Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 09. März 2015 - 7 BV 13.2153

published on 09/03/2015 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 09. März 2015 - 7 BV 13.2153
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Verwaltungsgericht München, 17 K 11.6090, 13/06/2013

Gericht

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Tenor

I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 13. Juni 2013 wird abgeändert. Der Bescheid der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien vom 10. Juni 2011 wird in Nr. 1 Buchstabe b aufgehoben.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Verfahrenskosten in beiden Rechtszügen werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in derselben Höhe leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin verbreitet als privater Rundfunkanbieter bundesweit das Fernsehprogramm „Sport 1“, ein Spartenprogramm, das im Wesentlichen Sportsendungen zum Gegenstand hat. Sie wendet sich gegen die mit Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 2011 ausgesprochenen Beanstandungen, die am 12. April 2010 ab etwa 6.30 Uhr ausgestrahlte Sendung „Poker After Dark“ verstoße zum einen gegen das Schleichwerbeverbot des § 7 Abs. 7 Satz 1 des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) i.V.m. Ziffer 4 der Werberichtlinien (WerbeRL) und andererseits gegen das Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen gemäß § 41 Abs. 1 Satz 4 RStV i.V.m. § 5 Abs. 3 des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV).

Die beanstandete Episode der US-amerikanischen Reihe „Poker After Dark“ war im Oktober 2009 in Las Vegas von der Produktionsfirma Real Media LLC aufgezeichnet worden. Sie hat sie der Klägerin auf der Grundlage eines Lizenzvertrags vom 1. Juli 2009 überlassen. Die Produktion selbst, aber auch die Sendung im Programm der Klägerin wurde jeweils von „Fulltiltpoker.net“ gesponsert.

„Fulltiltpoker“ bot sowohl im Zeitpunkt der Produktion der Sendung als auch in dem ihrer Ausstrahlung Poker im Internet an. Die Internetseite „www.fulltiltpoker.net“ enthielt ein kostenloses Angebot für Pokerspieler. Sie diente ausschließlich der Unterhaltung und bot Übungsmöglichkeiten sowie eine Plattform für den Erfahrungsaustausch. Auf der Website „www.fulltiltpoker.com“ konnte um Geld gespielt werden.

Die Sendung „Poker After Dark“ zeigt, wie eine Reihe bekannter Spieler Poker spielen, wobei einzelne Spielzüge kommentiert werden. Am Anfang und am Ende der Sendung sowie vor und nach den Werbeunterbrechungen wurden Sponsorenhinweise ausgestrahlt: „Die weltbesten Pokerspieler bei Poker After Dark – präsentiert von Fulltiltpoker.net“ und „Poker After Dark – präsentiert von Fulltiltpoker.net – lerne, chatte und spiele mit den Profis“. Im Verlauf der Sendung wurde einmal eine als Werbung gekennzeichnete Splitscreen-Werbeeinblendung ausgestrahlt, zweimal wurde der „Fulltiltpoker.net“-Schriftzug bereits kurz vor dem jeweils vor einem Werbeblock gesendeten Sponsorenhinweis eingeblendet, ebenso wie vor einem Einzelspot für „Heads Up – das Pokerduell“, einem Angebot von „Fulltiltpoker.net“. Es gab drei Werbeunterbrechungen, wobei in einem Werbeblock ebenfalls der Spot für „Heads Up – das Pokerduell“ ausgestrahlt wurde. Zweimal wurde – nicht als Werbung gekennzeichnet – das Sendungslogo mit dem Hinweis eingeblendet: „Learn, Chat and Play with the Pros at Fulltiltpoker.net“.

Als Verstoß gegen das Schleichwerbeverbot wurde beanstandet, dass das Logo „Fulltiltpoker.net“ auf der Kleidung von zwei Spielern und das Logo „Fulltiltpoker“, also ohne die Domainendung „. net“, auf dem Spieltisch sowie der Kleidung eines weiteren Spielers abgebildet gewesen seien und dadurch das Dienstleistungsangebot der Marke „Fulltiltpoker“ werblich hervorgehoben worden sei.

Weil mit der Darstellung der Marke „Fulltiltpoker“ mittelbar für das Dienstleistungsangebot „Fulltiltpoker.com“ geworben worden sei, ist zugleich auch ein Verstoß gegen das Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen beanstandet worden.

Die Klage gegen die Beanstandung der Sendung „Poker After Dark“ hat das Verwaltungsgericht mit der Begründung abgewiesen, dass zwar nicht festgestellt werden könne, dass die Klägerin für die gehäufte Darstellung der Marke „Fulltiltpoker“ ein Entgelt bekommen hat. Die Intensität der Darstellung sei auch noch unter dem Gesichtspunkt der aufgedrängten Werbung zu rechtfertigen. Bei einer Gesamtbetrachtung der Sendung sei aber eine eigene Werbeabsicht der Klägerin zu bejahen, womit sie gegen das Verbot von Schleichwerbung verstoßen habe. Die Klägerin habe mit der Übertragung eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt. Insbesondere sei für sie die Gewinnung von „Fulltiltpoker“ als Sendungssponsor von solcher Bedeutung gewesen, dass sie die Platzierung der werblichen Botschaften nicht nur notgedrungen in Kauf genommen habe sondern es ihr ausdrücklich darauf angekommen sei. Für „Fulltiltpoker“ sei das Sponsoring der Sendung deshalb von besonderem Interesse gewesen, weil bereits wegen ihres Eventsponsorings ihre Marke und Dienstleistungen ausführlich dargestellt gewesen seien.

Der Grundsatz der Trennung von Werbung und Programm sei nicht so stringent umgesetzt, dass eine Irreführung des Zuschauers darüber, welche Darstellungen der Klägerin als Rundfunkanbieterin gewissermaßen aufgedrängt und welche bezahlt sind, ausgeschlossen wäre. Der Zweck der Darstellung des „Fulltiltpoker“-Schriftzugs innerhalb der Sendung habe für die Klägerin maßgeblich darin bestanden, die Sendung für „Fulltiltpoker“ als Sendungssponsor attraktiv zu machen.

Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, dass es sich bei der Sendung um eine Fremdproduktion handle. Gerade die Einbettung in ein Sendungssponsoring-Umfeld wäre vermeidbar gewesen.

Die Sendung verstoße gegen das Fernsehwerbeverbot für Glücksspiel des § 5 Abs. 3 GlüStV, das seinerseits nicht gegen Recht der Europäischen Union verstoße. Die Werbung für öffentliches Glücksspiel auf der Internetseite „www.fulltiltpoker.com“ sei mit der Darstellung des Schriftzugs von „Fulltiltpoker“ intendiert. Das Logo der Gesamtmarke „Fulltiltpoker“ springe prägend ins Auge, wogegen der Zusatz in den Hintergrund rücke.

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter, den Bescheid der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien vom 10. Juni 2011 insoweit aufzuheben, als beanstandet wird, dass die am 12. April 2010 ausgestrahlte Sendung „Poker After Dark“ gegen das Schleichwerbeverbot gemäß § 7 Abs. 7 Satz 1 RStV i.V.m. Ziffer 4 WerbeRL und das Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV verstoße.

Die Sendung habe nicht gegen das Verbot der Schleichwerbung verstoßen. Hinsichtlich der eigenen Werbeabsicht der Klägerin sei eine Gesamtbetrachtung, wie sie das Verwaltungsgericht durchgeführt habe, unzulässig. Aufgedrängte Werbung, die als zulässige Werbeform anerkannt sei, weil der Werbezweck unmissverständlich erkennbar sei und damit eine Irreführung der Allgemeinheit ausscheide, Sponsorenhinweise und sonstige werbliche Elemente seien jeweils getrennt zu beurteilen. Eine kumulative Bewertung der Werbewirkung verkenne die Bedeutung der Werbung für den Rundfunkveranstalter als eigenständige Finanzierungsform, wie sie von § 43 RStV vorgesehen sei. Nachdem die Klägerin vertraglich nicht berechtigt sei, die übernommene Fremdproduktion zu bearbeiten und auch nicht in der Lage gewesen sei, solches in den Vertragsverhandlungen durchzusetzen, bliebe, um die beanstandete aufgedrängte Werbung auszuschließen nur der Verzicht auf die Ausstrahlung, was aber angesichts Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG unzumutbar wäre Die Werbeabsicht werde insbesondere nicht durch die Doppelrolle von „Fulltiltpoker.net“ als Event- und Sendungssponsor indiziert.

Ein Verstoß gegen das Fernsehwerbeverbot für Glücksspiel liege nicht vor. Es liege bereits keine Werbung im Sinn des § 5 Abs. 3 GlüStV vor, weil nicht für ein Spiel mit Gewinnchancen gegen Einsatz geworben werde. Außerdem beziehe sich das Werbeverbot in § 5 Abs. 3 GlüStV nur auf die in §§ 7 und 8 RStV genannten Werbeformen. Schließlich sei § 5 Abs. 3 GlüStV mit der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56 AEUV nicht vereinbar.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 13. Juni 2013 aufzuheben und folgendermaßen neu zu fassen:

1. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 2011 wird in Nr. 1 Buchstabe a aufgehoben, soweit er feststellt und missbilligt, dass das Logo „Fulltiltpoker.net“ auf der Kleidung von zwei Spielern sowie das Logo „Fulltiltpoker“ auf dem Pokerspieltisch und der Kleidung eines weiteren Spielers abgebildet waren und hierdurch das Dienstleistungsangebot der Marke „Fulltiltpoker“ werblich hervorgehoben wurde und dies als Verstoß gegen § 7 Abs. 7 Satz 1 RStV i.V.m. Ziffer 4 WRL beanstandet wird.

2. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 2011 wird in Nr. 1 Buchstabe b aufgehoben, soweit er feststellt und missbilligt, dass das Logo „Fulltiltpoker“ auf den Pokertischen und der Kleidung von zwei Spielern angebracht war und hierdurch mittelbar auch Werbung für das öffentliche Glücksspiel „Fulltiltpoker.com“ im Fernsehen erfolgte und dies als Verstoß gegen § 41 Abs. 1 Satz 4 RStV i.V.m. § 5 Abs. 3 GlüStV beanstandet wird.

Hilfsweise wird für den Fall, dass das Gericht zum Ergebnis kommt, die Sache sei in der Hauptsache erledigt, beantragt,

die Rechtswidrigkeit der in Nr. 1 Buchstabe a und Buchstabe b des Bescheids der Beklagten vom 10. Juni 2011 ausgesprochenen Beanstandungen festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ergebe sich die eigene Werbeabsicht der Klägerin bereits aus der Vermutungsregelung des § 2 Abs. 2 Nr. 8 RStV. Unabhängig davon sei ausgehend von der werblichen Intensität die Werbeabsicht der Klägerin belegbar und positiv feststellbar. Das Sponsorenlogo der Marke „Fulltiltpoker“ bzw. „Fulltiltpoker.net“ sei in nahezu jeder Einstellung und oft mehrfach im Bild platziert. Die Signal- und Prägungswirkung in Verbindung mit der Massivität der Platzierung sei entscheidend für die Werbeabsicht der Klägerin. Die Voraussetzungen für die Annahme einer „aufgedrängten Werbung“ seien nicht erfüllt. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf zurückziehen, dass sie eine Fremdproduktion übernommen habe. Auch bei der Übernahme von Kaufproduktionen müsse deutsches Werberecht uneingeschränkt eingehalten werden und trage der Veranstalter die Verantwortung für die eingekauften Programminhalte. Der privatrechtliche Ausschluss von Änderungen des Sendematerials führe nicht zur Annahme von „aufgedrängter Werbung“.

Die Sendung verstoße schließlich gegen das Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV, das unionsrechtskonform sei.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 3. März 2015, den Schriftverkehr im Berufungsverfahren sowie die beigezogenen Akten des Verwaltungsgerichts und der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nur insoweit begründet, als die Beklagte in Nr. 1 Buchst. b ihres Bescheids vom 10. Juni 2011 beanstandet hat, dass die Klägerin gegen das Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen gemäß § 41 Abs. 1 Satz 4 des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. August 1991 (GVBl S. 451; BayRS 2251-6-S), zuletzt geändert durch den 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 15. bis 21. Dezember 2010 (GVBl S. 258), i.V.m. § 5 Abs. 3 des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag – GlüStV) vom 30. Januar/31. Juli 2007 (GVBl S. 906, BayRS 2187-4-I) verstoßen habe. Insoweit ist die Klägerin in ihren Rechten verletzt und der angefochtene Bescheid aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Übrigen ist die Klage unbegründet und deshalb abzuweisen.

Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 2011 ist zulässig.

Sie ist jedoch unbegründet, soweit sie sich gegen die Beanstandung richtet, dass die Darstellung des Logos „Fulltiltpoker.net“ auf der Kleidung von zwei Spielern sowie des Logos „Fulltiltpoker“ auf dem Pokerspieltisch und der Kleidung eines weiteren Spielers das Verbot der Schleichwerbung gemäß § 7 Abs. 7 Satz 1 RStV verletzt.

Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid insoweit zu Recht an der im Zeitpunkt des Bescheidserlasses geltenden Rechtslage gemessen (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 47). Die am 12. April 2010 ausgestrahlte Sendung „Poker After Dark“ verletzt das Verbot der Schleichwerbung gemäß § 7 Abs. 7 Satz 1 RStV, indem durch die Darstellung des Logos „Fulltiltpoker.net“ auf der Kleidung von zwei Spielern sowie des Logos „Fulltiltpoker“ auf dem Spieltisch und der Kleidung eines weiteren Spielers diese Logos werblich hervorgehoben werden. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 2011 ist insoweit rechtmäßig. Die Klägerin wird in ihren Rechten dadurch nicht verletzt.

Die beschriebene Darstellung der Logos „Fulltiltpoker.net“ und „Fulltiltpoker“ ist Schleichwerbung im Sinn der Legaldefinition in § 2 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 RStV.

Die Logos weisen auf die unter der Marke „Fulltiltpoker“ angebotenen Dienstleistungen im Internet hin. Unter der Marke werden Dienstleistungen um das Pokerspiel angeboten. Im Zeitpunkt der Produktion der Sendung, ihrer Ausstrahlung und des Erlasses des angefochtenen Bescheids wurde mit der Internetseite „www.Fulltiltpoker.net“ ein kostenloses Angebot für Pokerspieler eröffnet, das ausschließlich der Unterhaltung diente und Übungsmöglichkeiten sowie eine Plattform für den Erfahrungsaustausch geboten hat. Unter „www.Fulltiltpoker.com“ wurde auch die Möglichkeit, um Geld zu pokern, angeboten, worauf sich in der beanstandeten Sendung jedoch kein Hinweis findet. Dass jedenfalls das Dienstleistungsangebot von „fulltiltpoker.net“ dargestellt wurde, ist unstrittig.

Die Klägerin hatte auch die Absicht, mit der Darstellung für die Dienstleistungen von „Fulltiltpoker“ zu werben, womit die Darstellung die Voraussetzungen der Schleichwerbung im Sinne der Legaldefinition erfüllt.

Ob die Werbeabsicht schon gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 RStV und Ziffer 4 Nr. 4 der gemeinsamen Richtlinien der Landesmedienanstalten für die Werbung, die Produktplatzierung, das Sponsoring und das Teleshopping im Fernsehen (WerbeRL/ FERNSEHEN – im Folgenden: WerbeRL) in der Fassung vom 23. Februar 2010 bereits gesetzlich vermutet wird, kann dahinstehen. Nach diesen Vorschriften wird die Werbeabsicht des Rundfunkveranstalters mit der Folge der Beweislastumkehr gesetzlich vermutet, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt (Holznagel in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 2 RStV Rn. 69). Eine Gegenleistung liegt zwar schon dann vor, wenn die Übertragungsrechte für Produktionen, die die Werbung enthalten, verbilligt vergeben werden. Der Preisnachlass muss aber unmittelbar für die Mitübertragung der Werbung gewährt werden (Schulz in Hahn/Vesting, Beck‘scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2012, § 2 RStV Rn. 120). Ein derartiger unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Darstellung der Schriftzüge „Fulltiltpoker.net“ und „Fulltiltpoker“ und einem Preisnachlass für die Übertragungsrechte an der Sendung „Poker after Dark“ kann nicht ohne Weiteres festgestellt werden. In dem Vertrag zwischen der Produktionsfirma Real Media LLC und der Klägerin vom 1. Juli 2009 wurde ein Preis von 400.000 Euro für vier Programmformate von „Fulltiltpoker“ mit insgesamt 160 Stunden Programm vereinbart. Der Frage, ob der Preis – wie die Klägerin vorträgt – branchenüblich ist, muss nicht nachgegangen werden.

Soweit die Vermutung des § 2 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 RStV nicht greift oder ihre Voraussetzungen nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden können, kann auf die Werbeabsicht des Rundfunkveranstalters aufgrund weiterer Indizien geschlossen werden (Ziffer 4 Nr. 3 WerbeRL). Unabhängig davon, dass die Werbeabsicht des Rundfunkveranstalters schon dann indiziert ist, wenn aus der Sicht eines objektiven Betrachters von der Präsentation eine werbliche Wirkung ausgeht (Holznagel in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 2 RStV Rn. 68), kommen als weitere Indizien die Intensität der Werbewirkung, die häufige Einblendung des Produktnamens, insbesondere immer dann, wenn es interessant wird, oder auch die Alleinstellung eines beworbenen Unternehmens in Frage (Holznagel in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 2 RStV Rn. 72).

Alle diese Indizien liegen hier vor. Die gesamte Sendung wird von „Fulltiltpoker“ geradezu geprägt. Das Logo „Fulltiltpoker“ auf dem Spieltisch kommt immer dann ins Bild, wenn die Karten auf dem Tisch offen gelegt werden, also gerade dann, wenn der Stand der Dinge aufgedeckt wird. In der Sendung wird überdies nahezu ausschließlich die Marke „Fulltiltpoker“ präsentiert. Soweit für andere Dienstleister mit dem Geschäftsgegenstand des Pokerspiels auf der Bekleidung einzelner Mitspieler geworben wird, kommt das allenfalls beiläufig und nur ganz kurz ins Bild, wobei die jeweilige Werbung auch kaum erkennbar ist.

Anders als das Verwaltungsgericht ist der Verwaltungsgerichtshof nicht der Auffassung, dass die nicht als Werbung gekennzeichnete Präsentation des Dienstleistungsangebots von „Fulltiltpoker“ unter dem Gesichtspunkt der sog. aufgedrängten Werbung gedeckt ist und deshalb die Werbewirkung weder von der Absicht der Klägerin umfasst wird, noch geeignet ist, über den eigentlichen Zweck der Präsentation, nämlich der Werbung für „Fulltiltpoker“, irrezuführen und damit auch dem Gebot der Trennung von redaktionellem Inhalt und Werbung (§ 58 Abs. 1 RStV) entspricht.

Aufgedrängte Werbung lässt einerseits den Schluss auf eine Werbeabsicht des Rundfunkveranstalters nicht zu, weil sie nicht dem Zweck der Werbung dient, andererseits indiziert sie keine Irreführungsgefahr und verletzt damit auch nicht den Trennungsgrundsatz des § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV. Nach allgemeiner Meinung geht von solchen Darstellungen zwar ein Werbeeffekt aus, der jedoch nicht zu beanstanden ist, soweit die Präsentation aus überwiegend programmlich-dramaturgischen Gründen, insbesondere zur Darstellung der realen Umwelt, oder im Rahmen der Wahrnehmung von Informationspflichten erfolgt (Holznagel in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 2 RStV Rn. 68). Dieser Grundsatz wird von Ziffer 4 Nr. 1 WerbeRL aufgenommen.

Nach der Rechtsprechung (z.B. BGH, U.v. 22.2.1990 – I ZR 78/88 – BGHZ 110, 278 = juris Rn. 34) ist Werbung im Rahmen des Unvermeidbaren zulässig, weil sie als Bestandteil der realen Umwelt bei Berichten und Darstellungen nicht künstlich ausgespart werden kann. Das heißt, dass Werbung in diesem Sinn im Rahmen des Notwendigen zulässig ist bei (fiktiven) Darstellungen, also Spielfilmen, Fernsehspielen, Theaterstücken, Spielszenen, erklärenden und beratenden Beiträgen, bei der Übertragung von (realen) Ereignissen oder Berichten darüber, insbesondere über sportliche Veranstaltungen und, wenn Waren, Dienstleistungen oder Tätigkeiten selbst Gegenstand der Berichterstattung sind, z.B. bei Tests.

Die beanstandete Sendung kann der zweiten Fallgruppe nur schwer zugeordnet werden. Auch wenn es sich bei „Poker After Dark“ um reale Spiele handeln sollte, stehen sie einerseits nicht in einem Zusammenhang, der eine Serie darstellt, mit dem Ziel, einen Sieger über eine Reihe von Spielrunden hinweg zu ermitteln. Sie werden von keinem Verband veranstaltet, auch nicht mit dem Ziel, Publikum vor Ort anzulocken, sondern finden vielmehr unter Ausschluss von Zuschauern in separaten Räumen statt oder vor sich zufällig in den Spielcasinos, in denen die Aufzeichnungen stattgefunden haben, aufhaltenden Personen, die primär selber dem Glücksspiel nachgehen wollten und nicht wegen des zur Fernsehübertragung vorgesehenen Spiels anwesend waren. Die Akteure erhielten zumindest zum Teil ein Auftrittshonorar. Auch dies spricht dafür, dass es sich nicht um ein dem Sport – auch nicht dem Profisport, wo für sportliche Leistung und nicht für einen Auftritt bezahlt wird – vergleichbares Ereignis handelt, das zu Wettkampfzwecken und nicht allein zur Übertragung im Fernsehen veranstaltet wird (OVG RhPf B.v. 17.12.2008 – 2 A 10327/08 – ZUM 2009, 507 = juris Rn. 44).

So gesehen entspricht die Sendung eher der ersten Fallgruppe. Damit erfolgt die Übertragung der Werbung nicht in Wahrnehmung von Informationspflichten, muss also nicht in Kauf genommen werden, um über ein real stattfindendes Ereignis berichten zu können. Die Häufung der Darstellung der Logos von „Fulltiltpoker.net“ und „Fulltiltpoker“ ist ferner nicht unter programmlich-dramaturgischen Gesichtspunkten erforderlich, sondern stellt allein den Eventsponsor „Fulltiltpoker“ heraus. Die Werbung für andere Anbieter, die die Darstellung realistisch wirken ließe, fällt gegenüber den Hinweisen auf „Fulltiltpoker“ kaum ins Gewicht. Sie ist auch kaum zu erkennen und zu identifizieren. Ohne programmlich-dramaturgische Notwendigkeit wird der Schriftzug „Fulltiltpoker“ immer dann platziert, wenn der Zuschauer besonders aufmerksam das Geschehen verfolgt, beispielsweise, wenn aufgedeckte Karten auf dem Spieltisch präsentiert werden. Dass die Darstellung des Logos hierbei nicht unabweisbar erforderlich ist, zeigt der Spieltisch in der ebenfalls beanstandeten Sendung „Learn from the Pros“. Über die dortige Beanstandung wird gleichzeitig entschieden. Auf dem in dieser Sendung verwendeten Spieltisch ist keinerlei Logo angebracht. Damit wird die Grenze zwischen aufgedrängter Werbung oder realistischer Darstellung, die hinzunehmen sind, einerseits und der Schleichwerbung andererseits überschritten. Soweit – wie hier – von der Darstellung aus der Sicht eines objektiven Betrachters eine werbende Wirkung ausgeht, ist die Werbeabsicht des Rundfunkveranstalters – wie bereits dargelegt – grundsätzlich indiziert. Auch aus den übrigen näher ausgeführten Indizien ist auf eine eigene Werbeabsicht der Klägerin zu schließen.

Der Schluss wird dadurch bestätigt, dass zwischen dem Aufnahmetermin im Oktober 2009 und der Sendung im Programm der Klägerin am 12. April 2010 über ein halbes Jahr liegt. Dem gezeigten Pokerspiel – so es sich um ein reales und nicht um ein vorwiegend zu Werbezwecken inszeniertes Ereignis handelte – wäre im Sendezeitpunkt keinerlei Aktualität mehr zugekommen. Das spricht ebenfalls dafür, dass der Werbeeffekt für „Fulltiltpoker“ im Vordergrund steht.

Angesichts dessen kann sich die Klägerin nicht darauf zurückziehen, dass es sich um eine Fremdproduktion handelt. Der Rundfunkveranstalter ist dafür verantwortlich, dass von ihm ausgestrahlte Fremdproduktionen dem deutschen Rundfunkrecht genügen. Auch für ihn ist erkennbar, dass die Grenze hinnehmbarer aufgedrängter Werbung überschritten ist. Strahlt er die Sendung gleichwohl aus, ist kein anderer Schluss möglich, als dass es ihm selbst auf die Werbewirkung ankommt. Soweit der Veranstalter weder programmlich-dramaturgische Gründe geltend machen kann, noch einer Informationspflicht nachkommt, können ausschließlich wirtschaftliche Gründe des Veranstalters selbst maßgeblich sein.

Das eigene wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Werbewirkung zugunsten von „Fulltiltpoker“ hat das Verwaltungsgericht zutreffend herausgearbeitet und darin zu Recht ein Indiz für eine eigene Werbeabsicht der Klägerin gesehen. Das Verwaltungsgericht leitet die Werbeabsicht der Klägerin auch nicht, wie die Klägerin meint, aus einer Gesamtbetrachtung in dem Sinn her, dass es aus der Häufung an sich erlaubter Werbeformen auf Schleichwerbung schließen würde. Es stellt vielmehr auf das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Gewinnung von „Fulltiltpoker“ als Sendungssponsor im Hinblick auf die im Programm enthaltene on-ground Werbung ab, bei der es sich gerade nicht um eine gesetzlich vorgesehene Werbeform handelt. Die Frage, ob der Schluss von der Kumulation erlaubter Werbemittel auf unerlaubte Schleichwerbung zulässig ist, kann deshalb dahinstehen.

Soweit sich die Klage gegen die Beanstandung in Nr. 1 Buchst. b des Bescheids der Beklagten vom 10. Juni 2011 wendet, mit dem Logo „Fulltiltpoker“ ohne Domainendung auf dem Pokertisch und der Kleidung von zwei Spielern werde gegen § 41 Abs. 1 Satz 4 RStV i.V.m. § 5 Abs. 3 GlüStV verstoßen, weil mittelbar für das öffentliche Glücksspiel „Fulltiltpoker.com“ geworben werde, ist sie begründet. Der Entscheidung zugrunde zu legen ist die im Zeitpunkt der Beanstandung geltende Fassung des Glücksspielstaatsvertrags, wobei die maßgebliche Vorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV der hier anzuwendenden Fassung mit der nach dem 1. Juli 2012, dem Inkrafttreten des ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags, geltenden Fassung übereinstimmt.

Danach liegt ein Glücksspiel vor, wenn für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Werbung mit den Schriftzügen „Fulltiltpoker“ und „Fulltiltpoker.net“ hat jedoch nicht Glücksspiel im Sinn dieser Definition zum Gegenstand. Es wird nicht für den entgeltlichen Erwerb einer Gewinnchance geworben. Mit dem Logo „Fulltiltpoker.net“ wird explizit für ein kostenloses Angebot für Pokerspieler geworben, das ausschließlich der Unterhaltung dient und Übungsmöglichkeiten sowie eine Plattform für den Erfahrungsaustausch bietet.

Glücksspiel i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV wird nur auf der Internetseite „www.fulltiltpoker.com“ angeboten. Werbung hierfür findet in der beanstandeten Sendung nicht statt. Bei den jeweiligen Angeboten von „Fulltiltpoker.net“ und „Fulltiltpoker.com“ handelt es sich um gleichrangige Angebote, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass – wie das Verwaltungsgericht in der von ihm zitierten eigenen Rechtsprechung meint – wegen der Ähnlichkeit der Schriftzüge zugleich für das jeweils andere Angebot mitgeworben wird. Andernfalls könnte für das kostenlose Angebot nicht oder nur eingeschränkt geworben werden.

Der Schriftzug „Fulltiltpoker“ ohne Zusatz enthält keinen Hinweis auf das Glücksspielangebot „Fulltiltpoker.com“. In der Sendung wird er vielmehr allein zum Angebot „Fulltiltpoker.net“ in Beziehung gesetzt. Der Sendung kann auch keine Anreizwirkung für die Teilnahme an entgeltlichem Glücksspiel entnommen werden, das durch die Marke „Fulltiltpoker“ befriedigt werden könnte. Die einzelnen Angebote mit der Bezeichnung „Fulltiltpoker“ mögen Personen, die am Pokerspiel besonders interessiert sind, bekannt sein. Ein Bekanntheitsgrad des Namens und des Schriftzuges „Fulltiltpoker“, der hinreichen würde, es nach der Verkehrsauffassung als „Dachmarke“ für viele Einzelangebote zu sehen, ist allerdings nicht erkennbar. Die beanstandete Werbung beschränkt sich daher auf das kostenlose Angebot von „Fulltiltpoker.net“ (vgl. Sirch/Bolay in Streinz/Liesing/Hambach, Glücks- und Gewinnspielrecht in den Medien, 2014, § 5 GlüStV Rn. 28, 30 und Anh. § 5 GlüStV Rn. 9 ff.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO. Die Revision war gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 48 RStV zuzulassen.

 

Beschluss

Der Streitwert für beide Rechtszüge wird auf 50.000 Euro festgesetzt.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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published on 17/12/2008 00:00

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 15. Februar 2008 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorlä
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published on 10/10/2018 00:00

Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25.000 € festgesetzt. Gründe I. 1 Die Antragstellerin wendet sich gegen eine für sofort vollzieh
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Annotations

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.