfliches, sondern sogar notwendiges Mittel zur Durchsetzung eigener Interessen bzw. zur Lösung von Konflikten. Es handele sich auch nicht um eine Schilderung im Rahmen eines fiktiven Krimis, den der Moderator wiedergebe, sondern der Moderator fordere den Staat dazu auf, entsprechende Maßnahmen umzusetzen. Es handele sich also um eine Schilderung von unmenschlichen Gewalttätigkeiten gegen reale Personen. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 JMStV setzte seinem Wortlaut nach gerade keine Darstellung, sondern eine Schilderung der Gewalttätigkeiten voraus. Die akustische Veranschaulichung des Moderators „der Rest geht im Kugelhagel unter“ (…) „wird da aus dem Gebäude rausgefeuert, während du da drauf zuläufst, und da bleibt halt da alle fünf Meter einer liegen und dann hören die halt irgendwann auf zu rennen“ vermittele beim Zuhörer bzw. Zuschauer den Eindruck einer grausamen Gewalttätigkeit gegen die Flüchtlinge, die vom Moderator als erstrebenswert „in einem richtigen Land“ angesehen würde. In der Schilderung des Moderators komme den Flüchtlingen gegenüber eine rücksichtslose Tendenz zum Ausdruck. Die Ausführung des Moderators würden den Eindruck vermitteln, dass das „Abknallen“ von Menschen ein legitimes Ziel zur Interessensdurchsetzung darstelle.

In der Sendung Nr. 60 würde zudem gegen das Verbot verstoßen, für indizierte Angebote zu werben. § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV bestimme, dass Angebote, die indiziert seien, nicht frei beworben werden dürften. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV sei Werbung für indizierte Angebote nur unter den Bedingungen zulässig, die auch für die Verbreitung des Angebots selbst gelten würden. Für Angebote, die wegen Jugendgefährdung in die Listenteile A und C aufgenommen worden seien, dürfe lediglich bei Telemedien in geschlossenen Benutzergruppen geworben werden. In der Sendung Nr. 60 äußere sich ein Gast zu indizierten Büchern aus der Reihe 2...dahingehend, er könne „die Buchreihe nur empfehlen“ und verweise darauf, dass diese im Internet gefunden und heruntergeladen werden könnten. Von der genannten Buchreihe befänden sich vier Bände auf der Liste jugendgefährdender Medien. Die jugendschutzrechtlichen Werbeverbote würden nicht nur für Wirtschaftswerbung gelten. Dies ergebe sich aus dem Gesetzeszweck. Durch § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV solle vermieden werden, dass gerade aufgrund des Indizierungsverfahrens Kinder oder Jugendliche darauf hingewiesen werden, dass es sich um ein jugendgefährdendes Angebot handele. Dies könne auch außerhalb von Wirtschaftswerbung geschehen.

Die Sendung Nr. 60 vom 1. Dezember 2013 verstoße ferner gegen das Verbot, Inhalte zu verbreiten oder zugänglich zu machen, die geeignet seien, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen. § 5 Abs. 1 Satz 1 JMStV regele, dass Anbieter bei Angeboten, die geeignet seien, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, dafür Sorge tragen müssten, dass Minderjährige diese üblicherweise nicht wahrnehmen. Dies könne der Anbieter insbesondere dadurch, dass er das Angebot nur zwischen 23 Uhr und 6 Uhr verbreite oder zugänglich mache (§ 5 Abs. 4 Satz 1 JMStV), durch ein technisches Mittel die Zugänglichmachung wesentlich erschwere (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 JMStV) oder das Angebot für ein anerkanntes Jugendschutzprogramm programmiere (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 i. V. m. § 11 JMStV). Aus Sicht des Jugendschutzes verfüge das vorliegende Angebot, das einen Bezug zur rechtsextremistischen Szene aufweise, über erhebliches Problempotenzial. Dies liege vor allem an der äußerst jugendaffinen Präsentationsform der Inhalte. So würden die Moderatoren auf den ersten Blick gerade nicht gängige Klischees in Bezug auf Rechtsextreme bedienen und ihre Ideologie eher beiläufig in die ungezwungenen Gespräche mit Gästen und Zuschauern einfließen lassen. Dem Steckbrief des Moderators „11...“, der u. a. ein Zitat der Kommunistin Rosa Luxemburg enthalte, sei zu entnehmen, dass er sich musikalisch neben einschlägig bekannten rechtsextremen Interpreten auch für „Die Ärzte“ interessiere, die sich aktiv gegen Neonazis engagieren würden. Auch Mainstream-Künstlerinnen wie Nelly Furtado oder die aus Barbados stammende Sängerin Rihanna scheinten zu 11...s Favoriten zu zählen. Der Moderator 12... sei laut Steckbrief nicht nur Mitglied der NPD und in einer Freien Kameradschaft aktiv, sondern interessierte sich auch für unter Jugendlichen beliebte Fernsehserien wie „How I Met Your Mother“ oder „Die Simpsons“. Dadurch entstehe - sicherlich auch bei einem großen Teil der jugendlichen Zuschauer - der Eindruck, bei den Moderatoren handele sich um durchschnittliche, „normale“ junge Männer, wodurch wiederum die Inhalte der Sendungen und damit letztlich die Ideologie der Gäste eine Normalisierung erfahren würde. Verstärkt werde dies durch jugendaffine Elemente wie Videoclips populärer Interpreten aus dem Mainstream, die die Präsentation rechtsextremistischen Gedankenguts einrahmen würden. Insbesondere für gefährdungsgeneigte Jugendliche könnte daraus ein Anreiz entstehen, sich für rechtsextremistische Gruppierungen zu interessieren und deren Ideologie unkritisch gegenüberzustehen. Speziell bei Kindern und Jugendlichen, deren Persönlichkeitsentwicklung noch nicht abgeschlossen sei und die sich in einer politischen und gesellschaftlichen Orientierungs- und Meinungsbildungsphase befänden, sei durch diese Art der Darstellung eine Verunsicherung und Desorientierung zu befürchten. Insoweit stehe das vorliegende Angebot einem vorrangigen Entwicklungsziel der freiheitlich demokratischen Gesellschaftsordnung, nämlich der Vermittlung von ethischen Werten wie Toleranz und Respekt gegenüber allen Bevölkerungsgruppen, entgegen. Für die relevante Zuschauergruppe könnten die Protagonisten der Online-TV-Sendung durchaus als Sympathieträger und Rollenmodelle fungieren. Viele bei Kindern und Jugendlichen beliebte mediale Persönlichkeiten würden das Stilmittel der Ironie benutzen. Auch dürfte das als „cool“ inszenierte Erscheinungsbild der Moderatoren, z. B. durch das Tragen einer Guy-Fawkes-Maske, eine bestimmte Attraktivität und Faszination auf Kinder und Jugendliche ausüben. Besonders männlichen Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren böten sich hier durch lockere Sprüche, die jugendaffin gestalteten Videoclips, die Musikauswahl und die Gewinnspiele ein Identifikationspotenzial. Obwohl es nicht zu einer offenen Verherrlichung des Nationalismus und seiner Ikonen komme, sei die Verwurzelung der Akteure innerhalb einer rechtsextremistischen Ideologie deutlich erkennbar. So werde etwa mit 5... ein prominenter Nationalsozialist implizit als „Visionär“ bezeichnet. Auch zeige die Wahl der Gäste deutlich die vorherrschende Tendenz einer Befürwortung entsprechender Ideologieansätze. Die Zugehörigkeit der Moderatoren und Gäste zur rechtsextremistischen Szene werde nicht problematisiert, sondern es erfolge ein völlig offener, geradezu selbstverständlicher Umgang mit diesem Umstand, wodurch letztlich auch die dazugehörige Ideologie eine Normalisierung erfahre. Bei Kindern und Jugendlichen, die sich bereits in rechtsextremistischen Kreisen bewegen oder mit deren Ideologie sympathisieren würden, könnten diese Inhalte auf fruchtbaren Boden fallen. Somit sei zu befürchten, dass für diese Jugendlichen das Angebot eine Verstärkerfunktion besitze.

In der Sendung Nr. 61 würde gegen das Verbot verstoßen, Inhalte zu verbreiten oder zugänglich zu machen, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen. Obwohl es nicht zu einer offenen Verherrlichung des Nationalsozialismus und seiner Ikonen komme, sei die Verwurzelung der Akteure innerhalb einer rechtsextremistischen Ideologie deutlich erkennbar. Auch zeige die Wahl der Gäste deutlich die vorherrschende Tendenz einer Befürwortung entsprechender Ideologieansätze. Mit dem Studiogast werde in der vorliegenden Folge detailliert über die „13... Bewegung“ gesprochen und mit der Frage, wie sich ein Zwanzigjähriger am besten in die Bewegung einbringen könne, würden Jugendliche gerade eingeladen, Kontakt zur rechtsextremen Szene zu suchen. Die Zugehörigkeit der Moderatoren und des Gastes zur rechtsextremistischen (Musik-)Szene werde nicht problematisiert, sondern es erfolge ein völlig offener, geradezu selbstverständlicher Umgang mit diesem Umstand, wodurch letztlich auch die dazugehörige Ideologie eine Normalisierung erfahre. Dies gelte auch für gewaltbereite Teile der Neonazi-Szene wie rechtsextreme Skinheads, die in dem eingespielten Lied „10...“ romantisierend bis glorifizierend dargestellt würden. Bei Kindern und Jugendlichen, welche sich bereits in rechtsextremen Kreisen bewegen oder mit deren Ideologie sympathisieren würden, könnten diese Inhalte auf fruchtbaren Boden fallen. Somit sei zu befürchten, dass für diese Jugendlichen das Angebot eine Verstärkerfunktion besitze. Ein Grundtenor in den Aussagen von Moderatoren und Gast sei die Zurückweisung des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. Zum Parlamentarismus der BRD befragt, meine der Gast etwa, dieses System müsse „überwunden werden“. Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, deren Persönlichkeitsentwicklung noch nicht abgeschlossen sei und die sich in einer politischen und gesellschaftlichen Orientierungs- und Meinungsbildungsphase befänden, bestehe die Gefahr, dass durch diese Art von Agitation eine Abneigung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland erzeugt werde.

Die in der Sendung getroffene Aussage, „Wir gehen dann runter und hauen dem Typen halt auf´s Maul, oder so, und sorgen dafür, dass das nicht mehr passiert“ im Fall, dass die Moderatoren eine Vergewaltigung beobachten würden, verbunden mit der Aufforderung „Und ihr sollt das bitte alle genauso machen!“, sei kritisch hervorzuheben. Zunächst sei Zivilcourage in unserer Gesellschaft von besonderer Bedeutung. Der Aufruf zu mehr Engagement, Solidarität und Hilfsbereitschaft sei etwas Wichtiges und Wünschenswertes in der Bevölkerung. Gefordert seien aber gerade - auch von Seiten der Polizei - kein Heldentum, sondern umsichtige Reaktionen (wie u. a. die Polizei und Notarzt rufen). Die Aussage in der Sendung könne aber gerade nicht vorrangig als Aufruf zur Hilfestellung für das Opfer verstanden werden. Bei Kindern und Jugendlichen würde in erster Linie die Aussage hängenbleiben, dass man „aufs Maul hauen“ solle. Der Fokus der Aussage sei vorwiegend auf den Einsatz von Gewalt als probates Mittel gerichtet. Insbesondere gefährdungsgeneigte Jugendliche könnten dies als generelle Aufforderung zu extralegaler Gewalt interpretieren und dahingehend auf ihr Rechtverständnis übertragen, dass Selbstjustiz ein bewährtes Mittel zur Durchsetzung der vermeintlichen Gerechtigkeit darstelle. Auch die Aussage des Gastes „Ich weiß nicht, wie viele Leute wirklich vergast wurden, ob überhaupt welche vergast wurden…“, könne bei Jugendlichen zu einem historisch verfälschten Bild von Nationalsozialismus und Holocaust führen. Es sei davon auszugehen, dass Kinder und Jugendliche, die in der Regel lediglich über ein schulisches historisches Grundwissen verfügten, dadurch in ihrer politischen Meinungsbildung und ihrem Geschichtsbewusstsein bezüglich der deutschen Vergangenheit verunsichert bzw. negativ beeinflusst würden, gerade wenn solche Meinungen in einem Online-TV-Sender locker vertreten und beiläufig veröffentlicht würden. Bei labilen und gefährdungsgeneigten Kindern und Jugendlichen sei eine negative Beeinflussung bzw. eine Verstärkung bereits vorhandener neonazistischer Sympathien zu befürchten.

Die Untersagung, die Sendungen Nrn. 60 und 61 zu verbreiten oder zugänglich zu machen, beruhe auf § 20 Abs. 1 und 2 JMStV, Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG. Die beanstandeten Sendungen würden vom Kläger nach der Verbreitung im Live-Streaming-Verfahren auf der angegebenen Internetseite zum Abruf bereitgehalten. Die Inhalte seien jedoch auch in einem Telemedium (Abrufdienst) z.T. absolut unzulässig bzw. nur mit Einschränkung zulässig. Insofern sei die Untersagung zur Unterbindung einer erneuten Verbreitung oder Zugänglichmachung veranlasst. In den Fällen, in denen die Inhalte bei der Wahl geeigneter Mittel oder Ausstrahlungszeiten zulässig sein könnten, sei die Untersagungen entsprechend beschränkt worden.

Die Pflicht zur Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten ergebe sich aus § 7 Abs. 1 Satz 1 JMStV. Die Beanstandung, dass ein solcher nicht bestellt sei, beruhe auf § 20 Abs. 1 und 2 JMStV, Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG.

Die Maßnahmen würden auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Bei Verstößen gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag schreibe § 20 Abs. 1 JMStV die Reaktion mit den erforderlichen Mitteln vor. Es verbleibe der Beklagten nur ein Auswahlermessen unter den in Betracht kommenden Maßnahmen. Die förmliche Beanstandung in Form des missbilligenden Vorhalts des festgestellten Rechtsverstoßes als mildeste förmliche Maßnahme erscheine erforderlich, aber auch ausreichend, um den Anbieter nachdrücklich zur Beachtung der einschlägigen Jugendschutzbestimmungen anzuhalten. Der Kläger habe weder durch eine Stellungnahme noch durch sonstiges Verhalten Einsicht gezeigt. Die Verbreitung von absolut unzulässigen Inhalten wiege schwer. Die Sendungen Nrn. 60 und 61 seien nach ihrer Ausstrahlung zunächst auch im Internetangebot zum Abruf bereitgehalten worden. Das Verhalten des Anbieters lasse es erforderlich erscheinen, ihn mittels eines förmlichen Bescheids auf seine Pflichten nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag hinzuweisen.

Die Untersagung der Verbreitung der beanstandeten Inhalte sei erforderlich, um den Rechtsverstoß dauerhaft zu beenden, insbesondere da die Gefahr bestehe, dass der Kläger Inhalte zukünftig wieder zum Abruf bereit halten könnte.

Die Kostenentscheidung beruhe auf § 30 Abs. 11 RStV i. V. m. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 4, 5 Kostensatzung i. V. m. Abschnitt IV. Nr. 8 des Verzeichnisses zur Kostensatzung.

Am 16. Juli 2014 hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten gegen den vorgenannten Bescheid Klage erheben lassen. Zur Begründung wird Folgendes vorgetragen:

Der Beklagten fehle schon die Zuständigkeit, um gegen den Kläger eine Untersagungs- und Missbilligungsverfügung zu erlassen. Das vom Kläger betriebene Medienformat stelle kein Rundfunkprogramm i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz 1 RStV dar. Bei 1... handele es sich nicht um einen linearen Informations- und Kommunikationsdienst. Vielmehr liege dem Konzept eine multipolare Kommunikationsstruktur zugrunde, die der Annahme von Rundfunk im Sinne des Rundfunkstaatsvertrages entgegenstehe. Während der Sendung finde zwischen dem Moderator und den Zuschauern durch den Chat im Hintergrund eine Interaktion statt, die es ermögliche, dass beispielsweise Fragen an den Moderator oder aber die telefonisch zugeschalteten Interviewpartner gestellt werden. Dadurch könne auch Einfluss auf den Inhalt der Sendung durch die Zuschauer genommen werden. Diese Chat-Funktion sei während der gesamten Sendung aktiviert und beschränke sich nicht auf den Abschnitt, in dem das Interview geführt werde. Ferner müsse berücksichtigt werden, dass das lineare Element auf der vom Kläger betriebenen Plattform www.1...de in Form des Live-Streams am Sonntagabend für zwei Stunden nur einen geringen Teil des Angebots ausmache.

Indem dem Kläger die Verpflichtung auferlegt werde, eine Genehmigung für den Betrieb des Web-TV-Formats 1... einzuholen, werde in sein Grundrecht auf Meinungsfreiheit eingegriffen. Dieser Eingriff verfolge jedoch kein legitimes Ziel: Da das vom Kläger betriebene Web-TV-Format nach den Kriterien des Bundesverfassungsgerichts - Aktualität, Suggestivkraft und Breitenwirkung - keinen Rundfunk im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG darstelle, erweise sich die einfachgesetzliche Verpflichtung des Klägers zur Einholung einer rundfunkrechtlichen Genehmigung als unzulässiger Eingriff in sein Grundrecht auf Meinungsfreiheit. Das Rundfunkangebot 1... verfüge über keinen Darbietungscharakter, der nach klassischem Verständnis für das Vorliegen von Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne essentiell sei. Kennzeichnend für diesen sei die publizistische Relevanz eines Angebots, nämlich in einem anspruchsvollen Sinne Faktor der Meinungsbildung zu sein. Lege man allerdings einen weiten Rundfunkbegriff zugrunde, der auch Angebote ohne Meinungsbildungsrelevanz erfasse, so müssten im Rahmen der einfachgesetzlichen Ausgestaltung des Rundfunkbegriffs jedenfalls solche Angebote ausgesondert werden, die aufgrund ihrer laienhaften Gestaltung und überschaubaren Reichweite keine Bedeutung für die Meinungsbildung aufweisen. Das vom Kläger betriebene Web-TV-Format verfüge über keinerlei Meinungsrelevanz.

Zudem sei nur unzureichend geprüft worden, ob für den vorliegenden Fall, in dem offensichtlich keine per Verfassung gebotene Notwendigkeit einer rundfunkrechtlichen Regulierung bestehe, die Ausnahmetatbestände des § 2 Abs. 3 Nrn. 1, 3 und 4 RStV greifen würden. Sinn und Zweck der Ausnahmen sei es, Angebote, die mangels Reichweite und journalistisch-redaktioneller Gestaltung nicht geeignet seien, die Meinungsvielfalt in Deutschland zu beeinträchtigen, aus der rundfunkrechtlichen Regulierung auszunehmen. Die Bedeutung der tatsächlichen Zugriffszahlen für die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Breitenwirkung des Rundfunks werde nicht erkannt. Die fehlende Breitenwirkung könne ausweislich der Gesetzesbegründung zum 12. Gesetz zur Änderung des Rundfunkstaatsvertrages auch bei solchen Angeboten die rundfunkrechtliche Genehmigungspflicht ausschließen, die zwar von mehr als 500 Personen zeitgleich empfangen werden könnten, eine solche Resonanz tatsächlich jedoch nicht erzielten. Es sei stets im Einzelfall zu prüfen, ob einem solchen Angebot - als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal - Meinungsbildungsrelevanz zukomme. Dies folge auch aus den unionsrechtlichen Vorgaben (Erwägungsgrund Nr. 42 der Änderungsrichtlinie 2007/65/EG). Abgesehen davon fehle es dem Medienformat 1... an einer journalistisch-redaktionellen Gestaltung, weshalb auch aus diesem Grund (§ 2 Abs. 3 Nr. 4 RStV) kein Rundfunk vorliege. Nach der aktuellen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zeichne sich eine journalistisch-redaktionelle Gestaltung durch eine gewisse Selektivität und Strukturierung, das Treffen einer Auswahl nach ihrer angenommenen gesellschaftlichen Relevanz mit dem Ziel des Anbietens, zur öffentlichen Kommunikation beizutragen, die Ausrichtung an Tatsachen (sog. Faktizität), ein hohes Maß an Aktualität, einen hohen Grad an Professionalisierung der Arbeitsweise und einen Grad an organisierter Verfestigung aus, der eine gewisse Kontinuität gewährleiste. Dem Medienformat 1... würden gleich mehrere dieser tatbestandlichen Voraussetzungen fehlen. Einerseits fehle es an einer professionellen journalistischen Arbeitsweise, für die nicht zuletzt eine Differenzierung zwischen Kommentaren und Berichten charakteristisch sei. 1... orientiere sich in seinen Berichten nicht am Sachlichkeitsgebot, weshalb dem Zuhörer keine Einteilung der Beiträge in „Tatsachen“ und „Meinungen“ möglich sei. Dass die Verantwortlichen von 1... Recherchearbeit betreiben würden, sei nicht bekannt. Ferner fehle es den Themen, die in erster Linie um subkulturelle Musik und Parteiaktivitäten der NPD kreisen würden, an einer gesellschaftlichen Relevanz. Eine meinungsbildende Wirkung des Angebots auf die Allgemeinheit, respektive Kinder und Jugendliche scheide somit aus.

Die formelle Rechtswidrigkeit des Bescheids ergebe sich auch unter Berücksichtigung der jüngsten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster (U.v. 17.06.2015 - 13 A 1215/12) aus dem Fehlen einer im Sinne des § 17 Absatz 1 Sätze 3 und 4 JMStV ausreichenden Begründung im Beschluss der KJM. Die vorhandene Begründung beschränke sich auf die Wiedergabe von Allgemeinplätzen. Insbesondere gehe aus der Beschlussfassung vom 16. April 2014 nicht hervor, dass die KJM das klägerische Grundrecht auf Meinungsfreiheit angemessen berücksichtigt habe. Eine Abwägung mit den klägerischen Grundrechten finde sich in dem Beschluss mit keinem Wort. Der Formmangel sei auch als absoluter Verfahrensfehler beachtlich und müsse zur Aufhebung des Bescheids führen.

Die von der Beklagten ausgesprochenen Missbilligungen und verfügten Untersagungen seien ferner in materiell rechtlicher Hinsicht rechtswidrig, weil keine Verstöße gegen Vorschriften des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages gegeben seien.

Ein Jugendschutzbeauftragter sei vom Kläger nicht zu bestellen, da § 7 JMStV auf das vorliegende Medienformat keine Anwendung finde. Die Pflicht zur Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten treffe neben den Veranstaltern von länderübergreifendem Fernsehen geschäftsmäßige Anbieter von allgemein zugänglichen Telemedien, die entwicklungsbeeinträchtigende oder jugendgefährdende Inhalte enthielten. 1... sei weder als länderübergreifendes Fernsehen noch als allgemein zugängliches Telemedium zu qualifizieren, das geschäftsmäßig vom Kläger angeboten würde. Der Kläger betreibe 1... aus rein altruistischen Motiven in seiner Freizeit. Von einem geschäftsmäßigen Angebot könne deshalb gerade nicht ausgegangen werden. Entwicklungsbeeinträchtigende und jugendgefährdende Inhalte lägen ebenfalls nicht vor.

Die inkriminierten Inhalte der überprüften Sendungen seien aus jugendschutzrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Der Kläger habe insbesondere keine unzulässigen Angebote im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 5 JMStV verbreitet. Er schildere in der Sendung vom 1. Dezember 2013 keine grausamen oder sonst unmenschlichen Gewalttätigkeiten gegen Menschen in einer Art, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrücke oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstelle. Der Kläger habe lediglich das milde Vorgehen der Sicherheitsbehörden gegenüber vermeintlichen oder tatsächlichen Flüchtlingen und ihrem linksautonomen Anhang bemängelt. Er habe dabei die Überzeugung vertreten, dass eine solche Besetzung öffentlicher Gebäude durch härteres Vorgehen gegen die Besetzer unterbunden werden könnte. Im Mittelpunkt der Kritik des Klägers stehe demnach das Versagen der Sicherheitsorgane bei der illegalen Besetzung öffentlicher Gebäude. Die Behauptung des Klägers, dass die Rathausbesetzer in einem „richtigen Staat“ „im Kugelhagel untergehen“ würden, sei zu interpretationsoffen, um darin eine Verherrlichung grausamer oder sonst unmenschlicher Gewalttätigkeiten gegen Menschen erkennen zu können. Es sei nicht einmal klar, ob der vom Kläger propagierte „Kugelhagel“ aus scharfen Projektilen oder Gummigeschossen bestehen solle. Letztere würden nicht zur Tötung von Menschen eingesetzt, sondern um sie abzuschrecken und kampfunfähig zu machen. Der Einsatz von Gummigeschosse gegen Personen, zu dem es auch in einem Rechtstaat kommen könne, sei sicherlich nicht per se unmenschlich oder grausam.

Auch sei vom Kläger nicht für ein indiziertes Angebot geworben worden. Der Studiogast habe lediglich seine Vorliebe für die 2...-Reihe zum Ausdruck gebrachte und darauf hingewiesen, dass die Bücher im Internet heruntergeladen werden könnten. Als indiziertes Angebot dürfte nicht das Trägermedium als solches gelten, sondern vielmehr die Quelle, über welche man dieses beziehen könne. Über welche Seiten die Bücher heruntergeladen werden könnten, verrate der Interviewpartner jedoch nicht. Es seien im Übrigen keine konkreten Titel der indizierten Teile der 2...-Reihe genannt. Sollten indizierte Titel der 2...-Reihe von minderjährigen Internetnutzern gefunden werden, so sei dies in erster Linie auf die Betreiber der Suchmaschinen zurückzuführen.

Nicht nachvollziehbar sei, warum man dem Kläger zum Vorwurf mache, dass er im Falle einer von ihm beobachteten Vergewaltigung einer Frau die Inanspruchnahme seines Nothilferechts ankündige. Die Beklagte scheine sich über die Grenzen des Nothilfe- bzw. Notwehrrechts nicht bewusst zu sein; andernfalls wüsste sie, dass § 32 StGB durchaus Trutzwehr zulasse. „Umsichtige Reaktionen“, wie das Rufen des Notarztes oder der Polizei, seien sicherlich keine adäquaten Mittel, um eine gerade stattfindende Vergewaltigung an Ort und Stelle zu unterbinden.

Die Äußerung eines Studiogastes zum Parlamentarismus und historischen Nationalsozialismus seien vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt. Auch der Jugendmedienschutzstaatsvertrag sei im Lichte des Art. 5 GG auszulegen. Nämliches gelte für den Titel der Gruppe 9..., in dem nicht einmal indirekt zur Gewalt aufgerufen werde. Dass die Band mit dem Begriff „9...“ eine Ausschaltung des staatlichen Gewaltmonopols verbinde, sei nicht ersichtlich. Die Ankündigung, niemals vor Feinden fliehen zu wollen, deute eher auf eine bewusste Wahrnehmung des Notwehrrechts hin.

Im Übrigen werde auf das inzwischen rechtskräftig gewordene Urteil des Amtsgerichts ... vom 2. Dezember 2014 verwiesen, in dem das Amtsgericht im Rahmen eines Bußgeldverfahrens einen Verstoß gegen das Verbot der Gewaltverharmlosung nicht habe erkennen können. Der Tatvorwurf des Werbens für indizierte Angebote sei schließlich durch das Oberlandesgericht ... in der Beschwerdeinstanz ausgeschieden worden.

Ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 JMStV dürfte mangels eigener jugendpsychologischer Sachkunde des Gerichts ohne vorherige Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht feststellbar sein.

Die materielle Rechtswidrigkeit des Bescheids ergebe sich auch aus der fehlenden Verhältnismäßigkeit der Beanstandung. Die Beklagte erließ wegen der beanstandeten Verstöße am 8. Mai 2014 einen Bußgeldbescheid, den streitgegenständlichen Bescheid hingegen erließ die Beklagte am 17. Juni 2014. Aus der Beschlussvorlage der KJM ergebe sich, dass die Sendungen Nrn. 60 und 61 bis zum 9. Januar 2014 abrufbar gewesen seien. Es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses des Beanstandungsbescheids vom 17. Juni 2014 die Sendungen noch zum Abruf bereit gehalten habe oder dies in Anbetracht des drakonischen Bußgeldes noch zu erwarten gewesen wäre. Die kostenintensive Beanstandung sei nicht mehr erforderlich gewesen, da der Kläger sein Verhalten im Zeitpunkt des Erlasses bereits verändert habe.

Schließlich erweise sich die Bearbeitungsgebühr, die von einem nicht kommerziell tätigen Adressaten erhoben werde, als unangemessen hoch. Die Beklagte habe bereits einen Bußgeldbescheid mit einer nahezu wortgleichen Begründung gegen den Kläger erlassen, gegen den Einspruch eingelegt worden sei. Dass die „Copy-and-Paste“-Methode einen besonders hohen Verwaltungsaufwand verursache, dürfte zweifelhaft sein.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 17. Juni 2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der streitgegenständliche Bescheid sei entgegen der Rechtsauffassung des Klägerbevollmächtigten nicht aus formellen Gründen rechtswidrig; er enthalte insbesondere eine ausreichende Begründung. Soweit dies der Klägerbevollmächtigte unter Berufung auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster in Abrede stelle, gehe dieser Einwand fehl, weil diese Entscheidung auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sei. Im Unterschied zum vorliegenden Verfahren habe im vom Oberverwaltungsgericht Münster entschiedenen Fall die Beschlussvorlage für die KJM keine Begründung enthalten, sondern inhaltlich nur auf die Vorlage für die Prüfgruppe, die Prüfbegründung mit Prüfempfehlung der Prüfgruppe sowie die letzte Camtasia-Aufzeichnung verwiesen. Im Übrigen habe sich, was nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts zulässig sei, die KJM die Begründung in der Beschlussvorlage der Beklagten ausdrücklich zu eigen gemacht, wie aus dem Protokoll der KJM-Sitzung vom 16. April 2014 (Punkt 7.1, 7.2, Blatt 114 unten) ausdrücklich hervorgehe. Ferner sei zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Normen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages eine Abwägung zu Verfassungsgütern wie die Meinungs- bzw. Rundfunkfreiheit vorgenommen habe. Die Vorschriften seien das Ergebnis dieser Abwägung. Sie würden die Rundfunkfreiheit des Klägers und den Jugendschutz zum Ausgleich bringen. Im Übrigen habe keine Veranlassung bestanden, auf eine etwaige Grundrechtsberührung des Klägers einzugehen, da dieser im Verwaltungsverfahren sich auf die Anhörung hin nicht geäußert habe.

Das Internet-Angebot des Klägers stelle entgegen der Meinung seines Klägerbevollmächtigten auch Rundfunk i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz 1 RStV dar. Danach werde Rundfunk wie folgt definiert: „Ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; er ist die für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen.“ Dabei werde nicht auf eine bestimmte Empfangbarkeit abgestellt; es könnten auch Internetangebote Rundfunk sein, wie aus § 20b RStV folge. Lineare Dienste seien vor allem Fernsehprogramme, nicht lineare Dienste vor allem Abrufdienste. Das Merkmal der Linearität werde durch den zeitgleichen Empfang und die Ausstrahlung entlang eines Sendeplans definiert. Das heiße, die Rezipienten würden das Angebot zeitgleich empfangen und das Angebot folge einem vom Anbieter festgelegten Sendeplan. So liege der Fall hier; die inkriminierten Sendungen würden, wie der Kläger in seinem Antrag auf Zulassung des Rundfunkangebots 1... und der Beantwortung der Checkliste der Medienanstalten für Veranstalter von Web-TV im Juni 2013 gegenüber der Beklagten mitteilte, als Live-Ausstrahlungen an jedem Sonntag zwischen 19 Uhr und 21 Uhr stattfinden. Ein Sendeplan liege vor, da jede Sendung 1... in einer zeitlich geordneten Abfolge von Inhalten erfolge, wie sich auch aus den Angaben des Klägers in seinem Antrag auf Zulassung des Rundfunkangebotes 1... und der Beantwortung der Checkliste der Medienanstalten für Veranstalter von Web-TV vom Juni 2013 ergebe. Der Kläger lege den Ausstrahlungszeitpunkt fest und bestimme, wann Nutzer das live gestreamte Angebot rezipieren können. Die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 3 RStV greife nicht ein. Insbesondere seien die Sendungen auch journalistisch-redaktionell gestaltet. Die Ausnahmen in § 2 Abs. 3 RStV hätten deshalb Eingang in den Staatsvertrag gefunden, weil sie auf der Annahme beruhen würden, derartigen Angeboten fehle generell Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft. Als Beispiel für Angebote ohne jede journalistische-redaktionelle Gestaltung seien Webcams, die es ermöglichen würden, sich einen Eindruck von den Wetter- oder Verkehrsverhältnissen an dem jeweiligen Standort zu verschaffen. Fehle für ein Angebot die journalistisch-redaktionelle Gestaltung allerdings nur teilweise, greife die Ausnahmen § 2 Abs. 3 Nr. 4 RStV insgesamt nicht ein.

Bereits eine nur kursorische Ansicht der inkriminierten Sendungen zeige, dass es sich selbstverständlich um ein journalistisch-redaktionelles Angebot handele, wovon der Kläger in seinem Antrag auf Zulassung des Rundfunkangebotes 1... und der Beantwortung der Checkliste der Medienanstalten für Veranstalter von Web-TV vom Juni 2013 auch selbst ausgehe. Der Kläger gehe als Moderator der Sendungen auf aktuelle Ereignisse ein, es gebe Nachrichten innerhalb der Sendungen, die auf aktuellen Begebenheiten beruhen würden. Hierzu gebe es auch Live-Schaltungen in das Sendestudio. Auf eine professionelle, gar berufsmäßige journalistische Tätigkeit komme es nicht an. Die Sendung 1... sei damit Rundfunk. Eine Interaktivität dergestalt, dass die Nutzer unmittelbar Einfluss auf die Sendung nehmen können, sei nicht gegeben. Über den Ablauf der Sendung bestimme der Kläger, ggf. noch gemeinsam mit seinem anonymen Co-Moderator. Nutzer könnten hier nur begleitend mitwirken wie bei TV-Sendungen auch, in die z. B. E-Mail-Kommentare oder Twitter-Meldungen flankierend eingeblendet werden. Die Behauptung des Klägers, sein Angebot sei nicht professionell und deshalb kein Rundfunk, die von ihm angesprochenen Themen hätten keine gesellschaftliche Relevanz, damit auch keine meinungsbildende Wirkung auf minderjährige Rezipienten, sei in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht abwegig. In rechtlicher Hinsicht komme es darauf nicht an. Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff sei vom einfachgesetzlichen Rundfunkbegriff zu unterscheiden. Kein Kriterium sei die Feststellung einer gewissen Breitenwirkung; maßgeblich sei auch nicht mehr seit Inkrafttreten des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags der Darbietungsbegriff. Die Meinungsbildungsrelevanz sei deshalb kein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal für Rundfunk, wie der Klägerbevollmächtigte meine. Unabhängig davon liege aber eine Meinungsbildungsrelevanz vor, wie die Machart der Sendungen zeige. Es sei gerade das Anliegen des Klägers, mit seinen Sendungen entsprechend dem Sendermotto „Frei Sozial National“ gesellschaftliche Veränderungen herbeizuführen. Soweit sich der Kläger auf den Erwägungsgrund 42 in der Fernsehrichtlinie mit Stand vom 11. Dezember 2007 berufe, werde verkannt, dass die Richtlinie überholt sei durch die AVMD-Richtlinie und der genannte Erwägungsgrund sich nur mit audiovisuellen Mediendiensten auf Abruf befasse, ein solcher Dienst liege bei dem Angebot 1... aber gerade nicht vor.

Der Kläger habe gemäß § 7 JMStV einen Jugendschutzbeauftragten zu bestellen, da er länderübergreifendes Fernsehen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 JMStV veranstalte. Zudem wäre auch § 7 Abs. 1 Satz 2 JMStV erfüllt. Entgegen der Auffassung des Klägers genüge für ein geschäftsmäßiges Angebot allgemein zugänglicher Telemedien nicht, dass eine Gewinnerzielungsabsicht des Anbieters bestehe. Für die Geschäftsmäßigkeit des Angebots genüge es bereits, dass der Kläger die Nutzer eines Angebots auffordere, Zahlungen über PayPal zu leisten. Für die Dauer der von dem Kläger veranstalteten Sendungen sei durchgängig ein Hinweis auf diese Bezahlmöglichkeiten eingeblendet. Deshalb sei auch die Behauptung des Klägers, er handele aus rein altruistischen Motiven, offensichtlich unwahr.

Die Feststellungen und Missbilligungen sowie Untersagungen seien im Übrigen auch rechtmäßig. Gemäß der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sei es dem Gericht verwehrt, seine eigene Bewertungen an die Stelle der Bewertung der KJM zu setzen, wenn die Entscheidung der KJM in ihrer Tragfähigkeit nicht erschüttert sei. Weise die Entscheidung der KJM keine Mängel auf und werde die Tragfähigkeit der sachverständigen Aussagen von dem Kläger auch sonst nicht erschüttert, verbleibe es bei der sachverständigen Äußerung der KJM. Der Kläger trage keinen einzigen Gesichtspunkt vor, der die Tragfähigkeit der sachverständigen Äußerung der KJM erschüttern könnte. Er setze lediglich seine eigene Auffassung derjenigen der KJM entgegen. Das genüge jedoch gerade nicht, die sachverständige Äußerung zu erschüttern. Das vom Kläger angeführte Urteil des Amtsgerichts ... vom 8. Dezember 2014 sei nicht präjudiziell für das Verwaltungsverfahren, genauso wie der vom Kläger erwähnte Beschluss des Oberlandesgerichts ... vom 20. April 2014, zumal in Letzterem keine inhaltliche Entscheidung getroffen worden sei (Absehen der Verfolgung gemäß § 154 StPO). Maßgeblich sei allein die Einschätzung der KJM.

Der ausdrückliche Hinweis auf die überwiegend indizierte sechsbändige Buchreihe mit dem Titel „2...“ stelle eine unzulässige Werbung Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV dar. Es sei unstreitig, dass mehrere Bände der Buchreihe indiziert seien. Das wisse der Kläger und habe es auch gewusst, wie sich aus dessen Moderationen im Zusammenhang mit der anpreisenden Bewerbung der Buchreihe ergebe. In ironischer Weise wolle der Kläger den Eindruck erwecken, sich von der werblichen Anpreisung der Buchreihe zu distanzieren. Diese vermeintliche Distanzierung unternehme der Kläger nur zum Schein, worauf er mit folgenden Worten selbst hinweise: „Du redest ja nur vom fünften Band, was ich persönlicher sehr gut finde. Die anderen Bände, da können wir leider nicht sprechen. Die müssen wir ganz klar ablehnen. Das fünfte ist o.k.. Die anderen finde ich inhaltlich kompletten Quatsch. Das müssen wir so jetzt sagen, weil sonst müssen wir die Sendung wieder zusammenschneiden“.

Bei der Buchreihe handele sich um ein Angebot im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV. Mit Angebot meine der Gesetzgeber nämlich nicht die Angebote gemäß der Legaldefinition in § 3 Abs. 2 Nr. 2 JMStV, sondern vielmehr alle Träger- oder Telemedien, die in die Liste nach § 18 Jugendschutzgesetz aufgenommen worden seien. Das ergebe sich auch daraus, weil es eine Indizierung von Angeboten im Sinne der Legaldefinition des § 3 Abs. 2 Nr. 2 JMStV nicht gebe. Jedenfalls Rundfunksendungen (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 JMStV) seien ausgenommen, da die Bundesprüfstelle nicht für die Indizierung von Rundfunksendungen zuständig sei. Hätte der Gesetzgeber den Anwendungsbereich von § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV ausschließlich auf Telemedien beschränken wollen, hätte er ohne weiteres diese Begrifflichkeit wählen können. Die umfassende Formulierung „indizierte Angebote“ belege vielmehr, dass es dem Gesetzgeber darum gegangen sei, eine Regelung für all diejenigen Medien aufzunehmen, die gemäß § 18 Jugendschutzgesetz Gegenstand einer Indizierung sein könnten, also die dort genannten Träger- und Telemedien. Werbung wiederum beziehe sich nicht lediglich auf geschäftsmäßige Werbung im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags. Verboten sei damit jede werbliche Ankündigung einer indizierten Schrift. Der ausdrückliche Hinweis auf die Indizierung von mehreren Bänden der Buchreihe „2...“ stelle damit eine Werbung im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV dar. Die nicht ernst gemeinte Distanzierung des Klägers in dieser Sendung beseitige den Verstoß nicht. Vielmehr würden die Zuseher erkennen, dass diese Distanzierung gerade nicht ernst gemeint sei.

Gegen die Verhältnismäßigkeit der Missbilligungen bzw. Beanstandungen bestünden keine Bedenken, da die mildeste Form im Rahmen von Verwaltungsakten gewählt worden sei.

Die Gebühren seien veranlasst und rechtmäßig. Der Ansatz beruhe auf der hierzu erlassenen Kostensatzung der Beklagten. Die Kostensatzung sei rechtmäßig erlassen worden. Anhaltspunkte, weshalb der Ansatz der Gebühren unangemessen hoch sei, seien nicht ersichtlich.

Am 13. August 2015 hat die Beklagte dem Gericht eine Kopie des Urteils des Amtsgerichts ... vom 8. Dezember 2014 übermittelt, wonach der Kläger schuldig sei des vorsätzlichen Veranstaltens eines Rundfunkprogramms ohne Zulassung entgegen § 20 Abs. 1, 2 RStV mit vorsätzlichem Verbreiten von Angeboten entgegen § 5 Abs. 1 JMStV, die geeignet sind, die Entwicklungen von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, ohne dafür Sorge zu tragen, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufe sie üblicherweise nicht wahrnehmen, mit vorsätzlichem Verbreiten von Werbung für indizierte Angebote entgegen § 6 Abs. 1, 7 JMStV mit vorsätzlichem Nichtbestellen eines Jugendschutzbeauftragten entgegen § 7 JMStV.

Am 17. Oktober 2016 ist dem Gericht der Beschluss des Oberlandesgerichts ... vom 20. April 2015 betreffend die Rechtsbeschwerde gegen das vorgenannte Urteil des Amtsgerichts ... von Klägerseite vorgelegt worden. Danach wurde der Vorwurf, der Kläger habe vorsätzlich entgegen § 24 Abs. 1 Nr. 5 i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV Werbung für indizierte Angebote verbreitet, von der Verfolgung ausgenommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakte, auf die Inhalte der vorgelegten CD mit den Sendungen Nrn. 60 und 61 sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2014 erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die streitgegenständlichen Maßnahmen ist das Gesetz über die Entwicklung, Förderung und Veranstaltung privater Rundfunkangebote und anderer Telemedien in Bayern (Bayerisches Mediengesetz - BayMG), der Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag - JMStV) sowie der Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag - RStV) in den zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses vom 17. Juni 2014 geltenden Fassungen.

1. An der formellen Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen keine Zweifel.

1.1 Die sachliche Zuständigkeit der Beklagten für die im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Maßnahmen folgt aus § 10 Abs. 1 Satz 3 BayMG i. V. m. § 14 Abs. 1 Satz 2 JMStV. Denn danach trifft die Beklagte entsprechend den Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags die jeweiligen Entscheidungen. Die örtliche Zuständigkeit der Beklagten beruht auf § 10 Abs. 1 Satz 3 BayMG i. V. m. § 20 Abs. 6 JMStV.

Für die abschließende Beurteilung von Angeboten nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag war gemäß § 16 Satz 1 JMStV die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) zuständig, die nach § 14 Abs. 2 Satz 2 JMStV der Beklagten als Organ bei der Erfüllung ihrer Aufgaben dient.

Soweit der Kläger die Zuständigkeit der Beklagten für den Erlass der streitgegenständlichen Maßnahmen nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag bezweifelt, weil das von ihm betriebene Medienformat keinen Rundfunk bzw. kein Rundfunkprogramm darstelle und somit der Geltungsbereich des Jugendmedienschutz-Staatsvertrag nicht eröffnet sei, vermag er damit nicht durchzudringen.

Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag gilt nach § 2 Abs. 1 JMStV für elektronische Informations- und Kommunikationsmedien (Rundfunk und Telemedien). Der Begriff des Rundfunks findet in § 2 Abs. 1 Satz 1 RStV eine Legaldefinition. Danach ist Rundfunk ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst (Hs. 1) und die für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen (Hs. 2).

Diese Definitionsmerkmale liegen bei den streitgegenständlichen Sendungen Nrn. 60 und 61 vom 1. und 8. Dezember 2013 vor.

Die Sendungen wurden unzweifelhaft in Bewegtbild und Ton sowie als Live-Stream übers Internet unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen ausgestrahlt. Sie waren auch an die Allgemeinheit gerichtet, weil für jedermann auf der Internetseite http://1...de abrufbar. Dabei spielt es keine Rolle, dass mit dem Format wohl nur ein begrenzter Personenkreis erreicht wird; denn maßgeblich ist allein, dass die Sendungen zum Empfang durch einen unbestimmten Personenkreis ausgerichtet sind (vgl. Schulz in Hahn/Vesting, Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Auflage, Rn. 43 zu § 2 RStV). Ebenso wenig fehlt es den Sendungen am Linearitätsmerkmal. Denn die Sendungen Nrn. 60 und 61 sind einerseits zum zeitgleichen Empfang durch die Rezipienten bestimmt; andererseits werden sie als zwei von grundsätzlich an jedem Sonntag zwischen 19 Uhr und 21 Uhr stattfindenden Sendungen eindeutig im Rahmen eines Sendeplans ausgestrahlt. Die Sendungen sind inhaltlich strukturiert; sie bestehen insbesondere aus Einspielungen von Videoclips bzw. Musiktiteln, Besprechungen von aktuellen Themen, Interviews von Musikbandmitgliedern mit der Möglichkeit, dass Fragen der Zuschauer an diese per Chat oder Skype gestellt werden können, sowie aus Gewinnspielen mit Fragen, bei denen Telefonanrufer eine vorher vorgestellte CD gewinnen können. Ein „roter Faden“, der vom Kläger vorgegeben wird, im Sinn eines strukturierten Ablaufs von Inhalten ist klar erkennbar.

Nicht nachvollziehbar ist, wenn von Klägerseite die Rundfunkeigenschaft der Sendungen dadurch in Frage gestellt wird, dass diese auch im Archiv zur Verfügung standen und insoweit nicht der Kläger, sondern der Nutzer bestimmt, wann er diese dort abruft. Denn dies ändert nichts an dem Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen für die Rundfunkeigenschaft der Sendungen im Rahmen eines jeweils Sonntagabend stattfindenden Rundfunkprogramms.

Die Auffassung des Klägers, dass keine lineare, sondern multipolare Kommunikationsstruktur vorliege, weil während der Sendungen zwischen dem Moderator und den Zuschauern durch den Chat im Hintergrund eine Interaktion stattfinde, die es ermögliche, beispielsweise Fragen an den Moderator oder die telefonisch zugeschalteten Interviewpartner zu richten, und deshalb auch von den Zuschauern Einfluss auf den Inhalt der Sendungen genommen werden könne, wird nicht geteilt. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass eine Interaktivität dergestalt, dass die Nutzer unmittelbaren Einfluss auf die Sendung nehmen können, nicht gegeben ist. Denn der Kläger bestimmt den Ablauf der Sendung gemeinsam mit seinem Co-Moderator. Nutzer können nur begleitend und nur soweit es von den Moderatoren zugelassen wird mitwirken.

Zum Vortrag der Klägerseite, es fehle für die Annahme von Rundfunk an dem Merkmal der Darbietung, weil die Sendungen keine Meinungsbildungsrelevanz hätten, ist festzustellen, dass dieses Merkmal lediglich bis zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag in § 2 RStV enthalten war; nach der hier einschlägigen Fassung der Norm ist ein Darbietungscharakter als Tatbestandsmerkmal nicht mehr vorgesehen. Aber selbst wenn, wie vertreten wird, der Begriff Rundfunk eine Darbietung im Sinne der Meinungsbildung erfordern sollte, wäre diese bei den Sendungen Nrn. 60 und 61 ohne Zweifel gegeben, weshalb es auch dahingestellt bleiben kann, ob dieses Merkmal unionsrechtlich geboten ist. In den Sendungen wird nicht nur Musik abgespielt, sondern es finden politisch motivierte Diskussionen und Gespräche - teilweise auf der Grundlage aktueller Berichterstattung - statt, in denen unzweifelhaft die Moderatoren ihre Meinung darlegen und auf die Meinungsbildung anderer Einfluss nehmen wollen. So werden insbesondere als richtig empfundene rechtsextreme Inhalte und Ideologien dargestellt, Wege in die rechtsextreme Szene aufgezeigt und gesellschaftliche Veränderungen im Sinne eines Nationalsozialismus propagiert. Dass die streitgegenständlichen Sendungen auf der Website www.1...de neben weiteren Angeboten wie einem Shop, einem Chat, einem Youtube-Kanal, einem Radiosender und einer Pinnwand mit Neuigkeiten standen, ändert nichts an ihrer inhaltlichen Meinungsbildungsrelevanz und an der Rundfunkeigenschaft, da, wie oben dargelegt, die Tatbestandsvoraussetzungen hierfür erfüllt sind.

Auf die geltend gemachte Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 3 Nrn. 1, 3 und 4 RStV kann sich der Kläger nicht berufen.

Der Vorschrift des § 2 Abs. 3 Nr. 4 RStV, wonach nicht journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote kein Rundfunk seien, unterfallen die Sendungen Nrn. 60 und 61 offensichtlich nicht. Kriterien für ein journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot sind Selektion und Aufbereitung nach gesellschaftlicher Relevanz wie z. B. Aktualität; auf eine professionelle, gar berufsmäßige journalistische Tätigkeit kommt es nicht an; auch „Laienjournalismus“ kann journalistisch i. S. d. § 2 RStV sein, wenn ein gewisser Grad an organisatorischer Verfestigung erreicht ist. Der Begriff „journalistisch-redaktionell“ umfasst auch Unterhaltungsangebote, nicht aber Dienste, bei denen gar keine Selektion und Aufbereitung stattfindet, wie bei Webcams, die kontinuierlich live reale Geschehnisse verbreiten (vgl. Schulz in Hahn/Vesting, Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Auflage, Rn. 56 f zu § 2 RStV). Als entscheidend für das Vorliegen eines journalistisch-redaktionellen Angebots wird teilweise die Intention auf Teilhabe am Prozess der öffentlichen Meinungsbildung angesehen. Diese Teilhabe muss sich jedoch nicht an die breite Öffentlichkeit richten, es reicht aus, wenn sie auf kleinere Zielgruppen zugeschnitten ist (VGH Mannheim, B.v. 25.03.2014 - 1 S 169/14 - juris).

Hiervon ausgehend hat das Gericht keine Zweifel, dass die streitgegenständlichen „1...“-Sendungen journalistisch-redaktionell gestaltet sind, weshalb die Ausnahme des § 2 Abs. 3 Nr. 4 RStV nicht vorliegt. Die Beklagte weist in diesem Zusammenhang zu Recht auf Folgendes hin: Der Kläger geht als Moderator der Sendungen auf aktuelle Ereignisse ein, es gibt Nachrichten innerhalb der Sendung, die auf aktuellen Begebenheiten beruhen. Ferner werden ausgewählte Musiktitel oder Musikvideos vorgestellt und es finden Interviews mit Bandmitgliedern statt. Zuschauer können teilweise Fragen per Skype oder Chat stellen. Aus alledem folgt eine journalistisch-redaktionelle Gestaltung in Form von Selektion und Aufbereitung, die entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten (wie oben dargestellt) auch eine Meinungsbildungsrelevanz aufweist.

Es liegt auch nicht die Ausnahme gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 RStV vor; hiernach sind Angebote kein Rundfunk, die jedenfalls weniger als 500 potenziellen Nutzern zum zeitgleichen Empfang angeboten werden. Diese Bestimmung stellt auf die technische Grenze der Reichweite ab. Nicht unter Rundfunk fallen damit Angebote, die nicht von mehr als 500 Rezipienten zeitgleich empfangen werden können, so z. B. wenn der Ausspielserver nicht mehr als 500 parallele Streams zulässt (vgl. Schulz in Hahn/Vesting, Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Auflage, Rn. 52 zu § 2 RStV). Hierfür wurde aber weder etwas vorgetragen noch ist dies ersichtlich. Ob weniger als 500 Nutzer die Sendungen tatsächlich ansehen, spielt nach dem Wortlaut der Norm keine Rolle. Maßgeblich ist allein, dass die Sendungen ohne technische Empfangsbeschränkung an die Allgemeinheit gerichtet sind. Aus der vom Klägerbevollmächtigten zitierten Gesetzesbegründung ergibt sich nichts anderes. Auch danach ist auf die potentiell möglichen Zugriffe abzustellen und nicht auf die tatsächlichen. Die Formulierung „absolute Untergrenze“ meint, dass bei einer Beschränkung der Zugriffsmöglichkeit auf weniger als 500 Nutzer stets kein Rundfunk vorliegt, das Wort „jedenfalls“, dass bei technisch höheren Nutzungszahlen von einer Zuordnung als Rundfunk abgesehen werden kann. Die Formulierung spricht damit eine Flexibilität nach oben an (vgl. Schulz in Hahn/Vesting, Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Auflage, Rn. 52 zu § 2 RStV). Anhaltspunkte, warum entgegen der Grundregel, dass bei Zugriffsmöglichkeit von mehr als 500 Nutzern Rundfunk vorliegt, ausnahmsweise im Hinblick auf die Rezipientenzahl kein Rundfunk anzunehmen ist, wurden weder substantiiert vorgebracht noch sind sie ersichtlich. Zu denken wäre daran beispielsweise bei einer Zugriffsbeschränkung auf nur geringfügig mehr als 500 Rezipienten, was bei den Sendungen Nrn. 60 und 61 aber ersichtlich nicht der Fall war.

Schließlich kommt auch nicht der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 3 Nr. 4 RStV (Angebote, die ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dienen) in Betracht, da das Angebot des Klägers unbegrenzt an die Allgemeinheit und auf (deren) Meinungsbildung gerichtet ist.

1.2 Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten ist entgegen der Rechtsauffassung des Klägerbevollmächtigten auch nicht wegen Fehlens einer ordnungsgemäßen und ausreichenden Begründung nach § 17 Abs. 1 Sätze 3 und 4 JMStV formell rechtswidrig. Die von der KJM bei der Beschlussfassung gegebene und dem Bescheid der Beklagten zugrunde gelegte Begründung genügt den Anforderungen dieser Norm.

Gemäß § 17 Abs. 1 Sätze 3 und 4 JMStV sind die Beschlüsse der KJM zu begründen und dabei die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen.

Dies ist unzweifelhaft geschehen. In der Beschlussvorlage der Beklagten für die KJM-Sitzung vom 19. März 2014 finden sich die wesentlichen tragenden Argumente für die im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Maßnahmen. Die Darlegungen sind ausführlich, detailliert und für einen Dritten ohne Weiteres verständlich. Die KJM als zuständiges Organ hat sich diese Ausführungen in der Beschlussvorlage zu eigen gemacht (vgl. Seite 6 a.E. des Protokolls über die Sitzung der KJM vom 19.4.2014). Eine solche Bezugnahme auf eine Beschlussvorlage ist im Grundsatz zulässig, wenn dadurch eine klare und unmissverständliche Begründung des Beschlusses zu Stande kommt. Die Bezugnahme muss dem Beschluss der KJM oder dem die Beschlussfassung enthaltenden Protokoll durch eindeutige Formulierungen zu entnehmen sein (OVG Nordrhein-Westfalen, U.v. 17.6.2015 - 13 A 1215/12 - juris), was - wie dargelegt - gegeben ist. Eine diesen Anforderungen nicht genügende Kettenverweisung liegt nicht vor.

Da die Beschlüsse der KJM gegenüber der Beklagten bindend und deren Entscheidungen zugrunde zu legen sind (vgl. § 17 Abs. 1 Sätze 5 und 6 JMStV), wurden sie zu Recht so wie in der gebilligten Beschlussvorlage in den Bescheid vom 17. Juni 2014 aufgenommen und umgesetzt.

Der Auffassung des Klägervertreters, die Begründung teile aufgrund des Fehlens einer ausdrücklichen Erwähnung der Meinungsfreiheit des Klägers in Abwägung mit den Belangen des Jugendschutzes nicht die wesentlichen rechtlichen Gründe mit, kann nicht gefolgt werden. Die für diese Argumentation vom Klägerbevollmächtigten herangezogene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (U.v. 17.06.2015 - 13 A 1215/12 - juris) ist schon nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar. Anders als hier lag dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts ein Sachverhalt zugrunde, der einen besonderen Bezug zur Satire aufwies und deshalb nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts insoweit einer besonderen Erörterung der KJM im Hinblick auf die Kunst- und Meinungsfreiheit erfordert hätte. Zudem war im Fall, den das Oberverwaltungsgericht zu entscheiden hatte, im Unterschied zur vorliegenden Verwaltungsstreitsache in der Beschlussvorlage für die KJM keine Begründung enthalten.

Die Begründung der KJM wird vom Gericht für ausreichend erachtet. Dabei ist, worauf die Beklagten zu Recht hinweist, im Ausgangspunkt zu beachten, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Normen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages eine Abwägung zu Verfassungsgütern wie die Meinungs- oder Rundfunkfreiheit vorgenommen hat und diese Vorschriften das Ergebnis dieser Abwägung im Sinne einer praktischen Konkordanz sind. Im Übrigen wird der Auffassung der Beklagtenseite gefolgt, wonach dann, wenn wie hier der Kläger im Rahmen der Anhörung keine Stellungnahme abgibt, keine gesteigerte Veranlassung besteht, näher auf eine Grundrechtsberührung des Klägers einzugehen.

Unabhängig davon weist das Gericht auf Folgendes hin: Auch wenn, wie von Klägerseite gerügt, eine ausdrückliche Erwähnung des Art. 5 Abs. 1 GG im Rahmen der Begründung nicht erfolgt ist, setzt sich die Begründung dezidiert mit den in den gegenständlichen Sendungen getätigten Äußerungen auseinander und beschränkt sich gerade nicht auf Allgemeinplätze. Die einzelnen Äußerungen, auf die sich die Maßnahmen der Beklagten beziehen, werden detailliert dargestellt und auf ihre Hintergründe untersucht. Dabei wird die für die rechtliche Würdigung notwendige objektive Perspektive stets gewahrt. Bezüglich aller beanstandeten Inhalte wird dargelegt, inwiefern durch sie Belange des Jugendschutzes nicht hinnehmbar beeinträchtigt werden. Dass die Anforderungen der Wechselwirkungslehre im Rahmen der Anwendung der die Meinungsfreiheit einschränkenden allgemeinen Gesetze beachtet wurden, geht aus der Begründung deutlich hervor: So heißt es etwa auf Seite 11, Punkt d. zu § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 JMStV (offensichtlich schwere Jugendgefährdung):

„(…) Folgt man der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, muss man erkennen, dass aus der Sendung für einen unbefangenen Beobachter nicht zwingend folgt, dass die Inhalte zu einer schweren Jugendgefährdung führen können. (…)“

Weiter wird etwa auf Seite 15, Punkt a. zu § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 JMStV (Holocaustleugnung) ausgeführt:

„(…) Mit dieser Aussage macht der Moderator geltend, dass er über die historischen Ereignisse keine eigenen Erkenntnisse hat. In dieser Aussage scheinen Zweifel an den historischen Fakten enthalten zu sein. Der Tatbestand des Verharmlosens ist sehr weit gefasst und bedarf einer verfassungskonformen Kontursetzung. (…)“.

Aus alledem ergibt sich, dass der KJM sehr wohl das Spannungsverhältnis zwischen Meinungs- bzw. Rundfunkfreiheit und Jugendschutz bewusst war und die im Rahmen der allgemeinen Gesetze zulässige Einschränkung der Meinungs- bzw. Rundfunkfreiheit nur insoweit erfolgte, als es nach ihrer Sicht aus Jugendschutzgründen zwingend erforderlich war.

2. Die Maßnahmen durch die Beklagte in Nrn. 1 bis 5 des streitgegenständlichen Bescheids sind in materieller Hinsicht rechtmäßig. Sie konnten auf § 20 Abs. 1 und 2 JMStV, Art. 16 BayMG gestützt werden.

Nach § 20 Abs. 1 JMStV trifft die zuständige Landesmedienanstalt die erforderlichen Maßnahmen, wenn sie feststellt, dass ein Anbieter gegen die Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags verstoßen hat, wobei nach § 20 Abs. 2 JMStV für Veranstalter von Rundfunk die zuständige Landesmedienanstalt durch die KJM entsprechend den landesrechtlichen Regelungen die jeweiligen Entscheidungen trifft. Nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG kann die Landeszentrale gegenüber Anbietern zur Einhaltung der Vorschriften des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages die erforderlichen Maßnahmen treffen.

2.1 Die Feststellung und Missbilligung in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids, dass im über die Internetadresse http://1...de verbreiteten Rundfunkangebot in der Sendung Nr. 60 vom 1. Dezember 2013 in der Zeit von 19:00 Uhr bis 21:00 Uhr insbesondere aufgrund eines Kommentares des Moderators zu der Besetzung eines öffentlichen Gebäudes in Berlin gegen das Verbot der Gewaltverharmlosung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 JMStV) sowie unter anderem wegen der Empfehlung indizierter Bücher aus der Reihe 2... durch einen vom Moderator in der Sendung befragten Gast gegen das Verbot der Werbung für indizierte Angebote (§ 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV) und schließlich insbesondere aufgrund der jugendaffinen Präsentation und der rechtsextremistisch geprägten Aussagen der Moderatoren gegen das Verbot der Verbreitung von Inhalten, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen (§ 5 Abs. 1 JMStV), verstoßen wurde, ist nicht zu beanstanden.

Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 23.3.2011 - 7 BV 09.2512, 7 BV 09.2513 - juris) kommt der KJM beim Vollzug der Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrag zwar kein gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Ihre Einschätzung ist jedoch als sachverständige Aussage anzusehen, die im gerichtlichen Verfahren nur mit dem gleichen Aufwand in Frage gestellt werden kann, der notwendig ist, um die Tragfähigkeit fachgutachtlicher Äußerungen zu erschüttern. Ist die Bewertung der KJM in diesem Sinn nicht in Frage gestellt, so ist dem Gericht verwehrt, seine eigene Bewertung an die Stelle der Bewertung der KJM zu setzen.

2.1.1 Im streitgegenständlichen Bescheid wird unter Nr. 1 in der Sendung Nr. 60 vom 1. Dezember 2013 ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 JMStV angenommen, wonach unbeschadet strafrechtlicher Verantwortung Angebote unzulässig sind, wenn sie grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt, was auch bei virtuellen Darstellungen gilt. Hierzu wird im Bescheid Folgendes unter Bezugnahme auf die Einlassungen des Sendungsmoderators zur Besetzung des Kreuzberger Bezirksamtes durch Demonstranten und die vorgenannte Verbotsnorm ausgeführt:

„Der in der Sendung Nr. 60 vorgenommene Kommentar eines Moderators erfüllt diese Voraussetzungen. Ein Moderator schildert in Bezug auf die Besetzung eines öffentlichen Gebäudes in Berlin durch „Flüchtlinge“ die Tötung dieser Menschen, die von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht haben, um auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam zu machen, als ausdrücklich legitimes Mittel zur Durchsetzung staatlicher Gewalt. Die Beschreibung des von Seiten des Moderators geforderten brutalen Vorgehens der Sicherheitskräfte erfolgt detailliert: „der Rest geht im Kugelhagel unter“ (…) „wird da aus dem Gebäude rausgefeuert, während du da drauf zuläufst, und da bleibt halt da alle fünf Meter einer liegen und dann hören die halt irgendwann auf zu rennen“. Der Bundesrepublik Deutschland wird unterstellt, kein „echter Staat“ oder kein „richtiges Land“ zu sein, da sie sich gegen ihre demonstrierenden Bewohner nicht mit militärisch-brutaler Waffengewalt zur Wehr zu setzen vermag. Dem liegt eine Sicht auf den Staat als repressiver, autoritärer Organisationsform zugrunde, die dem Totalitarismus entspricht und der freiheitlich demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes zuwiderläuft. Das Erschießen bzw. Töten von Menschen stellt eine Gewalttätigkeit dar. Diese ist auch grausam bzw. sonst unmenschlich, da das Erschießen wehrloser Flüchtlinge, die von ihrem Recht auf Demonstration Gebrauch machen, menschenverachtend ist und eine überschießende, rücksichtslose Tendenz zum Ausdruck bringt. Selbst wenn man annimmt, dass die Flüchtlinge durch die Besetzung des Rathauses Hausfriedensbruch begehen und sich deshalb nicht auf ihr Demonstrationsrecht berufen dürften, da es am Kriterium der „Friedlichkeit“ möglicherweise fehlt, ändert dies nichts daran, dass die geforderte brutale und grausame Gewaltanwendung, die durch den Moderator in einer verharmlosenden Form geschildert wird, nicht als Mittel der Wahl zum Umgang mit Flüchtlingen veranschaulicht werden darf. Dieses Vorgehen widerspricht unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung. Eine Gewaltverharmlosung liegt nicht zuletzt vor, da die Gewalttätigkeiten - das Erschießen von wehrlosen Menschen von Seiten des Staates - bagatellisiert wird als ein im menschlichen Zusammenleben nicht verwerfliches, sondern sogar notwendiges Mittel zur Durchsetzung eigener Interessen bzw. zur Lösung von Konflikten (vgl. auch die Kriterien für die Aufsicht im Rundfunk und in den Telemedien der KJM). Es handelt sich auch nicht um eine Schilderung im Rahmen eines fiktiven Krimis, den der Moderator wiedergibt, sondern der Moderator fordert den Staat dazu auf, entsprechende Maßnahmen umzusetzen. Es handelt sich also um eine Schilderung von unmenschlichen Gewalttätigkeiten gegen reale Personen. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 JMStV setzt seinem Wortlaut nach gerade keine Darstellung, sondern eine Schilderung der Gewalttätigkeiten voraus. Die akustische Veranschaulichung des Moderators „der Rest geht im Kugelhagel“ (…) „wird da aus dem Gebäude rausgefeuert, während du da drauf zuläufst, und da bleibt halt da alle fünf Meter einer liegen und dann hören die halt irgendwann auf zu rennen“ vermittelt beim Zuhörer bzw. Zuschauer den Eindruck einer grausamen Gewalttätigkeit gegen die Flüchtlinge, die vom Moderator als erstrebenswert „in einem richtigen Land“ angesehen wird. In der Schilderung des Moderators kommt den Flüchtlingen gegenüber eine rücksichtslose Tendenz zum Ausdruck. Die Ausführungen des Moderators vermitteln den Eindruck, dass das „Abknallen“ von Menschen ein legitimes Ziel zur Interessensdurchsetzung darstellt.“

Das Gericht hält diese detailreichen Ausführungen der KJM für nachvollziehbar und schlüssig. Soweit sich der Klägerbevollmächtigte hiergegen wendet, vermag er die sachverständige Aussage der KJM nicht ansatzweise zu erschüttern. Er stellt ihr lediglich eine andere Meinung bzw. Deutung gegenüber, ohne Fehler der KJM bei der auf den objektiven Empfängerhorizont abstellenden Beurteilung aufzuzeigen und ohne dieser mit dem entsprechenden Aufwand, den die KJM walten ließ, entgegenzutreten. Insbesondere hält es das Gericht für abwegig, dass die Zuhörer oder Zuschauer der Sendung, auf deren Sicht es ankommt, die Äußerung, die Flüchtlinge würden im Kugelhagel untergehen, ausschließlich nur dahingehend verstehen, dass „lediglich“ Gummigeschosse und keine echten Munitionskugeln gemeint seien. Dies hätte, was nicht der Fall war, klargestellt werden müssen. Soweit der Klägerbevollmächtigte darauf abhebt, dass das Amtsgericht ... im Strafverfahren den Tatbestand des § 4 Abs. 1 Nr. 5 JMStV „gerade noch nicht erfüllt ansieht“, weil bei „den entscheidenden Sätzen wird der Satz plötzlich abgebrochen“, ist das erkennende Gericht zum einen nicht daran gebunden; zum anderen vermag, worauf es im vorliegenden Verwaltungsverfahren ankommt, die insoweit sehr knappe und sich nicht im Einzelnen mit den Ausführungen der KJM auseinandersetzende Begründung des Amtsgerichts die Tragfähigkeit der KJM-Beurteilung nicht zu erschüttern.

2.1.2 Zu Recht wird von der Beklagten festgestellt und missbilligt, dass in der Sendung Nr. 60 vom 1. Dezember 2013 entgegen § 5 Abs. 1 JMStV Angebote verbreitet oder zugänglich gemacht wurden, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, ohne dafür Sorge zu tragen, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht wahrnehmen. Im streitgegenständlichen Bescheid wird dazu Folgendes ausgeführt:

„Aus Sicht des Jugendschutzes verfügt das vorliegende Angebot, das einen Bezug zur rechtsextremistischen Szene aufweist, über erhebliches Problempotenzial. Dies liegt vor allem an der äußerst jugendaffinen Präsentationsform der Inhalte. So bedienen die Moderatoren auf den ersten Blick gerade nicht gängige Klischees in Bezug auf Rechtsextreme und lassen ihre Ideologie eher beiläufig in die ungezwungenen Gespräche mit Gästen und Zuschauern einfließen. Dem Steckbrief des Moderators „11...“, der u. a. ein Zitat der Kommunistin Rosa Luxemburg enthält, ist zu entnehmen, dass er sich musikalisch neben einschlägig bekannten rechtsextremen Interpreten auch für „Die Ärzte“ interessiert, die sie aktiv gegen Neonazis engagieren würden. Auch Mainstream-Künstlerinnen wie Nelly Furtado oder die aus Barbados stammende Sängerin Rihanna scheinen zu 11...s Favoriten zu zählen. Der Moderator 12... ist laut Steckbrief nicht nur Mitglied der NPD und in einer Freien Kameradschaft aktiv, sondern interessiert sich auch für unter Jugendlichen beliebte Fernsehserien wie „How I Met Your Mother“ oder „Die Simpsons“. Dadurch entsteht - sicherlich auch bei einem großen Teil der jugendlichen Zuschauer - der Eindruck, bei den Moderatoren handle es sich um durchschnittliche, „normale“ junge Männer, wodurch wiederum die Inhalte der Sendungen und damit letztlich die Ideologie der Gäste eine Normalisierung erfahren. Verstärkt wird dies durch jugendaffine Elemente wie Videoclips populärer Interpreten aus dem Mainstream, die die Präsentation rechtsextremistischen Gedankenguts einrahmen. Insbesondere für gefährdungsgeneigte Jugendliche könnte daraus ein Anreiz entstehen, sich für rechtsextremistische Gruppierungen zu interessieren und deren Ideologie unkritisch gegenüberzustehen. Speziell bei Kindern und Jugendlichen, deren Persönlichkeitsentwicklung noch nicht abgeschlossen ist und die sich in einer politischen und gesellschaftlichen Orientierungs- und Meinungsbildungsphase befinden, ist durch diese Art der Darstellung (u. a. Inszenierung der Moderatoren als jugend- und medienaffin, Ironisierung, Referenz auf beliebte Mainstream-Musikkünstler, gekoppelt mit rechtsextremer Ideologie der Akteure ohne kritische Auseinandersetzung) eine Verunsicherung und Desorientierung zu befürchten. Insoweit steht das vorliegende Angebot einem vorrangigen Entwicklungsziel der freiheitlich demokratischen Gesellschaftsordnung, nämlich der Vermittlung von ethischen Werten wie Toleranz und Respekt gegenüber allen Bevölkerungsgruppen, entgegen. Für die relevante Zuschauergruppe könnten die Protagonisten der Online-TV-Sendung durchaus als Sympathieträger und Rollenmodelle fungieren. Viele bei Kindern und Jugendlichen beliebte mediale Persönlichkeiten benutzen das Stilmittel der Ironie (z. B. Joko & Klaas, Oliver Pocher). Auch dürfte das als „cool“ inszeniert Erscheinungsbild der Moderatoren, z. B. durch das Tragen einer Guy-Fawkes-Maske, die jüngst mediale Berühmtheit als Symbol des Internetkollektivs „Anonymous“ und der Occupy-Bewegung erlangt hat, eine bestimmte Attraktivität und Faszination auf Kinder und Jugendliche ausüben. Besonders männlichen Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren bietet sich hier durch lockere Sprüche, die jugendaffin gestalteten Videoclips, die Musikauswahl und die Gewinnspiele ein Identifikationspotential. Obwohl es nicht zu einer offenen Verherrlichung des Nationalismus und seiner Ikonen kommt, ist die Verwurzelung der Akteure innerhalb einer rechtsextremistischen Ideologie deutlich erkennbar. So wird etwa mit 5... ein prominenter Nationalsozialist implizit als „Visionär“ bezeichnet. Auch zeigt die Wahl der Gäste deutlich die vorherrschende Tendenz einer Befürwortung entsprechender Ideologieansätze. Bei der vorliegenden Folge wird die Zugehörigkeit der Moderatoren und Gäste zur rechtsextremistischen (Musik-)Szene („13... Bewegung“) nicht problematisiert, sondern es erfolgt ein völlig offener, geradezu selbstverständlicher Umgang mit diesem Umstand, wodurch letztlich auch die dazugehörige Ideologie eine Normalisierung erfährt. Bei Kindern und Jugendlichen, die sich bereits in rechtsextremistischen Kreisen bewegen oder mit deren Ideologie sympathisieren, können diese Inhalte auf fruchtbaren Boden fallen. Somit ist zu befürchten, dass für diese Jugendlichen das Angebot eine Verstärkerfunktion besitz.“

Auch diese Ausführungen sind plausibel und gut nachvollziehbar. Sie werden vom Klägerbevollmächtigten nicht erschüttert. Eine substantiierte Auseinandersetzung, die die Einschätzung der KJM in ihrer Tragfähigkeit erschüttern könnte, mit einem entsprechenden Aufwand, den auch die KJM vorgenommen hat, erfolgte von Klägerseite weder im schriftsätzlichen Vorbringen noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Dass die Sendung von der KJM insgesamt als Verstoß gegen § 5 Abs. 1 JMStV angesehen wurde, ist ebenso nicht zu beanstanden. Die Annahme, die rechtsextremen jugendgefährdenden Inhalte prägen die Sendung insgesamt in der Gesamtschau, erweist sich als gut nachvollziehbar und wird ebenso wenig von Klägerseite mit dem notwendigen Aufwand erschüttert. Soweit der Klägerbevollmächtigte auf die Meinungsfreiheit und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht abstellt, wonach durch bestimmte rechtsextreme Äußerungen der gesellschaftliche Frieden zur Disposition stehen müsse, verkennt er, dass es hier nicht nur um die Meinungsfreiheit als solche, sondern um den Jugendschutz geht, der eine Einschränkung der Meinungsfreiheit zulässt.

2.1.3 Nicht zu beanstanden ist, dass der streitgegenständliche Bescheid in der Sendung Nr. 60 einen Verstoß gegen § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV annimmt.

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV ist Werbung für indizierte Angebote nur unter den Bedingungen zulässig, die auch für die Verbreitung des Angebots selbst gelten.

In der Sendung Nr. 60 äußert sich ein Gast zu Büchern aus der Reihe 2... dahingehend, dass er „die Buchreihe nur empfehlen“ könne; ferner weist er darauf hin, dass die Bücher im Internet gefunden und heruntergeladen werden können.

Damit wird nach Auffassung des Gerichts für eine Buchreihe geworben, von der vier Bände auf der Liste jugendgefährdender Medien stehen (Band 1, 2, 3 und 6 auf Liste A). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die konkreten Titel der indizierten Bücher nicht benannt werden. Denn es ist klar, dass die indizierten Titel gemeint waren und damit für diese geworben wurde. Diese sind durch den Hinweis, dass sie zur 2...reihe gehören bzw. zu einem Werk mit mehreren Bänden, hinreichend individualisiert und konkretisiert und können unschwer gefunden werden. Soweit nach Mitteilung der Klägerseite die Generalstaatsanwaltschaft dies im Bußgeldverfahren anders gesehen hat, folgt dem das erkennende Gericht nicht. Im Übrigen erfolgte die Herausnahme des Bußgeldtatbestands der Werbung für indizierte Angebote, den das Amtsgericht ... angenommen hatte, nach der Rechtsbeschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts ... aus „prozessökonomischen Gründen, weil jedenfalls die bisherigen Feststellungen den Tatvorwurf nicht hinreichend tragen.“ Eine klare Feststellung, dass der Tatbestand des Werbens für indizierte Angebote definitiv nicht vorliege, ist damit nicht verbunden. Im Übrigen ist die Auffassung des Oberlandesgerichtes hierzu für das erkennende Gericht nicht verbindlich.

Die Distanzierung des Klägers zu den indizierten Bänden kann den Verstoß nicht beseitigen. Denn aus den Äußerungen: „Du redest jetzt ja nur vom fünften Band, was ich persönlich ja sehr gut finde. Die anderen Bände, da können wir ja leider nicht drüber sprechen. Die müssen wir ganz klar ablehnen. Das fünfte ist ok. Die anderen finde ich inhaltlich kompletten Quatsch. Das müssen wir so jetzt sagen, weil sonst müssen wir die Sendung wieder zusammenschneiden.“ ergibt sich unzweifelhaft, dass die Distanzierung nicht ernst gemeint ist.

Das Gericht folgt der Rechtsauffassung der Beklagten, wonach das jugendschutzrechtliche Werbeverbote in § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV nicht nur für Wirtschaftswerbung gilt (a.A. Ladeur in Hahn/Vesting, Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Auflage, Rn. 12 zu § 6 RStV). Das folgt zum einen aus dem Wortlaut der Norm, der anders als z. B. § 15 JuSchG nicht zwischen geschäftlicher Werbung (§ 15 Abs. 5 JuSchG) und sonstiger Werbung differenziert, zum anderen aus dem Sinn und Zweck des § 6 Abs. 1 JMStV. Danach soll nach der amtlichen Gesetzesbegründung (S. 15 f. zu § 6 Abs. 1) nämlich vermieden werden, dass aufgrund des Indizierungsverfahrens Kinder oder Jugendliche darf hingewiesen werden, dass es sich um ein jugendgefährdendes Angebot handelt, was auch außerhalb von Wirtschaftswerbung geschehen kann.

Der Einwand des Klägerbevollmächtigten, verboten sei nur das Werben für die Quelle, nicht aber für das Trägermedium, verfängt nicht.

Mit dem Werbeverbot des § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV für indizierte Angebote meint der Gesetzgeber nicht Angebote im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 JMStV (Rundfunksendungen oder Inhalte von Telemedien), sondern alle Träger- oder Telemedien, die in die Liste nach § 18 JuSchG aufgenommen wurden; dies ergibt sich, wie die Beklagtenseite zu Recht ausführt, daraus, dass es ein Indizierungsverfahren für Rundfunksendungen nicht gibt und nicht ersichtlich ist, warum das Werbeverbot nur für Telemedien gelten soll bzw. warum der Gesetzgeber dies dann nicht ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen hat, mit der Folge, dass im Hinblick auf einen umfassenden Jugendschutz alle Träger- oder Telemedien, die in die Liste nach § 18 JuSchG aufgenommen wurden, dem Werbeverbot unterfallen. Unter „Angebote“ i. S. d. § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV fallen deshalb alle Medien, die gemäß § 18 JSchG Gegenstand einer Indizierung sein können. Eine Begrenzung des Werbeverbots auf die Quelle, über die diese Medien bezogen werden, besteht damit entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten nicht.

2.1.4 Die Verfügungen in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids sind auch verhältnismäßig und ermessensgerecht. § 20 Abs. 1 JMStV sieht bei Verstößen gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag die erforderlichen Maßnahmen vor, wobei nach § 20 Abs. 2 JMStV für Veranstalter von Rundfunk die zuständige Landesmedienanstalt durch die KJM entsprechend den landesrechtlichen Regelungen die jeweilige Entscheidung trifft. Die landesrechtliche Regelung in § 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG sieht vor, dass die Beklagte die „erforderlichen Anordnungen“ treffen. Allen vorgenannten Bestimmungen ist gemein, dass sie keinen bestimmten abschließenden Maßnahmenkatalog vorsehen. Die von der Beklagten gewählte Beanstandung in Gestalt der Feststellung von Rechtsverstößen und deren Missbilligung ist eine zulässige Anordnung i. S.v. Art. 16 Abs. 1 BayMG und die mildeste förmliche Maßnahme, weshalb sie keinen Bedenken im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit und das Auswahlermessen begegnet.

2.2 Zu Recht wird von der Beklagten festgestellt und missbilligt in Nr. 2 des Bescheids vom 17. Juni 2014, dass in der Sendung Nr. 61 vom 8. Dezember 2013 entgegen § 5 Abs. 1 JMStV Angebote verbreitet oder zugänglich gemacht wurden, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, ohne dafür Sorge zu tragen, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht wahrnehmen. Im streitgegenständlichen Bescheid wird dazu Folgendes ausgeführt:

„Obwohl es nicht zu einer offenen Verherrlichung des Nationalsozialismus und seiner Ikonen kommt, ist die Verwurzelung der Akteure innerhalb einer rechtsextremistischen Ideologie deutlich erkennbar. Auch zeigt die Wahl der Gäste deutlich die vorherrschende Tendenz einer Befürwortung entsprechender Ideologieansätze. Mit dem Studiogast wird in der vorliegenden Folge detailliert über die „13... Bewegung“ gesprochen und mit der Frage, wie sich ein Zwanzigjähriger am besten in die Bewegung einbringen könne, werden Jugendliche nachgerade dazu eingeladen, Kontakt zur rechtsextremen Szene zu suchen. Die Zugehörigkeit der Moderatoren und des Gastes zur rechtsextremistischen (Musik-)Szene („13... Bewegung“) wird nicht problematisiert, sondern es erfolgt ein völlig offener, geradezu selbstverständlicher Umgang mit diesem Umstand, wodurch letztlich auch die dazugehörige Ideologie eine Normalisierung erfährt. Dies gilt auch für gewaltbereite Teile der Neonazi-Szene wie rechtsextreme Skinheads, die in dem eingespielten Lied „10...“ romantisierend bis glorifizierend dargestellt werden („Hier kommen die Zeiten, wo das Faustrecht regiert./Wir werden niemals vor unsren Feinden fliehen,/Die wilde Zeit sie ist zurück!“). Bei Kindern und Jugendlichen, welche sich bereits in rechtsextremen Kreisen bewegen oder mit deren Ideologie sympathisieren würden, können diese Inhalte auf fruchtbaren Boden fallen. Somit ist zu befürchten, dass für diese Jugendlichen das Angebot eine Verstärkerfunktion besitzt. Ein Grundtenor in den Aussagen von Moderatoren und Gast ist die Zurückweisung des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. Zum Parlamentarismus der BRD befragt, meint der Gast etwa, dieses System müsse „überwunden werden“. Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, deren Persönlichkeitsentwicklung noch nicht abgeschlossen ist und die sich in einer politischen und gesellschaftlichen Orientierungs- und Meinungsbildungsphase befinden, besteht die Gefahr, dass durch diese Art von Agitation eine Abneigung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland erzeugt wird. Die in der Sendung getroffene Aussage, „Wir gehen dann runter und hauen dem Typen halt auf´s Maul, oder so, und sorgen dafür, dass das nicht mehr passiert“ im Fall, dass die Moderatoren eine Vergewaltigung beobachten würden, verbunden mit der Aufforderung „Und ihr sollt das bitte alle genauso machen!“ ist kritisch hervorzuheben. Zunächst ist Zivilcourage in unserer Gesellschaft von besonderer Bedeutung. Der Aufruf zu mehr Engagement, Solidarität und Hilfsbereitschaft ist etwas Wichtiges und Wünschenswertes in der Bevölkerung. Gefordert sind aber gerade - auch von Seiten der Polizei - kein Heldentum, sondern umsichtige Reaktionen (wie u. a. die Polizei und Notarzt rufen). Die Aussage der Sendung kann aber gerade nicht vorrangig als Aufruf zur Hilfestellung für das Opfer verstanden werden. Bei Kindern und Jugendlichen bleibt in erster Linie die Aussage, dass man „aufs Maul hauen“ soll, hängen. Der Fokus der Aussage ist vorwiegend auf den Einsatz von Gewalt als probates Mittel gerichtet. Insbesondere gefährdungsgeneigte Jugendliche können dieses als generelle Aufforderung zu extralegaler Gewalt interpretieren und dahingehend auf ihr Rechtverständnis übertragen, dass Selbstjustiz ein bewährtes Mittel zur Durchsetzung der vermeintlichen Gerechtigkeit darstellt. Auch die Aussage des Gastes „Ich weiß nicht, wie viele Leute wirklich vergast wurden, ob überhaupt welche vergast wurden…“, kann bei Jugendlichen zu einem historisch verfälschten Bild von Nationalsozialismus und Holocaust führen (…). Es ist davon auszugehen, dass Kinder und Jugendliche, die in der Regel lediglich über ein schulisches historisches Grundwissen verfügten, dadurch in ihrer politischen Meinungsbildung und ihrem Geschichtsbewusstsein bzgl. der deutschen Vergangenheit verunsichert bzw. negativ beeinflusst werden, gerade wenn solche Meinungen in einem Online-TV-Sender locker vertreten und beiläufig veröffentlicht werden. Bei labilen und gefährdungsgeneigten Kindern und Jugendlichen ist eine negative Beeinflussung bzw. eine Verstärkung bereits vorhandener neonazistischer Sympathien zu befürchten.“

Das Gericht folgt diesen plausiblen und widerspruchsfreien sachverständigen Ausführungen der KJM. Die Einwände des Klägerbevollmächtigten gegen diese Bewertung der KJM vermögen nicht die Tragfähigkeit deren Einschätzung zu erschüttern, zumal sie nicht annähernd mit dem Aufwand erfolgten, den die KJM walten ließ. Soweit der KJM vorgehalten werde, sie habe das Nothilferecht im Fall einer Vergewaltigung verkannt, ist festzustellen, dass die KJM diesen Umstand durchaus thematisiert hat, nach ihrer nachvollziehbaren Bewertung die Aussagen des Klägers in der Sendung aber gerade nicht vorrangig als Aufruf zur Hilfestellung für das Opfer verstanden werden können; vielmehr sei der Fokus der Aussage vorwiegend auf den Einsatz von Gewalt als probates Mittel gerichtet und es bleibe bei Kindern und Jugendlichen in erster Linie die Aussage hängen, dass man „aufs Maul hauen“ soll. Soweit der Klägerbevollmächtigte die Äußerungen eines Studiogastes zum Parlamentarismus und zum historischen Nationalismus vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt sieht, verkennt er, dass es darauf nicht ankommt, da diese im Rahmen der allgemeinen Gesetze zugunsten des verfassungsrechtlich gebotenen Jugendschutzes zurückzutreten hat. Die Deutung des Klägerbevollmächtigten, dass die Band mit dem Begriff Faustrecht keine Ausschaltung des staatlichen Gewaltmonopols verbindet, sondern das Notwehrrecht beschreibt, ist schwer nachvollziehbar, wenn es in einer Liedstrophe heißt: „Hier kommen die Zeiten, wo das Faustrecht regiert“. Jedenfalls ist maßgeblich, dass die Aussage durchaus so wie von der KJM dargelegt von Kindern und Jugendlichen verstanden werden kann.

Die Verfügungen in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids sind auch verhältnismäßig und ermessensgerecht, nachdem im Rahmen des Auswahlermessen nach § 20 Abs. 1, Abs. 2 i. V. m. Art. 16 BayMG die mildeste förmliche Maßnahme der Feststellung und des missbilligenden Vorhalts gewählt wurde.

2.3 Zu Recht wird von der Beklagten in Nr. 3 des Bescheids vom 17. Juni 2014 festgestellt und missbilligt, dass für das Rundfunkangebot über die Internetadresse http://1...de kein Jugendschutzbeauftragter bestellt ist.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 JMStV hat einen Jugendschutzbeauftragten zu bestellen, wer länderübergreifendes Fernsehen veranstaltet, wobei § 7 Abs. 2 JMStV unter bestimmten Voraussetzungen auch die Möglichkeit vorsieht, sich stattdessen einer Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle anzuschließen und diese zur Wahrnehmung der Aufgaben des Jugendmedienschutzbeauftragten zu verpflichten.

Hieran gemessen hätte der Kläger, was unstreitig nicht geschehen ist, einen Jugendschutzbeauftragten nach § 7 Abs. 1 Satz 1 JMStV bestellen müssen, da er - wie dargelegt - mit seinen Sendungen auf der Internetseite http://1...de Rundfunk und zwar unzweifelhaft in Form von länderübergreifendem Fernsehen veranstaltet. Es ist weder substantiiert vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass die Sendungen Nrn. 60 und 61, die auf der entsprechenden Internetseite bis zur Herausnahme abrufbar waren, und auch die anderen Sendungen, die weiterhin im Archiv vorhanden sind, nur lokal, regional oder nur landesweit zum Empfang zur Verfügung standen bzw. stehen. Ob auch die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 JMStV für die Notwendigkeit der Bestellung eines Jugendmedienschutzbeauftragten erfüllt sind, kann dahingestellt bleiben. Der Bescheid stützt die Notwendigkeit der Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten nur auf § 7 Abs. 1 Satz 1 JMStV, dessen Voraussetzungen vorliegen.

2.4 Die Untersagung seitens der Beklagten in Nrn. 4 und 5 des Bescheids vom 17. Juni 2014, die Sendung Nr. 60 vom 1. Dezember 2013 oder eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Sendung zu verbreiten oder zugänglich zu machen, sowie die Sendung Nr. 61 vom 8. Dezember 2013 oder eine im Wesentlich inhaltsgleiche Sendung zu verbreiten oder zugänglich zu machen, wenn nicht durch technische Mittel oder aufgrund der Sendezeiten sichergestellt ist, dass Kinder und Jugendliche die Inhalte üblicherweise nicht wahrnehmen kennen, ist nicht zu beanstanden.

Wie schon dargelegt, verstößt die Sendungen Nr. 60 gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 JMStV, § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV sowie gegen § 5 Abs. 1 JMStV und die Sendung Nr. 61 des Klägers gegen § 5 Abs. 1 JMStV. Damit ist der Tatbestand für eine Maßnahmenanordnung nach § 20 Abs. 1, Abs. 2 i. V. m. Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG gegeben.

Die Untersagung stellt eine erforderliche Maßnahme i. S. d. § 20 Abs. 1 JMStV bzw. § 20 Abs. 2 i. V. m. Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG dar, da damit verhindert wird, dass der Kläger die festgestellten Rechtsverstöße durch erneutes Verbreiten oder Zugänglichmachen der Sendungen wiederholt. Aufgrund der von der Beklagten vorgenommene Einschränkung, dass die Untersagung der Sendung Nr. 61 nicht gilt, wenn durch technische Mittel oder aufgrund der Sendezeiten sichergestellt ist, dass Kinder und Jugendliche die Inhalte üblicherweise nicht wahrnehmen können, bestehen gegen die Untersagungsverfügung bzgl. Sendung Nr. 61, mit der „nur“ gegen ein Verbot und zwar das des § 5 Abs. 1 JMStV verstoßen wurde, auch unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit keine Bedenken. Die Beklagte hat in nicht zu beanstandender Weise differenziert zwischen absolut unzulässigen Sendeinhalten (bzgl. Sendung Nr. 60 im Hinblick auf § 4 Abs. 1 Nr. 5 JMStV und § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV) und mit Einschränkungen unzulässigen Inhalten (Sendung Nr. 61 im Hinblick auf § 5 Abs. 1 JMStV). Ein Zensur der Teile von Sendung Nr. 60, die gegen § 4 Abs. 1 Nr. 5 JMStV und § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV verstoßen, scheidet aus. Denn zum einen ist die KJM keine Zensurbehörde, zum anderen würde dann nicht mehr die ursprüngliche Sendung, sondern eine andere Sendung vorliegen. Der Kläger hat es selbst in der Hand, worauf die Beklagte zu Recht hinweist, die beanstandeten Teile herausnehmen; dann liegt aber eine andere Sendung vor, deren Zulässigkeit nach den Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrag neu zu beurteilen sein wird.

Die Verfügungen in Nrn. 4 und 5 des streitgegenständlichen Bescheids sind ungeachtet dessen, dass der Kläger nach Angaben seines Prozessbevollmächtigten die Sendungen vor Erlass des Bescheids entfernt habe, aus Präventionsgründen rechtmäßig. Denn es durfte die Besorgnis der Wiedereinstellung angenommen werden, nachdem der Kläger im Rahmen der Anhörung keine Einsicht hinsichtlich der Verstöße gezeigt hat und technisch unschwer die Sendungen jederzeit wieder bereit gestellt werden können. Die Besorgnis wird auch nicht durch das Bußgeldverfahren entkräftet, zumal der Kläger nach dessen rechtskräftigem Abschluss hiergegen Verfassungsbeschwerde erhoben hat.

3. Gegen die Kostenentscheidung ist nichts zu erinnern. Die Gebühren konnten gemäß § 35 Abs. 11 RStV i. V. m. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 4, 5 der Kostensatzung festgesetzt werden. Die Gebühr i. H. v. 1.500 € hält sich im (unterem) Rahmen des Abschnitts IV Nr. 8 des Verzeichnisses der Kostensatzung, der von 250 € bis 5.000 € reicht. Hiergegen ist nichts einzuwenden. Dass in einem Bußgeldverfahren auch Kosten erhoben werden, rechtfertigt keine Minderung der vorgenommenen Gebührenfestsetzung, da es sich insoweit um ein anderes Verfahren handelt. Im Übrigen ist zu bedenken, dass sich die Kostenfestsetzung im unteren Bereich des Rahmens bewegt. Die Höhe des Einkommens des Klägers ist für die Gebührenfestsetzung nicht maßgeblich, weshalb dem Klägerbevollmächtigten hierzu keine Schriftsatzfrist gewährt werden musste.

Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Anlass, wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Berufung gegen das Urteil zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, § 124 a Abs. 1 VwGO), besteht nicht. Denn die Frage, ob in einem Web-TV-Format Rundfunk zu sehen ist, ist immer eine Frage des konkreten Einzelfalls.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg zu stellen (Hausanschrift: Haidplatz 1, 93047 Regensburg; Postfachanschrift: Postfach 110165, 93014 Regensburg).

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einzureichen (Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 340148, 80098 München).

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Allen Schriftsätzen sollen jeweils 4 Abschriften beigefügt werden.

Hinweis auf Vertretungszwang: Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich alle Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt bereits für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird, die aber noch beim Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder die anderen in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich auch durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; Einzelheiten ergeben sich aus § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000 € festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG, wobei zu berücksichtigen ist, dass der streitgegenständliche Bescheid zwei Sendungen des Klägers betrifft. Deshalb war der Auffangstreitwert von 5.000 € zweimal in Ansatz zu bringen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- EUR übersteigt, oder wenn die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg einzulegen (Hausanschrift: Haidplatz 1, 93047 Regensburg; Postfachanschrift: Postfach 110165, 93014 Regensburg). Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Allen Schriftsätzen sollen jeweils 4 Abschriften beigefügt werden.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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published on 17/06/2015 00:00

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 20. März 2012 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2010 (gemeint 2011) wird zu Ziff. 1 und Ziff. 2 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten wird zu
published on 25/03/2014 00:00

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published on 21/06/2019 00:00

Tenor I. Der Bescheid der Beklagten vom 19. September 2014, Az. 4.24/6.2, wird aufgehoben. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstr
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Annotations

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.

(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Medien, deren Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Medien nach § 24 Abs. 3 Satz 1 bekannt gemacht ist, dürfen als Trägermedien nicht

1.
einem Kind oder einer jugendlichen Person angeboten, überlassen oder sonst zugänglich gemacht werden,
2.
an einem Ort, der Kindern oder Jugendlichen zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, ausgestellt, angeschlagen, vorgeführt oder sonst zugänglich gemacht werden,
3.
im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen, in Kiosken oder anderen Verkaufsstellen, die Kunden nicht zu betreten pflegen, im Versandhandel oder in gewerblichen Leihbüchereien oder Lesezirkeln einer anderen Person angeboten oder überlassen werden,
4.
im Wege gewerblicher Vermietung oder vergleichbarer gewerblicher Gewährung des Gebrauchs, ausgenommen in Ladengeschäften, die Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich sind und von ihnen nicht eingesehen werden können, einer anderen Person angeboten oder überlassen werden,
5.
im Wege des Versandhandels eingeführt werden,
6.
öffentlich an einem Ort, der Kindern oder Jugendlichen zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, oder durch Verbreiten von Träger- oder Telemedien außerhalb des Geschäftsverkehrs mit dem einschlägigen Handel angeboten, angekündigt oder angepriesen werden,
7.
hergestellt, bezogen, geliefert, vorrätig gehalten oder eingeführt werden, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Nummern 1 bis 6 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.

(1a) Medien, deren Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Medien nach § 24 Absatz 3 Satz 1 bekannt gemacht ist, dürfen als Telemedien nicht an einem Ort, der Kindern oder Jugendlichen zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, vorgeführt werden.

(2) Den Beschränkungen des Absatzes 1 unterliegen, ohne dass es einer Aufnahme in die Liste und einer Bekanntmachung bedarf, schwer jugendgefährdende Trägermedien, die

1.
einen der in § 86, § 130, § 130a, § 131, § 184, § 184a, 184b oder § 184c des Strafgesetzbuches bezeichneten Inhalte haben,
2.
den Krieg verherrlichen,
3.
Menschen, die sterben oder schweren körperlichen oder seelischen Leiden ausgesetzt sind oder waren, in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellen und ein tatsächliches Geschehen wiedergeben, ohne dass ein überwiegendes berechtigtes Interesse gerade an dieser Form der Berichterstattung vorliegt,
3a.
besonders realistische, grausame und reißerische Darstellungen selbstzweckhafter Gewalt beinhalten, die das Geschehen beherrschen,
4.
Kinder oder Jugendliche in unnatürlicher, geschlechtsbetonter Körperhaltung darstellen oder
5.
offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit schwer zu gefährden.

(3) Den Beschränkungen des Absatzes 1 unterliegen auch, ohne dass es einer Aufnahme in die Liste und einer Bekanntmachung bedarf, Trägermedien, die mit einem Medium, dessen Aufnahme in die Liste bekannt gemacht ist, ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich sind.

(4) Die Liste der jugendgefährdenden Medien darf nicht zum Zweck der geschäftlichen Werbung abgedruckt oder veröffentlicht werden.

(5) Bei geschäftlicher Werbung für Trägermedien darf nicht darauf hingewiesen werden, dass ein Verfahren zur Aufnahme des Mediums oder eines inhaltsgleichen Mediums in die Liste anhängig ist oder gewesen ist.

(6) Soweit die Lieferung erfolgen darf, haben Gewerbetreibende vor Abgabe an den Handel die Händler auf die Vertriebsbeschränkungen des Absatzes 1 Nr. 1 bis 6 hinzuweisen.

(1) Medien, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden, sind von der Bundeszentrale nach Entscheidung der Prüfstelle für jugendgefährdende Medien in eine Liste (Liste jugendgefährdender Medien) aufzunehmen. Dazu zählen vor allem unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizende Medien sowie Medien, in denen

1.
Gewalthandlungen wie Mord- und Metzelszenen selbstzweckhaft und detailliert dargestellt werden oder
2.
Selbstjustiz als einzig bewährtes Mittel zur Durchsetzung der vermeintlichen Gerechtigkeit nahe gelegt wird.

(2) (weggefallen)

(3) Ein Medium darf nicht in die Liste aufgenommen werden

1.
allein wegen seines politischen, sozialen, religiösen oder weltanschaulichen Inhalts,
2.
wenn es der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre dient,
3.
wenn es im öffentlichen Interesse liegt, es sei denn, dass die Art der Darstellung zu beanstanden ist.

(4) In Fällen von geringer Bedeutung kann davon abgesehen werden, ein Medium in die Liste aufzunehmen.

(5) Medien sind in die Liste aufzunehmen, wenn ein Gericht in einer rechtskräftigen Entscheidung festgestellt hat, dass das Medium einen der in § 86, § 130, § 130a, § 131, § 184, § 184a, § 184b oder § 184c des Strafgesetzbuches bezeichneten Inhalte hat. § 21 Absatz 5 Nummer 2 bleibt unberührt.

(5a) Erlangt die Prüfstelle für jugendgefährdende Medien davon Kenntnis, dass eine den Listeneintrag auslösende Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 aufgehoben wurde, hat sie unverzüglich von Amts wegen zu prüfen, ob die Voraussetzungen für den Verbleib des Mediums in der Liste weiterhin vorliegen.

(6) Die Prüfstelle für jugendgefährdende Medien schätzt in ihren Entscheidungen ein, ob ein Medium einen der in den §§ 86, 130, 130a, 131, 184, 184a, 184b oder 184c des Strafgesetzbuches genannten Inhalte hat. Im Bejahungsfall hat sie ihre auch insoweit begründete Entscheidung der zuständigen Strafverfolgungsbehörde zuzuleiten.

(7) Medien sind aus der Liste zu streichen, wenn die Voraussetzungen für eine Aufnahme nicht mehr vorliegen. Nach Ablauf von 25 Jahren verliert eine Aufnahme in die Liste ihre Wirkung.

(8) Auf Filme und Spielprogramme, die nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5, auch in Verbindung mit § 14 Absatz 9 gekennzeichnet sind, findet Absatz 1 keine Anwendung. Absatz 1 ist außerdem nicht anzuwenden, wenn die zentrale Aufsichtsstelle der Länder für den Jugendmedienschutz über das Telemedium zuvor eine Entscheidung dahin gehend getroffen hat, dass die Voraussetzungen für die Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Medien nach Absatz 1 nicht vorliegen. Hat eine anerkannte Einrichtung der Selbstkontrolle das Telemedium zuvor bewertet, so findet Absatz 1 nur dann Anwendung, wenn die zentrale Aufsichtsstelle der Länder für den Jugendmedienschutz die Voraussetzungen für die Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Medien nach Absatz 1 für gegeben hält oder eine Entscheidung der zentralen Aufsichtsstelle der Länder für den Jugendmedienschutz nicht vorliegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.