Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 21. März 2017 - 1 K 814/16.NW
Gericht
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 9/10 und die Beklagte zu 1/10.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Vergnügungssteuerpflicht der Klägerin.
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Diese betreibt seit September 2013 die Diskothek A in B. Im vorliegenden Klageverfahren ist die Vergnügungssteuer für die Monate September bis Dezember 2013 streitgegenständlich.
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Nach Mitteilung der Öffnungstage der Diskothek von September 2013 bis August 2014 setzte die Beklagte zunächst auf der Grundlage der Betriebsfläche mit Bescheid vom 21. Juli 2014 eine Vergnügungssteuer für die Monate September bis Dezember 2013 in Höhe von insgesamt X € fest. Die Klägerin bat um Korrekturberechnung, weil eine Zone innerhalb des Betriebes in den Monaten November und Dezember lediglich samstags geöffnet gewesen sei.
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Am 9. Oktober 2014 fand eine Begehung der Örtlichkeit durch die Beteiligten statt, deren Ergebnis die Beklagte in einem Vermerk niederlegte. Danach gab die Klägerin Informationen über ihre Eintrittspreise und teilte u.a. mit, dass Clubmitglieder keinen Eintritt zahlten und zahlreiche Veranstaltungen in der Diskothek ohne Eintrittsgelder stattfänden. Die Höhe der Eintrittsgelder sei abhängig vom Wochentag und ab 2 Uhr morgens nach der Uhrzeit gestaffelt. Alle Räumlichkeiten der Diskothek fassten ca. 000 Besucher. An Samstagen seien ca. 000 bis 000, an Freitagen ca. 000 und vor Feiertagen ca. 000 Personen anwesend. Bis Januar 2014 habe das Eintrittsgeld einen Mindestverzehr umfasst. Die Beklagte übergab der Klägerin ein Schreiben vom 6. Oktober 2014, in dem sie um Beantwortung einzelner Fragen, u.a. zu Besucherzahlen und Eintrittspreisen, für jeden Öffnungstag bat. Sie hob die bisher ergangenen Steuerfestsetzungen bis zur Klärung der Angelegenheit auf. Die Klägerin sicherte zu, die von der Beklagten geforderten Daten innerhalb der gesetzten Frist zu übermitteln.
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Mit Schreiben vom 22. Oktober 2014 erklärte sie, es sei nicht möglich festzustellen, welche Personen zu welchem Eintrittspreis an den Öffnungstagen der Diskothek zugegen gewesen seien. Ihr ehemaliger Geschäftsführer teilte der Beklagten telefonisch mit, an Öffnungstagen seien jeweils ca. 000 bis 000 Personen mit Clubmitgliedkarte anwesend, die er nicht nachwiesen könne. Die Klägerin könne keine genauen Besucherzahlen zu den einzelnen Uhrzeiten auswerten.
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Unter dem 3. November 2014 forderte die Beklagte weitere Angaben und Nachweise unter Hinweis auf die Mitwirkungspflichten der Klägerin, u.a. zur Clubmitgliedschaft und zu Öffnungstagen ohne Eintrittsgeld. Es sei nicht nachvollziehbar, dass bei einer elektronisch geregelten Einlass- und Auslasskontrolle samt digitalem Bezahlsystem nicht erfasst sei, wer wann welchen Eintritt gezahlt habe. Sie kündigte eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen an.
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Mit Schreiben vom 22. November 2014 gab die Klägerin ergänzende Erklärungen ab: Den Besuchern werde beim Eintritt eine Chipkarte ausgehändigt, mit der, wie bei einer Kreditkarte, erst am Ende der gesamte Umsatz einschließlich Eintritt und Verzehr abgerechnet werde. Der genaue Eintritt der einzelnen Personen sei aus der Gesamtsumme nicht zu erkennen. Clubmitglieder und Studenten hätten freien Eintritt, daneben werde spontan freier Eintritt gewährt über Mitteilungen in sozialen Netzwerken, und es gebe VIP-Karten, Stammkundenkarten sowie Jahresabonnements. Andere Betriebe des Unternehmensverbundes würden deshalb nach Quadratmetern oder einem Pauschbetrag besteuert.
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In einem weiteren Schreiben an die Beklagte vom 9. April 2015 meldete die Klägerin die Anzahl der Öffnungstage von September 2013 bis Dezember 2014, ohne nähere Angaben zu Uhrzeiten und Eintrittsgeldern.
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Mit Bescheid vom 26. November 2015 setzte die Beklagte die Vergnügungssteuer für die streitgegenständlichen Monate im Wege der Schätzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung neu fest auf insgesamt Y €, einschließlich eines Sicherheitszuschlags und eines Verspätungszuschlags. Grundlage für die Festsetzung waren die von der Klägerin mitgeteilten ungefähren Zahlen der Besucher und Clubmitglieder mit freiem Eintritt. Die Eintrittsgelder von 000 €, unter Abzug eines geschätzten Mindestverzehrs von jeweils 000 €, besteuerte sie mit 20%. Die Klägerin sei ihren Mitteilungspflichten nicht ausreichend nachgekommen. Deshalb seien ein Sicherheitszuschlag von 20% und ein Verspätungszuschlag von 10% zu erheben.
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Die Klägerin erhob Widerspruch, den sie wie folgt begründete: Es fänden permanent Aktionen statt, bei denen der Eintritt variiere, auf Eintritt ganz verzichtet oder der Eintritt mit dem Verzehr gekoppelt werde. Mit der Clubkarte des Unternehmensverbunds sei der Eintritt in insgesamt fünf Diskotheken täglich frei. Die Eintrittsgelder seien ab 2 Uhr morgens zeitlich gestaffelt. Die Beklagte habe keine fundierten Schätzungen in ihrem Bescheid dargelegt.
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Die Satzung der Beklagten lasse es ohnehin nicht zu, eine Diskothek der Vergnügungssteuer zu unterwerfen. Vom Wortlaut der Satzung werde die Diskothek nicht erfasst. Diese sei insbesondere keine „Tanzveranstaltung“, sondern lediglich ein Treff- und Kontaktbereich in lockerer Atmosphäre. Der Eintritt werde für den Besuch der Räumlichkeiten, nicht für das Tanzen entrichtet. Innerhalb des Betriebs gebe es auch einen Gaststättenbereich und einen Raucherbereich. Lediglich im Tanzbereich bestehe die Gelegenheit zum Tanzen, wovon aber eher weibliche Besucher Gebrauch machten. Das Tanzen sei jedenfalls kein zentraler oder primärer Zweck der Diskothek. Die Satzung erfasse erkennbar nur sporadische Veranstaltungen, was sich aus §§ 5, 10 und 11 der Satzung ergebe, die mit dem Betrieb einer Diskothek nicht kompatibel seien. Die Besteuerung einer Diskothek verstoße mithin gegen den Bestimmtheitsgrundsatz.
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Die Besteuerung des Bruttoeintrittspreises sei unzulässig, da hierin die vom Unternehmer selbst zu entrichtende Umsatzsteuer enthalten sei. Der Steuersatz von 20 % habe erdrosselnde Wirkung und sei unverhältnismäßig, wozu ein Sachverständigengutachten eingeholt werden könne. Eine Eintrittspreiserhöhung wegen der Vergnügungssteuer sei am Markt nicht durchsetzbar. Schließlich seien die Säumniszuschläge nicht begründet und die von der Beklagten vorgenommenen Schätzungen nicht erlaubt.
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Auf Antrag der Klägerin ordnete die Beklagte die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs an.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 10. August 2016 wies sie den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Eine Diskothek stelle eine gewerbliche Tanzveranstaltung dar. Die Motive der Diskothekenbesucher seien unerheblich, maßgeblich sei vielmehr das Tanzangebot. Die von der Klägerin ausgegebenen Chipkarten stellten Eintrittskarten oder sonstige Ausweise im Sinne der Satzung dar. Die Besteuerung anhand der Eintritte sei vorrangig gegenüber dem Flächenansatz, weil sie wesentlich wirklichkeitsnäher sei. Für den Mindestverzehr sei ein Abzug erfolgt. Die Steuererhebung nach den Bruttoeintrittspreisen sei rechtmäßig, eine Vergnügungssteuer von 20% wirke nicht erdrosselnd. Die Zahl der Besucher sei anhand der eigenen Angaben der Klägerin geschätzt worden, wofür § 13 der Satzung i. V. m. § 162 Abgabenordnung die Rechtsgrundlage darstelle. Bei einer mangelnden Mitwirkung des Veranstalters, wie hier, sei dies zulässig. Teurere Bungalowmieten würden ausgeglichen durch kostenlose Studenten-, Club- und Werbekarten. Der Sicherheitszuschlag sei rechtmäßig, da die Klägerin nicht besser stehen könne als Veranstalter, die ihrer Mitwirkungspflicht nachkämen. Auch gegenüber dem Finanzamt müsse sie ihre Besucherzahlen dokumentieren.
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Der Widerspruchsbescheid wurde am 19. August 2016 zugestellt.
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Die Klägerin hat am 19. September 2016 Klage erhoben.
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Sie trägt ergänzend vor: Die Verfassungswidrigkeit der Satzung werde gerügt wegen mangelnder Bestimmtheit und wegen des Widerspruchs der §§ 5, 10 und 11 zur Besteuerung einer Diskothek. Die Satzung erfasse keinen stehenden Gewerbebetrieb, sondern erkennbar nur sporadische Veranstaltungen. Die Besteuerung nach Eintrittsgeldern gehe an der Lebenswirklichkeit einer Diskothek vorbei und sei deshalb vom Satzungszweck, wie er in § 5 Abs. 2 und Abs. 5 zum Ausdruck komme, nicht erfasst. Die Eintrittsgelder seien heute nur noch von geringer Bedeutung. Mit 000 Besuchern lasse sich die Diskothek auf der Grundlage einer 20%igen Vergnügungssteuer auf den Eintritt nicht mehr wirtschaftlich führen. Für die Schätzung der Beklagten fehle es an einer Rechtsgrundlage. An keinem anderen Betriebsstandort werde nach vermeintlichen Eintritten besteuert, sondern nach Quadratmeteranzahl des Betriebs oder einer vereinbarten Pauschalzahlung. Auch ihre Vorgängerin sei 25 Jahre lang nur nach der Fläche besteuert worden.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 26. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. August 2016 aufzuheben.
- 20
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie bezieht sich auf den Widerspruchsbescheid.
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Auf den im Bescheid festgesetzten Verspätungszuschlag hat sie in der mündlichen Verhandlung verzichtet und insoweit nach beidseitiger Erledigungserklärung die Kosten übernommen.
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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die damit eingereichten Unterlagen sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet, soweit darüber noch mit Urteil zu entscheiden war. Der Bescheid der Beklagten vom 26. November 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 2016 ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.
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Rechtsgrundlage für die gegenüber der Klägerin festgesetzte Vergnügungssteuer ist § 5 Abs. 2 Kommunalabgabengesetz – KAG – i. V. m. der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Vergnügungssteuer vom 12. Dezember 2011, zuletzt geändert durch Satzung vom 27. Februar 2014 (i. F.: VS). Nach der gesetzlichen Regelung des § 5 Abs. 2 KAG können die Gemeinden örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern erheben, solange und soweit diese nicht bundesrechtlich geregelten Steuern gleichartig sind. Von diesem Steuererhebungsrecht hat die Beklagte durch ihre Vergnügungssteuersatzung Gebrauch gemacht.
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Diese Satzung begegnet nicht den von der Klägerin geltend gemachten verfassungsrechtlichen Zweifeln an ihrer Bestimmtheit und inneren Widerspruchsfreiheit im Hinblick auf die Besteuerung des Gewerbebetriebs einer Diskothek. Gemäß § 1 Nr. 1 VS unterliegen die im Gebiet der Beklagten veranstalteten Vergnügungen gewerblicher Art in Form von Tanzveranstaltungen der Besteuerung. Diese Regelung ist nicht zu unbestimmt. Der Begriff der Tanzveranstaltung ist, wie andere unbestimmte Rechtsbegriffe im Verwaltungsrecht, auslegungsfähig. Von der Rechtsprechung ist der Begriff der vergnügungssteuerpflichtigen Tanzveranstaltung bisher einhellig dahin ausgelegt worden, dass der Betrieb einer gewerblichen Diskothek darunter zu fassen ist, auch wenn darin noch andere, für sich genommen nicht vergnügungssteuerpflichtige Angebote gemacht werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2004 – 9 C 3/03 –; OVG RP, Urteil vom 26. Januar 1993 – 6 A 10320/92 –; OVG MP, Urteil vom 13. Mai 2009 – 1 L 195/05 –; Sächs. OVG, Beschluss vom 28. Januar 2013 – 5 A 924/10 –; OVG NRW, Beschluss vom 4. Mai 2016 – 14 B 362/16 –; VG Osnabrück, Urteil vom 17. November 2009 – 1 A 159/09 –; VG Dresden, Urteil vom 26. Oktober 2010 – 2 K 1422/09 –; alle juris und teils m.w.N.). Es ist nichts dafür ersichtlich, weshalb eine gewerblich geführte Diskothek in der heutigen Lebenswirklichkeit nicht mehr unter den Begriff einer Tanzveranstaltung fallen sollte. Nach wie vor wird dort unbestritten, so auch im Betrieb der Klägerin, den Besuchern die Gelegenheit angeboten, einem Tanzvergnügen nachzugehen. Dass unter Umständen nicht alle Besucher von diesem Angebot Gebrauch machen, vermag daran nichts zu ändern. Auch bei sonstigen gewerblichen Tanzveranstaltungen wird nicht jeder Besucher zu jedem Zeitpunkt tanzen, sondern bisweilen oder auch ausschließlich anderen Tänzern zuschauen, der Musik zuhören und/oder sich in lockerer Atmosphäre mit anderen Gästen unterhalten. Die persönlichen Motive der einzelnen Besucher sind für die pauschalierend vorzunehmende Einordnung der Diskothek unter den Begriff einer Tanzveranstaltung unerheblich (vgl. Sächs. OVG, VG Dresden, a.a.O. sowie VG Münster, Urteil vom 26. Januar 2011 – 9 K 1517/08 –, juris zur Abgrenzung gegenüber einem Konzert).
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Diese Auslegung des Begriffs der Tanzveranstaltung in § 1 Nr. 1 VS steht auch nicht im inneren Widerspruch zu den sonstigen Regelungen der VS. Die Klägerin sieht einen solchen Widerspruch zwischen der Besteuerung einer Diskothek und dem aus §§ 5, 10 und 11 VS erkennbaren Satzungszweck. Aus diesen Regelungen ergibt sich aber entgegen ihrer Auffassung nicht, dass die VS lediglich sporadische Veranstaltungen und keinen stehenden Gewerbebetrieb erfassen soll (vgl. auch OVG RP, a.a.O.). Vielmehr enthält § 5 Abs. 4 VS ebenso wie § 10 Abs. 1 Satz 3 VS gerade Bestimmungen, die sich auf regelmäßig wiederkehrende Veranstaltungen, auch desselben Veranstalters, beziehen. Die Vorlage der Eintrittskarten aus § 5 Abs. 2 VS besteht nur auf Verlangen der Behörde, ist mithin nicht konstitutiv für das Entstehen der Steuerpflicht. Inwiefern die Regelung über den Zeitpunkt des Entstehens der Steuerpflicht (§ 11 VS) zum Betrieb regelmäßiger Veranstaltungen in einer gewerblichen Diskothek in Widerspruch stehen soll, ist nicht erkennbar und wird von der Klägerin nicht näher dargelegt.
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Die Beklagte besteuert die Klägerin zu Recht gem. § 5 VS nach dem Eintrittspreis.
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Diese Vorschrift ist im vorliegenden Fall anwendbar. Eine Besteuerung gem. § 6 VS nach der Größe des benutzten Raums kommt demgegenüber hier grundsätzlich nicht in Betracht. Denn die Anwendung des § 6 VS ist satzungsrechtlich nur möglich, wenn die Voraussetzungen einer Besteuerung nach § 5 VS nicht gegeben sind oder – was hier nicht der Fall ist – die Steuer höher ist als die Besteuerung nach dem Eintritt. Die Beklagte als Satzungsgeberin hat damit einen Vorrang für den Besteuerungsmaßstab des Eintrittspreises vor dem Flächenmaßstab normiert. Das liegt in ihrem Satzungsermessen und begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Das Rangverhältnis entspricht vielmehr dem normierten Steuertatbestand. Die Vergnügungssteuer knüpft als indirekte örtliche Aufwand- und Verbrauchsteuer an dem Aufwand der sich vergnügenden Personen an. Der vergnügungssteuerpflichtige Aufwand der Besucher einer Diskothek kommt in erster Linie in dem für das Vergnügen entrichteten Eintrittspreis zum Ausdruck und wird damit durch den Eintrittspreis wesentlich wirklichkeitsnäher erfasst als durch den pauschaleren Rückgriff auf die Größe der Vergnügungsstätte (vgl. BVerwG, OVG NRW, VG Osnabrück, VG Dresden, jeweils a.a.O.).
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Der Diskothekenbetrieb der Klägerin erfüllt die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 VS. Dessen Anwendungsbereich ist eröffnet, wenn für die Teilnahme an einer Veranstaltung ein Eintrittsgeld erhoben wird. Dabei handelt es sich um eine Geldzahlung, durch die allein der Anspruch auf Teilnahme an der Veranstaltung erworben wird (OVG RP, a.a.O.). Die Klägerin erhebt grundsätzlich für den Zutritt zu ihrer Diskothek ein solches Eintrittsgeld von den Besuchern, auch wenn es erst beim Verlassen der Diskothek zu entrichten ist (vgl. OVG RP, Urteil vom 26. Januar 1993, a.a.O.). Dass die Eintrittspreise ab 2 Uhr morgens zeitlich gestaffelt sind, zu bestimmten Veranstaltungen (z. B. zu sog. „Mädelsabenden“) und von bestimmten Personengruppen (Clubmitglieder, zeitweilig Studenten, VIP-Besucher) kein Eintritt zu entrichten ist, ändert nichts am Regelfall der Erhebung eines Eintrittsgeldes für den Besuch der Diskothek. Aus dem Werbematerial der Klägerin, das dem Gericht vorliegt, ergibt sich, dass ein vollständiger Verzicht auf Eintritt die Ausnahme bildet, mit der jeweils im Sinne einer Sonderveranstaltung bzw. eines besonderen Angebots um Besucher geworben wird. Diese Ausnahmetatbestände führen nicht dazu, dass die Eintrittsgelder insgesamt nicht mehr realitätsgerecht den Vergnügungsaufwand abbilden und deshalb der Satzungszweck nicht mehr erfüllt wird. Den Ausnahmetatbeständen könnte vielmehr ohne Weiteres Rechnung getragen werden, indem die Besucher ohne Eintritt aus den Besucherzahlen herausgerechnet und die unterschiedlich hohen Eintrittsgelder aufgrund konkreter Angaben der Klägerin berechnet würden. Eine solche Steuerfestsetzung, ist hier bisher allein deshalb nicht möglich, weil die Klägerin zu diesen Parametern keine konkreten Angaben macht. Das ändert aber nichts an dem von der Beklagten bei der Besteuerung zugrunde zu legenden Lebenssachverhalt einer gewerblichen Tanzveranstaltung mit Eintrittsgeld.
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Auch wenn die Klägerin keine klassischen Eintrittskarten in Papierform ausgibt, erhebt sie dennoch gemäß § 5 Abs. 1 VS einen Eintritt zu ihren Veranstaltungen. Zum einen ist die Ausgabe von Eintrittskarten oder sonstigen Ausweisen nach dem Wortlaut der Regelung nicht Voraussetzung der Besteuerung nach § 5 Abs. 1 VS, sondern eine aus der Erhebung von Eintritt folgendePflicht des Veranstalters. Ein satzungswidriger Verzicht auf die Ausgabe von Eintrittskarten würde es der Klägerin nicht erlauben, zu dem für sie günstigeren Pauschalmaßstab der Raumgröße zu gelangen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. März 2010 – 14 A 319/10 –, juris). Zum anderen stellen die an die Besucher beim Eintritt ausgegebenen Chipkarten, auf denen das Eintrittsgeld elektronisch verbucht wird, durchaus sonstige Ausweise im Sinne des § 5 Abs.1 VS dar. Das wird daran deutlich, dass die Klägerin nach ihrem Abrechnungssystem keine Besucher haben kann, die nicht im Besitze einer Karte sind – gleich welcher Art, sei es auch mit einem konkret verbuchten Eintritt von 0 € z.B. auf Clubkarten (vgl. VG Osnabrück, a.a.O.). Die Pflicht der Klägerin zur Vorlage der Eintrittskarten bei der Behörde gemäß § 5 Abs. 2 VS steht dem auch im vorliegenden Zusammenhang nicht entgegen, denn sie besteht, wie bereits ausgeführt, nur auf Verlangen der Beklagten. Schließlich kann die Besteuerung gemäß § 5 Abs. 5 VS nach dem auf der Karte angegeben Preis und der Zahl der ausgegebenen Eintrittskarten erfolgen. Die elektronische Verbuchung der (unterschiedlich hohen) Eintrittspreise auf den Chipkarten kann ohne weiteres unter diese Satzungsregelung subsumiert werden.
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Soweit die Klägerin weiter geltend macht, sie könne die einzelnen Eintrittsgelder nicht auswerten, ihr stehe vielmehr nur die am Ende von den Besuchern jeweils zu zahlende Gesamtsumme aus Eintritt und Verzehr zur Verfügung, ist ihr Vortrag für das Gericht nicht nachvollziehbar und nicht durch entsprechende Nachweise belegt. Die Kammer geht vielmehr wie die Beklagte davon aus, dass die Einnahmen der Klägerin differenziert nach Eintrittsgeldern, Getränken und sonstigem Verzehr der Besucher, schon aus Gründen der möglichen unterschiedlichen Umsatzsteuersätze gegenüber dem Finanzamt zu erfassen und auszuweisen sind. Außerdem hat jeder Gast der Klägerin Anspruch darauf, die von ihm geschuldeten Geldbeträge einzeln anhand eines Belegs nachvollziehen zu können. Allein dazu muss die elektronische Verbuchung entsprechend differenziert auch im Hinblick auf die Eintrittsgelder erfolgen. Das hat letztlich auch der Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt.
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Da die Klägerin dazu keine ausreichenden Angaben gemacht hat, durfte die Beklagte die Besteuerungsgrundlagen schätzen. Rechtsgrundlage dafür ist § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG und § 13 VS i. V. m. § 162 Abgabenordnung – AO –. Danach hat die Behörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dieser Schätzungsanlass ist hier gegeben. Die Schätzungsbefugnis ist unabhängig vom Verschulden der Steuerschuldnerin insbesondere eröffnet, wenn keine Bücher oder sonstige Aufzeichnungen vorgelegt werden (vgl. Klein, Abgabenordnung, § 162 Rn. 21, 24; OVG NRW, Urteil vom 4. Mai 2016, a.a.O.).
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Im vorliegenden Fall hat sich die Beklagte mehrfach und ausreichend um eine Sachverhaltsaufklärung bemüht, insbesondere die Klägerin zu konkreten Angaben im Hinblick auf Besucherzahlen und Eintrittspreise aufgefordert und sie auf die drohende Schätzung hingewiesen. Aufgrund der fehlenden Angaben der Klägerin zur exakten Höhe der von ihr erhobenen Eintrittsgelder und der Anzahl der zahlenden Besucher bestand für die Beklagte keine Möglichkeit, die Steuer konkret zu berechnen.
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Die Beklagte hat die zulässige Schätzung auf einer ordnungsgemäßen Grundlage durchgeführt. Bei einer Schätzung ist zu beachten, dass sie das Ziel einer größtmöglich erreichbaren Wahrscheinlichkeit haben muss und zu einem realitätsgerechten, wirtschaftlich möglichen, vernünftigen und schlüssigen Ergebnis führen muss. Je geringer indessen die Angaben des Steuerpflichtigen sind, desto gröber darf die Schätzung der Behörde ausfallen (vgl. Klein, a. a. O., Rn. 36, 37). Dementsprechend hat die Beklagte vorrangig die eigenen Angaben der Klägerin zu ihren Besucherzahlen und ihrer Eintrittspreisgestaltung zugrunde gelegt. In mehrfacher Hinsicht ist sie dabei von einem für die Klägerin günstigen Sachverhalt ausgegangen: So hat sie zu Gunsten der Klägerin die durchschnittliche Zahl der bei der Veranstaltung anwesenden Clubmitglieder bei der Schätzung der Besucherzahlen unberücksichtigt gelassen, obwohl auch diese rechtlich betrachtet durchaus ein Eintrittsgeld – in pauschalierter Form monatlich oder jährlich im Voraus – entrichten. Des Weiteren hat die Beklagte für die Monate September bis Dezember 2013 einen nach Angaben der Klägerin im Eintrittspreis enthaltenen Mindestverzehr vom Eintrittspreis in Abzug gebracht, obwohl ein Mindestverzehr weder dem Grunde noch der Höhe nach belegt ist. Schließlich hat sie höhere Eintrittsgelder an besonderen Tagen, wie beispielsweise an Silvester, nicht in Ansatz gebracht. Vor diesem Hintergrund begegnet es keinen Bedenken, dass nicht näher dargelegte Werbeaktionen, wie zeitweise reduzierte oder freie Eintritte für Studenten, VIP-Karten etc., sowie die Staffelung der Eintrittspreise ab 2 Uhr morgens keiner gesonderten Schätzung unterzogen wurden. Mangels greifbarer Angaben der Klägerin ist vielmehr der pauschalierende Ansatz der reinen Eintrittsgelder in Höhe von 000 € an Freitagen und vor Feiertagen und 000 € an Samstagen keinesfalls zu ihren Lasten zu hoch angesetzt (vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. März 2010, a.a.O.). Wie sich das für die nachfolgende Zeit darstellt, in der aufgrund der Angaben der Klägerin im Eintrittspreis kein Mindestverzehr mehr zu berücksichtigen sein wird, muss hier nicht entschieden werden.
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Aus Sicht des Gerichts bestehen nach alledem keine Zweifel daran, dass sich das Schätzungsergebnis im oben beschriebenen Sinn als schlüssig und wirtschaftlich vertretbar erweist. Die Klägerin hat es jederzeit in der Hand, durch Vorlage ihrer elektronisch erfassten Daten eine Korrektur der unter Vorbehalt ergangenen Steuerveranlagung zu erreichen.
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Der Umstand, dass sie keinerlei Bücher, Aufzeichnungen, Belege oder elektronisch erfasste Daten vorgelegt hat, die Beklagte sich mithin allein auf die Angaben der Steuerschuldnerin verlassen musste, berechtigt zur Erhebung eines Sicherheitszuschlags in Höhe von 20% auf die geschätzte Steuer. Ein solcher Sicherheitszuschlag ist im Rahmen des § 162 AO zulässig. Er stellt eine griffweise Schätzung dar, die sich in einem vernünftigen Verhältnis zum Steuerfall halten muss (vgl. Klein, a. a. O., Rn. 5, 36 und BFH, Urteil vom 26. Oktober 1994 – X R 114/92 –, juris). Angesichts der Tatsache, dass der Betrieb der Klägerin bis zu 000 Besucher fasst und die bei der Steuerveranlagung zugrunde gelegten Besucherzahlen bei nur einem Drittel bzw. Viertel davon liegen, ist der Zuschlag unbedenklich. Hierzu verweist die Kammer auf die überzeugenden Ausführungen des Widerspruchsbescheids der Beklagten und die dort zitierte Entscheidung des VG Minden vom 14. Juni 2013 (5 K 2153/12, juris).
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Die Besteuerung des Bruttoeintrittspreises ist ebenfalls rechtmäßig. Der Bruttoeintrittspreis entspricht exakt dem Aufwand, der von dem sich Vergnügenden tatsächlich erbracht wird, um an der Vergnügungsveranstaltung teilzunehmen (vgl. OVG RP, Sächs. OVG, jeweils a.a.O.).
- 40
Der Steuersatz von 20% auf den Eintrittspreis hat nach Auffassung des Gerichts keine erdrosselnde Wirkung (vgl. Sächs. OVG, VG Dresden, OVG NRW, Urteil vom 25. März 2010, a.a.O). Davon wäre nur auszugehen, wenn es die Steuerbelastung für sich gesehen verhinderte, dass ein durchschnittlicher Veranstalter des besteuerten Vergnügens im Gebiet der steuererhebenden Gemeinde seinen Beruf ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensführung machen kann (vgl. Sächs. OVG, a.a.O.). Dafür fehlt es hier an greifbaren Anhaltpunkten. Vielmehr hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die Eintrittsgelder ohnehin nur noch eine geringe Bedeutung für einen Diskothekenbetrieb hätten. Darüber hinaus wendet sie lediglich pauschal ein, der Betrieb einer Diskothek mit nur wenigen Besuchern sei bei einer Besteuerung auf den Eintritt nicht mehr wirtschaftlich zu führen. Dies kann indessen unterschiedlichste Gründe außerhalb der Vergnügungssteuerpflicht des Unternehmens haben.
- 41
Die streitgegenständliche Besteuerung verstößt schließlich weder gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen einen bestehenden Vertrauensschutz für die Klägerin. Da die Vergnügungssteuer eine fakultative Gemeindesteuer darstellt, ist eine vergleichende Betrachtung mit den satzungsrechtlichen Bestimmungen und der Besteuerungspraxis in anderen Gemeinden nicht zulässig (vgl. OVG RP, a.a.O.). Wie die Vorgängerin der Klägerin besteuert wurde, kann für die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Bescheide gemäß den einschlägigen gesetzlichen und satzungsrechtlichen Bestimmungen ebenfalls keine Rolle spielen. Den zunächst noch auf der Grundlage der Raumgröße ergangenen Steuerbescheid vom 21. Juli 2014 hat die Beklagte ausdrücklich im Schreiben an die Klägerin vom 6. Oktober 2015 aufgehoben.
- 42
Die Kostenentscheidung beruht bezüglich des um den 10%igen Verspätungszuschlag reduzierten Teils des Bescheids auf der mit übereinstimmender Erledigungserklärung von der Beklagten abgegebenen Kostenübernahmeerklärung; insoweit ist das Klageverfahren erledigt. Im Übrigen folgt die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO.
Beschluss
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Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 000 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).
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Annotations
(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb
- 1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder - 2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.
(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.
(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.
(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.
(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb
- 1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder - 2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.
(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.
(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.
(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.
(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.
(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.
(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.