Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 10. Okt. 2018 - 5 L 1045/18.NW

ECLI: ECLI:DE:VGNEUST:2018:1010.5L1045.18.00
published on 10/10/2018 00:00
Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 10. Okt. 2018 - 5 L 1045/18.NW
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Gericht

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Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Beanstandung und Untersagung, in ihrem Programm Werbung für das Angebot unter „https://...gratis“ auszustrahlen.

2

Die Antragstellerin, die der Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE angehört, ist die Veranstalterin des privaten Fernsehvollprogramms „Sat.1“. Dieses wird auf Grundlage einer Zulassung der Antragsgegnerin vom 26. August 2008 veranstaltet. In dem Programm wurde am 12. November 2017 um 20.56 Uhr Fernsehwerbung für die Webseite „l...gratis“ ausgestrahlt.

3

Betreiberin dieser Webseite ist die in Gibraltar ansässige A... Ltd.. Alleiniger Anteilseigner der A... Ltd. ist die auf der Isle of Man registrierte C.... Ltd.. Auf „l...gratis“ haben Internetnutzer die Möglichkeit, einmal pro Kalendermonat an einem kostenlosen Gewinnspiel teilzunehmen und dabei einen Gratistipp auf den Ausgang einer öffentlichen Lottoziehung abzugeben. Angeboten wird die Abgabe von Wetten auf den Ausgang von in Deutschland erlaubten staatlichen Lotterien und auf den Ausgang von in anderen Ländern veranstalteten Lotterien und zwar die Gewinnspiele „LOTTO 6 aus 49“, „Eurojackpot“, „EuroMillions“, PowerBall“, „MegaMillions“, „El Gordo - Spanische Weihnachtslotterie“, „Tausend Euro täglich – ein Leben lang (Cash4Life)“ und „WorldMillions“. Die Gewinnchancen werden über die Teilnahmebedingungen dahingehend eingeschränkt, dass zum Beispiel bei einer Wette auf den Ausgang von „LOTTO 6 aus 49“ ein Gewinn innerhalb des Gratisspiels nur dann ausgezahlt wird, wenn alle 6 Zahlen und die Superzahl richtig getippt wurden.

4

Die von den erlaubten staatlichen Lotterien ausgespielten sonstigen Gewinnklassen können bei „l...gratis“ nicht gewonnen werden. Des Weiteren wird die auszuzahlende Gewinnsumme nicht nur zwischen den Spielern von „l...gratis“ aufgeteilt, sondern bei der Aufteilung der Gewinnsumme auch die Anzahl der Gewinne berücksichtigt, die bei den erlaubten staatlichen Lotterien gewonnen haben. Nach eigenen Angaben finanziert sich „l...gratis“ über Werbung (s. https://...gratis/advertising.html).

5

Für das Angebot „l...gratis“ findet mindestens seit Juni 2015 Fernsehwerbung statt. Nach den Erkenntnissen der Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder wurden dafür in dem Zeitraum von Juni 2015 bis November 2017 Bruttoausgaben i.H.v. ca. 73,8 Mio. € aufgewendet.

6

Neben dem kostenlosen Angebot der A... Ltd. werden von der ebenfalls in Gibraltar ansässigen Firma B... Ltd. die Webseiten „l...com“ und „l...de“ betrieben. Das Glücksspielangebot der B... Ltd. ist eine sog. Zweitlotterie – eine solche wettet auf den Ausgang von Glücksspielen, ohne mit den staatlichen Lotto-Gesellschaften in einer vertraglichen Beziehung zu stehen –, die über keine Glücksspielkonzession in Deutschland verfügt. Nutzern, die die Seiten der Firma B... Ltd. von Deutschland aus aufrufen, wird die entgeltliche Teilnahme an verschiedenen Glücksspielen angeboten, die Teilnahme ist ab 18 Jahren zulässig. Ermöglicht wird insbesondere die Abgabe von Wetten auf den Ausgang von in Deutschland erlaubten staatlichen Lotterien wie „LOTTO 6 aus 49“, „Eurojackpot“, „EuroMillions“, PowerBall“ und „WorldMillions“. Daneben werden zusätzlich Rubbellose und Softlotterien wie Bingo und Keno angeboten. Neukunden können ferner einen Gratistipp auf die Ziehung einer Lotterie abgeben (s. https://www.l...com/gratis). Gemäß ihren Angaben auf der Homepage leitet B... die Tipps eines Mitspielers weiter an die EU Lotto Ltd., die über eine Glücksspiellizenz der Regierung von Gibraltar verfügt und hinsichtlich der sog. Zweitlotterien als Buchmacherin handelt (s. https://www.l...com/impressum). Bei der Abgabe von Tipps handelt B... namens, im Auftrag sowie auf Anweisung der Mitspieler. Die B... Ltd. bewarb ihre Internetseite u.a. im Fernsehen, stellte die Werbung aber im Januar 2017 ein.

7

Gegen das Angebot der A... Ltd. liegen vollziehbare und gerichtlich bestätigte glückspielrechtliche Untersagungsverfügungen aus den Bundesländern Bayern und Niedersachsen vor (s. dazu VG Regensburg, Beschluss vom 30. Mai 2018 – RO 5 S 18.681 –, juris und Bay. VGH, Beschluss vom 21. August 2018 – 10 CS 18.1211 – zum Untersagungsbescheid vom 11. April 2018; VG Hannover, Beschluss vom 27. August 2018 – 10 B 3280/18 – zum Untersagungsbescheid vom 6. April 2018).

8

Daneben sind in den Bundesländern Bayern, Niedersachsen und Saarland auch vollziehbare und gerichtlich bestätigte glücksspielrechtliche Untersagungsverfügungen gegen das Angebot der B... Ltd. ergangen (s. dazu VG Ansbach, Beschluss vom 27. September 2016 – AN 15 S 16.448 – und Bay. VGH, Beschluss vom 2. März 2017 – 10 CS 16.2149 –, ZfWG 2017, 276 zum Untersagungsbescheid vom 23. Februar 2016; VG Hannover, Beschluss vom 5. Juli 2016 – 10 B 1065/16 – und OVG Niedersachsen, Beschluss vom 12. Dezember 2016 – 11 ME 157/16 –, GewArch 2017, 86 zum Untersagungsbescheid vom 26. Januar 2016; OVG Saarland, Beschluss vom 12. Mai 2016 –1 B 199/15 –, ZfWG 2016, 363 und VG Saarlouis, Urteil vom 02. Februar 2017 – 6 K 1519/14 –, juris zum Untersagungsbescheid vom 26. September 2014).

9

In dem am 12. November 2017 um 20.56 Uhr im Programm der Antragstellerin ausgestrahlten Werbespot für die Webseite „l...gratis“ empfahl der „Marktguru“ (s. „https://www.marktguru.de/“) – dabei handelt es sich um eine digitale Plattform des Medienunternehmens ProSiebenSat.1, die die Möglichkeit bietet, Prospekte stationärer Einzelhändler online und mobil gezielt nach Produkten, Marken oder Warengruppen zu durchsuchen – den Zuschauern, jetzt bei „l...gratis“ zu tippen. Es wurde eine fröhliche Menschenansammlung in einer Halle gezeigt, die sich für die „Lottofreiheit“ einsetzte und zahlreiche Plakate hochhielt. Diese trugen Aufschriften wie „Lotto ohne Grenzen“, „Jackpot“ mit abgesetzter Spalte „l...gratis“ oder „gleiches Lottoglück für alle“. Die Kleidung der im Werbespot zu sehenden Personen war im Wesentlichen grün, fast alle gezeigten Plakate waren grün und die Hintergrundfarbe des Abspanns war ebenfalls grün. Ein „Einheizer“ feierte die Menge wie folgt an: „Die Lottofreiheit, liebe ...landsleute, ist in den Köpfen und Herzen angekommen. Und mit jedem Kreuzchen setzen wir ein weiteres Zeichen für mehr Lottovielfalt, für mehr Lottochancen, für gleiches Lottoglück für alle.“ Noch während Bilder der Menschenansammlung und ein großes Spruchband mit der Aufschrift „Die größten Jackpots der Welt“ gezeigt wurden, ergänzte eine Frauenstimme aus dem Off: „Liebe die Lottofreiheit und gewinne mit „l...gratis“ die größten Jackpots der Welt. Jetzt bei „l...gratis“ tippen.“ Am Ende des Spots wurde mittig vor grünem Hintergrund das Logo von „l...gratis“ eingeblendet, darunter erschien für ca. drei Sekunden der Hinweis: „Pro Teilnehmer ein Gratis-Tipp. Gewinnchance ab 1:22 Millionen. Teilnahme nur für Erstspieler unter 18 Jahren. Glückspiel kann süchtig machen. Mehr Infos unter bzga.de“.

10

Mit Schreiben vom 7. Mai 2018 informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin über den Sachverhalt und gab ihr wegen eines möglichen Verstoßes gegen § 41 Abs. 1 Satz 4 Rundfunkstaatsvertrag – RStV – i.V.m. § 5 Abs. 3 und 5 Glücksspielstaatsvertrag – GlüStV – Gelegenheit zur Stellungnahme. Zugleich bat die Antragsgegnerin die Antragstellerin um Mitteilung, ob und inwieweit sie beabsichtige, in ihrem Programm auf TV-Werbung für die Angebote von „l...gratis“, „l...com“ und „l...de“ zu verzichten. Vorsorglich wies die Antragsgegnerin die Antragstellerin darauf hin, dass eine Wiederholung von Rechtsverstößen hinreichend ausgeschlossen sei, wenn der Verzicht auf eine solche Wiederholung eidesstattlich versichert werde.

11

Hierauf antwortete die Antragstellerin mit Schreiben vom 29. Juni 2018, in der Werbung für „l...gratis“ im Programm „Sat.1“ liege kein Verstoß gegen § 41 Abs. 1 Satz 4 GlüStV i.V.m. § 5 Abs. 3 bzw. 5 GlüStV. Die Regelung des § 5 GlüStV sei auf sie nicht anwendbar, da sie keine Anbieterin im Sinne des GlüStV sei, sondern private Rundfunkveranstalterin, die zur Finanzierung lediglich Werbung Dritter ausstrahle und insofern nicht vom Anwendungsbereich des GlüStV erfasst sei.

12

Die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK), die zuvor am 12. September 2017 ein gemeinsames und abgestimmtes Vorgehen gegenüber Rundfunkveranstaltern, die Werbung für „l...gratis“ ausgestrahlt hatten, beschlossen hatte, fasste in ihrer Sitzung am 26. Juni 2018 den Beschluss, die Ausstrahlung von Werbung für das Angebot unter „l...gratis“ in den Programmen „si...“, „sky“ „Eurosport“, „Sport1“, „N24“, „kabel eins“, „Tele5“, „RTL“, „RTL2“, „n-tv“, „DMAX“, „ProSieben“, „kabeleins doku“, „RTL Nirto“, „VIVA“ und „ProSieben Ma...“, in denen der genannte Werbespot ebenfalls ausgestrahlt worden war, unter Anordnung der sofortigen Vollziehung zu beanstanden und den Veranstaltern zu untersagen (zur Übersicht s. https://www.die-medienanstalten.de/fileadmin/user_upload/die_medienanstalten/Ueber_uns/Organisation/ZAK_Entscheidungen/Entscheidungsliste_ZAK_-_Aufsichtsfaelle_2018.pdf). Ferner verständigte sich die ZAK auf die parallele Umsetzung der Aufsichtsverfahren wegen Werbung für „l...gratis“ bei allen betroffenen TV-Programmen. In der Folgezeit erließen die jeweiligen Landesmedienanstalten entsprechende Bescheide gegenüber den Programmveranstaltern.

13

Im Juli 2018 legte die Antragsgegnerin der ZAK einen Vorschlag zur Beschlussfassung im Umlaufverfahren vor, wonach auch gegenüber der Antragstellerin wegen der Ausstrahlung des Werbespots für „l...gratis“ am 12. November 2017 um 20.56 Uhr im Programm „Sat.1“ eine für sofort vollziehbar zu erklärende Beanstandung ausgesprochen werden sollte. Das Umlaufverfahren war bis Mitte Juli 2018 abgeschlossen.

14

Mit Bescheid vom 17. Juli 2018 stellte die Antragsgegnerin in Nr. 1 fest, dass die Antragstellerin gegen § 41 Abs. 1 Satz 4 RStV i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV verstoßen habe, indem sie am 12. November 2017 um 20.56 Uhr in ihrem Programm „Sat.1“ Fernsehwerbung für „l...gratis“ und damit zugleich Fernsehwerbung für das unerlaubte Glücksspielangebot von B ausgestrahlt habe. Zugleich wurde die Antragstellerin aufgefordert, den o.g. Verstoß künftig zu unterlassen. In Nr. 2 des Bescheids wurde der Antragstellerin die Ausstrahlung von TV-Werbung für „l...gratis“ untersagt. In Nr. 3 wies die Antragsgegnerin die Antragstellerin darauf hin, dass bei Nichtbeachtung der Anordnung gemäß Nr. 2 weitere Aufsichtsmaßnahmen gemäß § 38 Abs. 2 RStV ergriffen werden können. Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 wurde angeordnet (Nr. 4). Ferner erhob die Antragsgegnerin in Nr. 5 eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 3.000,- €.

15

Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, die Voraussetzungen für eine Beanstandung lägen vor. Vor Erlass des Bescheids habe die A... Ltd. nicht selbst angehört werden müssen. Eine mögliche mittelbare Betroffenheit der A... Ltd. durch eine Untersagung von Fernsehwerbung für sie reiche für die Begründung eines Anhörungserfordernisses nicht aus. Eine faktische Duldung der Fernsehwerbung für „l...gratis“ sei nicht erfolgt.

16

Nach dem Ergebnis der Prüfung durch das Organ ZAK und unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin vorgetragenen Stellungnahme habe diese mit der Ausstrahlung von TV-Werbung der A... Ltd. gegen § 41 Abs. 1 Satz 4 RStV i.V.m. § 5 Abs. 3 GlüStV verstoßen, da Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen, im Internet sowie über Telekommunikationsanlagen generell verboten sei. Eine nach § 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV mögliche Ausnahme komme hier aus glücksspielaufsichtsrechtlicher Sicht nicht in Betracht, weil zum einen keine Werbeerlaubnis für das Angebot „l...“ bzw. „l...gratis“ vorliege und zum anderen, weil es sich bei der unter „www.l...com“ angebotenen „Zweitlotterie“ um ein nicht erlaubtes und auch nicht erlaubnisfähiges Glücksspiel handele. Dass die A... Ltd. mit „l...gratis“ mangels Entgeltlichkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV kein Glücksspiel anbiete, spiele für die hier ausgesprochene Beanstandung und Untersagung bereits deshalb keine Rolle, weil es vorliegend nicht um die Zulässigkeit des Gratisangebots an sich gehe, sondern darum, dass durch die für das Angebot „l...gratis“ geschaltete Werbung zugleich für die Angebote unter „www.l...com“ und „www.l...de“ geworben werde. Bei diesen letztgenannten Angeboten handele es sich um Glücksspiele im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages.

17

Der ausgesprochenen Beanstandung und Untersagung liege nicht der rundfunkrechtliche, sondern der glücksspielrechtliche Werbebegriff zugrunde. Die Gesamtumstände dieser TV-Werbeschaltung führten dazu, dass mit der Werbung für das Angebot „l...gratis“ zugleich Werbung für das unerlaubte Glücksspielangebot „l...“ stattfinde. Die gemeinsame Nutzung einer Marke und die damit verbundene Werbewirkung sowie die Ausgestaltung der Werbespots und das nahezu identische Produktangebot führten objektiv betrachtet dazu, dass die Werbung für „l...gratis“ maßgeblich darauf gerichtet sei, den Absatz des unerlaubten Glücksspielangebots „l..“ zu fördern. Mit der beidseitigen Verwendung der Marke "B" für das Gewinnspiel „l...gratis“ einerseits und die Glücksspiele „www.l...com“ und „www.l...de“ andererseits entstehe unzweifelhaft und gewollt ein direkter Zusammenhang zwischen dem kostenlosen Angebot „l...gratis““ und dem unerlaubten Glücksspiel unter „www.l...com“ und „www.l...de“. Dies werde bereits dadurch deutlich, dass der Zusatz „.gratis“ weder auf eine bestimmte Dienstleistung noch auf einen bestimmten Anbieter hinweise. Der objektive Empfängerhorizont begreife diesen Zusatz lediglich als Hinweis auf ein kostenloses Angebot, was aus glücksspielaufsichtsrechtlicher Perspektive zugleich impliziere, dass auch ein kostenpflichtiges Angebot vorhanden sei. Diese unselbstständige Ergänzung des eigentlich prägenden und im Vordergrund stehenden Markennamens sei nicht geeignet, das Angebot der A... Ltd. hinreichend vom unerlaubten Glücksspielangebot abzugrenzen. Mit der Werbung der A... Ltd. werde danach vielmehr hauptsächlich der im Vordergrund stehende Markenname „B“ beworben und der Absatz der unter dieser Marke vertriebenen Dienstleistungen gefördert. Die gemeinsame Nutzung der Wortmarke „B“ führe gleichsam zu einer verbindenden Klammer des Gewinnspiels mit unerlaubtem Glücksspiel und dementsprechend dazu, dass die Werbung für das kostenlose Angebot „l...gratis“ zugleich als Werbung für das unerlaubte Glücksspiel begriffen werden müsse. Damit werde durch die Werbung der A... Ltd. unmittelbar der Absatz des unerlaubten Glücksspiels gefördert. Nur so lasse sich erklären, warum es die B Holdings Ltd. als Markeninhaberin der Wortmarke „B“ und zugleich alleinige Anteilseignerin der B... Ltd. erlaube oder zumindest dulde, dass mit der A... Ltd. eine scheinbar fremde Firma ihre Marke in einem erheblichen Umfang nutze.

18

Dass mit der Werbung für „l...gratis“ zugleich Werbung für das unerlaubte Glücksspiel „www.I......com“ gemacht werde, ergebe sich auch aus der Gestaltung des Werbespots selbst. Die enge Verbindung zwischen „l...gratis“ und „l...com“ finde sich nicht nur im Namen, sondern auch im graphisch ähnlich anmutenden Internetauftritt wieder. Die Farbgebung (Verwendung desselben Grüns, namentlich am Ende des TV-Werbespots wie bei der Darstellung des Logos und der Navigationsleiste bei „www.l...com“), die ähnliche Anordnung und Ähnlichkeit der Icons für die jeweilige Lotterie und die teilweise gleiche Schriftart vermittelten für einen objektiven Betrachter den optischen Eindruck einer bewusst erzeugten Nähe, wenn nicht gar der Zusammengehörigkeit beider Angebote. Nicht zuletzt endeten alle TV-Spots mit der großflächigen Darstellung des Schriftzugs „B“, was dazu führe, dass Aufmerksamkeitswerbung für die Marke B gemacht werde.

19

Im Übrigen sei der Zweck der Internetseite „https://...gratis“ zwar auf den ersten Blick darauf ausgerichtet, das Interesse potentieller Lottospieler am Lotteriespiel in der auf der Webseite „https://...gratis“ veranstalteten Form zu wecken - einem Veranstaltungsmodell, welches gleich dem Angebot auf „https://www.l...com“ sei. Wenn also jemand am Spielerlebnis bei „l...gratis““ Gefallen finde und in der Folge die Anzahl der Spielereignisse auf mehr als eines pro Kalendermonat ausweiten wolle, müsse er sich anderen Angeboten zuwenden. An dieser Stelle dränge es sich geradezu auf, dass ein Spielinteressent zunächst das Angebot des gleichnamigen Anbieters B ansteuern werde, da dieses von „l...gratis““-Kunden fast schon automatisch als konsequente Weiterführung dessen wahrgenommen werden dürfte. Diese Personen würden jedenfalls keinerlei Schwierigkeiten haben, das auf „https://...gratis“ erprobte Spielsystem auf „https://www.B...com“ fortsetzen zu können.

20

Auch wenn zwischen der B... Ltd. und der A... Ltd. keine gesellschaftsrechtliche Verbindung von außen ersichtlich bzw. für die Glücksspielaufsichtsbehörden oder die ZAK als Organ der LMK nachweisbar sei, deuteten die wirtschaftlichen Zusammenhänge eindeutig darauf hin, dass das Angebot der A... Ltd. ausschließlich dem Zweck diene, das Fernsehwerbeverbot des § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV zu umgehen.

21

Die Beanstandung und Untersagung begegne im Übrigen weder verfassungs- noch unionsrechtlichen Bedenken gegen die zu Grunde liegenden Normen des Glücksspielstaatsvertrags.

22

Die ZAK als Organ der LMK habe sich nach pflichtgemäßem Ermessen für die Beanstandung und Untersagung der Fernsehwerbung von „l...gratis“ bei der Veranstalterin entschieden, auch um ein gleichgerichtetes und gleichzeitiges Vorgehen von Glücksspiel- und Medienaufsicht zu gewährleisten. Beim Abwägen des Interesses der Veranstalterin einerseits, die Werbung für das Angebot „l...gratis“ und zugleich für unerlaubtes Glücksspiel im Fernsehen fortzuführen, mit dem öffentlichen Interesse an der Beseitigung der Rechtsverstöße nach § 5 Abs. 3 und 5 GlüStV andererseits, hätten die Interessen der Veranstalterin zurückzustehen. Um den überragend wichtigen Gemeinwohlzielen des Glücksspielstaatsvertrages – Vermeidung und Bekämpfung der Glücksspiel- und Wettsucht – Geltung zu verschaffen, sei ein Einschreiten gegen die bei der Veranstalterin verbreitete Fernsehwerbung für unerlaubte Glücksspiele erforderlich. Die Untersagung der unerlaubten Werbetätigkeit im Fernsehen sei geeignet, den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Sie sei auch erforderlich, da kein gleich geeignetes Mittel ersichtlich sei. Für ein Absehen von einer auf das zukünftige Verhalten der Veranstalterin gerichteten Untersagung der unerlaubten Werbetätigkeit habe auch im Lichte der durchgeführten Anhörung und des seitherigen Verhaltens der Veranstalterin kein Anlass bestanden. Die Untersagung der Fernsehwerbung sei auch angemessen, da das Interesse der Veranstalterin, Aufmerksamkeitswerbung für das unerlaubte Glücksspielangebot "B..." zu verbreiten, hinter dem Interesse der Allgemeinheit an rechtmäßigen Zuständen zurücktreten müsse.

23

Der ausschlaggebende Grund für das Einschreiten gerade gegen die Werbung für „l...gratis““ sei die - auch dem wenig TV-affinen Bürger - auffallende und häufig wiederkehrende Werbung für „l...gratis““ in durchaus reißerischer Aufmachung. Jedenfalls sei die Werbung für „l...gratis““ äußerst augenfällig und daher auch für den normalen Zuschauer überdurchschnittlich wahrnehmbar. Ein Herausgreifen dieser TV-Werbung sei daher nicht als willkürlich zu bewerten.

24

Ihr Vorgehen entspreche auch im Übrigen den Gemeinsamen Leitlinien der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder und der Landesmedienanstalten zur Zusammenarbeit bei der Aufsicht über Glücksspielwerbung im privaten Rundfunk und Telemedien privater Anbieter. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, könnte sich die Veranstalterin hierauf allerdings nicht zur Abwehr medienaufsichtsrechtlicher Maßnahmen stützen, da die Leitlinien als Bestandteil des öffentlichen Rechts keine drittschützende Wirkung entfalteten. Diese begründeten keine eigenen Rechte sei es eines Glücksspielanbieters, sei es eines werbetreibenden TV-Veranstalters. Zudem hemmten die gemeinsamen Leitlinien ohnedies die Landesmedienanstalten nicht an einem hiervon abweichenden Verhalten.

25

Die sofortige Vollziehung des aufsichtsrechtlichen Bescheides sei im besonderen öffentlichen Interesse anzuordnen. Dafür sprächen hier Aspekte des Verbraucherschutzes im Sinne der Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspiel- und Wettsucht, die durch Werbung für nicht legale Glücksspielangebote erschwert werden könne, sowie auch des Jugend- und Spielerschutzes. Hierbei sei es besonders relevant, dass die Anbieter von Zweitlotterien insgesamt erhebliche Beträge als Brutto-Werbeausgaben bei TV-Sendern aufwendeten. Dies zeige, dass die Anbieter von Zweitlotterien in erheblichem Umfang und in der Gesamttendenz deutlich steigend TV-Werbung einsetzten, weil sie sich davon eine Steigerung ihrer Bekanntheit und ihrer Umsätze versprächen. Allein im Jahr 2015 seien durch Online-Zweitlotterieanbieter insgesamt rund 246 Mio. € Bruttospielerträge erzielt worden.

26

Durch die erhebliche Präsenz von „l...gratis““ in TV-Werbespots werde die Bekanntheit der Dachmarke „B“ und damit auch des vollziehbar untersagten Angebotes „l...com“ gesteigert. Dies sei ungünstig für die Wirksamkeit des vollziehbaren Verbotes des Glücksspielangebotes „l...com“ und auch für die Erreichung der Ziele des Verbraucherschutzes im Sinne der Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspiel- und Wettsucht, da mehr Personen das Angebot „l...com“ in Anspruch nehmen könnten, wenn seine Bekanntheit erhöht werde. Da es sich bei der Werbung für „l...gratis“ auch um intendierte Werbung für die kostenpflichtigen Angebote auf „I...com“ und „l...de“ handele, wirke damit Werbung für „l...gratis““ diesen Zielen des Allgemeinwohls entgegen. Gleiches gelte für Ziele des Jugend- und Spielerschutzes. Es liege im öffentlichen Interesse, Glücksspiel- und Wettsucht zu bekämpfen und Jugend- und Spielerschutz sicherzustellen. Würde eine Sofortvollzuganordnung nicht erfolgen, so würde dieser negative Effekt für die genannten Ziele bis zur Entscheidung über eine Klage in der Hauptsache fortbestehen können. Es könne auch nicht sicher erwartet werden, dass die Veranstalterin angesichts der hohen wirtschaftlichen Bedeutung der Werbung von „l...gratis““ freiwillig für die Dauer eines Hauptsacheverfahrens auf die Ausstrahlung der Spots verzichten würde.

27

Auch der Umstand, dass derzeit keine Ausstrahlungen entsprechender Fernsehwerbung im Programm Sat.1 festzustellen seien, habe keine diesbezüglichen Auswirkungen auf die Anordnung der sofortigen Vollziehung des vorliegenden Bescheids. Die Veranstalterin könne sich jederzeit wieder anders, d.h. für die Ausstrahlung von TV-Werbung für „l...gratis“ im Programm Sat.1, entscheiden.

28

Gegen den Bescheid vom 17. Juli 2018 hat die Antragstellerin am 6. August 2018 Klage erhoben und zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung führt sie aus, der auf § 41 Abs. 1 Satz 4 RStV i.V.m. § 5 Abs. 3 GlüStV gestützte Bescheid sei aus mehreren Gründen materiell rechtswidrig. So fehle es schon an einer tauglichen Rechtsgrundlage für den Bescheid. Dieser könne weder auf § 41 Abs. 1 Satz 4 RStV gestützt werden, weil es sich insoweit nur um eine deklaratorische Norm handele, noch auf § 5 Abs. 3 GlüStV, da diesbezüglich weder der sachliche noch der personelle Anwendungsbereich eröffnet sei. Letzteres scheide schon aus, da sie, die Antragstellerin, keine Veranstalterin, Durchführerin oder Vermittlerin von Glücksspielen sei. Ferner lägen auch die glücksspielrechtlichen Eingriffsvoraussetzungen nicht vor, da keine unerlaubte Werbung für Glücksspiel stattfinde. Insbesondere werde mit der Werbung für das Angebot „l...gratis“ nicht für das Angebot von „l...com“ geworben. Vielmehr handele es sich dabei um voneinander unabhängige Produkte mit unterschiedlichen Anbietern und unterschiedlichen Internetseiten. Die Logos seien in Inhalt, Farbe, Gestaltung und Design völlig unterschiedlich. Schon das Wort B werde beim Angebot „l...gratis“ in zwei Wörter (Lotto und Land) getrennt. Auch das Wort gratis treffe aufgrund der gleichen Schriftgröße und Farbauswahl nicht dahinter zurück. Eine Verwechselungsgefahr bestehe nicht. Geworben werde allein für das Gratis-Angebot, das ein eigenes Angebot und ein unterschiedliches Logo enthalte. Der mit dem Logo transportierte Gehalt sei damit ausdrücklich Werbung für ein kostenloses Angebot - mithin kein Glücksspielangebot. Hinzu komme, dass Veranstalterin von „l...gratis“ die A... Ltd. sei. Veranstalterin von „l...com“ sei hingegen B... Ltd., die die dortigen Tipps an EU Lotto Ltd. weiterleite. Es handele sich also um unterschiedliche Anbieter und zwar um unabhängige, eigenständige Unternehmen, zwischen denen kein gesellschaftsrechtliches Kontroll- oder Über-Unterordnungsverhältnis bestehe. Auch inhaltlich unterschieden sich die Angebote wesentlich, was ein Blick auf die genannten Webseiten belege.

29

Die vorstehende Bewertung, dass mit einer Werbung für „l...gratis“ nicht auch für „l...com“ geworben werde, werde auch durch die Rechtsprechung bestätigt. So habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 9. März 2015 - 7 BV 13.2153 entschieden, dass die Fernsehwerbung mit der Darstellung der Marken „Fulltiltpoker“ und „Fulltiltpoker.net“ nicht für Glücksspiel geworben habe. Dort sei es nämlich um Werbung für ein kostenloses Angebot für Pokerspieler gegangen. Das kostenpflichtige Glücksspielangebot sei hingegen unter „Fulltiltpoker.com“ zu finden gewesen, auf das die Werbung jedoch nicht verwiesen habe. Die Erwägungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs seien auf den vorliegenden Fall der Werbung für ein kostenloses Angebot zu übertragen. Die Unterschiede der beiden Angebote seien sogar noch deutlicher als in dem dort entschiedenen Fall. Insbesondere sei schon die zugrunde gelegte Annahme eines nur einmaligen Gratistipps unzutreffend, da im Bescheid an anderer Stelle zu Recht festgestellt werde, dass der Gratistipp einmal monatlich abgegeben werden könne. Mit der (regelmäßigen) Gewinnmöglichkeit bei „l...gratis“ erfülle der Fall hier noch viel mehr den vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof erwähnten Begriff „gleichrangige Angebote", der nicht missinterpretiert werden dürfe.

30

Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der A... Ltd. im Geltungsbereich von Bayern und Niedersachsen im April 2018 untersagt worden sei, für das Angebot „l...gratis“ im Fernsehen zu werben. Diese Untersagungsbescheide seien noch nicht bestandskräftig.

31

Darüber hinaus sei der Bescheid in mehrfacher Hinsicht unverhältnismäßig. Er verstoße vor allem gegen das Gleichbehandlungsgebot bzw. den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung. Denn er halte sich nicht an die in den gemeinsamen Leitlinien der Glücksspielaufsicht und Landesmedienanstalten aufgestellten und abgestimmten Vorgaben, worauf sich der Rundfunkveranstalter nach obergerichtlicher Rechtsprechung auch berufen könne. Es fehle nämlich an einem bundesweiten und gleichgerichteten Vorgehen der Glücksspielaufsicht. Dies sei aber nicht nur nach den selbstbindenden Gemeinsamen Leitlinien erforderlich, sondern bedinge auch das anerkannte Gebot der Effektivität der (unterstellten) Gefahrenabwehr sowie das Willkürverbot.

32

Ferner verstoße der Bescheid auch gegen Nr. V. 1. der Leitlinien, wo festgehalten sei, dass die Landesmedienanstalten im Übrigen auch nur dann gegenüber den Rundfunkveranstaltern „tätig werden“, wenn „trotzdem“ (d.h. zeitlich nach Vorliegen bundesweiter vollziehbarer glücksspielrechtlicher Aufsichtsmaßnahmen) die entsprechend beanstandete Werbung gesendet werde. Nach Aktenlage werde jedoch bislang nur auf eine einzelne Werbeausstrahlung im November 2017 abgestellt. Die bislang einzigen Untersagungen der Glücksspielaufsicht in Bayern und Niedersachsen gegenüber dem Veranstalter von „l...gratis“ stammten dagegen erst aus April 2018 und seien der Antragstellerin erst mit Schreiben vom 7. Mai 2018 bekanntgegeben worden. Eine etwaige danach erfolgte Ausstrahlung der Werbung sei bislang jedoch nicht aktenkundig festgestellt worden. Den dargestellten Verstoß gegen die Leitlinien habe im Übrigen auch das zuständige Organ der Antragsgegnerin, die ZAK, in einem Parallelfall im Ergebnis eingeräumt.

33

Die inzwischen ergangenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts München sprächen nicht gegen die hier festzustellenden Verstöße gegen die Gemeinsamen Leitlinien.

34

Der angefochtene Bescheid missachte ferner nicht nur die grundrechtlich geschützte Position der Antragstellerin als Rundfunkveranstalterin und das daraus folgende Anzeigenprivileg. Dies gelte selbst dann, wenn man die nach Aktenlage vertretene Ansicht der Unzulässigkeit der Bewerbung von „l...gratis“ als zutreffend unterstellen würde. Bei der Verbreitung von Anzeigen treffe den Rundfunkveranstalter und die Anzeigenredaktion zur Gewährleistung der Rundfunk- und Medienfreiheit nur eine grundsätzlich auf grobe und unschwer zu erkennende Verstöße beschränkte Prüfungspflicht. Wende man aber diese anerkannten Maßstäbe an, handele es sich hier weder um einen groben noch offensichtlichen (unterstellten) Verstoß. Dies folge auch daraus, dass die konkrete Beurteilung, ob die Werbung gesetzeswidrig sein könnte, nicht bereits durch einfaches Anschauen des fraglichen Werbespots möglich sei. Vielmehr seien glücksspielrechtliche Spezialkenntnisse erforderlich, um zu einer Einschätzung zu gelangen.

35

Selbst wenn man bei summarischer Prüfung von „nur offenen Erfolgsaussichten oder gar einem Bestand des angefochtenen Bescheids im Hauptsacheverfahren ausgehe, bestehe kein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung. Einer Eilbedürftigkeit stehe bereits entgegen, dass die Fernsehwerbung für „l...gratis“ bereits seit Juni 2015 unbeanstandet ausgestrahlt werde. Ungeachtet dessen ergäben sich aus Online-Glücksspielen allgemein und aus Lotterien speziell keine nennenswerten Suchtgefahren. Vielmehr folgten die wesentlichen Suchtgefahren im Glücksspielsektor aus stationären Angeboten, insbesondere in Form von Geldspielautomaten. Schließlich sei auch nicht erkennbar, dass sich angebliche Suchtgefahren für die vorliegend in Rede stehenden Angebote in den letzten Jahren derart geändert hätten, dass seit 2015 eine jahrelange faktische Duldung habe erfolgen können, nunmehr aber mit Sofortvollzug dagegen vorgegangen werden müsste. Selbst die ZAK habe in ihrer Sitzung vom 12. Dezember 2017 offenbar Zweifel an der Eilbedürftigkeit geäußert.

36

Die Antragstellerin beantragt,

37

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17. Juli 2018 wiederherzustellen.

38

Die Antragsgegnerin beantragt,

39

den Antrag abzulehnen.

40

Sie führt aus, die Antragstellerin habe mit der Ausstrahlung von Werbung für „l...gratis“ gegen § 5 Abs. 3 GlüStV verstoßen. Die Internetseite „l...gratis“ und ebenso die Werbung dafür dienten lediglich der Umgehung des glücksspielrechtlichen Werbeverbots. Es handele sich um verdeckte Werbung für die entgeltpflichtigen Glücksspielangebote von „l...com“. Es könne nicht ernsthaft bezweifelt werden, dass es wirtschaftliche Verbindungen zwischen „l...gratis“ und „l...com“ gebe und die Ähnlichkeiten beider Angebote nicht auf Zufall beruhten. Vielmehr liege ein evidenter Versuch der Umgehung des glücksspielrechtlichen Werbeverbots vor. Die A... Ltd. verfüge über keinen bzw. keinen nennenswerten Umsatz. Demgegenüber hätten die Ausgaben für Fernsehwerbung für „l...gratis“ im Zeitraum von Juni 2015 bis November 2017 insgesamt ca. 72,8 Millionen Euro betragen. Die A... Ltd. betreibe damit ein hochdefizitäres Gewinnspielangebot. Demgegenüber setze die B... Ltd. jährlich nach eigenen Angaben ca. 360 Millionen Euro um. Diese Situation lasse nur den Schluss zu, dass es das Angebot „l...gratis“ und die hierfür geschaltete Werbung allein aus dem Grund gebe, um Werbung für „l...com“ zu machen.

41

Der von den TV-Werbespots ausgehende Werbeeffekt für das unerlaubte Glücksspielangebot von „l...com“ folge zudem daraus, dass die TV-Werbespots sowie die Internetseite „l...gratis“ Hinweise gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 3 Satz 2 GlüStV enthielten. Es werde erwähnt, dass eine Teilnahme erst ab 18 Jahren möglich sei und Glücksspiel süchtig machen könne. Zu diesen Hinweisen seien nach § 7 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 4 Abs. 3 S. 2 GlüStV aber nur Glücksspielanbieter, nicht aber Gewinnspielanbieter verpflichtet.

42

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sei das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. März 2015, in dem entschieden worden sei, dass eine TV-Werbung, in der die Marken „Fulltiltpoker“ und „Fulltiltpoker.net“ dargestellt würden, nicht gleichzeitig Werbung für das Glücksspielangebot „Fulltiltpoker.com“ sei, nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Die Antragstellerin übersehe, dass aus der entscheidenden Sicht der Verbraucher dem Begriff „B“ eine prägende Bedeutung zukomme und die TV-Werbespots im Wesentlichen den Bekanntheitsgrad der Marke „B“ stärkten. Dem Zusatz „.gratis“ werde in der öffentlichen Wahrnehmung keine Bedeutung beigemessen.

43

Die weitere Ansicht der Antragstellerin, das staatliche Lotteriemonopol sei unionsrechtswidrig, sei ebenfalls unrichtig. Diese Frage spiele für das Verfahren im Übrigen keine Rolle, da selbst im Fall der Unionsrechtswidrigkeit des Lotteriemonopols eine – wie hier vorliegende – nicht erlaubte Lotteriewerbung im Fernsehen aufgrund von § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV nicht zulässig wäre. Die Unionsrechtswidrigkeit des Lotteriemonopols könnte allenfalls zur Erlaubnisfähigkeit privater Lotterien und der darauf bezogenen Fernsehwerbung führen. Die Unionsrechtswidrigkeit des Lotteriemonopols hätte hingegen keinesfalls zur Folge, dass die Fernsehwerbung für die Angebote der B... Ltd., auf die es hier allein ankomme, entgegen § 5 Abs. 3 Sätze 1 und 2 GlüStV erlaubnisfrei würde. Die vermeintliche Unionsrechtswidrigkeit würde im Übrigen auch nicht dazu führen, dass das nicht erlaubte Glücksspielangebot entgegen § 4 Abs. 1 GlüStV ohne Vorliegen einer Erlaubnis als legalisiert anzusehen wäre.

44

Der streitgegenständliche Bescheid sei auch nicht unverhältnismäßig. Es liege kein Verstoß gegen die Gemeinsamen Leitlinien vor. Ungeachtet dessen würde ein Verstoß nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheids führen. Die Antragstellerin könne auch nicht mit ihrem Einwand durchdringen, der angegriffene Bescheid verstoße in unverhältnismäßiger Weise gegen das Anzeigenprivileg und damit gegen die Rundfunkfreiheit. Denn ein privater Fernsehsender könne sich in medienaufsichtsrechtlichen Verfahren nicht auf das Anzeigenprivileg berufen. Dieses gelte nur bei der Verbreitung wettbewerbswidriger Äußerungen in den Medien.

45

Anders als die Antragstellerin meine, bestehe auch ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Untersagungsverfügung. Die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages seien u.a. die Verhinderung und Bekämpfung von Glücksspiel- und Wettsucht und die Gewährleistung des Jugend-und Spielerschutzes. Diese Ziele würden nur dann effektiv durchgesetzt, wenn der angegriffene Bescheid sofort vollzogen werde. Dem öffentlichen Vollzugsinteresse stehe auch nicht entgegen, dass – wie die Antragstellerin meine – die beanstandete Fernsehwerbung bereits seit 2015 ausgestrahlt werde und sich das Verfahren „über Jahre“ hingezogen habe. Die Verfahrensdauer sei dem konzertierten Vorgehen der verschiedenen Medienanstalten geschuldet. Das gemeinsame Vorgehen der Medienanstalten habe umfangreiche und zeitaufwendige Abstimmungsprozesse erfordert, nicht zuletzt auch mit der Glücksspielaufsicht. Die Antragstellerin habe hieraus nicht berechtigterweise folgern dürfen, die Ausstrahlung der beanstandeten TV-Werbung sei zulässig bzw. würde faktisch geduldet. Es fehle an einer Vertrauensgrundlage.

46

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten sowie der Verwaltungsakten des Antragsgegners verwiesen.

II.

47

Der Antrag hat keinen Erfolg. Die Kammer legt das Begehren der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17. Juli 2018 wiederherzustellen, dahingehend aus, dass lediglich die Nrn. 1 und 2 des genannten Bescheids Gegenstand des Eilverfahrens sein sollen. Der dagegen gerichtete Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der unter dem Aktenzeichen 5 K 1044/18.NW erhobenen Klage ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alternative i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – statthaft und auch ansonsten zulässig. In der Sache ist der Antrag aber unbegründet.

48

1. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheids vom 17. Juli 2018 ist formell rechtmäßig.

49

Insbesondere hat die Antragsgegnerin in formeller Hinsicht die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheids vom 17. Juli 2018 ausreichend nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet. Hierzu hat die Antragsgegnerin u.a. ausgeführt, für die sofortige Vollziehung des aufsichtsrechtlichen Bescheids sprächen Aspekte des Verbraucherschutzes im Sinne der Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspiel- und Wettsucht, die durch Werbung für nicht legale Glücksspielangebote erschwert werden könne, sowie auch des Jugend- und Spielerschutzes. Durch die erhebliche Präsenz von „l...gratis“ in TV-Werbespots werde die Bekanntheit der Dachmarke „B“ und damit auch des vollziehbar untersagten Angebotes „l...com“ gesteigert. Dies sei ungünstig für die Wirksamkeit des vollziehbaren Verbotes des Glücksspielangebotes „l...com“ und auch für die Erreichung der Ziele des Verbraucherschutzes im Sinne der Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspiel- und Wettsucht, da mehr Personen das Angebot „l...com“ in Anspruch nehmen könnten, wenn seine Bekanntheit erhöht werde. Da es sich bei der Werbung für „l...gratis“ auch um intendierte Werbung für die kostenpflichtigen Angebote auf „l....com“ und „l...de“ handele, wirke damit Werbung für „l...gratis“ diesen Zielen des Allgemeinwohls entgegen. Gleiches gelte für Ziele des Jugend- und Spielerschutzes. Es liege im öffentlichen Interesse, Glücksspiel- und Wettsucht zu bekämpfen und Jugend- und Spielerschutz sicherzustellen. Würde eine Sofortvollzuganordnung nicht erfolgen, so würde dieser negative Effekt für die genannten Ziele bis zur Entscheidung über eine Klage in der Hauptsache fortbestehen können. Aufgrund der nicht unerheblichen Dauer von verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahren erscheine es daher gerechtfertigt, aufgrund der o. g. im Allgemeininteresse liegenden Ziele, ein besonderes öffentliches Sofortvollzugsinteresse einer Untersagungsverfügung anzunehmen, weil durch die steigenden TV-Werbemaßnahmen eine besondere Gefährdung von Zielen des Allgemeinwohls eintreten würde.

50

Damit liegt eine auf den konkreten Einzelfall abgestellte, substantiierte und nicht lediglich formelhafte Begründung des besonderen Vollzugsinteresses vor. Ob die von der Antragsgegnerin angeführte Begründung inhaltlich zutreffend ist und die Anordnung der sofortigen Vollziehung zu rechtfertigen vermag, ist im Rahmen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO unbeachtlich; dies ist erst bei der gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vom Gericht eigenständig vorzunehmenden Interessenbewertung zu erörtern (s. z.B. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10. Juli 2018 – 7 B 10698/18.OVG –).

51

2. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheids vom 17. Juli 2018 ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.

52

Für das Interesse des Betroffenen, einstweilen nicht dem Vollzug der behördlichen Maßnahmen ausgesetzt zu sein, sind zunächst die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs von Belang. Ein überwiegendes Interesse eines Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel anzunehmen, wenn die im Eilverfahren allein mögliche und gebotene summarische Überprüfung ergibt, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Denn an der Vollziehung eines ersichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakts kann kein öffentliches Vollzugsinteresse bestehen. Ist der Verwaltungsakt dagegen offensichtlich rechtmäßig, so überwiegt das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse des Antragstellers nur dann, wenn zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts besteht. Kann aufgrund der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Überprüfung nicht festgestellt werden, ob der Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig oder offensichtlich rechtswidrig ist, so beschränkt sich die verwaltungsgerichtliche Kontrolle des Sofortvollzuges des Verwaltungsakts auf die Durchführung einer Interessenabwägung, die je nach Fallkonstellation zugunsten des Antragstellers oder des Antragsgegners ausgehen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 2007 – 2 BvR 695/07 –, NVwZ 2007, 1176).

53

Nach diesen Grundsätzen überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Beanstandungs- und Untersagungsverfügung, da nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage davon auszugehen ist, dass sich die streitgegenständliche Beanstandungs- und Untersagungsverfügung im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen wird.

54

Die Beanstandungs- und Untersagungsverfügung beruht auf einer einschlägigen Rechtsgrundlage (2.1.) und ist nach summarischer Prüfung sowohl formell (2.2.) als auch materiell (2.3.) rechtmäßig. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der genannten Verfügung überwiegt das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage (2.4.).

55

2.1. Die Antragsgegnerin konnte die angefochtene Beanstandungs- und Untersagungsverfügung auf § 38 Abs. 2 i.V.m. § 41 Abs. 1 Satz 4 des Rundfunkstaatsvertrages – RStV – in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. August 1991 (GVBI Seite 369), zuletzt geändert durch den 21. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 18. Dezember 2017 (GVBI. 2018 Seite 75) i.V.m. § 27 Abs. 1 Landesmediengesetz – LMG – i.V.m. § 5 Abs. 3 des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland – GlüStV – vom 15. Dezember 2011 (GVBl. 2012 Seite 166), zuletzt geändert durch Staatsvertrag vom 16. März April 2017 (GVBl. 2017 Seite 335) stützen.

56

Gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 RStV trifft die zuständige Landesmedienanstalt, stellt sie fest, dass ein Anbieter gegen die Bestimmungen dieses Staatsvertrages verstoßen hat, die erforderlichen Maßnahmen. Maßnahmen sind insbesondere Beanstandung, Untersagung, Rücknahme und Widerruf (§ 38 Abs. 2 Satz 2 RStV). § 38 Abs. 2 RStV geht den Bestimmungen des jeweils einschlägigen Landesrechts als spezielle Regelung für bundesweite Angebote (§ 39 RStV) vor. Für die Voraussetzungen und die Durchführung von Beanstandungen und Untersagungen ist ergänzend das Landesmedienrecht heranzuziehen (Schuler-Harms, in: Binder/Vesting, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 4. Auflage 2018, § 38 Rn. 8 und 10). Nach dem hier maßgebenden § 27 Abs. 1 LMG weist die Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz, stellt sie einen Rechtsverstoß fest, den Rundfunkveranstalter nach Anhörung an, den Rechtsverstoß unverzüglich oder innerhalb einer angemessenen Frist zu beheben oder künftig zu unterlassen (Beanstandung). Die Beanstandung ist als missbilligender Vorhalt eines festgestellten Rechtsverstoßes ein feststellender Verwaltungsakt ohne vollstreckungsfähigen Inhalt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 6 B 1/14 –, NVwZ 2014, 1594; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Juni 2015 – 13 A 1215/12 –, ZUM 2015, 910; Holznagel, in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Auflage 2015, § 38 RStV Rn. 10). Soweit § 38 Abs. 2 RStV zwischen den medienaufsichtlichen Maßnahmen der „Beanstandung“ und der „Untersagung“ unterscheidet, meint der Ausdruck „Untersagung“ nicht die Unterlassungsanordnung als Teil der in § 27 Abs. 1 LMG genannten Beanstandung, sondern die hiervon zu unterscheidende Maßnahme der Untersagung, wie sie auch das Landesmediengesetz an anderer Stelle vorsieht (vgl. § 32 Abs. 2 LMG, s. dazu: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. August 2013 – 2 A 10002/13 –, ZUM 2013, 980). Die Untersagung enthält einen verbindlichen Befehl an den Veranstalter, ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen, also etwa das Verbot, eine bestimmte Sendung oder einen bestimmten Werbespot (erneut) auszustrahlen (vgl. Bornemann/von Coelln/Hepach/Himmelsbach/Gundel, Bayerisches Mediengesetz, 44. Auflage 2018, § 38 RStV Rn. 11). Im Unterschied zur bloßen Beanstandung ist die Untersagung mit den Mitteln des Verwaltungszwangs vollstreckungsfähig, wenn sie bestandskräftig ist oder deren sofortige Vollziehung angeordnet wurde.

57

Soweit die Antragstellerin das Fehlen einer einschlägigen Rechtsgrundlage bzw. einer entsprechenden Eingriffsermächtigung gerügt hat, dringt sie damit nicht durch. § 38 Abs. 2 RStV ermächtigt die Medienaufsicht dazu, Verstöße gegen die „Bestimmungen dieses Staatsvertrages“ zu monieren, d.h. die zuständige Landesmedienanstalt kann bei jedem Verstoß gegen den Rundfunkstaatsvertrag Aufsichtsmaßnahmen ergreifen. Dazu zählen auch Verstöße gegen die in § 41 Abs. 1 RStV normierten Programmgrundsätze. Diese umfassen nach § 41 Abs. 1 Satz 4 RStV die Einhaltung der allgemeinen Gesetze, mithin auch des Glücksspielstaatsvertrages. Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV ist Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen, im Internet sowie über Telekommunikationsanlagen verboten; eine Werbeerlaubnis der Anbieterin gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 GIüStV liegt hier unstrittig nicht vor.

58

§ 38 Abs. 2 Satz 1 RStV wird als Ermächtigungsgrundlage auch nicht verdrängt durch § 9 Abs. 1 Satz 1, 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV i.V.m. § 13 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3 Landesglücksspielgesetz – LGlüG –. Danach hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Die zuständige Behörde des jeweiligen Landes kann die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Sie kann u.a. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Diese Eingriffsbefugnis der Glücksspielaufsicht ist nicht geeignet, die gesetzlich angeordnete umfassende Kontrollzuständigkeit der Medienaufsicht nach dem Rundfunkstaatsvertrag einzuschränken (vgl. VG Schleswig, Beschluss vom 04. Oktober 2018 – 11 B 107/18 –). Eine solche Begrenzung im Verhältnis zweier nach unterschiedlichen Normen zuständiger Behörden besteht nur, wenn und soweit für die Überwachung bestimmter öffentlich-rechtlicher Vorschriften die abschließende Zuständigkeit einer anderen Behörde vorgesehen ist. Für den Bereich der repressiven Kontrolltätigkeit der Medienaufsicht nach § 38 Abs. 2 RStV gegenüber „Anbietern“ – also Rundfunkveranstaltern, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 14 RStV ihre Programme „anbieten“ – fehlt jedoch eine solche Beschränkung ihres Kontrollauftrags und der daran anknüpfenden Eingriffsermächtigungen. Die Antragsgegnerin ist daher gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 RStV nicht daran gehindert, bei der Überwachung privater Rundfunkveranstalter auch die Vereinbarkeit mit dem Werbeverbot nach § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV zu prüfen.

59

2.2. Die Beanstandungs- und Untersagungsverfügung ist nach summarischer Prüfung formell rechtmäßig ergangen.

60

2.2.1. Da der Bescheid in Ausführung eines Beschlusses der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) als Organ der Antragsgegnerin erging, war hierfür gemäß § 44 Abs. 3 Nr. 8 LMG deren Direktor zuständig. Einer Beteiligung der Gremien der Antragsgegnerin bedurfte es nicht.

61

2.2.2. Die Antragsgegnerin hat auch das im Rundfunkstaatsvertrag vorgesehene Verfahren der Medienkontrolle eingehalten.

62

Gemäß § 36 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 RStV ist die ZAK für Aufsichtsmaßnahmen gegenüber privaten bundesweiten Veranstaltern zuständig, soweit nicht die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) zuständig ist. Dabei dient die ZAK nach § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 2 RStV der zuständigen Landesmedienanstalt als Organ bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 36 RStV. Gegenüber den anderen Organen der zuständigen Landesmedienanstalt sind die Beschlüsse der ZAK nach § 35 Abs. 9 Satz 5 RStV bindend und innerhalb der von der ZAK gesetzten Frist zu vollziehen (§ 35 Abs. 9 Satz 6 RStV). Zu ihrer Wirksamkeit gegenüber den privaten Rundfunkanbietern im Außenverhältnis bedarf es der Umsetzung durch die Landesmedienanstalt gemäß § 38 Abs. 2 RStV.

63

Dieses stark formalisierte und abgestufte Verfahren, mit dem zwar keine bundeseinheitliche Medienaufsicht geschaffen wurde, aber gleichwohl eine Vereinheitlichung und Zentralisierung der Zulassung und der Aufsicht im Bereich der bundesweiten Anbieter erreicht werden soll (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 26. Juli 2012 – 7 CS 12.817 –, juris), bedingt es, dass im Rahmen der Anfechtung eines Beanstandungsbescheides der Landesmedienanstalt inzident die zugrunde liegende Entscheidung der ZAK zu überprüfen ist (s. Urteil der Kammer vom 4. Juni 2013 – 5 K 429/12.NW –, juris). Danach liegt hier dem angefochtenen Bescheid der Antragsgegnerin die erforderliche Beschlussfassung der ZAK zugrunde. An der Wirksamkeit des einstimmig im schriftlichen Umlaufverfahren gemäß § 4 Abs. 5 der Geschäfts- und Verfahrensordnung der ZAK (GVO-ZAK) vom 26. Juni 2018 gefassten Beschlusses bestehen keine Zweifel, insbesondere waren alle vierzehn ZAK-Mitglieder ordnungsgemäß vertreten (s. Blatt 144 – 157 der Verwaltungsakte).

64

Die Beschlussfassung genügt auch den Anforderungen des § 35 Abs. 9 Satz 3 und 4 RStV. Danach sind die Beschlüsse der Organe der Landesmedienanstalt zu begründen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen. Die Begründungspflicht richtet sich an die ZAK selbst; die ordnungsgemäße Begründung des umsetzenden Bescheids der Antragsgegnerin kann die Begründung durch die ZAK nicht ersetzen (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 19. September 2013 – 7 B 12.2358 –, DVBl 2014, 108). Allerdings kann die Begründungspflicht auch dadurch erfüllt werden, dass die ZAK der von der zuständigen Landesmedienanstalt vorgelegten Beschlussvorlage einschließlich einer darin enthaltenen Begründung des vorgeschlagenen Beschlusses durch Bezugnahme zustimmt. Dann müssen eine solche Bezugnahme bzw. Verweisung und der Wille, sich die Begründung der Beschlussvorlage zu eigen zu machen, aus der Niederschrift über den Beschluss der ZAK oder aus sonstigen Unterlagen klar und unmissverständlich hervorgehen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Juni 2015 – 13 A 1215/12 –, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. April 2014 – 2 A 10894/13.OVG –, AfP 2014, 378; Bay. VGH, Urteil vom 19. September 2013 – 7 B 12.2358 –, DVBl 2014, 108). Vorliegend haben sich die Mitglieder der ZAK die Begründung des Bescheidentwurfs der Antragsgegnerin klar und unmissverständlich zu Eigen gemacht.

65

2.2.3. Die Antragstellerin wurde vor Erlass des Bescheids vom 17. Juli 2018 auch mit Schreiben vom 07. Mai 2018 gemäß § 27 Abs. 1 LMG, der § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG – i.V.m. § 28 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – als speziellere Norm vorgeht, angehört.

66

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin war eine gesonderte Anhörung der A... Ltd. nicht erforderlich. Anzuhören nach § 28 Abs. 1 VwVfG sind nur Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens. Wer zum Kreis der Beteiligten in einem Verwaltungsverfahren gehört, bestimmt sich ausschließlich nach § 13 VwVfG (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 2002 – 3 C 28/01 –, NVwZ 2003, 354). In Betracht käme hier allein eine Hinzuziehung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG. Danach sind Beteiligte diejenigen, die nach § 13 Abs. 2 VwVfG von der Behörde zu dem Verfahren hinzugezogen worden sind, d.h. Dritte, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können (einfache Hinzuziehung) oder für die der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung hat (notwendige Hinzuziehung). Der Anspruch auf Anhörung entsteht erst mit der Hinzuziehung des Dritten nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG; eine materielle Rechtsbetroffenheit allein genügt hierfür nicht (Kallerhoff/Mayen, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 28 Rn. 33).

67

Eine gemäß § 13 VwVfG mögliche, aber im Ermessen der Behörde stehende einfache oder notwendige Hinzuziehung der A... Ltd. drängt sich vorliegend nicht derart auf, dass das der Antragsgegnerin insoweit eingeräumte Ermessen auf Null reduziert wäre. Das Verbot der Ausstrahlung von Werbung der A... Ltd. ist an die Antragstellerin adressiert und berührt die A... Ltd. allenfalls mittelbar und erst recht nicht rechtsgestaltend im Sinne des § 13 Abs. 2 Satz 2 VwVfG. Ob die Beanstandungsverfügung die A... Ltd. in ihren rechtlichen, also subjektiven und nicht nur ideellen Interessen überhaupt berührt, bedarf hier keiner Entscheidung, denn die Antragstellerin kann sich weder auf die Verletzung und erst recht nicht auf die „Berührung“ subjektiver Interessen der A... Ltd. berufen (s. VG Schleswig, Beschluss vom 04. Oktober 2018 – 11 B 107/18 –).

68

2.3. Die Voraussetzungen für ein medienrechtliches Einschreiten nach § 38 Abs. 2 RStV i.V.m. § 27 Abs. 1 LMG liegen offensichtlich vor.

69

Nach § 41 Abs. 1 Satz 4 RStV – dieser hat nur deklaratorische Bedeutung, da die tatbestandlich einschlägigen Gesetze ohnehin gelten (vgl. Cornils, in: Binder/Vesting, a.a.O., § 41 Rn. 1) – sind die Vorschriften der allgemeinen Gesetze und die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der persönlichen Ehre einzuhalten. Zu den „allgemeinen Gesetzen“ im Sinne des § 41 Abs. 1 Satz 4 RStV zählt auch § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV, wonach Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen (§ 7 RStV), im Internet sowie über Telekommunikationsanlagen verboten ist.

70

2.3.1. Die Antragstellerin hat mit der Ausstrahlung des Werbespots für „l... gratis“ in ihrem Vollprogramm „Sat.1“ gegen die zuletzt genannten Vorschriften verstoßen.

71

2.3.1.1. Bei § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV handelt es sich um ein generelles Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (Bay. VGH, Beschluss vom 21. August 2018 – 10 CS 18. 1211 –, juris). § 5 Abs. 3 GlüStV verbietet jegliche Werbung für Glücksspiele im Fernsehen. Dieses Verbot beinhaltet auch die Information über die Existenz eines Glücksspiels, ohne dass es besonders angepriesen wird (Bay. VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 – 10 BV 09.2259 – juris).

72

Der Begriff der Werbung ist im Glücksspielstaatsvertrag nicht legal definiert. Bei der Auslegung dieses Begriffs kann aus glücksspielaufsichtsrechtlicher Sicht jedoch auf den im Wettbewerbsrecht geltenden Werbebegriff zurückgegriffen werden (s. Hecker/Ruttig, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Auflage 2013, § 5 Rn. 33). Werbung ist danach in Übereinstimmung mit Art. 2 Buchstabe a der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern“ (vgl. BGH, Urteil vom 12. September 2013 – I ZR 208/12 –, MDR 2014, 45). Werbung zeichnet sich demnach durch zwei Elemente aus: Sie wird entweder gegen eine Gegenleistung Dritter oder als Eigenwerbung ausgestrahlt und erfolgt in der Absicht, den Absatz von Waren oder Dienstleistungen anzuregen. Der Begriff der Werbung ist weit zu verstehen und erfasst jede Art von Werbung, außer den unmittelbar produktbezogenen Angeboten und Nachfragehandlungen also auch Maßnahmen der mittelbaren Absatzförderung, beispielsweise in Form der Imagewerbung (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2018 – VI ZR 225/17 –, juris; Bay. VGH, Beschluss vom 21. August 2018 – 10 CS 18.1211 –, juris).

73

2.3.1.2. Unter Zugrundelegung dieser Kriterien stellt die Werbung für „l...gratis“ im Programm „Sat.1“ der Antragstellerin nach dem insoweit maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont zumindest mittelbar auch Werbung für das im Fernsehen verbotene öffentliche Glücksspiel „l...com“ dar. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat dazu in seinem Beschluss vom 21. August 2018 – 10 CS 18.1211 –, juris u.a. Folgendes ausgeführt:

74

„Die Bewertung der von der Antragstellerin (A... Ltd., Ergänzung der Kammer) geschalteten Werbung als mittelbare Produktwerbung für das Angebot https://www.l...com ergibt sich schon aus der Verwendung des Schlüsselbegriffs „B“. Abzustellen ist dabei nicht auf die jeweilige Wort-Bild-Marke, sondern auf den akustisch und optisch wahrnehmbaren Begriff „B“. Der Namensteil „Lotto“ steht im Hinblick auf das öffentlich-rechtliche Angebot „Lotto 6 aus 49“ als Synonym für Lotterieprodukte, so dass aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts mit der Werbung für „B“ eine Werbung für Lotterieprodukte verbunden wird. Auf die farbliche und graphische Gestaltung des Schlüsselbegriffs bzw. der Marke kommt es dabei nicht entscheidend an, weil im Mittelpunkt das beworbene Produkt, die Lotterie, und nicht der Anbieter steht. Dies gilt ungeachtet der markenrechtlichen Beurteilung und der unterschiedlichen Gestaltung der Wort-Bild-Marke (...). Der Namenszusatz „gratis“ ist nicht geeignet, bei dem betroffenen Adressatenkreis der Produktwerbung den Eindruck verschiedener Produktanbieter oder Produkte zu erwecken und „l...gratis“ als vom Angebot „B“ unabhängigen Anbieter mit anderen Produkten zu kennzeichnen bzw. zu unterscheiden. Dieser Zusatz erweckt allenfalls den Eindruck, dass unter der Domain bzw. Marke „l...gratis“ die Glücksspielangebote von „l...com“ kostenlos angeboten werden (...). Verstärkt wird dies dadurch, dass das Gratisangebot der Antragstellerin nach den Feststellungen im Bescheid vom 11. April 2018 und im Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 30. Mai 2018 dieselben Lotterien bewirbt bzw. mit Wetten auf den Ausgang der jeweiligen Lotterien geworben wird, wie sie auch im Angebot der B... Ltd. unter https://www.l...com zu finden sind, also das Gewinnspielangebot der Antragstellerin insoweit mit dem Glücksspielangebot von „l...com“ identisch ist (....). Eine Differenzierung der Produktpalette lässt sich bezogen auf die sog. Zweitlotterien im Werbespot nicht feststellen. Erst aus den Teilnahmebedingungen auf der Website von „l...gratis“ wird deutlich, dass lediglich einmal im Monat kostenfrei auf das Ergebnis der jeweiligen Lotterie gewettet werden kann, während auf https://www.l...com eine unbegrenzte Anzahl von Wetten auf den Ausgang derselben Lotterien kostenpflichtig abgegeben werden kann. Dafür, dass der Werbeauftritt der Antragstellerin für ihr Gratisangebot von den angesprochenen Adressaten als Werbung für das im Wesentlichen kommerzielle Angebot unter https://www.l...com wahrgenommen wird, spricht zudem, dass sie in den Werbespots die nur für Glücksspiele erforderlichen Hinweise auf die Spielteilnahme ab 18 Jahren und die Suchtgefahren einblendet, obwohl sie sich vehement dagegen wendet, ihr Gratisangebot als Glücksspiel im Sinne des § 3 GlüStV einzuordnen und der Hinweis somit nicht erforderlich wäre.

75

... Auch können die Werbespots der Antragstellerin – ... – zu einer besonderen Anreizwirkung für die Teilnahme an entgeltlichem Glücksspiel führen, weil sich die beiden Angebote nur durch die Entgeltlichkeit unterscheiden. Durch die nur eingeschränkt mögliche unentgeltliche Teilnahme am Gewinnspiel der Antragstellerin (einmal pro Monat) ist mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass sich der angesprochene Adressatenkreis zu einer (weiteren) entgeltlichen Spielteilnahme bei https://www.l...com entschließt, wenn er – wie beabsichtigt – Gefallen an den Zweitlotterien findet. Auch bietet die Website der Antragstellerin über die Eröffnung einer einmaligen kostenlosen Tippmöglichkeit pro Monat für bestimmte, auch von https://www.l...com angebotene Zweitlotterien hinaus keine Dienstleistungen, Informationen oder Gewinnspiele, die sie von https://www.l...com unterscheiden und als eigenes, von https://www.l...com unabhängiges Angebot erkennbar machen würden.

76

... Der Antragsgegner hat auch zutreffend angenommen, dass es bei der dem Werbebegriff immanenten Werbeabsicht (Ziel der Absatzförderung) nicht auf die subjektive Einschätzung des Werbenden ankommt, sondern die subjektive Komponente im Sinne einer objektiven Zweckrichtung zu verstehen ist. Die Antragstellerin kann mit dem Werbespot nur dann das Ziel der entgeltlichen Absatzförderung verfolgen, wenn die Werbung objektiv geeignet ist, den Warenabsatz oder die Dienstleistungserbringung zugunsten des Werbenden bzw. des Dritten, für den er werben will, zu fördern. Erforderlich ist daher eine objektive Förderungseignung. Auch muss die Äußerung nicht unmittelbar auf die Absatzförderung gerichtet sein, vielmehr genügt bereits eine mittelbare Förderung, so dass die reine Imagewerbung (Aufmerksamkeitswerbung) erfasst ist (...). Insoweit ist auf die Sicht der angesprochenen Verkehrskreise (...) abzustellen. Die Frage, ob es sich um Werbung für ein bestimmtes Produkt handelt, ist aus Sicht eines durchschnittlich informierten und verständigen Mitglieds des angesprochenen Verkehrskreises, der einer Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit schenkt, zu beantworten. Insoweit kommt es daher nicht darauf an, ob der betroffene Adressatenkreis die Werbung für „l...gratis“ mit einer Werbung für https://www.l...com „verwechselt“, sondern ob aus der Sicht des angesprochenen Verkehrskreises die Werbung für https://l...gratis (auch) als Werbung für https://www.l...com verstanden wird, die Antragstellerin mit ihrer Werbung für „l...gratis“ also zugleich auf die Produkte von https://www.l...com aufmerksam macht. Dies ist mit Blick auf den identischen Schlüsselbegriff und das auf die genannten Zweitlotterien bezogene identische Produktangebot zu bejahen (s.o.). Dafür spricht auch, dass die Antragstellerin in den entsprechenden Werbespots ihr Logo „l...gratis“ mit demselben grünen Farbton umgibt, in dem das Schriftbild von „B“ gehalten ist, und so auch optisch eine Verbindung zwischen den beiden Angeboten herstellt. Die Annahme des Verwaltungsgerichts und des Antragsgegners, für die fehlende Unterscheidbarkeit des Angebots von „l...gratis“ und „www.l...com“ für den „Verbraucher“ sprächen zudem die Trefferlisten bei der Eingabe des entsprechenden Schlüsselbegriffes in eine Suchmaschine, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Da es sich beim Gewinnspiel der Antragstellerin und den Produkten von „l...com“ um Angebote, die nur im Internet gespielt werden können, handelt, werden die betroffenen Verbraucherkreise für den Aufruf der betreffenden Website den Schlüsselbegriff “B“ oder „l...gratis“ eingeben, und dann in der Regel auf das Angebot von „l...com“ stoßen. Auch dies lässt den Rückschluss zu, dass es sich bei den von der Antragstellerin angebotenen Gratiswetten nicht um ein von „l...com“ verschiedenes Angebot eines anderen Unternehmens handelt. Vielmehr entsteht der Eindruck, dass „l...gratis“ ein werbestrategischer Ableger von „l...com“ ist, der Gratistipps anbietet. Die unter demselben Schlüsselbegriff bei einer Internet-Recherche auftauchenden Bewertungen der Gratisangebote im Bereich der Zweitlotterien gehen daher auch dahin, dass der Zweck von „l...gratis“ vor allem darin besteht, auf das kostenpflichtige Angebot unter https://www.l...com aufmerksam zu machen bzw. das Gratisangebot von „l...com“ darstellt oder nur dazu dient, Adressen „abzufischen“.“

77

Die erkennende Kammer schließt sich der dargestellten Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs trotz der von der Antragstellerin dagegen erhobenen Einwände an (s. ebenso Bay. VGH, Beschluss vom 21. September 2018 – 7 CE 18.1722 –; VG München, Beschluss vom 05. September 2018 – M 17 S 18.3843 –; VG Schleswig, Beschluss vom 04. Oktober 2018 – 11 B 107/18 –). Die aufgezählten Fakten und Umstände lassen ohne Zweifel den von der Antragsgegnerin gezogenen Schluss zu, dass es das Angebot „B...gratis.de“ und die dafür geschaltete Werbung nur deshalb gibt, um Werbung für „l...com“ zu machen. Das VG Schleswig hat in seinem Beschluss vom 04. Oktober 2018 – 11 B 107/18 – überzeugend ausgeführt, dass der Begriff „B“, der die Angebote von „l...gratis“ und „l...com“ weit überwiegend prägt, eine Wortneuschöpfung darstellt. Diesen Begriff gibt es weder im deutschen Wortschatz noch sonst im allgemeinüblichen Sprachgebrauch. Verwendet der Anbieter eines Gratisgewinnspiels diesen Begriff in seinem Angebotstitel, so ist die Verbindung, die ein objektiver Empfänger zu dem Angebot des Wortmarkeninhabers unter „l...com“ ziehen wird, zwangsläufig. Denn etwas Anderes/ Eigenständiges kann der Empfänger mangels Existenz des Begriffs „B“ in einem anderen Zusammenhang gar nicht verbinden. Selbst wenn der Empfänger von dem Angebot von „l...com“ keine Kenntnis hat, wird er spätestens bei Nutzung der Internetsuchmaschinen unabwendbar auf das Angebot von „l...com“ geführt.

78

Die Argumentation der Antragstellerin, die sich dahin verstehen lässt, dass die herausgestellten Zusammenhänge der Angebote „l...com“ und „l...gratis“ ungewollte Zufälle seien, erscheint ungeachtet des Umstands, dass sich derzeit gesellschaftsrechtliche Verbindungen der jeweiligen Anbieter der Gewinnspiele/ Glücksspiele nicht nachweisen lassen, lebensfremd (so zutreffend VG Schleswig, Beschluss vom 04. Oktober 2018 – 11 B 107/18 –).

79

Soweit sich die Antragstellerin zur Stützung ihrer gegenteiligen Rechtsauffassung weiterhin auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. März 2015 – 7 BV 13.2153 –, juris beruft, kann sie damit nicht durchdringen. In dem Fall ging es u.a. um die Frage, ob in der Sendung „Poker After Dark“ mit der Werbung für die Internetseite „www.fulltiltpoker.net“ zugleich Werbung für die Internetseite „www.Fulltiltpoker.com“ gemacht wurde. Die Webseite „www.fulltiltpoker.net“ enthielt ein kostenloses Angebot für Pokerspieler, das ausschließlich der Unterhaltung diente und Übungsmöglichkeiten sowie eine Plattform für den Erfahrungsaustausch zur Verfügung stellte. Dagegen wurde auf der Internetseite „www.Fulltiltpoker.com“ auch die Möglichkeit angeboten, um Geld zu pokern. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof vertrat in der genannten Entscheidung die Ansicht, bei den jeweiligen Angeboten von „Fulltiltpoker.net“ und „Fulltiltpoker.com“ handele es sich um gleichrangige Angebote, so dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass wegen der Ähnlichkeit der Schriftzüge zugleich für das jeweils andere Angebot mitgeworben werde. Der Sendung könne keine Anreizwirkung für die Teilnahme an entgeltlichem Glücksspiel entnommen werden, das durch die Marke „Fulltiltpoker“ befriedigt werden könnte. Ein Bekanntheitsgrad des Namens und des Schriftzuges „Fulltiltpoker“, der hinreichen würde, es nach der Verkehrsauffassung als „Dachmarke“ für viele Einzelangebote zu sehen, sei nicht erkennbar. Die Werbung beschränke sich daher auf das kostenlose Angebot von „Fulltiltpoker.net“.

80

Diese Erwägungen sind nach Ansicht der Kammer nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar (s. auch Bay. VGH, Beschluss vom 21. September 2018 – 7 CE 18.1722 –; VG München, Beschluss vom 05. September 2018 – M 17 S 18.3843 –; VG Schleswig, Beschluss vom 04. Oktober 2018 – 11 B 107/18 –). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 21. August 2018 – 10 CS 18.1211 –, juris, überzeugend hervorgehoben, dass aus der entscheidenden Sicht der Verbraucher dem Begriff „B“ eine prägende Bedeutung zukommt und die TV-Werbespots im Wesentlichen den Bekanntheitsgrad der Marke „B“ stärken. Im Unterschied zu den Angeboten von „Fulltiltpoker.net“ und „Fulltiltpoker.com“ handelt es sich bei den Angeboten von „l...gratis.de“ und „l...com“ nicht um „gleichrangige Angebote“, denn hinsichtlich des Angebots „l...gratis“ ist ein eigenständiger, dauerhafter Spielzweck nicht erkennbar.

81

Zu keinem anderen Ergebnis gelangt die Kammer im Übrigen, wenn statt des wettbewerbsrechtlichen Werbebegriffs der rundfunkrechtliche Werbebegriff zugrunde gelegt wird. Gemäß § 2 Abs. 7 RStV ist Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs, die im Rundfunk von einem öffentlich-rechtlichen oder einem privaten Veranstalter oder einer natürlichen Person entweder gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung gesendet wird, mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt zu fördern. Der rundfunkrechtliche Werbebegriff erweitert daher den wettbewerbsrechtlichen Werbebegriff lediglich um die Hinweise auf die Sendung im Rundfunk und die Entgeltlichkeit (s. VG Schleswig, Beschluss vom 04. Oktober 2018 – 11 B 107/18 –).

82

2.3.1.3. Die Antragstellerin hat folglich mit der Ausstrahlung des Werbespots am 12. November 2017 Werbung für unerlaubtes Glücksspiel im Fernsehen betrieben.

83

Das Glücksspiel war unerlaubt, weil die Veranstalterin „l...com“ nicht die hierfür erforderliche Erlaubnis für Rheinland-Pfalz besitzt, wie sie § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV voraussetzt. Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV, wonach öffentliche Glücksspiele nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des Landes veranstaltet und vermittelt werden dürfen, unabhängig von der Wirksamkeit des staatlichen Glücksspielmonopols besteht (BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 – 8 C 13/09 –, NVwZ 2011, 549; OVG Rheinland-Pfalz, Beschlüsse vom 19. Oktober 2011 – 6 A 10511/11.OVG – und vom 6. Februar 2012 – 6 B 11350/11.OVG –).

84

Der Umstand, dass ein privater Veranstalter der beworbenen Glücksspiele über von EU-Ländern ausgestellte Glücksspiellizenzen verfügt, vermag nichts daran zu ändern, dass es sich um in Rheinland-Pfalz unerlaubtes Glücksspiel handelt. Dabei lässt sich die Geltung ausländischer Konzessionen in Deutschland auch nicht aus Unionsrecht ableiten (s. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 – C-316/07 –, NVwZ 2010, 1409; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 – 8 C 13/09 –, NVwZ 2011, 549). Da die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union im Glücksspielbereich unabhängig vom jeweiligen Schutzniveau nicht dazu verpflichtet sind, Genehmigungen gegenseitig anzuerkennen, sind sie berechtigt, die Beantragung einer nationalen Erlaubnis auch dann zu fordern, wenn der Anbieter bereits über eine Konzession eines anderen Mitgliedsstaates verfügt (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 – C-316/07 –, NVwZ 2010, 1409). Der Erlaubnisvorbehalt dient u.a. den unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung (s. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 39/12 –, juris). Ein solches Erlaubnisverfahren ermöglicht die präventive Prüfung, ob u.a. die für die Tätigkeit erforderliche persönliche Zuverlässigkeit vorliegt und die Anforderungen des Jugend- und Spielerschutzes beachtet werden (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 2. März 2017 – Az. 10 CS 16.2149 –).

85

Die Werbebeschränkungen und Verbote des Glücksspielstaatsvertrags sind mit dem nationalen Verfassungsrecht vereinbar und können damit taugliche Rechtsgrundlage sein. Der Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Grundgesetz – GG –) ist durch wichtige Gemeinwohlziele gerechtfertigt, nämlich dem Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren der Glückspielsucht und vor der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 – 1 BvR 928/08 –, NVwZ 2008, 1338). Die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages sind die Suchtbegrenzung (§ 1 Nr. 1 GlüStV), die Begrenzung des Glückspielangebots und die Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV), der Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV), die Betrugsvorbeugung (§ 1 Nr. 4 GlüStV) sowie die Vorbeugung von Gefahren beim Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten (§ 1 Nr. 5 GlüStV). Werbung darf aber nicht mittels Medien erfolgen, die aufgrund ihrer Reichweite in besonderem Maße zum Gefährdungspotential von Glücksspielen beitragen. Das ist bei der Werbung im Fernsehen der Fall. Darüber hinaus wird hier ein Online-Glücksspielangebot beworben, das neben der leichten Verfügbarkeit keinerlei geographische Grenzen aufweist und damit besonders gefährdend wirken kann. Damit verfolgt der Glücksspielstaatsvertrag ein legitimes Ziel, dessen Werbebeschränkungen und Verbote geeignet und erforderlich sind, dieses Ziel zu erreichen. Ein Verstoß gegen das Verfassungsrecht ist demnach nicht per se anzunehmen. Vielmehr können die Behörden im Einzelfall durch eine verfassungskonforme Auslegung den grundgesetzlichen Vorgaben Rechnung tragen, da der Glücksspielstaatsvertrag Ausnahmeregelungen wie etwa in § 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV vorsieht (VG Regensburg, Beschluss vom 30. Mai 2018 – RO 5 S 18.681 –, juris).

86

Auch Unionsrecht steht der Zulässigkeit von Werbebeschränkungen und Verboten des Glücksspielstaatsvertrags nicht entgegen. Die Antragsgegnerin weist zutreffend darauf hin, dass sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 04. Februar 2016 – C-336/14 –, NVwZ 2016, 369 nicht die Unanwendbarkeit eines verwaltungsrechtlichen Erlaubnisverfahrens ergibt (s. auch VG Regensburg, Beschluss vom 30. Mai 2018 – RO 5 S 18.681 –, juris; VG München, Beschluss vom 5. September 2018 – M 17 S 18.3843 –). Nach der genannten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs hindert die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV – einen Mitgliedstaat daran, die ohne Erlaubnis erfolgte Vermittlung von Sportwetten in seinem Hoheitsgebiet an einen Wirtschaftsteilnehmer, der in einem anderen Mitgliedstaat eine Lizenz hat, zu ahnden, wenn die Erteilung einer Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten daran geknüpft ist, dass der Wirtschaftsteilnehmer eine Konzession nach einem Verfahren erhält und das vorlegende Gericht feststellt, dass dieses Verfahren den Gleichbehandlungsgrundsatz, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und das daraus folgende Transparenzgebot nicht beachtet hat, und soweit trotz des Inkrafttretens einer nationalen Bestimmung, nach der privaten Teilnehmern eine Konzession erteilt werden kann, die von den nationalen Gerichten für unionsrechtswidrig befundenen Bestimmungen, mit denen ein staatliches Monopol auf die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten eingeführt wurde, faktisch weiter angewendet werden. Diese Feststellung des Europäischen Gerichtshofs betrifft lediglich im Besonderen die strafrechtliche und damit repressive Ahndung einer ohne erforderliche behördliche Erlaubnis aufgenommenen Vermittlung von Sportwetten. Aus ihr kann hingegen nicht allgemein die Unvereinbarkeit von Bestimmungen eines Mitgliedstaates zur präventiven Gefahrenabwehr hinsichtlich anderer Glücksspielbereiche mit Unionsrecht abgeleitet werden (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 12. Dezember 2016 – 11 ME 157/16 –, ZfWG 2017, 54 und Beschluss vom 18. Juni 2018 – 11 LA 237/16 –, juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 09. März 2017 – 4 Bs 241/16 –, ZfWG 2017, 404). Zwar ging der Europäische Gerichtshof davon aus, dass trotz des Konzessionsverfahrens ein europarechtswidriges Sportwettenmonopol faktisch fortbestand. Dies führt aber nur dazu, dass eine strafrechtliche Sanktion eines Glücksspiels ohne Erlaubnis nicht erfolgen kann. Unter „ahnden“ versteht der Europäische Gerichtshof auch in dieser Entscheidung eine strafrechtliche Sanktion. Der Europäische Gerichtshof ist in dieser Entscheidung dem Antrag des Generalanwaltes nicht gefolgt, der der Auffassung war, dass ein faktisches europarechtswidriges Sportwettenmonopol auch zur Unanwendbarkeit eines verwaltungsrechtlichen Erlaubnisvorbehalts führen müsste. Damit hat der Europäische Gerichtshof seine frühere Rechtsprechung nicht aufgegeben. Er hat wiederholt entschieden, dass Beschränkungen der Spieltätigkeit durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein können (vgl. EuGH, Urteil vom 06. November 2003 – C-243/01 –, NVwZ 2004, 87; EuGH, Urteil vom 06. März 2007 – C-338/04, C-359/04 und C-360/04 –, NJW 2007, 1515; EuGH, Urteil vom 22. Juni 2017 – C-49/16 –, ZfWG 2017, 388). Zu den Beschränkungen können auch Werbeverbote für Glückspiele im Fernsehen gehören.

87

Auch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juni 2016 – 8 C 5/15 –, NVwZ 2017, 326 führt nicht zu einer Unanwendbarkeit des Erlaubnisvorbehalts nach § 4 Abs. 1 und 2 GlüStV. Danach kann das Fehlen einer Erlaubnis nicht die Untersagung der Sportwettenvermittlung rechtfertigen, wenn das für Private für eine Übergangszeit bis zur Anwendung einer glücksspielrechtlichen Neuregelung eröffnete Erlaubnisverfahren nicht transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet ist oder praktiziert wird und deshalb faktisch ein staatliches Sportwettenmonopol fortbesteht. Für den Bereich der hier maßgeblichen „Zweitlotterien“ ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass das vorgesehene Erlaubnisverfahren insgesamt nicht transparent oder diskriminierungsfrei ausgestaltet ist. Im Übrigen besteht im Bereich der sog. „Zweitlotterien“ keine staatliche Monopolstellung. Die Hürden im Erlaubnisverfahren sind auch nicht derart unüberwindbar, dass ein faktisches Monopol entsteht (OVG Hamburg, Beschluss vom 09. März 2017 – 4 Bs 241/16 –, ZfWG 2017, 404).

88

Der Erlaubnisvorbehalt ist somit anwendbar. Da, wie ausgeführt, die B... Ltd. nicht über die erforderliche Erlaubnis für die Werbung im Fernsehen für die angebotenen Glückspiele verfügt, ist der Tatbestand der Beanstandungsbefugnis erfüllt.

89

2.3.2. Die Beanstandungsverfügung ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht offensichtlich unverhältnismäßig oder ermessensfehlerhaft.

90

Da ein Verstoß gegen § 5 Abs. 3 GlüStV vorliegt, ist die Antragsgegnerin gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 RStV zur Einleitung von Aufsichtsmaßnahmen gegen die Antragstellerin verpflichtet. Lediglich die Wahl des konkreten Aufsichtsmittels steht im Ermessen der zuständigen Medienaufsicht (BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2016 – 6 C 9/15 –, NVwZ-RR 2016, 773). Erforderlich sind dabei Maßnahmen, die einerseits geeignet sind, den Verstoß gegen staatsvertragliche Bestimmungen zu beseitigen, und die andererseits den bundesweiten Anbieter nicht über Gebühr belasten; die Aufsichtsmaßnahme muss verhältnismäßig sein (vgl. Schuler-Harms, in: Hahn/Vesting, a.a.O., § 38 Rn. 23).

91

2.3.2.1. Die Antragstellerin kann zunächst nicht mit ihrem Einwand, die streitgegenständliche Verfügung sei unverhältnismäßig, da die Antragsgegnerin gegen die Gemeinsame Leitlinien der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder und der Landesmedienanstalten zur Zusammenarbeit bei der Aufsicht über Glücksspielwerbung im privaten Rundfunk und Telemedien privater Anbieter vom 17. Juli 2014 verstoßen habe, durchdringen.

92

Die genannten „Leitlinien“ sollen dazu dienen, die Zusammenarbeit der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder und der Landesmedienanstalten im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben zu erleichtern (vgl. Präambel der Leitlinien). Nach Maßgabe dieser Vereinbarung soll im Fall von Werbung, die in bundesweiten Angeboten des privaten Rundfunks verbreitet wird, die Feststellung eines Verstoßes gegen die Regelungen nach § 5 GlüStV durch die Glücksspielaufsicht im Benehmen mit den zuständigen Landesmedienanstalten erfolgen (A. III. 2. der Leitlinien). Bei Verstößen von Veranstaltern und Vermittlern öffentlichen Glücksspiels gegen die Anforderungen an Art und Umfang der Werbung im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 GlüStV werden die Glücksspielaufsichtsbehörden gegenüber den Veranstaltern und Vermittlern öffentlichen Glücksspiels im Rahmen der Gesetze tätig. Um ein möglichst gleichgerichtetes und gleichzeitiges Vorgehen von Glücksspiel- und Medienaufsicht zu gewährleisten, sollen, wenn eine vollziehbare glücksspielrechtliche Aufsichtsmaßnahme (Werbe-Beanstandung, Verbot, etc.) verfügt wurde, parallel zu den Glücksspielaufsichtsbehörden die Landesmedienanstalten gegenüber den privaten Fernsehveranstaltern tätig werden, wenn trotzdem die entsprechend beanstandete Werbung gesendet wird (A. V. Satz 1 und 2 Nr. 1 der Leitlinien).

93

Aus diesen Leitlinien folgt, dass im Innenverhältnis zwischen Glücksspielaufsichtsbehörden und Landesmedienanstalten die Landesmedienanstalten erst dann gegenüber den ihrer Aufsicht unterliegenden Rundfunkveranstaltern tätig werden sollen, wenn die für Auslegung und Vollzug des Glücksspielstaatsvertrags zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörden – hier die gemäß § 15 Abs. 5 LGlüG zuständige Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV i.V.m. § 13 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3 LGlüG – gegenüber den Glücksspielanbietern in Bezug auf deren Werbung für Glücksspiel im Fernsehen tatsächlich eingeschritten sind und vollziehbare Aufsichtsmaßnahmen erlassen haben (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 02. April 2015 – 7 B 14.1961 –, ZfWG 2015, 247).

94

Vorliegend hat die Antragsgegnerin gegen die Antragsteller eine medienaufsichtsrechtliche Beanstandung erlassen, bevor die zuständige rheinland-pfälzische Glücksspielaufsichtsbehörde gegen die A... Ltd. oder die B... Ltd. vorgegangen ist. Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand des Gerichts liegen gegen das Angebot der A... Ltd. bisher jedenfalls vollziehbare glückspielrechtliche Untersagungsverfügungen aus den Bundesländern Bayern und Niedersachsen vor. Ferner sind in den Bundesländern Bayern, Niedersachsen und Saarland auch vollziehbare glücksspielrechtliche Untersagungsverfügungen gegen das Angebot der B... Ltd. ergangen.

95

Soweit die Antragstellerin moniert, es liege mangels Vorliegens einer vorrangigen glücksspielaufsichtsrechtlichen Verfügung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion gegenüber der A... Ltd. ein Verstoß gegen die Leitlinien vor, kann sie damit nicht gehört werden. Ohne näher darauf einzugehen, ob hier überhaupt ein inhaltlicher Verstoß gegen die genannten Leitlinien gegeben ist, ist festzuhalten, dass die Leitlinien, bei denen es sich nicht um verbindliche Rechtsnormen handelt (s. auch VG München, Beschluss vom 05. September 2018 – M 17 S 18.3843 –), nicht geeignet sind, eine Einschränkung der gesetzlich angeordneten umfassenden Kontrollzuständigkeit der Medienaufsicht nach dem Rundfunkstaatsvertrag herbeizuführen. Da § 38 Abs. 2 RStV eine eigenständige gesetzliche Eingriffsbefugnis normiert und hinsichtlich der Frage des „ob“ des Einschreitens der Medienaufsicht keinerlei Ermessen besteht, kann auch unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung kein Verstoß hergeleitet werden (vgl. auch VG Schleswig, Beschluss vom 04. Oktober 29018 – 11 B 107/18 –). Die Antragsgegnerin war daher gesetzlich nicht verpflichtet, mit dem Einschreiten zuzuwarten, bis die Glücksspielaufsicht gegen den Glücksspielanbieter vorgegangen ist.

96

2.3.2.2. Mit der Beanstandung und Untersagung hat die Antragsgegnerin die mildesten Mittel unter den förmlichen Aufsichtsmitteln gewählt; insofern sind Ermessensfehler nicht ersichtlich.

97

Beanstandung und Untersagung waren erforderlich, um die Ziele des Werbeverbots aus § 5 Abs. 3 und 5 GlüStV zu erreichen. Soweit die Antragstellerin einwendet, sie habe den monierten Werbespot nur einmal gesendet und die anschließende Programmbeobachtung der Antragsgegnerin habe keine weiteren Ausstrahlungen mehr festgestellt, kann sie daraus nichts zu ihren Gunsten herleiten. Zum einen ist die Antragstellerin nach wie vor der Ansicht, dass der ausgestrahlte Werbespot keine unerlaubte Werbung darstelle. Zum anderen war sie nicht bereit, auf das Angebot der Antragsgegnerin in deren Anhörungsschreiben vom 7. Mai 2018 einzugehen, eine eidesstattlich versicherte Verzichtserklärung in Bezug auf die Ausstrahlung weiterer Werbespots von „l...gratis“ abzugeben. Hatte die Antragstellerin sich aber im behördlichen Verfahren nicht von der zukünftigen Ausstrahlung der betroffenen Werbung distanziert, so musste die Antragsgegnerin nicht davon ausgehen, dass die Antragstellerin das Senden der Werbung für „l...gratis“ von selbst einstellen würde (vgl. auch VG Schleswig, Beschluss vom 04. Oktober 2018 – 11 B 107/18 –). Die Antragsgegnerin hatte daher nicht nur Anlass zur förmlichen Beanstandung, sondern auch zur Untersagung des Werbespots.

98

Der Eingriff in die Grundrechte der Antragstellerin aus Art. 5 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 1 GG ist verhältnismäßig gering und vor diesem Hintergrund gerechtfertigt.

99

2.3.2.3. Die Antragstellerin kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht darauf berufen, der angefochtene Bescheid verstoße unverhältnismäßig gegen das „Anzeigenprivileg“ und verletze damit ihr Grundrecht auf Rundfunkfreiheit.

100

Zwar hat der Bundesgerichtshof mehrfach entschieden, dass ein Presseunternehmen für die Veröffentlichung gesetzwidriger Werbeanzeigen Dritter nur dann gemäß §§ 8, 9 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb – UWG – haftet, wenn es gegen seine Pflicht zur Prüfung verstoßen hat, ob die Veröffentlichung der Anzeigen gegen gesetzliche Vorschriften verstößt. Bei dem Umfang der Prüfungspflicht sei zu berücksichtigen, dass die Beurteilung von Anzeigen bei der Veröffentlichung unter dem Gebot der raschen Entscheidung stehe. Um die Arbeit von Presseunternehmen nicht über Gebühr zu erschweren und die Verantwortlichen nicht zu überfordern, bestehe daher mit Blick auf die Gewährleistung der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG nur eine eingeschränkte Prüfungspflicht. Sie beschränke sich auf grobe und unschwer erkennbare Rechtsverstöße (s. zuletzt BGH, Urteil vom 05. Februar 2015 – I ZR 136/13 –, NJW 2015, 3377 m.w.N.; vgl. auch Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 36. Auflage 2018, § 9 Rn. 2.3; Goldmann, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 4. Auflage 2016, § 8 Rn. 508).

101

Das dargestellte Presseprivileg kann nach Ansicht der Kammer jedoch nicht auf die vorliegende medien- und glücksspielrechtliche Konstellation übertragen werden. Bei der Antragstellerin handelt es sich um einen privaten Rundfunkveranstalter, der sich als Adressat an die werbebezogenen Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags zu halten hat. Bereits aus diesem Umstand ergibt sich seine Verantwortlichkeit für die von ihm verbreiteten Werbeinhalte (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2016 – 6 C 9/15 –, NVwZ-RR 2016, 773; Bay. VGH, Urteil vom 09. März 2015 – 7 B 14.1605 –, ZUM-RD 2015, 679) und damit auch für die Einhaltung des § 5 Abs. 3 GlüStV. Daraus folgt, dass Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen grundsätzlich verboten ist. Es widerspricht dem Sinn und Zweck der werbebezogenen Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags und des Glücksspielstaatsvertrages, wenn sich die Rundfunkveranstalter ähnlich wie im Wettbewerbsrecht gegenüber der Medienaufsicht auf eine nur eine eingeschränkte Prüfpflicht in Bezug auf fremdproduzierte Werbespots berufen könnten.

102

2.4. Darüber hinaus ist vorliegend auch das besondere Vollzugsinteresse gegeben.

103

Die Notwendigkeit, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden, die Spielsucht zu bekämpfen, und den Jugendschutz zu gewährleisten, wiegt schwerer als die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin, die den Verlust von Werbeeinnahmen in erheblicher Höhe, daraus folgend Einschränkungen im Bereich des werbefinanzierten redaktionellen Programms, den Verlust von Reichweiten und die Abwanderung anderer Werbe- und Kooperationspartner befürchtet (s. auch Bay. VGH, Beschluss vom 21. September 2018 – 7 CE 18.1722 –). Den gesetzlichen Zielen des Glücksspielstaatsvertrags, zu der auch die Vermeidung und Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und des Jugend- und Spielerschutzes gehören (§ 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 GlüStV), ist generell ein höherer Stellenwert beizumessen als der wirtschaftlichen Interessen der Rundfunkveranstalter und ihrer Werbepartner.

104

Der Annahme des überragenden öffentlichen Interesses am Sofortvollzug steht auch nicht die „lange“ Untätigkeit der Antragsgegnerin entgegen. Dies hat keinen faktischen Duldungszustand geschaffen, auf den die Antragstellerin vertrauen durfte. Sie war vielmehr der umfangreichen Abstimmung zwischen den verschiedenen Behörden geschuldet (s. auch VG Schleswig, Beschluss vom 04. Oktober 2018 – 11 B 107/18 –).

105

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

106

Die Festsetzung des Wertes des Verfahrensgegenstandes beruht auf den §§ 52, 53 Gerichtskostengesetz – GKG – (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 21. September 2018 – 7 CE 18.1722 –).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
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published on 12/09/2013 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 208/12 Verkündet am: 12. September 2013 Bürk Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
published on 09/03/2015 00:00

Tenor I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 13. Juni 2013 wird abgeändert. Der Bescheid der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien vom 10. Juni 2011 wird in Nr. 1 Buchstabe b aufgehoben. II. Im Übrigen wird
published on 02/04/2015 00:00

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hint
published on 27/09/2016 00:00

Tenor 1. Der Antrag wird abgelehnt. 2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. 3. Der Streitwert wird auf 10.000 EUR festgesetzt. Gründe I. Die Beteiligten streiten um die Re
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Annotations

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint;
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde;
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll;
4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will;
5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

(1) Beteiligte sind

1.
Antragsteller und Antragsgegner,
2.
diejenigen, an die die Behörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat,
3.
diejenigen, mit denen die Behörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat,
4.
diejenigen, die nach Absatz 2 von der Behörde zu dem Verfahren hinzugezogen worden sind.

(2) Die Behörde kann von Amts wegen oder auf Antrag diejenigen, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, als Beteiligte hinzuziehen. Hat der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung für einen Dritten, so ist dieser auf Antrag als Beteiligter zu dem Verfahren hinzuzuziehen; soweit er der Behörde bekannt ist, hat diese ihn von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen.

(3) Wer anzuhören ist, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, wird dadurch nicht Beteiligter.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.