Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 30. Apr. 2015 - 1 L 224/15.NW
Gericht
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Ausbaubeitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 19.1.2015 wird angeordnet.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 1.675,40 € festgesetzt (1/4 aus 6.701,60 €).
Gründe
- 1
Der vorliegende, gemäß § 80 Abs. 5, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - statthafte Eilantrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
(1.)
- 2
Der gegen die sofortige Vollziehung des Ausbaubeitragsbescheids der Antragsgegnerin vom 19.1.2015 gerichtete Eilantrag ist unter Beachtung des Erfordernisses eines vorherigen behördlichen Aussetzungsverfahrens gemäß § 80 Abs. 4 und Abs. 6 VwGO gestellt worden. Denn die Antragsgegnerin hat den Aussetzungsantrag des Antragstellers mit Schreiben vom 20.2.2015 abgelehnt.
- 3
Der Eilantrag ist auch hinsichtlich des in dem Bescheid vom 19.1.2015 festgesetzten wiederkehrenden Ausbaubeitrags für das Jahr 2014 statthaft, obwohl dort vermeintlich ein Erstattungsbetrag ausgewiesen ist, was nach der Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 16.5.2007 - 6 B 10335/07) wohl zur Folge hätte, dass ein Rechtsschutzbedürfnis mangels vollziehbarer offener Beitragsforderung insoweit zu verneinen wäre. Denn bei der Ermittlung des Regelungsgehalts des Bescheids vom 19.1.2015 ist aus Sicht des objektiven Empfängers davon auszugehen, dass zwar der für das Kalenderjahr endgültig festgesetzte wiederkehrende Beitrag mit 617,25 € hinter der mit 1.234,51 € festgesetzten Vorauszahlung zurück bleibt. Allerdings hat die Antragsgegnerin den endgültigen wiederkehrenden Beitrag für das Jahr 2014 zugleich als sofort zu zahlende (rückständige) Zahlung ausgewiesen und den Antragsteller informatorisch davon in Kenntnis gesetzt, dass auf die für das Jahr 2014 festgesetzte Vorausleistung noch keine Zahlung erfolgt ist und damit hinsichtlich des endgültig festgesetzten wiederkehrenden Beitrags für das Jahr 2014 noch eine offene Forderung besteht.
(2.)
- 4
Der vorliegende Eilantrag ist zudem begründet, denn an der Rechtmäßigkeit des Bescheids der Antragsgegnerin bestehen im Rahmen einer summarischen Prüfung ernstliche Zweifel (§ 80 Abs. 4 Satz 3, Abs. 5 VwGO).
- 5
a) Dem streitbefangenen Bescheid mangelt es an der gemäß §§ 3 Abs. 1 Nr. 3 Kommunalabgabengesetz (KAG), 119 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) gebotenen hinreichenden Bestimmtheit. Zwar hat die Antragsgegnerin in dem Bescheid vom 19.1.2015 den (hinsichtlich 2014 endgültigen und hinsichtlich 2015 voraussichtlichen) beitragsfähigen Aufwand beziffert und damit den Anforderungen der Rechtsprechung insoweit Genüge getan (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29.8.2013 - 6 A 10335/13). Allerdings erfordert § 119 AO weiter, dass der Bescheid angibt, für welche Maßnahme der Beitrag erhoben wird (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 8.3.1988 - 12 B 142/87 zum leitungsgebundenen Beitragsrecht; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, § 24 Rn. 24). Dies gilt auch im Bereich der Erhebung wiederkehrender Ausbaubeiträge. Denn auch dort bleibt Anknüpfungspunkt der beitragsfähigen Maßnahme und "Auslöser" der Beitragspflicht die Ausbaumaßnahme an einer konkreten Verkehrsanlage (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.3.2010 - 6 A 11146/09). Ohne die Bezeichnung der Maßnahme in dem Beitragsbescheid ist für den Beitragsschuldner nicht erkennbar, für welche konkrete Maßnahme er letztlich den Beitrag zahlen soll (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 8.3.1988, a.a.O.). Allein die allgemein gehaltene Information der Antragsgegnerin in dem Grundlagenbescheid vom 17.6.2014, dass die Straßen "Wiesenstraße", "Schützenstraße" und "Hintergasse" in der nächsten Zeit ausgebaut werden sollen und daher in der nächsten Zeit mit der Erhebung von Ausbaubeiträgen zu rechnen sei, lässt nicht in hinreichend deutlichem Maß erkennen, für den Ausbau welcher Verkehrsanlage im Rahmen der Erhebung von Vorauszahlungen und endgültigen wiederkehrenden Beiträgen in welchem Beitragsjahr Zahlungen zu leisten sind.
- 6
b) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 19.1.2015 bestehen auch hinsichtlich der Beitragspflicht für das im Eigentum des Antragstellers stehende Grundstück mit der Plannummer 388. Ausweislich der zeichnerischen Festlegungen in dem Bebauungsplan "Alter Ortskern - Teilbereich III" handelt es sich bei dieser Plannummer um eine öffentliche Straßenverkehrsfläche. Als solche ist diese Fläche einer beitragsrelevanten Nutzbarkeit durch den Antragsteller entzogen und unterfällt damit nicht der sachlichen Beitragspflicht.
- 7
c) Ernstliche Zweifel im Rechtssinne bestehen weiter an der Wirksamkeit der satzungsrechtlichen Maßstabsregelung. Maßstab ist hier die Grundstücksfläche mit Zuschlägen für Vollgeschosse, wobei der Zuschlag je Vollgeschoß 15 v.H. beträgt. Zugleich beträgt aber der Zuschlag für die ersten beiden Vollgeschosse einheitlich 30 v.H. (§ 6 Ausbaubeitragssatzung - ABS -). Der Vollgeschossmaßstab ist zwar grundsätzlich rechtlich nicht zu beanstanden. Allerdings ist bei der Gewichtung anhand der Zahl der Vollgeschosse nach gefestigter Rechtsprechung zwischen ein- und zweigeschossiger Bebaubarkeit zu differenzieren (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.12.2011 - 6 A 10870/11 m.w.N.). Dies gilt hier umso mehr, als nach § 6 Abs. 3 Nr. 6 und Nr. 7 ABS bei in sonstiger Weise nutzbaren Grundstücken sowie Garagen- und Stellplatzgrundstücken mindestens ein Vollgeschoss in Ansatz kommt. Im Zusammenspiel mit § 6 Abs. 1 Satz 3 ABS hat dies indessen zur Folge, dass auch für diese - regelmäßig beitragsrechtlich nur unterwertig nutzbaren - Grundstücke dennoch ein Zuschlag von einheitlich 30 v.H., wie für zweigeschossig bebaubare Grundstücke, berechnet wird, was einer vorteilsgerechten Aufwandsverteilung evident widerspricht. Zwar ist eine fehlende Differenzierung zwischen ein- und zweigeschossiger, bzw. nur unterwertiger Bebaubarkeit ausnahmsweise dann ohne Auswirkung auf die Wirksamkeit der Maßstabsregelung, wenn die nur eingeschossig bebaubaren Grundstücke, Garagengrundstücke, Stellplätze usw. nicht mehr als 10 v.H der im Abrechnungsgebiet herangezogenen Grundstücke betrifft (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.6.2008 - 6 C 10255/08). Für ein Unterschreiten dieser beitragsrechtlichen Erheblichkeitsschwelle ist derzeit aber nichts dargetan. Vielmehr spricht gegen eine solche Annahme nach Aktenlage der oben erwähnte Bebauungsplan, der - neben einer zulässigen Bebaubarkeit mit zwei Vollgeschossen - für einen nicht unerheblichen Bereich der hier maßgeblichen Abrechnungseinheit eine lediglich eingeschossige Bebaubarkeit festlegt. So sieht der Bebauungsplan auch für den vorderen Bereich der Plannummer 387 eine zweigeschossige, für den hinteren Bereich aber lediglich eine eingeschossige Bebaubarkeit vor.
- 8
d) Weitere ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestehen zudem, weil nach Aktenlage das erforderliche Bauprogramm fehlt. In der (vollständig vorzulegenden) Verwaltungsakte findet sich jedenfalls kein einschlägiger Beschluss und keine hinreichende Ausweisung entsprechender konkreter Haushaltsansätze. Zudem fehlt ein Beschluss des Ortsgemeinderats über den Ausschöpfungsgrad der für das Jahr 2015 zu erhebenden Vorauszahlungen. Ein solcher Beschluss wird zwar im Schriftwechsel mit dem Antragsteller von der Antragsgegnerin bezeichnet, er ist allerdings in der vorgelegten Verwaltungsakte nicht auffindbar. Weiter fehlt eine Grundlage, auf deren Basis die Antragsgegnerin den voraussichtlichen Umfang der Investitionen für das Jahr 2015 pflichtgemäß geschätzt hat. Ohne den Nachweis einer solchen Schätzung - entsprechende Unterlagen finden sich in der Verwaltungsakte wiederum nicht - muss im Eilverfahren davon ausgegangen werden, dass die Vorauszahlung in unzulässiger Weise "gegriffen" wurde.
- 9
Da die vorstehenden ernstlichen Zweifel im weiteren Veranlagungsverfahren ausgeräumt werden können, sieht sich die Kammer mit Blick auf die zwischen den Beteiligten streitigen weiteren Aspekten noch zu folgenden Hinweisen veranlasst:
- 10
Soweit der Antragsteller ohne nähere Darlegungen ausführt, der Beitrags- und Vorauszahlungserhebung lägen keine Ausbau- sondern lediglich Instandhaltungsarbeiten zugrunde, genügt dieses pauschale Vorbringen nicht zur Begründung ernstlicher Zweifel im Rechtssinne.
- 11
Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist der Bescheid vom 19.1.2015 nicht mit Blick auf die Flächenberechnung unbestimmt. Denn die Antragsgegnerin hat mit Feststellungsbescheid vom 17.6.2014 die beitragspflichtige Fläche bereits vorab festgesetzt.
- 12
Die Bildung zweier Abrechnungseinheiten (Abrechnungseinheit 1: Ortslage Bubenheim und Abrechnungseinheit 2: Ortsteil Borkensteiner Mühle) begegnet aufgrund der deutlichen räumlichen Trennung beider Abrechnungseinheiten durch den Außenbereich keinen ernstlichen Zweifeln. Eine Pflicht der Antragsgegnerin zur Bildung weiterer Einheiten in der Ortslage besteht nicht. Die Ortsgemeinde Bubenheim ist mit 420 Einwohnern (Stand Ende 2013; Quelle: Statistisches Bundesamt) der Musterfall einer kleinen Gemeinde mit zusammenhängender Bebauung, soweit dies jeweils die beiden Abrechnungseinheiten betrifft. Eine weitere Aufteilung der Abrechnungseinheit 1 ist rechtlich nicht geboten. Alleine der vom Antragsteller angesprochene Aspekt der gewissen "Geschlossenheit" der drei Straßen "Wiesenstraße", "Schützenstraße" und "Hintergasse" verpflichtet die Antragsgegnerin nicht zur Aufteilung der Abrechnungseinheit. Solche Erwägungen - auch hinsichtlich eines etwaigen Ringsystems - mögen im Erschließungsbeitragsrecht durch die Rechtsprechung des BVerwG angezeigt sein. Im Ausbaubeitragsrecht ist hingegen die Bildung - verglichen mit dem Erschließungsbeitragsrecht - größerer beitragsrechtlicher Einheiten, unter Beachtung der Vorgaben des BVerfG und des OVG Rheinland-Pfalz, durchaus statthaft. Das Argument des Antragstellers, eine Abtrennung des von ihm beschriebenen Ringsystems sei geboten, weil dieses eine separate Anbindung über die L 448 habe, ist hier nicht zielführend. Zum einen steht es Verkehrsteilnehmern von und zu anderen Straßen frei, ebenfalls diese Zu-/Abfahrt über die L 448 zu nehmen. Zudem setzt die Annahme einer Abrechnungseinheit gerade nicht voraus, dass alle in ihr zusammengefassten Verkehrsanlagen in einem funktionalen Zusammenhang stehen (BVerfG, Beschluss vom 25.6.2014 - 1 BvR 668/10 und 2104/10), so dass selbst unterschiedlich verkehrsfunktionale Straßenverbindungen in der Abrechnungseinheit für sich genommen weder verbindende noch trennende Wirkung entfalten. Eine die Abrechnungseinheit teilende, unzulässige Umverteilung von Beitragslasten liegt nach summarischer Prüfung hier nicht vor, weil die Antragsgegnerin - wie vom OVG RP gefordert (Urteile vom 10.12.2014 - 6 A 10852 und 10853/14; Urteil vom 9.3.2015 - 6 A 10054/15) - diverse Verschonungsregelungen getroffen hat (vgl. § 13 ABS). Dabei soll nicht ausgeblendet werden, dass die Anlieger der vom Antragsteller beschriebenen "Ringstraßen" bei späteren Ausbaumaßnahmen an der Hauptstraße, an der die Grundstücke des Antragstellers angrenzen, ihrerseits mit heranzuziehen sind und damit ein Ausgleich für die Kostenbeteiligung des Antragstellers an diesen Verkehrsanlagen erfolgt, die seine Grundstücke nicht unmittelbar erschließen.
- 13
Die absolute Höhe der Beitrags- und Vorauszahlungsbeträge übersteigt zwar im vorliegenden Fall bei weitem die übliche Höhe wiederkehrender Ausbaubeiträge. Dies allein begründet aber keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids. Zum einen liegt der Festsetzung für die beiden Grundstücke des Antragstellers eine ungewichtete Gesamtgrundstücksfläche von 2.261 m² zu Grunde. Dies entspricht ungefähr der Fläche von 4 - 5 "normal" bemessenen Baugrundstücken. Zum anderen wird sich die Beitragslast reduzieren, weil die auf die Plannummer 388 entfallende Fläche nach den obigen Ausführungen herauszurechnen ist. Schließlich handelt es sich bei der Abrechnungseinheit 1 um eine sehr kleine beitragsrechtliche Einheit, bei der zwangsläufig im Falle der Durchführung von Ausbaumaßnahmen deutlich höhere Belastungen entstehen, als bei größer bemessenen Einheiten. Hinzu kommt, dass hier möglicherweise zeitgleich drei Verkehrsanlagen ausgebaut wurden, was in dem von der Antragsgegnerin gewählten beitragsrechtlichen A-Modell dazu führt, dass in einem kurzen Zeitraum sehr hohe Belastungen auf die Beitragsschuldner zu kommen, während aufgrund der geringen Zahl von Verkehrsanlagen möglicherweise innerhalb der Abrechnungseinheit 1, nach Abrechnung dieser Maßnahmen für mehrere Jahre keine oder nur deutlich geringere Beiträge zu entrichten sind.
- 14
Alleine die zeitgleiche Bauausführung mehrerer Ausbaumaßnahmen indiziert keinen Verstoß gegen das Erforderlichkeitsprinzip. Denn die gemeinsame Durchführung der Ausbaumaßnahmen kann für die Antragsgegnerin und die Beitragsschuldner zu Kosteneinsparungen, verglichen mit dem auch zeitlich getrennten Ausbau dieser Verkehrsanlagen, führen. Auch der Einwand des Antragstellers, die Erforderlichkeit der Aufwendungen sei zu bezweifeln, weil muschelkalkfarbenes Pflaster verarbeitet worden sei, begründet bei summarischer Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Erforderlichkeit der in Ansatz gebrachten (bezüglich 2015 geschätzten) Investitionsaufwendungen. Anhaltspunkte für die Annahme eines unzulässigen Luxusausbaus begründet dieser, auf die Farbe des Pflasters bezogene Vortrag nicht.
- 15
Soweit der Antragsteller allgemein über etwaige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Ortsgemeinderates bei der Beschlussfassung über die ABS mutmaßt, steht es ihm frei, in einem Hauptsacheverfahren diese Mutmaßungen näher zu erläutern. Im Rahmen eines auf summarische Prüfung angelegten verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens gemäß § 80 Abs. 5 VwGO dringt er mit diesem Vortrag nicht durch.
- 16
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die betroffene Person dies unverzüglich verlangt.
(3) Ein schriftlich oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Ferner muss er die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten; dies gilt nicht für einen Verwaltungsakt, der formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird. Ist für einen Verwaltungsakt durch Gesetz eine Schriftform angeordnet, so muss bei einem elektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Falle des § 87a Absatz 4 Satz 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.