Verwaltungsgericht München Urteil, 26. Juni 2017 - M 8 K 16.2407

bei uns veröffentlicht am26.06.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Bescheid vom 26. April 2016 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, den Bauantrag vom 17. März 2016, Plan-Nr. … zu genehmigen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vorläufig vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Am 17. März 2016 reichte die Klägerin einen Bauantrag zum Neubau eines Wohngebäudes mit 8 Wohnungen mit Tiefgarage auf dem Grundstück „Am … 7“, Fl.Nr. …, Gemarkung … ein. Geplant ist ein von Nord-Osten nach Süd-Westen abgestuftes Gebäude mit einer Höhenentwicklung im Nord-Osten von E + 1 + D mit Walmdach, an den ein mittlerer Teil mit E + 1 + D und einem - niedrigeren - abgeflachten Walmdach angesetzt ist; diesem wiederum ist im Süd-Westen ein zweigeschossiger, nochmals im Süden und Norden zurückgesetzter Gebäudeteil mit Flachdach und Dachterrasse angefügt.

 

(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu.)

Der Bauantrag vom 17. März 2016 enthielt einen Antrag auf Befreiung wegen Überschreitung der Baulinie durch einen Lichtschacht im Norden um 0,35 m, einen Stellplatznachweis für 8 KFZs und für 16 Fahrradabstellplätze. Das Bauvorhaben weist eine Bebauungstiefe von insgesamt 19,40 m und eine straßenseitige Breite von 14,30 m auf. Die Wandhöhen betragen 6,50 m (südwestlicher 2-geschossiger Gebäudeteil) bzw. 6,85 m beim mittleren und straßenseitigen Gebäudeteil. Der nordöstliche Gebäudeteil weist eine Firsthöhe von 11,93 m, der mittlere Teil von 10,35 m auf. Die Dachneigung beträgt im nordöstlichen Teil 55°, im mittleren 38°.

Mit Bescheid vom 26. April 2016, der Klägerin am 29. April 2016 zugestellt, lehnte die Beklagte den Bauantrag vom 17. März 2016 nach Plan-Nr. … ab.

Zur Begründung wurde ausgeführt:

Das Vorhaben füge sich in seiner Gesamtheit mit einer Länge von ca. 20 m, seiner Grundfläche von 291,40 m² und der ganzen Baukörperform nicht in die maßgebliche Umgebung ein. Diese nähere Umgebung bestehe aus der Bebauung entlang der Straße Am … und entlang der …straße. Einen Bezugsfall bilde somit auch das Anwesen Am … 5. Die am Südrand des Gevierts sich nach Süden auf die …straße orientierenden Gebäude seien städtebaulich grundlegend anders zu bewerten und bildeten keine Bezugsfälle.

Mit einem am gleichen Tage beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz vom 27. Mai 2016 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage mit dem Antrag,

den Bescheid der Beklagten vom 26. April 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bauantrag der Klägerin vom 17. März 2016 zu genehmigen.

Zur Begründung wurde unter Darlegung der Gebäudegrößen der Bebauung in der Süd-Ost-Ecke der Kreuzung …straße/Am … ausgeführt, dass diese Gebäude zur maßgeblichen Umgebung gehörten. Der Bebauungszusammenhang sei geprägt durch die im Geviert …straße/ …straße/ …straße und Am … liegenden Grundstücke in Größen zwischen 300 m² und ca. 1.500 m².

Mit Schreiben vom 23. Februar 2017 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurden im Wesentlichen die Überlegungen des streitgegen-ständlichen Bescheides vertieft und ausgeführt:

Die nördlich der …straße verlaufende Bebauung entlang dem Straßenlauf stelle einen eigenen, vom dahinter liegenden Geviert zu trennenden Bebauungskomplex dar. Die Gebäude Am … 3 und 5 sowie …str. 4 und …str. 6 - 8 b seien städtebaulich anders zu beurteilen, da sie strukturerll nicht mit der Bebauung entlang der Straße „Am …“ und der …straße vergleichbar seien. Sie könnten daher nicht als Bezugsfälle für das streitgegenständliche Vorhaben dienen. Hinzu komme, dass für den Faktor der „überbaubaren Grundstücksfläche“ - jedenfalls was die Tiefe der Bebauung betreffe - grundsätzlich nur die Bebauung der Straßenseite prägend sei, an der sich das Baugrundstück befinde. Für die zulässige Bebauungstiefe sei daher die Bebauung entlang der Straße Am … 5 - 33 maßgeblich. Das Vorhaben füge sich daher weder hinsichtlich des „Maßes“ noch hinsichtlich der „überbaubaren Grundstücksfläche“ in seine Umgebung ein.

Auf Anforderung des Gerichts hat die Beklagte mit Schreiben vom 3. Mai 2017 die Bauakten der Anwesen Am … 3, 5 sowie …str. 4 vorgelegt.

Das Gericht hat am 26. Juni 2017 Beweis durch eine Einnahme eines Augenscheins auf dem streitgegenständlichen Grundstück sowie dessen Umgebung erhoben. Auf das Protokoll dieses Augenscheins sowie der anschließenden mündlichen Verhandlung, in der die Beteiligten ihre bereits schriftsätzlich angekündigten Anträge stellten, wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg, da der Klägerin ein Anspruch auf die Erteilung der beantragten Baugenehmigung zusteht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

1. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich im Hinblick auf das übergeleitete Bauliniengefüge nach § 30 Abs. 3 Baugesetzbuch (BauGB) und im Übrigen nach § 34 BauGB. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.

1.1 Maßgeblicher Beurteilungsrahmen für das Vorhaben ist die nähere Umgebung. Berücksichtigt werden muss hier die Umgebung einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zum anderen insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst. Welcher Bereich als „nähere Umgebung“ anzusehen ist, hängt davon ab, inwieweit sich einerseits das geplante Vorhaben auf die benachbarte Bebauung und andererseits sich diese Bebauung auf das Baugrundstück prägend auswirken (BayVGH, U.v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 19 m.w.N.). Daraus folgt, dass nicht nur die unmittelbare Nachbarschaft des Baugrundstücks zu berücksichtigen ist, sondern auch die Bebauung der Umgebung insoweit berücksichtigt werden muss, als auch diese noch prägend auf das Baugrundstück wirkt (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: 119. EL November 2015, § 34 Rn. 36). Wie weit diese wechselseitige Prägung reicht, ist eine Frage des Einzelfalls. Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist. In der Regel gilt bei einem, inmitten eines Wohngebiets gelegenen Vorhaben als Bereich gegenseitiger Prägung das Straßengeviert und die gegenüberliegende Straßenseite (BVerwG, B.v. 28.8.2003 - 4 B 74.03 - juris, Rn. 2; U.v. 8.12.2016 - 4 C 7.15 - juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 27.9.2010 - 2 ZB 08.2775 - juris Rn. 4; U.v. 10.7.1998 - 2 B 96.2819 - juris Rn. 25; U.v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 19 und U.v. 24.7.2014 - 2 B 14.1099 - juris Rn. 20).

Dabei ist die nähere Umgebung für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann (BVerwG, B.v. 6.11.1997 - 4 B 172.97, NVwZ-RR 1998, 539; BayVGH, U.v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 19). Bei den Kriterien Nutzungsmaß und überbaubare Grundstücksfläche ist der maßgebliche Bereich in der Regel enger zu begrenzen als bei der Nutzungsart (BayVGH, B.v. 16.12.2009 - 1 CS 09.1774 - juris Rn. 21 m.w.N.).

1.2 Nach diesen Maßstäben ist vorliegend der südliche Bereich des Quartiers Am …straße/ …straße die maßgebliche Umgebung mit gegenseitiger Prägung. Das dreiecksförmig zugeschnittene Quartier zeichnet sich dadurch aus, dass es sich nach Nord-Westen hin verengt, wodurch die Grundstücke im nördlichen Bereich - vor allem auf der Ostseite - kleiner werden und eine dementsprechend kleinteiligere Bebauung aufweisen. Die größten Grundstücke mit entsprechend massiven Bebauungen befinden auf der Ostseite des südlichen Bereichs des Quartiers und auf der Westseite im mittleren Bereich der …straße.

Das streitgegenständliche Grundstück befindet sich im deutlich aufgeweiteten südlichen Bereich des Quartiers Am …straße/ …straße und weist auch den hier vorzufindenden großzügigen Grundstückszuschnitt mit zum Teil schrägen Grundstücksgrenzen auf. Es befindet sich auch in unmittelbarer Nähe zu den großkubaturigen Gebäuden Am … 3, 5 und …str. 4, sodass es zumindest auch von diesen Gebäuden geprägt wird.

Entgegen der Ansicht der Beklagten lassen sich hinsichtlich der Bebauungsstrukturen der Südseite der Straße Am … - beginnend ab dem streitgegenständlichen Grundstück Am … 7 und fortlaufend bis nach Norden zu den Gebäuden Am … 23 - 25 und der Bebauung am südlichen Ende des Quartiers Am …straße/ …straße - keine voneinander abzugrenzende, weil verschiedene Bau- und Nutzungsstrukturen erkennen. Grundsätzlich ist nach den oben genannten Grundsätzen davon auszugehen, dass sich die Bebauung in einem Quartier bzw. bei größeren Quartieren in einem entsprechenden Teil des Gevierts wechselweise prägt. Eine andere Beurteilung ist nur dann gerechtfertigt, wenn innerhalb des Quartiers unterschiedliche Bau- und Nutzungsstrukturen vorhanden sind, die sich auch klar voneinander trennen lassen (BayVGH, B.v. 19.4.2017 - 9 ZB 15.1590 - juris, Rn. 5). Solche klar voneinander abtrennbare Baustrukturen finden sich im maßgeblichen Bereich nicht. Vielmehr geht die kleinteilige Doppelhausbebauung im nördlichen Bereich auf der Westseite der Straße Am … bereits beginnend mit dem Grundstück Am … 9 in eine größere Einzelhausbebauung auf größeren Grundstücken über, um dann entsprechend der massiven Aufweitung des Quartiers im Süden in der Südostecke des Quartiers und entlang der Nordseite der …straße in eine sehr großkubaturige Bebauung zu münden.

Das Grundstück Am … 7 befindet sich zwar einerseits noch im Übergangsbereich der schon größeren Grundstücke mit noch relativ kleinteiligen Einzelhausbebauungen, die aber schon größere Bebauungstiefen aufweisen, andererseits schon im bereits deutlich aufgeweiteten südlichen Quartiersbereich. Aufgrund der Situierung in dieser Struktur kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Grundstück Am … 7 den südlichen Abschluss einer einheitlichen Bebauung mit kleinteiliger Struktur auf der Westseite der Straße Am … bildet und trotz seiner Lage im südlichen, aufgeweiteten Bereich nicht von den hier vorhandenen Gebäuden geprägt wird. Eine solche einheitliche, kleinteilige abtrennbare Struktur ist im Übrigen auch im Nordbereich des Quartiers nicht vorhanden, da hier auf der Westseite des Quartiers größere Grundstücke mit massiven Kubaturen - …str. 4 bis 8 vor allem aber die …str.10 - existieren.

Vielmehr ist jedenfalls eine Prägung des streitgegenständlichen Grundstücks durch beide Bereiche anzunehmen; aufgrund des Grundstückszuschnitts und der Lage - es besteht eine größere Nähe zu dem bereits sehr massiven Gebäude Am … 5 als zu dem ersten kleinteiligen Doppelhaus Am … 11/13 - ist wohl eher eine Prägung durch den südlichen Bereich des Quartiers gegeben.

Jedenfalls findet sich aufgrund der dargestellten Struktur und der vorzufindenden unterschiedlichen Bebauung - die nicht nur der Aufweitung der Grundstücke nach Süden folgt - keine Strukturtrennlinie, die es gerechtfertigt erscheinen ließe, das streitgegenständliche Grundstück von der Bebauung im südlichen Bereich des Quartiers abzukoppeln.

Wie beim Augenschein festzustellen war, besteht auch aus nahezu allen Perspektiven eine Sichtbeziehung von dem streitgegenständlichen Grundstück zu der Bebauung im südlichen Bereich des Quartiers. Auch liegt das streitgegenständliche Grundstück mit dieser Bebauung sowohl von der Straße Am … als auch von der …straße aus in einem Blickfeld.

Das Vorhaben kann sich daher zumindest auch an den Gebäuden Am … 3, 5 und …str. 4 sowie auch …str. 6 - 8 orientieren.

1.3 Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung geben daher die Gebäude Am … 3 und …str. 4 maßgebliche Bezugsfälle ab. Bei dem Gebäude Am … 3 handelt es sich um ein dreigeschossiges Sechs-Familien-Haus mit einer Wandhöhe von 9,50 m und einer Firsthöhe von 12,50 m (alle Maße aus den genehmigten Plänen der Baugenehmigung v. 19.7.1963, Plan-Nr. 63-19828 abgegriffen). Die Grundfläche beträgt 24,57 m x 10,80 m (vermaßt) und somit 265,36 m². Entgegen den Behauptungen der Beklagten weist das streitgegenständliche Vorhaben nicht 291,40 m², sondern nach den Berechnungen des Gerichts unter Berücksichtigung aller Rücksprünge 265,81 m² auf und ist somit in seiner Grundfläche nahezu identisch mit dem Gebäude Am … 3. In seiner Gesamtkubatur bleibt es aber weit hinter den Maßen des Gebäudes Am … 3 zurück, da es eine maximale Firsthöhe von 11,93 m (gegenüber dem First des Gebäudes Am … 3 von 12,50 m) und Wandhöhen von 6,50 m bzw. 6,85 m aufweist (gegenüber einer Wandhöhe des Gebäudes Am … 3 von 9,50 m). Ähnliches gilt für das Gebäude …str. 4, dessen Grundfläche ausweislich der genehmigten Pläne der Baugenehmigung vom 29. Mai 1970 (Plan-Nr. …*) 22 m x 14 m = 308 m² beträgt. Die Wandhöhe liegt bei dem Gebäude …str. 4 bei 6,50 m und die Firsthöhe bei 11,85 m, sodass auch hier im Hinblick auf die deutlich größere Grundfläche die Gesamtkubatur vergleichbar ist, auch wenn Wand- und Firsthöhen geringfügig hinter den Maßen des Vorhabens zurückbleiben.

2. Entgegen der Auffassung der Beklagten sprengt das Vorhaben hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche ebenfalls nicht den maßgeblichen Rahmen.

Zwar kann bei dem Kriterium „überbaubare Grundstücksfläche“ der maßgebliche Bereich noch enger zu ziehen sein als beim Nutzungsmaß oder vor allem auch bei der Nutzungsart; jedoch stehen vorliegend die Grundstücke - und damit auch die Gebäude im Süden des Quartiers - in so enger räumlicher Beziehung, dass eine wechselseitige Prägung - auch im Hinblick auf die überbaubare Grundstücksfläche - gegeben ist.

Es ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht gerechtfertigt, bei der Bebauungstiefe nur die jeweilige Bebauung der zugehörigen Erschließungsstraße zu berücksichtigen, nicht aber die gegenüberliegende Seite des Quartiers, zumal sich vorliegend keine klare Trennungslinie zwischen der, den verschiedenen Erschließungsstraßen zugehörigen Bebauung findet.

Im Hinblick darauf, dass die Bebauungstiefe ihre Wirkung nicht straßenseitig, sondern ins Innere des Quartiers hinein entfaltet, prägt die jeweilige Bebauung an der einen Erschließungsstraße auch die Tiefe der Bebauung an der Erschließungsstraße im gegenüberliegenden Teil des Quartiers.

Darüber hinaus besteht vorliegend die zusätzliche Besonderheit, dass die Grundstücke auf der Ostseite des Quartiers im südlichen Bereich mit ihren schrägen Grundstückszuschnitten weit in den westlichen Bereich des Quartiers auf der Ostseite der …straße hineinreichen. Die Gebäude im südlichen Bereich des Quartiers liegen sich somit - anders als bei gerade geschnittenen Quartieren - nicht nur in einer Linie gegenüber, sondern stehen sich auch schräg und versetzt gegenüber mit der Folge, dass die Bebauungstiefen dadurch noch enger miteinander verknüpft sind.

Damit kann sich das Vorhaben mit seiner Bebauungstiefe von 20 m auch an dem Gebäude …str. 4 orientieren, das eine Bebauungstiefe von 22 m aufweist. Auch die Gebäude …str. 6 - 8 b weisen Bebauungstiefen von 20 m - 26 m, gemessen ab der Grundstücksgrenze der Erschließungsstraße, auf.

3. Unbestritten fügt sich das Bauvorhaben hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung und auch der Bauweise unproblematisch in die ausschließlich von der Wohnnutzung und offener Bauweise geprägte Umgebung ein.

4. Hinsichtlich der Überschreitung der straßenseitigen Baulinie um einen 0,35 m tiefen und 1,01 m langen Lichtschacht steht der Klägerin ein Anspruch auf Erteilung einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB zu, da durch die Befreiung die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe für eine ablehnende Entscheidung nicht ersichtlich sind.

Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Was zum planerischen Grundkonzept zählt, beurteilt sich nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden Planungswillen der Gemeinde. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in den mit der Planung gefundenen Interessenausgleich eingreift, desto eher liegt es nahe, dass das Planungskonzept in einem Maße berührt wird, das eine (Um-)Planung erforderlich macht (vgl. BVerwG, B.v. 5.3.1999 - 4 B 5.99, NVwZ 1999, 1110 - juris; B.v. 19.5.2004 - 4 B 35.04 - juris; U.v. 18.11.2010 - 4 C-10/09 - juris RdNr. 37; U.v. 2.2.2012 - 4 C-14/10 - juris RdNr. 22). Was den Bebauungsplan in seinen „Grundzügen“, was seine „Planungskonzeption“ verändert, lässt sich nur durch (Um-)Planung ermöglichen und darf nicht durch einen einzelfallbezogenen Verwaltungsakt der Baugenehmigungsbehörde zugelassen werden. Denn die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach § 2 BauGB der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde; hierfür ist ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben, von dem nur unter engen Voraussetzungen abgesehen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.1978 - 4 C 54.75 - juris RdNr. 27; U.v. 2.2.2012 - 4 C-14/10 - juris RdNr. 22). Von Bedeutung für die Beurteilung, ob die Zulassung eines Vorhabens im Wege der Befreiung die Grundzüge der Planung berührt, können auch Auswirkungen des Vorhabens im Hinblick auf mögliche Vorbild- und Folgewirkungen für die Umgebung sein. Eine Befreiung von einer Festsetzung, die für die Planung tragend ist, darf nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (vgl. BVerwG, B.v. 5.3.1999 - 4 B 5.99 - juris RdNr. 6; B.v. 29.7.2008 - 4 B 11/08 - juris RdNr. 4; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: August 2015, § 31 RdNr. 36).

Die geringfügige Überschreitung der Baulinie durch einen kleinen Lichtschacht berührt die Gesamtkonzeption des Baugefüges nicht. Vielmehr bedingt diese in gewisser Weise eine solche Überschreitung, da dadurch, dass der Hauptbaukörper auf die Baulinie gesetzt werden muss, anders eine etwaige, in Einzelfällen notwendige, marginale Belichtung von Kellerräumen nicht möglich ist.

Hinsichtlich der Ermessensausübung ist zu berücksichtigen, dass es sich vorliegend um einen Bauteil im Sinne des § 23 Abs. 5 BauNVO handelt. Zwar ist § 23 Abs. 5 BauNVO auf übergeleitete Baulinienpläne nicht anwendbar (BVerwG, B. v. 23. 08.1968, 4 C 103.66, VerwRspr 20 Nr. 50; U. v. 20.06.1975, 4 C 5.74, Buchholz 406.11 § 30 BBauG Nr. 11; U.v. 27.02.1992, 4 C-43/87 DVBl 92,727). Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB ist daher im Lichte des § 23 Abs. 5 BauNVO zu betrachten, weil dessen Nichtanwendbarkeit bei übergeleiteten Baugrenzen und Baulinien ansonsten zu sachlich nicht gerechtfertigten Differenzierungen führen würde. Der Kellerlichtschacht erfüllt aufgrund seiner marginalen Größe die Voraussetzung einer untergeordneten Nebenanlage in diesem Sinne. Gründe, die einer Zulassung entgegenstehen würden, sind nicht ersichtlich.

5. Der Kellerlichtschacht bedarf auch keiner Sondernutzungserlaubnis nach Art. 18 Abs. 1 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG). Art. 18 BayStrWG bestimmt, dass die Benutzung der Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) der Erlaubnis der Straßenbaubehörde, in Ortsdurchfahrten der Erlaubnis der Gemeinde bedarf, wenn durch die Benutzung der Gemeingebrauch beeinträchtigt werden kann. Zwar ragt der Kellerlichtschacht mit einer Tiefe von 0,35 m und einer Länge von 1,01 m in den öffentlichen Straßenraum (Gehweg) hinein, dies jedoch lediglich unterirdisch, sodass der Gemeingebrauch hierdurch nicht beeinträchtigt wird, da der Gehweg über den über dem Kellerlichtschacht angebrachten, betretbaren Gitterrost genauso genutzt werden kann, wie ohne diesen Eingriff (vgl. hierzu VG München, Urt. v. 31.05.2016, M 2 K 15.5322 - Stolpersteine im Gehweg stellen keine Sondernutzung dar).

6. Soweit durch den Kellerlichtschacht in das privatrechtliche Eigentum der Beklagten eingegriffen wird, ist festzustellen, dass die Baugenehmigung unbeschadet privater Rechte Dritter ergeht, Art. 68 Abs. 4 BayBO.

7. Es bestehen auch keine bauordnungsrechtlichen Ablehnungsgründe im Sinne des Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 Bayerische Bauordnung (BayBO); solche wurden von der Beklagten auch nicht geltend gemacht.

Das Bauvorhaben kann straßenseitig bei einer Wandhöhe von 6,85 m ohne Weiteres 1 H einhalten, da es die Hälfte der Straßenbreite der Straße Am …, deren Gesamtbreite 25 m beträgt, in Anspruch nehmen kann (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO), zumal das Dach mit einer Neigung von 38° gemäß Art. 6 Abs. 4 Satz 3 BayBO außer Betracht bleibt. Ähnliches gilt für die Westseite, bei der der Abstand des Mittelteils zur Grundstücksgrenze zwischen 20 m - 24 m beträgt, bei einer Firsthöhe von 10,35 m und einer Wandhöhe des zweigeschossigen Anbaus von 6,85 m. Da das Gebäude somit im Nord-Osten und Süd-Westen 1 H einhält, kommt ihm im straßennahen Gebäudeteil an der Süd-Ost- und Nord-West-Seite Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO zugute. Der Abstand zur Grundstücksgrenze beträgt hier zwischen dem zweigeschossigen 6,85 m hohen Erker 4 m, an der Nord-West-Seite beträgt der Abstand des straßennahen Teils des Hauptgebäudes 4,50 m bei einer Wandhöhe von gleichfalls 6,85 m. Das Dach, das in diesem Bereich eine Neigung von 55° aufweist wird mit einem Drittel angerechnet (11,93 m - 6,85 m = 5,08 m: 3 = 1,69 m). Es ergibt sich somit eine anrechenbare Wandhöhe an dieser Nord-West-Seite von 7,54 m sodass ½ H (= 3,77 m) auch hier eingehalten werden kann.

Gemäß Art. 6 Abs. 9 BayBO ist die Tiefgarage mit einer Höhe von 2,60 m in dieser Abstandsfläche zulässig.

8. Soweit eine Fällung der durch die Baumschutzverordnung der Beklagten geschützten Bäume für die Realisierung des baurechtlich zulässigen Bauvorhabens erforderlich ist, kann eine Fällungsgenehmigung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BaumSchV erteilt werden. Gründe, die trotz bestehenden Baugenehmigungsanspruchs gegen die Erteilung einer Fällungsgenehmigung sprechen würden, sind seitens der Beklagten weder vorgetragen worden, noch sonst ersichtlich. Die beantragten Fällungsgenehmigungen sind daher zu erteilen.

9. Da sonstige Ablehnungsgründe nicht ersichtlich sind, war der Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).

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Tenor I. Soweit die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt. Die Antwort zu Frage 3 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, Frage 3 des Vorbescheidsantrages vom 14. Juni

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Vorbescheids hinsichtlich der planungsrechtlichen Zulässigkeit einer Wohnnutzung in einem noch zu errichtenden weiteren Geschoß des westlich gelegenen Gebäuderiegels auf dem Grundstück Fl. Nr. 193/0 der Gemarkung T. (S.-straße 15 und W. Straße 11). Das ca. 1,65 ha große Grundstück, das ein eigenes Geviert bildet und an allen Seiten von Straßen umgeben ist (W., S.-, T. und P.-straße), ist mit mehreren Gebäuden bebaut. Der an der W. Straße gelegenen überwiegend dreigeschossige Gebäudekomplex, ist ca. 195 m lang und wird von Büros sowie von einer privaten Fachoberschule genutzt; einzelne Gebäudeteile sind auch viergeschossig. In den weiteren auf dem Grundstück gelegenen Gebäuden befinden sich gleichfalls Dienstleistungsbetriebe (Anwesen T. Straße 2 c: Werbeagentur sowie ein A.-Service-Center; Anwesen T. Straße 2: Übungs- bzw. Versammlungsräume des T. K., eine Kindertagesstätte, eine J. Gemeindeeinrichtung sowie Büros).

Im Bereich nördlich des Vorhabengrundstücks befindet sich ein größeres Schulgebäude (N.-schule), daneben eine Imbissstube sowie im dreigeschossigen Anwesen mit ausgebautem Dachgeschoss S.-straße 20 ein Wohnheim der H. Auf dem Anwesen S.-straße 18 findet sich ferner ein dreigeschossiges Wohngebäude. Der Bereich westlich des Grundstücks (Bebauung an der W. Straße) ist überwiegend wohngenutzt. Bei den Anwesen W. Straße 4 und 6 handelt es sich um Wohnnutzung, wobei das vordere Gebäude dreigeschossig mit ausgebautem Dachgeschoss ist. Daran angebaut ist das Wohngebäude W. Straße 8 mit sechs Geschossen. Beim Anwesen W. Straße 10 handelt es sich um ein zweigeschossiges Wohngebäude mit ausgebautem Dachgeschoss. Das Anwesen W. Straße 12 bis 16 ist ein siebengeschossiger Wohnblock. Nach dem K.-gebäude auf dem Anwesen W. Straße 20 ist auf dem kleinen Grundstück Fl. Nr. .../14 kein Gebäude mehr vorhanden. Das Anwesen W. Straße 28 besitzt auf sieben Geschossen reine Wohnbebauung (Wohnheim der K. M.). Auf dem Anwesen W. Straße 30 befindet sich ein zweigeschossiges Wohngebäude. Im Süden ist die Bebauung an der gegenüberliegenden Straßenseite der P.-straße wohngenutzt (überwiegend dreigeschossig), lediglich im Anwesen W. Straße 15 befindet sich ein Friseursalon. Die im Osten sich anschließenden Flächen (an der T. Straße) sind nahezu ausschließlich gewerblich genutzt.

Für das Vorhabengrundstück setzt ein übergeleiteter einfacher Baulinienplan eine Straßenbegrenzungslinie, vordere Baulinien sowie eine rückwärtige Baugrenze fest. Weitere planungsrechtliche Festsetzungen bestehen nicht. Im Flächennutzungsplan der Beklagten ist das Grundstück als Gewerbegebiet dargestellt.

Am 28. Dezember 2010 beantragte die Klägerin einen Vorbescheid zu verschiedenen Fragen im Hinblick auf eine beabsichtigte Aufstockung des Gebäuderiegels an der W. Straße. Nach den Plänen ist vorgesehen, den Dachstuhl abzubrechen und ein weiteres Geschoss aufzusetzen, wodurch eine vier- und in Teilbereichen auch fünfgeschossige Bebauung entstünde.

Die Vorbescheidsfragen betrafen das Maß der baulichen Nutzung (Frage 1), die Zulässigkeit einer Büro- und Verwaltungsnutzung (Frage 2.1) bzw. einer Wohnnutzung (18 Wohnungen) im Bereich der neu zu schaffenden Geschossflächen (Frage 2.2) sowie den Stellplatznachweis (Frage 3).

Mit Vorbescheid vom 9. August 2011 beantwortete die Beklagte u. a. die Frage 2.2 (Wohnnutzung im Bereich der Aufstockung) negativ. Hinsichtlich der Fragen 1 und 3 wurde der Antrag zurückgenommen.

Mit Urteil vom 8. Oktober 2012 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 9. August 2011 insoweit auf, als die Frage 2.2 des Vorbescheidantrags vom 28. Dezember 2010 negativ beantwortet wurde. Die Beklagte wurde verpflichtet, die Frage positiv zu verbescheiden. Die Frage 2.2 sei nicht durch die Rücknahme des Antrags hinsichtlich der Fragen 1 und 3 unzulässig geworden. Die Vorbescheidsfrage beziehe sich auf ein konkretes Bauvorhaben und könne selbstständig beurteilt werden. Die maßgebliche nähere Umgebung um das Vorhabengrundstück stelle sich nicht als faktisches Gewerbegebiet, sondern als Gemengelage dar, die durch Wohnnutzungen mitgeprägt werde. Das Vorhaben füge sich daher hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ein. Zur maßgeblichen näheren Umgebung gehöre neben dem Geviert selbst, also der Bebauung auf dem Vorhabengrundstück, auch die Anschlussbebauung an der Südseite der P.-straße und nördlich der S.-straße. Den beiden Straßen komme hier ersichtlich keine trennende Wirkung zu und insoweit verhalte es sich auch nicht so, dass es sich jeweils beidseits (innerhalb und außerhalb des Gevierts) um gänzlich andersartige Nutzungsstrukturen handeln würde, da sowohl südlich der P.-straße wie auch um Bereich nördlich der S.-straße neben der Wohnnutzung auch Nichtwohnnutzungen vorhanden seien bzw. sich an die Wohnbebauung unmittelbar anschlössen und die Nichtwohnnutzungen im Übrigen hinsichtlich der Nutzungsart teilweise auch den Nutzungen im Geviert entsprechen würden (insbesondere N.-schule nördlich der S.-straße). Was die Wohnbebauung an der Westseite der W. Straße angehe, spreche dagegen Überwiegendes dafür, trotz der räumlichen Nähe eine gegenseitige Prägung in Bezug auf das Vorhabengrundstück zu verneinen. Die Bebauung an der T. Straße nach Osten hin liege außerhalb des maßgeblichen Umgriffs. Die nicht unerhebliche Entfernung dieser Bebauung zum Standort des Vorhabens (bis zu 95 m) und weiter auch der Umstand, dass der Baukomplex östlich der T. Straße durch die recht breite Straße von dem westlich gelegenen Geviert deutlich abgesetzt sei, stünden der Annahme einer prägenden Wirkung dieser Bebauung jedenfalls in Bezug auf den Bereich, in dem das streitgegenständliche Vorhaben verwirklicht werden soll, entgegen. Planungsrechtlich sei das Gebiet als Gemengelage mit überwiegender Prägung durch Nichtwohnnutzungen (Dienstleistungsbetriebe, Schulnutzungen) einzustufen.

Der Verwaltungsgerichtshof ließ mit Beschluss vom 19. Mai 2014 die Berufung der Beklagten zu. Diese begründet ihre Berufung im Wesentlichen damit, dass die Vorbescheidfrage bereits unzulässig sei, da sich weder die Frage 2.2 noch die zugrunde liegenden Pläne mit den Nutzungskonflikten zwischen den benachbarten Nutzungen und der beantragten Wohnnutzung beschäftigten. Die maßgebliche nähere Umgebung stelle sich nicht als Gemengelage dar, sondern als faktisches Gewerbegebiet. Die P.-straße und die S.-straße hätten trennende Wirkung. Dagegen komme den gewerblichen Nutzungen östlich der T. Straße prägende Wirkung für das Baugrundstück zu. Auf dem Vorhabensgrundstück selbst befänden sich ausschließlich Nutzungen, die in einem Gewerbegebiet allgemein oder ausnahmsweise zulässig seien. Unabhängig von der Frage der trennenden Wirkung der S.-straße habe jedenfalls die westlich der F.-gasse vorhandene Wohnbebauung kein ausreichendes städtebauliches Gewicht, um eine prägende Wirkung begründen zu können. Im Anwesen S.-straße 20, Fl. Nr. .../3 befinde sich keine Wohnnutzung, sondern ein M.-wohnheim der H., das nicht dem dauerhaften Aufenthalt dienen solle. Das Anwesen S.-straße 18 sei aufgrund seiner geringen Größe als Fremdkörper ohne städtebauliches Gewicht einzustufen. Die weiter nördlich anschließenden Wohngebäude seien vom Baugrundstück aus schon nicht mehr wahrnehmbar. Außerdem sei in dem westlich grenzständigen Rückgebäude auf dem Grundstück Fl. Nr. .../2 lediglich im Obergeschoß widerruflich eine Wohnnutzung genehmigt worden. Das Erdgeschoß sei als Schreinerei genehmigt. Hinsichtlich der T. Straße habe das Urteil unberücksichtigt gelassen, dass die Gebäude beiderseits der T. Straße über große Flächen und größere Höhen verfügten. Nichts anderes ergebe sich entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts daraus, dass das Gebäude S.-straße 15/W. Straße 11, in dem die abgefragte Wohnnutzung stattfinden soll, in bis zu 95 m Entfernung liegt. Denn die zugehörige Stellplatzanlage und die Freiflächen befänden sich im südöstlichen Bereich des Baugrundstücks und somit in unmittelbarer Nähe zu den gewerblichen Nutzungen östlich der T. Straße. Ergänzend sei anzumerken, dass auch die Wohnbebauung westlich der W. Straße für das Vorhabensgrundstück keine prägende Wirkung habe. Selbst wenn man von einer Gemengelage ausginge, wäre das Vorhaben unzulässig, da es geeignet sei, städtebauliche Spannungen auszulösen. Diese ergäben sich bereits aus den ungelösten Nutzungskonflikten zwischen beantragter Wohnnutzung und benachbarten gewerblichen Nutzungen. Die Zulassung einer Wohnnutzung hätte außerdem Bezugsfallwirkung für Wohnbauvorhaben in den unteren Geschossen des Anwesens S.-straße 15/W. Straße 11 und auch im östlichen Bereich des Areals in unmittelbarer Nähe der gewerblichen Nutzungen an der T. Straße. Spätestens dann entstünden städtebauliche Spannungen durch unauflösbare Nutzungskonflikte.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 8. Oktober 2012 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nachdem im Vorbescheidsverfahren nach dem Wortlaut des Art. 71 BayBO „einzelne Fragen“ geklärt werden könnten, müsse auch die Klärung der Frage zulässig sein, ob in der näheren Umgebung eine Wohnnutzung nach Art der baulichen Nutzung zulässig sei, ohne dass in diesem Zusammenhang bereits detaillierte Fragen geklärt werden müssten, die einem Baugenehmigungsverfahren vorbehalten seien. P.-straße und S.-straße hätten keine trennende Wirkung. Außerdem sei die Wohnbebauung auf der Westseite der W. Straße maßgeblich für die geplante Wohnbebauung auf der Ostseite dieser Straße.

Hinsichtlich der übrigen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der dem Gericht vorliegenden Behördenakten sowie die Niederschriften über den Augenschein vom 2. Juli 2014 und die mündliche Verhandlung vom 10. Juli 2014 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg (§ 124 Abs. 1 VwGO). Der Bescheid der Beklagten vom 9. August 2011 ist rechtswidrig, soweit dieser die Frage 2.2 negativ verbeschieden hat. Das Verwaltungsgericht hat daher zu Recht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids verpflichtet, der Klägerin zu dieser Frage einen positiven Vorbescheid zu erteilen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Nach Art. 71 Satz 1 BayBO kann vor Einreichung eines Bauantrags auf schriftlichen Antrag des Bauherrn zu einzelnen in der Baugenehmigung zu entscheidenden Fragen vorweg ein schriftlicher Bescheid (Vorbescheid) erlassen werden. Aus der Formulierung „zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens“ folgt, dass der Vorbescheid hinreichend bestimmt sein muss. Die ganz herrschende Meinung fordert für die Vorbescheidsfrage einen konkreten Vorhabensbezug (vgl. BayVGH, U. v. 14.2.2008 - 15 B 06.3463 - juris; Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 71 RdNr. 3; Molodovsky in Koch/Molodovsky/Famers, BayBO, Stand: April 2014, Art. 71 RdNr. 32; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand: Dezember 2013, Art. 71 RdNr. 34; Dirnberger in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, BayBO, Stand: Januar 2014, Art. 71 RdNr. 34). Der Vorbescheidsantrag ist nicht verbescheidungsfähig, wenn die zur Entscheidung gestellte Frage nicht ohne Kenntnis und Prüfung des Gesamtvorhabens beurteilt werden kann, wenn die Bauvorlagen eine Beurteilung des Vorhabens nicht zulassen, oder wenn wesentliche Fragen ausgeklammert bleiben (vgl. Molodovsky in Koch/Molodovsky/Farmers, a. a. O. Art. 71 Rn. 32 b).

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Frage 2.2 der Bauvoranfrage vom 28. Dezember 2010 nicht deshalb unzulässig, weil sie sich nicht mit den Nutzungskonflikten zwischen den benachbarten gewerblichen Nutzungen und der beantragten Wohnnutzung beschäftigt. Die Frage 2.2 lautet: „Ist die in 1.1 bis 1.2 abgefragte Baukörperdisposition für reine Wohnnutzung planungsrechtlich zulässig?“ Inhaltlich geht es der Klägerin um die verbindliche Entscheidung über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der reinen Wohnnutzung mit der dargelegten Baukörperdisposition. Aus dem schriftlichen Antrag ergibt sich eine hinreichend bestimmte und bescheidungsfähige Vorbescheidsfrage. Der von der Beklagten zum Beleg für die gegenteilige Ansicht zitierten Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. Dezember 2012 (Az. 15 ZB 08.1428 - BayVBl 2011, 271) lag ein anderer Sachverhalt zugrunde. Das Baugrundstück lag seinerzeit im Süden an der Bahnstrecke A., eine Bundesstraße verlief im Abstand von 130 m bis 150 m und nördlich grenzte ein lärmintensiver holzverarbeitender Betrieb an. Daher war das Baugrundstück mit Geruchs- und Lärmimmissionen derart vorbelastet, dass die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Wohnbauvorhabens nur dann verbindlich geklärt werden konnte, wenn der Bauherr Unterlagen vorlegt, die erkennen ließen, wie baulicherseits auf die vorhandene Situation Rücksicht genommen wird. Im vorliegenden Fall ist für den Senat nicht erkennbar, dass das Bauvorhaben durch die Gewerbebetriebe an der Ostseite der T. Straße vergleichbaren Lärmbelastungen ausgesetzt sein wird. Die Beklagtenseite hat auch nicht näher dargelegt, worin konkret die vorbelastende Lärmsituation bestehen soll. Insbesondere angesichts der nicht unerheblichen Entfernung zwischen dem Bauvorhaben und der Bebauung an der T. Straße nach Osten hin, wo sich gewerbliche Nutzung befindet - die Entfernung beträgt bis zu 95 Meter - und des Umstands, dass sich in der näheren Umgebung bereits heute Wohnbebauung findet, hält es der Senat im Vorbescheidsverfahren für fernliegend, dass das Bauvorhaben unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen durch Gewerbelärm ausgesetzt sein wird und die benachbarten Gewerbebetriebe deshalb mit Einschränkungen rechnen müssen. Deshalb ist es im konkreten Fall nicht erforderlich, dass der Bauherr Unterlagen vorlegt, die erkennen lassen, wie eher fernliegende Konflikte bewältigt werden sollen.

Hinsichtlich der im Berufungsverfahren nicht erneut thematisierten Frage, ob die Frage 2.2 durch die Rücknahme des Antrags hinsichtlich der Fragen eins und drei unzulässig geworden ist, verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (UA S. 7-8).

2. Der Senat teilt die Auffassung des Erstgerichts, dass der Klägerin ein Anspruch auf positive Verbescheidung der Frage 2.2 zusteht, weil sich die maßgebliche nähere Bebauung um das Vorhabensgrundstück nicht als faktisches Gewerbegebiet, sondern als Gemengelage darstellt, die auch durch Wohnnutzung mit geprägt wird. Das Vorhaben fügt sich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ein.

Nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs ist als „nähere Umgebung“ im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB der das Baugrundstück umgebende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder doch beeinflusst (vgl. BVerwG, U. v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369/380; B. v. 20.8.1988 - 4 B 79/98 - NVwZ-RR 1999, 105; BayVGH, U. v. 28.7.2004 - 2 B 03.54 - juris; U. v. 2.5.2006 - 2 B 05.787 - juris). Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich allerdings nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (vgl. BVerwG, B. v. 28.8.2003 - 4 B 74.03 - juris). Grundsätzlich gelten als Bereich gegenseitiger Prägung das Straßengeviert und die gegenüberliegenden Straßenseiten (vgl. BayVGH, U. v. 10.7.1998 - 2 B 96.2819 - juris; B. v. 27.9.2010 - 2 ZB 08.2775 - juris, B. v. 30.1.2013 - 2 ZB 12.198 - juris).

Ausgehend von diesen Maßstäben ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts zutreffend, dass zur maßgeblichen näheren Umgebung neben dem Geviert selbst, also der Bebauung auf dem Vorhabensgrundstück, zunächst auch die Anschlussbebauung an der Südseite der P.-straße und nördlich der S.-straße gehört. Wie der Senat beim Augenschein feststellen konnte, handelt es sich bei der P.-straße um eine sechs Meter breite Straße mit Gehweg auf beiden Seiten (Niederschrift vom 2. Juli 2014, Seite 3). Die S.-straße ist zwar etwas breiter, ihr ist jedoch ebenfalls keine trennende Wirkung beizumessen.

Sowohl bei dem Komplex südlich der P.-straße als auch bei dem Komplex nördlich der S.-straße handelt es sich nicht um einen „einheitlich geprägten Bebauungskomplex“ im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, B. v. 28.8.2003 - 4 B 74/03 - juris), der aus der näheren Umgebung ausgeschieden werden könnte. Denn wie der Senat beim Augenschein feststellen konnte, befindet sich im zweigeschossigen Anwesen W. Straße 15, der dem Bebauungskomplex der südlichen P.-straße zuzurechnen ist, ein Friseursalon (Niederschrift vom 2. Juli 2014 S. 3). Es ist dort damit zwar überwiegende, aber keine einheitliche Wohnnutzung vorhanden. Ebenso verhält es sich mit dem Bebauungskomplex nördlich der S.-straße. Dort finden sich, dem Bauvorhaben gegenüberliegend, die N.-schule (S.-straße 16), eine Imbissstube (S.-straße 18) sowie auf demselben Anwesen ein dreigeschossiges Wohngebäude. Auf dem Anwesen S.-straße 20 findet sich ein Wohnheim der H. (Niederschrift vom 2. Juli 2014 S. 2). Damit ist auch im Bebauungskomplex „nördliche S.-straße“ keine einheitliche Bebauungsstruktur vorhanden.

Selbst wenn man dies anders sehen würde und südlich der P.-straße sowie nördlich der S.-straße einheitliche Nutzungsstrukturen erkennen wollte, die es ausschließen, dass diese Bereiche zur näheren Umgebung zu zählen sind, würde sich am Ergebnis nichts ändern. Ebenfalls offen bleiben kann, ob man das dreigeschossige Wohngebäude auf dem Anwesen S.-straße 18 noch als prägend mitheranzieht und ob man das Wohnheim der H. im dreigeschossigen Anwesen mit ausgebautem Dachgeschoss S.-straße 20 als wohngenutzt ansieht. Denn entgegen der Auffassung des Erstgerichts und der Beklagten hat die W. Straße keine trennende Wirkung. Allein das Vorhandensein einer Straße zwischen einer auf beiden Seiten zusammenhängenden Bebauung unterbricht noch nicht regelmäßig den Bebauungszusammenhang (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage 2014, § 34 RdNr. 7). Eine trennende Wirkung einer öffentlichen Straße lässt sich nur unter Beachtung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls annehmen (vgl. BVerwG, U. v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 - juris), wobei auch bei unterschiedlichen Nutzungen auf beiden Straßenseiten nicht stets von einer trennenden Wirkung der Straße auszugehen wäre (vgl. BVerwG, U. v. 6.7.1984 - 4 C 28/83 - NJW 1985, 1569; B. v. 10.6.1991 - 4 B 88/91 - juris; B. v. 28.3.2013 - 4 B 74/03 - juris). Zwar ist es richtig, dass sich an der Ostseite der W. Straße bislang keine Wohnnutzung findet und an der Westseite keine gewerbliche Nutzung. Jedoch ist die Nutzung an der Westseite der W. Straße nicht einheitlich. Neben der Wohnnutzung findet sich auch eine Kirche (Niederschrift vom 2.7.2014 S. 2). Nach der beim Augenschein konkret vorgefundenen örtlichen Situation prägen sich beide Straßenseiten gegenseitig. Bei der W. Straße handelt es sich um eine relativ kleine Straße mit ca. 6 Meter Fahrbahnbreite. Beidseits der W. Straße befindet sich massive Bebauung. Wie der Senat beim Augenschein feststellen konnte, stellt das Bauvorhaben ein langgezogenes, überwiegend dreigeschossiges Gebäude dar; einzelne Gebäudeteile sind auch viergeschossig (Niederschrift vom 2.7.2014 S. 2). Auch auf der dem Bauvorhaben gegenüberliegenden westlichen Seite der W. Straße befindet sich massive hohe Bebauung. So handelt es sich bei dem Anwesen W. Straße 12 bis 16 um einen siebengeschossigen Wohnblock. Das Anwesen W. Straße 28 weist ebenfalls sieben Geschosse auf (Niederschrift vom 2.7.2014 S. 2). Diese Gebäude sind zur W. Straße hin orientiert. Das Gebäude, auf dem das Bauvorhaben errichtet werden soll, befindet sich unmittelbar an der W. Straße. Auch die Bauweise beidseits der W. Straße ist nicht völlig unterschiedlich. Zwar ist auf der östlichen Seite der W. Straße (Bauvorhaben) ein langgestreckter Baukörper vorhanden. Aber auch auf der westlichen Seite der W. Straße findet man geschlossene Bebauung (so etwa von W. Straße 6 bis 12). Die W. Straße ist keine Straße mit überörtlicher Verkehrsbedeutung. Angesichts der hohen beidseitigen Bebauung und der geringen Breite der W. Straße prägen sich beide Straßenseiten gegenseitig.

Offen bleiben kann im Verfahren um den streitgegenständlichen Vorbescheid, ob die Bebauung an der T. Straße nach Osten hin außerhalb des maßgeblichen Umgriffs liegt, wie es das Erstgericht angenommen hat. Denn in dem oben dargelegten Umgriff - Geviert- und Anschlussbebauung südlich der P.--, westlich der W. und nördlich der S.-straße - findet sich neben gewerblicher Nutzung (vor allem Dienstleistungsbetrieben) und umfänglichen Nutzungen durch Schulen (Anlagen für kulturelle Zwecke) auch in nicht ganz unerheblichem Umfang Wohnnutzung (sowohl an der P.-straße als auch westlich der W. Straße), die den Bereich mitprägt und daher auch den Rahmen der zulässigen Nutzungen mitbestimmt. Planungsrechtlich ist das Gebiet folglich als Gemengelage mit überwiegender Prägung durch Nichtwohnnutzungen (Dienstleistungsbetriebe, Schulnutzungen) einzustufen.

Hinsichtlich der abgefragten Art der baulichen Nutzung fügt sich das klägerische Vorhaben danach im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein, da es den durch die vorhandenen Nutzungen vorgegebenen Rahmen nicht überschreitet und es sich gegenüber den bestehenden Nichtwohnnutzungen in seiner Nachbarschaft im Rahmen der hier zu prüfenden Vorbescheidsfrage ersichtlich auch nicht als rücksichtslos darstellt. Bei den im Geviert vorhandenen Nichtwohnnutzungen handelt es sich durchwegs um Nutzungen, die mit einer Wohnnutzung verträglich sind. Selbst wenn man die Bebauung östlich der T. Straße noch zum Geviert zählen wollte, hat die Beklagte in keiner Weise substantiiert dargetan, dass sich die im Vorbescheidsantrag abgefragte Wohnnutzung gegenüber der vorhandenen gewerblichen Nutzung als rücksichtslos erweisen wird. Die geltend gemachten städtebaulichen Spannungen sind für den Senat nicht ersichtlich. Vielmehr dürften sich angesichts der nicht unerheblichen Entfernung von ca. 95 m zwischen der geplanten Wohnnutzung und der östlichen Bebauung an der T. Straße die immissionsschutzrechtlichen Probleme im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens bewältigen lassen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Senat beim Augenschein an der T. Straße gegenüberliegend als immissionsträchtigen Gewerbebetrieb lediglich einen Räder- und Reifenmontageservice ausmachen konnte, der sich hinter einem größeren Gewerbebau befand (vgl. Niederschrift vom 2.7.2014 S. 3). Deshalb hält der Senat auch die von der Beklagten aufgeworfene Bezugsfallproblematik für nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die mit Bescheid des Landratsamts Aschaffenburg vom 17. Oktober 2014 der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Zweifamilienhauses auf dem Nachbargrundstück FlNr. … Gemarkung D … Ihre Klage wurde vom Verwaltungsgericht mit Urteil vom 19. Mai 2015 abgewiesen. Zur Begründung des Urteils wurde ausgeführt, dass sich das Bauvorhaben der Beigeladenen in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und nicht gegen das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme in seiner subjektiv-rechtlichen Ausprägung verstößt. Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung der Klägerin.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Klägerin beruft sich allein auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerin innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel hier nicht.

1. Die Annahme der Klägerin, das Bauvorhaben füge sich aufgrund einer Hinterlandbebauung hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nicht in die nähere Umgebung ein, weil die Bebauung nördlich des Vorhabengrundstücks im Geltungsbereich des Bebauungsplans „zwischen ... und M …“ eine andere Struktur aufweise, geht fehl. Maßstabsbildend im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (BVerwG, B.v. 13.5.2014 - 4 B 38.13 - juris Rn. 7 m.w.N.). Die Eigenart der näheren Umgebung wird durch dasjenige bestimmt, was auf dem Baugrundstück selbst und in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.2016 - 4 C 7.15 - juris Rn. 10). Danach ist aber - unabhängig davon, dass das Verwaltungsgericht die geografischen Grenzen der näheren Umgebung in den Urteilsgründen nicht weiter dargelegt hat - nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Bebauung auf dem Grundstück der Klägerin, das unmittelbar nordwestlich an das Baugrundstück angrenzt, selbst dann Maßstab für das Einfügen des Bauvorhabens im Rahmen des § 34 BauGB ist, wenn es in dem genannten Plangebiet liegen sollte (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 34 Rn. 24; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Okt. 2016, § 34 Rn. 36). Ein Aneinanderstoßen zweier jeweils einheitlich geprägter Bebauungskomplexe mit voneinander verschiedenen Bau- und Nutzungsstrukturen ergibt sich aus dem Zulassungsvorbringen im Hinblick auf die Feststellungen des Verwaltungsgerichts beim Augenscheinstermin sowie der in den Akten befindlichen Luft- und Lichtbilder nicht. Ist somit bereits vorhandene Bebauung auf dem Hintergelände vorhanden, ergeben sich für das angegriffene rahmenwahrende Bauvorhaben regelmäßig auch keine Baubeschränkungen aufgrund bodenrechtlicher Spannungen (vgl. BayVGH, B.v. 6.11.2009 - 2 CS 09.2222 - juris Rn. 9).

2. Soweit die Klägerin vorträgt, das Verwaltungsgericht habe die „Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch Hinterlandbebauung innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i.S.d. § 34 BauGB mangels drittschützender Funktion von Baugrenzen von vornherein allein deswegen ausgeschlossen“, trifft dies nicht zu. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf abgestellt (UA S. 7), dass hier das Kriterium der überbaubaren Grundstücksfläche für sich gesehen keinen Nachbarschutz vermittelt und es deshalb für die Verletzung von Nachbarrechten im Rahmen des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB allein darauf ankommt, ob das Vorhaben der Beigeladenen die mit dem Gebot des Einfügens geforderte Rücksichtnahme auf die Klägerin einhält (vgl. BVerwG, U.v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - juris Rn. 21).

3. Einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot hat das Verwaltungsgericht zu Recht verneint.

Bei der Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme kann sowohl ein Rahmen wahrendes Vorhaben ausnahmsweise unzulässig sein, wenn es nicht die gebotene Rücksicht auf die Bebauung in der Nachbarschaft nimmt als auch umgekehrt ein den Rahmen überschreitendes Vorhaben ausnahmsweise zulässig sein, wenn es trotz der Überschreitung keine städtebaulichen Spannungen hervorruft (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2015 - 9 CS 14.2441 - juris Rn. 26 m.w.N.). Entsprechend den obigen Ausführungen wahrt das Bauvorhaben hier den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen, so dass darauf abzustellen ist, ob das Vorhaben es an der gebotenen Rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt (vgl. BVerwG, U.v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - juris Rn. 21).

Die Klägerin ist der Ansicht, das Vorhaben sei rücksichtslos, weil ihm eine negative Vorbildwirkung hinsichtlich der erstmaligen Bebauung im bisher unbelasteten rückwärtigen Ruhebereich zukomme und es vor allem hinsichtlich der Lage der vier Stellplätze und der Zufahrt das Unruhepotential in rücksichtsloser Weise steigere. Das Verwaltungsgericht hat dies jedoch zutreffend verneint. Dem Vorhaben fehlt es bereits an einer im Zulassungsvorbringen behaupteten „negativen Vorbildwirkung“, weil - wie oben ausgeführt - das Grundstück der Klägerin selbst im Hinterland bebaut ist (vgl. BayVGH, B.v. 6.11.2009 - 2 CS 09.2222 - juris Rn. 8). Hinsichtlich der Zufahrt und der Stellplätze hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass die Zufahrt nicht entlang der Grundstücksgrenze der Klägerin verläuft und der der Klägerin am nächsten liegende Stellplatz ca. 5 m von der Grundstücksgrenze entfernt ist, weshalb das Gebot der Rücksichtnahme nicht unter dem Gesichtspunkt unzumutbarer Lärm- oder Geruchsimmissionen verletzt ist. Dem wird durch das Zulassungsvorbringen, das auf einen bisher unbelasteten rückwärtigen Ruhebereich abstellt, nicht substantiiert entgegengetreten. Die Klägerin übersieht, dass sie selbst bereits nicht auf eine Bebauung und Zufahrt zum hinterliegenden Grundstücksbereich verzichtet hat und eine Vorbelastung dieses Bereichs bereits durch Fahrzeuglärm auf ihrem eigenen Grundstück besteht (vgl. BayVGH, U.v. 16.7.2015 - 1 B 15.194 - juris Rn. 20). Darüber hinaus ist nicht dargelegt, dass die Anordnung der Stellplätze und der Zufahrt über den Bereich hinausgeht, den die Klägerin selbst für ihre Zufahrt zum hinterliegenden Gebäude benutzt. Auch insoweit kann deshalb nicht von einem erstmaligen Eindringen in einen bislang unbelasteten rückwärtigen Ruhebereich gesprochen werden (vgl. BayVGH, U.v. 22.1.2010 - 14 B 08.887 - juris Rn. 29). Im Übrigen sind Anhaltspunkte dafür, dass vier Stellplätze für das geplante Zweifamilienhaus über das regelmäßig als sozialadäquat hinzunehmende Maß hinausgehen, weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Da die Beigeladene einen wesentlichen Beitrag im Zulassungsverfahren geleistet hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten erstattet erhält (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.

(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.

(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.

(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten zu Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für einen sogenannten Stolperstein, den er in den Gehweg der als Ortsstraße gewidmeten ...-straße einbauen will.

Als Stolpersteine werden Gedenksteine bezeichnet, die von dem Künstler Gunter Demnig entworfen wurden und seit 1992 zum Gedenken an Menschen verlegt werden, die in der Zeit des Nationalsozialismus deportiert und ermordet wurden. Es handelt sich um Betonwürfel mit einer Kantenlänge von ca. 10 cm, auf deren Oberseite eine Messingplatte mit den eingestanzten Angaben zu Vorname, Familienname, Geburtsjahr sowie Jahr und Ort der Ermordung befestigt ist. Sie werden bündig in den Weg vor dem jeweiligen letzten freigewählten Wohnort der NS-Opfer verlegt. Bislang wurden ca. 56.000 Stolpersteine in zahlreichen Städten und Gemeinden Deutschlands und anderer europäischer Staaten gesetzt. Sie gelten als größtes dezentrales Gesamtkunstwerk Europas (vgl. Online-Enzyklopädie Wikipedia, Stichwort „Stolpersteine“).

Der Stadtrat der Beklagten hatte sich am 16. Juni 2004 mit ausdrücklicher Billigung der Israelitischen Kultusgemeinde für München und Oberbayern (IKG) gegen die Verlegung von Stolpersteinen im öffentlichen Straßenraum ausgesprochen. In der Folgezeit wurde die Thematik in München kontrovers diskutiert. Am 5. Dezember 2014 führte der Stadtrat ein Hearing durch, bei dem Befürworter und Gegner der Stolpersteinverlegung Gelegenheit zur Äußerung hatten. Am 29. Juli 2015 beschloss der Stadtrat der Beklagten:

„1. Der Stadtrat empfiehlt als Form individuellen und dezentralen Gedenkens Erinnerungstafeln an Hauswänden auf Blickhöhe. Das Kulturreferat und die anderen beteiligten Referate werden beauftragt, die für die Umsetzung notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.

2. Der Stadtrat beschließt als Form individuellen und dezentralen Gedenkens Stelen mit Erinnerungstafeln auf öffentlichem Grund vor dem Gebäude zuzulassen. Das Kulturreferat und die anderen beteiligten Referate werden beauftragt, die für die Umsetzung notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.

3. …“

Der in der Sitzungsvorlage des Kulturreferats der Beklagten enthaltene Beschlussvorschlag, als Form individuellen und dezentralen Gedenkens auch Stolpersteine im öffentlichen Raum zuzulassen, fand nicht die Mehrheit der Stadtratsmitglieder.

Am ... Juli 2015 ließ der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten bei der Beklagten die „Erlaubnis … zur Verlegung von Stolpersteinen als erlaubte Sondernutzung“ an der ...-straße ... für seine 1941 ermordete Urgroßmutter beantragen und zur Begründung ausführen: Es sei zweifelhaft, ob eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich sei, weil der Gemeingebrauch und die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht beeinträchtigt werden. Der Stadtrat der Beklagten habe am 29. Juli 2015 eine Sondernutzungserlaubnis für Stolpersteine versagt und für Stelen erteilt, obwohl diese die straßenrechtlichen Belange wesentlich stärker beeinträchtigen würden. Schon wegen der Religionsfreiheit sei die Beklagte nicht berechtigt, die Form des Gedenkens im Einzelnen vorzuschreiben. Da sie Stelen und Schilder an Hauswänden erlaube, müsse sie auch Stolpersteine als alternative Form des Gedenkens zulassen, zumal diese in anderen Kommunen Deutschlands gängige Praxis seien. Nachdem der Stadtrat ausdrücklich Stelen und Schilder erlaubt habe, erfasse die rein politische Entscheidung in rechtlicher Hinsicht auch die Zulässigkeit der Verlegung von Stolpersteinen im öffentlichen Raum der Beklagten. Es liege daher gar keine Sondernutzung vor, hilfsweise werde ein Antrag auf Sondernutzungserlaubnis nach Art. 18 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG) gestellt und auf Art. 22 BayStrWG hingewiesen, wonach sich eine gemeingebrauchsverträgliche Sondernutzung nach bürgerlichem Recht richte. Ein Erlaubnisanspruch ergebe sich aus den Grundrechten auf Kommunikationsfreiheit, Religionsfreiheit und Gleichbehandlung. Das Verbot von Stolpersteinen verletze offenkundig die Grundrechte aus Art. 5, 18 (richtig: 4) und 3 GG. Auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Abwägung zwischen Grundrechten und straßenrechtlichen Belangen bei der Frage der Zulässigkeit des Straßenverkaufs von Zeitungen am Sonntag werde verwiesen. Hier gehe es um viel mehr, nämlich um eine rechtskonforme Gestattung einer gleichberechtigten und würdigen Erinnerungs- und Gedächtniskultur in München. Der systematische Holocaust an jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern sei das schlimmste Verbrechen in der Geschichte Deutschlands. Stolpersteine würden in ganz Deutschland verlegt werden, die (ablehnenden) Äußerungen der Vorsitzenden der IKG seien deren Privatmeinung. Es liege allein in der Entscheidung des Klägers, in welcher Form er seiner Angehörigen gedenken wolle. Nach alledem werde gebeten, die Sondernutzungserlaubnis zur Verlegung des Stolpersteins zu erteilen.

Mit Bescheid vom 3. November 2015 lehnte die Beklagte den Antrag vom ... Juli 2015 auf Erteilung einer öffentlichrechtlichen Sondernutzungserlaubnis zur Verlegung eines Stolpersteins in der ...-straße vor dem Anwesen Hausnummer ... ab. Der Gehweg der ...-straße sei Bestandteil dieser als Ortsstraße gewidmeten Straße, stehe im Eigentum der Beklagten, sei etwa 1,5 m breit und mit ca. 35 mal 35 cm großen Steinplatten belegt. Nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG i. V. m. § 1 Abs. 3 Sondernutzungsgebührensatzung (SoNuGebS) unterlägen alle Sondernutzungen dem öffentlichen Recht, auch wenn durch sie der Gemeingebrauch nicht beeinträchtigt werden könne, sofern sie eine Benutzung des Straßenraums über der Straßenoberfläche darstellten. Die beabsichtigte Verlegung eines Stolpersteins sei nicht durch den Gemeingebrauch gedeckt, es werde nicht die bestehende Straße genutzt, sondern fremdes Eigentum verändert. Es handele sich nicht um eine verkehrliche Nutzung und auch nicht um kommunikativen Gemeingebrauch, sondern um einen dauerhaften Eingriff in die bauliche Substanz des bestehenden Straßenkörpers. Aus dieser Veränderung würden auch Verpflichtungen für den Träger der Straßenbaulast folgen. Die angeführten Grundrechte würden keine andere Beurteilung gebieten. Stolpersteine hingen nur mittelbar mit der Religionsausübung zusammen, sie sollten dem Gedenken an eine andere Person dienen und weder sei die ...-straße eine religiöse Kultstätte noch seien öffentliche Straßen generell Kultstätten einer bestimmten Religion. Die Meinungsäußerungsfreiheit finde ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, zu denen auch die Eigentumsordnung und das Straßenrecht gehörten. Die dauerhafte Inanspruchnahme fremden Eigentums für die Äußerung der eigenen Meinung ohne Zustimmung des Eigentümers bzw. des Straßenbaulastträgers sei nicht durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt. Es sei zweifelhaft, ob die Erinnerung an einen verstorbenen Angehörigen noch eine Meinungsäußerung sei, jedenfalls wären nach der Argumentation des Klägers viele Personen zu Eingriffen in den Straßenkörper zum Zweck der Meinungsäußerung berechtigt. Die Entscheidung der Beklagten, Stelen zuzulassen, führe nicht über einen Gleichbehandlungsanspruch dazu, dass auch Stolpersteine zugelassen werden müssten. Die Beklagte sei berechtigt, gar keine Form des Gedenkens im öffentlichen Straßenraum zuzulassen, und wenn sie es zulasse, könne sie als Trägerin der Straßenbaulast und als Eigentümerin die Form des Gedenkens entsprechend ihren Vorstellungen zur Gestaltung des Stadtbildes bestimmen. Bei dem Kurt-Eisner-Denkmal handele es sich um ein städtisches Einzeldenkmal, das mit der Verlegung von Stolpersteinen im gesamten Stadtgebiet durch Einzelpersonen nicht vergleichbar sei. Eine Sondernutzung sei gemäß § 1 Abs. 3 SoNuGebS eine Benutzung des Straßenraums über der Straßenoberfläche, die vom Kläger angestrebte Nutzung verändere jedoch den Straßenkörper. Diese Maßnahme könne nur als Sondernutzung anerkannt werden, wenn dies in den Sondernutzungsrichtlinien vorgesehen sei. Der Antrag sei schon deshalb abzulehnen, weil es sich nicht per se um eine Sondernutzung, sondern primär um eine Veränderung bzw. einen Substanzeingriff in den Straßenkörper handele. Die dafür erforderliche Gestattung des Straßeneigentümers lehne die Beklagte ab.

Aber selbst wenn man die Verlegung von Stolpersteinen als Sondernutzung qualifiziere, bestehe kein Anspruch auf die entsprechende Erlaubnis, sondern nur auf fehlerfreien Ermessensgebrauch. In den die Ermessensausübung allgemein regelnden Sondernutzungsrichtlinien seien die erlaubnispflichtigen Tatbestände abschließend und ohne die vom Kläger vorgesehene Verlegung von Stolpersteinen aufgeführt. Bei der Frage der Erlaubniserteilung könnten auch Belange des Straßen- und Stadtbildes, also insbesondere städtebauliche gestalterische Belange berücksichtigt werden. Die heranzuziehenden Gründe und die zu würdigenden Gesichtspunkte müssten einen sachlichen Bezug zur Straße, ihrem Umfeld und zu ihrer Funktion haben und den Widmungszweck berühren. Die Vorstellung des Stadtrates zur Gestaltung des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus im öffentlichen Straßenraum würden, wenn sie entsprechend in den Sondernutzungsrichtlinien und der Gebührensatzung verankert seien, das Ermessen das Straßenbaubehörde lenken. Der Stadtrat der Beklagten habe sich intensiv und wiederholt mit der Frage befasst, ob der NS-Opfer durch Stolpersteine auf öffentlichen Straßen gedacht werden solle, und sich nach reiflicher Abwägung und Anhörung betroffener Kreise mit großer Mehrheit dagegen entschieden. Sein Beschluss vom 16. Juni 2004, das Projekt „Stolpersteine in München“ nicht zu realisieren und keinen öffentlichen Grund dafür zur Verfügung zu stellen, sei unter anderem damit begründet worden, dass die Anbringung von Gedenktafeln im Straßenschmutz trotz des guten Willens der Initiatoren auch als herabsetzend empfunden werden könne und tatsächlich von vielen so empfunden werde. Der Stadtrat habe bei seiner Entscheidung auch berücksichtigt, dass die IKG als demokratisch legitimierte Repräsentantin der Jüdinnen und Juden in München diese Form des Gedenkens ablehne. Er habe darauf hingewiesen, dass eine geringe Zahl von Stolpersteinen das Ausmaß des nationalsozialistischen Verbrechens mit über 4.500 Opfern allein in München eher verharmlosen und verniedlichen würde und weitere Gründe genannt. Mit Beschluss des Stadtrats vom 29. Juli 2015 sei entschieden worden, als Form individuellen und dezentralen Gedenkens Stelen mit Erinnerungstafeln auf öffentlichen Grund zuzulassen, nicht aber Stolpersteine. Die Beklagte habe sich damit gegen die Nutzung ihres Straßeneigentums durch Stolpersteine auf öffentlichen Straßen entschieden und die Verwaltung beauftragt, geeignete Formen für die genannten Stelen zu finden. Mit den Entscheidungen habe die Beklagte abschließend darüber entschieden, in welcher Form sie öffentliches Gedenken auf den ihrer Straßenbaulast unterliegenden Straßen zulassen will. Ein Rechtsanspruch auf Inanspruchnahme des dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßeneigentums der Beklagten durch die Verlegung von Stolpersteinen bestehe nicht. Die anderweitige Verfahrensweise anderer Kommunen verpflichte die Beklagte nicht. Es stehe ihr frei zu entscheiden, inwieweit in den Baukörper durch entsprechende dem Gedenken dienende Anlagen eingegriffen und das Straßen- und Stadtbild damit verändert werden darf. Dieses Ermessen habe der Stadtrat dahingehend ausgeübt, dass Stolpersteine als mögliche Sondernutzung nicht zugelassen werden.

Am ... November 2015 ließ der Kläger Klage erheben und beantragen,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 3. November 2015 zu verpflichten, die Erlaubnis zur Verlegung von Stolpersteinen an der ...-straße ... in München zu erteilen,

hilfsweise: die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom

3. November 2015 zu verpflichten, den Antrag des Klägers vom ... Juli 2015 unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Verlegung eines Stolpersteins in der Straße sei kommunikativer Gemeingebrauch. Der Stadtrat der Beklagten habe sich für ein individuelles und dezentrales Gedenken durch Stelen mit Erinnerungstafeln auf öffentlichem Grund ausgesprochen und damit anerkannt, dass in den Straßen der Beklagten kommunikativer Gemeingebrauch durch individuelles Gedenken gestattet ist. Im Gegensatz zu Stolpersteinen würden Stelen die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs massiv behindern, weil sie echte Stolperfallen seien. Die Städte Mainz und Cuxhaven betrachteten Stolpersteine als dezentrales Gesamtkunstwerk, leisteten bei der Verlegung Hilfestellung und hielten für die Errichtung von Kunst im öffentlichen Raum Rechtsgutachten oder juristische Prüfungen nicht für erforderlich.

Für den Fall, dass das Gericht in der Verlegung von Stolpersteinen keinen kommunikativen Gemeingebrauch als Kunst im öffentlichen Raum, sondern eine Sondernutzung sehe, werde hilfsweise ausgeführt: Die Verlegung von Stolpersteinen sei eine gemeingebrauchsverträgliche Sondernutzung. Auf eine Beeinträchtigung ihres Eigentums könne sich die Beklagte nicht berufen, da sie Stelen zulassen wolle, die nichts anderes als große und hohe Stolpersteine und echte Stolperfallen seien. Belange des Straßenrechts würden durch Stolpersteine nicht beeinträchtigt. Wie bereits in der Antragsbegründung ausgeführt, ergebe sich aus den Grundrechten aus Art. 5, 18 (richtig: 4) und 3 GG ein Erlaubnisanspruch. Die Ansicht der Vorsitzenden der IKG, der die Beklagte gefolgt sei, überzeuge nicht, da auch Stelen getreten, beschmutzt oder beschädigt werden könnten. Für persönliche Meinungen sei das Straßenrecht nicht zugänglich. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. April 2007 zum Straßenverkauf von Sonntagszeitungen bestehe ein Anspruch auf die Erlaubnis und müsse die Erlaubnis nach pflichtgemäßem Ermessen erteilt werden, wenn keine straßenrechtlichen Belange entgegenstehen. Schutzzweck des Erlaubnisvorbehalts sei es, insbesondere Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auszuschließen oder zu mindern. Der Stadtratsbeschluss vom 29. Juni 2015 verletze die Grundsätze des Straßenrechts und des Urteils des Bundesverfassungsgerichts. Nachdem eine Erlaubnis zum Verlegen von Stelen erfolgt sei, müsse straßenrechtlich eine Erlaubnis zur Verlegung von Stolpersteinen erfolgen. Da die Beklagte Stelen auf Straßen durch Satzung zulassen wolle, müssten nach Art. 3 GG erst Recht auch Stolpersteine zugelassen werden, ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung sei nicht ersichtlich. Zudem könne ein Eigentümer nach § 905 Abs. 1 BGB Einwirkungen nicht verbieten, die in einer solchen Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, dass er an der Ausschließung kein Interesse habe. Nach der Erlaubnis von Stelen auf Straßen könne die Beklagte kein Interesse an der Ausschließung von Stolpersteinen haben. Der Hilfsantrag auf erneute Bescheidung werde für den Fall gestellt, dass das Gericht der Beklagten ein Ermessen dazu einräume, an welcher Stelle auf dem Gehweg ein Stolperstein verlegt werden solle.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 4. März 2016

die Klage abzuweisen.

Die Verlegung von Stolpersteinen durch Privatpersonen sei kein kommunikativer Gemeingebrauch, andernfalls wäre die Verpflichtungsklage auch gar nicht statthaft. Der Kläger wolle seiner verstorbenen Angehörigen gedenken und der für dieses private Gedenken und Trauern grundsätzlich vorgesehene Ort sei nach Art. 8 Abs. 1 Bestattungsgesetzt (BestG) der Friedhof. Soweit die Beklagte ein dezentrales und individuelles Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus zulasse, habe sie nicht jede denkbare Form des Gedenkens zulassen, sondern die Form des der Sache nach öffentlichen Gedenkens durch Gestaltungsvorgaben steuern wollen, wie sich aus der sehr differenzierten Fassung des Beschlusses vom 29. Juli 2015 ergebe. Die Beklagte gewähre nach Maßgabe der beschlossenen Konkretisierungen eine Teilhabe an dieser Form des öffentlichen Erinnerns. Es sei anerkannt, dass eine öffentliche Verkehrsfläche nach den örtlichen Verhältnissen nicht nur gemäß Art. 14 Abs. 1 BayStrWG dem Verkehr im Sinne von Ortsveränderung und Fortbewegung, sondern unter den Gesichtspunkten der Verkehrs- und Ortsüblichkeit auch kommunikativen Zwecken dienen kann. So könne das nicht gewerbliche und nicht aggressive Verteilen von Zeitschriften und Informationsmaterial in Fußgängerzonen oder verkehrsberuhigten Bereichen ohne zusätzliche Hilfsmittel noch zum (kommunikativen) Gemeingebrauch zählen. Die vom Kläger erstrebte dauerhafte Nutzung des Straßenkörpers erfordere jedoch eine bauliche Inanspruchnahme des Straßenkörpers und sei nicht ortsüblich. Die Beklagte habe den öffentlichen Straßenraum nicht generell für jede Form des Gedenkens geöffnet, sondern verfolge ein vielschichtiges Konzept (Platz der Opfer des Nationalsozialismus, Jüdisches Museum, Biografisches Gedenkbuch der Münchner Juden 1933 - 1945, virtuelles Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus durch die von der Beklagten realisierte Internetseite). Der Beklagten gehe es darum, für den öffentlichen Straßenraum eine würdige Form des Gedenkens zu finden, die ihren durch den Stadtrat konkretisierten Vorstellungen über die Gestaltung des öffentlichen Raums Rechnung trage. Die Beklagte habe nicht eine generelle Zulassung jedes individuellen und dezentralen Gedenkens an die Opfer des NS-Regimes in München zum kommunikativen Gemeingebrauch beschlossen. In dem Beschluss gehe es nicht um eine straßenrechtliche Entscheidung über Gemeingebrauch oder Sondernutzung, sondern um eine gestalterische Entscheidung, wie in einer bestimmten Form unter Inanspruchnahme des öffentlichen Straßenraums der Opfer des Nationalsozialismus in München gedacht werden solle. Der in dem Beschluss enthaltene Zusatz, wonach das Kulturreferat und die anderen Beteiligten Referate die für die Umsetzung des Beschlusses notwendigen Maßnahmen zu ergreifen hätten, zeige, dass der Beschluss nicht „selfexecuting“ sei und gerade nicht automatisch zur Zulässigkeit jeder Form des dezentralen und individuellen Gedenkens führe. Erforderlich sei eine weitere Umsetzung durch Konkretisierung des Sondernutzungstatbestandes in den Sondernutzungsrichtlinien und der Sondernutzungsgebührensatzung der Beklagten.

Der Kläger benötige für die Verlegung von Stolpersteinen im Bereich des Gehweges eine Sondernutzungserlaubnis, auf deren Erteilung er keinen Anspruch habe. Die Sondernutzung sei auch nicht gemeinverträglich, da mit der Verlegung von Stolpersteinen unmittelbar in den Körper der öffentlichen Sache „Straße“ eingegriffen werde. Wegen der unterschiedlichen Auffassungen der beteiligten Kreise zu der Art des Gedenkens sei eine Sondernutzungserlaubnis geeignet, die widerstreitenden Interessen an der Nutzung des öffentlichen Straßenraums auszugleichen. Zudem habe die Beklagte auch gemeinverträgliche Sondernutzungen durch § 1 Abs. 3 SoNuGebS dem Art. 18 BayStrWG unterstellt. Bei der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens sei nicht nur auf die verkehrliche Funktion der Straße, sondern auch auf die Belange des Straßenumfeldes abzustellen. Aufgrund der nach intensiver Auseinandersetzung mit Für und Wider des Erinnerns durch Stolpersteine gefassten Stadtratsbeschlüsse vom 16. Juni 2004 und vom 29. Juli 2015 stehe fest, dass die Beklagte im öffentlichen Straßenraum die Verlegung von Stolpersteinen aus gestalterischen Gründen nicht wünsche, da sie ihrer Konzeption des Erinnerns widerspräche. Im Übrigen sei die erforderliche weitere Konkretisierung der zulässigen Nutzung durch eine entsprechende Ergänzung der Sondernutzungstatbestände in der Sondernutzungsgebührensatzung und den Sondernutzungsrichtlinien noch nicht erfolgt. Die Ermessensausübung durch die Beklagte verletze auch keine Grundrechte des Klägers, insbesondere nicht den Gleichheitsgrundsatz und die Meinungsfreiheit, die durch Art. 18 Abs. 1 BayStrWG in zulässiger Weise eingeschränkt werde. Da die Beklagte ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt habe, stehe dem Kläger auch kein Anspruch auf erneute Bescheidung zu.

Mit Schriftsatz vom ... Mai 2016 legte die Klägerseite eine vom gleichen Tag datierende „Rechtsgutachtliche Stellungnahme zur straßenrechtlichen Zulässigkeit der Verlegung von Stolpersteinen unter besonderer Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen“ vor. Zusammenfassend ergebe sich daraus ein Ermessensausfall aufgrund Entscheidungsunzuständigkeit des Baureferats der Beklagten, ein Ermessensfehlgebrauch durch Berücksichtigung straßenrechtsfremder Erwägungen, eine Ermessensüberschreitung durch Verstoß gegen Freiheitsrechte des Klägers, insbesondere durch nicht ausreichende Berücksichtigung des Rechts auf Gedenken (Art. 4 GG) und der Kunstfreiheit (Art. 5 GG), sowie eine Ermessensüberschreitung durch Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

In der beigefügten rechtsgutachtlichen Stellungnahme zu der Frage, ob die Verlegung von Stolpersteinen zulässig ist, insbesondere ob sich aus Grundrechten ein Recht auf Gedenken herleiten lässt, das entweder eine Erlaubnis entbehrlich macht oder zu deren Erteilung zwingt, wird unter anderem ausgeführt: Die Verlegung von Stolpersteinen sei als Eingriff in die Substanz des Straßenkörpers nicht mehr als Gemeingebrauch anzusehen, weil die Straße nicht nur genutzt werde. Es handle sich um eine nach öffentlichem Recht zu beurteilende Sondernutzung, weil jedenfalls die Bauarbeiten anlässlich der Verlegung und etwaige Instandhaltungsarbeiten den Gemeingebrauch beeinträchtigen würden. Auch wenn Grundrechte in aller Regel Abwehrrechte seien und keinen Leistungsanspruch gäben, könne sich in Verbindung mit einer Norm, die die Nutzung öffentlichen Eigentums für grundrechtliche Zwecke ermögliche, eine Verletzung von Grundrechten in ihrer Abwehrdimension ergeben. Man könne wohl nicht davon ausgehen, dass sich aus der Religionsfreiheit ein Recht auf Verlegung von Stolpersteinen an einem bestimmten Ort ergebe. Die Kunstfreiheit, auf die sich auch ein Vermittler von Kunst berufen könne, unterliege nur verfassungsimmanenten Schranken. Auf die mit der Inschrift auf Stolpersteinen verbundene Mahnung könne zwar durch ein allgemeines Gesetz eingewirkt werden, das aber in seiner grundrechtsbeschränkenden Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden müsse. Die zweifelsfreie Zuordnung der Information über den letzten Wohnort eines Opfers der NS-Herrschaft zum Schutzbereich eines einzigen Freiheitsrechts sei schwierig, aber ohne Belang, wenn es nicht einmal entgegenstehende Rechtsgüter gäbe, die eine Beschränkung der unter einem Gesetzesvorbehalt stehenden Meinungsfreiheit rechtfertigen würden. Nennenswerte konkurrierende Nutzungsinteressen stünden nicht entgegen. Auch ein Präzedenzfall für weitere Hinweise im Straßengrund, die unter Berufung auf andere Grundrechte wie die Eigentumsgarantie oder die Berufsfreiheit beansprucht werden könnten, werde wegen der besonderen Bedeutung der Gedenksteine für Opfer der NS-Herrschaft nicht geschaffen. Der postmortale Persönlichkeitsschutz der Opfer könne, auch wenn dies keine Straßenbezogene Erwägung sei, wegen der Verpflichtung zum Schutz der Menschenwürde bei der Ermessensausübung nicht außer Acht gelassen werden. Da aber nahe Angehörige zur Wahrnehmung des postmortalen Persönlichkeitsschutzes berechtigt seien und angesichts der weiten Verbreitung der Stolpersteine sei es ermessensfehlerhaft, gegen den Willen der Angehörigen den Schutz des Andenkens der Opfer in die Ermessensausübung einzubeziehen. Das Ermessen müsse aber unter Einbeziehung des allgemeinen Gleichheitssatzes ausgeübt werden, und eine Bevorzugung von Stelen, die den Gemeingebrauch stärker beeinträchtigen würden, erscheine willkürlich, da kein sachlicher straßenbezogener Grund für eine Ungleichbehandlung von Stolpersteinen spreche.

Die Beklagtenseite trat diesen Ausführungen mit Schriftsatz vom 27. Mai 2016 entgegen. Die Beklagte habe ihr Ermessen nicht fehlerhaft ausgeübt. Bei der Verlegung von Stolpersteinen handele es sich um eine Sondernutzung, die den Gemeingebrauch beeinträchtige, da sie einen baulichen Eingriff in die Substanz des Straßenkörpers erfordere. Die Beklagte habe ihr Ermessen ausgeübt, indem nicht das Baureferat, sondern der Stadtrat nach umfassender Ermittlung und Bewertung der verschiedenen Nutzungsformen zum dezentralen und individuellen Gedenken eine Grundsatzentscheidung getroffen habe. Die Beklagte habe bei der Ermessensausübung auch das aus der kommunalen Selbstverwaltungshoheit folgende gestalterische Ermessen ausgeübt. Sie habe die Aufgabe, durch die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen die Nutzung der Straße zu verkehrlichen und kommunikativen Nutzungen zu ordnen und Konflikte möglichst weitgehend zu minimieren. Aus den vom Kläger angeführten Grundrechtspositionen ergebe sich keine Ermessensreduzierung auf Null. Der Kläger habe nicht aufgezeigt, dass die Religion gebiete, den öffentlichen Straßenraum zum individuellen Gedenken an Verstorbene in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte vermeide mit der durch die Selbstverwaltungshoheit gedeckten Ermessensausübung eine Gestaltung des Erinnerns, die andere verletzen könne. Die Auffassung, das postmortale Persönlichkeitsrecht könne nur an der Verlegung des eigenen Stolpersteins hindern, greife zu kurz. Die Kunstfreiheit berechtige nicht zur Verlegung von Stolpersteinen gegen das kommunale Gestaltungsrecht im öffentlichen Straßenraum, sie erstrecke sich nicht auf die Nutzung fremden Eigentums zum Zwecke künstlerischer Entfaltung. Die dauerhafte Gestaltung des Straßenraums stehe allein der Beklagten zu. Auch die Berufung des Klägers auf das Recht der Meinungsfreiheit führe zu keiner Ermessensbeschränkung; wenn die Beklagte das Gedenken im Straßenraum auf Opfer des Nationalsozialismus beschränken könne, gelte dies erst recht für die Form des Gedenkens. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liege nicht vor, maßgeblich sei nicht, ob Stelen den Verkehr mehr behindern würden als Stolpersteine. Die Klägerseite differenziere nicht ausreichend zwischen allgemeinen straßenrechtlichen und von der Beklagten verfolgten gestalterischen Anforderungen. Die Beklagte könne im Rahmen der Gestaltung dem Gedanken Rechnung tragen, dass das Gedenken Verstorbener nicht mit Füßen getreten werden solle.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2016, des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte verwiesen.

Gründe

Die fristgerecht erhobene Klage ist als Versagungsgegenklage statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Die Klage ist jedoch im Hauptantrag auf Aufhebung des Bescheids vom 3. November 2015 und Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis sowie im Hilfsantrag auf Aufhebung des Bescheids und Verpflichtung der Beklagten zu erneuter Verbescheidung unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der mit Schreiben vom ... Juli 2015 für die Verlegung eines Stolpersteins „als erlaubte Sondernutzung“ beantragten Sondernutzungserlaubnis, da für den Einbau eines Stolpersteins in den Gehweg eine bürgerlichrechtliche Vereinbarung und keine öffentlichrechtliche Gestattung erforderlich ist (1.). Im Übrigen bestünde selbst bei Annahme einer dem öffentlichen Recht unterliegenden Sondernutzung kein Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis; in diesem Fall könnte der Kläger auch nicht beanspruchen, dass die Beklagte erneut über seinen Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis entscheidet (2.).

1. Die Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zu Recht abgelehnt, weil der Einbau eines Stolpersteins in dem als öffentliche Verkehrsfläche gewidmeten Gehweg zwar eine Sondernutzung darstellt (a), jedoch den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigt (b) und als gemeingebrauchsverträgliche Sondernutzung von der Beklagten auch nicht durch Satzung dem öffentlichen Recht unterstellt wurde (c), mithin also keine Sondernutzungserlaubnis beansprucht werden kann (d).

a) Die Benutzung der öffentlichen Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) bedarf der Erlaubnis der Straßenbaubehörde, wenn durch die Benutzung der Gemeingebrauch beeinträchtigt werden kann, Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG. Gemeingebrauch ist die Benutzung der Straßen im Rahmen ihrer Widmung für den Verkehr, nicht jedoch, wenn jemand die Straße nicht vorwiegend zum Verkehr nutzt (Art. 14 Abs. 1 BayStrWG).

Der Einbau eines Stolpersteins in den Gehweg ist eine Sondernutzung und keine Teilnahme am Verkehr. Verkehr i. S. v. Art. 14 Abs. 1 BayStrWG ist zwar nicht nur der Verkehr im engeren Sinne einer Ortsveränderung, sondern bei zentralen innerörtlichen Straßen und Plätzen auch der sogenannte kommunikative Verkehr, der auf Begegnung und Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmern gerichtet ist, denn diese Straßen und Plätze sind nicht nur zur reinen Fortbewegung von Menschen und Sachen bestimmt, sondern dienen traditionell auch dem Austausch von Meinungen in Wort und Schrift (BayVGH, U. v. 22.06.2010 - 8 B 10.970 - juris Rn. 18; VGH BW, U. v. 24.4.1992 - 14 S 3212/89 - juris Rn. 17). Der Stolperstein, den der Kläger dauerhaft im Gehweg verankern will, kann zwar als eine vom Kläger stammende und an die Passanten gerichtete Botschaft („Ihr sollt meiner Angehörigen gedenken“) verstanden werden, eine Kommunikation zwischen Menschen, also zwischen dem Kläger persönlich und den Passanten, fände aber nicht statt. Zum kommunikativen Verkehr zwischen Verkehrsteilnehmern kann jedoch nur die individuelle Begegnung zwischen Menschen zählen und nicht die dauerhafte Anbringung eines Gegenstands (Wiget in: Zeitler, BayStrWG, Stand 15.10.2015, Art. 14 Rn. 38, 42). Selbst wenn die ...-straße noch zum zentralen innerörtlichen Bereich Münchens zu rechnen wäre, würde der Kläger mit einem Stolperstein keinen kommunikativen Gemeingebrauch ausüben.

Der Annahme, dass die Anbringung eines Stolpersteins im Straßenbelag eine Sondernutzung ist, steht entgegen der in dem angefochtenen Bescheid vertretenen Ansicht auch nicht entgegen, dass damit in die bauliche Substanz des Straßenkörpers eingegriffen wird. Auch der Einbau von Versorgungsleitungen greift in die Straßensubstanz ein und ist nach Art. 22 Abs. 2 BayStrWG gleichwohl eine Sondernutzung.

b) Durch den Stolperstein wird der an dem Gehweg der ...-straße bestehende Gemeingebrauch nicht beeinträchtigt, sondern eine gemeingebrauchsverträgliche Sondernutzung ausgeübt. Der Stolperstein soll bündig in den Gehweg eingearbeitet werden, Fußgänger sollen nur in einem übertragenen und nicht im wörtlichen Sinn stolpern, also nur erinnern und gedenken, aber nicht stürzen. Soweit der von einem Passanten wahrgenommene Stolperstein bewirkt, dass der Passant kurz zum Lesen der Inschrift stehen bleibt oder aus Respekt vor dem Opfer des Holocausts ein Betreten des Stolpersteins vermeidet und seine Schritte an der 10 cm mal 10 cm großen Messingplatte vorbeilenkt, kann nicht ernsthaft von einer Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs die Rede sein. Auch die eigentliche Verlegung des Stolpersteins im Gehweg, also die ohne Einsatz von Baumaschinen zu bewerkstelligende Öffnung des Gehwegbelags auf wenigen Quadratzentimetern, das Setzen des Stolpersteins und die anschließende Verfüllung der Fugen stellen die Gemeingebrauchsverträglichkeit nicht in Frage. Der Kläger begehrt eine Sondernutzungserlaubnis für den dauerhaften Verbleib des Stolpersteins im Gehweg und nicht für die Durchführung der Bauarbeiten. Aber selbst wenn man neben einer Gestattung für den Eingriff in die Straßensubstanz und den dauerhaften Verbleib des Stolpersteins auch für die räumlich und zeitlich eng begrenzte Verlegungsarbeit eine öffentlichrechtliche Gestattung für erforderlich hielte, wäre dafür eine straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO für eine vorübergehende Sperrung und keine Sondernutzungserlaubnis erforderlich (Art. 21 BayStrWG).

c) Die mithin gemeingebrauchsverträgliche Sondernutzung bedarf keiner Gestattung durch eine öffentlichrechtliche Sondernutzungserlaubnis, sondern durch eine bürgerlichrechtliche Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Beklagten. Nach Art. 22 Abs. 1 BayStrWG richtet sich die Einräumung von Rechten zur Benutzung der Straßen über den Gemeingebrauch hinaus nach bürgerlichem Recht, wenn durch die Benutzung der Gemeingebrauch nicht beeinträchtigt werden kann. Soweit die Beklagte Sondernutzungen an Straßen in ihrer Baulast gemäß Art. 22a BayStrWG durch § 1 Abs. 3 Satz 1 ihrer Sondernutzungsgebührensatzung vom 25. Juni 2014 (SoNuGebS, Münchner Amtsblatt S. 614) abweichend von Art. 22 Abs. 1 BayStrWG geregelt hat, folgt daraus nichts anderes. Nach Satz 1 dieser Satzungsbestimmung unterliegen Sondernutzungen an öffentlichen Straßen „dem öffentlichen Recht, auch wenn durch sie der Gemeingebrauch nicht beeinträchtigt werden kann, sofern sie eine Benutzung des Straßenraumes über der Straßenoberfläche darstellen“. Die Sondernutzung, für die der Kläger eine Erlaubnis begehrt, stellt jedoch keine Sondernutzung „über der Straßenoberfläche“ dar. Der würfelförmige Stolperstein mit einer Kantenlänge von ca. 10 cm soll bündig in den Straßenbelag eingebaut werden, er soll also ca. 10 cm tief im Straßenbelag sitzen und lediglich mit seiner Oberseite an der Straßenoberfläche sichtbar sein. Würde er auch nur geringfügig über den Straßenbelag herausragen und die Gefahr eines tatsächlichen Stolperns verursachen, könnte er von der Beklagten aus Gründen der Verkehrssicherheit ohnehin nicht zugelassen werden. Es trifft zwar zu, dass die in die Messingplatte eingestanzten Informationen von Passanten wahrgenommen werden können und sollen, die von dem Stolperstein ausgehende Botschaft also gewissermaßen in den Luftraum über der Straßenoberfläche hineinwirkt, aber diese bloß immaterielle „Ausstrahlung“ erfüllt entgegen der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht nicht den Tatbestand einer Benutzung des Gehwegs „über der Straßenoberfläche“ im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS. Diese Vorschrift regelt eine Ausnahme von der grundsätzlichen gesetzlichen Bestimmung, wonach sich nicht gemeingebrauchsbeeinträchtigende Sondernutzungen nach bürgerlichem Recht richten (Art. 22 Abs. 1 Bay-StrWG) und ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Gegen die Annahme, auch in den Gehsteig eingebaute und nur an der Straßenoberfläche sichtbare Gegenstände würden nach § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS dem öffentlichen Recht unterstellt werden, sprechen auch die in Anlage 1 (Gebührenverzeichnis) dieser Satzung unter Nrn. 1 bis 51 aufgelisteten Gebührentatbestände, die nur Anlagen und Tätigkeiten auf und über, nicht jedoch in oder an der Straßenoberfläche umfassen.

d) Da die vom Kläger beabsichtigte Sondernutzung nach alledem keiner öffentlichrechtlichen Sondernutzungserlaubnis, sondern einer bürgerlichrechtlichen Vereinbarung bedarf, wurde der Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis von der Beklagten zu Recht abgelehnt. Dem Kläger fehlt das Sachbescheidungsinteresse für den Erlass eines Verwaltungsakts, der für das von ihm beabsichtigte Vorhaben nicht notwendig und damit unnütz ist (Wittrek, BayVBl 2004,193/199 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 22 Rn. 77). Eine vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung angeregte Verweisung des Rechtsstreits an ein für bürgerlichrechtliche Streitigkeiten zuständiges Gericht war nicht veranlasst, da kein Klageantrag auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer privatrechtlichen Gestattung gestellt wurde.

2. Selbst wenn die Verlegung eines Stolpersteins im öffentlichen Straßengrund für eine nach öffentlichem Recht zu beurteilende Sondernutzung gehalten wird, bleibt die Klage in Haupt- und Hilfsantrag erfolglos. Die Beklagte hat (vorsorglich) ihr Ermessen ausgeübt (a), die maßgeblich angestellten Ermessenserwägungen sind nicht zu beanstanden (b) und auch aus den vom Kläger geltend gemachten Grundrechten folgt kein Anspruch auf Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis (c).

a) Der Einwand des Klägers, das Baureferat der Beklagten sei für den Erlass des ablehnenden Bescheids nicht zuständig gewesen und deshalb habe die Beklagte ihr Ermessen nicht ausgeübt, ist unbegründet. Das Baureferat hat ausweislich der Begründung des angefochtenen Bescheids für den Fall, dass die Verlegung von Stolpersteinen als erlaubnispflichtige Sondernutzung qualifiziert wird, einen Anspruch des Klägers auf fehlerfreien Ermessensgebrauch anerkannt und sich hinsichtlich der Ermessensausübung auf die Beschlüsse des Stadtrats vom 16. Juni 2004 und 29. Juli 2015 gestützt. Dieser hatte sich nach Anhörung betroffener Gruppierungen der Gesellschaft und nach ausführlicher Diskussion und Abwägung des Für und Wider mehrheitlich gegen die Zulassung von Stolpersteinen auf öffentlichen Straßen ausgesprochen und damit das vom Baureferat auszuübende Ermessen gelenkt (zur Zulässigkeit ermessenslenkender Vorschriften vgl. BayVGH, B. v. 05.12.2011 - 8 ZB 11.1748 - juris Rn. 25 ff.; B. v. 03.11.2011 - 8 ZB 11.1457 - juris Rn. 21 ff.). Für die Grundsatzentscheidung ist der Stadtrat zuständig (Art. 29 GO; vgl. VGH BW, U. v. 09.12.1999 - 5 S 2051/98 - NVwZ-RR 2000, 837/839), für den Vollzug im Einzelfall im Auftrag des Oberbürgermeisters der Beklagten eine städtische Dienststelle wie das Baureferat.

b) Die Beklagte hat bei ihrer ablehnenden Entscheidung das ihr nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Die maßgeblich angestellten Erwägungen tragen die ablehnende Entscheidung. Dabei hat das Gericht nur zu prüfen, ob die Ablehnung der Sondernutzungserlaubnis rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 114 Satz 1 VwGO).

aa) Falls ein Stolperstein als gemeingebrauchsbeeinträchtigende Sondernutzung anzusehen wäre, stünde die Entscheidung nach Art. 18 Abs. 1 BayStrWG im pflichtgemäßen Ermessen der Straßenbaubehörde, hier also der Beklagten (Art. 58 Abs. 2 Nr. 3 BayStrWG). Der Kläger hat einen Anspruch auf fehlerfreien Ermessensgebrauch (Wiget in Zeitler, BayStrWG, Stand 15.10.2015, Art. 18 Rn. 26). Bei der Ermessensausübung dürfen in der Regel nur straßenbezogene Erwägungen berücksichtigt werden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat dazu ausgeführt:

„Liegt eine straßenrechtliche Sondernutzung vor, so steht die Erteilung der Erlaubnis in pflichtgemäßem Ermessen der Behörde (BayVGH v. 29.10.2008 BayVBl 2009, 661). Die Ermessensausübung hat dem Normenzweck des Art. 18 ff. BayStrWG entsprechend sachbezogen nach den Umständen des konkreten Einzelfalls zu erfolgen. Die Stra-ßenbaubehörde kann somit Sondernutzungen in stets widerruflicher Weise ganz oder teilweise zulassen (vgl. Art. 18 Abs. 2 Satz BayStrWG), sie kann die Erlaubnis nach pflichtgemäßem Ermessen aber auch mit Nebenbestimmungen im Sinne von Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG versehen. Insbesondere kann sie dem Begünstigten durch Auflagen nach Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorschreiben. Auch bei der Ausübung des Ermessens nach Art. 36 Abs. 2, Art. 40 BayVwVfG muss sich die Behörde am Zweck der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage orientieren. Daher darf sie sich bei der Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis oder bei der Anordnung von Auflagen regelmäßig nur an Gründen orientieren, die einen sachlichen Bezug zur Straße haben (zum Prüfprogramm vgl. BayVGH vom 24.11.2003 BayVBl 2004, 533/534; Wiget in: Zeitler, BayStrWG, Stand: Februar 2011, RdNr. 26 zu Art. 18). Zu diesen Gründen zählen vorrangig die in Art. 18 Abs. 2 Satz 2 BayStrWG ausdrücklich genannten Belange der Straßenbaulast und der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs. Daneben können aber auch baugestalterische oder städtebauliche Belange, wie etwa der Schutz eines bestimmten Straßen- oder Ortsbilds berücksichtigt werden, sofern sie einen sachlichen Bezug zur Straße haben und auf einem konkreten Gestaltungskonzept der Gemeinde beruhen (vgl. BayVGH vom 20.1.2004 BayVBl 2004, 336; vom 22.6.2010 BayVBl 2011, 176; VGH Baden-Württemberg vom 2.11.2009 NVwZ-RR 2010, 164). Dagegen ist die straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis nicht dazu bestimmt, als zusätzliches Eingriffsinstrument für andere straßenrechtsfremde öffentliche Belange zu dienen. Daher können Auflagen in einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis etwa nicht auf Immissionsschutz-, Umwelt- oder sicherheitsrechtliche Überlegungen oder auf sonstige, mit der Straßennutzung nicht in Zusammenhang stehende öffentliche Belange gestützt werden (vgl. BayVGH vom 24.11.2003 BayVBl 2004, 533; vom 20.1.2004 BayVBl 2004, 336).“

(BayVGH, B. v. 5.12.2011 - 8 ZB 11.1748 - KommPrax 2012,107 (red. LS) und juris Rn. 19; B. v. 03.11.2011 - 8 ZB 11.1457 - juris Rn. 20)

bb) Im Ergebnis würde das Gleiche gelten, wenn ein Stolperstein eine gemeingebrauchsverträgliche Sondernutzung wäre, die gemäß § 22a BayStrWG durch Satzung und abweichend von Art. 22 Abs. 1 BayStrWG dem öffentlichen Recht unterstellt worden wäre. Auch dann hätte die Beklagte ihr Ermessen dem Sinn und Zweck der Ermächtigung entsprechend auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (Art. 40 BayStrWG). Die der Ermessensentscheidung zugrunde liegende gesetzliche Regelung ist Art. 22a BayStrWG i. V. m. § 1 Abs. 3 Satz 1 SoNuGebS. Da auch ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt für gemeingebrauchsverträgliche Sondernutzungen mit Grundrechtseingriffen verbunden sein kann, der Gesetzgeber die einzelnen Eingriffsbefugnisse jedoch nicht näher festgelegt oder umrissen hat, ist Art. 22a BayStrWG verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Regelung nicht zu Grundrechtseingriffen ermächtigt, die wesentlich von dem insoweit grundsätzlich unbedenklichen System der Art. 18 ff. BayStrWG abweichen. Der Satzungsgeber hat sich deshalb vornehmlich an dem Leitbild dieser Gesetzesbestimmungen zu orientieren (BayVGH, U. v. 20.01.2004 - 8 N 02.3211 - BayVBl 2004, 336/337; v. 29.10.2008 - 8 B 05.1468, 8 B 05.1471 - DVBl 2009, 735 (LS) und juris Rn. 48 f.). Entsprechendes ist für den Satzungsvollzug anzunehmen, weshalb bei der Ermessensentscheidung in der Regel nur Gesichtspunkte berücksichtigt werden dürfen, die einen sachlichen Bezug zur Straße und ihrer Funktion haben.

cc) Die vom Stadtrat der Beklagten am 29. Juli 2015 gefassten Beschlüsse zu den „Formen dezentralen und individuellen Gedenkens an die Opfer des NS-Regimes in München“ bilden, auch wenn sie erst nach Abschluss des Wettbewerbs zur Gestaltung der Stelen redaktionell in die Sondernutzungsrichtlinien der Beklagten eingearbeitet werden sollen, ermessenslenkende Vorgaben zur Stadtgestaltung, die auf einem konkreten Gestaltungskonzept beruhen und grundsätzlich zulässig sind (BayVGH, B. v. 05.12.2011 - 8 ZB 11.1748 - KommPrax 2012, 107 (red. LS) und juris Rn. 19 f.; B. v. 03.11.2011 - 8 ZB 11.1457 - juris Rn. 20 f.). Allerdings lehnt die Beklagte Stolpersteine nicht aus ortsgestalterischen oder anderen straßenbezogenen Gründen ab, sondern weil Stolpersteine nach Ansicht des Stadtrats kein würdiges Gedenken seien und die Empfindungen heute lebender Münchner Jüdinnen und Juden verletzen würden. Obwohl die damit von der Beklagten maßgeblich berücksichtigten Belange keinen sachlichen Bezug zur Straße haben, konnten sie ermessensfehlerfrei berücksichtigt werden. Denn mit der Entscheidung über die Zulassung von Stolpersteinen oder anderen Formen des Gedenkens wie z. B. Stelen auf öffentlichen Straßen wird nicht nur über eine straßenrechtlich relevante Sondernutzung, sondern gleichzeitig über die Errichtung eines Denkmals im öffentlichen Raum und damit über eine zum eigenen Wirkungskreis der Beklagten gehörende kulturpolitische Angelegenheit entschieden. Eine Beschränkung der dabei berücksichtigungsfähigen Erwägungen auf rein straßenbezogene Belange würde das kommunale Selbstverwaltungsrecht der Beklagten in unzulässiger Weise einschränken.

Bei der Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis geht es nicht nur um die Zulassung von zwei Stolpersteinen für seine Eltern, sondern im Hinblick auf eine Vielzahl weiterer Antragsteller und den von der Beklagten zu beachtenden Gleichheitssatz um die generelle Zulässigkeit von Gedenksteinen auf Ortsstraßen der Beklagten. Gegen eine isolierte Betrachtung des klägerischen Begehrens spricht auch das den Stolpersteinen zugrunde liegende künstlerische Konzept, wonach alle Stolpersteine eine einheitliche Größe und Gestaltung aufweisen, jeweils im Gehweg vor dem letzten freigewählten Wohnhaus angebracht werden und dem Gedenken an Menschen dienen, die das gleiche Schicksal erlitten haben. Der einzelne Stolperstein soll ein kleines Mahnmal für ein Opfer des Holocaust sein und gleichzeitig Teil eines großen dezentralen, aus vielen Stolpersteinen bestehenden Gesamtdenkmals sein, mit dem generell der Opfer des Holocaust gedacht wird. Wenngleich die Stolpersteine von Privatpersonen auf eigene Initiative und eigene Kosten verlegt werden sollen, handelt es sich dabei um ein auf öffentlichem Straßengrund zu errichtendes und für die Öffentlichkeit bestimmtes Denkmal. Eine Sondernutzung durch Verlegung von Stolpersteinen unterscheidet sich insoweit grundlegend von den üblicherweise zugelassenen Sondernutzungen, bei denen es regelmäßig nur um gewerbliche Tätigkeiten, Ausübung der Kleinkunst, Werbung für religiöse oder weltanschauliche Bekenntnisse, um politische, soziale, umweltbezogene oder andere ideelle Anliegen, jedenfalls um Angelegenheiten von Privatpersonen geht. Eine Sondernutzung durch Errichtung eines Denkmals führt jedoch dazu, dass die betreffenden Gehwege neben ihrer widmungsgemäßen Funktion als öffentliche Verkehrsfläche die zusätzliche Funktion einer Stätte öffentlichen Gedenkens und Erinnerns erhalten. Die Entscheidung über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für einen Stolperstein erweist sich damit nicht nur als straßenrechtliche Entscheidung über die Zulässigkeit einer nicht unter den Gemeingebrauch fallenden Nutzung der Straße, sondern auch als eine Entscheidung über die Errichtung eines öffentlichen Denkmals, also als Entscheidung über eine den eigenen Wirkungskreis der Beklagten, nämlich die „örtliche Kulturpflege“ (Art. 83 BV), betreffende Angelegenheit. Das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht der Beklagten, „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln“ (Art. 28 Abs. 2 GG) und „ihre Angelegenheit im Rahmen der Gesetze selbst zu ordnen und zu verwalten“ (Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV), beinhaltet auch das Recht, frei zu entscheiden, ob überhaupt und gegebenenfalls für welchen Zweck und in welcher Gestaltung ein öffentliches Denkmal auf ihren öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen errichtet wird. Diese kulturpolitische Entscheidung kann nicht nur mit Erwägungen getroffen werden, die einen sachlichen Bezug zur Straße haben, sondern erfordert v.a. die Berücksichtigung kultureller, historischer und gesellschaftspolitischer Belange. Die vom Stadtrat der Beklagten und unter Bezugnahme darauf in den Gründen des angefochtenen Bescheids angestellten und für die getroffene Ermessensentscheidung maßgeblichen Erwägungen, ein Gedenken im Gehsteigbelag sei kein würdiges Gedenken und Stolpersteine würden von Mitgliedern der Israelitischen Kultusgemeinde für München und Oberbayern als verletzend empfunden, sind durch das kommunale Selbstverwaltungsrecht gedeckt, nicht willkürlich und rechtlich nicht zu beanstanden.

c) Die Beklagte ist auch nicht unter Berücksichtigung der vom Kläger geltend gemachten Grundrechte zur Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis zu verpflichten. Nur bei Reduzierung des Ermessens auf Null, die v.a. durch grundrechtsrelevante Sachverhalte bewirkt werden kann, stünde ihm ausnahmsweise ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Sondernutzungserlaubnis zu (Wiget, a. a. O., Art. 18 Rn. 27). Dies ist jedoch hier nicht der Fall, insbesondere zwingen die Grundrechte des Klägers auf Gleichbehandlung, Glaubens- und Gewissensfreiheit, Meinungsäußerungsfreiheit sowie Kunstfreiheit nicht zur Erlaubniserteilung.

aa) Die Versagung der Sondernutzungserlaubnis für Stolpersteine ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) vereinbar, wonach wesentlich Gleiches auch rechtlich gleich zu behandeln ist. Weder die von der Beklagten beabsichtigte Zulassung von Stelen, noch die Zulassung anderer in den Belag gewidmeter Straßen eingebrachter Denkmäler oder gar die Verwaltungspraxis anderer Kommunen, verpflichten die Beklagte nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz zur straßenrechtlichen Gestattung von Stolpersteinen.

Stelen zum Gedenken an Opfer des Holocaust, die nach der erklärten Absicht der Beklagten in einer erst noch festzulegenden einheitlichen Gestaltung auf gewidmeten Gehwegen zugelassen werden sollen, sind zwar voraussichtlich mit Stolpersteinen hinsichtlich Standort und Funktion vergleichbar. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten wird jedoch unter anderem darauf gestützt, dass die Anbringung von Gedenktafeln „im Straßenschmutz“ auch als herabsetzend empfunden werden kann und tatsächlich von vielen so empfunden wird, die Israelitische Kultusgemeinde für München und Oberbayern diese Form des Gedenkens ablehnt und die Assoziation zu einem antisemitischen Spruch („Wo man stolpert, da muss ein Jude begraben sein“), unbedingt vermieden werden solle. Auch wenn diese Gesichtspunkte nicht zwingend zur Bevorzugung von Stelen und Ablehnung von Stolpersteinen führen müssen, wie die Praxis anderer Gemeinden sowie die Befürwortung von Stolpersteinen u. a. durch Präsident und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland zeigt, handelt es sich doch um vernünftige Erwägungen und hinreichend gewichtige Differenzierungsgründe, die eine unterschiedliche Beurteilung von Stolpersteinen und Stelen rechtfertigen. Denn als Grund für eine (verfassungsgemäße) Ungleichbehandlung kommt jede vernünftige Erwägung in Betracht (Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 3 Rn. 14). Im Übrigen hat die Beklagte bisher noch keine Sondernutzungserlaubnis für die Anbringung einer Stele auf einem öffentlichen Gehweg erteilt, sondern durch ihren Stadtrat nur die Grundsatzentscheidung getroffen, dass Stelen in einer erst noch zu bestimmenden einheitlichen Gestaltung zugelassen werden sollen.

Entsprechendes gilt für die Ungleichbehandlung von Stolpersteinen einerseits und von im Straßenbelag angebrachten Gedenktafeln für den 1919 ermordeten Ministerpräsidenten Kurt Eisner (in der Kardinal-Faulhaber-Straße), für die Mitglieder der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ (vor der Ludwig-Maximilians-Universität) sowie das geplante Denkmal für die wegen ihrer sexuellen Orientierung vom NS-Regime ermordeten Personen andererseits. Denn auch insoweit konnte die Beklagte die zur Anhörung vom 5. Dezember 2014 verfasste Stellungnahme der Präsidentin der IKG berücksichtigen, die Stolpersteine sehr dezidiert als unwürdige und verletzende Form des Gedenkens an die im Holocaust ermordeten Münchner Jüdinnen und Juden bezeichnet hat. Es ist - auch unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes - nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte das sittliche Empfinden der gewählten Repräsentanten dieser ca. 9.500 Mitglieder zählenden jüdischen Glaubensgemeinschaft berücksichtigt und Stolpersteine ablehnt.

Die ablehnende Entscheidung der Beklagten verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz, weil andere zahlreiche andere Städte und Gemeinden Stolpersteine, auf welcher Rechtsgrundlage auch immer, zugelassen haben, denn der Gleichheitssatz bindet jeden Hoheitsträger nur in seinem konkreten Zuständigkeitsbereich (Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 3 Rn. 9).

bb) Auch die verfassungsrechtlich verbürgte Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG, Art. 107 Abs. 1 und 2 BV) schränkt das der Beklagten zustehende Ermessen nicht dahingehend ein, dass der vom Kläger beabsichtigte Stolperstein zugelassen werden muss. Das Gedenken in Form von Stolpersteinen gehört nicht zum Schutzbereich dieses Grundrechts, das neben der inneren Freiheit, religiöse und weltanschauliche Überzeugungen zu bilden und zu haben, auch die äußere Freiheit schützt, diese Überzeugungen zu bekennen und zu verbreiten und sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens und Gewissens auszurichten und dieser Überzeugung gemäß zu handeln (Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 4 Rn. 10 ff.). Es ist nicht ersichtlich, dass ein Stolperstein zum Gedenken an ermordete Angehörige Ausdruck einer religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung des Klägers ist, und er nicht ohne innere Not, also ohne in Konflikt mit seinen Glaubens- oder Gewissensüberzeugungen oder gar zwingenden Geboten seines Glaubens zu geraten, auf einen Stolperstein in dem als Verkehrsfläche gewidmeten Gehweg verzichten kann.

cc) Aus dem Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 110 Abs. 1 Satz 1 BV) ergibt sich ebenfalls kein Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für einen Stolperstein. Der vom Kläger erstrebte Einbau eines Stolpersteins in den Gehweg dürfte zwar am Schutzbereich dieses Grundrechts teilnehmen, obwohl auf der Messingplatte vordergründig nur Tatsachen mitgeteilt werden, nämlich Vor- und Zuname, Jahr der Geburt, Jahr und Ort der Ermordung sowie die Tatsache, dass die Angehörigen am Ort des Stolpersteins gewohnt haben. Denn mit dieser Tatsachenmitteilung wird das an den konkreten Personen verübte Verbrechen in Erinnerung gerufen, zum Ausdruck gebracht, dass sie Bürger der Stadt München waren, und die Öffentlichkeit aufgefordert, ihrer zu gedenken. Die Inschrift auf dem Stolperstein bringt damit über die bloße Tatsachenmitteilung hinaus auch eine Meinung zum Ausdruck und trägt zur Bildung und Bekräftigung einer Meinung bei (vgl. Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 5 Rn. 5; Krausnick in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 110 Rn. 8). Das Grundrecht der Meinungsfreiheit steht jedoch, auch soweit es durch Art. 110 Abs. 1 Satz 1 BV geschützt wird (Krausnick, a. a. O., Rn. 27), unter dem Vorbehalt der allgemeinen Gesetze, Art. 5 Abs. 2 GG, zu denen auch Art. 18 BayStrWG zählt (BVerfG, B. v. 12.04.2007 - 1 BvR 78/02 - NVwZ 2007,1306 und juris Rn. 30 zu § 16 StrG BW). Der Kläger muss daher bei der Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung die Ermessensentscheidung der Beklagten, keinen Stolperstein auf öffentlichen Straßen zuzulassen, hinnehmen. Auch eine Auslegung der Bestimmungen über die Erlaubnispflicht für Sondernutzungen im Lichte des dadurch eingeschränkten Grundrechts führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Beklagte verfolgt mit der Nichtzulassung von Stolpersteinen auf öffentlichen Verkehrsflächen legitime Zwecke, nämlich das Bestreben nach einem möglichst würdevollen Gedenken an die Opfer der Nazidiktatur und die Rücksichtnahme auf das Empfinden vieler heute in München lebender Jüdinnen und Juden. Die von der Beklagten vorgenommene Beschränkung des dezentralen namentlichen Gedenkens auf Stelen und die damit verbundene Beschränkung der Meinungsfreiheit ist auch verhältnismäßig, denn Stelen können ebenfalls vor dem letzten frei gewählten Wohnhaus angebracht werden und die gleiche Tatsachenmitteilung und Meinungsäußerung enthalten wie Stolpersteine. Es deutet auch nichts darauf hin, dass Stelen von Passanten weniger als Stolpersteine zur Kenntnis genommen werden und die Meinungsäußerungsfreiheit dadurch über Gebühr beeinträchtigt werden könnte.

dd) Auch das Grundrecht der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, Art. 108 BV) schränkt das von der Beklagten auszuübende Ermessen nicht dahingehend ein, dass sie zur Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis verpflichtet wäre. Stolpersteine gelten als Kunstwerke und sind auch rechtlich nach der gebotenen weiten Definition des materiellen Kunstbegriffs (Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 5 Rn. 118) als Kunst anzusehen, denn es handelt sich bei ihnen um eine freie schöpferische Gestaltung des Werktyps der Skulptur. Die Kunstfreiheit schützt neben der eigentlichen künstlerischen Tätigkeit, dem Werkbereich, auch die Vermittlung des Kunstwerks an Dritte, den Wirkbereich (BVerfG, B. v. 24.2.1971 - BvR 435/68 - NJW, 1971,1645/1646; B. v. 17.07.1984 - 1 BvR 816/82 - BVerfGE 67, 231, juris Rn. 28). Zweifelhaft ist, ob der Kläger, der den Stolperstein weder als Künstler selbst geschaffen hat, noch nach Art eines Verlegers oder Galeristen der Öffentlichkeit zugänglich macht, vorliegend Träger dieses Grundrechts ist. Dagegen spricht auch, dass sich der Kläger nicht als Mäzen oder Händler des Kunstwerks betätigen, sondern erreichen will, dass seiner Angehörigen in der Öffentlichkeit mittels eines Gedenksteins gedacht wird. Andererseits besteht die Besonderheit der Stolpersteine unter anderem darin, dass sie jeweils auf Initiative von Einzelpersonen, in der Regel von Angehörigen, gesetzt werden. Der einzelne Stolperstein ist insoweit Teil eines größeren Ganzen, das als „größtes dezentrales Gesamtkunstwerk Europas“ bezeichnet wird (Online-Enzyklopädie Wikipedia, Stichwort „Stolpersteine“). Das Anliegen des Klägers, auch für seine Eltern einen Stolperstein zu setzen und zur Erweiterung des dezentralen Kunstwerks beizutragen, könnte insoweit noch zum Wirkbereich der Kunstfreiheit zählen, als gerade er als Angehöriger zur Vermittlung dieses Teils des Gesamtkunstwerks berufen ist, also eine unentbehrliche Mittlerfunktion hat.

Jedoch kann die Frage dahingestellt bleiben, ob der Kläger hinsichtlich des Stolpersteins Träger der Kunstfreiheit ist, weil sich aus dem Grundrecht auf Kunstfreiheit bereits aus anderen Gründen kein Rechtsanspruch auf Erteilung der Sondernutzungserlaubnis ergibt. Die Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG und Art. 108 BV ist ein Freiheits- und Abwehrrecht gegen hoheitliche Eingriffe, vermittelt aber keinen Anspruch auf Leistungen und auf Förderung der Kunst durch die Beklagte (Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 5 Rn. 126; Geis in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 108 Rn. 8). Da die Kunstfreiheit kein Teilhaberecht gewährt (BVerfG, B. v. 19.03.1984 - 2 BvR 1/84 - BayVBl 1984, 718), kann der Kläger nicht unter Berufung auf dieses Grundrecht beanspruchen, dass die Beklagte ihm einen Teil der gewidmeten, in ihrer Baulast stehenden und im Übrigen auch ihr zum Eigentum gehörenden Verkehrsfläche dauerhaft zur Verfügung stellt und dafür einen Eingriff in die Bausubstanz gestattet.

Zudem steht die Kunstfreiheit zwar nicht unter einem Gesetzesvorbehalt, sie wird jedoch durch andere verfassungsrechtlich geschützten Werte beschränkt (BVerfG, B. v. 17.07.1984 - 1 BvR 816/82 - BVerfGE 67, 231, juris Rn. 39; Jarass, a. a. O. Art. 5 Rn. 128, Geis, a. a. O. Art. 108 Rn. 10). Zu diesen verfassungsimmanenten Schranken zählt auch das aus dem Recht auf kommunale Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 11 Abs. 1 und 2 i. V. m. Art. 83 BV) folgende Recht der Beklagten, selbst über das ob und wie der Errichtung öffentlicher Denkmäler

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nrn. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 5.000,00 festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.