Verwaltungsgericht München Urteil, 02. Dez. 2016 - M 8 K 16.50321

published on 02/12/2016 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 02. Dez. 2016 - M 8 K 16.50321
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Gericht

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Tenor

I.

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 4. Mai 2016, Az. ..., wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist nigerianischer Staatsangehöriger. Eigenen Angaben zufolge reiste er am 21. Oktober 2015 aus Italien kommend in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er wurde hier am selben Tag ohne gültige Aufenthaltstitel von der Bundespolizei aufgegriffen. Ein Abgleich der Fingerabdrücke des Klägers am 22. Oktober 2015 ergab einen EURODAC-Treffer (Nr. IT1...) für Italien. Auf das Übernahmeersuchen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 21. Dezember 2015 hin erfolgte von Seiten Italiens keine Reaktion.

Mit streitbefangenem Bescheid vom 4. Mai 2016, zugestellt am 12. Mai 2016, ordnete das Bundesamt die Abschiebung nach Italien an (Nr. 1 des Bescheids) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Nr. 2 des Bescheids).

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 19. Mai 2016, bei Gericht eingegangen am selben Tag, Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhobenen und beantragt,

den Bescheid vom 4. Mai 2016 aufzuheben.

Zudem beantragt der Kläger unter dem 19. Mai 2016 sinngemäß, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Bevollmächtigten zu gewähren.

Mit Schreiben vom 11. August 2016 legte das Bundesamt die Verfahrensakte vor, stellt aber keinen eigenen Antrag. Nach telefonischer Auskunft des Bundesamtes vom 1. Dezember 2016 wurde der Kläger bislang nicht nach Italien überstellt.

Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 1. Dezember 2016 zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2016 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet; die Beklagte hat den Verzicht mit allgemeiner Prozesserklärung vom 26. Februar 2016 erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte des Bundesamts Bezug genommen.

Gründe

Über die Klage konnte vom hier gemäß § 76 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) zuständigen Einzelrichter (vgl. Beschluss vom 1.12.2016) ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts erweist sich im nach § 77 Abs. 1 Satz 1 HS. 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die streitbefangene Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 2 AsylG in Nummer 1 des Bescheids vom4. Mai 2016 ist mit Ablauf der in Art. 29 der VO (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedsstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: Dublin-III-VO), geregelten Überstellungsfrist wegen des damit verbundenen Übergangs der Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedsstaat (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO) rechtswidrig geworden. Damit ist auch die Regelung in dessen Nummer 2 nunmehr gegenstandlos. Dies verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Vorliegend ist die Zuständigkeit Italiens für die Durchführung des Asylverfahrens entfallen und die Beklagte gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 der Dublin-III-VO für die Durchführung zuständig geworden. Nach dieser Vorschrift geht die Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedsstaat über, wenn die Überstellung nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten durchgeführt wird. Der Übergang der Zuständigkeit nach Ablauf der 6-Monats-Frist in Art. 29 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 der Dublin-III-VO begründet keinen fingierten Selbsteintritt, sondern stellte eine besondere Zuständigkeitsvorschrift dar, die lediglich vom Ablauf dieser Frist abhängig ist. Die Regelung stützt sich auf die Überlegung, dass der Mitgliedsstaat, der die Überstellung in den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat nicht zeitnah, d. h. innerhalb der Frist der Dublin-III-VO, durchführt, die Verfahrensfolgen tragen muss (BayVGH, B. v. 11.5.2015 - 13a ZB 15.50000 - juris Rn. 4 f.).

Die sechsmonatige Überstellungsfrist ist im vorliegenden Fall abgelaufen. Sie beginnt nach Art. 29 Abs. 1 Satz 1 der Dublin-III-VO mit der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedsstaat - hier gemäß Art. 25 Abs. 2, Abs. 1 Satz 2 der Dublin-III-VO nach Ablauf der zweiwöchigen Frist nach Stellens des Ersuchens vom 21. Dezember 2015 am 5. Januar 2016 - oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Art. 27 Abs. 3 der Dublin-III-VO aufschiebende Wirkung hat. Nachdem der Kläger keinen diese Frist unterbrechenden (vgl. dazu die Rechtswirkung der Antragsstellung gemäß § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG) Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO i. V. m. §§ 75 Abs. 1, 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG gestellt hat, ist die sechsmonatige Überstellungsfrist folglich - auch nach Ansicht der Beklagten (vgl. Bl. 18 d. A.) - am 5. Juli 2016 abgelaufen.

Das Verstreichen der Überstellungsfrist am 5. Juli 2016 hat gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 der Dublin-III-VO zur Folge, dass der zuständige Mitgliedsstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet ist und die Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedsstaat übergeht. Mit dieser zunächst objektiven und allein verfahrensrechtlich begründeten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids geht vorliegend ausnahmsweise auch eine subjektive Rechtsverletzung des Betroffenen, hier also des Klägers, einher. Zwar handelt es sich bei den Vorschriften der Dublin-III-VO um objektives Zuständigkeits- und Verfahrensrecht, das grundsätzlich keine subjektiven Rechte des Asylbewerbers begründet. Wenn allerdings wegen Ablaufs der Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 2 der Dublin-III-VO allein noch die Zuständigkeit der Beklagten zur Durchführung der Asylverfahrens verbleibt, kann der Anspruch auf Durchführung dieses Verfahrens als denknotwendiger Bestandteil des materiellen Asylrechts auch gegenüber dem dann zuständigen Staat - hier also der Beklagten - geltend gemacht werden (vgl. BayVGH, U. v. 3.12.2015 - 13a B 15.50173 - juris Rn. 24 ff.). Auch im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum - aufgrund der Rechtsnatur der Dublin-II/III-VOen als objektives Zuständigkeits- und Verfahrensrecht - regelmäßigen Fehlen des Drittschutzes bei einem Verstoß gegen Fristen- und Zuständigkeitsregelungen zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates (vgl. U. v. 27.10.2015 - 1 C 32.14 - juris, zur Frist für das Aufnahmegesuch nach Art. 17 Abs. 1 Satz 2 der Dublin II-VO) kann sich der Kläger daher hier auf den Ablauf der Überstellungsfrist des Art. 29 der Dublin-III-VO berufen, da Italien jedenfalls nicht verpflichtet ist, das Asylverfahren durchzuführen. Vorliegend ist zudem auch nichts dafür ersichtlich, dass sich Italien entgegen den unionsrechtlichen Bestimmungen nicht auf den Fristablauf berufen würde und ausnahmsweise dennoch zur Übernahme des Klägers bereit wäre (BayVGH, B. v. 11.2. 2015 - 13a ZB 15. 50005 - juris Rn. 4).

Der Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei. Da die Beklagte als unterliegende Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, bedurfte es keiner Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (§ 166 VwGO).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 03/12/2015 00:00

Tenor I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 17. April 2015 wird der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 25. Juni 2014 aufgehoben. II. Die Beklagte hat die Kosten des Verf
published on 06/03/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Beklagte hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung
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Annotations

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:

1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2,
2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
Dies gilt entsprechend bei Klagen gegen den Widerruf oder die Rücknahme der Gewährung subsidiären Schutzes wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Absatz 2. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.