Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 16. März 2010 - 6 A 11146/09
Gericht
Tenor
Unter Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. September 2009 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz wird der Ausbaubeitragsbescheid vom 30. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Januar 2009 insoweit aufgehoben, als ein höherer wiederkehrender Beitrag als 217,56 € festgesetzt wurde. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Als Eigentümer des Grundstücks Gemarkung S..., Flur 17, Parzelle …/. wendet sich der Kläger gegen die Erhebung wiederkehrender Beiträge für den Straßenausbau innerhalb der aus sämtlichen zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des gesamten Gemeindegebiets gebildeten einheitlichen öffentlichen Verkehrseinrichtung der Beklagten.
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Mit Bescheid vom 30. März 2007 zog die Beklagte den Kläger für dieses Grundstück zu einem wiederkehrenden Beitrag für das Jahr 2006 in Höhe von 217,83 € heran. Dagegen hat der Kläger Widerspruch und nach dessen Zurückweisung durch den Kreisrechtsausschuss Klage erhoben.
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Wegen der Einzelheiten des Vorbringens des Klägers und hinsichtlich des Sachverhalts im Übrigen nimmt der Senat gemäß § 130b Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellung er sich zu eigen macht.
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Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, die der Heranziehung zugrunde liegende Ausbaubeitragssatzung sei insgesamt nichtig, weil sie als Bezugsobjekte der beitragspflichtigen Ausbaumaßnahmen die einzelnen Verkehrsanlagen, an denen Bauarbeiten durchgeführt worden seien, festlege. Die Neuregelung der Erhebung wiederkehrender Beiträge durch die Bestimmung des § 10 a Kommunalabgabengesetz - KAG - stelle jedoch einen Systemwechsel dar. Nunmehr sei die gesamte einheitliche öffentliche Einrichtung Bezugsobjekt, zumal die einzelnen Verkehrsanlagen ihre Selbständigkeit durch die Konstituierung der einheitlichen öffentlichen Einrichtungverloren hätten. Daher sei auch der Gemeindeanteil fehlerhaft ermittelt worden. Weil der Ausbau der B...straße, welcher der Beitragserhebung zugrunde liege, sich lediglich auf eine Länge von 305 m erstrecke, das gesamte Anbaustraßennetz der Beklagten aber eine Länge von mindestens 9047 m aufweise, handele es sich bezogen auf die Gesamteinrichtung nur um eine beitragsfreie Unterhaltungs- bzw. Instandsetzungsmaßnahme.
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Die Beklagte begründet ihre Berufung insbesondere mit dem Hinweis auf den Wortlaut und die gesetzgeberische Zielsetzung des § 10a Abs. 1 Satz 2 KAG. Danach habe die Beklagte ihrer Satzung keinen gesetzwidrigen Begriff des Ausbaus zugrunde gelegt. Die Neuregelung des § 10a KAG betreffe nicht, „was“ abgerechnet werde, sondern „wie“ abgerechnet werde. Auch die satzungsrechtliche Festlegung des Gemeindeanteils könne nicht beanstandet werden.
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Die Beklagte beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
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Der Kläger regt die Zurückweisung der Berufung an.
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Er verteidigt das angefochtene Urteil und bekräftigt sein erstinstanzliches Vorbringen.
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Die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten ergeben sich aus den zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung der Beklagten hat überwiegend Erfolg. Anders als das Verwaltungsgericht kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass der angefochtene Bescheid den Kläger nur insoweit in seinen Rechten verletzt, als für das Jahr 2006 ein höherer wiederkehrender Beitrag als 217,56 € erhoben wird. Das verwaltungsgerichtliche Urteil muss dementsprechend abgeändert werden. Der angefochtene Bescheid beruht auf einer gültigen satzungsrechtlichen Grundlage (1.) und ist in Höhe von 217,56 € rechtmäßig (2.).
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1. Die Satzung der Beklagten über die Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen vom 16. Februar 2007 in der Fassung der Änderung durch Satzung vom 19. Dezember 2007 - ABS - kann nicht als insgesamt nichtig angesehen werden.
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a) Nicht zu beanstanden ist die Regelung des § 1 Abs. 2 ABS. Danach werden Ausbaubeiträge für alle Maßnahmen erhoben, die der Erneuerung, der Erweiterung, dem Umbau oder der Verbesserung einzelner vorhandener Verkehrsanlagen dienen. Diese Bezugnahme auf die einzelne ausgebaute Verkehrsanlage, also nicht auf die gesamte öffentliche Einrichtung sämtlicher zum Anbau bestimmter Verkehrsanlagen des Gemeindegebiets (§ 3 Abs. 1 ABS), verstößt nicht gegen die Bestimmung des § 10a Abs. 1 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes - KAG - vom 20. Juni 1995 (GVBl. S. 175) in der Fassung des Gesetzes vom 12. Dezember 2006 (GVBl. S. 401).
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§ 10a Abs. 1 Satz 2 KAG ermächtigt die Gemeinden, durch Satzung zu regeln, dass sämtliche zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen des gesamten Gebiets oder einzelner, voneinander abgrenzbarer Gebietsteile eine einheitliche öffentliche Einrichtung bilden, für deren Ausbau (§ 9 Abs. 1 Satz 2 KAG) vorteilsbezogene wiederkehrende Beiträge von den Grundstücken erhoben werden, welche die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu einer dieser Verkehrsanlagen haben. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 KAG zählen zum Ausbau alle Maßnahmen an erstmals hergestellten Einrichtungen oder Anlagen, die der Erneuerung, der Erweiterung, dem Umbau oder der Verbesserung dienen. Der Wortlaut des § 10a Abs. 1 Satz 2 KAG lässt nicht eindeutig erkennen, ob nur der Ausbau der gesamten öffentlichen Einrichtung oder auch der Ausbau einer einzelnen Verkehrsanlage beitragspflichtig sein kann. Denn die Wortfolge „für deren Ausbau“ in § 10a Abs. 1 Satz 2 KAG kann sich sowohl auf „Verkehrsanlagen“ als auch auf „eine einheitliche öffentliche Einrichtung“ beziehen. Auch aus dem Verweis auf § 9 Abs. 1 Satz 2 KAG lässt sich nicht schließen, dass sich die Ausbaumaßnahme auf die einheitliche öffentliche Einrichtung beziehen muss. Die Bestimmung des § 9 Abs. 1 Satz 2 KAG spricht von Maßnahmen an erstmals hergestellten Einrichtungenoder Anlagen. Dieser Verweis auch auf Maßnahmen an Anlagen spricht vielmehr gegen die Auslegung, der Gesetzgeber habe insoweit eine Beschränkung des Ausbaubegriffs auf die Erneuerung, die Erweiterung, den Umbau oder die Verbesserung der gesamten einheitlichen öffentlichen Verkehrseinrichtung normieren wollen. Darüber hinaus ergibt sich aus dem mit der gesetzlichen Neuregelung des § 10a KAG verfolgten Zweck, dass die Beitragspflicht nicht von einem Ausbau der Gesamteinrichtung abhängt. Insbesondere ist nicht erforderlich, dass die abzurechnenden Straßenbauarbeiten eine Erneuerung, eine Erweiterung, einen Umbau oder eine Verbesserung hinsichtlich der aus sämtlichen Anbaustraßen bestehenden öffentlichen Einrichtung darstellen.
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Wie der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drucks. 15/318 S. 7, 8) entnommen werden kann, liegt der mit dem wiederkehrenden Straßenausbaubeitrag abzuschöpfende Sondervorteil in der Erhaltung, Verbesserung oder Erweiterung des einheitlichen Straßensystems „durch entsprechende Ausbaumaßnahmen an den einzelnen Verkehrsanlagen“. Dass ein beitragspflichtiger Ausbau nicht die Erneuerung, Erweiterung, den Umbau oder die Verbesserung in Bezug auf die gesamte öffentliche Verkehrseinrichtung voraussetzt, folgt auch aus der Parallele zum Feld-, Weinbergs- und Waldwegenetz, die der Gesetzgeber im Blick hatte, als er sich für den in § 10a KAG normierten Systemwechsel entschied (LT-Drucks. 15/318 S. 7; vgl. auch OVG RP, 6 C 10601/07.OVG, AS 35, 209, ESOVGRP). Die Gesetzesbegründung zu § 10a KAG (LT-Drucks. 15/318 S. 6 f.) lässt zudem deutlich werden, dass die Neuregelung des wiederkehrenden Straßenausbaubeitrags eine gesetzgeberische Reaktion auf die Schwierigkeiten war, denen sich die Gemeinden bei der Beitragserhebung in Abrechnungseinheiten nach dem früheren Recht ausgesetzt sahen.Der bereits erwähnte Systemwechsel sollte insbesondere die Probleme überwinden, die sich aus dem Erfordernis eines räumlichen und funktionalen Zusammenhangs in der Abrechnungseinheit ergaben. Hätte der Gesetzgeber darüber hinaus auch eine Abkehr vom Bezugsobjekt des Ausbaus im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 KAG normieren wollen, wäre dies im Gesetzgebungsverfahren zur Sprache gekommen. Die Begründung zum Gesetzentwurf enthält aber keinen Anhaltspunkt für eine gesetzgeberische Absicht, das Bezugsobjekt zu verändern und statt der schon bisher maßgeblichen einzelnen Verkehrsanlage nunmehr auf eine Erneuerung, eine Erweiterung, einen Umbau oder eine Verbesserung hinsichtlich der aus sämtlichen Anbaustraßen bestehenden öffentlichen Einrichtung abzustellen.
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Anders als das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, ist ein solcher Wechsel des Bezugsobjekts auch nicht die zwingende Folge der Konstituierung einer einheitlichen öffentlichen Verkehrseinrichtung. Diese führt insbesondere nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen zu dem in dem angefochtenen Urteil angenommenen Verlust der Selbständigkeit der einzelnen Anbaustraßen. Abgesehen davon, dass Straßen trotz Zugehörigkeit zu einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung im Sinne des § 10a Abs. 1 Satz 2 KAG beispielsweise in straßenrechtlicher Hinsicht eigenständige Anlagen bleiben, ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, sämtliche Straßen in der einheitlichen öffentlichen Einrichtung als unselbständige Bestandteile des Anbaustraßennetzes zu betrachten. Das Verfassungsrecht verlangt vielmehr die hinreichende Verknüpfung zwischen Abgabenlast und Sondervorteil (vgl. BVerfG, 1 BvL 1/58, BVerfGE 9, 291 [297]; BVerfG, 2 BvR 591/95, NVwZ 2003, 467). Während beim einmaligen Beitrag die unmittelbare Zugangs- bzw. Zufahrtsmöglichkeit zu der ausgebauten Verkehrsanlage (§ 10 Abs. 5 KAG) für den Eigentümer eines qualifiziert nutzbaren Grundstücks den Sondervorteil darstellt, rechtfertigt sich die Erhebung des wiederkehrenden Beitrags nach § 10a Abs. 1 Satz 2 KAG durch die Anbindung an die öffentliche Einrichtung, die von allen zum Anbau bestimmten Verkehrsanlagen gebildet wird, wenn zu einer dieser Verkehrsanlagen die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs besteht. Der mit dem wiederkehrenden Straßenausbaubeitrag abzuschöpfende Sondervorteil kommt auch in der grundsätzlichen Verpflichtung der Gemeinde zum Ausdruck, die einheitliche öffentliche Einrichtung funktionsfähig zu halten. Die Funktionsfähigkeit des Straßensystems insgesamt tritt bei der Entscheidung über Ausbaumaßnahmen gegenüber der bisherigen Einzelbetrachtung der Straßen in den Vordergrund. Sie überlagert als übergeordnete Zweckbestimmung der einheitlichen Einrichtung den der einzelnen Verkehrsanlage als solcher zukommenden Zweck. Dementsprechend darf der Blick nicht - wie bisher - allein auf die auszubauende Straße gerichtet werden, sondern gleichzeitig auf die Erhaltung, Verbesserung oder Erweiterung des Gesamtstraßensystems (vgl. OVG RP, 6 C 10601/07.OVG, AS 35, 209, ESOVGRP). Daraus folgt jedoch nicht, dass der verfassungsrechtlich erforderliche Sondervorteil, der die Erhebung des wiederkehrenden Beitrags rechtfertigt, den Verlust der Selbständigkeit der einzelnen Anbaustraßen voraussetzt.
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b) Dass die Satzungsbestimmung des § 3 Abs. 1 ABS trotz des Klammerzusatzes „Abrechnungseinheit“ schon wegen der Möglichkeit, sie gesetzeskonform auszulegen, im Ergebnis unbedenklich ist, hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt.
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c) Mangels hinreichender gesetzlicher Grundlage ist allerdings § 6 Abs. 6 ABS zu beanstanden, wonach Bruchzahlen, die sich bei der Ermittlung der errechneten, der Beitragsveranlagung zugrunde zu legenden Fläche ergeben, auf volle Zahlen auf- und abgerundet werden (vgl. OVG RP, 6 C 10601/07.OVG, AS 35, 209, ESOVGRP). Die Unwirksamkeit dieser Bestimmung führt jedoch nicht zur Gesamtnichtigkeit der Ausbaubeitragssatzung. Nur wenn die übrigen Satzungsregelungen ohne die beanstandete(n) vom Satzungsgeber nicht getroffen worden wären oder aber durch die Beanstandung bedeutungslos würden, müsste die Satzung insgesamt als nichtig angesehen werden (vgl. OVG RP, 6 C 10292/01.OVG, ESOVGRP). Hiervon kann nicht deshalb ausgegangen werden, weil die Rundungsregelung in § 6 Abs. 6 ABS unwirksam ist.
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d) Die Festsetzung des Gemeindeanteils auf 40 v.H. (§ 5 ABS) begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Sie ist in Übereinstimmung mit § 10a Abs. 3 KAG erfolgt.
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Nach dieser Bestimmung bleibt bei der Ermittlung des Beitrags ein dem Vorteil der Allgemeinheit entsprechender Teil (Gemeindeanteil) außer Ansatz, der dem nicht den Beitragsschuldnern zuzurechnenden Verkehrsaufkommen entspricht und mindestens 20 v.H. beträgt. Wie der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drucks. 15/318 S. 9) entnommen werden kann, ist den Beitragsschuldnern der Anliegerverkehr in der eine Einheit bildenden Einrichtung zuzurechnen, nicht aber der Durchgangsverkehr. Diese Begründung erläutert außerdem, dass der vorgeschriebene Mindestgemeindeanteil von 20 v.H. nur dann ausreichend ist, wenn das Verkehrsaufkommen fast ausschließlich den Grundstücken im Abrechnungsgebiet zuzurechnen ist. Bei der satzungsrechtlichen Festlegung des Gemeindeanteils muss der Gemeinderat demnach sämtliche in der Baulast der Gemeinde stehenden Verkehrsanlagen und -teile innerhalb der öffentlichen Einrichtung in den Blick nehmen und insgesamt das Verhältnis von Anlieger- und Durchgangsverkehr gewichten (vgl. auch OVG RP, 6 C 10464/02.OVG, AS 30, 106, ESOVGRP). Der ihm dabei zustehende Beurteilungsspielraum schließt eine geringe Bandbreite mehrerer vertretbarer Vorteilssätze ein, die einen Ausgleich für die insbesondere tatsächliche Unsicherheit bieten soll, welche mit der Bewertung der Anteile des Anlieger- sowie des Durchgangsverkehrs zwangsläufig verbunden ist (vgl. OVG RP, 6 A 11315/06.OVG, AS 34, 99, ESOVGRP).
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Angesichts dieses Beurteilungsspielraums muss der Satzungsgeber den Gemeindeanteil nicht auf der Grundlage der Längen und der Verkehrsbedeutung der einzelnen Verkehrsanlagen – wie vorliegend geschehen – festlegen (vgl. hierzu OVG RP, 6 A 12701/98.OVG, ESOVGRP). Da diese Methode der Ermittlung des Gemeindeanteils tendenziell aber eher eine Überschätzung des Durchgangsverkehrs zur Folge hat, führen Mängel einer solchen Berechnung nicht ohne Weiteres zu einer die Beitragspflichtigen benachteiligenden Fehlerhaftigkeit der Festsetzung. Soweit gerügt wird, der Eigenanteil der Gemeinde sei zu niedrig festgelegt worden, weil die B...straße mit Rücksicht auf den Busverkehr in besondere Kosten verursachender Weise ausgebaut worden sei, folgt dem der Senat nicht. Abgesehen davon, dass eine Gemeindestraße so errichtet bzw. ausgebaut werden muss, dass sie das gesamte zu erwartende Verkehrsaufkommen bewältigen kann, zählt der Busverkehr, der Haltestellen innerhalb der öffentlichen Einrichtung anfährt, zum Anliegerverkehr. Selbst wenn der Durchgangsverkehr in der B...straße wegen der Besucher der Draisinenbahn den dortigen Anliegerverkehr bei Weitem übersteigt, ergibt sich das umgekehrte Verhältnis in abseits der Hauptstraßen gelegenen Wohnstraßen der Beklagten. Da der Gemeindeanteil - wie erwähnt - auf der Gesamtgewichtung von Anlieger- und Durchgangsverkehr in der eine Einheit bildenden Einrichtung beruhen muss, ist auch angesichts des Besucherverkehrs zur Draisinenbahn nicht ersichtlich, dass der Festlegung des Gemeindeanteils auf 40 v.H. eine Fehleinschätzung des Gemeinderats zu Lasten der Beitragspflichtigen zugrunde liegt. Schließlich kann nicht beanstandet werden, dass der für den Ausbau der B...straße gewährte Landeszuschuss aus dem Investitionsstock in vollem Umfang auf den Anteil der Beklagten an dem Ausbauaufwand angerechnet wurde, so dass diese im Ergebnis aus eigenen Mitteln weniger als 40 v.H. der Investitionsaufwendungen zu tragen hat. Zweckgebundene Finanzzuweisungen im Sinne des § 18 Abs. 1 Nrn. 2 und 6 des Landesfinanzausgleichsgesetzes – LFAG – dürfen nur gewährt werden, wenn die Investitionskosten nicht oder nicht restlos durch Entgelte gedeckt werden können, wobei die Zuweisung grundsätzlich nur zu den Auszahlungen gewährt wird, die aus allgemeinen Deckungsmitteln zu tragen sind (§ 18 Abs. 2 Nr. 2 LFAG).
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2. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig, soweit für das Jahr 2006 ein wiederkehrender Beitrag in Höhe von 217,56 € erhoben wird (a). Im Übrigen verletzt er den Kläger in seinen Rechten (b).
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a) Die Heranziehung zum wiederkehrenden Beitrag setzt weder einen vorangehenden Grundlagenbescheid über die beitragsrelevanten Grundstücksdaten noch die zeichnerische Festlegung der einheitlichen öffentlichen Einrichtung in einer Karte voraus. Ebenso wenig ist erforderlich, dass die Gemeinde ein Ausbaukonzept aufstellt, in dem die Straßenausbaumaßnahmen der gesamten öffentlichen Verkehrseinrichtung für die kommenden Jahre festgelegt werden. Soweit Rundungen bei der Kalkulation gerügt werden, hat die Beklagte dargelegt, dass dadurch die Beitragslast der Beitragsschuldner vermindert wurde. Aus welchen Gründen die Gesamtfläche, die der Veranlagung des Jahres 2006 zugrunde lag, von derjenigen des Jahres 2007 abweicht, hat die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 12. März 2010 nachvollziehbar erläutert. Grundstücke im Außenbereich sind dabei zutreffend nicht berücksichtigt worden. Denn sie unterliegen der Beitragspflicht nicht, wie der Senat bereits entschieden hat (OVG RP, 6 C 10601/07.OVG, AS 35, 209, ESOVGRP).
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Deshalb kann auch nicht beanstandet werden, dass die am Gleiskörper der Bahnstrecke entlang führende Ladestraße (Parzelle …./..) wegen ihrer Außenbereichslage nicht in die Veranlagung einbezogen wurde. Sie wird an einer Längsseite durch den Gleiskörper, an der anderen Längsseite durch eine Böschung von der Umgebungsbebauung optisch abgetrennt, wie die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat deutlich machten. Sie kann auch deshalb nicht zum Bebauungszusammenhang gehören, weil die K..... Straße nur an ihrer Nordseite durch eine aufeinander folgende Bebauung gekennzeichnet und zum Anbau bestimmt ist, während die südliche Seite mit der Böschung und der Parzelle 459/23 an diesem Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit der Bebauung nicht teilnimmt (vgl. BVerwG, 4 C 15/84, BVerwGE 75, 34 [36] = NVwZ 1987, 406; BVerwG, 4 C 15/90, NVwZ 1993, 985). Im Übrigen stellt die Parzelle …/.. eine Freifläche dar, die so groß ist, dass ihre Bebauung nicht mehr als zwanglose Fortsetzung der in der K... Straße vorhandenen Bebauung angesehen werden könnte (vgl. BVerwG, 4 BN 37/05, BRS 69 Nr. 95, juris; OVG RP, 1 A 11260/05.OVG; OVG RP, 1 A 10705/06.OVG).
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b) Zu berichtigen ist die Beitragsveranlagung insoweit, als in den Aufwand des Jahres 2007 Kosten für die Pflasterung von drei Teilflächen der Grundstücke Kuhn in einer Gesamthöhe von 1.040,37 € (incl. MWSt.) eingeflossen sind. Die der Beitragspflicht unterliegende Gesamtfläche ist außerdem um 107 m² (Grundstück G...) zuzüglich Gewerbezuschlag zu erhöhen, da die entsprechende Grundstücksfläche - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - überbaut ist. Für eine teilweise gewerbliche Nutzung ist ein solcher Gewerbezuschlag von 10 v.H. auch für das Grundstück S….vorzusehen. Obwohl im dortigen Stallbereich lediglich für einen ca. zweijährigen Zeitraum Geräte eines im Aufbau befindlichen Gartenbaubetriebs untergebracht waren, stellte dies nach Auffassung des Senats eine teilgewerbliche Nutzung dar. Soweit auf der Grundlage des § 6 Abs. 6 ABS eine Rundung von Bruchzahlen, die sich bei der Ermittlung der errechneten, der Beitragsveranlagung zugrunde zu legenden Fläche ergeben, vorgenommen wurde, ist sie zu korrigieren. Zu Lasten der Beitragspflichtigen kann dies allerdings nur bis zur Höhe des Betrages erfolgen, der als wiederkehrender Beitrag für das jeweilige Grundstück festgesetzt wurde. Unter Berücksichtigung der nachgereichten Schriftsätze der Beklagten vom 19. und vom 22. März 2010 ergibt sich für das Flurstück …./. angesichts einer Geschossfläche von 436 m² ein wiederkehrender Beitrag für das Jahr 2006 in Höhe von 217,56 €.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.
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Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
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Beschluss
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Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 217,83 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 3 GKG).
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Annotations
Das Oberverwaltungsgericht kann in dem Urteil über die Berufung auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug nehmen, wenn es sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfange zu eigen macht. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe kann es absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.