Verwaltungsgericht Münster Urteil, 19. Dez. 2014 - 7 K 2795/12
Verwaltungsgericht Münster
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 14. September 2012 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke Gemarkung J. , Flur 7, Flurstücke 231, 232. Östlich des Flurstücks 231 befindet sich das im Eigentum der Beigeladenen stehende Flurstück 230. Dieses grenzt zudem südlich an das im Eigentum der Frau F. stehende Flurstück 1147. Die Beseitigung des auf dem Grundstück der Beigeladenen anfallenden häuslichen Abwassers erfolgte bisher zunächst durch eine Kleinkläranlage und anschließend durch einen sog. Kanalanschluss auf Rädern, d.h. durch das Sammeln des Abwassers in einer abflusslosen Grube mit anschließender Abfuhr zur städtischen Kläranlage Q. .
3Die Beigeladene beantragte bei der Stadt J. den Anschluss ihres Grundstücks an den Schmutzwasserkanal. Die Stadt J. erklärte sich bereit, diesen Anschluss vorzunehmen, wies jedoch darauf hin, dass Voraussetzung für den Anschluss die Verlegung einer privaten Anschlussleitung von dem Grundstück der Beigeladenen bis zur öffentlichen Kanalisation in der Straße „B. “ sei. Weder die Klägerin noch Frau F. waren bereit, freiwillig die Verlegung einer solchen Anschlussleitung zuzulassen.
4Unter dem 28. März 2012 beantragte die Beigeladene bei dem Beklagten die Erteilung eines Zwangsrechts auf Verlegung und Unterhaltung einer unterirdischen Abwasserleitung über die Grundstücke der Klägerin oder der Frau F. . Der Beklagte gab sowohl der Klägerin als auch Frau F. mit Schreiben vom 23. April 2012 Gelegenheit zur Stellungnahme zu einer etwaigen Inanspruchnahme der Grundstücke 231 und 232 oder des Grundstücks 1147 als Leitungstrasse. Am 05. Juni 2012 führte der Beklagte u.a. mit der Klägerin eine diesbezügliche mündliche Verhandlung durch.
5Durch den streitgegenständlichen Bescheid vom 14. September 2012 verpflichtete der Beklagte die Klägerin, das unterirdische Durchleiten von dem auf dem Grundstück der Beigeladenen anfallenden häuslichen Abwasser über die Grundstücke 231 und 232 zur öffentlichen Kanalisation der Stadt J. in der Straße „B. “ durch eine wasserdichte Leitung mit einer Länge von 101,30 m, einem Außendurchmesser von 6,3 cm und einer Verlegungstiefe von mindestens 1,2 m zu dulden. Ferner wurde die Klägerin verpflichtet, die Verlegung und dauerhafte Unterhaltung der Leitung zu dulden. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, eine Abwasserbeseitigung durch die Beigeladene mittels einer Kleinkläranlage sei unzulässig, da die Voraussetzungen des § 53 Abs. 4 LWG NRW für eine Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht von der Stadt J. auf die Beigeladene nicht vorlägen. Die von der Stadt J. berechneten Anschlusskosten in Höhe von ca. 9.500,00 Euro stellten keinen unverhältnismäßig hohen Aufwand dar. Eine Abwasserbeseitigung durch Sammeln und Abfahren des Abwassers komme nicht in Betracht, da dies im Verhältnis zum Anschluss an die öffentliche Kanalisation zwar mit niedrigeren einmaligen Kosten für die Errichtung der Grube in Höhe von 5.700,00 Euro, aber mit erheblich höheren laufenden Kosten für die Abfuhr des Wassers verbunden sei. Eine Leitungstrasse über das Grundstück der Frau F. sei nicht ebenso zweckmäßig wie der Kanalanschluss. Die Grundstücke der Klägerin seien mit einem Wegerecht zugunsten des Grundstücks der Beigeladenen belastet. Die zu duldende Abwasserleitung verlaufe unter dem bereits vorhandenen Weg. Dort befänden sich ferner bereits eine Strom- und eine Frischwasserleitung. Das Grundstück der Frau F. sei demgegenüber unbelastet und werde als Weidefläche genutzt. Der Nutzen der Durchleitung sei erheblich höher als der bei der Klägerin entstehende Schaden. Die bei der Beigeladenen anfallenden Kosten für die häusliche Abwasserbeseitigung würden sich gegenüber den Kosten für eine Abfuhr reduzieren. Außerdem werde die dauerhafte Zuleitung des häuslichen Abwassers zur öffentlichen Kanalisation und damit der Vorrang der öffentlichen Abwasserbeseitigung sichergestellt. Die Klägerin treffe lediglich während der Verlegung der Abwasserleitung eine Nutzungseinschränkung ihrer Grundstücke. Ein erheblicher Schaden könne auch nicht deshalb entstehen, weil im Rahmen der anstehenden Änderung des Regionalplanes für den streitgegenständlichen Bereich die Flurstücke 231 und 232 als Gebiet für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze vorgesehen seien. Denn selbst bei entsprechender Änderung des Regionalplanes bestehe noch kein Abgrabungsrecht der Klägerin. Ein solches könne nur im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens erteilt werden, das noch nicht abgeschlossen sei.
6Mit der am 12. Oktober 2012 Klage erhobenen Klage trägt die Klägerin vor:
7Die Duldungsverpflichtung sei nicht zur Abwasserbeseitigung erforderlich, weil es mit der Errichtung einer Kleinkläranlage oder dem Sammeln und Abfahren des Abwassers mildere, gleich effektive Mittel zur Zweckerreichung gebe. Für die Errichtung einer Kleinkläranlage fehle es nur an einem Antrag der Stadt J. auf Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht auf die Beigeladene, auf den der Beklagte hinwirken könne. Am Kanalanschluss des Grundstücks der Beigeladenen bestehe kein öffentliches Interesse. Denn eine private Anschlussleitung habe gegenüber einer dichten Sammelgrube mit Abfuhr des Abwassers keine abwassertechnischen oder sonstigen wasserwirtschaftlichen Vorteile. Der vom Beklagten in der Duldungsanordnung mit ausschlaggebendem Gewicht berücksichtigte Gesichtspunkt der Kostenvorteile der privaten Abwasserleitung laufe darauf hinaus, das Grundeigentum der Klägerin maßgeblich im rein privaten Interesse der Beigeladenen am Ersparen von Aufwendungen in Anspruch zu nehmen. Die von § 93 WHG verlangte Prüfung der Erforderlichkeit dürfe aber nur anhand eines öffentlichen Interesses an der Durchleitung erfolgen. Selbst wenn ein privates Interesse die Erforderlichkeit begründen könne, seien an dieses erhöhte Anforderungen zu stellen. Die Mehrkosten der Beigeladenen müssten ein ganz beträchtliches Ausmaß erreichen, was vorliegend nicht der Fall sei. Eine Leitungsführung über das Grundstück der Frau F. komme als ebenso zweckmäßige Alternative in Betracht. Der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen sei nicht erheblich größer als der Nachteil der Klägerin. Die Leitungsführung auf den Grundstücken der Klägerin verursache bei dieser einen Schaden in Gestalt der Beeinträchtigung ihres Vorhabens, auf den Grundstücken 231 und 232 Bodenschätze abzubauen. Die Flurstücke 231 und 232 seien in dem am 16. Dezember 2013 aufgestellten Regionalplan N. als Bereich für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze vorgesehen. Die Klägerin beabsichtige den Abbau von Sandstein, Sand, Schiefer und Kohle. Die Beeinträchtigung dieses Vorhabens durch die Abwasserleitung liege darin, dass – wie der Geschäftsführer Menger in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen erläutert hat – bei Sprengungen ein größerer Abstand zu dem bereits vorhandenen Weg eingehalten werden müsse, sodass sich die Abbaumenge verringere.
8Die Klägerin beantragt,
9den Bescheid des Beklagten vom 14. September 2012 aufzuheben.
10Der Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Er wiederholt im Wesentlichen die Begründung des streitgegenständlichen Bescheides und trägt ergänzend vor:
13Die Leitungsführung über die Grundstücke der Klägerin beeinträchtige deren Vorhaben des Abbaus von Bodenschätzen nicht, da lediglich die bestehenden Wegeparzellen mit den bestehenden dinglichen Belastungen in Anspruch genommen würden, die baulich nicht anderweitig genutzt werden könnten. Die Kosten für die Abfuhr des von der Beigeladenen gesammelten Abwassers hätten sich in den Jahren 2012 und 2013 auf jeweils ca. 360,00 Euro für ca. 12 m³ abgefahrenes Schmutzwasser belaufen, während sie bei einem Kanalanschluss lediglich ca. 24,00 Euro jährlich betragen hätten. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Sammelbehälter in diesem Zeitraum undicht gewesen sei. Tatsächlich sei korrespondierend mit der bezogenen Frischwassermenge von einem Schmutzwasservolumen von jährlich ca. 89 m³ auszugehen. Diese Abwassermengen zugrundegelegt, hätten sich die Kosten für die Abfuhr auf ca. 2.700,00 Euro jährlich belaufen, während sie bei einem Kanalanschluss lediglich ca. 180,00 Euro betragen hätten. Die Mehrkosten für die Abfuhr des Abwassers seien der Beigeladenen nicht zumutbar.
14Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
15Sie trägt vor:
16Die von der Beigeladenen bezogene Frischwassermenge könne nicht mit der anfallenden Abwassermenge gleichgesetzt werden, da das Frischwasser nicht nur als Hauswasser, sondern auch für den Garten (Rasensprengen), für Säuberungsarbeiten mit einem Hochdruckreiniger und für einen Swimmingpool verwendet werde. Die Kosten für einen festen Sammelbehälter und eine monatliche Abfuhr des Abwassers könne die Beigeladene nicht tragen und seien ihr auch nicht zumutbar. Die Beigeladene verfüge über kein eigenes Einkommen und lebe von einer Rente in Höhe von monatlich 530,00 Euro zuzüglich Kindergeld für 2 Kinder in Höhe von monatlich 368,00 Euro. Für die beiden Kinder erhalte sie zudem Unterhaltszahlungen in Höhe von monatlich 235,00 bzw. 495,00 Euro.
17Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Beiakten Bezug genommen.
18E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
19Die Klage hat Erfolg.
20Die zulässige Klage ist begründet, weil die Duldungsverfügung des Beklagten vom 14. September 2012 rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
21Ermächtigungsgrundlage für die Duldungsverfügung ist § 93 WHG. Dieser geht dem § 128 LWG NRW als konkurrierendes Bundesrecht vor,
22OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 – 20 B 1104/13 –; Koll-Sarfeld, in: Queitsch/Koll-Sarfeld/Wallbaum, LWG NRW, Stand: August 2010, Vorbem. zu § 128.
23Seiner Anwendbarkeit steht auch nicht § 917 BGB entgegen. Denn die hoheitlichen Befugnisse nach § 93 WHG bestehen nach Maßgabe dieser Vorschrift neben einer eventuellen privatrechtlichen Befugnis der Beigeladenen aus § 917 BGB und unabhängig von der zuletzt genannten,
24OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 – 20 B 1104/13 –; BGH, Urteil vom 4. Juli 2008 – V ZR 172/07 –, juris Rn. 18 ff.; für § 128 LWG NRWKoll-Sarfeld, in: Queitsch/Koll-Sarfeld/Wallbaum, a.a.O., § 128 Rn. 13.
25Die in formeller Hinsicht gemäß § 66 Abs. 1 VwVfG NRW erforderliche Anhörung hat am 23. April 2012 stattgefunden, die nach § 67 Abs. 1 VwVfG NRW durchzuführende mündliche Verhandlung am 05. Juni 2012.
26Jedoch liegen die materiellen Tatbestandsvoraussetzungen des § 93 WHG nicht vor.
27Nach § 93 S. 1 WHG kann die zuständige Behörde den Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Grundstücken u.a. verpflichten, das Durchleiten von Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies zur Abwasserbeseitigung erforderlich ist. Gemäß § 93 S. 2 i.V.m. § 92 S. 2 WHG gilt dies nur, wenn das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann und der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen erheblich größer als der Nachteil des Betroffenen ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
28Das Vorhaben in diesem Sinne ist vorliegend die Beseitigung des Abwassers vom Grundstück der Beigeladenen. Dieses Vorhaben mag zwar anders nicht ebenso zweckmäßig durchführbar sein (§ 93 S. 2 i.V.m. § 92 S. 2 WHG), hält man bei der insoweit allein ernsthaft in Betracht kommenden Alternative des Sammelns und Abfahrens des Abwassers das private Kosteninteresse der Beigeladenen für berücksichtigungsfähig und aufgrund dessen Höhe von 2.520,00 Euro (2.700,00 Euro für die Abfuhr abzüglich auch bei einem Kanalanschluss anfallender 180,00 Euro) für der Zweckmäßigkeit entgegenstehend.
29Jedenfalls ist aber der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen nicht erheblich größer als der Nachteil der Klägerin (§ 93 S. 2 i.V.m. § 92 S. 2 WHG).
30Der Nutzen des Vorhabens besteht hauptsächlich in dem privaten Interesse der Beigeladenen an einer Verringerung der jährlichen Kosten für die Abwasserbeseitigung. Das öffentliche Interesse an der Verlegung der privaten Anschlussleitung ist dagegen gering. Denn auch beim Sammeln und Abfahren des Abwassers gelangt dieses in die Kläranlage (Q. ) der Gemeinde J. , eben nur auf anderem Wege (Abfuhr statt Kanalisation). Der direkte Weg durch die Kanalisation mag sicherer sein als ein Kanalanschluss auf Rädern, weil das Abwasser bei letztgenannter Variante vor der Abfuhr zunächst in einem potentiell undichten Sammelbehälter verweilt. Allerdings handelt es sich auch bei der streitgegenständlichen Abwasserleitung um eine solche privater Natur, die – wie ein Sammelbehälter – regelmäßig auf ihre Funktionstüchtigkeit und Dichtigkeit hin überprüft werden muss. Zudem hat die Stadt J. mit ihrer Satzung über die Entsorgung von Grundstücksentwässerungsanlagen in der Fassung vom 21. Dezember 2009 gerade die Möglichkeit eines Kanalanschlusses auf Rädern eröffnet und so den ihr als Abwasserbeseitigungspflichtige zukommenden Gestaltungsspielraum (auch) zugunsten dieser Art der Abwasserbeseitigung ausgefüllt.
31Besteht der Nutzen der streitgegenständlichen Abwasserleitung mithin im Wesentlichen nur in dem privaten Kosteninteresse der Beigeladenen, sind gesteigerte Anforderungen an dessen Gewicht zu stellen,
32vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 93 Rn. 7, 14.
33Die dem privaten Begünstigten durch eine Alternativlösung entstehenden (Mehr-)Kosten müssen ein ganz beträchtliches, unzumutbares Ausmaß erreichen, um mit ausschlaggebendem Gewicht in der Abwägung berücksichtigt werden zu können,
34OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 – 20 B 1104/13 –.
35Dabei kommt es für die Beurteilung der Unzumutbarkeit allein auf die objektive Grundstückssituation unter Einbeziehung eines durchschnittlichen Eigentümers bzw. Nutzers an, nicht aber auf die persönlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des durch das Vorhaben Begünstigten. Denn in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass umgekehrt aufseiten des zur Duldung Verpflichteten auch nur objektive Gesichtspunkte der Situation des privaten Grundstücks, nicht aber die persönliche Situation des Eigentümers beachtlich sind,
36OVG NRW, Beschluss vom 8. September 1995 – 20 B 2096/95 –, juris Rn. 6 ff.
37Dieses – verobjektivierte – private Interesse der Beigeladenen an der Verhinderung der durch die Abfuhr des Abwassers entstehenden Mehrkosten überwiegt den Nachteil der Klägerin nicht, wie von § 93 S. 2 in Verbindung mit § 92 S. 2 WHG gefordert, erheblich. Die Mehrkosten der Beigeladenen erreichen – gemessen an einem durchschnittlichen Grundstückseigentümer, der sich auch die Lage seines Grundstückes als Hinterlieger entgegenhalten lassen muss – mit maximal 2.520,00 Euro kein ganz beträchtliches, unzumutbares Ausmaß, zumal die Beigeladene bei den einmaligen Investitionskosten für die Sammelgrube im Verhältnis zur Anschlussleitung 3.800,00 Euro spart. Dem stehen auf Seiten der Klägerin nicht nur eine Beeinträchtigung ihres Eigentums im Rechtssinne und eine tatsächliche Beeinträchtigung durch die Baumaßnahmen bei der Leitungsverlegung, sondern auch eine konkret zu besorgende Beeinträchtigung ihres eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes gegenüber. Denn es ist konkret zu besorgen, dass die Klägerin bei Sprengungen im Rahmen des geplanten Abbaus oberflächennaher Bodenschätze infolge der zu duldenden Abwasserleitung einen größeren Abstand zu dem bereits vorhandenen Weg halten und deshalb (nicht unerhebliche) Einbußen bei den Abbaumengen hinnehmen muss. Diese Einbußen lassen sich erst nach Genehmigungserteilung durch die zuständige Behörde genau beziffern. Ihre konkret zu besorgende Möglichkeit zeigt – in Kombination mit dem aus dem Eigentumsrecht als solchem erwachsenden Verschonungsinteresse – aber schon jetzt, dass eine maximale jährliche Kostenersparnis in Höhe von 2.520,00 Euro aufseiten der Beigeladenen nicht geeignet ist, den Schaden der Klägerin im Sinne des § 93 S. 2 i.V.m. § 92 S. 2 WHG erheblich zu überwiegen.
38Die Kostentragung des Beklagten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladenen sind keine Kosten aufzuerlegen, da sie keinen Antrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Ferner entspricht es der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, weil sie mangels Antragstellung kein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 162 Abs. 3 VwGO).
39Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Münster Urteil, 19. Dez. 2014 - 7 K 2795/12
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Verwaltungsgericht Münster Urteil, 19. Dez. 2014 - 7 K 2795/12 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken und oberirdischen Gewässern verpflichten, das Durchleiten von Wasser und Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies zur Entwässerung oder Bewässerung von Grundstücken, zur Wasserversorgung, zur Abwasserbeseitigung, zum Betrieb einer Stauanlage oder zum Schutz vor oder zum Ausgleich von Beeinträchtigungen des Natur- oder Wasserhaushalts durch Wassermangel erforderlich ist. § 92 Satz 2 gilt entsprechend.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken und oberirdischen Gewässern verpflichten, das Durchleiten von Wasser und Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies zur Entwässerung oder Bewässerung von Grundstücken, zur Wasserversorgung, zur Abwasserbeseitigung, zum Betrieb einer Stauanlage oder zum Schutz vor oder zum Ausgleich von Beeinträchtigungen des Natur- oder Wasserhaushalts durch Wassermangel erforderlich ist. § 92 Satz 2 gilt entsprechend.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der notwendig Beigeladenen.
Der Streitwert beträgt auch im Beschwerdeverfahren 2.500,-- Euro.
1
G r ü n d e
2Die Beschwerde mit dem Begehren,
3den angefochtenen Beschluss zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 2795/12 VG Münster gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14. September 2012 wiederherzustellen,
4hat keinen Erfolg.
5Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt die begehrte Änderung des angefochtenen Beschlusses im Ergebnis nicht.
6Die Begründung der unter dem 21. März 2013 erlassenen Anordnung der sofortigen Vollziehung der mit der Klage angegriffenen Duldungsanordnung vom 14. September 2012 genügt den Anforderungen von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Der Antragsgegner hat zur Begründung einzelfallbezogen das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Herstellung und Inbetriebnahme der nach der Duldungsanordnung von der Antragstellerin zu duldenden Abwasserleitung hervorgehoben. Hierzu hat er ausgeführt, er halte eine Fortdauer der derzeit von der Beigeladenen praktizierten Form der Abwasserbeseitigung für nicht vertretbar, und die Höhe der Kosten alternativer Maßnahmen zur ordnungsgemäßen Beseitigung des Abwassers einander gegenübergestellt. Ferner ist er auf die gegenläufigen Interessen der Antragstellerin eingegangen. Das ist insgesamt nicht - wie die Antragstellerin meint - nichtssagend oder formelhaft, sondern verdeutlicht, aufgrund welcher konkreten Umstände der Antragsgegner von einer besonderen Dringlichkeit der Vollziehbarkeit der Duldungsanordnung ausgegangen ist. Darauf, ob die mit der Beschwerde in den Blick genommene Erwägung des Antragsgegners, am Anschluss von Grundstücken an die öffentliche Kanalisation bestehe auch grundsätzlich ein öffentliches Interesse, ein besonderes Interesse im Sinne von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO hinreichend zum Ausdruck bringt, kommt es nicht an. Des Weiteren ist unerheblich, ob die vom Antragsgegner gegebene Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung inhaltlich überzeugt.
7Das Verwaltungsgericht hat die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung daran orientiert, dass sich die Duldungsanordnung bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen - summarischen - Prüfung als rechtmäßig erweise und eine von den Erfolgsaussichten in der Hauptsache losgelöste allgemeine Interessenabwägung zu keinem anderen Ergebnis führe. Das hält im Ergebnis dem Beschwerdevorbringen stand.
8Allerdings bestehen auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens durchaus gewisse Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Duldungsanordnung. Diese Zweifel tragen aber nicht den Schluss, dass die Duldungsanordnung mit einem solch hohen Grad an Wahrscheinlichkeit rechtswidrig ist, der erforderlich wäre, damit die Interessenabwägung unter dem Gesichtspunkt der Erfolgsaussichten der in der Hauptsache erhobenen Klage zugunsten der Antragstellerin ausfiele. Vielmehr spricht Manches auch dafür, dass sich die der Duldungsanordnung im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen könnte.
9Das Verwaltungsgericht hat als einschlägige Rechtsgrundlage für die Duldungsanordnung § 128 LWG bezeichnet und die Voraussetzungen dieser Vorschrift sowie des nach § 128 Abs. 3 LWG sinngemäß geltenden § 125 Abs. 2 LWG als erfüllt angesehen. Außerdem hat es einen Ermessensfehler des Antragsgegners verneint.
10Die Anwendbarkeit von § 128 LWG scheidet nicht aus den von der Antragstellerin geltend gemachten Gründen von vornherein aus. § 128 Abs. 1 LWG eröffnet die behördliche Befugnis, die Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Grundstücken unter bestimmten Voraussetzungen zugunsten eines Unternehmens unter anderem der Fortleitung von Abwasser zur Duldung des Durchleitens von Abwasser zu verpflichten. Diese Befugnis steht dem Antragsgegner vorliegend, lässt man die mit der Beschwerde nicht thematisierte Verdrängung von § 128 Abs. 1 und 3 LWG durch die gleichgerichtete und inhaltlich im Wesentlichen übereinstimmende Vorschrift des § 93 WHG in der geltenden Fassung vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585) außer Acht, im Ausgangspunkt hinsichtlich der zu duldenden Abwasserleitung zu. Insbesondere steht § 917 BGB der Anwendbarkeit von § 128 LWG nicht entgegen. Zwar soll, was die Antragstellerin zutreffend betont, die zu duldende Abwasserleitung ausschließlich als private Kanalanschlussleitung für das Grundstück der Beigeladenen dienen und sind allein die Beigeladene sowie ihre Rechtsnachfolger im Eigentum Begünstigte aus der Duldungsanordnung. Zudem kann sich aus § 917 BGB in entsprechender Anwendung ein privatrechtliches Notleitungsrecht dahingehend ergeben, dass Abwasser eines Grundstücks über ein fremdes Grundstück der öffentlichen Kanalisation zugeführt werden darf.
11Vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2008 - V ZR 172/07 -, BGHZ 177, 165.
12Hier wird die Beigeladene durch die Duldungsanordnung faktisch in die Lage versetzt, Grundstücke der Antragstellerin so zu nutzen, als stünde ihr an ihnen ein Notleitungsrecht mit eben diesem Inhalt zu. Die hoheitlichen Befugnisse nach § 128 LWG bestehen aber nach Maßgabe dieser Vorschrift neben einer eventuellen privatrechtlichen Befugnis der Beigeladenen aus § 917 BGB und unabhängig von der zuletzt genannten. Die zu duldende Abwasserleitung unterfällt in ihrer Funktion, der Fortleitung von Abwasser zu dienen, den in § 128 Abs. 1 LWG genannten wasserwirtschaftlichen Zweckbestimmungen von Unternehmen, zu deren Gunsten eine Duldungsverpflichtung verfügt werden kann, obwohl sie nicht Teil der öffentlichen Kanalisation ist und das durch sie zu leitende Abwasser allein auf dem Grundstück der Beigeladenen anfällt. § 128 Abs. 1 LWG verlangt dem Wortlaut nach nicht, dass es sich bei dem Unternehmen um ein solches eines Trägers öffentlicher Aufgaben handeln muss oder dass der Träger des Unternehmens mit ihm nicht seine eigenen privaten Interessen verfolgen darf. Auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die zwangsweise Inanspruchnahme von Grundstücken im Interesse an der Realisierung wasserwirtschaftlicher Vorhaben zu ermöglichen,
13vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 9. November 2006 - 20 A 2136/05 -, juris,
14kann eine derartige Einschränkung nicht entnommen werden. Vielmehr kommt es für die Anwendbarkeit von § 128 LWG im Ausgangspunkt darauf an, dass das betreffende Unternehmen einen Gegenstand hat, der eine der in dieser Vorschrift bezeichneten wasserwirtschaftlichen Zweckbestimmungen aufweist. Eine solche Zweckbestimmung kann auch dann gegeben sein, wenn sie mit privaten Interessen einhergeht oder zusammenfällt und es dem Träger des Unternehmens darum geht, eben diese privaten Interessen umzusetzen. Ein die hoheitliche Befugnis zur Duldungsverpflichtung legitimierendes wasserwirtschaftliches Interesse kann auch im unmittelbaren Nachbarschaftsverhältnis anzuerkennen sein.
15Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 1993 - 20 A 1886/91 -, ZfW 1994, 294.
16Für § 93 WHG, der als mit § 128 LWG konkurrierendes Bundesrecht vorliegend richtigerweise anstelle von § 128 LWG als Rechtsgrundlage der Duldungsanordnung in Erwägung zu ziehen ist und ebenfalls der Durchsetzung wasserwirtschaftlicher Maßnahmen dient, trifft das in gleicher Weise zu.
17Vgl. hierzu BT-Drucks. 16/12275, S. 78 (zu § 93); Zöllner in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 93 Rn. 8, 39 f.; Weber in: Berendes/Frenz/
18Müggenborg, WHG, § 93 Rn. 18.
19Ein wasserwirtschaftlicher Bezug der hier in Rede stehenden Ableitung des auf dem Grundstück der Beigeladenen anfallenden Abwassers kann nicht in Abrede gestellt werden. Das private Interesse der Beigeladenen an der Realisierung der Abwasserleitung ändert nichts daran, dass die Zuführung des Abwassers zur öffentlichen Kanalisation (auch) wasserwirtschaftliche Belange berührt. An einer rechtmäßigen Beseitigung des Abwassers, also der Beachtung der für die Abwasserbeseitigung geltenden öffentlich-rechtlichen Anforderungen, besteht ein wasserwirtschaftliches und damit öffentliches Interesse.
20Entscheidend für die Beantwortung der Frage der Rechtmäßigkeit der Duldungsanordnung ist vor diesem Hintergrund, ob diese der notwendigen Verhältnismäßigkeit einer derartigen Verpflichtung gerecht wird und der Antragsgegner von dem ihm zustehenden Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Das bedarf auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragsgegners im Klageverfahren und im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, mit dem die ursprünglichen Ermessenserwägungen möglicherweise entscheidungserheblich ergänzt worden sind (§ 114 Satz 2 VwGO), näherer Betrachtung im Hauptsacheverfahren. Dabei sind mögliche Alternativen zur Abwasserleitung und zu ihrer Trasse von Bedeutung (§ 125 Abs. 2 LWG, § 92 Satz 2 WHG), vor allem solche, die ernsthaft als milderes Mittel zur Zweckerreichung in Betracht kommen.
21Ein auch nur annähernd zwingend erscheinendes Erfordernis, das auf dem Grundstück der Beigeladenen anfallende Abwasser gerade mittels einer über das Grundeigentum der Antragstellerin führenden Leitung zu beseitigen, ist weder dargetan worden noch sonst erkennbar. Der Antragsgegner hat sich von Erwägungen der Zweckmäßigkeit leiten lassen.
22Die Beigeladene dürfte außerstande sein, das Abwasser mit eigenen Mitteln in Gestalt einer auf ihrem Grundstück einzurichtenden Kleinkläranlage mit anschließender Einleitung des Abwassers in ein Gewässer zu beseitigen. Die Erteilung der für die Einleitung des Abwassers erforderlichen wasserrechtlichen Erlaubnis dürfte ausscheiden, weil die Abwasserbeseitigungspflicht nicht der Beigeladenen, sondern der Stadt J. (§ 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, § 53 Abs. 1 Satz 1 LWG) obliegt und die Stadt J. das Abwasser erforderlichenfalls - wie derzeit - durch Abfahren zur Kläranlage ("rollender Kanal") übernehmen kann. Die Abwasserbeseitigungspflicht ist nicht auf die Beigeladene übertragen worden (§ 53 Abs. 4 Satz 1 LWG). Die Voraussetzungen für eine derartige Übertragung sind nach derzeitigem Stand auch nicht erfüllt. Es fehlt schon an dem erforderlichen Antrag der Stadt J. . Ferner hat der Antragsgegner das Fehlen technischer Schwierigkeiten oder eines unverhältnismäßig hohen Aufwands für die Übernahme des Abwassers nachvollziehbar verneint. Seine Einschätzung ist zumindest nicht offensichtlich unrichtig. Dass die Stadt J. nicht bereit ist, die öffentliche Kanalisation bis in die unmittelbare Nähe des Grundstücks der Beigeladenen zu verlängern, trägt insbesondere nicht die Annahme, der für die Übernahme des Abwassers zu veranschlagende Aufwand sei unverhältnismäßig.
23Als eigenes und damit milderes Mittel der Beigeladenen gegenüber der Duldungsanordnung kommt das von der Antragstellerin als vorzugswürdig betrachtete Sammeln und Abfahren des Abwassers in Betracht, weil die Beigeladene sich hierdurch unter Inanspruchnahme von Leistungen der Stadt J. gemäß deren Satzung über die Entsorgung von Grundstücksentwässerungsanlagen vom 14. Dezember 2007 selbst in einer Weise helfen kann, bei der es der zu duldenden Abwasserleitung nicht bedarf. Diese Methode der Abwasserbeseitigung hat der Antragsgegner in der Duldungsanordnung nicht als wasserwirtschaftlich weniger oder nicht geeignet oder unzweckmäßig eingestuft. Anders als das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss, das die abwassertechnischen Vorzüge eines leitungsmäßigen Anschlusses des Grundstücks an die öffentliche Kanalisation in den Vordergrund gerückt hat, hat der Antragsgegner in der Duldungsanordnung zumindest in erster Linie auf die der Beigeladenen zugute kommenden kostenmäßigen Vorteile eines Kanalanschlusses im Vergleich zu einer abflusslosen Sammelgrube mit Abfuhr des Abwassers abgestellt. Diese Bewertung steht im Einklang damit, dass der Antragsgegner der Antragstellerin vor Erlass der Duldungsanordnung ordnungsbehördlich aufgegeben hatte, eine Sammelgrube für das Abwasser zu erstellen und regelmäßig ausfahren zu lassen, und die Duldungsanordnung ausweislich auch der Begründung der Anordnung ihrer sofortigen Vollziehung dazu dient, die Durchsetzung dieser - wohl nach wie vor aktuellen - Verpflichtung der Beigeladenen entbehrlich zu machen. Die Rechtsprechung, die der Antragsgegner im Zusammenhang mit seinem beiläufigen Hinweis in der Anordnung der sofortigen Vollziehung, am Kanalanschluss von Grundstücken bestehe auch grundsätzlich ein öffentliches Interesse, herangezogen hat
24OVG NRW, Beschluss vom 21. April 2009 - 15 B 416/09 -,
25betrifft die Rechtfertigung des Anschluss- und Benutzungszwangs im Verhältnis zu einer Abwasserbeseitigung durch Kleinkläranlagen. Ein solcher Sachverhalt steht aber bezogen auf das Sammeln und Abfahren des Abwassers nicht in Rede. Eine Abwassersammelgrube ist keine Kleinkläranlage, sondern ein dichter Behälter für das Aufbewahren des Abwassers, bis es anderweitig beseitigt wird. Die zu duldende Abwasserleitung soll auch nicht Teil der öffentlichen Entwässerungsanlage werden, so dass für die Leitung als solche spezifische Vorzüge der öffentlichen Kanalisation nicht angeführt werden können. Die Stadt J. ist lediglich bereit, den Anschluss des Grundstücks der Beigeladenen mittels der privaten Abwasserleitung zuzulassen. Auch den Ausführungen des Antragsgegners im Klage- und vorläufigen Rechtsschutzverfahren sind abwassertechnische oder sonst wasserwirtschaftliche Vorzüge der zu duldenden privaten Anschlussleitung gegenüber einer dichten Abwassersammelgrube mit Abfuhr des Abwassers nicht zu entnehmen. In der im Verwaltungsverfahren durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 5. Juni 2012 hat ein Mitarbeiter des Antragsgegners ausdrücklich bestätigt, dass eine Kommune durch die regelmäßige Abfuhr des häuslichen Abwassers ihrer Abwasserbeseitigungspflicht nachkommen könne.
26Der vom Antragsgegner in der Duldungsanordnung mit ausschlaggebendem Gewicht berücksichtigte Gesichtspunkt der Kostenvorteile der Abwasserleitung läuft darauf hinaus, das Grundeigentum der Antragstellerin maßgeblich im rein privaten Interesse der Beigeladenen am Ersparen von Aufwendungen in Anspruch zu nehmen. Hält man das private finanzielle Interesse an einer möglichst kostengünstigen Abwasserbeseitigung in diesem Zusammenhang überhaupt für entscheidungsrelevant,
27vgl. hierzu Zöllner, a. a. O. § 93 Rn. 7 f.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl., § 93 Rn. 7, 14,
28müssen die in Frage stehenden (Mehr-)Kosten jedenfalls ein ganz beträchtliches Ausmaß erreichen. Die Befugnis der Behörde zur Duldungsverpflichtung besteht zur Verfolgung wasserwirtschaftlicher und damit öffentlicher Interessen, hier des öffentlichen Interesses an geordneten Abwasserverhältnissen, nicht zur Förderung privater Interessen an einer bestimmten Methode der Abwasserbeseitigung, um einen sonst entstehenden Aufwand letztlich zum Nachteil Dritter einzusparen. Die vom Antragsgegner allein hinsichtlich der Kosten der von ihm erwogenen alternativen Maßnahmen zur Abwasserbeseitigung vorgenommene Gegenüberstellung dürfte zudem zu kurz greifen, weil allein der Kostenvorteil einer Maßnahme noch nicht zu einer Unzumutbarkeit führt, die jedoch erforderlich ist, um die Inanspruchnahme eines anderen Grundstücks rechtfertigen zu können. Ob der Kostenvergleich des Antragsgegners im Ergebnis gleichwohl nicht zu beanstanden ist, weil etwa die Kosten des Sammelns und Abfahrens des Abwassers unzumutbar hoch sind, bedarf gegebenenfalls weiterer Klärung im Hauptsacheverfahren.
29Hält man die vom Grundstück der Beigeladenen zur öffentlichen Kanalisation führende Abwasserleitung für das nach Lage der Dinge trotz der Notwendigkeit der Inanspruchnahme fremden Grundeigentums verhältnismäßige Mittel zur Abwasserbeseitigung, ist bislang nicht verlässlich gesichert, dass an dem Weg, in dem die Abwasserleitung verlegt werden soll, tatsächlich, wovon der Antragsgegner ausgegangen ist, Wege- und Leitungsrechte bestehen. Die Belastung des Wegs mit derartigen Rechten hat der Antragsgegner mit Gewicht in seine Erwägungen zur Trassenführung entweder über das Grundeigentum der Antragstellerin oder über dasjenige der Nachbarin F. eingestellt. Die Antragstellerin bestreitet das Bestehen von Leitungs- und Wegerechten. Ihr Bestreiten ist nicht ersichtlich haltlos. Für Leitungs- und Wegerechte dürfte es, da konkrete Anhaltspunkte für ihr Bestehen auf vertraglicher oder gesetzlicher Grundlage fehlen, auf dingliche Belastungen der nach der Duldungsanordnung in Anspruch zu nehmenden Grundstücke der Antragstellerin ankommen. Das vom Antragsgegner angesprochene dingliche Wegerecht besteht nach dem bei den Verwaltungsvorgängen befindlichen Grundbuchauszug am Flurstück 232, nicht (auch) am ebenfalls von der Duldungsanordnung betroffenen Flurstück 231. Es ist eingetragen zugunsten des Grundstücks Flur 9, Nr. 45/21. Die vom Antragsgegner behauptete Identität des letztgenannten Grundstücks mit demjenigen der Beigeladenen ist bislang nicht durch zur Akte gereichte aussagekräftige Unterlagen belegt. Nähere Anhaltspunkte für dingliche Leitungsrechte an dem Weg sind nicht erkennbar.
30Nach dem Vorstehenden kann im vorliegenden Verfahren dahingestellt bleiben, ob die Abwasserleitung wirklich, wie der Antragsgegner in der Duldungsanordnung angenommen hat, keine spürbaren Auswirkungen auf die Nutzbarkeit der Grundstücke der Antragstellerin sogar im Fall der von ihr beabsichtigten Abgrabung hat. Die von der Antragstellerin geltend gemachte grundlegende Verkennung der tatsächlichen Auswirkungen der Abwasserleitung auf das Abgrabungsvorhaben liegt jedoch angesichts der Randlage des für die Leitung in Anspruch zu nehmenden Wegs jedenfalls nicht nahe. Auch das von der Antragstellerin teilweise befürwortete Abfahren des Abwassers setzt voraus, dass der Weg für die hierfür benötigten Fahrzeuge standsicher vorhanden ist und in seinem Bestand erhalten bleibt. Das spricht dafür, dass die Duldungsanordnung für die Antragstellerin auch aus deren Sicht mehr eine lediglich rechtliche als eine sich auch tatsächlich auswirkende Belastung mit sich bringt. Das ändert aber nichts daran, dass auch die rechtlichen Folgen der Duldungsanordnung bei der Beurteilung zu berücksichtigen sind, ob es gegenüber der Abwasserleitung mildere - gleich wirksame - Mittel gibt.
31Die mangels eindeutiger Erfolgsaussichten in der Hauptsache von diesen losgelöste Interessenabwägung fällt zulasten der Antragstellerin aus. Dem öffentlichen Interesse an der kurzfristigen Schaffung ordnungsgemäßer Abwasserverhältnisse für das Grundstück der Beigeladenen und dem privaten Interesse der Beigeladenen, von der Duldungsanordnung sofort Gebrauch machen zu können, ist der Vorrang vor dem Aufschubinteresse der Antragstellerin einzuräumen. Die Abwasserverhältnisse auf dem Grundstück der Beigeladenen erfordern wegen der Undichtigkeit der vorhandenen Sammelgrube unstreitig umgehende Abhilfemaßnahmen zur Vermeidung von nachteiligen wasserwirtschaftlichen Auswirkungen des Abwassers. Die Beigeladene hat ein nachvollziehbares Interesse daran, solche Maßnahmen ohne für sie vermeidbare Kosten zu verwirklichen. Das Interesse der Antragstellerin, ihr Grundeigentum vor der Einbringung der Abwasserleitung zu bewahren, ist demgegenüber in rechtlicher Hinsicht wegen der Grundrechtsrelevanz zwar in besonderer Weise rechtlich schützenswert. Die tatsächliche Betroffenheit der Antragstellerin durch die Verpflichtung, die Einbringung der Abwasserleitung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens hinzunehmen, stellt sich aber als derart gering dar, dass es gerechtfertigt erscheint, bei einer Gesamtbetrachtung das Interesse der Antragstellerin zurücktreten zu lassen. Denn in tatsächlicher Hinsicht führt die Antragstellerin vor allem ihre Absicht an, das Gelände abgraben zu wollen. Die Abgrabung steht jedoch aktuell nicht an. Es fehlt dafür derzeit noch an einer planungsrechtlichen Grundlage; erst recht ist die Abgrabung noch nicht zugelassen. Auch ist ungewiss, ob die geplante Abgrabung durch die Abwasserleitung überhaupt nachteilig beeinflusst wird. Im Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Abwasserleitung, wird sie in der vorgesehenen Trasse realisiert, die derzeitige Nutzung der Grundstücksfläche als Zufahrtsweg in keiner Weise beeinträchtigt. Zudem kann die Abwasserleitung, sollte die Klage der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren Erfolg haben, erforderlichenfalls mit überschaubarem technischen Aufwand wieder entfernt werden. Das mit einem Gebrauchmachen von der Duldungsanordnung vor Abschluss des Klageverfahrens verbundene Risiko einer Fehlinvestition und einer gegebenenfalls erforderlich werdenden Beseitigung der Abwasserleitung trägt in wirtschaftlicher Hinsicht nicht die Antragstellerin, sondern allein die Beigeladene. Vor diesem Hintergrund ist es auch unter Berücksichtigung der Grundrechtsbetroffenheit der Antragstellerin zuzumuten, dass die Beigeladene vor endgültiger Klärung der Rechtmäßigkeit der Duldungsanordnung im Hauptsacheverfahren die Chance hat, die bestehenden Unzulänglichkeiten der Abwassersituation in Ausnutzung der Duldungsanordnung auszuräumen.
32Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.
(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.
Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken und oberirdischen Gewässern verpflichten, das Durchleiten von Wasser und Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies zur Entwässerung oder Bewässerung von Grundstücken, zur Wasserversorgung, zur Abwasserbeseitigung, zum Betrieb einer Stauanlage oder zum Schutz vor oder zum Ausgleich von Beeinträchtigungen des Natur- oder Wasserhaushalts durch Wassermangel erforderlich ist. § 92 Satz 2 gilt entsprechend.
(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.
(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der notwendig Beigeladenen.
Der Streitwert beträgt auch im Beschwerdeverfahren 2.500,-- Euro.
1
G r ü n d e
2Die Beschwerde mit dem Begehren,
3den angefochtenen Beschluss zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 2795/12 VG Münster gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14. September 2012 wiederherzustellen,
4hat keinen Erfolg.
5Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt die begehrte Änderung des angefochtenen Beschlusses im Ergebnis nicht.
6Die Begründung der unter dem 21. März 2013 erlassenen Anordnung der sofortigen Vollziehung der mit der Klage angegriffenen Duldungsanordnung vom 14. September 2012 genügt den Anforderungen von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Der Antragsgegner hat zur Begründung einzelfallbezogen das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Herstellung und Inbetriebnahme der nach der Duldungsanordnung von der Antragstellerin zu duldenden Abwasserleitung hervorgehoben. Hierzu hat er ausgeführt, er halte eine Fortdauer der derzeit von der Beigeladenen praktizierten Form der Abwasserbeseitigung für nicht vertretbar, und die Höhe der Kosten alternativer Maßnahmen zur ordnungsgemäßen Beseitigung des Abwassers einander gegenübergestellt. Ferner ist er auf die gegenläufigen Interessen der Antragstellerin eingegangen. Das ist insgesamt nicht - wie die Antragstellerin meint - nichtssagend oder formelhaft, sondern verdeutlicht, aufgrund welcher konkreten Umstände der Antragsgegner von einer besonderen Dringlichkeit der Vollziehbarkeit der Duldungsanordnung ausgegangen ist. Darauf, ob die mit der Beschwerde in den Blick genommene Erwägung des Antragsgegners, am Anschluss von Grundstücken an die öffentliche Kanalisation bestehe auch grundsätzlich ein öffentliches Interesse, ein besonderes Interesse im Sinne von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO hinreichend zum Ausdruck bringt, kommt es nicht an. Des Weiteren ist unerheblich, ob die vom Antragsgegner gegebene Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung inhaltlich überzeugt.
7Das Verwaltungsgericht hat die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung daran orientiert, dass sich die Duldungsanordnung bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen - summarischen - Prüfung als rechtmäßig erweise und eine von den Erfolgsaussichten in der Hauptsache losgelöste allgemeine Interessenabwägung zu keinem anderen Ergebnis führe. Das hält im Ergebnis dem Beschwerdevorbringen stand.
8Allerdings bestehen auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens durchaus gewisse Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Duldungsanordnung. Diese Zweifel tragen aber nicht den Schluss, dass die Duldungsanordnung mit einem solch hohen Grad an Wahrscheinlichkeit rechtswidrig ist, der erforderlich wäre, damit die Interessenabwägung unter dem Gesichtspunkt der Erfolgsaussichten der in der Hauptsache erhobenen Klage zugunsten der Antragstellerin ausfiele. Vielmehr spricht Manches auch dafür, dass sich die der Duldungsanordnung im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen könnte.
9Das Verwaltungsgericht hat als einschlägige Rechtsgrundlage für die Duldungsanordnung § 128 LWG bezeichnet und die Voraussetzungen dieser Vorschrift sowie des nach § 128 Abs. 3 LWG sinngemäß geltenden § 125 Abs. 2 LWG als erfüllt angesehen. Außerdem hat es einen Ermessensfehler des Antragsgegners verneint.
10Die Anwendbarkeit von § 128 LWG scheidet nicht aus den von der Antragstellerin geltend gemachten Gründen von vornherein aus. § 128 Abs. 1 LWG eröffnet die behördliche Befugnis, die Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Grundstücken unter bestimmten Voraussetzungen zugunsten eines Unternehmens unter anderem der Fortleitung von Abwasser zur Duldung des Durchleitens von Abwasser zu verpflichten. Diese Befugnis steht dem Antragsgegner vorliegend, lässt man die mit der Beschwerde nicht thematisierte Verdrängung von § 128 Abs. 1 und 3 LWG durch die gleichgerichtete und inhaltlich im Wesentlichen übereinstimmende Vorschrift des § 93 WHG in der geltenden Fassung vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585) außer Acht, im Ausgangspunkt hinsichtlich der zu duldenden Abwasserleitung zu. Insbesondere steht § 917 BGB der Anwendbarkeit von § 128 LWG nicht entgegen. Zwar soll, was die Antragstellerin zutreffend betont, die zu duldende Abwasserleitung ausschließlich als private Kanalanschlussleitung für das Grundstück der Beigeladenen dienen und sind allein die Beigeladene sowie ihre Rechtsnachfolger im Eigentum Begünstigte aus der Duldungsanordnung. Zudem kann sich aus § 917 BGB in entsprechender Anwendung ein privatrechtliches Notleitungsrecht dahingehend ergeben, dass Abwasser eines Grundstücks über ein fremdes Grundstück der öffentlichen Kanalisation zugeführt werden darf.
11Vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2008 - V ZR 172/07 -, BGHZ 177, 165.
12Hier wird die Beigeladene durch die Duldungsanordnung faktisch in die Lage versetzt, Grundstücke der Antragstellerin so zu nutzen, als stünde ihr an ihnen ein Notleitungsrecht mit eben diesem Inhalt zu. Die hoheitlichen Befugnisse nach § 128 LWG bestehen aber nach Maßgabe dieser Vorschrift neben einer eventuellen privatrechtlichen Befugnis der Beigeladenen aus § 917 BGB und unabhängig von der zuletzt genannten. Die zu duldende Abwasserleitung unterfällt in ihrer Funktion, der Fortleitung von Abwasser zu dienen, den in § 128 Abs. 1 LWG genannten wasserwirtschaftlichen Zweckbestimmungen von Unternehmen, zu deren Gunsten eine Duldungsverpflichtung verfügt werden kann, obwohl sie nicht Teil der öffentlichen Kanalisation ist und das durch sie zu leitende Abwasser allein auf dem Grundstück der Beigeladenen anfällt. § 128 Abs. 1 LWG verlangt dem Wortlaut nach nicht, dass es sich bei dem Unternehmen um ein solches eines Trägers öffentlicher Aufgaben handeln muss oder dass der Träger des Unternehmens mit ihm nicht seine eigenen privaten Interessen verfolgen darf. Auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die zwangsweise Inanspruchnahme von Grundstücken im Interesse an der Realisierung wasserwirtschaftlicher Vorhaben zu ermöglichen,
13vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 9. November 2006 - 20 A 2136/05 -, juris,
14kann eine derartige Einschränkung nicht entnommen werden. Vielmehr kommt es für die Anwendbarkeit von § 128 LWG im Ausgangspunkt darauf an, dass das betreffende Unternehmen einen Gegenstand hat, der eine der in dieser Vorschrift bezeichneten wasserwirtschaftlichen Zweckbestimmungen aufweist. Eine solche Zweckbestimmung kann auch dann gegeben sein, wenn sie mit privaten Interessen einhergeht oder zusammenfällt und es dem Träger des Unternehmens darum geht, eben diese privaten Interessen umzusetzen. Ein die hoheitliche Befugnis zur Duldungsverpflichtung legitimierendes wasserwirtschaftliches Interesse kann auch im unmittelbaren Nachbarschaftsverhältnis anzuerkennen sein.
15Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 1993 - 20 A 1886/91 -, ZfW 1994, 294.
16Für § 93 WHG, der als mit § 128 LWG konkurrierendes Bundesrecht vorliegend richtigerweise anstelle von § 128 LWG als Rechtsgrundlage der Duldungsanordnung in Erwägung zu ziehen ist und ebenfalls der Durchsetzung wasserwirtschaftlicher Maßnahmen dient, trifft das in gleicher Weise zu.
17Vgl. hierzu BT-Drucks. 16/12275, S. 78 (zu § 93); Zöllner in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 93 Rn. 8, 39 f.; Weber in: Berendes/Frenz/
18Müggenborg, WHG, § 93 Rn. 18.
19Ein wasserwirtschaftlicher Bezug der hier in Rede stehenden Ableitung des auf dem Grundstück der Beigeladenen anfallenden Abwassers kann nicht in Abrede gestellt werden. Das private Interesse der Beigeladenen an der Realisierung der Abwasserleitung ändert nichts daran, dass die Zuführung des Abwassers zur öffentlichen Kanalisation (auch) wasserwirtschaftliche Belange berührt. An einer rechtmäßigen Beseitigung des Abwassers, also der Beachtung der für die Abwasserbeseitigung geltenden öffentlich-rechtlichen Anforderungen, besteht ein wasserwirtschaftliches und damit öffentliches Interesse.
20Entscheidend für die Beantwortung der Frage der Rechtmäßigkeit der Duldungsanordnung ist vor diesem Hintergrund, ob diese der notwendigen Verhältnismäßigkeit einer derartigen Verpflichtung gerecht wird und der Antragsgegner von dem ihm zustehenden Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Das bedarf auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragsgegners im Klageverfahren und im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, mit dem die ursprünglichen Ermessenserwägungen möglicherweise entscheidungserheblich ergänzt worden sind (§ 114 Satz 2 VwGO), näherer Betrachtung im Hauptsacheverfahren. Dabei sind mögliche Alternativen zur Abwasserleitung und zu ihrer Trasse von Bedeutung (§ 125 Abs. 2 LWG, § 92 Satz 2 WHG), vor allem solche, die ernsthaft als milderes Mittel zur Zweckerreichung in Betracht kommen.
21Ein auch nur annähernd zwingend erscheinendes Erfordernis, das auf dem Grundstück der Beigeladenen anfallende Abwasser gerade mittels einer über das Grundeigentum der Antragstellerin führenden Leitung zu beseitigen, ist weder dargetan worden noch sonst erkennbar. Der Antragsgegner hat sich von Erwägungen der Zweckmäßigkeit leiten lassen.
22Die Beigeladene dürfte außerstande sein, das Abwasser mit eigenen Mitteln in Gestalt einer auf ihrem Grundstück einzurichtenden Kleinkläranlage mit anschließender Einleitung des Abwassers in ein Gewässer zu beseitigen. Die Erteilung der für die Einleitung des Abwassers erforderlichen wasserrechtlichen Erlaubnis dürfte ausscheiden, weil die Abwasserbeseitigungspflicht nicht der Beigeladenen, sondern der Stadt J. (§ 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, § 53 Abs. 1 Satz 1 LWG) obliegt und die Stadt J. das Abwasser erforderlichenfalls - wie derzeit - durch Abfahren zur Kläranlage ("rollender Kanal") übernehmen kann. Die Abwasserbeseitigungspflicht ist nicht auf die Beigeladene übertragen worden (§ 53 Abs. 4 Satz 1 LWG). Die Voraussetzungen für eine derartige Übertragung sind nach derzeitigem Stand auch nicht erfüllt. Es fehlt schon an dem erforderlichen Antrag der Stadt J. . Ferner hat der Antragsgegner das Fehlen technischer Schwierigkeiten oder eines unverhältnismäßig hohen Aufwands für die Übernahme des Abwassers nachvollziehbar verneint. Seine Einschätzung ist zumindest nicht offensichtlich unrichtig. Dass die Stadt J. nicht bereit ist, die öffentliche Kanalisation bis in die unmittelbare Nähe des Grundstücks der Beigeladenen zu verlängern, trägt insbesondere nicht die Annahme, der für die Übernahme des Abwassers zu veranschlagende Aufwand sei unverhältnismäßig.
23Als eigenes und damit milderes Mittel der Beigeladenen gegenüber der Duldungsanordnung kommt das von der Antragstellerin als vorzugswürdig betrachtete Sammeln und Abfahren des Abwassers in Betracht, weil die Beigeladene sich hierdurch unter Inanspruchnahme von Leistungen der Stadt J. gemäß deren Satzung über die Entsorgung von Grundstücksentwässerungsanlagen vom 14. Dezember 2007 selbst in einer Weise helfen kann, bei der es der zu duldenden Abwasserleitung nicht bedarf. Diese Methode der Abwasserbeseitigung hat der Antragsgegner in der Duldungsanordnung nicht als wasserwirtschaftlich weniger oder nicht geeignet oder unzweckmäßig eingestuft. Anders als das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss, das die abwassertechnischen Vorzüge eines leitungsmäßigen Anschlusses des Grundstücks an die öffentliche Kanalisation in den Vordergrund gerückt hat, hat der Antragsgegner in der Duldungsanordnung zumindest in erster Linie auf die der Beigeladenen zugute kommenden kostenmäßigen Vorteile eines Kanalanschlusses im Vergleich zu einer abflusslosen Sammelgrube mit Abfuhr des Abwassers abgestellt. Diese Bewertung steht im Einklang damit, dass der Antragsgegner der Antragstellerin vor Erlass der Duldungsanordnung ordnungsbehördlich aufgegeben hatte, eine Sammelgrube für das Abwasser zu erstellen und regelmäßig ausfahren zu lassen, und die Duldungsanordnung ausweislich auch der Begründung der Anordnung ihrer sofortigen Vollziehung dazu dient, die Durchsetzung dieser - wohl nach wie vor aktuellen - Verpflichtung der Beigeladenen entbehrlich zu machen. Die Rechtsprechung, die der Antragsgegner im Zusammenhang mit seinem beiläufigen Hinweis in der Anordnung der sofortigen Vollziehung, am Kanalanschluss von Grundstücken bestehe auch grundsätzlich ein öffentliches Interesse, herangezogen hat
24OVG NRW, Beschluss vom 21. April 2009 - 15 B 416/09 -,
25betrifft die Rechtfertigung des Anschluss- und Benutzungszwangs im Verhältnis zu einer Abwasserbeseitigung durch Kleinkläranlagen. Ein solcher Sachverhalt steht aber bezogen auf das Sammeln und Abfahren des Abwassers nicht in Rede. Eine Abwassersammelgrube ist keine Kleinkläranlage, sondern ein dichter Behälter für das Aufbewahren des Abwassers, bis es anderweitig beseitigt wird. Die zu duldende Abwasserleitung soll auch nicht Teil der öffentlichen Entwässerungsanlage werden, so dass für die Leitung als solche spezifische Vorzüge der öffentlichen Kanalisation nicht angeführt werden können. Die Stadt J. ist lediglich bereit, den Anschluss des Grundstücks der Beigeladenen mittels der privaten Abwasserleitung zuzulassen. Auch den Ausführungen des Antragsgegners im Klage- und vorläufigen Rechtsschutzverfahren sind abwassertechnische oder sonst wasserwirtschaftliche Vorzüge der zu duldenden privaten Anschlussleitung gegenüber einer dichten Abwassersammelgrube mit Abfuhr des Abwassers nicht zu entnehmen. In der im Verwaltungsverfahren durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 5. Juni 2012 hat ein Mitarbeiter des Antragsgegners ausdrücklich bestätigt, dass eine Kommune durch die regelmäßige Abfuhr des häuslichen Abwassers ihrer Abwasserbeseitigungspflicht nachkommen könne.
26Der vom Antragsgegner in der Duldungsanordnung mit ausschlaggebendem Gewicht berücksichtigte Gesichtspunkt der Kostenvorteile der Abwasserleitung läuft darauf hinaus, das Grundeigentum der Antragstellerin maßgeblich im rein privaten Interesse der Beigeladenen am Ersparen von Aufwendungen in Anspruch zu nehmen. Hält man das private finanzielle Interesse an einer möglichst kostengünstigen Abwasserbeseitigung in diesem Zusammenhang überhaupt für entscheidungsrelevant,
27vgl. hierzu Zöllner, a. a. O. § 93 Rn. 7 f.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl., § 93 Rn. 7, 14,
28müssen die in Frage stehenden (Mehr-)Kosten jedenfalls ein ganz beträchtliches Ausmaß erreichen. Die Befugnis der Behörde zur Duldungsverpflichtung besteht zur Verfolgung wasserwirtschaftlicher und damit öffentlicher Interessen, hier des öffentlichen Interesses an geordneten Abwasserverhältnissen, nicht zur Förderung privater Interessen an einer bestimmten Methode der Abwasserbeseitigung, um einen sonst entstehenden Aufwand letztlich zum Nachteil Dritter einzusparen. Die vom Antragsgegner allein hinsichtlich der Kosten der von ihm erwogenen alternativen Maßnahmen zur Abwasserbeseitigung vorgenommene Gegenüberstellung dürfte zudem zu kurz greifen, weil allein der Kostenvorteil einer Maßnahme noch nicht zu einer Unzumutbarkeit führt, die jedoch erforderlich ist, um die Inanspruchnahme eines anderen Grundstücks rechtfertigen zu können. Ob der Kostenvergleich des Antragsgegners im Ergebnis gleichwohl nicht zu beanstanden ist, weil etwa die Kosten des Sammelns und Abfahrens des Abwassers unzumutbar hoch sind, bedarf gegebenenfalls weiterer Klärung im Hauptsacheverfahren.
29Hält man die vom Grundstück der Beigeladenen zur öffentlichen Kanalisation führende Abwasserleitung für das nach Lage der Dinge trotz der Notwendigkeit der Inanspruchnahme fremden Grundeigentums verhältnismäßige Mittel zur Abwasserbeseitigung, ist bislang nicht verlässlich gesichert, dass an dem Weg, in dem die Abwasserleitung verlegt werden soll, tatsächlich, wovon der Antragsgegner ausgegangen ist, Wege- und Leitungsrechte bestehen. Die Belastung des Wegs mit derartigen Rechten hat der Antragsgegner mit Gewicht in seine Erwägungen zur Trassenführung entweder über das Grundeigentum der Antragstellerin oder über dasjenige der Nachbarin F. eingestellt. Die Antragstellerin bestreitet das Bestehen von Leitungs- und Wegerechten. Ihr Bestreiten ist nicht ersichtlich haltlos. Für Leitungs- und Wegerechte dürfte es, da konkrete Anhaltspunkte für ihr Bestehen auf vertraglicher oder gesetzlicher Grundlage fehlen, auf dingliche Belastungen der nach der Duldungsanordnung in Anspruch zu nehmenden Grundstücke der Antragstellerin ankommen. Das vom Antragsgegner angesprochene dingliche Wegerecht besteht nach dem bei den Verwaltungsvorgängen befindlichen Grundbuchauszug am Flurstück 232, nicht (auch) am ebenfalls von der Duldungsanordnung betroffenen Flurstück 231. Es ist eingetragen zugunsten des Grundstücks Flur 9, Nr. 45/21. Die vom Antragsgegner behauptete Identität des letztgenannten Grundstücks mit demjenigen der Beigeladenen ist bislang nicht durch zur Akte gereichte aussagekräftige Unterlagen belegt. Nähere Anhaltspunkte für dingliche Leitungsrechte an dem Weg sind nicht erkennbar.
30Nach dem Vorstehenden kann im vorliegenden Verfahren dahingestellt bleiben, ob die Abwasserleitung wirklich, wie der Antragsgegner in der Duldungsanordnung angenommen hat, keine spürbaren Auswirkungen auf die Nutzbarkeit der Grundstücke der Antragstellerin sogar im Fall der von ihr beabsichtigten Abgrabung hat. Die von der Antragstellerin geltend gemachte grundlegende Verkennung der tatsächlichen Auswirkungen der Abwasserleitung auf das Abgrabungsvorhaben liegt jedoch angesichts der Randlage des für die Leitung in Anspruch zu nehmenden Wegs jedenfalls nicht nahe. Auch das von der Antragstellerin teilweise befürwortete Abfahren des Abwassers setzt voraus, dass der Weg für die hierfür benötigten Fahrzeuge standsicher vorhanden ist und in seinem Bestand erhalten bleibt. Das spricht dafür, dass die Duldungsanordnung für die Antragstellerin auch aus deren Sicht mehr eine lediglich rechtliche als eine sich auch tatsächlich auswirkende Belastung mit sich bringt. Das ändert aber nichts daran, dass auch die rechtlichen Folgen der Duldungsanordnung bei der Beurteilung zu berücksichtigen sind, ob es gegenüber der Abwasserleitung mildere - gleich wirksame - Mittel gibt.
31Die mangels eindeutiger Erfolgsaussichten in der Hauptsache von diesen losgelöste Interessenabwägung fällt zulasten der Antragstellerin aus. Dem öffentlichen Interesse an der kurzfristigen Schaffung ordnungsgemäßer Abwasserverhältnisse für das Grundstück der Beigeladenen und dem privaten Interesse der Beigeladenen, von der Duldungsanordnung sofort Gebrauch machen zu können, ist der Vorrang vor dem Aufschubinteresse der Antragstellerin einzuräumen. Die Abwasserverhältnisse auf dem Grundstück der Beigeladenen erfordern wegen der Undichtigkeit der vorhandenen Sammelgrube unstreitig umgehende Abhilfemaßnahmen zur Vermeidung von nachteiligen wasserwirtschaftlichen Auswirkungen des Abwassers. Die Beigeladene hat ein nachvollziehbares Interesse daran, solche Maßnahmen ohne für sie vermeidbare Kosten zu verwirklichen. Das Interesse der Antragstellerin, ihr Grundeigentum vor der Einbringung der Abwasserleitung zu bewahren, ist demgegenüber in rechtlicher Hinsicht wegen der Grundrechtsrelevanz zwar in besonderer Weise rechtlich schützenswert. Die tatsächliche Betroffenheit der Antragstellerin durch die Verpflichtung, die Einbringung der Abwasserleitung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens hinzunehmen, stellt sich aber als derart gering dar, dass es gerechtfertigt erscheint, bei einer Gesamtbetrachtung das Interesse der Antragstellerin zurücktreten zu lassen. Denn in tatsächlicher Hinsicht führt die Antragstellerin vor allem ihre Absicht an, das Gelände abgraben zu wollen. Die Abgrabung steht jedoch aktuell nicht an. Es fehlt dafür derzeit noch an einer planungsrechtlichen Grundlage; erst recht ist die Abgrabung noch nicht zugelassen. Auch ist ungewiss, ob die geplante Abgrabung durch die Abwasserleitung überhaupt nachteilig beeinflusst wird. Im Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Abwasserleitung, wird sie in der vorgesehenen Trasse realisiert, die derzeitige Nutzung der Grundstücksfläche als Zufahrtsweg in keiner Weise beeinträchtigt. Zudem kann die Abwasserleitung, sollte die Klage der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren Erfolg haben, erforderlichenfalls mit überschaubarem technischen Aufwand wieder entfernt werden. Das mit einem Gebrauchmachen von der Duldungsanordnung vor Abschluss des Klageverfahrens verbundene Risiko einer Fehlinvestition und einer gegebenenfalls erforderlich werdenden Beseitigung der Abwasserleitung trägt in wirtschaftlicher Hinsicht nicht die Antragstellerin, sondern allein die Beigeladene. Vor diesem Hintergrund ist es auch unter Berücksichtigung der Grundrechtsbetroffenheit der Antragstellerin zuzumuten, dass die Beigeladene vor endgültiger Klärung der Rechtmäßigkeit der Duldungsanordnung im Hauptsacheverfahren die Chance hat, die bestehenden Unzulänglichkeiten der Abwassersituation in Ausnutzung der Duldungsanordnung auszuräumen.
32Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
(1) Im förmlichen Verwaltungsverfahren ist den Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich vor der Entscheidung zu äußern.
(2) Den Beteiligten ist Gelegenheit zu geben, der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen und der Einnahme des Augenscheins beizuwohnen und hierbei sachdienliche Fragen zu stellen; ein schriftlich oder elektronisch vorliegendes Gutachten soll ihnen zugänglich gemacht werden.
(1) Die Behörde entscheidet nach mündlicher Verhandlung. Hierzu sind die Beteiligten mit angemessener Frist schriftlich zu laden. Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, dass bei Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. Sind mehr als 50 Ladungen vorzunehmen, so können sie durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der Verhandlungstermin mindestens zwei Wochen vorher im amtlichen Veröffentlichungsblatt der Behörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird, mit dem Hinweis nach Satz 3 bekannt gemacht wird. Maßgebend für die Frist nach Satz 5 ist die Bekanntgabe im amtlichen Veröffentlichungsblatt.
(2) Die Behörde kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn
- 1.
einem Antrag im Einvernehmen mit allen Beteiligten in vollem Umfang entsprochen wird; - 2.
kein Beteiligter innerhalb einer hierfür gesetzten Frist Einwendungen gegen die vorgesehene Maßnahme erhoben hat; - 3.
die Behörde den Beteiligten mitgeteilt hat, dass sie beabsichtige, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, und kein Beteiligter innerhalb einer hierfür gesetzten Frist Einwendungen dagegen erhoben hat; - 4.
alle Beteiligten auf sie verzichtet haben; - 5.
wegen Gefahr im Verzug eine sofortige Entscheidung notwendig ist.
(3) Die Behörde soll das Verfahren so fördern, dass es möglichst in einem Verhandlungstermin erledigt werden kann.
Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken und oberirdischen Gewässern verpflichten, das Durchleiten von Wasser und Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies zur Entwässerung oder Bewässerung von Grundstücken, zur Wasserversorgung, zur Abwasserbeseitigung, zum Betrieb einer Stauanlage oder zum Schutz vor oder zum Ausgleich von Beeinträchtigungen des Natur- oder Wasserhaushalts durch Wassermangel erforderlich ist. § 92 Satz 2 gilt entsprechend.
Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte oberirdischer Gewässer sowie der Grundstücke, deren Inanspruchnahme für die Durchführung des Vorhabens erforderlich ist, verpflichten, Gewässerveränderungen, insbesondere Vertiefungen und Verbreiterungen, zu dulden, die der Verbesserung des Wasserabflusses dienen und zur Entwässerung von Grundstücken, zur Abwasserbeseitigung oder zur besseren Ausnutzung einer Triebwerksanlage erforderlich sind. Satz 1 gilt nur, wenn das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann und der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen erheblich größer als der Nachteil des Betroffenen ist.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der notwendig Beigeladenen.
Der Streitwert beträgt auch im Beschwerdeverfahren 2.500,-- Euro.
1
G r ü n d e
2Die Beschwerde mit dem Begehren,
3den angefochtenen Beschluss zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 2795/12 VG Münster gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14. September 2012 wiederherzustellen,
4hat keinen Erfolg.
5Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt die begehrte Änderung des angefochtenen Beschlusses im Ergebnis nicht.
6Die Begründung der unter dem 21. März 2013 erlassenen Anordnung der sofortigen Vollziehung der mit der Klage angegriffenen Duldungsanordnung vom 14. September 2012 genügt den Anforderungen von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Der Antragsgegner hat zur Begründung einzelfallbezogen das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Herstellung und Inbetriebnahme der nach der Duldungsanordnung von der Antragstellerin zu duldenden Abwasserleitung hervorgehoben. Hierzu hat er ausgeführt, er halte eine Fortdauer der derzeit von der Beigeladenen praktizierten Form der Abwasserbeseitigung für nicht vertretbar, und die Höhe der Kosten alternativer Maßnahmen zur ordnungsgemäßen Beseitigung des Abwassers einander gegenübergestellt. Ferner ist er auf die gegenläufigen Interessen der Antragstellerin eingegangen. Das ist insgesamt nicht - wie die Antragstellerin meint - nichtssagend oder formelhaft, sondern verdeutlicht, aufgrund welcher konkreten Umstände der Antragsgegner von einer besonderen Dringlichkeit der Vollziehbarkeit der Duldungsanordnung ausgegangen ist. Darauf, ob die mit der Beschwerde in den Blick genommene Erwägung des Antragsgegners, am Anschluss von Grundstücken an die öffentliche Kanalisation bestehe auch grundsätzlich ein öffentliches Interesse, ein besonderes Interesse im Sinne von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO hinreichend zum Ausdruck bringt, kommt es nicht an. Des Weiteren ist unerheblich, ob die vom Antragsgegner gegebene Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung inhaltlich überzeugt.
7Das Verwaltungsgericht hat die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung daran orientiert, dass sich die Duldungsanordnung bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen - summarischen - Prüfung als rechtmäßig erweise und eine von den Erfolgsaussichten in der Hauptsache losgelöste allgemeine Interessenabwägung zu keinem anderen Ergebnis führe. Das hält im Ergebnis dem Beschwerdevorbringen stand.
8Allerdings bestehen auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens durchaus gewisse Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Duldungsanordnung. Diese Zweifel tragen aber nicht den Schluss, dass die Duldungsanordnung mit einem solch hohen Grad an Wahrscheinlichkeit rechtswidrig ist, der erforderlich wäre, damit die Interessenabwägung unter dem Gesichtspunkt der Erfolgsaussichten der in der Hauptsache erhobenen Klage zugunsten der Antragstellerin ausfiele. Vielmehr spricht Manches auch dafür, dass sich die der Duldungsanordnung im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen könnte.
9Das Verwaltungsgericht hat als einschlägige Rechtsgrundlage für die Duldungsanordnung § 128 LWG bezeichnet und die Voraussetzungen dieser Vorschrift sowie des nach § 128 Abs. 3 LWG sinngemäß geltenden § 125 Abs. 2 LWG als erfüllt angesehen. Außerdem hat es einen Ermessensfehler des Antragsgegners verneint.
10Die Anwendbarkeit von § 128 LWG scheidet nicht aus den von der Antragstellerin geltend gemachten Gründen von vornherein aus. § 128 Abs. 1 LWG eröffnet die behördliche Befugnis, die Eigentümer und Nutzungsberechtigten von Grundstücken unter bestimmten Voraussetzungen zugunsten eines Unternehmens unter anderem der Fortleitung von Abwasser zur Duldung des Durchleitens von Abwasser zu verpflichten. Diese Befugnis steht dem Antragsgegner vorliegend, lässt man die mit der Beschwerde nicht thematisierte Verdrängung von § 128 Abs. 1 und 3 LWG durch die gleichgerichtete und inhaltlich im Wesentlichen übereinstimmende Vorschrift des § 93 WHG in der geltenden Fassung vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585) außer Acht, im Ausgangspunkt hinsichtlich der zu duldenden Abwasserleitung zu. Insbesondere steht § 917 BGB der Anwendbarkeit von § 128 LWG nicht entgegen. Zwar soll, was die Antragstellerin zutreffend betont, die zu duldende Abwasserleitung ausschließlich als private Kanalanschlussleitung für das Grundstück der Beigeladenen dienen und sind allein die Beigeladene sowie ihre Rechtsnachfolger im Eigentum Begünstigte aus der Duldungsanordnung. Zudem kann sich aus § 917 BGB in entsprechender Anwendung ein privatrechtliches Notleitungsrecht dahingehend ergeben, dass Abwasser eines Grundstücks über ein fremdes Grundstück der öffentlichen Kanalisation zugeführt werden darf.
11Vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2008 - V ZR 172/07 -, BGHZ 177, 165.
12Hier wird die Beigeladene durch die Duldungsanordnung faktisch in die Lage versetzt, Grundstücke der Antragstellerin so zu nutzen, als stünde ihr an ihnen ein Notleitungsrecht mit eben diesem Inhalt zu. Die hoheitlichen Befugnisse nach § 128 LWG bestehen aber nach Maßgabe dieser Vorschrift neben einer eventuellen privatrechtlichen Befugnis der Beigeladenen aus § 917 BGB und unabhängig von der zuletzt genannten. Die zu duldende Abwasserleitung unterfällt in ihrer Funktion, der Fortleitung von Abwasser zu dienen, den in § 128 Abs. 1 LWG genannten wasserwirtschaftlichen Zweckbestimmungen von Unternehmen, zu deren Gunsten eine Duldungsverpflichtung verfügt werden kann, obwohl sie nicht Teil der öffentlichen Kanalisation ist und das durch sie zu leitende Abwasser allein auf dem Grundstück der Beigeladenen anfällt. § 128 Abs. 1 LWG verlangt dem Wortlaut nach nicht, dass es sich bei dem Unternehmen um ein solches eines Trägers öffentlicher Aufgaben handeln muss oder dass der Träger des Unternehmens mit ihm nicht seine eigenen privaten Interessen verfolgen darf. Auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die zwangsweise Inanspruchnahme von Grundstücken im Interesse an der Realisierung wasserwirtschaftlicher Vorhaben zu ermöglichen,
13vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 9. November 2006 - 20 A 2136/05 -, juris,
14kann eine derartige Einschränkung nicht entnommen werden. Vielmehr kommt es für die Anwendbarkeit von § 128 LWG im Ausgangspunkt darauf an, dass das betreffende Unternehmen einen Gegenstand hat, der eine der in dieser Vorschrift bezeichneten wasserwirtschaftlichen Zweckbestimmungen aufweist. Eine solche Zweckbestimmung kann auch dann gegeben sein, wenn sie mit privaten Interessen einhergeht oder zusammenfällt und es dem Träger des Unternehmens darum geht, eben diese privaten Interessen umzusetzen. Ein die hoheitliche Befugnis zur Duldungsverpflichtung legitimierendes wasserwirtschaftliches Interesse kann auch im unmittelbaren Nachbarschaftsverhältnis anzuerkennen sein.
15Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 1993 - 20 A 1886/91 -, ZfW 1994, 294.
16Für § 93 WHG, der als mit § 128 LWG konkurrierendes Bundesrecht vorliegend richtigerweise anstelle von § 128 LWG als Rechtsgrundlage der Duldungsanordnung in Erwägung zu ziehen ist und ebenfalls der Durchsetzung wasserwirtschaftlicher Maßnahmen dient, trifft das in gleicher Weise zu.
17Vgl. hierzu BT-Drucks. 16/12275, S. 78 (zu § 93); Zöllner in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 93 Rn. 8, 39 f.; Weber in: Berendes/Frenz/
18Müggenborg, WHG, § 93 Rn. 18.
19Ein wasserwirtschaftlicher Bezug der hier in Rede stehenden Ableitung des auf dem Grundstück der Beigeladenen anfallenden Abwassers kann nicht in Abrede gestellt werden. Das private Interesse der Beigeladenen an der Realisierung der Abwasserleitung ändert nichts daran, dass die Zuführung des Abwassers zur öffentlichen Kanalisation (auch) wasserwirtschaftliche Belange berührt. An einer rechtmäßigen Beseitigung des Abwassers, also der Beachtung der für die Abwasserbeseitigung geltenden öffentlich-rechtlichen Anforderungen, besteht ein wasserwirtschaftliches und damit öffentliches Interesse.
20Entscheidend für die Beantwortung der Frage der Rechtmäßigkeit der Duldungsanordnung ist vor diesem Hintergrund, ob diese der notwendigen Verhältnismäßigkeit einer derartigen Verpflichtung gerecht wird und der Antragsgegner von dem ihm zustehenden Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Das bedarf auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragsgegners im Klageverfahren und im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, mit dem die ursprünglichen Ermessenserwägungen möglicherweise entscheidungserheblich ergänzt worden sind (§ 114 Satz 2 VwGO), näherer Betrachtung im Hauptsacheverfahren. Dabei sind mögliche Alternativen zur Abwasserleitung und zu ihrer Trasse von Bedeutung (§ 125 Abs. 2 LWG, § 92 Satz 2 WHG), vor allem solche, die ernsthaft als milderes Mittel zur Zweckerreichung in Betracht kommen.
21Ein auch nur annähernd zwingend erscheinendes Erfordernis, das auf dem Grundstück der Beigeladenen anfallende Abwasser gerade mittels einer über das Grundeigentum der Antragstellerin führenden Leitung zu beseitigen, ist weder dargetan worden noch sonst erkennbar. Der Antragsgegner hat sich von Erwägungen der Zweckmäßigkeit leiten lassen.
22Die Beigeladene dürfte außerstande sein, das Abwasser mit eigenen Mitteln in Gestalt einer auf ihrem Grundstück einzurichtenden Kleinkläranlage mit anschließender Einleitung des Abwassers in ein Gewässer zu beseitigen. Die Erteilung der für die Einleitung des Abwassers erforderlichen wasserrechtlichen Erlaubnis dürfte ausscheiden, weil die Abwasserbeseitigungspflicht nicht der Beigeladenen, sondern der Stadt J. (§ 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, § 53 Abs. 1 Satz 1 LWG) obliegt und die Stadt J. das Abwasser erforderlichenfalls - wie derzeit - durch Abfahren zur Kläranlage ("rollender Kanal") übernehmen kann. Die Abwasserbeseitigungspflicht ist nicht auf die Beigeladene übertragen worden (§ 53 Abs. 4 Satz 1 LWG). Die Voraussetzungen für eine derartige Übertragung sind nach derzeitigem Stand auch nicht erfüllt. Es fehlt schon an dem erforderlichen Antrag der Stadt J. . Ferner hat der Antragsgegner das Fehlen technischer Schwierigkeiten oder eines unverhältnismäßig hohen Aufwands für die Übernahme des Abwassers nachvollziehbar verneint. Seine Einschätzung ist zumindest nicht offensichtlich unrichtig. Dass die Stadt J. nicht bereit ist, die öffentliche Kanalisation bis in die unmittelbare Nähe des Grundstücks der Beigeladenen zu verlängern, trägt insbesondere nicht die Annahme, der für die Übernahme des Abwassers zu veranschlagende Aufwand sei unverhältnismäßig.
23Als eigenes und damit milderes Mittel der Beigeladenen gegenüber der Duldungsanordnung kommt das von der Antragstellerin als vorzugswürdig betrachtete Sammeln und Abfahren des Abwassers in Betracht, weil die Beigeladene sich hierdurch unter Inanspruchnahme von Leistungen der Stadt J. gemäß deren Satzung über die Entsorgung von Grundstücksentwässerungsanlagen vom 14. Dezember 2007 selbst in einer Weise helfen kann, bei der es der zu duldenden Abwasserleitung nicht bedarf. Diese Methode der Abwasserbeseitigung hat der Antragsgegner in der Duldungsanordnung nicht als wasserwirtschaftlich weniger oder nicht geeignet oder unzweckmäßig eingestuft. Anders als das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss, das die abwassertechnischen Vorzüge eines leitungsmäßigen Anschlusses des Grundstücks an die öffentliche Kanalisation in den Vordergrund gerückt hat, hat der Antragsgegner in der Duldungsanordnung zumindest in erster Linie auf die der Beigeladenen zugute kommenden kostenmäßigen Vorteile eines Kanalanschlusses im Vergleich zu einer abflusslosen Sammelgrube mit Abfuhr des Abwassers abgestellt. Diese Bewertung steht im Einklang damit, dass der Antragsgegner der Antragstellerin vor Erlass der Duldungsanordnung ordnungsbehördlich aufgegeben hatte, eine Sammelgrube für das Abwasser zu erstellen und regelmäßig ausfahren zu lassen, und die Duldungsanordnung ausweislich auch der Begründung der Anordnung ihrer sofortigen Vollziehung dazu dient, die Durchsetzung dieser - wohl nach wie vor aktuellen - Verpflichtung der Beigeladenen entbehrlich zu machen. Die Rechtsprechung, die der Antragsgegner im Zusammenhang mit seinem beiläufigen Hinweis in der Anordnung der sofortigen Vollziehung, am Kanalanschluss von Grundstücken bestehe auch grundsätzlich ein öffentliches Interesse, herangezogen hat
24OVG NRW, Beschluss vom 21. April 2009 - 15 B 416/09 -,
25betrifft die Rechtfertigung des Anschluss- und Benutzungszwangs im Verhältnis zu einer Abwasserbeseitigung durch Kleinkläranlagen. Ein solcher Sachverhalt steht aber bezogen auf das Sammeln und Abfahren des Abwassers nicht in Rede. Eine Abwassersammelgrube ist keine Kleinkläranlage, sondern ein dichter Behälter für das Aufbewahren des Abwassers, bis es anderweitig beseitigt wird. Die zu duldende Abwasserleitung soll auch nicht Teil der öffentlichen Entwässerungsanlage werden, so dass für die Leitung als solche spezifische Vorzüge der öffentlichen Kanalisation nicht angeführt werden können. Die Stadt J. ist lediglich bereit, den Anschluss des Grundstücks der Beigeladenen mittels der privaten Abwasserleitung zuzulassen. Auch den Ausführungen des Antragsgegners im Klage- und vorläufigen Rechtsschutzverfahren sind abwassertechnische oder sonst wasserwirtschaftliche Vorzüge der zu duldenden privaten Anschlussleitung gegenüber einer dichten Abwassersammelgrube mit Abfuhr des Abwassers nicht zu entnehmen. In der im Verwaltungsverfahren durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 5. Juni 2012 hat ein Mitarbeiter des Antragsgegners ausdrücklich bestätigt, dass eine Kommune durch die regelmäßige Abfuhr des häuslichen Abwassers ihrer Abwasserbeseitigungspflicht nachkommen könne.
26Der vom Antragsgegner in der Duldungsanordnung mit ausschlaggebendem Gewicht berücksichtigte Gesichtspunkt der Kostenvorteile der Abwasserleitung läuft darauf hinaus, das Grundeigentum der Antragstellerin maßgeblich im rein privaten Interesse der Beigeladenen am Ersparen von Aufwendungen in Anspruch zu nehmen. Hält man das private finanzielle Interesse an einer möglichst kostengünstigen Abwasserbeseitigung in diesem Zusammenhang überhaupt für entscheidungsrelevant,
27vgl. hierzu Zöllner, a. a. O. § 93 Rn. 7 f.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl., § 93 Rn. 7, 14,
28müssen die in Frage stehenden (Mehr-)Kosten jedenfalls ein ganz beträchtliches Ausmaß erreichen. Die Befugnis der Behörde zur Duldungsverpflichtung besteht zur Verfolgung wasserwirtschaftlicher und damit öffentlicher Interessen, hier des öffentlichen Interesses an geordneten Abwasserverhältnissen, nicht zur Förderung privater Interessen an einer bestimmten Methode der Abwasserbeseitigung, um einen sonst entstehenden Aufwand letztlich zum Nachteil Dritter einzusparen. Die vom Antragsgegner allein hinsichtlich der Kosten der von ihm erwogenen alternativen Maßnahmen zur Abwasserbeseitigung vorgenommene Gegenüberstellung dürfte zudem zu kurz greifen, weil allein der Kostenvorteil einer Maßnahme noch nicht zu einer Unzumutbarkeit führt, die jedoch erforderlich ist, um die Inanspruchnahme eines anderen Grundstücks rechtfertigen zu können. Ob der Kostenvergleich des Antragsgegners im Ergebnis gleichwohl nicht zu beanstanden ist, weil etwa die Kosten des Sammelns und Abfahrens des Abwassers unzumutbar hoch sind, bedarf gegebenenfalls weiterer Klärung im Hauptsacheverfahren.
29Hält man die vom Grundstück der Beigeladenen zur öffentlichen Kanalisation führende Abwasserleitung für das nach Lage der Dinge trotz der Notwendigkeit der Inanspruchnahme fremden Grundeigentums verhältnismäßige Mittel zur Abwasserbeseitigung, ist bislang nicht verlässlich gesichert, dass an dem Weg, in dem die Abwasserleitung verlegt werden soll, tatsächlich, wovon der Antragsgegner ausgegangen ist, Wege- und Leitungsrechte bestehen. Die Belastung des Wegs mit derartigen Rechten hat der Antragsgegner mit Gewicht in seine Erwägungen zur Trassenführung entweder über das Grundeigentum der Antragstellerin oder über dasjenige der Nachbarin F. eingestellt. Die Antragstellerin bestreitet das Bestehen von Leitungs- und Wegerechten. Ihr Bestreiten ist nicht ersichtlich haltlos. Für Leitungs- und Wegerechte dürfte es, da konkrete Anhaltspunkte für ihr Bestehen auf vertraglicher oder gesetzlicher Grundlage fehlen, auf dingliche Belastungen der nach der Duldungsanordnung in Anspruch zu nehmenden Grundstücke der Antragstellerin ankommen. Das vom Antragsgegner angesprochene dingliche Wegerecht besteht nach dem bei den Verwaltungsvorgängen befindlichen Grundbuchauszug am Flurstück 232, nicht (auch) am ebenfalls von der Duldungsanordnung betroffenen Flurstück 231. Es ist eingetragen zugunsten des Grundstücks Flur 9, Nr. 45/21. Die vom Antragsgegner behauptete Identität des letztgenannten Grundstücks mit demjenigen der Beigeladenen ist bislang nicht durch zur Akte gereichte aussagekräftige Unterlagen belegt. Nähere Anhaltspunkte für dingliche Leitungsrechte an dem Weg sind nicht erkennbar.
30Nach dem Vorstehenden kann im vorliegenden Verfahren dahingestellt bleiben, ob die Abwasserleitung wirklich, wie der Antragsgegner in der Duldungsanordnung angenommen hat, keine spürbaren Auswirkungen auf die Nutzbarkeit der Grundstücke der Antragstellerin sogar im Fall der von ihr beabsichtigten Abgrabung hat. Die von der Antragstellerin geltend gemachte grundlegende Verkennung der tatsächlichen Auswirkungen der Abwasserleitung auf das Abgrabungsvorhaben liegt jedoch angesichts der Randlage des für die Leitung in Anspruch zu nehmenden Wegs jedenfalls nicht nahe. Auch das von der Antragstellerin teilweise befürwortete Abfahren des Abwassers setzt voraus, dass der Weg für die hierfür benötigten Fahrzeuge standsicher vorhanden ist und in seinem Bestand erhalten bleibt. Das spricht dafür, dass die Duldungsanordnung für die Antragstellerin auch aus deren Sicht mehr eine lediglich rechtliche als eine sich auch tatsächlich auswirkende Belastung mit sich bringt. Das ändert aber nichts daran, dass auch die rechtlichen Folgen der Duldungsanordnung bei der Beurteilung zu berücksichtigen sind, ob es gegenüber der Abwasserleitung mildere - gleich wirksame - Mittel gibt.
31Die mangels eindeutiger Erfolgsaussichten in der Hauptsache von diesen losgelöste Interessenabwägung fällt zulasten der Antragstellerin aus. Dem öffentlichen Interesse an der kurzfristigen Schaffung ordnungsgemäßer Abwasserverhältnisse für das Grundstück der Beigeladenen und dem privaten Interesse der Beigeladenen, von der Duldungsanordnung sofort Gebrauch machen zu können, ist der Vorrang vor dem Aufschubinteresse der Antragstellerin einzuräumen. Die Abwasserverhältnisse auf dem Grundstück der Beigeladenen erfordern wegen der Undichtigkeit der vorhandenen Sammelgrube unstreitig umgehende Abhilfemaßnahmen zur Vermeidung von nachteiligen wasserwirtschaftlichen Auswirkungen des Abwassers. Die Beigeladene hat ein nachvollziehbares Interesse daran, solche Maßnahmen ohne für sie vermeidbare Kosten zu verwirklichen. Das Interesse der Antragstellerin, ihr Grundeigentum vor der Einbringung der Abwasserleitung zu bewahren, ist demgegenüber in rechtlicher Hinsicht wegen der Grundrechtsrelevanz zwar in besonderer Weise rechtlich schützenswert. Die tatsächliche Betroffenheit der Antragstellerin durch die Verpflichtung, die Einbringung der Abwasserleitung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens hinzunehmen, stellt sich aber als derart gering dar, dass es gerechtfertigt erscheint, bei einer Gesamtbetrachtung das Interesse der Antragstellerin zurücktreten zu lassen. Denn in tatsächlicher Hinsicht führt die Antragstellerin vor allem ihre Absicht an, das Gelände abgraben zu wollen. Die Abgrabung steht jedoch aktuell nicht an. Es fehlt dafür derzeit noch an einer planungsrechtlichen Grundlage; erst recht ist die Abgrabung noch nicht zugelassen. Auch ist ungewiss, ob die geplante Abgrabung durch die Abwasserleitung überhaupt nachteilig beeinflusst wird. Im Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Abwasserleitung, wird sie in der vorgesehenen Trasse realisiert, die derzeitige Nutzung der Grundstücksfläche als Zufahrtsweg in keiner Weise beeinträchtigt. Zudem kann die Abwasserleitung, sollte die Klage der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren Erfolg haben, erforderlichenfalls mit überschaubarem technischen Aufwand wieder entfernt werden. Das mit einem Gebrauchmachen von der Duldungsanordnung vor Abschluss des Klageverfahrens verbundene Risiko einer Fehlinvestition und einer gegebenenfalls erforderlich werdenden Beseitigung der Abwasserleitung trägt in wirtschaftlicher Hinsicht nicht die Antragstellerin, sondern allein die Beigeladene. Vor diesem Hintergrund ist es auch unter Berücksichtigung der Grundrechtsbetroffenheit der Antragstellerin zuzumuten, dass die Beigeladene vor endgültiger Klärung der Rechtmäßigkeit der Duldungsanordnung im Hauptsacheverfahren die Chance hat, die bestehenden Unzulänglichkeiten der Abwassersituation in Ausnutzung der Duldungsanordnung auszuräumen.
32Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte oberirdischer Gewässer sowie der Grundstücke, deren Inanspruchnahme für die Durchführung des Vorhabens erforderlich ist, verpflichten, Gewässerveränderungen, insbesondere Vertiefungen und Verbreiterungen, zu dulden, die der Verbesserung des Wasserabflusses dienen und zur Entwässerung von Grundstücken, zur Abwasserbeseitigung oder zur besseren Ausnutzung einer Triebwerksanlage erforderlich sind. Satz 1 gilt nur, wenn das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann und der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen erheblich größer als der Nachteil des Betroffenen ist.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.