Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Juni 2016 - M 8 K 15.2674

bei uns veröffentlicht am06.06.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks ...-str. 22, Fl.Nr. ..., Gemarkung ..., das mit einem eingeschossigen Gebäude bebaut ist.

(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu)

Am 8. Dezember 2014 stellte der Kläger einen Antrag auf Erteilung eines Vorbescheides für den Neubau von zwei Einfamilienhäusern auf dem oben genannten Grundstück. Vorgesehen waren zwei zweigeschossige, an den Ost- und Westseiten 11 m lange und den Süd- und Nordseiten 8,60 m breite Gebäude, die jeweils über ein zurückgesetztes Terrassengeschoss verfügen sollten. Die Terrassengeschosse sollten an den Süd- und Nordseiten sowie den Westseiten jeweils um 1,50 m zurückgesetzt werden. Auf der Ostseite des Hauses 2 (auch an der ...-straße gelegen - westliches Gebäude) sollte der Rücksprung im südlichen Bereich auf einer Länge von 4 m ebenfalls 1,50 m betragen, im Übrigen nördlichen Bereich schließt hier das Terrassengeschoss mit der östlich darunter liegenden Außenwand des 1. Obergeschosses und des Erdgeschosses ab. Bei dem östlichen Gebäude (Haus 1) wird das Terrassengeschoss auf der Ostseite im Süden auf einer Länge von 4 m ebenfalls um 1,50 m, im nördlichen Bereich auf einer Länge von 4 m um 1 m zurückgesetzt. Die Wandhöhe bis zur Oberkante des 1. Obergeschosses beträgt jeweils 5,94 m, die Oberkante der Dachterrassenumwehrung 6,48 m und der First des Flachdaches des Terrassengeschosses liegt bei einer Höhe von 8,63 m (vermaßt).

Bild

(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu)

Dem Vorbescheidsantrag war folgender Fragenkatalog zugrunde gelegt:

1. Ist eine Bebauung des Grundstücks mit zwei Einfamilienhäusern gemäß Plandarstellung planungsrechtlich zulässig?

2. Ist die Überschreitung der Baugrenze mit dem geplanten westlichen Haus an der ...-straße zulässig?

3. Ist die Gebäudegestaltung mit Flachdächern gemäß Plan vorstellbar?

4. Ist die Zufahrt des westlich gelegenen Hauses von der ...-straße möglich?

Der Frage 1 war eine Erläuterung der Plandarstellung beigefügt; zur Frage 2 wurde ausgeführt, dass die entlang der ...-straße verlaufende Baugrenze aufgrund einer damaligen Starkstromleitung ca. 24 m tief in das Grundstück versetzt worden sei. Diese Stromleitung sei jedoch etwa 1970 aufgelöst worden. In dem Trassenbereich der ehemaligen Stromleitung seien zwischenzeitlich Gebäude ohne Berücksichtigung der Baugrenzen genehmigt worden.

Unter dem 15. Juni 2015 erließ die Beklagte nach Plan-Nr. ... einen negativen Vorbescheid. Unter Darstellung der baurechtlichen Situation im Quartier ...-straße/...-straße/...-straße/...-straße wurde die Frage 1 mit „nein“ beantwortet. Zur Begründung wurde ausgeführt: Es werde davon ausgegangen, dass die Baugrenze hier nicht als obsolet anzusehen sei, weil ihr hier für die Bebauung innerhalb des Quartiers durchaus steuernde Bedeutung zukomme. Anstelle der Straßenrandbebauung in der ...-straße habe die Baugrenze hier eine geordnete zurückgesetzte Bebauung mit einem breiten straßenseitigen, begrünten Gartenbereich ermöglicht. Auch wenn der ursprüngliche Festsetzungsgrund für die Baugrenze (Hochspannungsleitung) weggefallen sei, komme der Baugrenze diese ordnende Bedeutung noch zu. Das beantragte vordere bzw. westliche Gebäude stehe im Widerspruch zu den Festsetzungen des Bebauungsplanes, da es die festgelegte Baugrenze um etwa 16 m (im Mittelmaß) überschreite und sich somit ganz außerhalb des Bauraumes befinde. Die Erteilung einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB komme nicht in Frage, da hierdurch die Grundzüge der Planung berührt werden würden. Die vom Bauherren genannten Bezugsfälle „...-str. 20“ und „...-str. 10“ lägen beide innerhalb des Bauraumes und überschritten die Baugrenze nicht. Eine zweireihige Bebauung stehe dem planerischen Grundkonzept grundsätzlich entgegen und würde zu städtebaulichen Spannungen führen. Hier liege auch der Unterschied zu den Gebäuden „...-str. 24 a und b“ und „...-str. 19 a, 19 b, 21, 21 a und 21 b“ sowie „...-str. 23 und 23 a“. Die Schließung der beiden „Bauraumlücken“ mit einer Befreiung von der Baugrenze nach § 31 Abs. 2 BauGB habe hier zugelassen werden können, da der ursprüngliche Planungsgedanke erhalten geblieben sei bzw. habe weitergeführt werden können, ohne die vorhandene Situation zu belasten. Selbst wenn man die Baugrenze als obsolet ansehen würde, sei eine faktische vordere Baugrenze entstanden, die die Bebauung in dem Quartier entlang der ...-straße präge. Ein zweites Gebäude könnte als Bezugsfall für die Bebauung aller weiteren Grundstücke herangezogen werden; diese Entwicklung würde die vorhandene Situation in Bewegung bringen, erheblich belasten und somit verschlechtern.

Auch füge sich das zweite Gebäude hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht in seine maßgebliche Umgebung ein, weil es diesbezüglich den vorgegebenen Rahmen verlasse und städtebauliche Spannungen hervorrufe. Weder für die beantragte Wandhöhe „W 1“ mit 6,48 m noch für die Wandhöhe „W 2“ mit 8,63 m des Terrassengeschosses, welches sich nicht in die Kubatur eines zulässigen Satteldaches einfüge, gebe es im Quartier einen Bezugsfall. Die im Geviert vorhandene maximale Wandhöhe liege bei 6 m, wobei dieses Gebäude (...-str. 20) ein sehr flach geneigtes Dach mit einer Firsthöhe von 7 m besitze. Das Vorhaben könne daher nicht zugelassen werden, da es in der abgefragten Form (E + 1 + D) das Gesamtbild beeinträchtige und Unruhe in die vorgegebene Situation bringe. Dies würde städtebauliche Spannungen auslösen und bewirke insoweit eine ins Gewicht fallende Verschlechterung der Situation. Weil das vordere Gebäude (außerhalb des Bauraumes) grundsätzlich planungsrechtlich negativ beurteilt werde, erübrige sich eine weitergehende Beantwortung hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung bzw. es gelte analog die Beurteilung des vorgenannten östlichen Gebäudes im Bauraum.

Die Frage 2 wurde ebenfalls negativ mit der Begründung beantwortet, dass die Überschreitung der Baugrenze mit dem geplanten westlichen Haus an der ...-straße nicht zulässig sei und die Erteilung einer Befreiung nicht in Frage käme.

Auch die Frage 3 wurde im Hinblick auf die Höhenentwicklung und die grundsätzlich negative Beurteilung des westlich geplanten Hauses negativ beantwortet.

Hinsichtlich der Frage 4 wurde ausgeführt, dass das Bauvorhaben grundsätzlich negativ beurteilt werde und sich eine weitergehende Beantwortung der Frage erübrige.

Der Bescheid vom 15. Juni 2015 wurde dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 22. Juni 2015 zugestellt.

Mit einem am 26. Juni 2015 beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz vom 25. Juni 2015 erhoben die Bevollmächtigten des Klägers Klage mit dem Antrag,

1. der Vorbescheid vom 15. Juni 2015 wird bezüglich der Beantwortung der Frage 1 aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, den Vorbescheidsantrag bezüglich der Frage 1 positiv zu beantworten dahin, dass eine Bebauung des Grundstücks ...-str. 22 mit zwei Einfamilienhäusern gemäß Plandarstellung bauplanungsrechtlich zulässig ist, sich das Vorhaben also gemäß § 34 BauGB hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.

Mit Schriftsatz vom 9. Juli 2015 begründeten die Bevollmächtigten des Klägers die Klage:

Der einfache Bebauungsplan mit der Festsetzung einer vorderen Baugrenze sei obsolet geworden. Hierbei bezogen sie sich unter anderem auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Urteil vom 21. August 2000 (2 B 99.2166) und im Urteil vom 19. August 1994 (2 B 92.1267), wobei das letztgenannte Urteil den gleichen Fall wie den hier vorliegenden - nämlich eine Baulinienfestsetzung auf der Basis von nicht mehr benötigten Hochspannungsleitungen - betroffen habe. Es gehe auch im vorliegenden Fall nicht um eine Bebauung entlang der ...-straße; vielmehr sei Gegenstand des Bauantrages die Bebauung entlang der ...-straße. Hier bestehe keine faktische Baugrenze. Auch sei schlichtweg nicht nachvollziehbar, warum die Gebäude ...-str. 24 a und b im Norden bzw. ...-str. 19 a und b sowie 21 im Süden von der Beklagten mit der Begründung „Schließung der beiden Bauraumlücken“ genehmigt worden seien und welcher „Planungsgedanke hierbei erhalten geblieben ist bzw. weitergeführt werden konnte, ohne die vorhandene Situation zu belasten“ (Bescheid S. 3).

Mit Schreiben vom 17. Februar 2016 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurden die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid vertieft; darüber hinaus wurde ausgeführt:

Im Geviert seien sämtliche Grundstücke lediglich mit einem Gebäude (plus Nebengebäude) bebaut. Die Bebauung mit zwei Wohnhäusern habe keinen Bezugsfall. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... in der Vergangenheit nur ein Grundstück gewesen seien. Bislang habe nämlich eine Teilung des Grundstücks - wie vom Kläger vermutlich intendiert - noch nicht stattgefunden. Die Grundstücke mit den Fl.Nrn. ... und ... fielen aufgrund ihrer Größe auch aus dem Rahmen des maßgeblichen Gevierts und prägten dieses daher nicht. Die Prägung des Gevierts erfolge vielmehr durch die übrigen, annähernd gleich großen Grundstücke, die allesamt nur mit einem Wohnhaus bebaut seien und über eine große Grünfläche verfügten.

Mit Schriftsatz vom 6. April 2016 erwiderten die Bevollmächtigten des Klägers den Schriftsatz der Beklagten vom 17. Februar 2016 und wiesen auf Folgendes hin:

Die Beklagte habe zwischenzeitlich mit Baugenehmigung vom 14. Oktober 2015 ein Doppelhaus auf dem streitgegenständlichen Grundstück genehmigt, das nicht nur mit seiner westlichen Hälfte die Baulinie überschreite. Auch sei die Grundfläche mit 363,43 m² ohne Terrassen fast identisch so groß wie die Grundfläche der beiden streitgegenständlichen Einfamilienhäuser mit 366,01 m². Wenn die beiden Doppelhäuser in den Augen der Beklagten zu keinem erheblichen Verlust an Grünflächen führten, könne dies wohl schlechterdings bei den streitgegenständlichen beiden Einfamilienhäusern der Fall sein.

Mit Schreiben vom 2. Mai 2016 ging die Beklagte nochmals auf das Vorbringen der Klagepartei im Schriftsatz vom 6. April 2016 ein.

Über die baulichen Verhältnisse auf dem streitgegenständlichen Grundstück sowie in dessen Umgebung hat das Gericht am 6. Juni 2016 Beweis durch Einnahme eines Augenscheins erhoben. Hinsichtlich der Feststellungen dieses Augenscheins sowie der anschließenden mündlichen Verhandlung, in der die Beteiligten ihre bereits schriftsätzlich angekündigten Anträge stellten, wird auf das Protokoll verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten sowie auf das Vorbringen der Beteiligten im Detail verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Der streitgegenständliche Vorbescheid vom 15. Juni 2001 verletzt durch die negative Beantwortung der Frage 1 - nur insoweit erfolgte auch eine Klageerhebung - den Kläger nicht in seinen Rechten, weshalb er insoweit keinen Rechtsanspruch auf die Erteilung eines positiven Vorbescheides hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Gemäß Art. 71 Satz 1 Bayerische Bauordnung (BayBO) kann vor Einreichung eines Bauantrags auf Antrag des Bauherren zu einzelnen in der Baugenehmigung zu entscheidenden Fragen vorweg ein schriftlicher Bescheid (Vorbescheid) erteilt werden. Als feststellender Verwaltungsakt stellt der Vorbescheid im Rahmen der vom Bauherrn gestellten Fragen die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den öffentlichrechtlichen Vorschriften, die Gegenstand der Prüfung sind, fest. Er entfaltet insoweit während seiner Geltungsdauer - in der Regel drei Jahre (Art. 71 Satz 2 BayBO) - Bindungswirkung für das nachfolgende Baugenehmigungsverfahren.

Gegenstand eines Vorbescheids können nach Art. 71 Satz 1 BayBO nur einzelne Fragen (auch eine Mehrzahl von Fragen) zu einem Bauvorhaben sein. Nach dem Sinn und Zweck des Vorbescheids, bindende Wirkung für ein nachfolgendes Baugenehmigungsverfahren zu erzeugen, sind einzelne Fragen solche, über die in der Baugenehmigung zu entscheiden ist. Die Fragen müssen danach zum einen einer gesonderten Beurteilung zugänglich sein und zum anderen ist zu fordern, dass diese sich auf ein konkretes (baugenehmigungspflichtiges) Vorhaben beziehen (vgl. BayVGH, U. v. 14.2.2008 - 15 B 06.3463 - NVwZ-RR 2008, 391 m. w. N.; Decker in: Simon/Busse, BayBO 2008, Art. 71 Rn. 71 ff.).

1. Zwar beurteilt sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens - soweit ein übergeleitetes Bauliniengefüge vorliegt - nach § 30 Abs. 3 Baugesetzbuch (BauGB) und - nur - im Übrigen nach § 34 BauGB.

Vorliegend beurteilt sich das Vorhaben aber ausschließlich nach § 34 BauGB, da die im westlichen Bereich des Quartiers...-straße/...-straße/...-straße/...-straße festgesetzte - vordere - Baugrenze obsolet geworden ist.

Die Annahme der Funktionslosigkeit einzelner Festsetzungen oder des gesamten Bebauungsplanes kommt zum einen in Betracht, wenn sich die bauliche Entwicklung in einem Gebiet in erheblichem Umfang im Widerspruch zu den planerischen Festsetzungen vollzogen hat. Zu fordern ist in diesem Fall allerdings, dass die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und offenkundig abweichen, dass der Bebauungsplan eine städtebauliche Gestaltungsfunktion im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB nicht mehr zu erfüllen vermag. Es ist darauf abzustellen, ob die Festsetzungen - unabhängig davon, ob sie in Teilen des Plangebietes noch durchsetzbar wären, bei einer Gesamtbetrachtung doch die Fähigkeit verloren haben, die städtebauliche Entwicklung in der durch das planerische Konzept vorgegebenen Richtung zu steuern (BVerwG, B. v. 9.10.2003 - 4 B 85/03 - juris Rn. 8; VG München, U. v. 5.5.2014 - M 8 K 14.1197 - juris Rn. 30).

Eine Funktionslosigkeit kann aber nicht nur eintreten, wenn die Bebauung von den planerischen Vorgaben wesentlich abweicht, sondern im Einzelfall auch dann, wenn sich die Sach- und Rechtslage nachträglich so verändert hat, dass ein Planvollzug auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen erscheint. Zwar treten Bebauungspläne - gleiches gilt für ein übergeleitetes Bauliniengefüge, das als einfacher Bebauungsplan fortgilt - nicht kraft Gesetzes allein durch Zeitablauf außer Kraft. Ein Bebauungsplan ist aber nach § 1 Abs. 3 BauGB nur erforderlich, wenn mit dessen Umsetzung realistischer Weise in einem - je nach den Umständen - zu bestimmenden Zeithorizont gerechnet werden kann. Ist danach zum Zeitpunkt des Planerlasses eine Erforderlichkeit zu bejahen, treten aber später Umstände auf, die einer Verwirklichung der Planung auf Dauer entgegenstehen, so liegt der Schluss nahe, die Funktionslosigkeit in einem solchen Falle nach denselben Maßstäben zu beurteilen, wie bei der planabweichenden tatsächlichen Entwicklung der Bebauung (vgl. BVerwG, B. v. 14.6.2007 - 4 BN 21/07 - juris Rn. 4; B. v. 22.7.2010 - 4 B 22/10 - juris Rn. 9 f.).

So liegt der Fall hier.

Die vordere Baugrenze entlang der ...-straße, die hier unbebaubare Fläche entlang der Straße mit einer Tiefe von bis zu 24 m festsetzte und sich nach Norden und nach Süden hin mit einer entsprechenden, der Trassenführung geschuldeten Festsetzung der Bauräume fortsetzte, war allein diesem Zweck geschuldet. Da diese Trasse für die Hochspannungsleitung seit etwa 1970 nicht mehr benötigt wurde, ist die hier festgesetzte vordere Baugrenze insoweit obsolet geworden.

Eine andere rechtliche Beurteilung kommt auch nicht deshalb in Frage, weil die Beklagte davon ausgeht, dass man der Baugrenzenfestsetzung nunmehr die - völlig andere - Funktion der Erhaltung von unbebauten Flächen zuordnen könne.

Die Festsetzung von Baulinien und Baugrenzen verfolgt - wie auch alle anderen bauplanerischen Festsetzungen in einfachen oder qualifizierten Bebauungsplänen - ein bestimmtes städtebauliches Ziel, das wiederum diese Festsetzung - die in der Regel eine Einschränkung der Baufreiheit bedeutet - auch rechtfertigen muss. Aus diesem Grund kann - wie die Beklagte offensichtlich meint - der städtebauliche Zweck einer Festsetzung nicht einfach ausgetauscht werden. Vielmehr ist die Festsetzung mit ihrem Zweck untrennbar verbunden. Entfällt dieser, dann entfällt auch die Rechtfertigung für die Festsetzung, weshalb ihr keine Funktion mehr zukommt. Will die Gemeinde nunmehr mit der gleichen oder einer ähnlichen Festsetzung einen anderen städtebaulichen Zweck verfolgen, muss sie die entsprechenden Vorgaben für planerische Festsetzungen beachten und insbesondere auch die nötige Abwägungsentscheidung treffen.

Abgesehen davon, dass ein solches Verfahren vorliegend nicht erfolgt ist, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, wieweit eine, durch die Westseite des Quartiers schräg gezogene vordere Baugrenze mit deutlichem Baurechtsverlust für die südlichen Grundstücke, die Anforderungen an eine sachgerechte Abwägung erfüllen könnte.

2. Nach dem hier allein maßgeblichen § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.

2.1 Nach der Art der baulichen Nutzung ist das Vorhaben unstreitig zulässig.

2.2 Das Vorhaben fügt sich vorliegend auch - entgegen der Ansicht der Beklagten - nach der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung ein.

Als „nähere Umgebung“ im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist der das Baugrundstück umgebende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder doch beeinflusst (BVerwG, U. v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369 - juris Rn. 33; B. v. 20.8.1988 - 4 B 79/88 - NVwZ-RR 1999, 105 - juris Rn. 7; BayVGH, U. v. 28.7.2004 - 2 B 03.54 - juris Rn. 21; U. v. 2.5.2006 - 2 B 05.787 - juris Rn. 15; B. v. 30.1.2013 - 2 ZB 12.198 - juris Rn. 3). Welcher Bereich als „nähere Umgebung“ anzusehen ist, hängt davon ab, inwieweit sich einerseits das geplante Vorhaben auf die benachbarte Bebauung und diese sich andererseits auf das Baugrundstück prägend auswirken (vgl. BayVGH, U. v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 19 m. w. N.). Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich allerdings nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (vgl. BVerwG, B. v. 28.8.2003 - 4 B 74.03 - juris Rn. 2; BayVGH, B. v. 30.1.2013 - 2 ZB 12.198 - juris Rn. 3).

Dabei ist die nähere Umgebung für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann (vgl. BayVGH, U. v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 9). Bei den Kriterien „Nutzungsmaß“ und „überbaubare Grundstücksfläche“ ist der maßgebliche Bereich in der Regel enger zu begrenzen als bei der Nutzungsart (vgl. BayVGH, B. v. 16.12.2009 - 1 CS 09.1774 - juris Rn. 21).

Als „maßgebliche Umgebung“ ist vorliegend jedenfalls hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche das Quartier ...-straße/...-straße/...-straße/...-straße anzusehen.

Das Vorhaben befindet sich auf einer Grundstücksfläche, die im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB überbaut werden darf. Der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB verwendete Parameter „Grundstücksfläche, die überbaut werden soll“ umfasst sowohl die konkrete Größe der Grundfläche der baulichen Anlage im Sinne einer absoluten Zahl als auch ihre räumliche Lage innerhalb der vorhandenen Bebauung (vgl. BVerwG, U. v. 15.4.1987 - 4 B 60/87 - juris Rn. 2; B. v. 16.6.2009 - 4 B 50/08 - juris Rn. 4). Damit werden an das zweite Tatbestandsmerkmal des Parameters „Grundstücksfläche, die überbaut werden soll“ Anforderungen an die räumliche Lage des Baukörpers auf dem Grundstück gestellt, bei denen zu prüfen ist, ob sich aus der als Vergleichsmaßstab heranzuziehenden Umgebungsbebauung Beschränkungen in Form von faktischen Baulinien/Baugrenzen entnehmen lassen, welche bei einer Realisierung des Bauvorhabens beachtet werden müssen. Vorliegend liegt das Vorhaben mit seiner von der Erschließungsstraße aus (vgl. BVerwG, B. v. 6.11.1997 - 4 B 172/97 - juris Rn. 7) zu bestimmenden Bebauungstiefe (rückwärtige Baugrenze) in dem, im maßgeblichen Quartier vorhandenen Rahmen. Dies gälte auch, wenn man beide Vorhaben als von der ...-straße erschlossen ansehen wollte, da die hier im Quartier bereits verwirklichte Bebauungstiefe von 42 m (...-str. 7) über der des Vorhabens läge (ca. 35 m). Im Hinblick darauf, dass hinsichtlich der Bebauungstiefe nur Anforderungen an die räumliche Lage des Baukörpers auf dem Grundstück in Bezug auf Beschränkungen in Form von faktischen Baugrenzen zu stellen sind, lassen sich - entgegen der Ansicht der Beklagten - bei der Bebauungstiefe keine Differenzierungen hinsichtlich eines einheitlichen Baukörpers oder einer Bebauung in zweiter Reihe treffen (vgl. auch: VG München, U. v. 30.6.2014 - M 8 K 13.218 - juris; U. v. 26.10.2015 - M 8 K 14.3339 - juris Rn. 40 und 44).

2.3 Allerdings fügt sich das Bauvorhaben - auch wenn man die gegenüberliegende Bebauung auf der Südseite der ...-straße miteinbeziehen würde - nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht in seine maßgebliche Umgebung ein, weil sich hier weder dreigeschossige Gebäude - wie die Vorbescheidsvorhaben - noch Gebäude mit dreigeschossiger Wirkung finden.

Der von der Klagepartei angeführte Vergleich hinsichtlich der Firsthöhe des Vorhabens, die - allerdings von der Beklagten bestritten - die der Firste der Umgebungsbebauung nicht überschreiten würde, greift schon deshalb nicht, da bei Gebäuden, deren Firsthöhe der des Vorhabens entsprechend könnte, First- und Wandhöhe nicht identisch sind. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung ist bei der Prüfung des Maßes der baulichen Nutzung im Innenbereich auf die nach außen wirkenden Größen wie Grundfläche und Höhe der baulichen Anlage in ihrer Gesamterscheinung, also der Kubatur, abzustellen und nicht auf die in §§ 16 ff. Baunutzungsverordnung (BauNVO) enthaltenen Definitionen bzw. Kriterien, die allenfalls eine grobe Orientierungshilfe darstellen (vgl. BVerwG, U. v. 23.3.1994 - 4 C 18/92 - juris). Daher verbietet es sich in einer Art „Rosinentheorie“, dass sich das Vorhaben zur Rahmenfestlegung an mehreren Gebäuden gleichzeitig orientiert, welche bezüglich eines dieser absoluten Faktoren einen Maximalwert darstellen und diese Einzelwerte dann kombiniert werden. Ein Vorhaben kann sich also nicht gleichzeitig an der größtmöglichen Grundfläche, der höchsten Wandhöhe und/oder Firsthöhe von jeweils verschiedenen Gebäuden orientieren (st. Rspr. der Kammer, z. B. U. v. 12.12.2011 - M 8 K 11.1141 - juris Rn. 41 und U. v. 11.5.2015 - M 8 K 14.3076 - juris Rn. 33).

Dementsprechend kann sich das Vorhaben mit identischer Wand- und Firsthöhe (Flachdachgebäude) nicht an der Firsthöhe von Gebäuden mit unterschiedlicher Wand- und Firsthöhe orientieren, da sich insoweit völlig unterschiedliche Kubaturen ergeben.

Dem Vorhaben vergleichbare Kubaturen finden sich in der Umgebung nicht; vielmehr verfügen die meisten Gebäude nur über ein Geschoss und ein ausgebautes Dachgeschoss bzw. über zwei Geschosse mit Flachdach; soweit einzelne Gebäude mit zwei Geschossen und ausgebautem Dachgeschoss vorhanden sind, treten diese Dachgeschosse ganz offensichtlich nicht wie ein Vollgeschoss in Erscheinung.

Diese erstmals in der maßgeblichen Umgebung verwirklichte Dreigeschossigkeit ist aufgrund ihrer Vorbildwirkung auch geeignet, städtebauliche Spannungen zu begründen.

Im Hinblick darauf kommt es nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob auch das durch das Vorhaben verwirklichte Verhältnis „bebauter Fläche“ zu „unbebauter Fläche“ in der maßgeblichen Umgebung vorbildlos ist.

Entgegen der Ansicht der Beklagten dürften allerdings - unabhängig von einer etwaigen Teilung des bisher einheitlichen Vorhabengrundstücks - die Grundstücke ...-str. 20 (Fl.Nr. ...) und ...-str. 10 (Fl.Nr. ...) ein entsprechendes Vorbild für das von dem Vorhaben verwirklichte Verhältnis „bebauter Fläche“ zu „unbebauter Fläche“ abgeben.

3. Aufgrund des Vorhabenbezugs eines Vorbescheidsantrages bzw. dessen einzelner Fragen, konnte - entgegen der Auffassung und Absicht der Bevollmächtigten des Klägers - die Frage 1 des Vorbescheidsantrages vom 8. Dezember 2014 auch nicht dahingehend reduziet werden, dass isoliert die Frage hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche zur Beurteilung gestellt wird.

Sämtliche, in einem Vorbescheidsantrag gestellten Fragen müssen sich auf ein konkretes (baugenehmigungspflichtiges) Vorhaben beziehen (vgl. BayVGH, U. v. 14.2.2008 - 15 B 06.3463 - juris). Dieses konkrete Vorhaben ist vorliegend durch die eingereichten Pläne definiert und kann daher nur in dieser definierten Form konkret beurteilt werden.

Anderenfalls enthielte der Vorbescheidsantrag in Frage 1 nur eine abstrakte Rechtsfrage, die nicht zulässig ist (vgl. BayVGH, U. v. 14.2.2008 - a. a. O.).

4. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 25.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Juni 2016 - M 8 K 15.2674

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Juni 2016 - M 8 K 15.2674

Referenzen - Gesetze

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 67


(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen. (2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaate

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Baugesetzbuch - BBauG | § 1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung


(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. (2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und d

Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG | § 3 Gerichtliche Vertretung


(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich: 1. § 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169

Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG | § 5 Diplom-Juristen aus dem Beitrittsgebiet


Personen, die bis zum 9. September 1996 die fachlichen Voraussetzungen für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 4 des Rechtsanwaltsgesetzes vom 13. September 1990 (GBl. I Nr. 61 S. 1504) erfüllt haben, stehen in den nachfolgenden Vorschriften

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

Baugesetzbuch - BBauG | § 30 Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans


(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsfl

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Juni 2016 - M 8 K 15.2674 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Juni 2016 - M 8 K 15.2674 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Mai 2015 - M 8 K 14.3076

bei uns veröffentlicht am 11.05.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München Aktenzeichen: M 8 K 14.3076 Im Namen des Volkes Urteil vom 11. Mai 2015 8. Kammer Sachgebiets-Nr. 920 Hauptpunkte: Einfügen im Sinn von § 34 Abs.

Verwaltungsgericht München Urteil, 26. Okt. 2015 - M 8 K 14.3339

bei uns veröffentlicht am 26.10.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München Aktenzeichen: M 8 K 14.3339 Im Namen des Volkes Urteil vom 26. Oktober 2015 8. Kammer Sachgebiets-Nr. 920 Hauptpunkte: Zulässige Frage im Vorbescheidsv

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 22. Juli 2010 - 4 B 22/10

bei uns veröffentlicht am 22.07.2010

Gründe 1 Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.

Referenzen

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Gründe

1

Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.

2

1. Die Rechtssache hat nicht die von der Klägerin geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung.

3

1.1 Für rechtsgrundsätzlich bedeutsam hält die Klägerin die Frage, ob der sogenannte Schumacher-Bebauungsplan aus den Jahren 1919/1924 - wie vom Oberverwaltungsgericht angenommen - obsolet ist. Diese Frage sei für eine Vielzahl weiterer am Rande des Grüngürtels gelegener Gebäude von Bedeutung.

4

Damit ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dargelegt. Hierfür ist es erforderlich, eine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu formulieren und anzugeben, worin die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328; stRspr). Daran lässt es die Beschwerde fehlen. Ihre Frage ist auf einen bestimmten Plan und die im Plangebiet gegebenen örtlichen Verhältnisse zugeschnitten. Ihrem Vorbringen lässt sich auch nicht sinngemäß entnehmen, welche Rechtsfrage losgelöst von diesen im vorliegenden Einzelfall gegebenen Umständen der revisionsgerichtlichen Klärung bedürfen sollte.

5

1.2 Ohne einen bestimmten Zulassungsgrund zu benennen, macht die Klägerin geltend, dass die Obsoleterklärung des Schumacher-Bebauungsplans Art. 14 GG verletze. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zeigt sie auch insoweit nicht auf. Welche Rechtsfrage bei der Auslegung des Art. 14 GG zu klären sein sollte, ist ihrem Vorbringen nicht zu entnehmen.

6

2. Die von der Klägerin geltend gemachte Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt nicht vor. Das angefochtene Urteil weicht weder von dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Oktober 2003 - BVerwG 4 B 85.03 - (BRS 66 Nr. 52) noch von dem Urteil vom 18. November 2004 - BVerwG 4 CN 11.03 - (BVerwGE 122, 207) ab.

7

2.1 Im Beschluss vom 9. Oktober 2003 hat der Senat den Rechtssatz aufgestellt, dass eine bauplanerische Festsetzung funktionslos sein kann, wenn und soweit die tatsächlichen Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, ihre Verwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließen und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Die Beschwerde macht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe sinngemäß den hiervon abweichenden Rechtssatz aufgestellt, dass sich die Erkennbarkeit der Funktionslosigkeit eines übergeleiteten Bebauungsplans aus der Vorkriegszeit ohne weiteres aus der (allgemeinen) Kriegs- und Nachkriegsentwicklung herleiten lässt, so dass es auf eine Prüfung der vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Anforderungen nicht ankommt.

8

Ein solcher Rechtssatz ist dem Urteil nicht zu entnehmen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Voraussetzungen für das Funktionsloswerden eines Bebauungsplans im Rahmen der Prüfung des Bebauungsplans 6546 0/04 zutreffend dargelegt (UA S. 10). Ausgehend hiervon hat es weiter dargelegt, dass auch der Bebauungsplan (Schumacher-Plan) für das Gebiet der Umlegung II aus den Jahren 1919/1924 infolge der Kriegs- und Nachkriegsentwicklung obsolet sei (UA S. 12). Damit hat es nicht den Rechtssatz aufgestellt, dass Bebauungspläne aus der Vorkriegszeit, auch wenn sie nach § 173 Abs. 3 BBauG 1960 übergeleitet wurden (vgl. UA S. 6), von vornherein keine Wirksamkeit mehr entfalten können. Es hat vielmehr ausgehend von den Voraussetzungen für die Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans die Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse im Gebiet des Schumacher-Plans gewürdigt.

9

2.2 In dem Urteil vom 18. November 2004 hat der Senat den Rechtssatz aufgestellt, dass bloße Zweifel an der Verwirklichungsfähigkeit eines Plans nicht zu seiner Funktionslosigkeit führen; er tritt nur außer Kraft, wenn offenkundig ist, dass er als Instrument für die Steuerung der städtebaulichen Entwicklung nicht mehr tauglich ist (a.a.O. S. 214). Die Beschwerde macht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe hiervon abweichend das Offensichtlichkeitsurteil auf eine bloße Erkennbarkeit reduziert. Es habe bezogen auf den Bebauungsplan 6546 0/04 sinngemäß den Rechtssatz aufgestellt, dass für die Funktionslosigkeit die Erkennbarkeit darüber ausreicht, dass die Motivation der Gemeinde für den Erlass des Bebauungsplans nachträglich entfallen ist.

10

Auch einen solchen Rechtssatz hat das Oberverwaltungsgericht nicht aufgestellt. Zu den Voraussetzungen für das Außerkrafttreten eines Bebauungsplans wegen Funktionslosigkeit hat es ausgeführt: Die Funktionslosigkeit beruhe in tatsächlicher Hinsicht auf einer erkennbar dauerhaften Änderung der faktischen Umstände im Widerspruch zu den Planfestsetzungen; in normativer Hinsicht sei erforderlich, dass die Erkennbarkeit der Abweichung einen Grad erreicht hat, der eine Verwirklichung der Festsetzung realistischer Weise nicht mehr erwarten lässt und deshalb einem in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt; wann von einem solchen Grad der Erkennbarkeit die Rede sein könne, lasse sich nicht abstrakt bestimmen, sondern bedürfe einer wertenden Entscheidung unter Berücksichtigung u.a. der Art der Festsetzung, des Maßes der Abweichung und der Irreversibilität der entstandenen tatsächlichen Verhältnisse (UA S. 10). Mit diesen Ausführungen hat es die Anforderungen an die Offensichtlichkeit der nachträglichen Veränderungen nicht reduziert, sondern sie lediglich im Anschluss an die Rechtsprechung des Senats umschrieben. Der Senat selbst hat bei der Prüfung der Offenkundigkeit auf die Erkennbarkeit abgestellt und ausgeführt, dass die zur Funktionslosigkeit führende Abweichung zwischen der planerischen Festsetzung und der tatsächlichen Situation in ihrer Erkennbarkeit einen Grad erreicht haben muss, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (Urteil vom 29. April 1977 - BVerwG 4 C 39.75 - BVerwGE 54, 5 <11>).

11

Das Oberverwaltungsgericht hat die Ausweisung von Verkehrsflächen in dem Bebauungsplan aus dem Jahr 1969 als funktionslos angesehen, weil der geplante Ausbau der Stadtautobahn seither nicht verwirklicht und nicht Bestandteil des Generalverkehrsplans geworden sei (UA S. 10 f.). Außerdem habe das Bundesverwaltungsgericht einem Straßenbauvorhaben die Planrechtfertigung abgesprochen, wenn die Verwirklichung innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren ausgeschlossen erscheine. Für Bebauungspläne, die die Planfeststellung ersetzen, könne nicht entscheidend anderes gelten (UA S. 11). Auch mit diesen Erwägungen ist das Oberverwaltungsgericht nicht von der dargelegten Rechtsprechung zum Außerkrafttreten eines Bebauungsplans wegen Funktionslosigkeit abgewichen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein planfeststellungsersetzender Bebauungsplan, der die Trasse einer Landesstraße festsetzt, grundsätzlich nicht erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB, wenn die Verwirklichung des Vorhabens innerhalb eines Zeitraums von etwa zehn Jahren nach In-Kraft-Treten des Plans ausgeschlossen erscheint (Urteil vom 18. März 2004 - BVerwG 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239). Nicht nur planwidrige Grundstücksnutzungen, sondern auch andere Umstände wie das Fehlen der benötigten Finanzmittel (Urteil vom 18. März 2004 a.a.O. S. 241) können hiernach ein tatsächliches Hindernis sein, das der Verwirklichung der Planung auf unabsehbare Zeit entgegensteht und deshalb unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit ausschließt, dass der Plan wirksam wird. Liegen solche Hindernisse im Zeitpunkt der Planung noch nicht vor, treten sie aber später ein, so liegt der Schluss nahe, die Funktionslosigkeit nach denselben Maßstäben zu beurteilen; die Wertungsparallelität erlaubt die allgemeine Folgerung, dass ein Bebauungsplan funktionslos werden kann, wenn sich die Sach- oder Rechtslage nachträglich so verändert hat, dass ein Planvollzug auf unüberschaubare Zeit ausgeschlossen erscheint (Urteil vom 18. November 2004 - BVerwG 4 CN 11.03 - BVerwGE 122, 207 <214>). Ausgehend hiervon kann ein Bebauungsplan, der Verkehrsflächen für den Bau einer Straße festsetzt, auch deshalb funktionslos werden, weil die Gemeinde den Bau der Straße - wie das Oberverwaltungsgericht hier bei dem mehr als 40 Jahre alten Plan angenommen hat - endgültig aufgegeben hat und dies offenkundig ist.

12

3. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.

13

3.1 In Bezug auf die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Schumacher-Bebauungsplan sei obsolet, erhebt die Klägerin drei Verfahrensrügen:

14

3.1.1 Die genannte Annahme stelle eine Überraschungsentscheidung dar und verletze daher ihren Anspruch auf rechtliches Gehör.

15

Ein gerichtliches Urteil stellt nur dann ein unzulässiges Überraschungsurteil dar, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit welcher insbesondere der unterlegene Beteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte (Beschluss vom 14. April 2010 - BVerwG 4 B 78.09 - DVBl 2010, 839 Rn. 9). Hier musste die Klägerin auch ohne einen gerichtlichen Hinweis damit rechnen, dass das Oberverwaltungsgericht ihrem erstmals im Berufungsverfahren gebrachten Vortrag zum Fortwirken des Bebauungsplans aus den Jahren 1919/1924 nicht folgen würde.

16

3.1.2 Die Begründung, dass der Plan "infolge der Kriegs- und Nachkriegsentwicklung" obsolet sei, sei so floskelhaft und inhaltsleer, dass das Urteil in diesem Punkt nicht mit Gründen versehen sei (§ 138 Nr. 6 VwGO).

17

Nicht mit Gründen versehen im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO ist eine Entscheidung nur, wenn die Entscheidungsgründe ihre Funktion, die Beteiligten über die dem Urteil zugrundeliegenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen zu unterrichten und dem Rechtsmittelgericht die Nachprüfung der Entscheidung auf ihre inhaltliche Richtigkeit in prozessrechtlicher und materiellrechtlicher Hinsicht zu ermöglichen, nicht mehr erfüllen (Beschluss vom 3. Dezember 2008 - BVerwG 4 BN 25.08 - BRS 73 Nr. 41 Rn. 9). Die Vorschrift greift nicht schon dann, wenn die Entscheidungsgründe lediglich unklar, unvollständig, oberflächlich oder unrichtig sind (Beschluss vom 5. Juni 1998 - BVerwG 9 B 412.98 - NJW 1998, 3290). Gemessen hieran liegt ein Verfahrensmangel nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht ist auf das Vorbringen der Klägerin eingegangen; es hat den aus seiner Sicht entscheidenden Gesichtspunkt für das Obsoletwerden des Plans benannt.

18

3.1.3 Vorsorglich rügt die Klägerin schließlich eine Verletzung der Aufklärungspflicht. Die Frage nach der ersatzweise geltenden planungsrechtlichen Grundlage für das bereits vor dem 2. Weltkrieg in der Kölner Innenstadt errichtete Gebäude habe sich aufgedrängt.

19

Damit ist eine Verletzung der Aufklärungspflicht nicht schlüssig dargelegt. Die Klägerin legt nicht - wie dies erforderlich wäre (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328) - dar, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen voraussichtlich getroffen worden wären und warum sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne einen entsprechenden Beweisantrag hätten aufdrängen müssen.

20

3.2 Darüber hinaus rügt die Klägerin eine Verletzung rechtlichen Gehörs, und zwar unter acht Gesichtspunkten:

21

3.2.1 Das Oberverwaltungsgericht habe über die zwischen den Parteien streitige Rechtsfrage, wie weit der Bestandsschutz für die beiden vor der Giebelwand stehenden Eurotafeln reiche, nicht entschieden.

22

Geht das Gericht auf das Vorbringen eines Beteiligten nicht ein, kann darin eine Verletzung rechtlichen Gehörs nur liegen, wenn das Vorbringen nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts entscheidungserheblich war (BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <146>; BVerwG, Beschluss vom 31. August 2006 - BVerwG 4 BN 25.06 - juris Rn. 4). Da das Vorhaben nach dem Rechtsstandpunkt des Oberverwaltungsgerichts bereits wegen des Verstoßes gegen das Werbeverbot im Außenbereich (§ 13 Abs. 3 BauO NRW) nicht genehmigungsfähig war, kam es auf den sonstigen Vortrag der Klägerin zur baurechtlichen Zulässigkeit ihres Vorhabens nicht an (UA S. 14).

23

Soweit die Klägerin im Rahmen der Gehörsrüge eine Rechtsfrage zur Reichweite des Bestandsschutzes nach Art. 14 GG formuliert (S. 19 der Beschwerdebegründung), kommt auch eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht in Betracht. Die Frage ist auf die Umstände des hier gegebenen Einzelfalls zugeschnitten. Außerdem ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass es außerhalb der gesetzlichen Regelungen einen Anspruch auf Zulassung eines Vorhabens aus eigentumsrechtlichem Bestandsschutz nicht gibt (Urteil vom 12. März 1998 - BVerwG 4 C 10.97 - BVerwGE 106, 228).

24

3.2.2 Das Oberverwaltungsgericht habe sich - wie die Fragen des Berichterstatters während der Ortsbesichtigung zeigten - auf eine von den Parteien nicht gefragte Fehlersuche begeben.

25

Eine Verletzung rechtlichen Gehörs ergibt sich aus diesem Vorbringen nicht. Im Übrigen stellt die vom Bundesverwaltungsgericht gelegentlich ausgesprochene Mahnung, die Tatsachengerichte sollten nicht "gleichsam ungefragt" auf Fehlersuche gehen, keinen Rechtssatz dar; sie umschreibt lediglich eine Maxime richterlichen Handelns (Beschluss vom 14. April 2010 a.a.O. Rn. 60).

26

3.2.3 Das Oberverwaltungsgericht habe die Fehlersuche auf den Bebauungsplan aus dem Jahr 1969 erstreckt, obwohl die Beteiligten sich nicht auf dessen Unwirksamkeit berufen hätten.

27

Auch insoweit legt die Klägerin nicht dar, inwiefern dadurch ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sein sollte.

28

3.2.4 Das Oberverwaltungsgericht sei der Frage nach einer ersatzweise geltenden planungsrechtlichen Grundlage für bereits vor dem 2. Weltkrieg errichtete Gebäude nicht nachgegangen. Dadurch habe es nicht nur seine Aufklärungspflicht (3.1.3), sondern auch den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt.

29

Das Oberverwaltungsgericht hat den Vortrag der Klägerin zum Schumacher-Bebauungsplan zur Kenntnis genommen (UA S. 6) und erwogen (UA S. 12). Dass es der Rechtsauffassung der Klägerin nicht gefolgt ist, verletzt ihren Anspruch auf rechtliches Gehör nicht.

30

3.2.5 Aus diesem Grund führt auch die Rüge, dass das Oberverwaltungsgericht den Schumacher-Bebauungsplan trotz des Vortrags der Klägerin als obsolet angesehen habe, nicht zum Erfolg.

31

3.2.6 Das Oberverwaltungsgericht habe das klägerische Haus von dem Bebauungszusammenhang auf der gegenüberliegenden Straßenseite abgetrennt und zwar mit dem einzigen und nicht tragenden Argument, dass die Breite der Straße den Bebauungszusammenhang hindere. Gleichwohl habe es das Haus unter Übergehung einer anderen mehrspurigen Straße dem Grüngürtel zugeordnet.

32

Mit diesen Angriffen gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Oberverwaltungsgerichts kann ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht begründet werden; die gerügten Fehler wären - wenn sie vorlägen - nicht dem Verfahrensrecht, sondern der Anwendung materiellen Rechts zuzuordnen. Die geltend gemachte Verletzung von § 34 BauGB kann auch nicht gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zur Zulassung der Revision führen. Hierfür fehlt die Formulierung einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage. Die Beschwerde kritisiert lediglich die tatrichterliche Würdigung der hier gegebenen örtlichen Verhältnisse.

33

3.2.7 Das Oberverwaltungsgericht habe den als Park angelegten, sich um die Kölner Innenstadt ziehenden Grüngürtel trotz der dort vorhandenen Sport- und Spielplätze als "Außenbereich im Innenbereich" eingeordnet, ohne sich damit auseinander zu setzen, dass Sport- und Spielplätze im Außenbereich grundsätzlich unzulässig seien.

34

Hätte das Oberverwaltungsgericht das klägerische Grundstück zu Unrecht bebauungsrechtlich als Außenbereich qualifiziert, läge auch darin kein Verfahrensfehler, sondern eine Verletzung materiellen Rechts im vorliegenden Einzelfall.

35

3.2.8 Das Oberverwaltungsgericht habe das klägerische Begehren wegen des Verunstaltungsverbots in § 13 Abs. 3 BauO NRW zurückgewiesen, ohne den Vorrang des Bundesrechts zu berücksichtigen. Einem Vorhaben nach § 35 Abs. 4 Nr. 6 BauGB dürfe das Verunstaltungsverbot nicht entgegengehalten werden. Die bereits vorhandene werbliche Nutzung der Giebelwand stelle eine betriebliche Nutzung im Sinne dieser Vorschrift dar.

36

Auch dieser Vortrag betrifft das materielle Recht; er ist nicht geeignet, einen Verfahrensmangel darzulegen.

37

3.2.9 Eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör lässt sich schließlich nicht - wie die Klägerin offenbar meint - aus einer Gesamtschau der vorgenannten Gesichtspunkte herleiten.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 8 K 14.3339

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 26. Oktober 2015

8. Kammer

Sachgebiets-Nr. 920

Hauptpunkte:

Zulässige Frage im Vorbescheidsverfahren

hinsichtlich überbaubarer Grundstücksfläche keine Unterscheidung bezüglich Bebauung in zweiter Reihe oder einem einheitlichen, die zulässige Tiefe ausschöpfenden Gebäude zulässig;

Maß der baulichen Nutzung/Verhältnis bebauter zu unbebauter (Frei-)Fläche

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagte -

wegen Vorbescheid ... Str. 8, FlNr. ... Gemarkung ...

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 8. Kammer,

durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. Oktober 2015 am 26. Oktober 2015 folgendes Urteil:

I.

Der Vorbescheid der Beklagten vom ... Juli 2014 Plan-Nr. ... wird hinsichtlich der Antwort zu Frage 2 aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, die Frage 2 nach der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens positiv zu beantworten.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Am 15. April 2014 stellte die Klägerin einen Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids für einen Anbau an das Bestandsgebäude ... Str. 8, FlNr. ..., Gemarkung ....

Hiernach war im rückwärtigen, westlichen Grundstücksbereich ein zweigeschossiges Gebäude mit ausgebautem Dachgeschoss unter einem 9,29° geneigten Pultdach als Anbau an eine zweigeschossige Doppelhaushälfte mit ausgebautem Dachgeschoss vorgesehen. Das Bestandsgebäude und den rückwärtigen Anbau mit E + 1 + Dachgeschoss sollte ein zweigeschossiger Gebäudeteil mit Flachdach verbinden, der eine Höhe von 5,70 m erreicht. Auf der Südseite sollte das Rückgebäude im östlichen Teil auf einer Länge von 4 m eine Traufhöhe von 5,70 m erhalten, das Dachgeschoss wird hier um 2,20 m zurückgesetzt, wobei die Dachneigung 70° und die Oberkante des Firstes 8,90 m beträgt. Westlich dahinter erhält die gesamte südliche Außenwand auf einer Länge von weiteren 4 m eine Dachneigung von 70° und wird als Glasfassade gestaltet. Der westlichste Teil der Südseite wird auf einer Länge von knapp 1 m um 0,80 m nach Norden eingerückt. Die Oberkante der Traufe des Erdgeschosses beträgt an der Westseite 2,90 m, das erste Obergeschoss und das Dachgeschoss werden hier um 0,80 m zurückgesetzt. An der Nordseite wird das erste Obergeschoss und das Dachgeschoss im östlichen Bereich um 1,60 m und im westlichen Bereich um 2 m zurückgesetzt. Die Oberkante der Traufe des insoweit vorgesetzten Erdgeschossteils beträgt 2,90 m. Die Außenwand des ersten Obergeschosses und des Dachgeschosses hat eine Neigung von 70°, die Traufe des Dachgeschosses liegt bei 7,75 m.

Bild

(Lageplan aufgrund Einscannens evtl. nicht mehr maßstabsgetreu)

Der Vorbescheidsantrag enthielt folgende Fragen:

1. „Ist ein Anbau an das Bestandsgebäude in der dargestellten Form zulässig?“

Hierbei wurde zur Begründung auf vergleichbare Bebauungen im Geviert Bezug genommen.

2. „Ist die Einfügung nach § 34 BauGB gegeben?“

Um das Einfügen zu belegen, wurden diverse Trauf- und Firsthöhen sowie die überbauten Flächen im Geviert detailliert dargestellt und die überbaute Fläche beim Neubau mit 156 m² und beim Bestand mit 164 m² angegeben.

3. „Sind die Abstandsflächen richtig berechnet und damit keine nachbarrechtlichen Belange gemäß Art. 6 BayBO bzw. § 34 Abs. 1 BauGB beeinträchtigt?“

4. „Ist eine Stellplatzablöse möglich, falls im Anbau mehr als zwei Wohnungen neu geschaffen werden und die vorhandenen Stellplätze in der Tiefgarage damit nicht ausreichen?“

Unter dem ... Juli 2014 beantwortete die Beklagte unter Darstellung der für das Baugrundstück und seiner Umgebung geltenden rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen die Fragen des Vorbescheidsantrags vom 15. April 2014 nach Plan-Nr. ... folgendermaßen:

1. Antwort:

Die Frage ist zu allumfassend und somit als Einzelfrage im Vorbescheid nicht zulässig. Die Frage wird deshalb nur hinsichtlich der planungsrechtlichen Zulässigkeit beantwortet. Die Beantwortung erfolgt wie Frage 2.

2. Antwort:

Nein. Die insgesamte Baukörpertiefe des Gesamtbaukörpers ist so im Quartier nicht vorhanden. Das Vorhaben führt zusammen mit dem Verbindungsbau zu einer in der näheren Umgebung atypischen Baukörpertiefe. Auch wenn die Bebauungstiefe in dem Quartier vorhanden ist, wird dadurch ein neuer Typus geschaffen, der geeignet ist, auf mehreren Grundstücken zu einer ungeregelten Nachverdichtung beizutragen. Ferner führt die Bebauung zu einer sehr großen Enge auf dem Baugrundstück. Mit der geplanten Baumaßnahme werden somit städtebauliche Spannungen ausgelöst.

3. Antwort:

Diese allumfassende Frage ist nicht zulässig und wird somit nicht beantwortet. Es handelt sich hier um eine Baumaßnahme, die unter das vereinfachte Genehmigungsverfahren fällt. Somit sind auch in einem Bauantrag die Prüfung der Abstandsflächen nicht im Prüfumfang enthalten.

4. Antwort:

Es wird nicht angegeben, wie viele Stellplätze abgelöst werden sollen, somit ist die Frage zu pauschal und kann nicht abschließend beantwortet werden.

Der Vorbescheid vom ... Juli 2014 wurde der Klägerin mit Postzustellungsurkunde am 25. Juli 2014 zugestellt.

Mit einem am 1. August 2014 beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz vom 30. Juli 2014 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage und beantragten,

1. Der Vorbescheid der ... vom ... Juli 2014 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, den beantragten Vorbescheid hinsichtlich der planungsrechtlichen Zulässigkeit zu erteilen.

Mit Schriftsatz vom 21. August 2014 begründeten die Bevollmächtigten der Klägerin die Klage dahingehend, dass die beantragte Bebauungstiefe sehr wohl im Quartier vorhanden sei, was die Beklagte offenbar selbst erkannt habe, wie ihre Formulierung „auch wenn die Bebauungstiefe in dem Quartier vorhanden ist, wird dadurch ein neuer Typus geschaffen, der geeignet ist, auf mehreren Grundstücken zu einer ungeregelten Nachverdichtung beizutragen“ zeige. Abgesehen davon, dass die Beklagte mit der Argumentation „hier werde ein neuer Typus geschaffen“ ein neues Tatbestandsmerkmal ins Spiel bringe, habe sie kein Grundstück benannt, auf dem in diesem Quartier eine solche ungeregelte Nachverdichtung erfolgen könnte, weil die Grundstücke bereits heute im rückwärtigen Teil stark bebaut seien. Das streitgegenständliche Vorhaben füge sich sowohl hinsichtlich der zu überbauenden Grundstücksfläche als auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung in die völlig heterogene Bebauung in diesem Gebiet ein.

Mit Schriftsatz vom 1. September 2015 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die geplante Bebauungstiefe von mehr als 26 m im Quartier nicht vorhanden sei; der freistehende rückwärtige Baukörper auf dem Nachbargrundstück ...-str. 25 a zähle nicht zu dem hier zu beachtenden Rahmen. Er bilde vielmehr den Rahmen nur für freistehende rückwärtige Gebäude.

Das Gericht hat am 26. Oktober 2015 einen Augenschein durchgeführt. Hinsichtlich der hierbei getroffenen Feststellungen wird auf das Protokoll des Augenscheins sowie auf das der anschließenden mündlichen Verhandlung, in der die Beteiligten ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge - der Bevollmächtigte der Klägerin mit der Maßgabe, die Antwort zu Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids aufzuheben - stellten, verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte sowie den eingereichten Plan und das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.

Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom ... Juli 2014 ist, soweit er die hier nur angefochtene Frage 2 betrifft, rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat insoweit einen Anspruch auf Erteilung eines positiven Vorbescheids, da das Vorhaben keinen öffentlichen Vorschriften widerspricht, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (§ 113 Abs. 5 VwGO, Art. 72 BayBO i. V. m. Art. 68 Abs. 1, 59 Abs. 1 BayBO).

1. Gemäß Art. 71 Satz 1 BayBO kann vor Erteilung des Bauantrags auf schriftlichen Antrag des Bauherrn zu einzelnen, in der Baugenehmigung zu entscheidenden Fragen vorweg ein schriftlicher Bescheid (Vorbescheid) erteilt werden. Als feststellender Verwaltungsakt stellt der Vorbescheid im Rahmen der vom Bauherrn gestellten Fragen die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die Gegenstand der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren sind, fest und entfaltet während seiner regelmäßigen Geltungsdauer von drei Jahren (Art. 71 Satz 2 BayBO) Bindungswirkung für ein nachfolgendes Baugenehmigungsverfahren.

Dabei wird durch die Formulierung „zu einzelnen Fragen“ bestimmt, welchem Grad der Präzisierung der Vorbescheidsantrag zu genügen hat. Der konkrete Vorhabensbezug wird dadurch deutlich herausgestellt (Simon/Busse, Komm. zur BayBO, Art. 71 RdNrn. 71/72)

Auch ein Vorbescheidsantrag mit einer Frage hinsichtlich der grundsätzlichen bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit nach § 34 BauGB ist - obwohl hierin mehrere baurechtliche Einzelgesichtspunkte enthalten sind - zulässig, soweit die Ausführung des Vorhabens im Einzelnen der Prüfung in einem nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren vorbehalten bleibt (Simon/Busse, Komm. zur BayBO, Art. 71 RdNr. 75). Da die Frage nach der grundsätzlichen bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit nach § 34 BauGB die klar definierte Zusammenfassung der einzelnen Parameter des § 34 BauGB darstellt, ist sie - soweit ein konkreter Vorhabensbezug besteht - als zulässige Frage nach Art. 71 BayBO zu werten.

2. Planungsrechtlich ist das Vorhaben nach § 30 Abs. 3 i. V. m. § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen, da für das Grundstück sowie auch die umgebende Bebauung im Quartier... Straße/...-straße/...-straße/...-straße eine straßenseitige Baulinie vorhanden ist, die jedoch für eine etwaige rückwärtige Bebauung im Anschluss an ein auf dieser stehendes Vordergebäude keine Regelungsfunktion entfaltet.

2.1 Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise sowie der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.

Als „nähere Umgebung“ im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist der das Baugrundstück umgebende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder doch beeinflusst (BVerwG, U. v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369, 380 - juris RdNr. 33; B. v. 20.8.1998 - 4 B 79/98 - NVwZ-RR 1999, 105 - juris RdNr. 7; BayVGH, U. v. 28.7.2004 - 2 B 03.45 - juris RdNr. 21; U. v. 2.5.2006 - 2 B 05.787 - juris RdNr. 15; B. v. 30.1.2013 - 2 ZB 12.198 - juris RdNr. 3). Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich allerdings nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (BVerwG, B. v. 28.8.2003 - 4 B 74.03 - juris RdNr. 2; BayVGH, B. v. 20.1.2013 - 2 ZB 12.198 - juris RdNr. 3).

Die maßgebliche Umgebung bildet hier - was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist - die Bebauung im Quartier ... Straße/...-straße/...-straße/...-straße, da insoweit eine wechselseitige Prägung offensichtlich gegeben ist.

2.2 Der Art nach fügt sich das geplante Vorhaben unstreitig in die überwiegend von Wohnnutzung geprägte Umgebung ein (§ 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 3 BauNVO).

2.3 Der streitgegenständliche Anbau fügt sich auch nach der überbaubaren Grundstücksfläche in die maßgebliche Umgebung ein.

2.3.1 Das Vorhaben befindet sich auf einer Grundstücksfläche, die im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB überbaut werden darf. Der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB verwendete Parameter „Grundstücksfläche, die überbaut werden soll“ umfasst sowohl die konkrete Größe der Grundfläche der baulichen Anlage im Sinne einer absoluten Zahl als auch ihre räumliche Lage innerhalb der vorhandenen Bebauung (vgl. BVerwG, U. v. 15.4.1987 - 4 B 60/87 - juris RdNr. 2; B. v. 16.6.2009 - 4 B 50/08 - juris RdNr. 4). Damit werden an das zweite Tatbestandsmerkmal des Parameters „Grundstücksfläche, die überbaut werden soll“ Anforderungen an die räumliche Lage des Baukörpers auf dem Grundstück gestellt, bei denen zu prüfen ist, ob sich aus der als Vergleichsmaßstab heranzuziehenden Umgebungsbebauung Beschränkungen in Form von faktischen Baulinien/Baugrenzen entnehmen lassen, welche bei einer Realisierung des Bauvorhabens beachtet werden müssen.

Vorliegend liegt das Vorhaben mit seiner von der Erschließungsstraße aus (vgl. BVerwG, B. v. 6.11.1997 - 4 B 172/97 - juris RdNr. 7) zu bestimmenden Bebauungstiefe (rückwärtige Baugrenze) in dem im maßgeblichen Quartier vorhandenen Rahmen.

2.3.2 Die Bebauung im rückwärtigen Bereich der ...-str. 23 und das Gebäude ...-str. 25 a weisen Bebauungstiefen von 44 m auf. Damit wird hier eine Bebauungstiefe verwirklicht, die weit über der des Vorbescheidsvorhabens mit 30,5 m in der Südwestecke und 32,5 m in der Nordwestecke liegt.

Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich die Bebauung im rückwärtigen Bereich der ...-str. 23 und das Gebäude ...-str. 25 a nicht aus der maßgeblichen Umgebung ausklammern. Auch in klar gegliederten Quartieren kann bei der Bebauungstiefe nicht nach der jeweiligen Erschließungsstraße differenziert werden, da sich die rückwärtigen Bereiche innerhalb eines Quartiers in der Regel auch gegenseitig prägen. Vorliegend wird diese Prägung umso deutlicher, als die Grundstücke derartig unterschiedliche Tiefen aufweisen, dass sie das Quartier nicht in zwei Hälften teilen, sondern geradezu ineinander verzahnt wirken. In dieser Situation kommt dem Rückgebäude ...-str. 23 und der ...-str. 25 a - zumal beide Gebäude eine relativ massive Kubatur aufweisen, die durch den wechselseitigen Grenzanbau noch verstärkt wird - eine deutliche Prägung sowohl für die Ost- als auch die Westseite des Quartiers zu.

2.3.3 Im Hinblick darauf, dass - wie oben dargestellt - hinsichtlich der Bebauungstiefe nur Anforderungen an die räumliche Lage des Baukörpers auf dem Grundstück in Bezug auf Beschränkungen in Form von faktischen Baugrenzen zu stellen sind, lassen sich - entgegen der Ansicht der Beklagten - bei der Bebauungstiefe keine Differenzierungen hinsichtlich eines einheitlichen Baukörpers oder einer Bebauung in zweiter Reihe treffen. Ob - wie die Beklagte meint - insoweit ein „neuer städtebaulicher Typus“ in Form eines einheitlichen sich in die entsprechende zulässige Bebauungstiefe erstreckenden Gebäudes gegenüber der in der gleichen oder darüber hinausgehenden Bebauungstiefe vorhandenen zweiten Baureihe geschaffen wird, spielt für den in § 34 Abs. 1 BauGB genannten Parameter „Grundfläche, die überbaut werden soll“ keine Rolle (vgl. auch VG München, U. v. 30.6.2014 Az: M 8 K 13.2180 - juris).

2.4 Auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung und in dessen Rahmen zu prüfenden Verhältnisses von Freifläche zu bebauter Fläche ist vorliegend auf die maßgebliche Umgebung in Form des Quartiers ... Straße/...-straße/...-straße/...-straße abzustellen.

2.4.1 Das streitgegenständliche Rückgebäude bleibt mit seiner Höhenentwicklung noch hinter dem Bestandsgebäude auf der FlNr. ... zurück; ganz abgesehen davon finden sich in der Umgebung auch deutlich höhere Trauf- und Firsthöhen.

2.4.2 Im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB ist in erster Linie auf solche Maßfaktoren abzustellen, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung in Beziehung zueinander setzen lassen, weshalb bei offener Bebauung auch deren Verhältnis zur umgebenden Freifläche als Bezugsgröße zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung relevant ist (BVerwG, B. v. 23.3.1994 - 4 C 18/92, NVwZ 1994, 106; B. v. 14.3.2013 - 4 B 49/12 - und B. v. 3.4.2014 - 4 B 12/14 - jeweils juris). Damit ist eine Berücksichtigung der anderen Maßfaktoren der Baunutzungsverordnung zwar nicht ausgeschlossen - sie werden allerdings vielfach nur eine untergeordnete bis gar keine Bedeutung für die Frage des Einfügens haben, weil sie in der Örtlichkeit häufig nur schwer ablesbar sind (BVerwG, B. v. 14.3.2013 a. a. O.). Das Verhältnis bebauter Fläche zur Freifläche manifestiert sich daher weniger im Rahmen der Maßzahlen entsprechend § 16 Abs. 2 BauNVO, sondern vor allem dadurch, wie diese Bezugsgrößen nach außen hin deutlich in Erscheinung treten. Vorliegend zeichnet sich die maßgebliche Umgebung des Vorbescheidsvorhabens durch eine heterogene Bebauung aus, in der sich sowohl massive Baukörper auf relativ kleinen Grundstücken als auch eher kleinteilige Bebauungen mit größeren, sie umgebenden Freiflächen finden (...-str. 9/...-str. 27, 29/...-straße. 6 und ... Str. 10). Die Grundstücke ... Str. 2, 4/...-str. 25 und 25 a sowie auch die ...-str. 11 weisen allerdings ein Verhältnis bebauter Fläche zur unbebauten Freifläche auf, das dem des Vorbescheidsvorhabens vergleichbar ist bzw. einen noch geringeren Verhältnisanteil von Freifläche aufweist.

3. Das Vorbescheidsvorhaben erweist sich daher als planungsrechtlich zulässig, weshalb der Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben war.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 10.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. dem

Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 8 K 14.3076

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 11. Mai 2015

8. Kammer

Sachgebiets-Nr. 920

Hauptpunkte:

Einfügen im Sinn von § 34 Abs. 1 BauGB;

„Rosinentheorie“;

Maß der baulichen Nutzung

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

... vertreten durch: ...

- Klägerin -

bevollmächtigt: ...

gegen

... - Beklagte -

Wegen Baugenehmigung ...-promenade, Fl.Nr. ... Gem. ...

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 8. Kammer,

durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 2015 am 11. Mai 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau einer Wohnanlage mit 15 Wohneinheiten und einer Tiefgarage auf dem Grundstück ...-promenade 101, Fl.Nr. ..., Gemarkung ...

Am 23. April 2004 beantragte die Klägerin unter Plan-Nr. ... die Erteilung der streitgegenständlichen Baugenehmigung. Geplant ist eine dreigeschossige Wohnanlage (EG + OG + DG) mit einer Traufhöhe von 6,25 m und einer Fristhöhe von 10,09 m. Das Dachgeschoss soll mit einer Dachneigung von 48° errichtet werden und mit zahlreichen Dachgauben sowie mit bodentiefen Dachgauben und Balkonen durchsetzt werden. Die Grundfläche soll laut Bauantrag 395 m² betragen, abgegriffen aus dem Lageplan ist das Vorhabengebäude an seiner Vorderseite 26 m und an seiner Rückseite etwa 27,75 m lang und zwischen 13,60 m und 13 m tief. Das Vorhabengrundstück befindet sich innerhalb der im Lageplan grün eingezeichneten Straßenbegrenzungslinie, jedoch außerhalb der für die Nachbargrundstücke festgesetzten vorderen Baulinie und seitlichen Baugrenzen, die auf dem nord-westlich an das Vorhabengrundstück angrenzendem Grundstück mit den Fl.Nrn. ... enden.

Zur baulichen Situation auf dem Grundstück sowie zur Umgebungsbebauung siehe folgenden Lageplan 1:1000, der aufgrund des Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu ist.

Bild

Mit Bescheid vom ... Juni 2014, zugestellt am 26. Juni 2014, lehnte die Beklagte den Bauantrag vom 23. April 2014 (Plan-Nr. ...) ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Bauvorhaben nach § 34 Abs. 1 BauGB unzulässig sei, da auf dem Baugrundstück kein Bauliniengefüge festgesetzt sei, dieses ende am nördlich angrenzenden Grundstück Fl.Nr. ... Die Zulässigkeit des Vorhabens bestimme sich im vorliegenden Fall nach § 34 Abs. 1 BauGB. Die geplante Bebauung mit einer Grundfläche von 395 m², einer Wandhöhe von 6,35 m und einer Firsthöhe von 10,09 m sei vollständig außerhalb des Bauliniengefüges situiert. Die Voraussetzungen für eine Befreiung würden nicht vorliegen. Die Tatbestände des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB (Wohl der Allgemeinheit) und § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB (nicht beabsichtigte Härte) seien offensichtlich nicht gegeben. Die Abweichung sei auch städtebaulich nicht vertretbar, da sich das Vorhaben nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge und dadurch städtebauliche Spannungen auslöse. Das Vorhaben halte sich hinsichtlich der überbaubaren Fläche in Kombination mit der Höhenentwicklung nicht an den Rahmen der in der näheren Umgebung vorhandenen Maße und stelle daher einen unerwünschten Bezugsfall für die Umgebung dar.

Mit Schriftsatz vom 15. Juli 2014, eingegangen beim Verwaltungsgericht München am 16. Juli 2014, erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage und beantragten,

den Ablehnungsbescheid der ... vom ... Juni 2014, Az. ... aufzuheben.

Eine Begründung werde nachgereicht.

Mit Schreiben vom 8. September 2014 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Die Klage sei unbegründet, da sich das Bauvorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Die beantragte Gebäudedimensionierung umfasse zwei Vollgeschosse sowie ein ausgebautes Dachgeschoss mit einer Grundfläche von 395 m² (Länge: 27,50 m - 29 m, Tiefe: 13 m - 15 m). Die Wandhöhe betrage 6,35 m, die Firsthöhe 10,09 m. Die Bebauung im Geviert zwischen ...straße/...-promenade/...straße und ...straße sowie die dem Vorhaben nord-östlich der ...straße gegenüberliegende straßenseitige Bebauung sei durch ein- und zweigeschossige Wohngebäude mit Grundflächen von maximal etwa 229,50 m² (...str. 17) und maximalen Wand- und Firsthöhen von 6,50 m und 9,50 m (ebenfalls ...str. 17) bzw. 6,30 m und 10,50 m (...str. 15 mit einer Grundfläche von 158,67 m²) geprägt. Am ... August 2013 habe die Beklagte nach Plan-Nr. ... für das streitgegenständliche Grundstück einen positiven Vorbescheid für den Neubau zweier Doppelhäuser mit einer Grundfläche von jeweils 12,50 m x 11,10 m (zusammen 277,50 m²), einer Wandhöhe von 6,20 m sowie einer Firsthöhe von 9,95 m erteilt. Die flächenmäßige Ausdehnung des im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Baukörpers habe jedoch in Verbindung mit der Firsthöhe kein Vorbild in der näheren Umgebung und sei geeignet, städtebauliche Spannungen auszulösen. Das geplante Vorhaben halte sich nicht in dem vorgegebenen Rahmen, der durch eine maximale Grundfläche von ca. 229,50 m² (...str. 17) geprägt sei, sondern überschreite die für die nähere Umgebung prägende Grundfläche um gut 165,50 m². Die südlich benachbarte ...kirche auf dem Grundstück ...str. 39 (Fl.Nr. ...) sei als nichtprägender Fremdkörper einzuordnen. Das Gebäude ...-promenade 105 (Fl.Nr. ...) im nordöstlich benachbarten Geviert liege nicht an der ...straße und sei bereits zu weit entfernt (mindestens 70 m). Eine einheitliche Bebauungsstruktur entlang der ...-promenade sei nicht erkennbar, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt eine prägende Wirkung für das Vorhaben ausscheide. Auch für die Firsthöhe des geplanten Bauvorhabens von 10,09 m gäbe es in Verbindung mit der Grundfläche von 395 m² kein prägendes Vorbild in der näheren Umgebung. Die Klägerin könne sich zum einen nicht auf das Gebäude ...str. 17 und zum anderen auf das Gebäude ...str. 15 als Bezugsfälle für einzelne Gebäudemaße berufen, da die gleichzeitige Orientierung an den Maximalfaktoren mehrerer Gebäude sowie die Kombination dieser Einzelwerte unzulässig sei („Rosinentheorie“). Das Vorhaben sei auch geeignet, städtebauliche Spannungen hervorzurufen.

Mit Schriftsatz vom 18. September 2014 beantragten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin,

1. den Bescheid der Beklagten vom ... Juni 2014 aufzuheben,

2. die Beklagte zu verpflichten, den Bauantrag vom 23. April 2014

nach Plan-Nr. ... zu genehmigen,

hilfsweise:

Die Beklagte zu verpflichten, über den Bauantrag neu zu entscheiden.

Die Klägerin habe einen Anspruch auf die beantragte Baugenehmigung. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des beantragten Vorhabens bestimme sich ausschließlich nach § 34 BauGB, weil für das streitgegenständliche Grundstück keine Baulinie bestehe. Dies bedeute aber nicht, dass im Hinblick auf § 30 Abs. 3 BauGB das streitgegenständliche Grundstück von einer Bebauung ausgeschlossen sein solle, da die Beklagte bereits einen positiven Vorbescheid zur Errichtung von zwei zweigeschossigen Doppelhäusern auf dem streitgegenständlichen Grundstück erteilt habe. Die streitgegenständliche Planung sehe ein Mehrfamilienhaus vor, dessen Baukörper um 2 m kürzer und 1 m schmäler werde, als die mit Vorbescheid genehmigte Planung. Der kompakte Baukörper ermögliche gegenüber dem Vorbescheid eine deutlich bessere Grünplanung, insbesondere könne die Kastanie an der Ecke ...straße/...-promenade erhalten werden. Die streitgegenständliche Planung weise eine geringere Grundfläche als die beiden genehmigten Häuser auf. Aufgrund der Historie des streitgegenständlichen Grundstücks, das früher Teil des unmittelbar angrenzenden westlichen Kirchengrundstücks - Fl.Nr. ... - gewesen sei, bedürfe es nach Auffassung der Klägerin keiner Befreiung, weil der einfache Bebauungsplan, den die Beklagte der Klägerin entgegenhalte, für dieses Kirchengrundstück keine Festsetzungen durch Baulinien habe treffen wollen, wie die Bebauung - insbesondere durch das Pfarrhaus auf der einen und das Gemeindehaus auf der anderen Seite - zeige. Aber wenn man hier eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB für erforderlich halte, so würden die Voraussetzungen für eine Befreiung vorliegen. Zum einen seien die Grundzüge der Planung nicht berührt, da die Planung Baulinien beidseits der ...straße vorsehe, aber eben nicht für das streitgegenständliche Grundstück. Zum anderen läge eine Ermessensreduzierung auf Null vor, weil kein Grund dafür ersichtlich sei, auf dem streitgegenständlichen Grundstück zwei zweigeschossige Doppelhäuser zu genehmigen, um dann die Zusammenfassung dieser Grundfläche in Form eines Mehrfamilienhauses abzulehnen. Dementsprechend stelle die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vom 8.September 2014 richtigerweise auch nur auf die Frage ab, ob sich das streitgegenständliche Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Dabei sehe die Beklagte den zu beurteilenden Bereich jedoch zu eng. Die wechselseitige Prägung beziehe sich nicht nur auf die unmittelbar anstoßenden Grundstücke. Maßgeblich sei auf die Bebauung im Quartier sowie auf der gegenüberliegenden Straßenseite abzustellen und daher für die Frage nach dem Einfügen die Bebauung jenseits der ...straße - insbesondere die Neubauten auf dem Grundstück Fl.Nr. ... (...-promenade 105), das das übernächste Grundstück ebenfalls an der ...-promenade sei, aber auch die Neubauten ...str. 24 und 24 a sowie ...str. 10. Diese Gebäude lägen zwar etwas weiter entfernt vom streitgegenständlichen Grundstück, würden jedoch deutlich machen, dass dieses Gebiet in den letzten Jahren durch Neubauten eine erhebliche Aufwertung erfahren habe. Maßstabsbildend sei auch das benachbarte Grundstück Fl.Nr. ... mit dem Neubau ...str. 50. Im Hinblick auf den Vorwurf der „Rosinenpickerei“ verstehe die Beklagte die hierzu ergangene Rechtsprechung der Kammer nicht richtig, weil sie zwei Tatbestandsmerkmale des § 34 BauGB vermische, die aber völlig unabhängig voneinander zu prüfen seien. Das Verbot der „Rosinenpickerei“ beziehe sich nur auf das Maß der baulichen Nutzung mit der Folge, dass nicht von dem einen Grundstück die Wandhöhe, von dem zweiten die Firsthöhe und von dem dritten die Gebäudebreite abgeleitet und summiert werden könne. Handele es sich aber um zwei verschiedene Tatbestandsmerkmale, nämlich einerseits die überbaubare Grundstücksfläche und andererseits das Maß der baulichen Nutzung, so seien zwei ganz verschiedene Parameter zu beurteilen mit der Folge, dass im Rahmen des § 34 BauGB die Bebauung auf dem einen Grundstück bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche Vorbild und ein anderes Grundstück Vorbild bezüglich des Maßes der baulichen Nutzung sein könne. In beiderlei Hinsicht würde das geplante Vorhaben innerhalb dessen liegen, was in der Nachbarschaft in jüngster Zeit an Neubauten entstanden sei, wobei die Firsthöhe nicht wie von der Beklagten angenommen 10,00 m betrage, sondern richtigerweise 9,62 m. Die Gebäude ...-promenade 105 und ...str. 24 seien mit 27 m bzw. 27,70 m länger als das streitgegenständliche Gebäude mit einer geplanten Länge von 24 m. Die Grundfläche mit 394 m² übersteige die vergleichbare Grundfläche des Gebäudes ...-promenade 105 (mit 373 m²) nur deshalb, weil die Tiefgaragenrampe in den beantragten Baukörper einbezogen werde.

Über die baulichen und örtlichen Verhältnisse auf dem streitgegenständlichen Grundstück sowie in dessen Umgebung hat das Gericht am 11. Mai 2015 Beweis durch Einnahme eines Augenscheines erhoben. Dabei wurde unter anderem festgestellt, dass auf dem unmittelbar an das streitgegenständliche Grundstück nord-westlich angrenzendem Kirchengrundstück (Fl.Nr. ...) zwischenzeitlich ein eingeschossiges Gemeindehaus mit ausgebautem Dachgeschoss errichtet worden ist, das eine Gebäudelänge von ca. 40 m und eine Gebäudetiefe von ca. 12 m hat. Im Übrigen wird hinsichtlich der Feststellungen dieses Augenscheins sowie der anschließenden mündlichen Verhandlung, in der die Beteiligten ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge stellten, auf das Protokoll verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Klägerin steht kein Anspruch auf die mit Bauantrag vom 23. April 2014 beantragte Baugenehmigung zu, da das Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (§ 113 Abs. 5 VwGO, Art. 59 Abs. 1 BayBO).

1. Nach dem Lageplan liegt das Vorhabengrundstück innerhalb des übergeleiteten Baulinienplangefüges, soweit es durch die grüne Straßenbegrenzungslinie vorgegeben wird. Es liegt jedoch außerhalb des Bauraums, da dieser mit der seitlichen Baugrenze auf dem nord-westlich unmittelbar an das Vorhabengrundstück angrenzenden Grundstück ...str. 18 (Fl.Nr. ...) endet und auf dem Vorhabengrundstück auch keine vordere Baulinie festgesetzt wurde.

Im vorliegenden Fall kann die Frage, ob die beantragte Baugenehmigung eine Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB voraussetzt oder sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit allein nach § 30 Abs. 3 BauGB i. V. m. 34 Abs. 1 BauGB beurteilt, allerdings dahinstehen, da sich das streitgegenständliche Bauvorhaben jedenfalls nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB einfügt, so dass die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte Baugenehmigung hat; entweder allein aus dem Grund, dass die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 BauGB nicht vorliegen oder weil die Beklagte zur Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB nicht verpflichtet werden kann, da durch das Vorhaben, das sich nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB in die nähere Umgebung einfügt, die Grundzüge der Planung berührt werden.

2. Die streitgegenständliche Wohnanlage mit Tiefgarage fügt sich jedenfalls nicht in die nähere Umgebung gemäß § 34 Abs. 1 BauGB ein.

2.1 Als „maßgebliche nähere Umgebung“ ist dabei der umliegende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und somit der seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder beeinflusst (vgl. BVerwG, U. v. 26.05.1978 - IV C 9.77 - juris Rn. 33; B. v. 20.08.1998 - IV B 79/78 - juris LS. 2; B. v. 28.08.2013 - 4 B 74/09 - juris Rn. 2, 3). Zwar ist die nähere Umgebung für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann. So ist bei der überbaubaren Grundstücksfläche der maßgebliche Bereich in der Regel (deutlich) enger zu begrenzen als bei der Art der baulichen Nutzung, weil die Prägung, die von der für die Bestimmung der überbaubaren Grundstücksflächen maßgeblichen Stellung der Gebäude auf den Grundstücken ausgeht, im Allgemeinen (deutlich) weniger weit reicht, als die Wirkung der Art der baulichen Nutzung; dies kann im Einzelfall dazu führen, dass hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nur wenige Grundstücke den maßgeblichen Rahmen bilden (vgl. BayVGH, B. v. 07.03.2011 - 1 B 10.3053 - juris Rn. 26).

Aufgrund der weitgehend homogenen Bebauungsstruktur im Quartier ...-promenade/...straße/...straße/...straße stellt dieses den für das Bauvorhaben maßgeblichen Bereich in Bezug auf die in Frage stehenden Einfügenskriterien des § 34 BauGB dar.

Dem klägerischen Vortrag, dass zum streitgegenständlichen Geviert auch die Bebauung ...-promenade 105 und ...str. 50 sowie ...str. 24 und 24 a und ...str. 10 gehört, kann das Gericht nicht folgen.

Die ...-promenade 105 befindet sich nicht auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Vorhabengrundstücks, sondern zwei Buchgrundstücke hinter der ...str. 19, die dem streitgegenständlichen Vorhaben genau gegenüber liegt. Auch der Augenschein hat gezeigt, dass zwischen dem Vorhabengrundstück und dem Gebäude ...-promenade 105 keine Sichtbeziehung besteht. Die ...-promenade selbst weist - schon allein wegen ihrer Länge - keine einheitliche Bebauungsstruktur auf; das gilt auch im Hinblick auf das als Bezugsobjekt herangezogene Gebäude auf dem Grundstück ...-promenade 105, Fl.Nr. ..., das deutlich über 60 m entfernt ist.

Das Gebäude ...str. 50 kann ebenfalls nicht mehr als prägend für die nähere Umgebung des Vorhabengrundstücks angesehen werden. Das Baugrundstück sowie das von der Klägerseite herangezogene Bezugsobjekt auf dem Grundstück ...str. 50 werden zum einen durch das Kirchengrundstück mit einer Größe von über 5.000 m² und einer Grundstückslänge von über 80 m voneinander deutlich getrennt. An das Kirchengrundstück (Fl.Nr. ...) schließt zunächst die ...straße an und erst auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich das Grundstück Fl.Nr. ... mit der von der Klägerseite als Bezugsobjekt genannten ...str. 50. Das Ergebnis des Augenscheines hat gezeigt, dass - selbst wenn man von der gegenüberliegenden Straßenseite der ...-promenade das Vorhabengrundstück betrachtet - das Gebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. ... (...str. 50) nicht gleichzeitig in den Blick genommen werden kann, nicht nur wegen der trennenden Wirkung des Kirchengebäudes und des großen Kirchengrundstücks mit Pfarrhaus auf dem Grundstück ...str. 39 (Fl.Nr. ...), sondern auch wegen der großen Entfernung zum Gebäude der ...str. 50 mit deutlich über 100 m.

Die Gebäude ...str. 24 und 24 a und ...str. 10 sind ebenfalls zu weit vom geplanten Vorhaben entfernt, da sie sich nicht nur im gegenüberliegenden Geviert befinden, sondern noch dazu lediglich der ...straße bzw. der ...straße zugewandt und damit nicht mehr auf der gegenüberliegenden Straßenseite der ...straße. Eine quartierübergreifende Berücksichtigung würde zu einem städtebaulich unerwünschten Dominoeffekt in den angrenzenden Gevierten führen. Sie sind daher nicht Bestandteil der näheren Umgebung für das streitgegenständliche Bauvorhaben.

In der so definierten maßgeblichen Umgebung findet sich kein dem streitgegenständlichen Baukörper hinsichtlich Grundfläche, Kubatur sowie Höhenentwicklung baulich entsprechendes Gebäude, so dass sich das Vorhabengebäude nicht gemäß § 34 Abs. 1 BauGB nach dem Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbauten Grundstücksfläche in seine nähere Umgebung einfügt.

2.2 Im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB ist in erster Linie auf solche Maßfaktoren abzustellen, die nach außen hin wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung in Beziehung zu einander setzen lassen, weshalb bei offener Bebauung auch deren Verhältnis zur umliegenden Freifläche als Bezugsgröße zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung relevant ist (vgl. BVerwG, U. v. 23.03.1994 - 4 C 18/92 - NVwZ 1994, 1006 - juris; B. v. 14.03.2013 - 4 B 49/12 - juris; B. v. 03.04.2014 - 4 B 12/14 - juris). Damit ist eine Berücksichtigung der anderen Maßfaktoren der Baunutzungsverordnung zwar nicht ausgeschlossen - sie werden allerdings vielfach nur eine untergeordnete bis gar keine Bedeutung für die Frage des Einfügens haben, weil sie in der Örtlichkeit häufig nur schwer ablesbar sind (vgl. BVerwG, B. v. 14.03.2013 - 4 B 49/12 - juris).

Der obergerichtlichen Rechtsprechung folgend, ist bei der Prüfung des Maßes der baulichen Nutzung im Innenbereich daher auf die nach außen wirkenden Größen wie Grundfläche und Höhe der baulichen Anlage in ihrer Gesamterscheinung, also der Kubatur abzustellen und nicht auf die in §§ 16 ff. BauNVO enthaltenen Definitionen bzw. Kriterien, die allenfalls eine grobe Orientierungshilfe darstellen (vgl. BVerwG, U. v. 23.03.1994 - 4 C 18/92 - NVwZ 1994, 1006 ff. - juris).

Dabei verbietet sich in einer Art „Rosinentheorie“, dass sich das Vorhaben zur Rahmenfestlegung an mehreren Gebäuden gleichzeitig orientiert, welche bezüglich eines dieser absoluten Faktoren einen Maximalwert darstellen und diese Einzelwerte dann kombiniert werden. Ein Vorhaben kann sich also nicht gleichzeitig an der größtmöglichen Grundfläche, der höchsten Wandhöhe und/oder Firsthöhe von jeweils verschiedenen Gebäuden orientieren (st. Rspr. der Kammer, z. B. VG München, U. v. 12.12.2011 - M 8 K 11.1141 - juris Rn. 41).

Gemessen an diesem Maßstab fügt sich das streitgegenständliche Bauvorhaben nicht in die nähere Umgebung ein, da sich im maßgeblichen Quartier kein Gebäude mit einer vergleichbaren Kubatur und Grundfläche findet.

Das streitgegenständliche Gebäude soll eine Grundfläche von etwa 395 m² aufweisen. Nach dem Vortrag der Beklagten hat das Gebäude in der ...str. 17 eine Grundfläche von 229,50 m² (abgegriffen aus dem Lageplan (1:1000) eine Grundfläche von ca. 251 m²). Die anderen Gebäude im Geviert weisen eine erkennbar noch kleinere Grundfläche auf (z. B. ...str. 19 ca. 200 m²). Auch die zwei zweigeschossigen Einzelhäuser, die mit dem Vorbescheid vom ... Juli 2013 auf dem streitgegenständlichen Vorhabengrundstück für planungsrechtlich zulässig erklärt wurden, weisen lediglich eine Grundfläche von jeweils etwa 137 m² auf, insgesamt also ca. 275 m² und bleiben damit deutlich hinter der geplanten Grundfläche von gut 395 m² zurück. Nach dem Ergebnis des Augenscheins wurde auf dem unmittelbar südwestlich angrenzenden Nachbargrundstück Fl.Nr. ... zwischenzeitlich das neue Gemeindepfarrhaus errichtet, das mit einer Länge von ca. 40 m und einer Tiefe von etwa 12 m zwar eine Grundfläche von ca. 480 m² hat, aber lediglich eingeschossig mit ausgebautem Dachgeschoss ist, so dass es ebenfalls nicht als Bezugsobjekt für die geplante Bebauung herangezogen werden kann.

Die vergleichsweise große Grundfläche des geplanten Vorhabens gegenüber der eher kleingliedrigen Bebauung im maßgeblichen Geviert ist somit augenfällig, die Beispiellosigkeit im maßgeblichen Geviert tritt damit klar zu Tage. Vorliegend zeichnet sich die maßgebliche Umgebung des Bauvorhabens durch eine eher kleinteilige Bebauung auf relativ großen Grundstücken aus. Aus dieser einheitlichen Struktur bricht das Bauvorhaben nach außen deutlich wahrnehmbar aus. Hinsichtlich der Wandhöhe mit 6,35 m und einer Fristhöhe von 10,09 m hat das Bauvorhaben zwar als Bezugsobjekt das auf der gegenüberliegenden Straßenseite gelegene Gebäude ...str. 15, das nach der Vermassung in den genehmigten Bauplänen vom ... November 1992 zwar nur eine Wandhöhe von 6,20 m dafür aber eine Firsthöhe von 10,50 m hat. Das Gebäude ...str. 15 ist jedoch lediglich zweigeschossig mit ausgebautem Dachgeschoss und weist eine wesentlich geringere Grundfläche (ca. 156 m²) auf. Auch das Gebäude ...str. 17 mit einer Wandhöhe von ca. 6,20 m sowie einer Firsthöhe von ca. 9,50 m (abgegriffen aus den genehmigten Bauplänen), kann schon allein wegen seiner kleineren Grundfläche (ca. 234 m²) nicht als Bezugspunkt herangezogen werden.

Selbst wenn man dem klägerischen Vorbringen folgen würde und auch das Gebäude auf dem Grundstück ...-promenade 105 als zur „näheren Umgebung gehörend“, einstufen würde, so würde das Gebäude zwar eine vergleichsweise große Grundfläche aufweisen, die jedoch auch nach dem klägerischen Vortrag hinter der geplanten Grundfläche um etwa 20 m² zurückbleibt, im Übrigen weist das Gebäude aber keine dem geplanten Bauvorhaben vergleichbare Kubatur auf, da es nach dem Ergebnis des Augenscheins lediglich zweigeschossig mit Flachdach ist.

3. Aufgrund der massiven baulichen Verdichtung kann dem Vorhaben auch eine unerwünschte Vorbildwirkung sowie die damit verbundene Erzeugung von bodenrechtlichen Spannungen durch die - hierdurch eröffnete - mögliche Nachverdichtung in der maßgeblichen Umgebung nicht abgesprochen werden. Eine entsprechende bauliche Ausnutzung wie auf dem klägerischen Grundstück käme im Falle der Verwirklichung des Vorhabens auf eine Vielzahl anderer Grundstücke im Geviert in Betracht. Die Beklagte könnte in diesem Fall entsprechenden Bauwünschen nicht mehr entgegentreten, weshalb durch das streitgegenständliche Bauvorhaben die Einleitung einer massiven Nachverdichtung zu befürchten ist.

4. Die Klage ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 150.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-i. V. m. Streitwertkatalog Ziffer 9.1.1.3).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.