Verwaltungsgericht München Urteil, 23. Jan. 2017 - M 8 K 16.2702

bei uns veröffentlicht am23.01.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die der Beigeladenen am 2. Oktober 2015 erteilte Baugenehmigung in Gestalt des Nachgangsbescheides vom 12. Mai 2016 für den Neubau eines Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage auf dem Grundstück …straße 79, Fl.Nr. …, Gemarkung …

Mit Bescheid vom 2. Oktober 2015 erteilte die Beklagte der Beigeladenen im vereinfachten Genehmigungsverfahren eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage auf dem Grundstück …straße 79.

Gegen diese Baugenehmigung erhob der Kläger Anfechtungsklage mit Schriftsatz vom 5. November 2015 (M 8 K 15.4965) und stellte gleichzeitig den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Baugenehmigung vom 2. Oktober 2015 (M 8 SN 15.4963).

Mit Beschluss vom 18. März 2016 lehnte das Gericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ab (M 8 SN 15.4963). Die daraufhin eingereichte Beschwerde des Klägers bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof wurde mit Beschluss vom 8. August 2016 zurückgewiesen (2 CS 16.751).

Hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten wird zunächst gemäß § 117 Abs. 3 VwGO auf die Gründe des Beschlusses des erkennenden Gerichts vom18. März 2016 (Ziffer I) - M 8 SN 15.4963 - Bezug genommen.

Mit Nachgangsbescheid vom 12. Mai 2016 erteilte die Beklagte der Beigeladenen nachträglich eine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO wegen Nichteinhaltung der Abstandsflächen zum Grundstück Fl.Nr. …, …straße 81/83. Die mit Baugenehmigungsbescheid vom 2. Oktober 2015 genehmigte Planung blieb unverändert.

Mit Schriftsatz vom 15. Juni 2016 erhoben die Bevollmächtigten des Klägers Klage gegen den Nachgangsbescheid vom 12. Mai 2016 und stellten den Antrag,

der Nachgangsbescheid der Beklagten vom 12. Mai 2016 wird aufgehoben.

Mit Schriftsatz vom 15. September 2016 begründeten die Bevollmächtigten des Klägers die Klage und äußerten sich ausführlich insbesondere hinsichtlich der Problematik des gegenseitigen Abstandsflächenverstoßes und der entsprechenden Anwendung des § 242 BGB. Des Weiteren machten sie unter Bezugnahme auf das im Verfahren vorgelegte Belichtungsgutachten detaillierte Ausführungen zu den aus Sicht des Klägers gegeben Auswirkungen auf die Belichtung und Besonnung seines Anwesens. Ferner gingen sie vertieft auf die Problematik der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens nach dem Maß der baulichen Nutzung und des Gebots der Rücksichtnahme ein.

Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2016 erwiderten die Bevollmächtigten der Beigeladenen auf das Vorbringen der Klagepartei und verwiesen im Wesentlichen auf ihre Ausführungen im Eilverfahren mit dem Aktenzeichen M 8 SN 15.4963. Des Weiteren gingen sie im Einzelnen auf die klägerseits vorgebrachten Punkte ein.

Mit Schriftsatz vom 29. November 2016 vertieften die Bevollmächtigten des Klägers ihre bisherigen Ausführungen hinsichtlich der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens nach dem Maß der baulichen Nutzung. Insbesondere äußerten sie ihre Sichtweise in Bezug auf die für das Maß der baulichen Nutzung maßgebliche nähere Umgebung. Schließlich verwiesen sie darauf, dass der hier streitgegenständliche Nachgangsbescheid nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (2 CS 16.751) gewesen sei, weshalb die diesbezügliche Aussage im Beschluss vom 8. August 2016 nicht verwertbar sei.

Mit Schreiben vom 30. November 2016 stellte die Beklagte den Antrag,

die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger könne sich auf etwaige Rechtswidrigkeit der erteilten Abweichung nicht berufen, da das Gebäude …straße 81/83 selbst Abstandsfläche in größerem Maße nicht einhalte, als das streitgegenständliche Gebäude.

Am 23. Januar 2017 hat das Gericht die Sache mündlich verhandelt. In der mündlichen Verhandlung stellte der Bevollmächtigte des Klägers den Antrag,

die Baugenehmigung der Beklagten vom 2. Oktober 2015 in Gestalt des Nachgangsbescheids vom 12. Mai 2016 wird aufgehoben.

Die Beklagte und die Beigeladene stellten jeweils einen Klageabweisungsantrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts-, die vorgelegten Behördenakten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 2017 sowie das ausführliche schriftliche Vorbringen der Beteiligten - auch in den Verfahren M 8 SN 15.4963 und M 8 K 15.4965 - Bezug genommen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg, da die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 2. Oktober 2015 in Gestalt des Nachgangsbescheids vom 12. Mai 2016 den Kläger nicht in seinen nachbarschützenden Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Hinsichtlich der Entscheidungsgründe wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 117 Abs. 5 VwGO analog (vgl. Eyermann, Komm. Zur VwGO, 14. Aufl., § 117 Rn. 11) vollumfänglich auf die Entscheidungsgründe des Beschlusses der erkennenden Kammer vom 18. März 2016 im Verfahren M 8 SN 14.2877 sowie des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 8. August 2016 (2 CS 16.751) verwiesen.

Die in den Schriftsätzen der Klägerbevollmächtigten vom 15. September 2016 und 29. November 2016 sowie in der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2017 vorgebrachten Argumente rechtfertigen aus Sicht der Kammer keine stattgebende Entscheidung.

Insbesondere kann sich der Kläger entsprechend § 242 BGB nicht auf den Abstandsflächenverstoß der Beigeladenen berufen, da das Gebäude …straße 81, in dem sich die Nutzungseinheit des Klägers befindet, die Abstandsflächen des Art. 6 BayBO in noch größerem Maße nicht einhält. Insoweit gelten die Ausführungen in dem Beschluss der Kammer (M 8 SN 14.2877) vom 18. März 2016 auf Seite 25 ff. sowie in dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (2 CS 16.751) vom 8. August 2016 auf Seite 6 entsprechend. Auf die Rechtmäßigkeit der mit Nachgangsbescheid vom 12. Mai 2016 erteilten Abweichung wegen Nichteinhaltung der Abstandsflächen zum Grundstück …straße 81/83 kommt es aus diesem Grund nicht streitentscheidend an.

Im Übrigen - insbesondere hinsichtlich der Belichtungs- und Belüftungsproblematik, sowie der Problematik des Rücksichtnahmegebots - wird auf die Beschlüsse der erkennenden Kammer (M 8 SN 14.2877) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (2 CS 16.751), in denen sämtliche, klägerseits geltend gemachte Punkte ausführlich diskutiert wurden, verwiesen.

Auch die seitens des Klägers im Hauptsacheverfahren vorgelegte Belichtungsstudie führt zu keinem anderen Ergebnis, da sich hieraus aus Sicht des erkennenden Gerichts keine unzumutbare Beeinträchtigung des klägerischen Sondereigentums ergibt. Eine bloße Veränderung der Belichtungs- und Besonnungsverhältnisse begründet noch keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Insbesondere mit Blick auf die baurechtlich genehmigte Nutzung und die bestehende Vorbelastung des Sondereigentums des Klägers (vgl. Seite 5 des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 8. August 2015 - 2 CS 16.751) ist eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme auch insoweit zu verneinen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen dem Kläger gemäß § 162 Abs. 3 VwGO aufzuerlegen, da die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich somit selbst einem Kostenrisiko gemäß § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung er-folgt gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 23. Jan. 2017 - M 8 K 16.2702

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht München Urteil, 23. Jan. 2017 - M 8 K 16.2702 zitiert 8 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

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(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

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(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

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Tenor I. Die Anträge werden abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 5.750,- Euro festge

Verwaltungsgericht München Beschluss, 31. Juli 2014 - M 8 SN 14.2877

bei uns veröffentlicht am 31.07.2014

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.

Referenzen

Tenor

I.

Die Anträge werden abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 5.750,- Euro festgesetzt.

Tatbestand

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die der Beigeladenen am 2. Oktober 2015 erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage auf dem Grundstück ...-straße 79, Fl.Nr. ..., Gemarkung ...

Das Vorhabengrundstück grenzt im Westen an das Grundstück Fl.Nr. ..., ...-straße 81/83, das mit einem Mehrfamilienhaus bebaut ist. Der Antragsteller ist Teileigentümer einer gewerblichen Nutzungseinheit im Erdgeschoss dieses Nachbaranwesens, die als Apotheke genutzt wird. Der Apothekenverkaufsraum ist nach Süden zur ...-straße hin ausgerichtet. Die Nutzungseinheit verfügt über mehrere Nebenräume, die nach Osten zum streitgegenständigen Vorhaben hin ausgerichtet sind.

Das Wohn- und Geschäftsgebäude auf dem Nachbargrundstück Fl.Nr. ..., ...-straße 81/83, in dem sich die gewerbliche Sondernutzungseinheit des Antragstellers befindet, ist viergeschossig, wobei das vierte Geschoss als ein allseits zurückgesetztes Terrassengeschoss ausgebildet ist. Das Gebäude ist in einer Entfernung von 4,5 m (vermasst) von der Grundstücksgrenze situiert und verfügt über eine Länge von 23,10 m (vermasst), eine Breite von 14,9 m (vermasst) und eine Höhe von ca. 11,3 m. Die Wandhöhe des Gebäudes bis zum Rücksprung des Terrassengeschosses beträgt 9 m. Das Terrassengeschoss springt im südlichen Gebäudeteil 1,49 m und im nördlichen Gebäudeteil 1,25 m nach Westen zurück (Rücksprünge sind jeweils vermasst). Zwischen den Rücksprüngen befindet sich auf einer Länge von 2,76 m (vermasst) ein Treppenhaus, das sich als ein senkrecht von dem Erdgeschoss bis zum vierten Obergeschoss durchgezogener Wandteil darstellt.

Mit Bauantrag vom 30. April und Änderungsanträgen vom 12. August 2015 sowie vom 15. September 2015 nach Plan-Nr. ... beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage. Mit Schreiben vom 30. Juli 2015 forderte die Antragsgegnerin die Beigeladene auf, die Mängel der Bauvorlagen zu beheben. Insbesondere führte die Antragsgegnerin aus, durch die westseitig geplante Balkonanlage werde die Mindestabstandsfläche von 3 m zum Nachbargrundstück ... nicht eingehalten. Hier sei lediglich eine untergeordnete Balkonanlage mit einer Tiefe von maximal 1,5 m und einer Breite von höchstens 5 m genehmigungsfähig.

Gegenstand der Bauanträge ist der Abbruch des bestehenden zweigeschossigen Gebäudes und Neubau eines viergeschossigen Gebäudes mit einem um 69° und 34° geneigtem Mansarddach. Der Neubau soll über eine Länge von 23,9 m, eine Breite von 14,99 m und eine Firsthöhe von 16,57 m verfügen. Die Traufhöhe soll 9,07 m erreichen und die Höhe von der Geländeoberfläche bis zum Mansardknick 12,23 m betragen (alle Maße sind vermasst). Das Neubaugebäude soll auf der Westseite über eine Dachterrasse verfügen. Im 3. Obergeschoss sollen auf der Westseite insgesamt vier Dachgauben (zwei 3 m breite, eine 2 m breite sowie eine 1,5 m breite), die auf einer Höhe von 11,64 m vor die um 69° geneigte Mansarddachfläche vortreten. Im nördlichen Teil des Gebäudes sind in 1. bis 3. Obergeschossen jeweils ein Balkon mit einer Tiefe von jeweils 1,5 m und einer Breite von 5 m bzw. 3 m geplant. Der Abstand des geplanten Mehrfamilienhauses zu der westlichen Grundstücksgrenze beträgt 4,5 m.

Mit Bescheid vom 2. Oktober 2015 erteilte die Beklagte im vereinfachten Genehmigungsverfahren die beantragte Baugenehmigung. Die Baugenehmigung enthält zahlreiche Befreiungen wegen Überschreitung von Baulinien durch Balkone, Lichtschächte und Tiefgarage sowie durch Müllhäuschen. Ferner enthält die Baugenehmigung eine Abweichung wegen Überschreitung der maximal zulässigen Rampenneigung. Weitere Befreiungen und/oder Abweichungen sind in der Baugenehmigung nicht enthalten.

Der Baugenehmigungsbescheid wurde der Wohnungseigentümergemeinschaft ...-straße 81/83, in der der Antragsteller Mitglied ist, mit Postzustellungsurkunde am 6. Oktober 2015 zugestellt.

Mit Schreiben vom 5. November 2015 erhob der Antragsteller Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 2. Oktober 2015 und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung.

Mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2015 beantragte die Beklagte,

den Antrag abzulehnen.

Die Drittanfechtungsklage sei bereits unzulässig, da der Kläger nicht klagebefugt sei. Grundsätzlich könne der einzelne Wohnungseigentümer baurechtliche Nachbarrechte aus eigenem Recht nach § 13 Abs. 1 WEG geltend machen, wenn eine konkrete Beeinträchtigung seines Sondereigentums im Raum stehe. Abgesehen von der Adresse des Antragstellers, sei bereits in keiner Weise ersichtlich, inwieweit der Antragsteller überhaupt Sondereigentümer des Nachbargrundstücks sei und inwieweit ein etwaiges Sondereigentum des Antragstellers unmittelbar betroffen sei.

Zudem sei die Anfechtungsklage auch nicht begründet. Die Baugenehmigung vom 2. Oktober 2015 sei rechtmäßig und verletze den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Vorliegend sei ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren durchgeführt worden. In dessen Rahmen seien neben den bauplanungsrechtlichen Vorschriften der Anforderungen des Abstandsflächenrechts nur zu prüfen, soweit Abweichungen beantragt worden seien. Vorliegend habe die Bauherrin keine Abweichungen vom Abstandsflächenrecht nach Art. 63 BayBO beantragt, so dass hier die Prüfung der Einhaltung der Abstandsflächen nicht zum Prüfprogramm gehört habe und folglich von der Antragsgegnerin auch nicht geprüft worden sei.

Auch ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot liege nicht vor. Das geplante Vorhaben entfalte gegenüber der Nachbarbebauung auf der Fl.Nr. ... keine „erdrückende“ oder „einmauernde Wirkung“. Eine solche Wirkung komme vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht. Vorliegend fehle es hinsichtlich des Vorhabens bereits an einem solchen übergroßen Baukörper. Das geplante Vorhaben sei viergeschossig, ebenso wie die Bebauung auf der benachbarten Fl.Nr. ... Zwar sei die Firsthöhe des Vorhabens im Vergleich zum Nachbargebäude, welches ein Flachdach habe, um ca. 4 m höher, allerdings weise das geplante Vorhaben ein Mansarddach auf, welches bereits im dritten Geschoss eine Dachneigung von 69° habe und im vierten Geschoss eine Dachneigung von nur 34°. Die Firsthöhe entfalte damit für die Nachbarbebauung in keiner Weise eine erdrückende Wirkung.

Mit Schriftsatz vom 20. Januar 2016 stellten die Bevollmächtigten der Beigeladenen den Antrag,

den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.

Zur Begründung führten die Bevollmächtigten der Beigeladenen aus, der gestellte Antrag sei weder zulässig noch begründet. Der Antragsteller habe nicht vorgetragen, inwieweit er in seinen Rechten verletzt sei. Man könne nur vermuten, dass er Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft ...-straße 81/83 sei. Um welche Einheit es sich handele und wo diese liege sei nicht vorgetragen worden. Baurechtliche Nachbarrechte aus eigenem Recht könne ein Wohnungs- bzw. Teileigentümer nur geltend machen, wenn eine konkrete Beeinträchtigung seines Sondereigentums vorliege. Zwischen dem Vorhabengrundstück und dem Gebäude der WEG ...-straße 81/83 liege der Hauszugang, die Tiefgaragenzufahrt/-Rampe der WEG, so dass ausschließlich gemeinschaftliches Eigentum und nicht Sondereigentum betroffen sein könne. Im Übrigen sei die Baugenehmigung vom 2. Oktober 2015 rechtmäßig. Es werde auf die Ausführungen der Antragsgegnerin vom 7. Dezember 2015 Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 12. Februar 2016 stellte der Bevollmächtigte des Antragstellers folgende Anträge:

I.

Der Sofortvollzug der Baugenehmigung vom 2. Oktober 2015 betreffend das Grundstück ...-straße 79, Fl.Nr. ..., wird aufgehoben.

II.

Für den Fall, dass das Gericht den Antrag in Ziffer I für unbegründet hält, wird hilfsweise beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Bauarbeiten auf dem Grundstück ...-straße 79, Fl.Nr. ... vorläufig einzustellen.

III.

Für den Fall, dass das Gericht der Auffassung ist, dass die Antragsgegnerin im Rahmen des vorläufigen Schutzes verpflichtet ist, die vorläufige Einstellung der Bauarbeiten zu verfügen, wird beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Bauantrag betreffend das Grundstück Fl.Nr. ... auf Einhaltung der Abstandsflächen, insbesondere hinsichtlich des westlichen Bereichs des Bauvorhabens zum Grundstück Fl.Nr. ..., zu überprüfen. Des Weiteren ist die Antragsgegnerin für den Fall, dass Abstandsflächenverstöße an der Westgrenze der Fl.Nr. ... festgestellt werden sollten, verpflichtet, die Baugenehmigung aufzuheben.

Zur Begründung der gestellten Anträge führte der Bevollmächtigte des Antragstellers im Wesentlichen aus, die Räume im nordöstlichen Bereich der Apotheke des Antragstellers würden als Sozialraum bzw. als Büroraum genutzt. Das geplante Bauvorhaben wirke sich massiv auf die Nutzung des Antragstellers aus, da diese Räume ausschließlich mit Fenstern in Richtung Osten ausgerichtet seien. Hieraus ergebe sich auch die Betroffenheit des Antragstellers. Der Antragsteller mache im vorliegenden Fall geltend, dass das von der Beigeladenen geplante Bauvorhaben an der gemeinsamen Grundstücksgrenze die einzuhaltenden Abstandsflächen nicht einhalte. Durch das geplante Bauvorhaben komme es zu einer massiven Überschreitung und Überlappung der Abstandsflächen der beiden Gebäude. Insbesondere durch die Höhe des geplanten Gebäudes, komme es zu einer massiven und verstärkten Verschattung der nach Osten ausgerichteten Fenster der Sondereigentumseinheit des Antragstellers. Dies werde noch dadurch verstärkt, dass im Bereich dieser Fenster auf der Grundstücksseite Fl.Nr. ... im hinteren Bereich Balkone in einer Loggien-Ausführung geplant seien, die zum einen in der Abstandsfläche stünden und zum anderen als optisch hervorspringender massiver Baukörper zu einer weiteren Verschattung führten. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt habe die Eigentümergemeinschaft im Bereich der Ostfassade mit Folgen einer nicht ausreichend abtrocknenden Fassade zu kämpfen. Durch die Länge und die Höhe des geplanten Baukörpers werde sich dies nochmals massiv verstärken. Auch hier sei der Antragsteller unmittelbar betroffen, da die auftretenden Durchfeuchtungen unter anderem in den Räumen des Antragstellers auftreten würden.

Im nördlichen Bereich der Westfassade zeige sich, dass in der Abstandsfläche Loggien geplant seien, die aufgrund ihrer Gestaltung als massiver Bauteil zu bewerten seien. Die Balkone würden im rückwärtigen nördlichen Teil der Westfassade nur in einem Abstand von 2,5 m von der Grundstücksgrenze zu Fl.Nr. ... liegen. Der Abstand der beiden Gebäude betrage in diesem Bereich nur noch 6,5 m. Im Dachgeschossbereich befinde sich im Übrigen an dieser Fassadenseite (im Bereich der Dachschräge mit 69°) im dritten Obergeschoss eine Gaube. Diese Gaube sei abstandsflächentechnisch in den Darstellungen der Abstandsflächen nicht berücksichtigt und abgebildet worden. Auch ohne Berücksichtigung der Gaube würden die Abstandsflächen auf der Westseite auf das Nachbargrundstück fallen. Die Abstandsflächenberechnung sei daher unvollständig. Die Abstandsfläche vor der westlichen Außenwand des Vorhabengebäudes rage unter Berücksichtigung der Planungsdaten mindestens 6,28 m in das Nachbargrundstück Fl.Nr. ... hinein. Im Bereich der Ostfassade des Gebäudes des Antragstellers und der Westfassade des Bauvorhabens entstehe eine massive Enge und durch die Höhe des Neubaus auch eine zusätzliche massive Verschattung, die neben dem verminderten Lichteinfall auch zu einer zusätzlichen Feuchtigkeit im Fassadenbereich führten.

Des Weiteren sei bereits zweifelhaft, ob sich das Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung im Sinne von § 34 BauGB einfüge. Die Firsthöhe des geplanten Bauvorhabens ...-straße 79 sei mit 16,57 m anzugeben und bei dem Gebäude ...-straße 81/83 mit 11,39 m. Das geplante Bauvorhaben weise durch das Giebeldach ein weiteres Geschoss auf. Durch die Planung einer massiven Gaube auf die ...-straße sei das Dachgeschoss massiv erweitert worden, so dass im Ergebnis ein weiteres Geschoss entstanden sei. Sowohl hinsichtlich der Firsthöhe als auch hinsichtlich der Ausprägung des fünften Geschosses führe dies dazu, dass von einem Einfügen nach § 34 BauGB nicht mehr gesprochen werden könne.

Zwar sei das Bauvorhaben im vereinfachten Genehmigungsverfahren genehmigt worden. Im vorliegenden Fall bestehe jedoch eine Besonderheit. Im Schreiben der Antragsgegnerin vom 30. Juli 2015 sei die Beigeladene darauf hingewiesen worden, dass die geplanten Balkone an der Westseite unter Abstandsflächengesichtspunkten zu nah an die Grundstücksgrenze reichten und entsprechend reduziert werden müssten, damit sie als untergeordneter Bauteil in der Abstandsfläche verbleiben könnten. Dies zeige, dass die Antragsgegnerin abstandsflächenrelevante Bauteile geprüft und entsprechende Hinweise gemacht habe. Aus dem Umkehrschluss, dass bezüglich der Fassadenwand auf der Westseite keine entsprechenden Bedenken angemeldet worden seien, sei abzuleiten, dass die Antragsgegnerin an sich davon ausgegangen sei, dass dies nicht abstandsflächenrelevant sei. Anders könne das Verhalten der Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang nicht gewertet werden. Aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin zu einzelnen Bereichen abstandsflächenrechtliche Überprüfungen und Angaben gemacht habe, sei abzuleiten, dass tatsächlich im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens auch die Abstandsflächen mitgeprüft worden seien und daher im Rahmen einer Anfechtungsklage auch angegriffen werden könnten. Im Rahmen einer offenkundigen Abstandsflächenverletzung sei zu prüfen, ob hierin nicht zugleich auch eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme gesehen werde.

Im Übrigen sei ergänzend darauf verwiesen, dass durch den Lauf der Sonne im Ost-West-Bereich es durch das geplante Vorhaben zu einer massiven Reduzierung der Dauer der Sonneneinstrahlung komme, die dadurch verstärkt werde, dass das Nachbargebäude zu nah an der Grundstücksgrenze liege und die Höhe um 5,8 m über dem Nachbargebäude liege. Auch das im Norden liegende Gebäude auf der Fl.Nr. ... weise nur eine Firsthöhe von 11 m aus. Es sei daher davon auszugehen, dass sich das Gebäude insoweit auch nicht in die Umgebung einfüge.

Trotz der Neuregelung des beschränkten Prüfumfangs der Baugenehmigungsbehörde sei es daher nicht ausgeschlossen, dass die Abstandsflächenvorschriften über die Belange der Belüftung, Belichtung, Besonnung und Wahrung das Wohnfriedens im Rahmen einer Anfechtungsklage nach dem Gebot der Verletzung der Rücksichtnahme geprüft würden.

Im Hinblick darauf, dass nach Angaben der Beigeladenen bereits eine Baubeginnsanzeige eingereicht worden sei und die Abbruchmaßnahmen im Wesentlichen bereits abgeschlossen seien, sei mit einem unmittelbaren Baubeginn zu rechnen. Aufgrund der klaren Verstöße gegen das Abstandsflächenrecht und gegebenenfalls eines damit einhergehenden Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot als Ausfluss der Abstandsflächenvorschriften und des Einfügungsgebots würden hier die Interessen des Antragstellers an einer Aussetzung des Sofortvollzugs überwiegen. Die Abstandsflächenproblematik auf der Westseite des geplanten Gebäudes sei völlig ungelöst und für den Antragsteller nicht hinnehmbar. Das Gebäude müsse entweder massiv in der Höhe reduziert oder von der Grundstücksgrenze in Richtung Osten verschoben werden.

Weiter vertiefte der Bevollmächtigte des Antragstellers seine Ausführungen hinsichtlich der unmittelbaren Betroffenheit des Antragstellers durch das Bauvorhaben, der Abstandsflächenproblematik sowie des fehlenden Einfügens des geplanten Gebäudes in die Eigenart der näheren Umgebung nach § 34 BauGB.

Zur Begründung der Hilfsanträge führte der Antragsteller im Wesentlichen aus, die Beigeladene sei trotz etwaiger Beschränkung des Prüfumfangs im Rahmen des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens verpflichtet, alle öffentlich-rechtlichen Vorschriften vollumfänglich einzuhalten. Wie bereits ausführlich dargestellt worden sei, sei im Bereich der Westfassade des Neubaus von massiven Abstandsflächenverstößen auszugehen. Der Antragsteller sei auch persönlich in seiner Gewerbeeinheit von der Verletzung dieser Abstandsflächen unmittelbar betroffen. Sowohl das Fenster des Sozialraums für die Mitarbeiter als auch das des Büroraumes seien ausschließlich zur Ostseite ausgerichtet, mit direktem Blick auf die Westfassade des Vorhabens. Durch den Abstandsflächenverstoß werde die Belichtung und Belüftung wesentlich verschlechtert. Auch sei davon auszugehen, dass die Berechnung und Darstellung der Abstandsflächen im Bereich der zu errichteten Loggia im dritten Obergeschoss falsch sei. Da der Antragsteller unmittelbar durch die Abstandsflächenverletzung in seinen subjektiven Rechten beeinträchtigt sei, liege auch eine entsprechende Klagebefugnis vor.

Die Voraussetzungen für die vorläufige Einstellung der Arbeiten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes seien ebenfalls gegeben. Es sei mit einem unmittelbar bevorstehenden Baubeginn zu rechnen. Für den Fall, dass die Arbeiten kurzfristig fortschreiten würden, seien die Möglichkeiten des Antragstellers zur Verhinderung der Abstandsflächenverstöße reduziert. Seine Interessen könnten nur im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gewahrt werden. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestünden ebenfalls, da aufgrund der massiven Abstandsflächenverletzung das Bauvorhaben in der geplanten Art und Weise nicht durchgeführt werden könne. Der Hilfsantrag beruhe auf § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO.

Mit Schreiben vom 24. Februar 2016 erwiderte die Antragsgegnerin auf den Schriftsatz des Antragstellers und führte aus, sämtliche Hilfsanträge seien bereits unzulässig, da sie nicht vorher bei der Antragsgegnerin gestellt worden seien. Im Übrigen verwies die Antragsgegnerin auf ihre Ausführungen in dem Schreiben vom 7. Dezember 2015.

Mit Schriftsatz vom 25. Februar 2016 nahmen die Bevollmächtigten der Beigeladenen erneut Stellung:

Es sei zu berücksichtigen, dass bei dem Raum der Sondereigentumseinheit des Antragstellers mit 10,28 m² das Fenster nicht nach Westen liege und bei den beiden anderen Räumen die handschriftlich eingezeichnete Nutzung als Sozialraum und Büro offensichtlich nicht der Nutzung gemäß Aufteilungsplan entspreche. Insoweit sei bereits fraglich, ob eine im Verhältnis zur Wohnungseigentümergemeinschaft unzulässige Nutzung von Räumen durch einen Sondereigentümer Nachbarrechte begründen könne.

Eine Prüfung der Regelungen des Abstandsflächenrechts habe nicht stattgefunden, da die Baugenehmigung vom 2. Oktober 2015 im vereinfachten Genehmigungsverfahren erteilt worden sei. Auf Bauordnungsrecht beruhende Nachbarrechte könnten durch eine Baugenehmigung dann nicht verletzt sein, wenn diese bauordnungsrechtliche Vorschriften im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen seien. Auf die Frage, wie offensichtlich oder gravierend ein etwaiger Verstoß zu bewerten wäre, komme es nicht an. Soweit der Antragsteller eine Verstärkung der Verschattung des Gebäudes ...-straße 81/83 durch die Balkone an der Westseite des Vorhabens behaupte, sei dies bereits denklogisch nicht möglich, da aufgrund der Himmelsrichtung und der Anordnung der Balkone, diese zur Westseite keinen Schatten werfen könnten. Die behaupteten Durchfeuchtungen stellten allenfalls einen Baumangel des Gemeinschaftseigentums dar, der von der Gemeinschaft zu beseitigen sei.

Die vom Antragsteller vorgenommenen Berechnungen der Abstandsflächen seien fehlerhaft. Das geplante Gebäude der Beigeladenen sei ebenso wie das Gebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. ... von der Grundstücksgrenze 4,5 m entfernt. Die Angabe des Antragstellers, das Gebäude der Beigeladenen sei 4 m von der Grundstücksgrenze entfernt, sei falsch. Die fehlerhafte Berechnung setzte sich auch bei den anderen Berechnungen fort. Die Abstandsfläche an der Westseite des Gebäudes der Beigeladenen betrage 10,28 m. Der Balkon im 3. Obergeschoss im nördlichen Bereich der Westfassade sei 1,5 m tief und 5 m breit. Er bleibe bei der Bemessung der Abstandsfläche außer Betracht. Der Abstand zum Nachbargrundstück betrage 3 m. Bei der Abstandsfläche werde die Höhe des 3. Obergeschosses gemäß Art. 6 Abs. 4 Satz 3 BayBO zu einem Drittel und das Dachgeschoss nicht berechnet.

Auch Teile der Abstandsfläche des Nachbargebäudes ...-straße 81/83 würden auf dem Grundstück der Beigeladenen liegen, da der Abstand der Gebäude zur Grundstücksgrenze jeweils 4,5 m betrage. Damit bestehe hinsichtlich der Nichteinhaltung der Abstandsflächen eine Atypik. Beide Gebäude würden in gleicher Weise die Abstandsfläche nicht einhalten. Aus diesem Grunde sei bereits in dem bestandskräftigen Vorbescheid der Antragsgegnerin vom 14. April 2014 eine Abweichung bei den Abstandsflächen in Aussicht gestellt worden.

Auch das Gebot der Rücksichtnahme sei nicht verletzt. Ob sich ein Vorhaben in jeder Beziehung in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge, sei insoweit keine unter dem Gesichtspunkt des öffentlich-rechtlichen Nachbarschutzes zu berücksichtigende Frage. Beide Gebäude würden die Abstandsflächen im nahezu gleichen Umfang nicht einhalten. Sowohl das Gebäude auf dem Nachbargrundstück als auch das Vorhabensgebäude wiesen vier Vollgeschosse auf. Bei dem genehmigten Dachgeschoss handele es sich um kein Vollgeschoss, da dieses deutlich weniger als zwei Drittel der Grundfläche habe. Aufgrund der unterschiedlichen Dachformen der Gebäude könnten die Firsthöhen nicht verglichen werden. Die nähere Umgebung werde nicht nur durch das Gebäude ...-straße 81/83 bestimmt, sondern auch von anderen Gebäuden, wie beispielsweise das Nachbargebäude ...-straße 77 und 75 mit einer Firsthöhe von 16,69 m.

Hinsichtlich der Hilfsanträge bestünden im Übrigen bereits Bedenken zur Zulässigkeit.

Mit Schreiben vom 3. März 2016 äußerte sich der Bevollmächtigte des Antragstellers zu den Schriftsätzen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen und führte aus, es sei nicht ersichtlich aus welchem Rechtsgrund der Antragsteller verpflichtet sein solle, im konkreten Fall die Anträge vorab bei der Antragsgegnerin zu stellen.

Des Weiteren verwies der Bevollmächtigte des Antragstellers erneut auf das Hinweisschreiben der Antragsgegnerin vom 30. Juli 2015, das aus seiner Sicht die tatsächlich vorgenommene Prüfung des Abstandsflächenrechts seitens der Antragsgegnerin belegen soll.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie auf die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

II.

I. Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Anfechtungsklage bleibt in der Sache ohne Erfolg, da die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich ohne Erfolg sein wird, da die angefochtene Baugenehmigung vom 2. Oktober 2015 bei summarischer Prüfung keine nachbarschützenden Vorschriften des Bauplanungsrechts oder Bauordnungsrechts verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1. Grundsätzlich kann der einzelne Teileigentümer (§ 1 Abs. 2 WEG) baurechtliche Nachbarrechte aus eigenem Recht nach § 13 Abs. 1 Halbsatz 2 WEG geltend machen, wenn eine konkrete Beeinträchtigung seines Sondereigentums im Raum steht (vgl. BVerwG, U. v. 20.8.1992 - 4 B 92/92 - juris; BayVGH, B. v. 08.07.2013 - 2CS 13.872 - juris). Das Bundesverwaltungsgericht (U. v. 20.8.1992 - 4 B 92/92 - juris) bejaht eine Klagebefugnis des Sondereigentümers, sofern der Behörde bei ihrer Entscheidung über die Baugenehmigung auch der Schutz der nachbarlichen Interessen des Sondereigentums aufgetragen ist. Dies ist möglicherweise dann der Fall, wenn das Sondereigentum beispielsweise im Bereich der Abstandsflächen liegt oder aber das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot unmittelbar das Sondereigentum betrifft. Da letzteres ebenfalls geltend gemacht wird, ist jedenfalls insoweit die Antragsbefugnis gegeben und der Antrag zulässig.

2. Nach § 212 a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung eine Anfechtungsklage ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212 a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen. Hierbei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 80 Rn. 146; Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (Schmidt a. a. O., § 80 Rn. 73 f.).

Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris RdNr. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren aber nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung des Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG B. v. 16.1.1997 - 4 B 244/96 NVwZ 1998, 58 - juris Rn. 3; BayVGH B. v. 14.10.2008 - 2 CS 08/2132 - juris Rn. 3).

Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben weder in bauplanungsrechtlicher noch in bauordnungs-rechtlicher Hinsicht gegen drittschützende Rechte der Antragstellers verstößt.

2.1 Der Einwand, das Vorhaben verletze die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenregelungen des Art. 6 BayBO kommt deshalb nicht zum Tragen, da für das streitgegenständliche Vorhaben ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO durchzuführen war, da es sich bei dem streitgegenständlichen Mehrfamilienhaus nicht um einen Sonderbau im Sinne von Art. 2 Abs. 4 BayBO handelt.

Im vereinfachten Genehmigungsverfahren ist gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BayBO im Wesentlichen nur die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu prüfen. Bauordnungsrechtliche Anforderungen - wie das Abstandsflächenrecht des Art. 6 BayBO - gehören nur dann gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO zum Prüfprogramm der Baugenehmigungsbehörde, wenn insoweit Abweichungen beantragt wurden, sich gemäß Art. 59 Satz 1 Alt. 2 BayBO für das Vorhaben aus einschlägigen örtlichen Bauvorschriften entsprechende Anforderungen ergeben oder gemäß Art. 59 Satz 2 i. V. m. Art. 62 Abs. 3 BayBO ausnahmsweise eine Prüfung bautechnischer Nachweise durch die Baugenehmigungsbehörde vorgesehen ist.

Da das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren durchzuführen war und von der Beigeladenen auch keine Abweichungen zum Abstandsflächenrecht beantragt waren bzw. solche auch nicht erteilt wurden, war das Abstandsflächenrecht nicht Prüfungsgegenstand des Genehmigungsverfahrens.

Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen ist, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und kommt insoweit eine Verletzung von Nachbarrechten durch die erteilte Baugenehmigung nicht in Betracht. Eine (ausschließlich) auf die Verletzung nachbarschützender bauordnungsrechtlicher Vorschriften gestützte Anfechtungsklage gegen eine solche Baugenehmigung würde „ins Leere gehen“ (BayVGH B. v. 14.10.2008 - 2 CS 08/2132 - juris Rn. 3). Daher ist den Antragsteller hinsichtlich seines Einwandes, das Vorhaben verstoße gegen das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht des Art. 6 BayBO, darauf zu verweisen, insoweit Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung des Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG B. v. 16.1.1997 - 4 B 244/96 NVwZ 1998, 58 - juris Rn. 3).

Auch der Einwand des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe im Laufe des Baugenehmigungsverfahrens trotz eingeschränkten Prüfungsumfangs des vereinfachten Verfahrens das Vorhaben auf die Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften überprüft, was sich unter anderem aus dem Hinweisschreiben der Antragsgegnerin vom 30. Juli 2015 ergebe, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Die Beschränkung des Prüfprogramms im vereinfachten Verfahren gemäß Art. 59 BayBO hat nicht nur zur Konsequenz, dass seitens der Behörde keine Prüfung der bauordnungsrechtlichen Vorschriften stattfinden darf. Vielmehr werden Regelungsinhalt und die Feststellungswirkung der Baugenehmigung und damit der Nutzen der Baugenehmigung für den Bauherren werden entsprechend beschränkt (vgl. BayVGH, U. v. 29.10.2015 - 2 B 15.1431 - juris Rn. 35). Daher scheidet eine Nachbarrechtsverletzung bereits deswegen aus, da es der angegriffenen Baugenehmigung an einer nachbarrechtsrelevanten Regelung fehlt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Behörde im Baugenehmigungsverfahren das Vorhaben tatsächlich auch hinsichtlich der Einhaltung der Bauordnungsvorschriften überprüft hat. Solange eine erfolgte Prüfung nicht durch Erteilung von Abweichungen gemäß Art. 63 BayBO in die Baugenehmigung Eingang findet, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und kann nachbarschützenden Rechte des Bauordnungsrechts nicht verletzen. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO eröffnet zwar der Bauaufsichtsbehörde die Möglichkeit, den Bauantrag auch im Falle der Nichteinhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die im bauaufsichtlichen Verfahren nicht zu prüfen sind, abzulehnen. Hiermit korrespondiert jedoch kein Anspruch eines Dritten, die Überprüfung des Vorhabens im Hinblick auf die Verletzung von nachbarschützenden Normen des Bauordnungsrechts zu verlangen.

Im Übrigen kann dem Hinweisschreiben der Antragsgegnerin, mit dem sie auf die Nichteinhaltung der Mindestanstände zu dem Nachbarsrundstück Fl.Nr. ... durch die geplante Balkonanlage und auf die Möglichkeit der Errichtung lediglich einer untergeordneten Balkonanlage hingewiesen hat, nicht entnommen werden, dass von der Antragsgegnerin eine umfassende Prüfung der Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften durch das streitgegenständliche Vorhaben vorgenommen wurde.

2.2 Hinsichtlich der Verletzung bauplanungsrechtlicher, drittschützender Vorschriften kommt in Bezug auf das Sondereigentum des Antragstellers allenfalls das Gebot der Rücksichtnahme in Betracht. Es kann dahinstehen, ob sich dieses im vorliegenden Fall aus dem Begriff des „Einfügens“ des § 34 Abs. 1 BauGB oder aus § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 BauNVO ableitet, da im Ergebnis dieselbe Prüfung stattfindet (vgl. BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351).

Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte, wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG, B. v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rdnr. 9 m. w. N.). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG, U. v. 25.2.1977 - 4 C 22.75 BVerwGE 52, 122 - juris Rdnr. 22; U. v. 28.10.1993 - 4 C 5.93 NVwZ 1994, 686 - juris Rdnr. 17; U. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 BVerwGE 109, 314 - juris Rdnr. 20; U. v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 NVwZ 2005, 328 - juris Rdnr. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 BVerwGE 145, 145 - juris Rdnr. 16; BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rdnr. 4). Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (BVerwG, U. v. 25.2.1977 - IV C 22.75 BVerwGE 52, 122 - juris Rdnr. 22).

In der Rechtsprechung zum Rücksichtnahmegebot ist anerkannt, dass eine Verletzung auch dann in Betracht kommt, wenn durch die Verwirklichung des genehmigten Vorhabens ein in der unmittelbaren Nachbarschaft befindliches Wohngebäude „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird. Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (vgl. BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1/78, DVBl. 1981, 928 - juris Rn. 38: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zum 2,5-geschossigen Nachbarwohnhaus; U. v. 23.5.1986 - 4 C 34/85, NVwZ 1987, 34 - juris Rn. 15: drei 11,05 m hohe Siloanlagen im Abstand von 6 m zu einem zweigeschossigen Wohnanwesen; BayVGH, B. v. 10.12.2008 - 1 CS 08.2770, BayVBl. 2009, 751 - juris Rn. 23; B. v. 5.7.2011 - 14 CS 11.814 - juris Rn. 21). Hauptkriterien bei der Beurteilung einer „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung sind u. a. die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung. Für die Annahme einer „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung eines Nachbargebäudes ist somit grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes, was insbesondere gilt, wenn die Gebäude im dicht bebauten innerstädtischen Bereich liegen (BayVGH, B. v. 11.5.2010 - 2 CS 10.454 - juris Rn. 5; B. v. 5.12.2012 - 2 CS 12.2290 - juris Rn. 9).

Die Anwendung dieser Grundsätze führt vorliegend voraussichtlich dazu, dass eine „abriegelnde“ oder auch „erdrückende“ Wirkung des geplanten Gebäudes gegenüber dem Teileigentum des Antragstellers nicht angenommen werden kann.

Wie oben dargestellt, sind an die Annahme einer Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme sehr hohe Anforderungen zu stellen. Dies gilt umso mehr, als sich das streitgegenständliche Gebäude und das Nachbargebäude in einem dicht bebauten innerstädtischen Bereich befinden. Zwar soll das geplante Gebäude eine Firsthöhe von 16,57 m erreichen und damit ca. 5,27 m höher werden, als das Flachdachgebäude auf dem Nachbargrundstück Fl.Nr. ..., in dem sich die Teileigentumseinheit des Antragstellers befindet. Allerdings übersteigt die Traufhöhe des Vorhabengebäudes mit 9,07 m die Wandhöhe des Nachbargebäudes bis zum Rücksprung des Terrassengeschosses nur marginal. Hinzu kommt, dass das Terrassengeschoss auf der dem Vorhaben zugewandten Westseite nach den genehmigten Plänen nur 1,49 m an seiner Südseite und 1,25 m an seiner Nordseite nach Westen zurückspringt. Im Bereich des 2,76 m breiten Treppenhausbaus ist ein Rücksprung nicht vorhanden, so dass sich hier eine Wandhöhe von ca. 11,3 m in einem Abstand von 4,5 m zu der Grundstücksgrenze ergibt. Das Dach des streitgegenständlichen Gebäudes ist im Bereich des vierten Obergeschosses bis zum Mansardknick um 69° geneigt, so dass sich eine mit dem geringfügig zurückgesetzten Terrassengeschoss vergleichbare Wirkung ergibt. Im Bereich des Mansardknicks liegt die Höhe des streitgegenständlichen Gebäudes bei 12,23 m und übersteigt die absolute Höhe des Nachbargebäudes lediglich um knapp einen Meter. Das Mansarddach des streitgegenständlichen Gebäudes verfügt im Bereich zwischen dem Mansardknick und dem First um eine Neigung von 34°, was die Wirkung des Vorhabens auf das Nachbargebäude relativiert. Aufgrund der Ausbildung des Daches des Vorhabengebäudes wirkt sich die Höhendifferenz von 5,27 m nicht erheblich auf das Nachbargebäude aus. Zudem ist das Gebot der Rücksichtnahme nach der oben zitierten Rechtsprechung gerade im innerstädtischen Bereich erst dann verletzt, wenn zwischen den Gebäuden ein erheblicher Höheunterschied von mehreren Geschossen gegeben ist, was hier ersichtlich nicht der Fall ist. Eine erdrückende Wirkung des Vorhabens liegt hier damit nicht vor.

Im Übrigen ist anzumerken, dass auch eine Verletzung der Abstandsflächenvorschriften nicht zwingend zu einer Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme führt. Zwar ist im Falle der Einhaltung der erforderlichen Abstandsflächen in der Regel davon auszugehen, dass auch das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot gewahrt ist (vgl. BVerwG, U. v. 11.01.1999 - 4 B 128/98, NVwZ 1999, 879, 880; BayVGH, B. v. 06.11.2008 - 14 ZB 08.2326 - juris Rn. 10). Ein Verstoß gegen die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften impliziert jedoch nicht automatisch eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme.

Auch eine einmauernde oder abriegelnde Wirkung des Vorhabens auf das Teileigentum des Antragstellers ist vorliegend nicht anzunehmen. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich die Nutzungseinheit des Antragstellers im Erdgeschoss des Nachbargebäudes auf der Fl.Nr. ... befindet und den östlichen Fenstern der Nutzungseinheit eine ca. 10 m breite Wand des Bestandsgebäudes, die gerade im Bereich der Fenster situiert ist, in einem Abstand von ca. 10 m vorgesetzt ist. Insoweit liegt eine Vorbelastung durch die Bestandsbebauung vor. Zwar wird sich durch die Errichtung des streitgegenständlichen Gebäudes aufgrund der Höhe und Länge des Baukörpers die Belichtungssituation für die Nutzungseinheit des Antragstellers verändern. Hierdurch wird jedoch die Grenze des dem Antragsteller zumutbaren nicht überschritten. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass bereits die Bestandsvilla auf dem Vorhabengrundstück über eine Wandhöhe von ca. 7 m und eine Firsthöhe von ca. 9,5 m verfügte, so dass es sich für das Teileigentum des Antragstellers nicht um eine erstmalige Belastung handelt. Da die Teileigentumseinheit des Antragstellers im Erdgeschoss liegt, ist diese bereits durch die Bestandsbebauung beeinträchtigt. Eine unzumutbare Verschlechterung der bestehenden Situation wird mit der Ausführung des Vorhabens nicht eintreten. Zudem dürfte die Belichtung der Räumlichkeiten des Antragstellers bereits dadurch eingeschränkt sein, dass im südöstlichen Bereich auf der Höhe des Erdgeschosses eine Garagenrampe des Gebäudes ...-straße 81/83 und im nordöstlichen Bereich ein gleich hohes Nebengebäude situiert ist, durch das die Belichtung und Belüftung der Räumlichkeiten jedenfalls von der Süd- und Nordseite eingeschränkt wird.

II.

Der unter Ziffer II gestellte Hilfsantrag ist zwar zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.

1. Da der Antragsteller die Antragsgegnerin jedenfalls mit dem Schriftsatz vom 12. Februar 2016 um die Einstellung der Bauarbeiten auf dem Vorhabengrundstück ersucht hat und diese bisher über den Antrag nicht entschieden hat, ist das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers zu bejahen.

2. Gleichwohl bleibt der Antrag nach § 123 VwGO ohne Erfolg, da ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht werden konnte. Der Antragsteller hat nach der im Eilverfahren gebotenen, aber ausreichenden summarischen Prüfung keinen Anspruch auf Erlass einer Baueinstellungsverfügung gegen die Antragsgegnerin (Art. 75 BayBO).

2.1 Nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt werden, die Einstellung der Arbeiten anordnen. Die Ausübung dieser Befugnis steht in pflichtgemäßem Ermessen (Art. 40 BayVwVfG). Wenn die Rechtswidrigkeit einer Anlage darauf beruht, dass sie gegen Vorschriften verstößt, die Nachbarn des Baugrundstücks in ihren Rechten schützen, kann ein hiervon betroffener Nachbar zwar beanspruchen, dass ermessensfehlerfrei entschieden wird. Einen Anspruch auf Einschreiten hat der Nachbar aber nur, wenn jede andere Entscheidung angesichts der Schwere der Rechtsverletzung auch unter Berücksichtigung der Belange des Bauherrn ermessensfehlerhaft wäre, wenn also das Ermessen zugunsten des Nachbarn „auf Null“ reduziert ist (vgl. BayVGH v. 14.1.2009 - 1 ZB 08.97 - juris; BVerwG v. 4.6.1996, NVwZ-RR 1997, 271), was bei einem nicht unwesentlichen Abstandsflächenverstoß in der Regel der Fall ist (vgl. Beschluss des erkennenden Gerichts vom 11. November 2014 - M 8 E 14.4665, nicht veröffentlicht).

2.2 Im vorliegenden Fall besteht kein Anordnungsanspruch des Antragstellers, weil nach der summarischen Prüfung unter Berücksichtigung des Antragsvorbringens sich der Antragsteller nicht auf die Verletzung nachbarschützenden Rechte durch das streitgegenständliche Vorhaben berufen kann.

2.2.1 Der Antragsteller ist an der Geltendmachung des Abstandsflächenverstoßes zwar nicht durch den ihm gegenüber bestandskräftigen Vorbescheid der Antragsgegnerin vom 14. April 2014 gehindert, in dem der Beigeladenen unter anderem eine Abweichung wegen der Nichteinhaltung der Abstandsflächen vor der westlichen Außenwand nach Art. 63 Abs. 1 BayBO in Aussicht gestellt wurde. Aus den Vorbescheidsplänen ist ersichtlich, dass mit dem Vorbescheidsantrag die Errichtung eines Flachdachgebäudes mit einem im Westen zurückgesetzten Terrassengeschoss und Wandhöhen von 9,3 m bzw. 13,30 m abgefragt wurde. Bei dem hier streitgegenständlichen Bauvorhaben handelt es sich somit um ein vom dem Vorbescheidsvorhaben abweichendes Vorhaben.

2.2.2 Ferner ist es zutreffend, dass das streitgegenständliche Vorhaben die nach Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO erforderlichen Abstandsflächen vor der westlichen Außenwand nicht einhält. Die Traufe des streitgegenständlichen Gebäudes liegt bei 9,07 m und die Höhe des um 69° geneigten Mansarddaches bis zum Mansardknick beträgt 12,23 m, so dass sich eine Abstandsflächentiefe von 10,12 m ergibt. In den genehmigten Plänen ist die Abstandsflächentiefe zulasten der Beigeladenen mit 10,28 m angegeben. Der Abstand zur Grundstücksgrenze mit der Fl.Nr. ... beträgt dagegen nur 4,5 m, so dass die Abstandsflächen nicht auf dem eigenen Grundstück eingehalten werden können. Hinzu kommt, dass die Dachgauben an der Westseite des Gebäudes nicht unter die Vorschrift des Art. 6 Abs. 8 Nr. 3 BayBO fallen, da sie die maximal zulässige Gesamtbreite von 5 m überschreiten, so dass diese bei der Berechnung der Abstandsflächentiefe nicht unberücksichtigt bleiben dürfen.

2.2.3 Allerdings kann sich der Antragsteller im vorliegenden Fall nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die erforderlichen Abstandsflächen nicht eingehalten werden. Die Frage, ob für das streitgegenständliche Vorhaben eine Abweichung wegen Nichteinhaltung der Abstandsfläche vor der westlichen Außenwand nach Art. 63 Abs. 1 BayBO rechtmäßig erteilt werden könnte, kann dahinstehen, da sich der Antragsteller jedenfalls nicht auf eine Verletzung in seinen Nachbarrechten durch eine solche Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO berufen kann. Insoweit kann es auch dahinstehen, inwieweit ein Sondereigentümer überhaupt die Verletzung der Abstandsflächenvorschriftenrügen kann oder ob dies der WEG vorbehalten ist. Eine solche Rüge verstößt vorliegend jedenfalls gegen den auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 BGB

Aus dem System nachbarlicher Ausgleichs- und Rücksichtnahmepflichten folgt, dass derjenige, der selbst mit seinem Gebäude die erforderlichen Abstandsflächen nicht einhält, billigerweise nicht verlangen kann, dass der Nachbar die Abstandsflächen freihält. Dies führt dazu, dass nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Nachbar sich gegenüber einer Baugenehmigung in der Regel nicht mit Erfolg auf die Einhaltung einer nachbarschützenden Vorschrift berufen kann, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück nicht dieser Vorschrift entspricht und wenn die beiderseitigen Abweichungen etwa gleichgewichtig sind und nicht zu - gemessen am Schutzzweck der Vorschrift - schlechthin untragbaren, als Missstand (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO) zu qualifizierenden Verhältnissen führen (BayVGH, U. v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris Rn. 37; VGH BW, B. v. 29.9.2010 - 3 S 1752/10, BauR 2011, 148 - juris Rn. 5; VGH BW, B. v. 4.1.2007 - 8 S 1802/06 - juris Rn. 4).

Bei dieser Betrachtung ist es unerheblich, ob das Gebäude des klagenden Nachbarn seinerzeit in Übereinstimmung mit den geltenden Bauvorschriften errichtet worden ist oder Bestandsschutz genießt (OVG Berlin, U. v. 11.2.2003 - 2 B 16.99 - juris Rn. 29; VGH SH, U. v. 15.12.1992 - 1 L 118/91 - juris Rn. 37; OVG Lüneburg, B. v. 30.3.1999 - 1 M 897/99 - juris Rn. 43; a.A. OVG Münster, U. v. 24.4.2001 - 10 A 1402/98 - juris Rn. 11; kritisch auch Kuchler, juris, PR-UmwR 6/2014 - Anm. 1). Maßgeblich ist allein, dass der klagende Nachbar den jetzt erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, denn die Versagung des Abwehranspruches beruht darauf, dass es unbillig wäre, einen Nachbarn den durch die grenznahe bauliche Anlage des anderen Nachbarn ausgehenden Nachteilen auszusetzen, ihm selbst aber eine Ausnutzung seines Grundstücks im Grenzbereich zu verwehren.

Bei der Frage, ob wechselseitige Verletzungen der Abstandsflächenvorschriften annähernd vergleichbar sind, ist keine zentimetergenaue quantitative Entsprechung gefordert, sondern es ist eine wertende Betrachtung in Bezug auf die Qualität der mit der Verletzung der Abstandsflächenvorschriften einhergehenden Beeinträchtigungen anzustellen (OVG Berlin, U. v. 11.2.2003 - 2 B 16.99 - juris Rn. 30; OVG Lüneburg, U. v. 30.3.1999 - 1 M 897/99 - juris Rn. 43).

Vorliegend wirft das streitgegenständliche Vorhaben eine Abstandsfläche von 205,972 m² auf das Grundstück des Antragstellers. Dem steht eine Abstandsflächenüberschreitung durch das Gebäude, in dem sich das Teileigentum des Antragstellers befindet, von 211,123 m² gegenüber. Bei der Berechnung der Abstandsfläche auf der Westseite des Vorhabens sind insbesondere die nicht untergeordneten Dachgauben zu berücksichtigen. Die Balkonanlage im Nordosten bleibt dagegen nach Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 BayBO bei der Berechnung der Abstandsflächentiefe unberücksichtigt.

Die beiderseitigen Abstandsflächenüberschreitungen führen auch nicht zu schlechthin untragbaren, als Missstand im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO zu qualifizierenden Verhältnissen. Es ist nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass eine ausreichende Belichtung und Belüftung der rückwärtigen Räumlichkeiten der gewerblichen Nutzungseinheit des Antragstellers auch nach der Ausführung des Bauvorhabens gewährleistet ist und sich die bestehende Belichtungs- und Belüftungssituation nicht wesentlich verschlechtert. In der Rechtsprechung ist im Hinblick auf die Lichtverhältnisse anerkannt, dass die Einhaltung eines Lichteinfallwinkels von 45° in Höhe der Fensterbrüstung von Fenstern von Aufenthaltsträumen grundsätzlich eine ausreichende Belichtung sicherstellt, wobei dieser Grundsatz jedoch nicht ausnahmslos gilt (BayVGH, B. v. 15.10.2014 - 2 ZB 13.530 - juris Rn. 8). Vorliegend würde durch Verwirklichung des Bauvorhabens in den nach Osten hin ausgerichteten Räumen der Nutzungseinheit des Antragstellers, an den dort vorhandenen Fenstern der 45°-Grad-Winkel knapp nicht eingehalten. Gleichwohl ist nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass eine ausreichende Belichtung der Räumlichkeiten, die nicht zu Wohnzwecken genutzt werden, gewährleistet ist.

Bei dem südlichen Raum im Erdgeschoss des Anwesens handelt es sich nach den am 20. Juli 1972 genehmigten Plänen um ein Vorratsraum, der nach der Legaldefinition in Art. 2 Abs. 5 BayBO keinen Aufenthaltsraum darstellt. Ein Aufenthaltsraum liegt danach nur dann vor, wenn ein Raum zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet ist, was bei einem Vorratsraum nicht der Fall ist. Der zweite Raum im nördlichen Bereich des Gebäudes ist in den genehmigten Plänen als ein solcher bezeichnet und damit ein Aufenthaltsraum im Sinne der Bayerischen Bauordnung. Es ist hier zu berücksichtigen, dass die Belichtungs- und Belüftungssituation schon im Bestand durch das unmittelbar nördlich des Fensters des Aufenthaltsraums an die Fassade angebaute Nebengebäude beeinträchtigt ist, so dass bereits eine gewisse Vorbelastung der Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse vorhanden ist. Bei einem verbleibenden Abstand zwischen den Gebäuden von 9 m kann unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls nicht von einem städtebaulichen Missstand im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO ausgegangen werden.

Damit ist dem Antragsteller vorliegend aufgrund der Nichteinhaltung der Abstandsflächen durch die Bebauung der eigenen Wohnungseigentümergemeinschaft eine Berufung auf einen möglichen Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht gemäß § 242 BGB nach Treu und Glauben verwehrt, so dass ein Anordnungsanspruch auf eine vorläufige Einstellung der Bauarbeiten nicht gegeben ist. Der Antrag nach § 123 VwGO war damit ebenfalls abzulehnen.

III.

Über den Hilfsantrag unter Ziffer III war vorliegend nicht zu entscheiden, da die innerprozessuale Bedingung, von der die Entscheidung über den Hilfsantrag abhängig gemacht wurde - nämlich das Obsiegen des Antragstellers mit dem Hilfsantrag unter Ziffer III - nicht eingetreten ist.

IV.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es billigem Ermessen, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten erstattet erhält (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).

V.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 53 Abs. 1 GKG i. V. m. den Ziffern 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Für die Hilfsanträge unter Ziffer II und III wurde gemäß §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 53 Abs. 1 GKG ein Betrag von jeweils 1.000,- Euro angesetzt.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

I.

Die Anträge werden abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 5.750,- Euro festgesetzt.

Tatbestand

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die der Beigeladenen am 2. Oktober 2015 erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage auf dem Grundstück ...-straße 79, Fl.Nr. ..., Gemarkung ...

Das Vorhabengrundstück grenzt im Westen an das Grundstück Fl.Nr. ..., ...-straße 81/83, das mit einem Mehrfamilienhaus bebaut ist. Der Antragsteller ist Teileigentümer einer gewerblichen Nutzungseinheit im Erdgeschoss dieses Nachbaranwesens, die als Apotheke genutzt wird. Der Apothekenverkaufsraum ist nach Süden zur ...-straße hin ausgerichtet. Die Nutzungseinheit verfügt über mehrere Nebenräume, die nach Osten zum streitgegenständigen Vorhaben hin ausgerichtet sind.

Das Wohn- und Geschäftsgebäude auf dem Nachbargrundstück Fl.Nr. ..., ...-straße 81/83, in dem sich die gewerbliche Sondernutzungseinheit des Antragstellers befindet, ist viergeschossig, wobei das vierte Geschoss als ein allseits zurückgesetztes Terrassengeschoss ausgebildet ist. Das Gebäude ist in einer Entfernung von 4,5 m (vermasst) von der Grundstücksgrenze situiert und verfügt über eine Länge von 23,10 m (vermasst), eine Breite von 14,9 m (vermasst) und eine Höhe von ca. 11,3 m. Die Wandhöhe des Gebäudes bis zum Rücksprung des Terrassengeschosses beträgt 9 m. Das Terrassengeschoss springt im südlichen Gebäudeteil 1,49 m und im nördlichen Gebäudeteil 1,25 m nach Westen zurück (Rücksprünge sind jeweils vermasst). Zwischen den Rücksprüngen befindet sich auf einer Länge von 2,76 m (vermasst) ein Treppenhaus, das sich als ein senkrecht von dem Erdgeschoss bis zum vierten Obergeschoss durchgezogener Wandteil darstellt.

Mit Bauantrag vom 30. April und Änderungsanträgen vom 12. August 2015 sowie vom 15. September 2015 nach Plan-Nr. ... beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage. Mit Schreiben vom 30. Juli 2015 forderte die Antragsgegnerin die Beigeladene auf, die Mängel der Bauvorlagen zu beheben. Insbesondere führte die Antragsgegnerin aus, durch die westseitig geplante Balkonanlage werde die Mindestabstandsfläche von 3 m zum Nachbargrundstück ... nicht eingehalten. Hier sei lediglich eine untergeordnete Balkonanlage mit einer Tiefe von maximal 1,5 m und einer Breite von höchstens 5 m genehmigungsfähig.

Gegenstand der Bauanträge ist der Abbruch des bestehenden zweigeschossigen Gebäudes und Neubau eines viergeschossigen Gebäudes mit einem um 69° und 34° geneigtem Mansarddach. Der Neubau soll über eine Länge von 23,9 m, eine Breite von 14,99 m und eine Firsthöhe von 16,57 m verfügen. Die Traufhöhe soll 9,07 m erreichen und die Höhe von der Geländeoberfläche bis zum Mansardknick 12,23 m betragen (alle Maße sind vermasst). Das Neubaugebäude soll auf der Westseite über eine Dachterrasse verfügen. Im 3. Obergeschoss sollen auf der Westseite insgesamt vier Dachgauben (zwei 3 m breite, eine 2 m breite sowie eine 1,5 m breite), die auf einer Höhe von 11,64 m vor die um 69° geneigte Mansarddachfläche vortreten. Im nördlichen Teil des Gebäudes sind in 1. bis 3. Obergeschossen jeweils ein Balkon mit einer Tiefe von jeweils 1,5 m und einer Breite von 5 m bzw. 3 m geplant. Der Abstand des geplanten Mehrfamilienhauses zu der westlichen Grundstücksgrenze beträgt 4,5 m.

Mit Bescheid vom 2. Oktober 2015 erteilte die Beklagte im vereinfachten Genehmigungsverfahren die beantragte Baugenehmigung. Die Baugenehmigung enthält zahlreiche Befreiungen wegen Überschreitung von Baulinien durch Balkone, Lichtschächte und Tiefgarage sowie durch Müllhäuschen. Ferner enthält die Baugenehmigung eine Abweichung wegen Überschreitung der maximal zulässigen Rampenneigung. Weitere Befreiungen und/oder Abweichungen sind in der Baugenehmigung nicht enthalten.

Der Baugenehmigungsbescheid wurde der Wohnungseigentümergemeinschaft ...-straße 81/83, in der der Antragsteller Mitglied ist, mit Postzustellungsurkunde am 6. Oktober 2015 zugestellt.

Mit Schreiben vom 5. November 2015 erhob der Antragsteller Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 2. Oktober 2015 und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung.

Mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2015 beantragte die Beklagte,

den Antrag abzulehnen.

Die Drittanfechtungsklage sei bereits unzulässig, da der Kläger nicht klagebefugt sei. Grundsätzlich könne der einzelne Wohnungseigentümer baurechtliche Nachbarrechte aus eigenem Recht nach § 13 Abs. 1 WEG geltend machen, wenn eine konkrete Beeinträchtigung seines Sondereigentums im Raum stehe. Abgesehen von der Adresse des Antragstellers, sei bereits in keiner Weise ersichtlich, inwieweit der Antragsteller überhaupt Sondereigentümer des Nachbargrundstücks sei und inwieweit ein etwaiges Sondereigentum des Antragstellers unmittelbar betroffen sei.

Zudem sei die Anfechtungsklage auch nicht begründet. Die Baugenehmigung vom 2. Oktober 2015 sei rechtmäßig und verletze den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Vorliegend sei ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren durchgeführt worden. In dessen Rahmen seien neben den bauplanungsrechtlichen Vorschriften der Anforderungen des Abstandsflächenrechts nur zu prüfen, soweit Abweichungen beantragt worden seien. Vorliegend habe die Bauherrin keine Abweichungen vom Abstandsflächenrecht nach Art. 63 BayBO beantragt, so dass hier die Prüfung der Einhaltung der Abstandsflächen nicht zum Prüfprogramm gehört habe und folglich von der Antragsgegnerin auch nicht geprüft worden sei.

Auch ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot liege nicht vor. Das geplante Vorhaben entfalte gegenüber der Nachbarbebauung auf der Fl.Nr. ... keine „erdrückende“ oder „einmauernde Wirkung“. Eine solche Wirkung komme vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht. Vorliegend fehle es hinsichtlich des Vorhabens bereits an einem solchen übergroßen Baukörper. Das geplante Vorhaben sei viergeschossig, ebenso wie die Bebauung auf der benachbarten Fl.Nr. ... Zwar sei die Firsthöhe des Vorhabens im Vergleich zum Nachbargebäude, welches ein Flachdach habe, um ca. 4 m höher, allerdings weise das geplante Vorhaben ein Mansarddach auf, welches bereits im dritten Geschoss eine Dachneigung von 69° habe und im vierten Geschoss eine Dachneigung von nur 34°. Die Firsthöhe entfalte damit für die Nachbarbebauung in keiner Weise eine erdrückende Wirkung.

Mit Schriftsatz vom 20. Januar 2016 stellten die Bevollmächtigten der Beigeladenen den Antrag,

den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.

Zur Begründung führten die Bevollmächtigten der Beigeladenen aus, der gestellte Antrag sei weder zulässig noch begründet. Der Antragsteller habe nicht vorgetragen, inwieweit er in seinen Rechten verletzt sei. Man könne nur vermuten, dass er Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft ...-straße 81/83 sei. Um welche Einheit es sich handele und wo diese liege sei nicht vorgetragen worden. Baurechtliche Nachbarrechte aus eigenem Recht könne ein Wohnungs- bzw. Teileigentümer nur geltend machen, wenn eine konkrete Beeinträchtigung seines Sondereigentums vorliege. Zwischen dem Vorhabengrundstück und dem Gebäude der WEG ...-straße 81/83 liege der Hauszugang, die Tiefgaragenzufahrt/-Rampe der WEG, so dass ausschließlich gemeinschaftliches Eigentum und nicht Sondereigentum betroffen sein könne. Im Übrigen sei die Baugenehmigung vom 2. Oktober 2015 rechtmäßig. Es werde auf die Ausführungen der Antragsgegnerin vom 7. Dezember 2015 Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 12. Februar 2016 stellte der Bevollmächtigte des Antragstellers folgende Anträge:

I.

Der Sofortvollzug der Baugenehmigung vom 2. Oktober 2015 betreffend das Grundstück ...-straße 79, Fl.Nr. ..., wird aufgehoben.

II.

Für den Fall, dass das Gericht den Antrag in Ziffer I für unbegründet hält, wird hilfsweise beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Bauarbeiten auf dem Grundstück ...-straße 79, Fl.Nr. ... vorläufig einzustellen.

III.

Für den Fall, dass das Gericht der Auffassung ist, dass die Antragsgegnerin im Rahmen des vorläufigen Schutzes verpflichtet ist, die vorläufige Einstellung der Bauarbeiten zu verfügen, wird beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Bauantrag betreffend das Grundstück Fl.Nr. ... auf Einhaltung der Abstandsflächen, insbesondere hinsichtlich des westlichen Bereichs des Bauvorhabens zum Grundstück Fl.Nr. ..., zu überprüfen. Des Weiteren ist die Antragsgegnerin für den Fall, dass Abstandsflächenverstöße an der Westgrenze der Fl.Nr. ... festgestellt werden sollten, verpflichtet, die Baugenehmigung aufzuheben.

Zur Begründung der gestellten Anträge führte der Bevollmächtigte des Antragstellers im Wesentlichen aus, die Räume im nordöstlichen Bereich der Apotheke des Antragstellers würden als Sozialraum bzw. als Büroraum genutzt. Das geplante Bauvorhaben wirke sich massiv auf die Nutzung des Antragstellers aus, da diese Räume ausschließlich mit Fenstern in Richtung Osten ausgerichtet seien. Hieraus ergebe sich auch die Betroffenheit des Antragstellers. Der Antragsteller mache im vorliegenden Fall geltend, dass das von der Beigeladenen geplante Bauvorhaben an der gemeinsamen Grundstücksgrenze die einzuhaltenden Abstandsflächen nicht einhalte. Durch das geplante Bauvorhaben komme es zu einer massiven Überschreitung und Überlappung der Abstandsflächen der beiden Gebäude. Insbesondere durch die Höhe des geplanten Gebäudes, komme es zu einer massiven und verstärkten Verschattung der nach Osten ausgerichteten Fenster der Sondereigentumseinheit des Antragstellers. Dies werde noch dadurch verstärkt, dass im Bereich dieser Fenster auf der Grundstücksseite Fl.Nr. ... im hinteren Bereich Balkone in einer Loggien-Ausführung geplant seien, die zum einen in der Abstandsfläche stünden und zum anderen als optisch hervorspringender massiver Baukörper zu einer weiteren Verschattung führten. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt habe die Eigentümergemeinschaft im Bereich der Ostfassade mit Folgen einer nicht ausreichend abtrocknenden Fassade zu kämpfen. Durch die Länge und die Höhe des geplanten Baukörpers werde sich dies nochmals massiv verstärken. Auch hier sei der Antragsteller unmittelbar betroffen, da die auftretenden Durchfeuchtungen unter anderem in den Räumen des Antragstellers auftreten würden.

Im nördlichen Bereich der Westfassade zeige sich, dass in der Abstandsfläche Loggien geplant seien, die aufgrund ihrer Gestaltung als massiver Bauteil zu bewerten seien. Die Balkone würden im rückwärtigen nördlichen Teil der Westfassade nur in einem Abstand von 2,5 m von der Grundstücksgrenze zu Fl.Nr. ... liegen. Der Abstand der beiden Gebäude betrage in diesem Bereich nur noch 6,5 m. Im Dachgeschossbereich befinde sich im Übrigen an dieser Fassadenseite (im Bereich der Dachschräge mit 69°) im dritten Obergeschoss eine Gaube. Diese Gaube sei abstandsflächentechnisch in den Darstellungen der Abstandsflächen nicht berücksichtigt und abgebildet worden. Auch ohne Berücksichtigung der Gaube würden die Abstandsflächen auf der Westseite auf das Nachbargrundstück fallen. Die Abstandsflächenberechnung sei daher unvollständig. Die Abstandsfläche vor der westlichen Außenwand des Vorhabengebäudes rage unter Berücksichtigung der Planungsdaten mindestens 6,28 m in das Nachbargrundstück Fl.Nr. ... hinein. Im Bereich der Ostfassade des Gebäudes des Antragstellers und der Westfassade des Bauvorhabens entstehe eine massive Enge und durch die Höhe des Neubaus auch eine zusätzliche massive Verschattung, die neben dem verminderten Lichteinfall auch zu einer zusätzlichen Feuchtigkeit im Fassadenbereich führten.

Des Weiteren sei bereits zweifelhaft, ob sich das Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung im Sinne von § 34 BauGB einfüge. Die Firsthöhe des geplanten Bauvorhabens ...-straße 79 sei mit 16,57 m anzugeben und bei dem Gebäude ...-straße 81/83 mit 11,39 m. Das geplante Bauvorhaben weise durch das Giebeldach ein weiteres Geschoss auf. Durch die Planung einer massiven Gaube auf die ...-straße sei das Dachgeschoss massiv erweitert worden, so dass im Ergebnis ein weiteres Geschoss entstanden sei. Sowohl hinsichtlich der Firsthöhe als auch hinsichtlich der Ausprägung des fünften Geschosses führe dies dazu, dass von einem Einfügen nach § 34 BauGB nicht mehr gesprochen werden könne.

Zwar sei das Bauvorhaben im vereinfachten Genehmigungsverfahren genehmigt worden. Im vorliegenden Fall bestehe jedoch eine Besonderheit. Im Schreiben der Antragsgegnerin vom 30. Juli 2015 sei die Beigeladene darauf hingewiesen worden, dass die geplanten Balkone an der Westseite unter Abstandsflächengesichtspunkten zu nah an die Grundstücksgrenze reichten und entsprechend reduziert werden müssten, damit sie als untergeordneter Bauteil in der Abstandsfläche verbleiben könnten. Dies zeige, dass die Antragsgegnerin abstandsflächenrelevante Bauteile geprüft und entsprechende Hinweise gemacht habe. Aus dem Umkehrschluss, dass bezüglich der Fassadenwand auf der Westseite keine entsprechenden Bedenken angemeldet worden seien, sei abzuleiten, dass die Antragsgegnerin an sich davon ausgegangen sei, dass dies nicht abstandsflächenrelevant sei. Anders könne das Verhalten der Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang nicht gewertet werden. Aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin zu einzelnen Bereichen abstandsflächenrechtliche Überprüfungen und Angaben gemacht habe, sei abzuleiten, dass tatsächlich im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens auch die Abstandsflächen mitgeprüft worden seien und daher im Rahmen einer Anfechtungsklage auch angegriffen werden könnten. Im Rahmen einer offenkundigen Abstandsflächenverletzung sei zu prüfen, ob hierin nicht zugleich auch eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme gesehen werde.

Im Übrigen sei ergänzend darauf verwiesen, dass durch den Lauf der Sonne im Ost-West-Bereich es durch das geplante Vorhaben zu einer massiven Reduzierung der Dauer der Sonneneinstrahlung komme, die dadurch verstärkt werde, dass das Nachbargebäude zu nah an der Grundstücksgrenze liege und die Höhe um 5,8 m über dem Nachbargebäude liege. Auch das im Norden liegende Gebäude auf der Fl.Nr. ... weise nur eine Firsthöhe von 11 m aus. Es sei daher davon auszugehen, dass sich das Gebäude insoweit auch nicht in die Umgebung einfüge.

Trotz der Neuregelung des beschränkten Prüfumfangs der Baugenehmigungsbehörde sei es daher nicht ausgeschlossen, dass die Abstandsflächenvorschriften über die Belange der Belüftung, Belichtung, Besonnung und Wahrung das Wohnfriedens im Rahmen einer Anfechtungsklage nach dem Gebot der Verletzung der Rücksichtnahme geprüft würden.

Im Hinblick darauf, dass nach Angaben der Beigeladenen bereits eine Baubeginnsanzeige eingereicht worden sei und die Abbruchmaßnahmen im Wesentlichen bereits abgeschlossen seien, sei mit einem unmittelbaren Baubeginn zu rechnen. Aufgrund der klaren Verstöße gegen das Abstandsflächenrecht und gegebenenfalls eines damit einhergehenden Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot als Ausfluss der Abstandsflächenvorschriften und des Einfügungsgebots würden hier die Interessen des Antragstellers an einer Aussetzung des Sofortvollzugs überwiegen. Die Abstandsflächenproblematik auf der Westseite des geplanten Gebäudes sei völlig ungelöst und für den Antragsteller nicht hinnehmbar. Das Gebäude müsse entweder massiv in der Höhe reduziert oder von der Grundstücksgrenze in Richtung Osten verschoben werden.

Weiter vertiefte der Bevollmächtigte des Antragstellers seine Ausführungen hinsichtlich der unmittelbaren Betroffenheit des Antragstellers durch das Bauvorhaben, der Abstandsflächenproblematik sowie des fehlenden Einfügens des geplanten Gebäudes in die Eigenart der näheren Umgebung nach § 34 BauGB.

Zur Begründung der Hilfsanträge führte der Antragsteller im Wesentlichen aus, die Beigeladene sei trotz etwaiger Beschränkung des Prüfumfangs im Rahmen des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens verpflichtet, alle öffentlich-rechtlichen Vorschriften vollumfänglich einzuhalten. Wie bereits ausführlich dargestellt worden sei, sei im Bereich der Westfassade des Neubaus von massiven Abstandsflächenverstößen auszugehen. Der Antragsteller sei auch persönlich in seiner Gewerbeeinheit von der Verletzung dieser Abstandsflächen unmittelbar betroffen. Sowohl das Fenster des Sozialraums für die Mitarbeiter als auch das des Büroraumes seien ausschließlich zur Ostseite ausgerichtet, mit direktem Blick auf die Westfassade des Vorhabens. Durch den Abstandsflächenverstoß werde die Belichtung und Belüftung wesentlich verschlechtert. Auch sei davon auszugehen, dass die Berechnung und Darstellung der Abstandsflächen im Bereich der zu errichteten Loggia im dritten Obergeschoss falsch sei. Da der Antragsteller unmittelbar durch die Abstandsflächenverletzung in seinen subjektiven Rechten beeinträchtigt sei, liege auch eine entsprechende Klagebefugnis vor.

Die Voraussetzungen für die vorläufige Einstellung der Arbeiten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes seien ebenfalls gegeben. Es sei mit einem unmittelbar bevorstehenden Baubeginn zu rechnen. Für den Fall, dass die Arbeiten kurzfristig fortschreiten würden, seien die Möglichkeiten des Antragstellers zur Verhinderung der Abstandsflächenverstöße reduziert. Seine Interessen könnten nur im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gewahrt werden. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestünden ebenfalls, da aufgrund der massiven Abstandsflächenverletzung das Bauvorhaben in der geplanten Art und Weise nicht durchgeführt werden könne. Der Hilfsantrag beruhe auf § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO.

Mit Schreiben vom 24. Februar 2016 erwiderte die Antragsgegnerin auf den Schriftsatz des Antragstellers und führte aus, sämtliche Hilfsanträge seien bereits unzulässig, da sie nicht vorher bei der Antragsgegnerin gestellt worden seien. Im Übrigen verwies die Antragsgegnerin auf ihre Ausführungen in dem Schreiben vom 7. Dezember 2015.

Mit Schriftsatz vom 25. Februar 2016 nahmen die Bevollmächtigten der Beigeladenen erneut Stellung:

Es sei zu berücksichtigen, dass bei dem Raum der Sondereigentumseinheit des Antragstellers mit 10,28 m² das Fenster nicht nach Westen liege und bei den beiden anderen Räumen die handschriftlich eingezeichnete Nutzung als Sozialraum und Büro offensichtlich nicht der Nutzung gemäß Aufteilungsplan entspreche. Insoweit sei bereits fraglich, ob eine im Verhältnis zur Wohnungseigentümergemeinschaft unzulässige Nutzung von Räumen durch einen Sondereigentümer Nachbarrechte begründen könne.

Eine Prüfung der Regelungen des Abstandsflächenrechts habe nicht stattgefunden, da die Baugenehmigung vom 2. Oktober 2015 im vereinfachten Genehmigungsverfahren erteilt worden sei. Auf Bauordnungsrecht beruhende Nachbarrechte könnten durch eine Baugenehmigung dann nicht verletzt sein, wenn diese bauordnungsrechtliche Vorschriften im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen seien. Auf die Frage, wie offensichtlich oder gravierend ein etwaiger Verstoß zu bewerten wäre, komme es nicht an. Soweit der Antragsteller eine Verstärkung der Verschattung des Gebäudes ...-straße 81/83 durch die Balkone an der Westseite des Vorhabens behaupte, sei dies bereits denklogisch nicht möglich, da aufgrund der Himmelsrichtung und der Anordnung der Balkone, diese zur Westseite keinen Schatten werfen könnten. Die behaupteten Durchfeuchtungen stellten allenfalls einen Baumangel des Gemeinschaftseigentums dar, der von der Gemeinschaft zu beseitigen sei.

Die vom Antragsteller vorgenommenen Berechnungen der Abstandsflächen seien fehlerhaft. Das geplante Gebäude der Beigeladenen sei ebenso wie das Gebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. ... von der Grundstücksgrenze 4,5 m entfernt. Die Angabe des Antragstellers, das Gebäude der Beigeladenen sei 4 m von der Grundstücksgrenze entfernt, sei falsch. Die fehlerhafte Berechnung setzte sich auch bei den anderen Berechnungen fort. Die Abstandsfläche an der Westseite des Gebäudes der Beigeladenen betrage 10,28 m. Der Balkon im 3. Obergeschoss im nördlichen Bereich der Westfassade sei 1,5 m tief und 5 m breit. Er bleibe bei der Bemessung der Abstandsfläche außer Betracht. Der Abstand zum Nachbargrundstück betrage 3 m. Bei der Abstandsfläche werde die Höhe des 3. Obergeschosses gemäß Art. 6 Abs. 4 Satz 3 BayBO zu einem Drittel und das Dachgeschoss nicht berechnet.

Auch Teile der Abstandsfläche des Nachbargebäudes ...-straße 81/83 würden auf dem Grundstück der Beigeladenen liegen, da der Abstand der Gebäude zur Grundstücksgrenze jeweils 4,5 m betrage. Damit bestehe hinsichtlich der Nichteinhaltung der Abstandsflächen eine Atypik. Beide Gebäude würden in gleicher Weise die Abstandsfläche nicht einhalten. Aus diesem Grunde sei bereits in dem bestandskräftigen Vorbescheid der Antragsgegnerin vom 14. April 2014 eine Abweichung bei den Abstandsflächen in Aussicht gestellt worden.

Auch das Gebot der Rücksichtnahme sei nicht verletzt. Ob sich ein Vorhaben in jeder Beziehung in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge, sei insoweit keine unter dem Gesichtspunkt des öffentlich-rechtlichen Nachbarschutzes zu berücksichtigende Frage. Beide Gebäude würden die Abstandsflächen im nahezu gleichen Umfang nicht einhalten. Sowohl das Gebäude auf dem Nachbargrundstück als auch das Vorhabensgebäude wiesen vier Vollgeschosse auf. Bei dem genehmigten Dachgeschoss handele es sich um kein Vollgeschoss, da dieses deutlich weniger als zwei Drittel der Grundfläche habe. Aufgrund der unterschiedlichen Dachformen der Gebäude könnten die Firsthöhen nicht verglichen werden. Die nähere Umgebung werde nicht nur durch das Gebäude ...-straße 81/83 bestimmt, sondern auch von anderen Gebäuden, wie beispielsweise das Nachbargebäude ...-straße 77 und 75 mit einer Firsthöhe von 16,69 m.

Hinsichtlich der Hilfsanträge bestünden im Übrigen bereits Bedenken zur Zulässigkeit.

Mit Schreiben vom 3. März 2016 äußerte sich der Bevollmächtigte des Antragstellers zu den Schriftsätzen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen und führte aus, es sei nicht ersichtlich aus welchem Rechtsgrund der Antragsteller verpflichtet sein solle, im konkreten Fall die Anträge vorab bei der Antragsgegnerin zu stellen.

Des Weiteren verwies der Bevollmächtigte des Antragstellers erneut auf das Hinweisschreiben der Antragsgegnerin vom 30. Juli 2015, das aus seiner Sicht die tatsächlich vorgenommene Prüfung des Abstandsflächenrechts seitens der Antragsgegnerin belegen soll.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie auf die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

II.

I. Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Anfechtungsklage bleibt in der Sache ohne Erfolg, da die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich ohne Erfolg sein wird, da die angefochtene Baugenehmigung vom 2. Oktober 2015 bei summarischer Prüfung keine nachbarschützenden Vorschriften des Bauplanungsrechts oder Bauordnungsrechts verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1. Grundsätzlich kann der einzelne Teileigentümer (§ 1 Abs. 2 WEG) baurechtliche Nachbarrechte aus eigenem Recht nach § 13 Abs. 1 Halbsatz 2 WEG geltend machen, wenn eine konkrete Beeinträchtigung seines Sondereigentums im Raum steht (vgl. BVerwG, U. v. 20.8.1992 - 4 B 92/92 - juris; BayVGH, B. v. 08.07.2013 - 2CS 13.872 - juris). Das Bundesverwaltungsgericht (U. v. 20.8.1992 - 4 B 92/92 - juris) bejaht eine Klagebefugnis des Sondereigentümers, sofern der Behörde bei ihrer Entscheidung über die Baugenehmigung auch der Schutz der nachbarlichen Interessen des Sondereigentums aufgetragen ist. Dies ist möglicherweise dann der Fall, wenn das Sondereigentum beispielsweise im Bereich der Abstandsflächen liegt oder aber das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot unmittelbar das Sondereigentum betrifft. Da letzteres ebenfalls geltend gemacht wird, ist jedenfalls insoweit die Antragsbefugnis gegeben und der Antrag zulässig.

2. Nach § 212 a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung eine Anfechtungsklage ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212 a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen. Hierbei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 80 Rn. 146; Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (Schmidt a. a. O., § 80 Rn. 73 f.).

Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris RdNr. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren aber nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung des Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG B. v. 16.1.1997 - 4 B 244/96 NVwZ 1998, 58 - juris Rn. 3; BayVGH B. v. 14.10.2008 - 2 CS 08/2132 - juris Rn. 3).

Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben weder in bauplanungsrechtlicher noch in bauordnungs-rechtlicher Hinsicht gegen drittschützende Rechte der Antragstellers verstößt.

2.1 Der Einwand, das Vorhaben verletze die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenregelungen des Art. 6 BayBO kommt deshalb nicht zum Tragen, da für das streitgegenständliche Vorhaben ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO durchzuführen war, da es sich bei dem streitgegenständlichen Mehrfamilienhaus nicht um einen Sonderbau im Sinne von Art. 2 Abs. 4 BayBO handelt.

Im vereinfachten Genehmigungsverfahren ist gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BayBO im Wesentlichen nur die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu prüfen. Bauordnungsrechtliche Anforderungen - wie das Abstandsflächenrecht des Art. 6 BayBO - gehören nur dann gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO zum Prüfprogramm der Baugenehmigungsbehörde, wenn insoweit Abweichungen beantragt wurden, sich gemäß Art. 59 Satz 1 Alt. 2 BayBO für das Vorhaben aus einschlägigen örtlichen Bauvorschriften entsprechende Anforderungen ergeben oder gemäß Art. 59 Satz 2 i. V. m. Art. 62 Abs. 3 BayBO ausnahmsweise eine Prüfung bautechnischer Nachweise durch die Baugenehmigungsbehörde vorgesehen ist.

Da das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren durchzuführen war und von der Beigeladenen auch keine Abweichungen zum Abstandsflächenrecht beantragt waren bzw. solche auch nicht erteilt wurden, war das Abstandsflächenrecht nicht Prüfungsgegenstand des Genehmigungsverfahrens.

Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen ist, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und kommt insoweit eine Verletzung von Nachbarrechten durch die erteilte Baugenehmigung nicht in Betracht. Eine (ausschließlich) auf die Verletzung nachbarschützender bauordnungsrechtlicher Vorschriften gestützte Anfechtungsklage gegen eine solche Baugenehmigung würde „ins Leere gehen“ (BayVGH B. v. 14.10.2008 - 2 CS 08/2132 - juris Rn. 3). Daher ist den Antragsteller hinsichtlich seines Einwandes, das Vorhaben verstoße gegen das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht des Art. 6 BayBO, darauf zu verweisen, insoweit Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung des Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG B. v. 16.1.1997 - 4 B 244/96 NVwZ 1998, 58 - juris Rn. 3).

Auch der Einwand des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe im Laufe des Baugenehmigungsverfahrens trotz eingeschränkten Prüfungsumfangs des vereinfachten Verfahrens das Vorhaben auf die Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften überprüft, was sich unter anderem aus dem Hinweisschreiben der Antragsgegnerin vom 30. Juli 2015 ergebe, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Die Beschränkung des Prüfprogramms im vereinfachten Verfahren gemäß Art. 59 BayBO hat nicht nur zur Konsequenz, dass seitens der Behörde keine Prüfung der bauordnungsrechtlichen Vorschriften stattfinden darf. Vielmehr werden Regelungsinhalt und die Feststellungswirkung der Baugenehmigung und damit der Nutzen der Baugenehmigung für den Bauherren werden entsprechend beschränkt (vgl. BayVGH, U. v. 29.10.2015 - 2 B 15.1431 - juris Rn. 35). Daher scheidet eine Nachbarrechtsverletzung bereits deswegen aus, da es der angegriffenen Baugenehmigung an einer nachbarrechtsrelevanten Regelung fehlt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Behörde im Baugenehmigungsverfahren das Vorhaben tatsächlich auch hinsichtlich der Einhaltung der Bauordnungsvorschriften überprüft hat. Solange eine erfolgte Prüfung nicht durch Erteilung von Abweichungen gemäß Art. 63 BayBO in die Baugenehmigung Eingang findet, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und kann nachbarschützenden Rechte des Bauordnungsrechts nicht verletzen. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO eröffnet zwar der Bauaufsichtsbehörde die Möglichkeit, den Bauantrag auch im Falle der Nichteinhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die im bauaufsichtlichen Verfahren nicht zu prüfen sind, abzulehnen. Hiermit korrespondiert jedoch kein Anspruch eines Dritten, die Überprüfung des Vorhabens im Hinblick auf die Verletzung von nachbarschützenden Normen des Bauordnungsrechts zu verlangen.

Im Übrigen kann dem Hinweisschreiben der Antragsgegnerin, mit dem sie auf die Nichteinhaltung der Mindestanstände zu dem Nachbarsrundstück Fl.Nr. ... durch die geplante Balkonanlage und auf die Möglichkeit der Errichtung lediglich einer untergeordneten Balkonanlage hingewiesen hat, nicht entnommen werden, dass von der Antragsgegnerin eine umfassende Prüfung der Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften durch das streitgegenständliche Vorhaben vorgenommen wurde.

2.2 Hinsichtlich der Verletzung bauplanungsrechtlicher, drittschützender Vorschriften kommt in Bezug auf das Sondereigentum des Antragstellers allenfalls das Gebot der Rücksichtnahme in Betracht. Es kann dahinstehen, ob sich dieses im vorliegenden Fall aus dem Begriff des „Einfügens“ des § 34 Abs. 1 BauGB oder aus § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 BauNVO ableitet, da im Ergebnis dieselbe Prüfung stattfindet (vgl. BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351).

Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte, wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG, B. v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rdnr. 9 m. w. N.). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG, U. v. 25.2.1977 - 4 C 22.75 BVerwGE 52, 122 - juris Rdnr. 22; U. v. 28.10.1993 - 4 C 5.93 NVwZ 1994, 686 - juris Rdnr. 17; U. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98 BVerwGE 109, 314 - juris Rdnr. 20; U. v. 18.11.2004 - 4 C 1/04 NVwZ 2005, 328 - juris Rdnr. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11 BVerwGE 145, 145 - juris Rdnr. 16; BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rdnr. 4). Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (BVerwG, U. v. 25.2.1977 - IV C 22.75 BVerwGE 52, 122 - juris Rdnr. 22).

In der Rechtsprechung zum Rücksichtnahmegebot ist anerkannt, dass eine Verletzung auch dann in Betracht kommt, wenn durch die Verwirklichung des genehmigten Vorhabens ein in der unmittelbaren Nachbarschaft befindliches Wohngebäude „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird. Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (vgl. BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1/78, DVBl. 1981, 928 - juris Rn. 38: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zum 2,5-geschossigen Nachbarwohnhaus; U. v. 23.5.1986 - 4 C 34/85, NVwZ 1987, 34 - juris Rn. 15: drei 11,05 m hohe Siloanlagen im Abstand von 6 m zu einem zweigeschossigen Wohnanwesen; BayVGH, B. v. 10.12.2008 - 1 CS 08.2770, BayVBl. 2009, 751 - juris Rn. 23; B. v. 5.7.2011 - 14 CS 11.814 - juris Rn. 21). Hauptkriterien bei der Beurteilung einer „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung sind u. a. die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung. Für die Annahme einer „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung eines Nachbargebäudes ist somit grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes, was insbesondere gilt, wenn die Gebäude im dicht bebauten innerstädtischen Bereich liegen (BayVGH, B. v. 11.5.2010 - 2 CS 10.454 - juris Rn. 5; B. v. 5.12.2012 - 2 CS 12.2290 - juris Rn. 9).

Die Anwendung dieser Grundsätze führt vorliegend voraussichtlich dazu, dass eine „abriegelnde“ oder auch „erdrückende“ Wirkung des geplanten Gebäudes gegenüber dem Teileigentum des Antragstellers nicht angenommen werden kann.

Wie oben dargestellt, sind an die Annahme einer Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme sehr hohe Anforderungen zu stellen. Dies gilt umso mehr, als sich das streitgegenständliche Gebäude und das Nachbargebäude in einem dicht bebauten innerstädtischen Bereich befinden. Zwar soll das geplante Gebäude eine Firsthöhe von 16,57 m erreichen und damit ca. 5,27 m höher werden, als das Flachdachgebäude auf dem Nachbargrundstück Fl.Nr. ..., in dem sich die Teileigentumseinheit des Antragstellers befindet. Allerdings übersteigt die Traufhöhe des Vorhabengebäudes mit 9,07 m die Wandhöhe des Nachbargebäudes bis zum Rücksprung des Terrassengeschosses nur marginal. Hinzu kommt, dass das Terrassengeschoss auf der dem Vorhaben zugewandten Westseite nach den genehmigten Plänen nur 1,49 m an seiner Südseite und 1,25 m an seiner Nordseite nach Westen zurückspringt. Im Bereich des 2,76 m breiten Treppenhausbaus ist ein Rücksprung nicht vorhanden, so dass sich hier eine Wandhöhe von ca. 11,3 m in einem Abstand von 4,5 m zu der Grundstücksgrenze ergibt. Das Dach des streitgegenständlichen Gebäudes ist im Bereich des vierten Obergeschosses bis zum Mansardknick um 69° geneigt, so dass sich eine mit dem geringfügig zurückgesetzten Terrassengeschoss vergleichbare Wirkung ergibt. Im Bereich des Mansardknicks liegt die Höhe des streitgegenständlichen Gebäudes bei 12,23 m und übersteigt die absolute Höhe des Nachbargebäudes lediglich um knapp einen Meter. Das Mansarddach des streitgegenständlichen Gebäudes verfügt im Bereich zwischen dem Mansardknick und dem First um eine Neigung von 34°, was die Wirkung des Vorhabens auf das Nachbargebäude relativiert. Aufgrund der Ausbildung des Daches des Vorhabengebäudes wirkt sich die Höhendifferenz von 5,27 m nicht erheblich auf das Nachbargebäude aus. Zudem ist das Gebot der Rücksichtnahme nach der oben zitierten Rechtsprechung gerade im innerstädtischen Bereich erst dann verletzt, wenn zwischen den Gebäuden ein erheblicher Höheunterschied von mehreren Geschossen gegeben ist, was hier ersichtlich nicht der Fall ist. Eine erdrückende Wirkung des Vorhabens liegt hier damit nicht vor.

Im Übrigen ist anzumerken, dass auch eine Verletzung der Abstandsflächenvorschriften nicht zwingend zu einer Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme führt. Zwar ist im Falle der Einhaltung der erforderlichen Abstandsflächen in der Regel davon auszugehen, dass auch das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot gewahrt ist (vgl. BVerwG, U. v. 11.01.1999 - 4 B 128/98, NVwZ 1999, 879, 880; BayVGH, B. v. 06.11.2008 - 14 ZB 08.2326 - juris Rn. 10). Ein Verstoß gegen die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften impliziert jedoch nicht automatisch eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme.

Auch eine einmauernde oder abriegelnde Wirkung des Vorhabens auf das Teileigentum des Antragstellers ist vorliegend nicht anzunehmen. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich die Nutzungseinheit des Antragstellers im Erdgeschoss des Nachbargebäudes auf der Fl.Nr. ... befindet und den östlichen Fenstern der Nutzungseinheit eine ca. 10 m breite Wand des Bestandsgebäudes, die gerade im Bereich der Fenster situiert ist, in einem Abstand von ca. 10 m vorgesetzt ist. Insoweit liegt eine Vorbelastung durch die Bestandsbebauung vor. Zwar wird sich durch die Errichtung des streitgegenständlichen Gebäudes aufgrund der Höhe und Länge des Baukörpers die Belichtungssituation für die Nutzungseinheit des Antragstellers verändern. Hierdurch wird jedoch die Grenze des dem Antragsteller zumutbaren nicht überschritten. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass bereits die Bestandsvilla auf dem Vorhabengrundstück über eine Wandhöhe von ca. 7 m und eine Firsthöhe von ca. 9,5 m verfügte, so dass es sich für das Teileigentum des Antragstellers nicht um eine erstmalige Belastung handelt. Da die Teileigentumseinheit des Antragstellers im Erdgeschoss liegt, ist diese bereits durch die Bestandsbebauung beeinträchtigt. Eine unzumutbare Verschlechterung der bestehenden Situation wird mit der Ausführung des Vorhabens nicht eintreten. Zudem dürfte die Belichtung der Räumlichkeiten des Antragstellers bereits dadurch eingeschränkt sein, dass im südöstlichen Bereich auf der Höhe des Erdgeschosses eine Garagenrampe des Gebäudes ...-straße 81/83 und im nordöstlichen Bereich ein gleich hohes Nebengebäude situiert ist, durch das die Belichtung und Belüftung der Räumlichkeiten jedenfalls von der Süd- und Nordseite eingeschränkt wird.

II.

Der unter Ziffer II gestellte Hilfsantrag ist zwar zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.

1. Da der Antragsteller die Antragsgegnerin jedenfalls mit dem Schriftsatz vom 12. Februar 2016 um die Einstellung der Bauarbeiten auf dem Vorhabengrundstück ersucht hat und diese bisher über den Antrag nicht entschieden hat, ist das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers zu bejahen.

2. Gleichwohl bleibt der Antrag nach § 123 VwGO ohne Erfolg, da ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht werden konnte. Der Antragsteller hat nach der im Eilverfahren gebotenen, aber ausreichenden summarischen Prüfung keinen Anspruch auf Erlass einer Baueinstellungsverfügung gegen die Antragsgegnerin (Art. 75 BayBO).

2.1 Nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt werden, die Einstellung der Arbeiten anordnen. Die Ausübung dieser Befugnis steht in pflichtgemäßem Ermessen (Art. 40 BayVwVfG). Wenn die Rechtswidrigkeit einer Anlage darauf beruht, dass sie gegen Vorschriften verstößt, die Nachbarn des Baugrundstücks in ihren Rechten schützen, kann ein hiervon betroffener Nachbar zwar beanspruchen, dass ermessensfehlerfrei entschieden wird. Einen Anspruch auf Einschreiten hat der Nachbar aber nur, wenn jede andere Entscheidung angesichts der Schwere der Rechtsverletzung auch unter Berücksichtigung der Belange des Bauherrn ermessensfehlerhaft wäre, wenn also das Ermessen zugunsten des Nachbarn „auf Null“ reduziert ist (vgl. BayVGH v. 14.1.2009 - 1 ZB 08.97 - juris; BVerwG v. 4.6.1996, NVwZ-RR 1997, 271), was bei einem nicht unwesentlichen Abstandsflächenverstoß in der Regel der Fall ist (vgl. Beschluss des erkennenden Gerichts vom 11. November 2014 - M 8 E 14.4665, nicht veröffentlicht).

2.2 Im vorliegenden Fall besteht kein Anordnungsanspruch des Antragstellers, weil nach der summarischen Prüfung unter Berücksichtigung des Antragsvorbringens sich der Antragsteller nicht auf die Verletzung nachbarschützenden Rechte durch das streitgegenständliche Vorhaben berufen kann.

2.2.1 Der Antragsteller ist an der Geltendmachung des Abstandsflächenverstoßes zwar nicht durch den ihm gegenüber bestandskräftigen Vorbescheid der Antragsgegnerin vom 14. April 2014 gehindert, in dem der Beigeladenen unter anderem eine Abweichung wegen der Nichteinhaltung der Abstandsflächen vor der westlichen Außenwand nach Art. 63 Abs. 1 BayBO in Aussicht gestellt wurde. Aus den Vorbescheidsplänen ist ersichtlich, dass mit dem Vorbescheidsantrag die Errichtung eines Flachdachgebäudes mit einem im Westen zurückgesetzten Terrassengeschoss und Wandhöhen von 9,3 m bzw. 13,30 m abgefragt wurde. Bei dem hier streitgegenständlichen Bauvorhaben handelt es sich somit um ein vom dem Vorbescheidsvorhaben abweichendes Vorhaben.

2.2.2 Ferner ist es zutreffend, dass das streitgegenständliche Vorhaben die nach Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO erforderlichen Abstandsflächen vor der westlichen Außenwand nicht einhält. Die Traufe des streitgegenständlichen Gebäudes liegt bei 9,07 m und die Höhe des um 69° geneigten Mansarddaches bis zum Mansardknick beträgt 12,23 m, so dass sich eine Abstandsflächentiefe von 10,12 m ergibt. In den genehmigten Plänen ist die Abstandsflächentiefe zulasten der Beigeladenen mit 10,28 m angegeben. Der Abstand zur Grundstücksgrenze mit der Fl.Nr. ... beträgt dagegen nur 4,5 m, so dass die Abstandsflächen nicht auf dem eigenen Grundstück eingehalten werden können. Hinzu kommt, dass die Dachgauben an der Westseite des Gebäudes nicht unter die Vorschrift des Art. 6 Abs. 8 Nr. 3 BayBO fallen, da sie die maximal zulässige Gesamtbreite von 5 m überschreiten, so dass diese bei der Berechnung der Abstandsflächentiefe nicht unberücksichtigt bleiben dürfen.

2.2.3 Allerdings kann sich der Antragsteller im vorliegenden Fall nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die erforderlichen Abstandsflächen nicht eingehalten werden. Die Frage, ob für das streitgegenständliche Vorhaben eine Abweichung wegen Nichteinhaltung der Abstandsfläche vor der westlichen Außenwand nach Art. 63 Abs. 1 BayBO rechtmäßig erteilt werden könnte, kann dahinstehen, da sich der Antragsteller jedenfalls nicht auf eine Verletzung in seinen Nachbarrechten durch eine solche Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO berufen kann. Insoweit kann es auch dahinstehen, inwieweit ein Sondereigentümer überhaupt die Verletzung der Abstandsflächenvorschriftenrügen kann oder ob dies der WEG vorbehalten ist. Eine solche Rüge verstößt vorliegend jedenfalls gegen den auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 BGB

Aus dem System nachbarlicher Ausgleichs- und Rücksichtnahmepflichten folgt, dass derjenige, der selbst mit seinem Gebäude die erforderlichen Abstandsflächen nicht einhält, billigerweise nicht verlangen kann, dass der Nachbar die Abstandsflächen freihält. Dies führt dazu, dass nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Nachbar sich gegenüber einer Baugenehmigung in der Regel nicht mit Erfolg auf die Einhaltung einer nachbarschützenden Vorschrift berufen kann, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück nicht dieser Vorschrift entspricht und wenn die beiderseitigen Abweichungen etwa gleichgewichtig sind und nicht zu - gemessen am Schutzzweck der Vorschrift - schlechthin untragbaren, als Missstand (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO) zu qualifizierenden Verhältnissen führen (BayVGH, U. v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris Rn. 37; VGH BW, B. v. 29.9.2010 - 3 S 1752/10, BauR 2011, 148 - juris Rn. 5; VGH BW, B. v. 4.1.2007 - 8 S 1802/06 - juris Rn. 4).

Bei dieser Betrachtung ist es unerheblich, ob das Gebäude des klagenden Nachbarn seinerzeit in Übereinstimmung mit den geltenden Bauvorschriften errichtet worden ist oder Bestandsschutz genießt (OVG Berlin, U. v. 11.2.2003 - 2 B 16.99 - juris Rn. 29; VGH SH, U. v. 15.12.1992 - 1 L 118/91 - juris Rn. 37; OVG Lüneburg, B. v. 30.3.1999 - 1 M 897/99 - juris Rn. 43; a.A. OVG Münster, U. v. 24.4.2001 - 10 A 1402/98 - juris Rn. 11; kritisch auch Kuchler, juris, PR-UmwR 6/2014 - Anm. 1). Maßgeblich ist allein, dass der klagende Nachbar den jetzt erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, denn die Versagung des Abwehranspruches beruht darauf, dass es unbillig wäre, einen Nachbarn den durch die grenznahe bauliche Anlage des anderen Nachbarn ausgehenden Nachteilen auszusetzen, ihm selbst aber eine Ausnutzung seines Grundstücks im Grenzbereich zu verwehren.

Bei der Frage, ob wechselseitige Verletzungen der Abstandsflächenvorschriften annähernd vergleichbar sind, ist keine zentimetergenaue quantitative Entsprechung gefordert, sondern es ist eine wertende Betrachtung in Bezug auf die Qualität der mit der Verletzung der Abstandsflächenvorschriften einhergehenden Beeinträchtigungen anzustellen (OVG Berlin, U. v. 11.2.2003 - 2 B 16.99 - juris Rn. 30; OVG Lüneburg, U. v. 30.3.1999 - 1 M 897/99 - juris Rn. 43).

Vorliegend wirft das streitgegenständliche Vorhaben eine Abstandsfläche von 205,972 m² auf das Grundstück des Antragstellers. Dem steht eine Abstandsflächenüberschreitung durch das Gebäude, in dem sich das Teileigentum des Antragstellers befindet, von 211,123 m² gegenüber. Bei der Berechnung der Abstandsfläche auf der Westseite des Vorhabens sind insbesondere die nicht untergeordneten Dachgauben zu berücksichtigen. Die Balkonanlage im Nordosten bleibt dagegen nach Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 BayBO bei der Berechnung der Abstandsflächentiefe unberücksichtigt.

Die beiderseitigen Abstandsflächenüberschreitungen führen auch nicht zu schlechthin untragbaren, als Missstand im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO zu qualifizierenden Verhältnissen. Es ist nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass eine ausreichende Belichtung und Belüftung der rückwärtigen Räumlichkeiten der gewerblichen Nutzungseinheit des Antragstellers auch nach der Ausführung des Bauvorhabens gewährleistet ist und sich die bestehende Belichtungs- und Belüftungssituation nicht wesentlich verschlechtert. In der Rechtsprechung ist im Hinblick auf die Lichtverhältnisse anerkannt, dass die Einhaltung eines Lichteinfallwinkels von 45° in Höhe der Fensterbrüstung von Fenstern von Aufenthaltsträumen grundsätzlich eine ausreichende Belichtung sicherstellt, wobei dieser Grundsatz jedoch nicht ausnahmslos gilt (BayVGH, B. v. 15.10.2014 - 2 ZB 13.530 - juris Rn. 8). Vorliegend würde durch Verwirklichung des Bauvorhabens in den nach Osten hin ausgerichteten Räumen der Nutzungseinheit des Antragstellers, an den dort vorhandenen Fenstern der 45°-Grad-Winkel knapp nicht eingehalten. Gleichwohl ist nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass eine ausreichende Belichtung der Räumlichkeiten, die nicht zu Wohnzwecken genutzt werden, gewährleistet ist.

Bei dem südlichen Raum im Erdgeschoss des Anwesens handelt es sich nach den am 20. Juli 1972 genehmigten Plänen um ein Vorratsraum, der nach der Legaldefinition in Art. 2 Abs. 5 BayBO keinen Aufenthaltsraum darstellt. Ein Aufenthaltsraum liegt danach nur dann vor, wenn ein Raum zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet ist, was bei einem Vorratsraum nicht der Fall ist. Der zweite Raum im nördlichen Bereich des Gebäudes ist in den genehmigten Plänen als ein solcher bezeichnet und damit ein Aufenthaltsraum im Sinne der Bayerischen Bauordnung. Es ist hier zu berücksichtigen, dass die Belichtungs- und Belüftungssituation schon im Bestand durch das unmittelbar nördlich des Fensters des Aufenthaltsraums an die Fassade angebaute Nebengebäude beeinträchtigt ist, so dass bereits eine gewisse Vorbelastung der Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse vorhanden ist. Bei einem verbleibenden Abstand zwischen den Gebäuden von 9 m kann unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls nicht von einem städtebaulichen Missstand im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO ausgegangen werden.

Damit ist dem Antragsteller vorliegend aufgrund der Nichteinhaltung der Abstandsflächen durch die Bebauung der eigenen Wohnungseigentümergemeinschaft eine Berufung auf einen möglichen Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht gemäß § 242 BGB nach Treu und Glauben verwehrt, so dass ein Anordnungsanspruch auf eine vorläufige Einstellung der Bauarbeiten nicht gegeben ist. Der Antrag nach § 123 VwGO war damit ebenfalls abzulehnen.

III.

Über den Hilfsantrag unter Ziffer III war vorliegend nicht zu entscheiden, da die innerprozessuale Bedingung, von der die Entscheidung über den Hilfsantrag abhängig gemacht wurde - nämlich das Obsiegen des Antragstellers mit dem Hilfsantrag unter Ziffer III - nicht eingetreten ist.

IV.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es billigem Ermessen, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten erstattet erhält (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).

V.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 53 Abs. 1 GKG i. V. m. den Ziffern 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Für die Hilfsanträge unter Ziffer II und III wurde gemäß §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 53 Abs. 1 GKG ein Betrag von jeweils 1.000,- Euro angesetzt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks Fl. Nr. ... der Gemarkung ..., das im straßenseitigen, vorderen Grundstücksbereich mit einem zweigeschossigen Wohngebäude bebaut ist. Mit seiner Anfechtungsklage vom 5. Mai 2014 wendet sich der Antragsteller in der Hauptsache gegen eine von der Antragsgegnerin der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom ... April 2014 zur Errichtung des Neubaus eines Mehrfamilienhauses mit sechs Wohnungen mit Garagen auf dem im Westen angrenzenden Grundstück Fl. Nr. ... der Gemarkung ...

Nach den genehmigten Plänen ist die Errichtung eines Hauptbaukörpers in einer Entfernung von ca. 20 m zur südlichen, straßenseitigen Grundstücksgrenze mit einer Länge von 15,96 m und einer Breite von 11,865 m sowie einer Firsthöhe von 10,99 m und einer Wandhöhe von 6,00 m vorgesehen. An den Querseiten befindet sich über eine Breite von 4,115 m jeweils ein zweigeschossiger Erker mit einer Tiefe von 2 m. Im straßenseitigen Grundstücksbereich sollen jeweils grenzständig zu den Nachbargrundstücken in einem Abstand von ca. 5,20 bzw. 5,47 m zur straßenseitigen Grundstücksgrenze zwei Garagengebäude errichtet werden. An der östlichen Grundstücksgrenze zum Grundstück des Antragstellers ist eine Duplexgarage mit einer Länge von 6 m und einer Breite von 2,98 m sowie einer Höhe von 3,64 m vorgesehen.

Lageplan, Maßstab 1:1000

Bild

Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 4. Juli 2014, bei Gericht eingegangen am 8. Juli 2014, beantragt der Antragsteller,

die aufschiebende Wirkung der unter dem Az. M 8 K 14.1895 geführten Klage des Antragstellers vom 5. Mai 2014 gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom ... April 2014 zur Errichtung eines Neubaus eines Mehrfamilienhauses mit Garagen auf dem Grundstück Fl. Nr. ... der Gemarkung ... anzuordnen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Beigeladene habe das bisher bestehende Gebäude auf dem Baugrundstück mittlerweile beseitigt und damit begonnen, die Voraussetzungen für die Aushebung der Baugrube zu schaffen, indem sie den hierfür erforderlichen Wurzelschutz eingebracht habe.

Der Antrag sei begründet, da das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Vollzugsinteresse der Beigeladenen überwiege. Die angefochtene Baugenehmigung sei rechtswidrig und verletze den Antragsteller in seinem Gebietserhaltungsanspruch. Das Vorhaben überschreite die zulässigen Grundflächen und füge sich aufgrund seiner Größe nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Aufgrund der zu erwartenden langen Verfahrensdauer stehe zu befürchten, dass das Vorhaben bereits vollendet sein werde, bevor über die Klage entschieden sei. Bereits in naher Zukunft sei mit einer Reihe von weiteren Bauanträgen in dem Geviert, in dem sich das streitgegenständliche Grundstück befinde, zu rechnen. Für diese könnte dann das streitgegenständliche Vorhaben als Bezugsfall herangezogen werden, so dass noch weitere Gebäude in einer dem gegenwärtigen Bestand weit überschreitenden Größe errichtet werden könnten. Der bislang bestehende Gebietscharakter einer Gartenstadt werde hierdurch vollends verloren gehen; dem Antragsteller drohe somit ein nicht wieder gut zu machender Schaden. Für die Begründetheit des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung genüge es bereits, dass ein Erfolg der vom Antragsteller eingereichten Klage möglich erscheine (VG Bayreuth, B. v. 7.10.2002 - B 2 S 02.843). Im Übrigen wird auf die Begründung der Klage im Schriftsatz vom 5. Mai 2014 verwiesen, worin ausgeführt wurde, dass beide Grundstücke sich in einem Geviert innerhalb der ...-straße/...-straße/...-Straße/...-straße befänden, in dem die Bebauung überwiegend zweigeschossig, teils mit ausgebautem Dachgeschoss als drittem Geschoss, teils auch nur mit einem Vollgeschoss, sei. Viergeschossige Gebäude existierten dort nicht; es dominierten Ein- und Zweifamilienhäuser mit großzügigen Gärten mit altem Baumbestand, die dem Gebiet den Charakter einer Gartenstadt verliehen. Häuser mit sechs Wohneinheiten existierten dort bislang nicht.

Die Beigeladene plane die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit insgesamt sechs Eigentumswohnungen auf drei Etagen. Das Gebäude solle im Rohbau eine Höhe von 10,99 m, eine Breite von 11,865 m und eine Länge von 15,96 m erhalten. An den beiden Schmalseiten komme noch je ein Erker mit einer Tiefe von 2 m und einer Breite von 4,115 m sowie je eine Terrasse mit 18 m² und ein über der Terrasse liegender Balkon mit je 8,05 m² hinzu. Es seien insgesamt vier Lichtschächte mit den Maßen 1,69 m x 0,95 m, ein Lichtschacht mit den Maßen 1,05 m x 0,60 m und fünf nicht von Balkonen überdeckte Lichtschächte mit den Maßen 0,85 m x 0,60 m geplant. Das Hauptgebäude solle im Rohbau bereits eine Grundfläche von 267,5274 m² einnehmen; aufgrund der üblichen Putzstärke von 2 cm pro Wand ergebe sich damit eine Grundfläche von 268,802 m². Der mit Betonplatten gepflasterte Hauszugang solle eine Gesamtfläche von rund 74 m² einnehmen. Weitere Nebenanlagen (u. a. Doppelparker-Garage, Mülltonnenhäuschen, Kinderspielplatz, etc.) nähmen eine Fläche von insgesamt 179,84062 m² ein, so dass sich eine Grundfläche von insgesamt 522,64262 m² ergebe. Das trapezförmige Baugrundstück habe eine Länge von 43,90 m bzw. 45,035 m sowie eine Breite von 17,995 m und damit eine Fläche von 800,19266 m².

Die Beklagte habe am ... April 2014 die Baugenehmigung erteilt, wobei sie sich - da für das streitgegenständliche Baugrundstück kein Bebauungsplan existiere - hinsichtlich der Zulässigkeit auf das Gebäude ...-str. 9 als maßgeblichen Bezugsfall bezogen habe. Dabei handele es sich um ein dreistöckiges Eckhaus im gegenüberliegenden Geviert. Dieses Gebäude enthalte fünf Wohneinheiten und erstrecke sich in seiner Längsausrichtung parallel zu der östlich verlaufenden ...-straße. Da sich auf der Westseite ein Weg befinde, der als Zufahrt zum Grundstück ...-str. 14 diene, werde hier ein Abstand von 11 m zum westlichen Nachbargrundstück ...-str. 12 eingehalten. Die Bebauung sei also sehr viel lockerer als die auf dem streitgegenständlichen Grundstück geplante. Zudem sei das Gebäude keineswegs 21,80 m, wie von der Baugenehmigung unterstellt werde, sondern lediglich 19 m lang. Da das Gebäude keine vorspringenden Balkone oder Erker habe, sei es sogar kürzer als das geplante Objekt, welches mit einer Seitenlänge von 16 m und beidseitigen Erkern mit einer Tiefe von 2 m auf eine Länge von insgesamt 20 m komme. Aufgrund der falsch angegebenen Länge des Gebäudes ...-str. 9 sei auch die Grundfläche zu groß angegeben; tatsächlich betrage sie bei einer Gebäudebreite von maximal 12,50 m höchstens 237,50 m².

Bereits im Jahr 2001 habe der Eigentümer des nord-westlich an das streitgegenständliche Baugrundstück anschließenden Grundstücks Fl. Nr. ... ein Gebäude mit Erd-, Ober-, Dachgeschoss und Spitzbogen mit einer Höhe von insgesamt 11,40 m, einer Breite von 11,89 m und einer Länge von 15 m geplant. Die Genehmigung sei damals abgelehnt worden, obwohl zu diesem Zeitpunkt das Gebäude ...-str. 9 ebenfalls schon vorhanden gewesen sei. Dieser Nachbar habe daraufhin drei erheblich kleinere Reihenhäuser errichtet.

Im Rahmen der Baugenehmigung habe die Beklagte auch die Erlaubnis zur Fällung von insgesamt acht Bäumen, von denen zwei im Eigentum des Antragstellers stünden, erteilt.

Da das Vorhaben im unbeplanten Innenbereich liege, richte sich die Zulässigkeit nach § 34 BauGB. Da hier ein reines Wohngebiet im Sinne von § 3 BauNVO vorliege, da sämtliche Gebäude im Geviert ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt würden, bestimme sich gemäß § 34 Abs. 2 BauGB die Zulässigkeit nach der Baunutzungsverordnung. Für reine Wohngebiete lege § 17 Abs. 1 BauNVO hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung eine Grundflächenzahl von 0,4 als Obergrenze - die nicht überschritten werden dürfe - fest. Aus der Größe des Grundstücks von 800,19266 m² ergebe sich eine maximal zulässige Grundfläche von 320,07706 m². Dieses Maß werde bereits allein durch die Grundfläche des Hauptgebäudes nebst Zuwegung überschritten, da diese selbst bei Nichtberücksichtigung der Zuwegung zu den überdachten Fahrradstellplätzen rund 324 m² einnehme. Auch im Hinblick auf die nach § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO zulässige Überschreitung sei maximal eine Grundfläche von 480,11559 m² statthaft, was durch die vorliegende Überbauung von 522,80882 m² deutlich überschritten werde. Somit füge sich das geplante Gebäude nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein.

Die Beklagte habe willkürlich ein Gebäude aus einem anderen Geviert als Bezugsfall herangezogen, indem sie die nähere Umgebung entsprechend großräumig festgelegt habe. Im Jahr 2001 sei das Gebäude ...-str. 9 berechtigterweise nicht berücksichtigt worden. Bei Errichtung des streitgegenständlichen Gebäudes unter Bezugnahme auf das Anwesen ...-str. 9 könnten sich in Zukunft alle anderen Eigentümer im Geviert auf dieses Gebäude berufen, so dass sämtliche Nachbarn des Klägers ebenso bauen könnten. Dies würde einen Einmauerungseffekt bewirken. Da das östlich an das klägerische Grundstück angrenzende Anwesen bereits leer stehe und auch bei anderen Anwesen - die nur noch von Ehepaaren oder Alleinstehenden im vorgerückten Alter bewohnt würden - mit einem Ableben der Bewohner in absehbarer Zeit zu rechnen sei, sei die Realisierung dieser Gefahr bereits in naher Zukunft zu erwarten. Bereits aufgrund der streitgegenständlichen Planung sehe sich der Kläger Mauern mit einer Länge von 16 m plus insgesamt 4 m Erker und 6 m Garage unmittelbar an der Grenze bzw. im abstandsflächenrechtlich gerade noch zulässigen Mindestmaß von 3 m Abstand zur Grenze gegenüber.

Das geplante Maß der baulichen Nutzung überschreite mit einem Sechsfamilienhaus deutlich das bisher anzutreffende Maß der Nutzung durch Einfamilienhäuser. Wenn unter Bezugnahme auf diesen Präzedenzfall auch weitere Nachbarn in ähnlicher Größe bauten, werde der Charakter des Gevierts völlig verändert, wodurch der Gebietserhaltungsanspruch des Klägers verletzt werde.

Durch die umfangreich gestattete Abholzung - sogar von zwei Bäumen, im Eigentum des Antragstellers - werde zudem der Gartenstadtcharakter beeinträchtigt. Das massive, klobige Gebäude füge sich somit nicht in die Umgebung ein und beeinträchtige das Ortsbild.

Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2014, bei Gericht am 22. Juli 2014 eingegangen, haben die Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen dessen Vertretung angezeigt und beantragen,

den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 5. Mai 2014 abzulehnen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, der Antragsteller habe bereits im Rahmen der Nachbarbeteiligung gerügt, dass der geplante Neubau eines Mehrfamilienhauses mit Garagen sich im Hinblick auf seine Kubatur (Wand-, Firsthöhe und Grundfläche) nicht in die nähere Umgebung einfüge. Ebenso habe er bemängelt, dass das Gebäude zu sehr im Norden situiert sei. Die Antragsgegnerin sei jedoch zu dem Ergebnis gelangt, dass sich das Vorhaben im Hinblick auf das beantragte Maß der baulichen Nutzung in die maßgebliche nähere Umgebung ...-straße/...-Straße/...-straße/...-straße einfüge. Für das zulässige Nutzungsmaß habe die Beklagte ausdrücklich auf das Bestandsgebäude ...-str. 9 verwiesen. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes habe die Beklagte ausgeschlossen, da das Vorhaben die erforderlichen Abstandsflächen einhalte und damit eine ausreichende Zufuhr von Licht, Luft und Sonne gewährleistet sei. Auch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche füge sich das Vorhaben nach Auffassung der Antragsgegnerin in die nähere Umgebung ein. Es orientiere sich hinsichtlich seiner Lage am Anwesen ...-str. 15. Auch in der Positionierung auf dem Baugrundstück sei keine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes zu erkennen.

Im Hinblick auf die gerügte Überschreitung der zulässigen Grundfläche und das Nichteinfügen des Vorhabens aufgrund seiner Größe, womit der klägerische Anspruch auf Gebietserhaltung verletzt sei, wird erwidert, dass nach herrschender Auffassung den Regelungen über das Maß der baulichen Nutzung und über die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, keine nachbarschützende Wirkung zukomme (BVerwG, B. v. 19.11.1994 - 4 B 215/95 - juris; BayVGH, B. v. 6.11.2008 - 14 ZB 08.2327 - juris). Da sich Dritte gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen könnten, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig sei und diese Rechtswidrigkeit auch auf der Verletzung von Rechtsvorschriften beruhe, die gerade dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt seien, sei der Antrag nach § 80 a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO zurückzuweisen.

Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass unter dem Gesichtspunkt des Gebots der Rücksichtnahme kein Verstoß gegen das Einfügungsgebot hinsichtlich der Kriterien zulässiges Maß der baulichen Nutzung und überbaubare Grundstücksfläche zu erkennen sei. Die maßgebliche nähere Umgebung werde nicht nur durch das „eigene“ engere Straßengeviert bestimmt; vielmehr sei auch die dem Vorhaben gegenüberliegende Bebauung mit zu berücksichtigen. Dementsprechend sei von der Antragsgegnerin nicht nur das engere Straßengeviert betrachtet worden, sondern auch die südlich der ...-straße gelegene, dem Vorhabensgrundstück gegenüberliegende Bebauung herangezogen worden. Das Wohngebäude ...-str. 9 weise bei einer Höhenentwicklung von EG, OG plus ausgebautem DG Gebäudeausmaße von 19 m x 12 m auf. Auch das unmittelbar dem streitgegenständlichen Vorhaben gegenüberliegende Anwesen ...-str. 10, 10a und 12 (Dreispänner) weise Gebäudeausmaße mit 19 m x 12 m auf, so dass sich die Maße des streitgegenständlichen Gebäudes von 11,865 m x 15,96 m (bzw. 19,96 m unter Einrechnung der Erker) und die genehmigte Höhenentwicklung innerhalb des bereits vorhandenen Rahmens bewegten.

Damit sei auch der vom Antragsteller gerügte Verstoß gegen § 17 Abs. 1 BauNVO nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit des Baugenehmigungsbescheides in Frage zu stellen. Es werde insoweit verkannt, dass es für die Beurteilung des Einfügungsgebotes nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht auf die in der Baunutzungsverordnung enthaltenen, detaillierten Berechnungsvorschriften ankomme. Im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB sei vielmehr eine „grobe“ Betrachtung anhand der erkennbar nach außen tretenden Nutzungsmaße vorzunehmen. Hinsichtlich der Gesamtkubatur füge sich das Vorhaben jedoch unproblematisch ein. Zudem könnten die Ausführungen zu der vermeintlichen Überschreitung der Grundflächenzahl schon nicht nachvollzogen werden, da ersichtlich nicht zwischen Haupt- und Nebenanlagen unterschieden werde und daher die für die Berechnung der Grundflächenzahl maßgeblichen Vorschriften - insbesondere § 19 Abs. 2 BauNVO und § 19 Abs. 4 BauNVO - bereits fehlerhaft angewendet würden. Da es nicht auf die detaillierten Berechnungsvorschriften der Baunutzungsverordnung ankomme, könne dies letztendlich jedoch dahinstehen.

Dem Einwand, das Wohnbauvorhaben bewirke einen Einmauerungseffekt, könne schon deshalb nicht gefolgt werden, da bei der gemeinsamen Grundstücksgrenze mit einer Länge von etwa 45 m und dem entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze genehmigten Baukörper mit einer Länge von 15,96 m (bzw. 19,96 m) eine Einmauerung bzw. „erdrückende Wirkung“ nicht erkannt werden könne, zumal das Vorhaben bei einer Wandhöhe von etwa 6 m die gesetzlichen Abstandsflächen einhalte. Halte ein Vorhaben die gesetzlichen Abstandsflächen ein, liege grundsätzlich keine Verletzung nachbarschützender Rechte - insbesondere auch keine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes - vor, da das Abstandsflächenrecht insoweit die erforderliche Rücksicht im Hinblick auf Belichtung und Besonnung verbindlich festlege.

Da sich das genehmigte Nutzungsmaß innerhalb des durch die nähere Umgebung vorgegebenen Rahmens bewege, sei auch für die behauptete Verletzung des Gebietserhaltungsanspruches kein Raum. Selbst bei einer Unterstellung einer Überschreitung des zulässigen Nutzungsmaßes, könnte eine derartige Überschreitung im Rahmen des grundsätzlich drittschützenden Gebietserhaltungsanspruches keine Berücksichtigung finden, da das Kriterium des Maßes der baulichen Nutzung grundsätzlich keine drittschützende Wirkung vermittle. Der von der Rechtsprechung entwickelte Gebietserhaltungsanspruch beziehe sich nicht auf das Maß der baulichen Nutzung.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass das Geviert wohngenutzte Gebäude in offener Bauweise mit unterschiedlichen Gebäudetypen aufweise (Einfamilien-, Mehrfamilienhäuser, Drei- bis Vierspänner). Dass das streitgegenständliche Bauvorhaben zur Folge haben könne, dass der Charakter des Baugebietes nicht mehr gewahrt sei bzw. verändert werde oder Konflikte herbeiführen könne, sei daher auszuschließen.

Soweit sich der Antragsteller gegen die Lage des Vorhabens im nördlichen Grundstücksbereich wende, könne auch insoweit eine Verletzung drittschützender Normen nicht erkannt werden, da den Kriterien der überbaubaren Grundstücksfläche kein drittschützender Charakter zukomme. Im Übrigen befänden sich innerhalb des engeren Straßengevierts zahlreiche Hauptanlagen, die abgerückt von der Straße in die rückwärtigen Grundstücksbereiche hinein reichten bzw. dort situiert seien. Angeführt werden die Wohngebäude auf den Anwesen Fl. Nrn. ..., ... und ... (...-str. 2b, 2c und 2d), Fl. Nrn. ..., ..., ... und ... (...-str. 10a, 10, 8a und 8), Fl. Nr. ... (...-str. 15), Fl. Nr. ... (...-str. 17) sowie das Anwesen ...-str. 7. Innerhalb des engeren Straßengevierts befänden sich ganz unterschiedlich situierte Wohngebäude; es seien zahlreiche, den hinterliegenden Grundstücksbereich in Anspruch nehmende Wohngebäude vorzufinden, so dass sich auch das streitgegenständliche Vorhaben innerhalb dieses weiten Rahmens in die nähere Umgebung einfüge.

Mit Schreiben vom 24. Juli 2014 hat die Antragsgegnerin beantragt:

Der Antrag wird abgelehnt.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben sei im vereinfachten Verfahren geprüft und sodann mit Bescheid vom ... April 2014 genehmigt worden, da sich das Vorhaben nach Art und Maß der Nutzung in die nähere Umgebung einfüge und insbesondere auch nicht rücksichtlos sei. Abweichungen von bauordnungsrechtlichen Vorschriften seien nicht erforderlich gewesen und demnach auch nicht erteilt worden. Die Genehmigung sei lediglich mit einer Reihe von naturschutzrechtlichen Auflagen versehen worden sowie zwei aufschiebenden Bedingungen, die ebenfalls der Sicherstellung der Wahrung der naturschutzrechtlichen Belange dienten.

Die Baugenehmigung enthalte zudem eine umfangreiche Abwägung nachbarlicher Belange und gehe insbesondere detailliert auf die Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens vorgebrachten Einwände ein und erläutere, warum diese den Vorhaben aus rechtlicher Perspektive nicht entgegengehalten werden könnten.

Nach Ansicht der Beklagten füge sich das Vorhaben in die nähere Umgebung ein, weil mit dem Gebäude ...-str. 9 unmittelbar auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein vergleichbar großer Baukörper vorhanden sei, der auch in unmittelbare Sichtbeziehung zum Vorhabengrundstück stehe und der ...-straße keine trennende Wirkung zukomme. Auch sei die Situierung des geplanten Baukörpers nicht zu beanstanden; diesbezüglich gebe es mit dem Gebäude ...-str. 15 einen unmittelbaren Bezugsfall für eine tief nach Norden reichende Bebauung. Zudem sei das Geviert nicht von einer homogenen, straßenseitigen Bebauung geprägt, was auf dem Fehlen einer verbindlichen Baulinie beruhe.

Die streitgegenständliche Baugenehmigung sei schon objektiv nicht rechtswidrig, weswegen die Anfechtungsklage in der Hauptsache keinen Erfolg haben werde. Selbst wenn sich das Bauvorhaben nicht gemäß § 34 BauGB einfügen würde, wäre eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte des Antragstellers nicht gegeben, da das Vorhaben keine „einmauernde“ oder „erdrückende“ Wirkung habe.

Das von der Antragsgegnerin herangezogene Geviert sei weder willkürlich noch in seinem Umgriff zu groß gewählt. Selbst wenn man nur den engeren Umgriff als maßgebliche Umgebung betrachten wollte (...-straße/...-straße/...-Straße/...-straße), befände sich der Bezugsfall für das geplante Bauvolumen samt Höhe (...-str. 9) immer noch in unmittelbarer Sichtbeziehung zum Vorhaben. Die von der Antragsgegnerin herangezogenen Bezugsfälle seien daher keinesfalls willkürlich gewählt, sondern prägend für das Maß der baulichen Nutzung und die mögliche Situierung des Baukörpers auf dem Vorhabengrundstück.

Die vom Antragsteller rechtsatzartig herangezogenen Maßfaktoren der Baunutzungsverordnung seien bei der Prüfung des Einfügens gemäß § 34 Abs. 1 BauGB gerade nicht maßgeblich. Sie könnten allenfalls aus Auslegungshilfe herangezogen werden, wegen der Eigenart des Innenbereiches sowie ihrer regelmäßig nur erschwerten optischen Ablesbarkeit entfalteten sie gemeinhin keine Bedeutung (BVerwG, U. v. 23.3.1994 - 4 C 18.92). Eine Berechnung nach den Kriterien der Baunutzungsverordnung sei daher nicht durchzuführen, um das zulässige Nutzungsmaß zu bestimmen. Im Übrigen läge selbst bei Heranziehung der Maßfaktoren der Baunutzungsverordnung eine maßvolle Bebauung vor, insbesondere sei auch die Höchstgrenze der Grundfläche eingehalten. Nach der nicht zu beanstandenden Grundflächenberechnung der Beigeladenen im Bauantrag ergebe sich einschließlich hinzuzurechnender Nebenanlagen ein Wert von 306,49 m², was einer im reinen und im allgemeinen Wohngebiet zulässigen Grundflächenzahl von 0,38 entspreche. Die vom Antragsteller dargelegten Berechnungsergebnisse würden insofern ausdrücklich bestritten.

Das Vorhaben sei schon objektiv nicht rücksichtslos; es halte die gesetzlichen Abstandsflächen ein und sei auch hinsichtlich der Art der Nutzung unbedenklich. Ein Vorhaben könne im unbeplanten Innenbereich nur dann in rechtlich relevanter Weise rücksichtlos sein, wenn durch seine Ausführung ein in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenes Wohngebäude gleichsam „eingemauert“ oder „erdrückt“ würde (BayVGH, B. v. 13.7.2001 - 15 ZB 01.246; B. v. 10.12.2008 - 1 CS 08.2770). Eine solche Wirkung gehe jedoch nur dann von einem Vorhaben aus, wenn es nach Höhe und Volumen übergroß erscheint und zudem noch in geringem Abstand zu dem benachbarten Wohngebäude situiert sei.

Hier sei der Baukörper dem Volumen nach schon nicht übergroß. Die Abstandsflächen würden im Osten mit ½ H und im Westen bzw. im Norden und Süden mit 1 H - entsprechend den gesetzlichen Vorgaben - auf eigenem Grund nachgewiesen. Zweifel an einer ausreichenden Belichtung, Belüftung oder Besonnung der Nachbargebäude bestünden bereits aus diesem Grund nicht. Hinzu komme, dass der geplante Hauptbaukörper nicht neben dem benachbarten Wohngebäude situiert, sondern rückwärtig versetzt sei. Die angrenzenden Wohngebäude ...-str. 1b und 5 stünden dagegen auf einer Höhe neben den untergeordneten und gesetzlich zulässig grenzständig situierten Garagengebäuden. Eine „Einmauerung“ bzw. „erdrückende Wirkung“ scheide daher bereits aufgrund der konkreten Situierung des Baukörpers aus. Jedenfalls verlange die Rechtsprechung eindeutig, dass benachbarte Wohngebäude „eingemauert“ sein müssten; eine „Einmauerung“ der Freiflächen wäre davon nicht erfasst. Nach Auffassung des Antragstellers ergebe sich eine „Einmauerung“ allenfalls mit der Verwirklichung weiterer, lediglich fiktiver künftiger Vorhaben. Daher könne dem aktuellen Vorhaben ein „Einmauerungseffekt“ durch noch gar nicht näher konkretisierte, künftige Vorhaben nicht entgegengehalten werden. Allenfalls wären weitere, fiktive künftige Vorhaben aus diesem Grunde rücksichtlos und damit unzulässig.

Die Verletzung eines Gebietserhaltungsanspruches scheide bereits deswegen aus, weil ein solcher im unbeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB begriffsnotwendig ausscheide.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die nähere Umgebung hinsichtlich der verwirklichten Bauvolumina vielfältig und nicht homogen ausgebildet sei. Einen Gartenstadtcharakter im Sinne der Definition vermag die Antragsgegnerin in dem maßgeblichen Geviert ebenfalls nicht zu erkennen, zumal es sich hierbei letztendlich um städtebauliche, nicht drittschützende Grundfragen handle.

Zu den beantragten und genehmigten Baumfällungen wird von der Antragsgegnerin ausgeführt, dass selbst für den Fall einer gartenstadtartigen Konstellation mit großzügiger Durchgrünung der Antragsteller durch die genehmigten Baumfällungen nicht in seinen Rechten verletzt würde. Es entspreche allgemeiner Rechtsauffassung, dass die Vorschriften einer naturschutzrechtlichen Baumschutzverordnung nicht drittschützend seien und lediglich dem öffentlichen Interesse an der Durchgrünung und Ortsbildgestaltung dienten (BayVGH B. v. 15.3.2004 - 2 CS 04.581; B. v. 9.11.2000 - 9 ZB 00.1635; U. v. 14.3.1989 - 9 B 87.03636). Im Übrigen könne ein Nachbar nicht erwarten, dass das benachbarte Grundstück nur insoweit bebaut werde, wie der bisherige Baumbestand erhalten werden könne (BVerwG, B. v. 11.1.1999 - 4 B 128.98).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte sowie das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg, da die in der Hauptsache vom Antragsteller erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird, da die angefochtene Baugenehmigung vom ... April 2014 bei summarischer Prüfung keine nachbarschützenden Vorschriften des Bauplanungs- oder Bauordnungsrechtes verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1. Nach § 212 a Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung eine Anfechtungsklage ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212 a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen. Hierbei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden Interessen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 146; Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (Schmidt, a. a. O., § 80 Rn. 73 ff.).

2. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung dieses Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B. v. 16.1.1997 - 4 B 244/96, NVwZ 1998, 58 - juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 14.10.2008 - 2 CS 08.2132 - juris Rn. 3).

Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung, sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das mit der streitgegeständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben weder in bauplanungsrechtlicher noch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht gegen drittschützende Rechte des Antragstellers verstößt, die im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (Art. 59 Abs. 1 BayBO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Voraussichtlich verletzt die Baugenehmigung weder einen dem Antragsteller zustehenden Gebietserhaltungsanspruch, noch einen speziellen Gebietsprägungserhaltungsanspruch, noch das nachbarschützende Rücksichtnahmegebot.

3. Im vorliegenden Fall war ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 Bayerische Bauordnung (BayBO) durchzuführen, da es sich bei dem Wohnbauvorhaben nicht um einen Sonderbau im Sinne von Art. 2 Abs. 4 BayBO handelt. Im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren wird im Wesentlichen nur die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens geprüft (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Variante 1 BayBO). Bauordnungsrechtliche Anforderungen sind nur im Prüfprogramm enthalten, wenn Abweichungen beantragt wurden (Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO) oder sich entsprechende Anforderungen aus den für das Vorhaben einschlägigen örtlichen Bauvorschriften ergeben (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Variante 2 BayBO).

Im Hinblick auf die danach hier zum Prüfprogramm gehörenden nachbarschützenden Vorschriften ist die erteilte Baugenehmigung voraussichtlich nicht zu beanstanden.

3.1 Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens bestimmt sich hinsichtlich der übergeleiteten Straßenbegrenzungslinie nach § 30 Abs. 3 BauGB, im Übrigen nach § 34 BauGB. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise sowie der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB müssen die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt bleiben und darf das Ortsbild nicht beeinträchtigt werden. Sofern die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung entspricht, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Baunutzungsverordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre, § 34 Abs. 2 BauGB.

Vorliegend ist aufgrund des dem Gericht vorliegenden Lageplans davon auszugehen, dass es sich bei dem Geviert ...-straße/...-straße/...-Straße/...-straße um ein reines Wohngebiet im Sinne von § 3 BauNVO handelt, so dass sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art gem. § 34 Abs. 2 BauGB nach § 3 BauNVO bestimmt. Nach der streitgegenständlichen Baugenehmigung vom ... April 2014 sowie den genehmigten Plänen wurde der Neubau eines Mehrfamilienhauses, und damit eines Wohngebäudes genehmigt, das gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein im reinen Wohngebiet zulässig ist.

3.2 Der Antragsteller kann sich gegen das Vorhaben nicht mit Erfolg auf den allgemeinen bauplanungsrechtlichen Gebietserhaltungsanspruch berufen. Dieser ist im Ergebnis darauf gerichtet, Vorhaben zu verhindern, die weder regelmäßig noch ausnahmsweise in diesem Gebiet zulässig sind und setzt voraus, dass die Grundstücke in einem festgesetzten oder faktischen Baugebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung liegen (vgl. BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91, BVerwGE 94, 151 - juris Rn. 13). Der Gebietsbewahrungs- bzw. Gebietserhaltungsanspruch wurde vom Bundesverwaltungsgericht im vorgenannten Urteil vom 16. September 1993 als neues Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Nachbarschutzes begründet und zunächst aus dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB hergeleitet, später dann direkt aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) (BVerwG, U. v. 23.8.1996 - 4 C 13/94, BVerwGE 101, 364 - juris Rn. 36; BayVGH, B. v. 26.5.2008 - 1 CS 08.881/882, BauR 2008, 1556 - juris Rn. 28). Er gewährt dem Eigentümer eines Grundstückes hinsichtlich der durch einen Bebauungsplan festgesetzten Nutzungsart einen Abwehranspruch gegen die Genehmigung eines Bauvorhabens im Plangebiet, das von der zulässigen Nutzungsart abweicht und zwar unabhängig davon, ob die zugelassene gebietswidrige Nutzung des Nachbarn ihn selbst unzumutbar beeinträchtigt oder nicht (BayVGH, U. v. 12.7.2012 - 2 B 12.1211, BayVBl 2013, 51 - juris Rn. 27 m. w. N.). Alleine die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat grundsätzlich nachbarschützende Wirkung zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet (BVerwG, U. v. 16.9.1993 a. a. O.; U. v. 23.8.1996 a. a. O.; B. v. 18.12.2007 - 4 B 55/07, BayVBl 2008, 583 - juris Rn. 5). Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen (BVerwG, U. v. 11.5.1989 - 4 C 1.88, BVerwGE 82, 61 - juris Rn. 43; B. v. 18.12.2007 a. a. O.). Durch Festsetzungen eines Bebauungsplanes über die Art der baulichen Nutzung werden die Planbetroffenen im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks wird dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen Grundstückseigentümern diesen Beschränkungen unterworfen sind (BVerwG, U. v. 16.9.1993 a. a. O.; B. v. 18.12.2007 a. a. O.). Im Rahmen dieses nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses soll daher jeder Planbetroffene im Baugebiet das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebietes - unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung - verhindern können (BayVGH, U. v. 12.7.2012 - 2 B 12.1211, BayVBl 2013, 51 - juris Rn. 27; U. v. 9.10.2012 - 2 ZB 11.2653 - juris Rn. 4).

Aus der Gleichstellung beplanter und faktischer Baugebiete entsprechend der Baunutzungsverordnung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung durch § 34 Abs. 2 BauGB ergibt sich, dass ein identischer Nachbarschutz schon vom Bundesgesetzgeber festgelegt worden ist (BVerwG, B. v. 22.12.2011 - 4 B 32/11, BauR 2012, 634 - juris Rn. 5; BayVGH, B. v. 9.10.2012 a. a. O. - juris Rn. 5). Dies bedeutet, dass auch innerhalb von faktischen Baugebieten über § 34 Abs. 2 BauGB eine nachbarschützende Wirkung entsteht. Der Grundsatz, dass sich ein Nachbar im Plangebiet auch dann gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung wenden kann, wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird, lässt sich daher auf den Nachbarschutz im faktischen Baugebiet übertragen (BVerwG, B. v. 22.12.2011 a. a. O., BayVGH, B. v. 9.102.2012 a. a. O.). In einem faktischen Baugebiet ist der Anspruch in räumlicher Hinsicht jedoch auf die Grundstücke begrenzt, die zur näheren Umgebung des Baugrundstücks im Sinn von § 34 Abs. 2 Satz 1 BauGB zählen. Nur so weit reichen die rechtliche Schicksalsgemeinschaft und das sich daraus ergebende wechselseitige Austauschverhältnis. Insoweit irrt die Antragsgegnerin, wenn sie meint, dass eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruches schon deshalb ausscheide, weil ein solcher im unbeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB begriffsnotwendig ausscheide.

Mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung wurde ein Wohngebäude bauplanungsrechtlich genehmigt, das nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO in einem reinen Wohngebiet allgemein zulässig ist. Da ein Verstoß gegen den allgemeinen Gebietserhaltungsanspruch nur vorliegen kann, wenn ein mit der Gebietsart unvereinbares Bauvorhaben zugelassen wird, scheidet vorliegend eine Verletzung des allgemeinen Gebietserhaltungsanspruches aus. Insoweit führt auch die Tatsache, dass es sich um ein Mehrfamilienwohnhaus mit sechs Wohneinheiten handelt, im Rahmen der Beurteilung der Zulässigkeit der Art der Nutzung zu keinem anderen Ergebnis. Wohngebäude sind Gebäude, die dem dauernden Wohnen dienen (vgl. Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand112. ErgL 2014, § 3 BauNVO Rn. 34). Der Begriff des Wohngebäudes umfasst dabei alle Formen des Wohnens, vom Einfamilienhaus bis zum vielgeschossigen Mietshaus mit entsprechenden Wohnungen und Appartements (vgl. VG Neustadt, U. v. 12.12.2013 - 4 K 626/13.NW - juris Rn. 30). Wohnen in einem Mehrfamilienwohnhaus dient ebenfalls dem dauernden Wohnen; es stellt ohne entsprechende planerische Festsetzungen (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB) keine spezielle, bauplanungsrechtlich relevante (Unter-)Art der baulichen Nutzung im Vergleich zum Wohnen in Einfamilienhäusern dar (vgl. Hess. VGH, B. v. 31.10.2012 - 3 B 1876/12, ZfBR 2013, 179 - juris Rn. 8; VG Neustadt, U. v. 12.12.2013 - 4 K 626/13.NW - juris Rn. 30). Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gebietserhaltungsanspruch kann jedoch nur vorliegen, wenn ein mit der Gebietsart unvereinbares Bauvorhaben zugelassen würde. Dies ist hier gerade nicht der Fall, so dass eine Verletzung des allgemeinen Gebietserhaltungsanspruchs ausscheidet.

3.3 Dem Antragsteller steht gegen das streitgegenständliche Vorhaben auch nicht ein § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO zu entnehmender Abwehranspruch aus dem so genannten „speziellen Gebietsprägungserhaltungsanspruch“ zu. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. In seinem Beschluss vom 13. Mai 2002 (4 B 86/01, NVwZ 2002, 295 - juris) hat das Bundesverwaltungsgericht den Leitsatz aufgestellt, dass § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nicht nur das Gebot der Rücksichtnahme enthält, sondern auch einen Anspruch auf Aufrechterhaltung der typischen Prägung eines Baugebiets vermittelt. In diesem Verfahren war die ausnahmsweise Zulassung eines Seniorenpflegeheims in einem Gewerbegebiet auf Grundlage von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO i. V. m. § 31 Abs. 1 BauGB als Anlage für soziale/gesundheitliche Zwecke vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit dem Argument aufgehoben worden, dass dieses Vorhaben nach seiner Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widerspreche, weil es sich mit Blick auf seine Störanfälligkeit und die daraus resultierende Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit nicht mit den sonstigen Nutzungen des Gewerbegebiets verträgt (VGH Ba-Wü, U. v. 27.7.2001 - 5 S 1093/00, BauR 2002, 359 - juris Rn. 39). § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO bezwecke eine einzelfallbezogene „Feinabstimmung“, indem er Anlagen und Nutzungen, die nach der „Grobabstimmung“ der §§ 2 bis 14 BauNVO (noch) zulässig wären, unter den genannten Voraussetzungen für nicht genehmigungsfähig erklärt. Auch diese Vorschrift diene also der Aufrechterhaltung der jeweiligen gebietstypischen Prägung (VGH Ba-Wü, U. v. 27.7.2001 - 5 S 1093/00 a. a. O.).

Nach dem speziellen Gebietserhaltungsanspruch wäre ein Vorhaben an sich in dem konkreten Baugebiet entweder allgemein oder ausnahmsweise zulässig, also mit den Vorgaben der Baunutzungsverordnung zur Gebietsart vereinbar, aber gleichwohl (generell) gebietsunverträglich, weil das Vorhaben der allgemeinen Zweckbestimmung des maßgeblichen Baugebietstyps widerspricht (BayVGH, B. v. 9.10.2012 - 2 ZB 11.2653 - juris Rn. 8; vgl. auch Decker, JA 2007, 55/57; Stühler, BauR 2011, 1576/1580). Erweist sich das (ausnahmsweise) zulässige Vorhaben aber (generell) als gebietsunverträglich, soll es vom Dritten, ohne dass dieser konkret und individuell betroffen sein muss, abgewehrt werden können.

Insoweit ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung sowie der Literatur bereits umstritten, ob ein derartiger spezieller Gebietsgewährleistungsanspruch überhaupt existiert (zweifelnd etwa BayVGH, B. v. 9.10.2012 - 2 ZB 11.2653 - juris Rn. 8; befürwortend BayVGH, B. v. 4.11.2009 - 9 CS 09.2422 - juris Rn. 11 f.; offen lassend BayVGH, B. v. 3.2.2014 - 9 CS 13.1916 - Rn. 13; VG München, B. v. 9.8.2012 - M 8 SN 12.2961 - juris Rn. 23; aus der Literatur vgl. Decker, JA 2007, 55; Stühler, BauR 2011, 1576; Hoffmann, BauR 2010, 1859).

In jedem Fall ist davon auszugehen, dass auch der spezielle Gebietsprägungserhaltungsanspruch sich allein auf die Art der baulichen Nutzung im Sinn der Baunutzungsverordnung bezieht (BayVGH, B. v. 9.10.2012 - 2 ZB 11.2653 - juris Rn. 9; BayVGH, B. v. 3.2.2014 - 9 CS 13.1916 - Rn. 13). Im vorliegenden Fall soll eine Wohnnutzung in einem faktischen reinen Wohngebiet genehmigt werden. Es ist nicht erkennbar, inwieweit die allgemein zulässige Wohnnutzung bei einer typisierenden Betrachtungsweise aufgrund ihrer typischen Nutzungsweise störend wirken könnte.

Generell dürften die Fälle, in denen ein Vorhaben aufgrund der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise zwar mit den §§ 2 ff. BauNVO vereinbar ist und daher vom allgemeinen Gebietserhaltungsanspruch nicht erfasst wird, dann aber aufgrund des speziellen Gebietsprägungserhaltungsanspruchs aus § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO im Einzelfall unzulässig ist, sich auf solche Konstellationen beschränken, in denen die Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung nach § 31 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB erfolgt. Ihrer Art nach im jeweiligen Baugebiet allgemein zulässige Vorhaben dürften dagegen regelmäßig nicht am Gebietsprägungserhaltungsanspruch scheitern, da sie der Zweckbestimmung des Baugebiets gerade entsprechen. Sofern aber die Erteilung einer die Art der Nutzung betreffenden Ausnahme erforderlich ist, wird ein hinreichender Nachbarschutz im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung unter Wahrung des Rücksichtnahmegebots gewährleistet. Erforderlich wäre hierbei im Unterschied zum Gebietsprägungserhaltungsanspruch, dass der betroffene Nachbar hinreichend konkret nachteilig betroffen wäre.

Aus dem in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO genannten Kriterium „Umfang“ folgt, dass eine bauliche Anlage auch wegen ihrer Größe gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO unzulässig sein kann. Die Bestimmung geht davon aus, dass im Einzelfall Quantität in Qualität umschlagen kann, dass also die Größe einer baulichen Anlage die Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung erfassen und beeinflussen kann (vgl. BayVGH, B. v. 6.11.2008 - 14 ZB 08.2327 - juris Rn. 9; OVG NRW, B. v. 18.3.2014 - 2 B 256/14 - juris Rn. 14). Erforderlich hierfür ist aber, dass aufgrund der Dimensionierung der Anlage eine neue Art der baulichen Nutzung in das Wohngebiet hineinträgt. Dies ist vorliegend nicht zu erkennen, zumal in der näheren Umgebung nach dem Lageplan bereits Vorhaben mit einer vergleichbaren Größenentwicklung vorhanden sind (im engeren Umgriff ...-str. 15 und auf der gegenüberliegenden Straßenseite ...-str. 9).

Vorliegend ist damit für das Eilverfahren davon auszugehen, dass die als Wohnnutzung allgemein zulässige Art der Nutzung auch in einem Mehrfamilienhaus einen Gebietsprägungserhaltungsanspruch voraussichtlich nicht verletzt.

3.4 Im Hinblick auf das gerügte Nichteinfügen des Vorhabens nach dem Maß der baulichen Nutzung sowie der Situierung des Baukörpers im rückwärtigen Grundstücksbereich, bedarf dies vorliegend keiner Entscheidung, denn die Regelungen über das Maß der baulichen Nutzung, über die Bauweise und die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, sind nach ganz herrschender Meinung nicht nachbarschützend (vgl. BVerwG, B. v. 19.10.1995 - 4 B 215/95, NVwZ 1996, 888 - juris Rn. 3; BayVGH B. v. 6.11.2008 - 14 ZB 08.2327 - juris Rn. 9; BayVGH, B. v. 12.9.2013 - CS 13.1351 - juris Rn. 3 m. w. N.).

Insoweit kommt es auf die detaillierten Berechnungen der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers und die Frage, ob diese zutreffend sind, nicht an. Hinzuweisen ist lediglich darauf, dass § 34 Abs. 2 BauGB lediglich für die Art der Nutzung auf die Bestimmungen der Baunutzungsverordnung verweist, nicht aber auf die weiteren Bestimmungen zum Maß der Nutzung in den §§ 16 ff. BauNVO. Insoweit ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass es im unbeplanten Innenbereich Gründe einer praktisch handhabbaren Rechtsanwendung dafür sprechen, in erster Linie auf solche Maße abzustellen, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung setzen lassen. Ihre (absolute) Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur umgebenden Freifläche, prägen das Bild der maßgebenden Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung an (vgl. BVerwG, B. v. 3.4.2014 - 4 B 12/14, BauR 2014, 1126 - juris Rn. 3 m. w. N.). Dass die Grundflächen- und Geschossflächenzahl nur eine untergeordnete oder, je nach den Umständen des Einzelfalls, auch gar keine Bedeutung für die Frage des Einfügens haben, folgt daraus, dass sie in der Örtlichkeit häufig schwer ablesbar sind und erst errechnet werden müssen (BVerwG, B. v. 3.4.2014 a. a. O. - juris Rn. 4).

4. Es liegt auch keine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme vor. Insoweit kann dahinstehen, ob sich dieses im vorliegenden Fall aus dem Begriff des „Einfügens“ des § 34 Abs. 1 BauGB oder aus § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 BauNVO ableitet, da im Ergebnis dieselbe Prüfung stattzufinden hat (vgl. BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 4).

4.1 Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, den die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position innehat (vgl. BVerwG, B. v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rn. 9 m. w. N.). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG, U. v. 25.2.1977 - IV C 22.75, BVerwGE 52, 122 - juris Rn. 22; U. v. 28.10.1993 - 4 C 5.93, NVwZ 1994, 686 - juris Rn. 17; U. v. 23.9.1999 - 4 C 6.98, BVerwGE 109, 314 - juris Rn. 20; U. v. 18.11.2004 - 4 C 1/04, NVwZ 2005, 328 - juris Rn. 22; U. v. 29.11.2012 - 4 C 8/11, BVerwGE 145, 145 - juris Rn. 16; BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 4). Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (BVerwG, U. v. 25.2.1977 - IV C 22.75, BVerwGE 52, 122 - juris Rn. 22).

Das Gebot der Rücksichtnahme gibt den Nachbarn aber nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse oder der Verschlechterung der Sichtachsen von seinem Grundstück aus verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist erst dann zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht (BayVGH, B. v. 22.6.2011 - 15 CS 11.1101 - juris Rn. 17). Eine Veränderung der Verhältnisse durch ein Vorhaben, das den Rahmen der Umgebungsbebauung wahrt und städtebaulich vorgegeben ist, ist aber regelmäßig als zumutbar hinzunehmen (BayVGH, B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 6).

4.2 In der Rechtsprechung zum Rücksichtnahmegebot ist anerkannt, dass eine Verletzung dann in Betracht kommt, wenn durch die Verwirklichung des genehmigten Vorhabens ein in der unmittelbaren Nachbarschaft befindliches Wohngebäude „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird. Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1/78, DVBl. 1981, 928 - juris Rn. 38: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zu 2,5-geschossigem Nachbarwohnhaus; U. v. 23.5.1986 - 4 C 34/85, NVwZ 1987, 34 - juris Rn. 15: drei 11,05 m hohe Siloanlagen im Abstand von 6 m zu einem 2-geschossigen Wohnanwesen; vgl. auch BayVGH, B. v. 10.12.2008 - 1 CS 08.2770, BayVBl 2009, 751 - juris Rn. 23; B. v. 5.7.2011 - 14 CS 11.814 - juris Rn. 21). Hauptkriterien bei der Beurteilung einer „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung sind u. a. die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung. Für die Annahme der „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung eines Nachbargebäudes ist somit grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes, was insbesondere gilt, wenn die Gebäude im dicht bebauten innerstädtischen Bereich liegen (BayVGH, B. v. 11.5.2010 - 2 CS 10.454 - juris Rn. 5; B. v. 5.12.2012 - 2 CS 12.2290 - juris Rn. 9).

Vorliegend fehlt es bereits an einer erheblichen Höhendifferenz zwischen dem Vorhabengebäude und dem Anwesen des Antragstellers. Das streitgegenständliche Vorhaben soll nach dem Lageplan drei Vollgeschosse (EG, OG und ausgebautes DG) bei einer Wandhöhe von 6,00 m und einer Firsthöhe von 10,99 m mit einem Satteldach mit einer Neigung von 45 Grad erhalten. Das Gebäude des Antragstellers weist nach dem Lageplan zwei Vollgeschosse mit einem - vermutlich ausgebauten - Satteldach auf. Insoweit dürfte selbst bei einer Differenz von einem Geschoss die im dicht bebauten innerstädtischen Bereich zur Bejahung einer abriegelnden oder erdrückenden Wirkung erforderliche erhebliche Höhendifferenz nicht gegeben sein.

Zudem spricht vorliegend gegen eine bauplanungsrechtliche Rücksichtslosigkeit die Tatsache, dass das Vorhaben nach dem genehmigten Lageplan mit den darin eingezeichneten Abstandsflächen die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO einhält. Die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen indiziert für das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot in tatsächlicher Hinsicht, dass auch das planungsrechtliche Rücksichtnahmegebot im Regelfall nicht verletzt ist (vgl. BVerwG, B. v. 11.1.1999 - 4 B 128/98, NVwZ 1999, 879 - juris Rn. 4; U. v. 7.12.2000 - 4 C 3/00, NVwZ 2001, 58 - juris Rn. 14; BayVGH, B. v. 6.11.2008 - 14 ZB 08.2327 - juris Rn. 10; B. v. 15.3.2011 - 15 CS 11.9 - juris Rn. 32).

4.3 Auch der Umstand, dass mit dem Vorhaben ein Mehrfamilienhaus in einer durch Ein- und Zweifamilienhäusern geprägten Umgebung verwirklicht werden soll, vermag keine Rücksichtslosigkeit des Vorhabens zu begründen. Die Zahl der Wohneinheiten in einem Wohngebiet stellt ohne eine planerische Festsetzung (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB) kein im Rahmen des „Einfügens“ beachtliches Kriterium dar (vgl. BVerwG, U. v. 13.6.1980 - IV C 98.77, DVBl. 1981, 97 - juris Rn. 18 f.; OVG Rheinland-Pfalz, B. v. 29.6.1993 - 1 B 11353/93, NVwZ 1994, 699 - juris Rn. 3 m. w. N.). Die städtebaulich erwünschte (Nach-)Verdichtung (vgl. § 1 a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BauGB) bringt es mit sich, dass die Baugrundstücke umfangreicher als in der Vergangenheit genutzt werden (vgl. VG Neustadt, U. v. 12.12.2013 - 4 K 626/13.NW - juris Rn. 47 m. w. N.), sofern sie sich in den durch die Umgebungsbebauung vorgegebenen Rahmen einfügen. Die bauliche Verdichtung mag dem Antragsteller unpassend erscheinen, sie ist deswegen aber noch nicht rücksichtslos. Insbesondere besteht kein Anspruch, dass das streitgegenständliche Grundstück wie das eigene Grundstück genutzt oder bebaut wird (vgl. VG Augsburg, U. v. 14.11.2012 - Au 4 K 11.1678 - juris Rn. 36).

Die Errichtung eines Mehrfamilienhauses statt eines früheren Einfamilienhauses ist schon deshalb nicht rücksichtslos. Das allgemeine Bauplanungsrecht gewährleistet auch keinen sog. „Milieuschutz“ in dem Sinne, dass ein bestimmtes Verhältnis zwischen überbauten und nicht überbauten Grundstücksflächen oder die „parkartige“ Struktur bzw. der Gartencharakter eines Baugebiets oder Nachbargrundstücks erhalten bleiben (vgl. VG München, B. v. 16.6.2011 - M 8 SN 11.2588 - juris Rn. 46; U. v. 23.1.2012 - M 8 K 11.111 - juris Rn. 30). Insoweit kann der Antragsteller mit seinem Vorbringen, dass es sich vorliegend um eine „Gartenstadt“ handele, deren Charakter durch die Nachverdichtung zerstört werde, nicht durchdringen.

5. Soweit geltend gemacht wird, durch die erteilten Fällungsgenehmigungen für nach der Baumschutzverordnung der Antragsgegnerin geschützte Bäume würde der Gartenstadtcharakter beeinträchtigt und sei die Genehmigung auch für zwei Bäume des Antragstellers erteilt worden, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg des Antrags.

Die Baugenehmigung ersetzt gem. Art. 18 abs. 1 BayNatSchG die erforderliche naturschutzrechtliche Fällungsgenehmigung nach der Baumschutzverordnung der Antragsgegnerin.

Da die Baumschutzverordnung der Antragsgegnerin grundsätzlich keine nachbarschützende Funktion hat und allein öffentlichen Zwecken - der angemessenen Durchgrünung, dem Stadt- und Straßenbild sowie der Klimabegünstigung - dient (vgl. BayVGH, B. v. 18.6.2009 - 14 ZB 09.656 - juris Rn. 6; B. v. 9.11.2000 - 9 ZB 00.1635 - juris Rn. 8), kann die Erteilung einer Fällungsgenehmigung keine Rechte des Antragstellers betreffen.

Soweit der Antragsteller sich darauf beruft, dass die Genehmigung auch zwei Bäume auf seinem Grundstück und damit in seinem Eigentum betrifft, wurde in der Baugenehmigung vom ... April 2014 zutreffend darauf hingewiesen, dass die öffentlich-rechtliche Fällungsgenehmigung eine eventuell erforderliche privatrechtliche Zustimmung des Baumeigentümers nicht ersetzt. Ergänzend ist insoweit auf Art. 68 Abs. 4 BayBO zu verweisen, wonach die Baugenehmigung unbeschadet der privaten Rechte Dritter erteilt wird.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Es entspricht billigem Ermessen im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese einen Sachantrag gestellt und sich somit entsprechend § 154 Abs. 3 VwGO auch einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziff. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.