Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 20. März 2018 - RN 4 M 18.299

published on 20/03/2018 00:00
Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 20. März 2018 - RN 4 M 18.299
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Tenor

I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts vom 12.4.2017, bei dem die geltend gemachte Erledigungsgebühr nicht angesetzt worden war.

Im Verfahren RN 4 K 15.1095 wandte sich der Kläger gegen eine tierschutzrechtliche Anordnung des Landratsamts R.-I. vom 3.7.2015 bezüglich des Mitführens von säugenden Kamelen im Rahmen seines Zirkusbetriebes. Mit Beschluss vom 25.8.2015 wurde im zugehörigen Eilverfahren (RN 4 S 15. 1094) die aufschiebende Wirkung der Klage wegen überwiegender Erfolgsaussichten angeordnet.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 9.12.2016 wurden die Beteiligten unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 25.8.2015 im Eilverfahren zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung oder durch Gerichtsbescheid angehört.

Mit Schriftsatz vom 13.1.2017 übermittelte der Beklagte dem Gericht einen Bescheid vom 13.1.2017, mit dem der Bescheid des Landratsamtes R.-I. vom 3.7.2015 zurückgenommen wurde.

Mit Beschluss vom 18.1.2017 stellte der zuständige Berichterstatter das Verfahren RN 4 K 15.1095 nach beiderseitiger Erledigungserklärung ein und legte dem Beklagten die Kosten des Verfahrens auf. Der Streitwert wurde auf 5.000 € festgesetzt.

Mit Schriftsatz vom 26.1.2017 ließ der Kläger Kostenfestsetzung beantragen, u.a. unter Berücksichtigung einer 1,0 Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1003 VV, § 13 RVG in Höhe von 303,00 €. Auf Nachfrage des Urkundsbeamten des Gerichts, wie die Erledigungsgebühr begründet werde, ließ der Kläger mitteilen, dass dem Sachbearbeiter beim Landratsamt eine Mail geschickt worden sei, um die Sache zu einer Erledigung zu bringen. Außerdem sei mit diesem ein Telefonat geführt worden.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12.4.2017, dem Klägerbevollmächtigten zugestellt am 18.4.2017, wurden die dem Kläger zu erstattenden Aufwendungen auf 492,54 € festgesetzt. Eine Erledigungsgebühr wurde nicht angesetzt.

Mit Schreiben vom 2.5.2017, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ der Kläger bezüglich des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 12.4.2017 „Beschwerde“ einlegen.

Auf Nachfrage des Urkundsbeamten des Gerichts stützte der Bevollmächtigte des Klägers den Antrag auf gerichtliche Entscheidung darauf, dass er vorliegend besondere Mühe darauf verwandt habe, die aus dem angefochtenen Verwaltungsakt folgende Belastung seines Mandanten abzuwenden. Durch sein Telefonat mit dem Behördenvertreter sei die außergerichtliche Einigung überhaupt erst zustande gekommen, da so der bereits anberaumte Termin zur mündlichen Verhandlung habe abgesetzt werden können. So ein Telefonat gehe weit über die normale Prozessführung hinaus, zumal mit dem Behördenvertreter ausführlich telefoniert worden sei. Die Rücknahme des Bescheides sei mündlich und schriftlich vorgetragen worden. Bei dem Telefonat seien die rechtlichen Argumente nochmals zusätzlich erläutert worden.

Der Beklagte wies darauf hin, dass der angefochtene Bescheid aufgehoben worden sei, da das Gericht im Eilverfahren die aufschiebende Wirkung der Klage wegen rechtlichen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung angeordnet habe. Auch in einer Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) sei die Anordnung als ungerechtfertigt angesehen worden. Es sei vom LGL zur Rücknahme geraten worden. In einer Gesamtschau sei daher nur durch eine Bescheidsrücknahme ein weiterer Kostenanfall zu vermeiden gewesen. Ein anderes Verhalten des Beklagten wäre nur schwer darstellbar gewesen. Richtig sei jedoch, dass der Klägerbevollmächtigte mit dem Landratsamt wegen der Rücknahme des Bescheides in Kontakt getreten sei.

Der Urkundsbeamte des Gerichts half dem Antrag nicht ab und legte ihn dem Berichterstatter mit der Bitte um Entscheidung vor.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf das vorliegende Aktengeheft im Kostenfestsetzungsverfahren sowie auf die Gerichtsakten in den Verfahren RN 4 S 15.1094 und RN 4RN 4 K 15.1095 Bezug genommen.

II.

Die Entscheidung ergeht durch den Berichterstatter, da über die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss in der Besetzung des Gerichts zu entscheiden ist, in der die zugrundeliegende Kostengrundentscheidung getroffen wurde (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 03. Dezember 2003 – 1 N 01.1845 –, juris 9; Kopp/Schenke, VwGO, § 165 Rn. 3).

Die Erinnerung ist zulässig, aber unbegründet.

Die Ablehnung der Festsetzung einer Erledigungsgebühr im Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten vom 12.4.2017 ist rechtmäßig.

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) i. V. m. Nr. 1002 des Vergütungsverzeichnisses (VV) entsteht eine Erledigungsgebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Dabei muss die anwaltliche Mitwirkung bei der Erledigung in einer besonderen Tätigkeit des Rechtsanwalts liegen, die über die bereits mit der Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) abgegoltene Einlegung und Begründung des Rechtsbehelfs hinausgeht und auf die Beilegung des Rechtsstreits ohne streitige Entscheidung gerichtet ist (vgl. z.B. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 28. März 2014 – 8 C 13.1496 –, juris Rn. 4). Für das Vorliegen einer Mitwirkung im vorgenannten Sinne reicht es nicht aus, wenn der Rechtsanwalt lediglich sämtliche für seinen Mandanten sprechenden rechtlichen Argumente in möglichst überzeugender Weise vorträgt. Dies gilt selbst dann, wenn dies die Behörde zu einer Abhilfe veranlasst (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04. September 2013 – 1 E 876/13 –, juris Rn. 8 f. m.w.N.).

Der Urkundsbeamte hat zu Recht ausgeführt, dass es bereits an einer besonderen, nicht schon mit der Verfahrensgebühr abgegoltenen Tätigkeit des Bevollmächtigten des Klägers fehlt. Dass der Bevollmächtigte des Klägers mit E-Mail vom 11.1.2017 und Telefonat mit dem zuständigen Behördenvertreter vom selben Tag unter nochmaliger Darlegung seiner Rechtsauffassung angeregt hat, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, ist für das Entstehen einer Erledigungsgebühr nicht ausreichend. Denn auch eine solche Anregung geht noch nicht in rechtlich erheblicher Weise über eine - bereits durch die Verfahrensgebühr abgegoltene - sorgfältige Darlegung der für die Sache des Klägers sprechenden Argumente hinaus, sondern stellt nur die naheliegende Schlussfolgerung dar, wenn der Kläger angesichts der bereits dargelegten Argumente und zudem angesichts eines stattgebenden Beschlusses des Gerichts in einem Eilverfahren vom Erfolg seines Rechtsmittels überzeugt ist. Soweit der Klägerbevollmächtigte vorträgt, dass durch sein Telefonat mit dem Behördenvertreter die „außergerichtliche Einigung“ überhaupt erst zustande gekommen sei, da so der bereits anberaumte Termin zur mündlichen Verhandlung habe abgesetzt werden können, entspricht dies überdies bereits nicht den Tatsachen. Die Beteiligten wurden mit gerichtlichem Schreiben vom 9.12.2016 unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 25.8.2015 im Eilverfahren zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung oder durch Gerichtsbescheid angehört. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung war noch gar nicht anberaumt und konnte daher auch nicht durch ein Bemühen des Klägerbevollmächtigten abgesetzt werden.

Der Urkundsbeamte hat weiter zu Recht ausgeführt, dass es zudem jedenfalls an der erforderlichen Kausalität zwischen der Mitwirkung des Klägerbevollmächtigten und der Erledigung der Rechtssache fehlt. Für diese Kausalität genügt ein nicht ganz unerheblicher Beitrag, nicht jedoch eine nur unwesentliche Kausalität. Eine rechtliche Vermutung für die Ursächlichkeit der anwaltlichen Tätigkeit ist in Nr. 1002 Anmerkung Satz 1 VV RVG - anders als in Nr. 1000 VV RVG - nicht enthalten. Hat der Rechtsanwalt eine auf die Aufhebung des Verwaltungsakts gerichtete Tätigkeit entfaltet und erfolgt sodann die Aufhebung oder Abänderung des Verwaltungsakts, so spricht eine tatsächliche Vermutung für die Ursächlichkeit seines Handelns. Gibt aber der Sachverhalt Anhalt dafür, dass die Tätigkeit des Rechtsanwalts für die Aufhebungs- oder Abänderungsentscheidung der Behörde nicht ursächlich war, so ist die Kausalität zu verneinen (vgl. z.B. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04. September 2013 – 1 E 876/13 –, juris Rn. 12).

Vorliegend gibt der Sachverhalt hinreichenden Anhalt für die Annahme, dass die Tätigkeit des Bevollmächtigten des Klägers nicht bzw. allenfalls ganz unwesentlich zu der Entscheidung des Beklagten beigetragen hat, den Verwaltungsakt aufzuheben. Der Beklagte hat insoweit mit Schriftsatz vom 5.10.2017 vorgetragen, der angefochtene Bescheid sei aufgehoben worden, da das Gericht im Eilverfahren die aufschiebende Wirkung der Klage wegen rechtlichen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung angeordnet hatte. Auch in einer Stellungnahme des LGL sei die Anordnung als ungerechtfertigt angesehen worden. Es sei vom LGL zur Rücknahme geraten worden. In einer Gesamtschau sei daher nur durch eine Bescheidsrücknahme ein weiterer Kostenanfall zu vermeiden gewesen. Ein anderes Verhalten des Beklagten wäre nur schwer darstellbar gewesen. Weiter wird auch im Rücknahmebescheid vom 13.1.2017 ausgeführt, dass die gegenständliche Anordnung aufgrund der Ausführungen des Gerichts im Eilverfahren zurückgenommen werde. Dieses Vorbringen des Beklagten, sein eigenes prozessuales Verhalten an Hinweisen des Gerichts und anderer Fachstellen und nicht schon an solchen der Gegenseite zu orientieren, ist bereits für sich genommen ohne Weiteres nachvollziehbar. Anhaltspunkte dafür, dass das Telefonat des Klägerbevollmächtigten vom 11.1.2017 angesichts dieser Sachlage noch maßgeblich (mit) entscheidend zum Entschluss des Beklagten, den Bescheid vom 3.7.2015 aufzuheben, beigetragen hat, sind daher nicht ersichtlich.

Zuletzt begründet auch die bloße Abgabe der Erledigungserklärung als prozessbeendende Erklärung keine Tätigkeit, die über die allgemeine Verfahrensförderung eines Prozessbevollmächtigten hinausführt (vgl. z.B. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 05. April 2017 – 19 C 15.1844 –, juris Rn. 20).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem Gegen- standswert bis ... Eurofür jeden angefangenen Betrag von weiteren ... Euroum ... E
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem Gegen- standswert bis ... Eurofür jeden angefangenen Betrag von weiteren ... Euroum ... E
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(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem

Gegen-
standswert
bis ... Euro
für jeden
angefangenen
Betrag von
weiteren ... Euro
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... Euro
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Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.

(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.

(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.