Verwaltungsgericht München Urteil, 27. März 2019 - M 7 K 17.4047

bei uns veröffentlicht am27.03.2019

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Bescheid des Polizeipräsidiums München, Kriminalfachdezernat 1, vom 7. August 2017 wird aufgehoben.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung sowie gegen die Vorladung zu deren Durchführung mit Bescheid des Polizeipräsidiums München, Kriminalfachdezernat 1, vom 7. August 2017.

Der aus Sierra Leone stammende Kläger reiste am 31. Dezember 2013 ohne Pass und Aufenthaltstitel in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 30. Januar 2014 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Asylantrag. Im Rahmen seiner Anhörung nach § 25 Asylgesetz - AsylG - am 1. September 2016 äußerte der Kläger unter anderem, dass seine drei Stiefbrüder nach dem Tod seines Stiefvaters ihn und seine Mutter aus dessen Haus hätten werfen wollen. Irgendwann sei er nach Hause gekommen, aber seine Mutter sei nicht mehr da gewesen. Seine Stiefbrüder hätten gesagt, er solle das Haus verlassen, jetzt wo seine Mutter weg sei. Er habe sich aber geweigert. Sie hätten ihn dann jeden Tag geschlagen. Eines Tages hätten sie ihn wieder geschlagen. Danach seien zwei aus dem Haus gegangen. Der Stiefbruder, der zurückgeblieben sei, habe gesagt, er bringe ihn um, noch bevor seine Brüder wieder da seien. Er habe ihn verprügelt. Der Kläger erklärte, dass er ein Messer bei sich gehabt habe. Das habe er herausgeholt und mit diesem zweimal auf den Stiefbruder eingestochen, einmal in den Hals und einmal in den Bauch. Dann sei er weggerannt.

Mit E-Mail vom 26. Mai 2017 erstattete das Bundesamt diesbezüglich Strafanzeige gegen den Kläger.

Mit Schreiben vom 5. Juli 2017 teilte das Kriminalfachdezernat 1 München dem Kläger mit, dass in der Ermittlungssache „Totschlag vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2010“ seine erkennungsdienstliche Behandlung für die Zwecke der vorbeugenden Straftatenbekämpfung gemäß § 81b Alt. 2 Strafprozessordnung - StPO - erforderlich sei. Der Kläger wurde gebeten, hierzu am Montag, 10. Juli 2017, um 10:00 Uhr beim Kriminalfachdezernat 1 München zu erscheinen.

Mit Fax vom 5. Juli 2017 erklärte der Klägerbevollmächtigte, dass die erkennungsdienstliche Maßnahme nicht notwendig im Sinne des § 81b StPO sei. Nach kriminalistischen Erfahrungen sei mitnichten zu erwarten, dass eine Wiederholungsgefahr bestehe. Die Situation, die der Kläger im Asylverfahren geschildert habe, sei zwingend an die Verfolgungssituation in dessen Heimat gebunden. In Deutschland drohe ihm keine Verfolgung. Hinzu komme, dass der Kläger durch die Vorfälle in seiner Heimat schwer traumatisiert sei. Jede Konfrontation mit der Polizei oder sonstige Stresssituation würde das Trauma wiederaufleben lassen. Schon die erfolgte Vorsprache der Polizei in seiner Wohnung habe ihn in Panik versetzt mit der Folge, dass er Schwierigkeiten habe, den Anforderungen der Schule zu genügen. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger im Asylverfahren bereits erkennungsdienstlich behandelt worden sei.

Mit Bescheid vom 7. August 2017 ordnete das Polizeipräsidium München, Kriminalfachdezernat 1, die erkennungsdienstliche Behandlung, § 81b Alt. 2 StPO an (Nr. 1). Der Kläger wurde zur Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung für Dienstag, 5. September 2017, 09:00 Uhr, ersatzweise am Montag, 18. September 2017, 09:00 Uhr, vorgeladen (Nr. 2).

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen beruhe auf § 81b Alt. 2 StPO. Die Vornahme der erkennungsdienstlichen Behandlung diene nicht der Strafverfolgung, sondern präventiven Zwecken, nämlich der vorsorglichen Bereitstellung von sächlichen Hilfsmitteln für die Erforschung und Aufklärung von Straftaten. Der Kläger sei Beschuldigter. Er werde des Verbrechens des Totschlags beschuldigt. Es bestehe Wiederholungsgefahr, da das Tötungsdelikt an dem Stiefbruder nach einer Konfliktsituation mit diesem und den beiden anderen Stiefbrüdern erfolgt sei. Der Kläger neige offensichtlich in Stress-/ Konfliktsituationen zu aggressivem und strafbarem Verhalten, welches durchaus zur Eskalation bis zur gezielten Begehung von Delikten gegen die körperliche Unversehrtheit, bis hin zu einem Tötungsdelikt führen könne. Die Lebenssituation des Klägers habe sich seit dem Tötungsdelikt stark verändert. Er befinde sich in einem für ihn neuen Kulturkreis und in komplett neuen Lebensgewohnheiten. Das Leben in einer Großstadt wie München bzw. in einem komplett neuen Umfeld mit anderen Lebensgewohnheiten, anderen Gesetzen und auch Freizügigkeiten führe immer wieder zu Konfliktsituationen zwischen Menschen. Angesichts der Umstände der angegebenen verübten Tat könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger zukünftig, auch schon bei vergleichsweise banalen/alltäglichen Konfliktsituationen, wieder strafrechtlich i.V.m. Delikten gegen die körperliche Unversehrtheit in Erscheinung treten werde. Bei der Beurteilung des Vorliegens einer Wiederholungsgefahr sei insbesondere auch zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung die Anforderungen an die Wiederholungsgefahr umso geringer seien, je höherrangig das gefährdete Rechtsgut sei. Zwar sei der Kläger während der Dauer seines Aufenthalts in Deutschland bisher nicht einschlägig mit Körperverletzungsdelikten polizeilich in Erscheinung getreten. Aber angesichts der Gefährdung des höchsten Rechtsguts - mithin des Lebens -, seiner selbst vorgebrachten Traumatisierung, der hinsichtlich eines etwaigen Auftretens in strafrechtlicher Hinsicht nicht verifizierbaren Aufenthalte in Norwegen und Italien sowie des erst relativ kurzen Zeitraums seines Aufenthalts in Deutschland, könne nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem Verbrechen des Totschlages um eine einmalige Verfehlung ohne jegliche Wiederholungsgefahr hinsichtlich der Begehung von Delikten gegen die körperliche Unversehrtheit handle. Die Vorladung und Vornahme der erkennungsdienstlichen Behandlung sei auch verhältnismäßig. Die erkennungsdienstlichen Unterlagen seien geeignet, den Kläger aufgrund des erhöhten Entdeckungsrisikos von neuen Taten abzuhalten bzw. bei neuen Taten als Täter zu überführen bzw. auch zu entlasten, falls er zu Unrecht in den Kreis möglicher Verdächtiger einer Straftat geraten sollte. Ebenso sei die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn zu bejahen. Das öffentliche Interesse, zu Zwecken der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung auf polizeiliche Erkenntnisse zurückgreifen zu können, sei mit dem durch das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit geschützten Interesse sowie mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung abgewogen worden. Zwar sei mit der erkennungsdienstlichen Behandlung ein Grundrechtseingriff verbunden, jedoch sei dieser aufgrund der fehlenden Außenwirkung als „nicht schwerwiegend“ zu erachten. Die Maßnahme sei dem Kläger zuzumuten, da die Wiederholungsgefahr angesichts der dargestellten Sachlage als hoch einzuschätzen sei. Der Kläger werde zukünftig aller Voraussicht nach wieder als Verdächtiger in Erscheinung treten. Zudem würden die Unterlagen nur bei der Polizei gespeichert. Sie seien der Öffentlichkeit nicht zugänglich und würden nur dann erneut verwendet, wenn der Kläger nochmals strafrechtlich in Erscheinung trete und die Unterlagen zur Tataufklärung benötigt würden. Nach Abwägung aller betroffenen Belange, der Folgen des polizeilichen Einschreitens und vor allem auch der Folgen einer möglichen Untätigkeit, seien die Vorladung und die Vornahme der erkennungsdienstlichen Behandlung angezeigt und ermessensgerecht.

Gegen diesen Bescheid hat der Klägerbevollmächtige am 28. August 2017 Klage erhoben.

Zur Begründung wird vorgetragen, der Kläger befinde sich seit vier Jahren in Deutschland und sei seitdem in keiner Weise polizeilich aufgefallen oder gar vorbestraft. Er habe auch keine körperlichen Auseinandersetzungen mit anderen Personen gehabt. Der Kläger habe durch seinen vierjährigen Aufenthalt in Deutschland bewiesen, dass er nicht zu Aggressionshandlungen neige, selbst wenn es aufgrund der großen Kulturunterschiede zwischen seiner Heimat und Deutschland zu unvermeidbaren Konflikten komme. Die Schilderung des Vorgangs, die zur Tötung des Stiefbruders geführt habe, sei krass einseitig und gehe an dem wahren Sachverhalt, wie er vom Kläger geschildert worden sei, vorbei. Der Kläger schildere eindeutig eine Notwehrsituation, in der er sich habe wehren müssen, um einer angekündigten Tötung zu entgehen. Die Situation, wie sie der Kläger schildere und wie sie zur Tötung des Stiefbruders geführt habe, sei eindeutig bestimmt durch die sozialen und familiären Umstände in der Heimat des Klägers. Sie könnten in keiner Weise auf deutsche Verhältnisse übertragen werden. Die Behauptungen im angegriffenen Bescheid, es sei zu befürchten, der Kläger würde auch hier wegen geringer Anlässe gewalttätig werden, würden jeder sachlichen Grundlage entbehren und auch ärztlichen Erkenntnissen widersprechen. Im Gegenteil neige der Kläger ehe zur Depression, besonders wenn er sich ungerechtfertigten Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt sehe. Die von der Beklagtenseite angestellte Gefahrenprognose sei daher rechtswidrig.

Der Kläger beantragt,

Der Bescheid des Polizeipräsidiums München, Kriminalfachdezernat 1, Az.: …, vom 7. August 2017 wird aufgehoben.

Der Beklagte beantragt,

Klageabweisung

Der Beklagte trägt zur Begründung vor, der Kläger sei zum Zeitpunkt der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung Beschuldigter in einem Strafverfahren gewesen. Auch nach erfolgter Einstellung des Ermittlungsverfahrens bestehe aus polizeilicher Sicht ein Restverdacht bzgl. der Begehung eines Tötungsdelikts. Angesichts der im Ausländerzentralregister zum Kläger erfassten Alias-Personalien sei bereits fraglich, ob das nunmehr angegebene Geburtsdatum den Tatsachen entspreche und der Kläger zum Tatzeitpunkt noch nicht 14 Jahre alt gewesen sei. Auch eine Wiederholungsgefahr sei gegeben. Dabei sei insbesondere zu beachten, dass ein Restverdacht hinsichtlich der Begehung eines Verbrechens nach § 212 Strafgesetzbuch - StGB - bestehe. Nach der Rechtsprechung seien die Anforderungen an die Wiederholungsgefahr umso geringer, je höherrangig das gefährdete Rechtsgut sei. Bei der Gefahrenprognose sei deshalb zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits einmal die natürliche Hemmschwelle zur Tötung eines Menschen überwunden habe. Gerade auch unter Berücksichtigung der beim Kläger diagnostizierten PTBS-Erkrankung und der zwischenzeitlich immer wieder auftretenden Krisen, die offensichtlich bereits aus nichtigen Anlässen eintreten würden, müsse aus polizeilicher Sicht für die Zukunft befürchtet werden, dass es trotz der bis dato straffreien Gestaltung des Aufenthalts in Deutschland zukünftig u.U. zu einem unkontrollierten Wutausbruch oder Gewaltausbruch des Klägers kommen könne, wie es aufgrund der erhöhten Reizbarkeit von PTBS-Patienten nicht untypisch sei.

Mit Verfügung vom 26. September 2017 hat die Staatsanwaltschaft München I das Ermittlungsverfahren wegen Totschlags (Az.: 123 Js 151778/17) gemäß § 170 Abs. 2 StPO wegen Doppelbehandlung eingestellt, da die vorgeworfene Tat bereits unter dem Az.: 123 Js 152338/17 sachbehandelt werde. Das Ermittlungsverfahren wegen Mordes (Az.: 123 Js 152338/17) hat die Staatsanwaltschaft München I ebenfalls mit Verfügung vom 26. September 2017 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da der Kläger zur Tatzeit nicht ausschließbar noch nicht 14 Jahre alt und damit schuldunfähig gewesen sei (§ 19 StGB).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Behördenakte, die Akten der Staatsanwaltschaft in den Verfahren Az.: 123 Js 151778/17 und 123 Js 152338/17 sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 27. März 2019 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Bescheid vom 7. August 2017 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß § 81b Alt. 2 StPO in Nr. 1 des Bescheids ist rechtswidrig.

Der Kläger war bereits nicht tauglicher Adressat der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO.

Nach § 81b Alt. 2 StPO dürfen bei einem Beschuldigten, soweit es für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, Lichtbilder und Fingerabdrücke auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden. Dazu kann er - entweder aufgrund von § 81b StPO (quasi als Annex) oder jedenfalls nach Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 PAG a.F. (i.E. dogmatisch strittig,

(vgl. Berner/Köhler/Käß, PAG, 20. Aufl. 2010, Art. 15 Rn. 9) - zur Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung schriftlich vorgeladen werden.)

Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß § 81b Alt. 2 StPO darf dabei nicht an beliebige Tatsachen anknüpfen oder zu einem beliebigen Zeitpunkt ergehen, sondern muss durch ein gegen den Betroffenen als Beschuldigten geführtes Strafverfahren veranlasst sein und das Ergebnis dieses Verfahrens muss die gesetzlich geforderte Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung begründen (vgl. BVerwG, U.v. 19.10.1982 - 1 C 29/79 - juris Rn. 28). Der Kläger muss mithin zum - insoweit entscheidungserheblichen - Zeitpunkt des Bescheiderlasses (vgl. BayVGH, B.v. 2.4.2015 - 10 C 15.304 - juris Rn. 5 m.w.N.) Beschuldigter eines laufenden Strafverfahrens und damit Beschuldigter i.S.v. § 81b StPO gewesen sein.

Der Kläger war vorliegend zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses Beschuldiger eines laufenden Strafverfahrens - der Ermittlungsverfahren Az.: 123 Js 152338/ und 123 Js 151778/17 - und damit grundsätzlich Beschuldigter i.S.v.§ 81b StPO. Der spätere Wegfall der Beschuldigteneigenschaft infolge der Beendigung der Ermittlungsverfahren durch Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO steht der Rechtmäßigkeit der gegen den Kläger als Beschuldigten der dadurch abgeschlossenen Strafverfahren getroffenen Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung grundsätzlich nicht entgegen, da deren Rechtmäßigkeit bezogen auf das Tatbestandsmerkmal der Beschuldigteneigenschaft selbst bei einem späteren Freispruch oder der Einstellung des Verfahrens nicht entfällt (vgl. BayVGH, B.v. 2.4.2015 - 10 C 15.304 - juris Rn. 6 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 23.11.2005 - 6 C 2.05 - juris Rn. 20).

Zu berücksichtigen ist vorliegend allerdings, dass der Kläger - ausweislich der Einstellungsverfügung im Ermittlungsverfahren wegen Mordes (Az.: 123 Js 152338/17) vom 26. September 2017 - zur Tatzeit nicht ausschließbar noch nicht 14 Jahre alt und damit schuldunfähig nach § 19 StGB war. Er hätte somit von vornherein nicht Beschuldigter in einem Strafverfahren sein dürfen. Denn Beschuldigter ist grundsätzlich nur der Tatverdächtige, gegen den das Verfahren als Beschuldigten betrieben wird, wobei zu berücksichtigen ist, dass Strafunmündige nicht zu Beschuldigten gemacht werden können (vgl. Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 60. Aufl. 2017, Einl. Rn. 76). Die Strafunmündigkeit von Kindern begründet vielmehr ein Prozesshindernis, aufgrund dessen ein Verfahren, das versehentlich wegen einer im Kindesalter begangenen Tat eröffnet worden ist, durch Einstellung - wie vorliegend geschehen - zu beenden ist und zwar auch dann, wenn inzwischen das 14. Lebensjahr vollendet wurde (vgl. Perron/Weißer in Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 30. Aufl. 2019, § 19 Rn. 5).

Diese Maßgaben des Straf-/ Strafprozessrechts sind dabei auch im Rahmen der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO zu berücksichtigen. Zwar handelt es sich bei § 81b Alt. 2 StPO um eine in die Strafprozessordnung aufgenommene präventiv-polizeiliche Ermächtigungsgrundlage des materiellen Polizeirechts und damit - anders als § 81b Alt. 1 StPO - nicht um eine originär strafprozessuale Maßnahme (vgl. Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 60. Aufl. 2017, § 81b Rn. 3). Aufgrund dieser „Doppelnatur“ des § 81b StPO wird auch vertreten, dass erkennungsdienstliche Maßnahmen nach § 81b Alt. 2 StPO auch gegenüber Strafunmündigen zulässig sein sollen, da erkennungsdienstliche Maßnahmen diesen gegenüber die Bekämpfung der Jugendkriminalität erleichtern würden. „Beschuldigter“ i.S.v. § 81b StPO sei somit dahingehend zu verstehen, dass erkennungsdienstliche Maßnahmen der Polizei nur gegen harmlose Bürger nicht zulässig sein sollen (vgl. VG Freiburg, U.v. 3.4.1979 - VS VI 1054/78 - NJW 1980, 901; Verrel, NStZ 2001, 284 (286). Dem ist nicht zu folgen (vgl. hierzu: Benfer, NJW 1980, 901 (902); Frehsee, ZStW 100 (1988), 291; Eisenberg, StV1989, 554; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 60. Aufl. 2017, § 81b Rn. 7). Denn nach dem expliziten Wortlaut des § 81b StPO ist für beide Alternativen die Stellung des Betroffenen als Beschuldigter erforderlich. Nach dem Wortlaut ist mithin gerade keine Differenzierung hinsichtlich des Inhalts und der Reichweite des „Beschuldigtenbegriffs im Hinblick auf die beiden Alternativen des § 81b StPO geboten. Zudem ist zu berücksichtigen, dass - entsprechend den obigen Ausführungen - gegenüber (bekannt) Strafunmündigen von vornherein kein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist, sodass in dieser Konstellation mangels Inkulpationsakt der Staatsanwaltschaft der Beschuldigtenbegriff - unabhängig davon, ob man im Rahmen des § 81b Alt. 2 StPO Strafunmündige miteinbeziehen möchte - von vornherein nicht erfüllt ist. Mangels Beschuldigtenstellung des Betroffenen kommt in dieser Konstellation die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß § 81b Alt. 2 StPO von vorherein nicht in Betracht. Demgegenüber ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, weshalb in Fällen - wie vorliegend -, in denen die Strafunmündigkeit des Betroffenen zum Tatzeitpunkt erst nachträglich bekannt wird, etwas anderes gelten soll. Vielmehr erscheint es sachgerecht die Fälle, in denen die Schuldunfähigkeit des Betroffenen erst nachträglich bekannt wird, genauso zu behandeln, wie die Fälle, in denen diese von Anfang an bekannt ist und somit eine Stellung des Strafunmündigen als Beschuldigter zu verneinen. Hierdurch kommt es zu keiner Privilegierung der Strafunmündigen über Gebühr. Denn losgelöst von der Beschuldigtenstellung in einem Strafverfahren ist auch gegenüber Strafunmündigen die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß Art. 14 PAG bei Vorliegen der dortigen Voraussetzungen zulässig.

Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß § 81b Alt. 2 StPO ist somit mangels Beschuldigtenstellung des Klägers rechtswidrig.

Im Übrigen ist die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß § 81b Alt. 2 StPO auch deshalb rechtswidrig, da sie zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. dazu weiterführend BayVGH, U.v. 12.11.2013 - 10 B 12.2078 - juris Rn. 20) nicht notwendig war.

Die Notwendigkeit der angeordneten erkennungsdienstlichen Maßnahmen beurteilt sich grundsätzlich danach, ob der Sachverhalt, der anlässlich eines gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens festgestellt wurde, nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalles Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene in den Kreis Verdächtiger einer noch aufzuklärenden anderen strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen fördern könnten (vgl. BVerwG, U.v. 23.11.2005 - 6 C 2.05 - juris Rn. 18). Die für diese Prognoseentscheidung maßgeblichen Umstände des Einzelfalls ergeben sich insbesondere aus Art, Schwere und Begehungsweise der dem Beschuldigten im strafrechtlichen Anlassverfahren zur Last gelegten Straftaten, aus seiner Persönlichkeit sowie seinem bisherigen strafrechtlichen Erscheinungsbild (st.Rspr. des BayVGH, vgl. etwa B.v. 6.12.2016 - 10 CS 16.2069 - juris Rn. 10 m.w.N.). Aufgrund des präventiven Charakters dieser Maßnahme kann bei der Prognose, ob eine Wiederholungsgefahr vorliegt, der in einem Ermittlungsverfahren erhobene Tatverdacht sogar dann berücksichtigt werden, wenn dieses Ermittlungsverfahren nach den §§ 153 ff. oder § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 23.11.2005 a.a.O.). Denn die Einschätzung der Strafverfolgungsbehörde, das Ermittlungsergebnis gebe nicht genügenden Anlass zur Anklage, steht einer Bewertung des zugrunde liegenden „Anfangsverdachts“ sowie des Ermittlungsergebnisses nach den Maßstäben kriminalistischer Erfahrung nicht entgegen, wenn trotz Einstellung des Strafverfahrens ein „Restverdacht“ verbleibt (vgl. BayVGH, B.v. 6.12.2016 a.a.O.).

Eine Bewertung aller Umstände des Einzelfalles, v.a. die der Anlasstat und der im Bescheid dargestellten weiteren Sachverhalte trägt die Prognose einer Wiederholungsgefahr nicht.

Der Anlasstat liegt unstrittig ausschließlich ein familieninterner Sachverhalt im Herkunftsland des Klägers zu Grunde. Im Hinblick auf mögliche und gegebenenfalls im Wahrscheinlichkeitsbereich liegende gleich gelagerte Straftaten im familiären Bereich, also im rein privaten Raum außerhalb der Öffentlichkeit, ist die Geeignetheit erkennungsdienstlicher Unterlagen zur Förderung zukünftiger Ermittlungen nicht feststellbar. Erkennungsdienstliche Maßnahmen sind nicht notwendig, wenn die Tatbegehung nicht in Frage steht, wenn also der Täter von vornherein bekannt ist und es insoweit keiner weiteren Ermittlungen bedarf (vgl. SächsOVG, B.v. 21.12.2017 - 3 D 68/17 - juris Rn. 11). Beschränken sich die in Rede stehenden Taten auf den familiären Kreis, wird die Polizei für eventuelle zukünftige Ermittlungen normalerweise keine erkennungsdienstlichen Unterlagen benötigen. Die Eignung scheidet daher in der Regel aus, wenn davon auszugehen ist, dass der Betroffene zwar erneut strafrechtlich in Erscheinung treten wird, er aber auch ohne die gewonnenen Erkenntnisse ohne Weiteres als potentieller Täter in Betracht gezogen wird, wenn es also um die Frage, wer überhaupt der Täter gewesen sein könnte, nicht (mehr) geht. Hiervon ist im Hinblick auf etwaige zukünftige gleichgelagerte Straftaten im privaten Raum auszugehen (vgl. OVG RP, B.v. 24.9.2018 - 7 A 10084/18 - juris Rn. 29). Es wurde von Seiten des Beklagten nicht dargelegt, inwieweit erkennungsdienstliche Unterlagen im Zusammenhang mit solchen Tatbegehungen für weitere Ermittlungen zur Einengung des Tatverdachts auf den Kläger förderlich sein könnten. Dies gilt umso mehr, als von einer neuerlichen, vergleichbaren familieninternen Auseinandersetzung in Deutschland nicht auszugehen ist, zumal nicht bekannt ist, dass sich Familienangehörige des Klägers aus Sierra Leone in Deutschland befinden.

Soweit somit nur die mögliche Eignung erkennungsdienstlicher Unterlagen zur Förderung der Ermittlungen bei gleichgelagerten Straftaten des Klägers im öffentlichen Bereich verbleibt, ist die Annahme, dass der Kläger zukünftig derartige Straftaten begehen wird, nicht hinreichend gerechtfertigt. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme derartiger künftiger Straftaten vor. Insbesondere ist eine dahingehende Zukunftsprognose deshalb, da sich der Kläger in einem neuen Kulturkreis mit neuen Lebensgewohnheiten befindet sowie an PTBS leidet, nicht geboten. Allein daraus kann nicht darauf geschlossen werden, dass der Kläger in Konflikt- und Stresssituationen eine vergleichbare Straftat gegen das Leben und/oder die körperliche Unversehrtheit begehen wird. Denn der Kläger lebt mittlerweile in geordneten Verhältnissen. So lebt er nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung derzeit in einer Wohngemeinschaft des Jugendamtes, hat eine Berufsschule für Metall und Design besucht und dadurch eine Art Mittelschulabschluss erworben. Zudem hat er ab dem 1. April 2019 ein festes Anstellungsverhältnis mit der Aussicht bei seinem Arbeitgeber später eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann machen zu können. Der Kläger befindet sich auf einem guten weg der Integration in den für ihn neuen Kultur- und Lebenskreis. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger künftig aufgrund der neuen Kultur- und Lebensgewohnheiten eine mit der Anlasstat vergleichbare Straftat begehen wird, zumal er, seitdem er sich in Deutschland befindet, mithin seit über fünf Jahren, nicht polizeilich und strafrechtlich in Erscheinung getreten ist

Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung dürfte zudem unverhältnismäßig und damit ermessensfehlerhaft sein (vgl. zum Ermessen BayVGH, B.v.16.11.2015 - 10 CS 15.1564 - juris Rn. 27). Es ist dem Kläger angesichts der nicht hinreichend zu prognostizierenden Wiederholungsgefahr nicht zuzumuten, den mit der erkennungsdienstlichen Behandlung verbundenen Grundrechtseingriff (erneut) hinzunehmen. Im Rahmen der Abwägung der widerstreitenden Interessen ist zu beachten, dass die Schwere des mit der erkennungsdienstlichen Behandlung im Einzelfall verbundenen Grundrechtseingriffs nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht des mit der Maßnahme verfolgten öffentlichen Interesses stehen darf (vgl. VGH BW, U.v. 18.12.2003 - 1 S 2211/02 - juris Rn. 42; NdsOVG, U.v. 28.9.2006 - 11 LB 53/06 - juris Rn. 30 und U.v. 28.6.2007 - 11 LC 372/06 - juris Rn. 36). Das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen bemisst sich nicht nur an der Schwere der in der Vergangenheit erfolgten Anlasstat, sondern auch nach dem Gewicht und der Wahrscheinlichkeit derjenigen Straftaten, bei denen der Betroffene zukünftig zum Kreis der potenziellen Beteiligten gehören kann und zu deren Aufklärung die anzufertigenden Unterlagen dienen sollen (vgl. BayVGH, B.v. 28.11.2012 - 10 ZB 12.1468 - juris Rn. 8). Diesbezüglich ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger, am 30. Januar 2014 im Rahmen der Asylantragstellung bereits erkennungsdienstlich behandelt wurde. Zwar liegt diese erkennungsdienstliche Behandlung nunmehr bereits fünf Jahre zurück und es wurden dabei kein Halbprofil und keine Ganzkörperaufnahmen gefertigt sowie keine Handflächenabdrücke abgenommen. Allerdings ist vor dem Hintergrund, dass erkennungsdienstliches Material aus der damaligen erkennungsdienstlichen Behandlung vorhanden, keine hinreichende Wiederholungsgefahr ersichtlich sowie, dass der Kläger seit er sich in Deutschland befindet, polizeilich und strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, kein tragender sachlicher Grund ersichtlich, der die neuerliche erkennungsdienstliche Behandlung erfordern und den damit einhergehenden Grundrechtseingriff rechtfertigen könnte.

Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung ist somit jedenfalls mangels Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit rechtswidrig. Diese wäre aufgrund dessen auch nicht rechtmäßig, wenn man sie auf Art. 14 PAG stützen würde (vgl. zum Austausch der Rechtsgrundlage hinsichtlich der Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung OVG NW, B.v. 5.8.2015 - 5 A 990/14 - juris Rn. 4 ff.).

Die Vorladung zur Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung für Dienstag, 5. September 2017, 09:00 Uhr, ersatzweise am Montag, 18. September 2017, 09:00 Uhr, in Nr. 2 des Bescheids kann keinen Bestand haben, da es sich bei dieser um eine Folgeentscheidung zur Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung handelt und diesbezüglich in der Zwischenzeit ohnehin durch Zeitablauf eine Erledigung eingetreten ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollsteckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 27. März 2019 - M 7 K 17.4047

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 27. März 2019 - M 7 K 17.4047

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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Strafprozeßordnung - StPO | § 170 Entscheidung über eine Anklageerhebung


(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht. (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren

Strafgesetzbuch - StGB | § 212 Totschlag


(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Strafgesetzbuch - StGB | § 19 Schuldunfähigkeit des Kindes


Schuldunfähig ist, wer bei Begehung der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt ist.

Strafprozeßordnung - StPO | § 81b Erkennungsdienstliche Maßnahmen bei dem Beschuldigten


(1) Soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnah

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Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt. Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 16. Nov. 2015 - 10 CS 15.1564

bei uns veröffentlicht am 16.11.2015

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,-- Euro festgesetzt. Gründe

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 24. Sept. 2018 - 7 A 10084/18

bei uns veröffentlicht am 24.09.2018

Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 15. November 2017 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 05. Aug. 2015 - 5 A 990/14

bei uns veröffentlicht am 05.08.2015

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 25. März 2014 wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren

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(1) Soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden.

(2) Über die Fälle des Absatzes 1 hinaus sind die Fingerabdrücke des Beschuldigten für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 zur Einrichtung eines zentralisierten Systems für die Ermittlung der Mitgliedstaaten, in denen Informationen zu Verurteilungen von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen (ECRIS-TCN) vorliegen, zur Ergänzung des Europäischen Strafregisterinformationssystems und zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/1726 (ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2019/818 (ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 85) geändert worden ist, auch gegen dessen Willen aufzunehmen, sofern

1.
es sich bei dem Beschuldigten um einen Drittstaatsangehörigen im Sinne des Artikels 3 Nummer 7 der Verordnung (EU) 2019/816 handelt,
2.
der Beschuldigte rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe verurteilt oder gegen ihn rechtskräftig allein eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
keine Fingerabdrücke des Beschuldigten vorhanden sind, die im Rahmen eines Strafverfahrens aufgenommen worden sind, und
4.
die entsprechende Eintragung im Bundeszentralregister noch nicht getilgt ist.
Wenn auf Grund bestimmter Tatsachen und bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, dass der Beschuldigte sich dieser Maßnahme entziehen werde, dann dürfen die Fingerabdrücke abweichend von Satz 1 Nummer 2 bereits vor der Rechtskraft der Entscheidung aufgenommen werden.

(3) Für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 sind die nach Absatz 1 für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens, die nach Absatz 2 oder die nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen Fingerabdrücke an das Bundeskriminalamt zu übermitteln.

(4) Für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 darf das Bundeskriminalamt die nach den Absätzen 1 und 2 sowie die nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen und ihm übermittelten Fingerabdrücke verarbeiten. Bei den nach Absatz 1 für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens, den nach Absatz 2 Satz 2 und den nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen Fingerabdrücken ist eine über die Speicherung hinausgehende Verarbeitung nach Satz 1 unzulässig, solange die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist. Die Verarbeitung nach Satz 1 ist ferner unzulässig, wenn

1.
der Beschuldigte rechtskräftig freigesprochen wurde,
2.
das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wurde oder
3.
die alleinige Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung gegen den Beschuldigten rechtskräftig unterbleibt.
Satz 3 gilt entsprechend in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2, wenn der Beschuldigte rechtskräftig zu einer anderen Strafe als Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe verurteilt wurde. Ist die Verarbeitung der Fingerabdrücke nach Satz 3 oder 4 unzulässig, so sind die Fingerabdrücke zu löschen.

(5) Für die Verarbeitung für andere Zwecke als die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 gelten die §§ 481 bis 485. Die Verarbeitung der nach Absatz 2 Satz 2 aufgenommenen Fingerabdrücke ist jedoch erst zulässig, wenn die Entscheidung rechtskräftig und die Verarbeitung für die Erstellung eines Datensatzes nicht nach Absatz 4 Satz 3 oder 4 unzulässig ist. Die übrigen Bestimmungen über die Verarbeitung der nach Absatz 1 oder 2 oder nach § 163b aufgenommenen Fingerabdrücke bleiben unberührt.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Schuldunfähig ist, wer bei Begehung der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden.

(2) Über die Fälle des Absatzes 1 hinaus sind die Fingerabdrücke des Beschuldigten für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 zur Einrichtung eines zentralisierten Systems für die Ermittlung der Mitgliedstaaten, in denen Informationen zu Verurteilungen von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen (ECRIS-TCN) vorliegen, zur Ergänzung des Europäischen Strafregisterinformationssystems und zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/1726 (ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2019/818 (ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 85) geändert worden ist, auch gegen dessen Willen aufzunehmen, sofern

1.
es sich bei dem Beschuldigten um einen Drittstaatsangehörigen im Sinne des Artikels 3 Nummer 7 der Verordnung (EU) 2019/816 handelt,
2.
der Beschuldigte rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe verurteilt oder gegen ihn rechtskräftig allein eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
keine Fingerabdrücke des Beschuldigten vorhanden sind, die im Rahmen eines Strafverfahrens aufgenommen worden sind, und
4.
die entsprechende Eintragung im Bundeszentralregister noch nicht getilgt ist.
Wenn auf Grund bestimmter Tatsachen und bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, dass der Beschuldigte sich dieser Maßnahme entziehen werde, dann dürfen die Fingerabdrücke abweichend von Satz 1 Nummer 2 bereits vor der Rechtskraft der Entscheidung aufgenommen werden.

(3) Für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 sind die nach Absatz 1 für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens, die nach Absatz 2 oder die nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen Fingerabdrücke an das Bundeskriminalamt zu übermitteln.

(4) Für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 darf das Bundeskriminalamt die nach den Absätzen 1 und 2 sowie die nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen und ihm übermittelten Fingerabdrücke verarbeiten. Bei den nach Absatz 1 für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens, den nach Absatz 2 Satz 2 und den nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen Fingerabdrücken ist eine über die Speicherung hinausgehende Verarbeitung nach Satz 1 unzulässig, solange die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist. Die Verarbeitung nach Satz 1 ist ferner unzulässig, wenn

1.
der Beschuldigte rechtskräftig freigesprochen wurde,
2.
das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wurde oder
3.
die alleinige Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung gegen den Beschuldigten rechtskräftig unterbleibt.
Satz 3 gilt entsprechend in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2, wenn der Beschuldigte rechtskräftig zu einer anderen Strafe als Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe verurteilt wurde. Ist die Verarbeitung der Fingerabdrücke nach Satz 3 oder 4 unzulässig, so sind die Fingerabdrücke zu löschen.

(5) Für die Verarbeitung für andere Zwecke als die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 gelten die §§ 481 bis 485. Die Verarbeitung der nach Absatz 2 Satz 2 aufgenommenen Fingerabdrücke ist jedoch erst zulässig, wenn die Entscheidung rechtskräftig und die Verarbeitung für die Erstellung eines Datensatzes nicht nach Absatz 4 Satz 3 oder 4 unzulässig ist. Die übrigen Bestimmungen über die Verarbeitung der nach Absatz 1 oder 2 oder nach § 163b aufgenommenen Fingerabdrücke bleiben unberührt.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Kläger seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren gegen den Bescheid der Polizeiinspektion S. vom 8. Dezember 2014 weiter. Mit diesem Bescheid war die erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers angeordnet worden.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, denn die Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegen nicht vor.

Das Verwaltungsgericht hat die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung zu Recht verneint, weil die beabsichtigte Klage des Klägers auf Aufhebung des Bescheides vom 8. Dezember 2014, mit dem seine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO angeordnet wurde, voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.

Zunächst ist der Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Ergehens der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung vom 8. Dezember 2014 Beschuldigter eines Strafverfahrens und damit zulässiger Adressat der angefochtenen Maßnahme gemäß § 81b Alt. 2 StPO war.

Soweit es für die Rechtmäßigkeit der Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen auf die Eigenschaft als Beschuldigter ankommt, ist auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides abzustellen (BVerwG, B. v. 14.7.2014 - BVerwG 6 B 2.14 - juris Rn. 4). Beschuldigter i. S. d. § 81 Alt. 2 StPO ist, gegen wen aufgrund zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte (§ 152 Abs. 2 StPO) das Strafverfahren betrieben wird. Die Beschuldigteneigenschaft wird durch die erste Ermittlungshandlung begründet, die sich gegen eine bestimmte Person richtet. Die ersten Ermittlungshandlungen gegen den Kläger wurden nach der Anzeige wegen des Vorfalls vom 23. April 2014 eingeleitet. Unerheblich für die Beschuldigteneigenschaft des Klägers ist, dass inzwischen wegen dieses Vorfalls am 20. Oktober 2014 Anklage zum Amtsgericht S. wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern erhoben wurde. Denn § 81b Alt. 2 StPO ermächtigt zu präventiv-polizeilichen Maßnahmen der Strafverfolgungsvorsorge und dient, ohne unmittelbaren Bezug zu einem konkreten Strafverfahren, der vorsorgenden Bereitstellung von Hilfsmitteln für die künftige Erforschung und Aufklärung von Straftaten. Dass die erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO nur gegen einen Beschuldigten angeordnet werden darf, besagt lediglich, dass deren Anordnung nicht an beliebige Tatsachen anknüpfen und zu einem beliebigen Zeitpunkt ergehen kann, sondern dass sie aus einem konkret gegen den Betroffenen als Beschuldigten geführten Strafverfahren hervorgehen und sich jedenfalls auch aus den Ergebnissen dieses Verfahrens die gesetzlich geforderte Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung herleiten muss (BVerwG, U. v. 23.11.2005 - 6 C 2.05 - juris Rn. 20). Für die Beschuldigteneigenschaft kommt es somit allein darauf an, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides formell betrachtet Beschuldigter eines Strafverfahrens war. Die Beschuldigteneigenschaft i. S. d. § 81b Alt. 2 StPO entfällt nicht rückwirkend, wie der Kläger wohl meint, wenn das Ermittlungsverfahren abgeschlossen ist und Anklage erhoben wird.

Nicht erheblich ist insoweit, ob die Einleitung des Strafverfahrens nach materiellem Recht ordnungsgemäß erfolgt ist, oder die Rechte des Betroffenen im Ermittlungsverfahren gewahrt wurden. Mit § 81 Alt. 2 StPO und Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 PAG stehen zwei Befugnisnormen für die Vornahme erkennungsdienstlicher Maßnahmen durch die Polizei zur Verfügung, deren Anwendungsbereich sich nur durch die Beschuldigteneigenschaft des Betroffenen abgrenzen lässt und die zueinander in Gesetzeskonkurrenz stehen (Berner/Köhler/Käß, PAG, 20. Aufl. 2010, Art. 14 Rn. 2 und 9), so dass ausschließlich auf die formelle Einleitung des Strafverfahrens abzustellen ist, weil sonst die Polizeibehörden in jedem Einzelfall überprüfen müssten, ob das Strafverfahren gegen einen Beschuldigten zu Recht eingeleitet worden ist (vgl. BayVGH, U. v. 12.11.2013 - 10 B 12.2078 - Rn. 19; BayVGH, B. v. 6.11.2011 - 10 ZB 11.365 - juris Rn. 3; NdsOVG, B. v. 20.11.2014 - 11 LC 232/13 - juris Rn. 25; NdsOVG, U. v. 28.9.2006 - 11 LB 53/6 - juris Rn. 23). Somit kommt es nicht darauf an, ob der Kläger wegen von ihm behaupteten Verfahrensfehlers im Ermittlungsverfahren tatsächlich verurteilt werden könnte. Selbst wenn im Rahmen des Ermittlungsverfahrens das rechtliche Gehör des Klägers verletzt worden wäre, wäre dies allenfalls im Strafverfahren zu berücksichtigen. Auf die Beschuldigteneigenschaft i. S. d. § 81b Alt. 2 StPO wäre dies aber ohne Einfluss. Die Rechtmäßigkeit der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung bezogen auf das Tatbestandsmerkmal der Beschuldigteneigenschaft entfällt nämlich selbst bei einem späteren Freispruch oder der Einstellung des Verfahrens nicht (BVerwG, U. v. 23.11.2005 - 6 C 2.05 - juris Rn. 20; BayVGH, U. v. 12.11.2013 - 10 B 12.2078 - juris Rn. 19; NdsOVG, B. v. 20.11.2014 - 11 LC 232/13 - juris Rn. 25 jeweils m. w. N.).

Die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81 Alt. 2 StPO zu einem Zeitpunkt, in dem der Betroffene noch nicht wegen der ihm zur Last gelegten Straftat rechtskräftig verurteilt ist, widerspricht auch nicht der im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 EMRK). Nach ständiger Rechtsprechung ist die erkennungsdienstliche Behandlung als präventiv-polizeiliche Maßnahme zur vorbeugenden Straftatenbekämpfung zwar von einem fortbestehenden hinreichenden Tatverdacht, nicht aber von einer (rechtskräftigen) strafgerichtlichen Schuldfeststellung abhängig. Die Feststellung eines Tatverdachts ist vielmehr etwas substanziell anderes als eine Schuldfeststellung (vgl. BayVGH, B. v. 29.10.2014 - 10 ZB 14.1355 - juris Rn. 7 m. w. N.). Aufgrund der präventiv-polizeilichen Ausrichtung der Anordnung nach § 81b Alt. 2 StPO als Maßnahme zur Strafverfolgungsvorsorge ist vielmehr unter Würdigung der gesamten Umstände des Falles der Frage nachzugehen, ob mit der Einstellung des Strafverfahrens bzw. mit dem Freispruch der Tatverdacht gegen den Beteiligten vollständig entfallen ist, oder ob ein „Restverdacht“ verbleibt. Widerspricht die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO selbst dann nicht der Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 EMRK, wenn die Beschuldigteneigenschaft nach Erlass der Anordnung durch Verfahrenseinstellung oder Freispruch entfällt und ein Restverdacht verbleibt, so gilt dies erst recht für den Zeitraum, in dem das Strafverfahren noch nicht endgültig abgeschlossen ist.

Die Notwendigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung i. S. d. § 81b Alt. 2 StPO bestimmt sich danach, ob der Sachverhalt, der anlässlich des gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens festgestellt wurde, nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalles Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene in den Kreis der Verdächtigen einer noch aufzuklärenden anderen Straftat einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen, den Betroffenen letztlich überführend oder entlastend, fördern könnten (BVerwG, U. v. 23.11.2005 - 6 C 2.05 - juris Rn. 22 m. w. N.). Es hat stets eine Abwägung zu erfolgen, in die einerseits das Interesse der Öffentlichkeit an einer effektiven Verhinderung bzw. Aufklärung von Straftaten und andererseits das Interesse des Betroffenen einzustellen ist, entsprechend dem Menschenbild des Grundgesetzes nicht bereits deshalb als potentieller Rechtsbrecher behandelt zu werden, weil er sich irgendwie verdächtig gemacht hat oder angezeigt worden ist. Im Falle des Klägers hat der der Anzeige der Großmutter der Geschädigten zugrunde liegende Sachverhalt zur Erhebung der öffentlichen Klage durch die Staatsanwaltschaft und inzwischen wohl auch zur Eröffnung des Hauptverfahrens durch das Amtsgericht geführt. Dieser Sachverhalt rechtfertigt auch die Prognose des Beklagten, der Kläger werde auch in Zukunft Straftaten auf sexueller Basis begehen. Für die Prognose der Wiederholungsgefahr sind alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Art, Schwere und Begehensweise der dem Beschuldigten zur Last gelegten Straftaten, seine Persönlichkeit und der Zeitraum, während dem er strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten ist, als Anhaltspunkte heranzuziehen. Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die Einschätzung des Beklagten, dass nach sachgerechter und vertretbarer kriminalistischer Erfahrung tragfähige Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, der Kläger könne als Beschuldigter einer Sexualstraftat künftig in den Kreis möglicher Tatverdächtiger einer aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden und die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen könne dann ermittlungsfördernd sein, als zutreffend. Sexualdelikte sind regelmäßig von einer besonderen Veranlagung oder Neigung des Täters geprägt und bergen damit statistisch betrachtet eine signifikant höhere Rückfallgefahr, wenn nicht die Tatumstände und alle weiteren bedeutsamen Faktoren auf eine zu erwartende Einmaligkeit der Tat hindeuten (OVG Saarland, B. v. 13.3.2009 - 3 B 34.09 - juris Rn. 33 ff.; BayVGH, U. v. 22.11.2013 - 10 B 12.278 - juris Rn. 25). Gegen die Einmaligkeit der Anlasstat spricht vorliegend bereits, dass die Geschädigte der Tat vom 23. April 2014 ausgesagt hat, dass sie den Kläger bereits im Januar oder Februar 2014 ebenfalls im Hallenbad in S. bei exhibitionistischen Handlungen beobachtet habe. Auch die Begehensweise der Tat in einem Schwimmbad, in dem die anderen Schwimmer nur mit Badekleidung bekleidet sind und sich in unmittelbarer Nähe des Klägers im Schwimmbecken aufhalten, spricht gegen den Kläger. Das von den Stadtwerken S. ausgesprochene Hausverbot in dem Schwimmbad in S. lässt die Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Es ist nicht außerhalb jeglicher Lebenserfahrung, dass der Kläger aufgrund seiner Veranlagung andere Bäder aufsuchen könnte, um dort exhibitionistische Handlungen zu begehen, nachdem ihm für das Hallenbad in S. ein Hausverbot erteilt worden ist.

Der Beklagte hat sich im Bescheid vom 8. Dezember 2014 auch damit auseinandergesetzt, welche erkennungsdienstlichen Unterlagen über den Kläger benötigt werden. Er hat ausgeführt, dass mit Hilfe von Lichtbildern und einer Personenbeschreibung eine Identifizierung möglich ist oder Fahndungsmaßnahmen eingeleitet werden können. Mit Fingerabdrücken könne die Anwesenheit an einem bestimmten Tatort nachgewiesen werden. Die Einwendungen des Klägers, wonach bei Tathandlungen unter Wasser Fingerabdrücke zur Identifizierung nicht geeignet seien und ihm außerdem schon vor ca. 30 Jahren Fingerabdrücke abgenommen worden sein, lassen die im Bescheid vom 8. Dezember 2014 angeordneten erkennungsdienstlichen Maßnahmen nicht unverhältnismäßig erscheinen. Finger- und Handflächenabdrücke unterliegen schon durch den natürlichen Alterungsprozess Veränderungen (vgl. BayVGH, B. v. 20.1.2011 - 10 CS 10.2725 - juris Rn. 12; OVG Lüneburg, U. v. 21.2.2008 - 11 LB 417/97 - juris Rn. 30 ff. m. w. N.). Aus der dem Kläger zur Last gelegten Straftat ergibt sich auch nicht zwangsläufig, dass der Kläger exhibitionistische Handlungen ausschließlich unter Wasser vornehmen würde und daher die Abnahme von Fingerabdrücken zu seiner Überführung nicht notwendig sein könnte. Da es sich bei Sexualstraftaten um Neigungsdelikte handelt, ist durchaus denkbar, dass der Kläger auch außerhalb von Schwimmbädern mit exhibitionistischen Handlungen auffällig wird und dabei Fingerabdrücke hinterlässt.

Bedenken an der Zumutbarkeit der durch den Bescheid vom 8. Dezember 2014 angeordneten Maßnahmen bestehen auch im Hinblick auf die vom Kläger behauptete seelische Belastung durch die erkennungsdienstlichen Maßnahmen nicht. Im konkreten Einzelfall darf zwar die Schwere des mit der konkreten erkennungsdienstlichen Maßnahme verbundenen Grundrechtseingriffs nicht außer Verhältnis zu dem mit der Maßnahme verfolgten öffentlichen Interesse stehen (NdsOVG, U. v. 30.1.2013 - 11 LB 51/12 - juris Rn. 34). Da aber tragfähige Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass der Kläger auch künftig wieder exhibitionistische Handlungen vornehmen könnte und somit eine Gefahr für ein hohes Schutzgut besteht, und demgegenüber nicht ersichtlich ist, inwieweit die Vornahme der angeordneten er-kennungsdienstlichen Maßnahmen den Kläger wegen der von ihm geschilderten Verfolgung durch das SED-Regime in besonderer Weise belasten würde, überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse, ermittlungsfördernde Unterlagen über den Kläger zu erhalten. Insbesondere ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen zu den Opfern des SED-Regimes und dem Vorbringen des Klägers nicht, dass es durch die Vornahme der erkennungsdienstlichen Behandlung beim Kläger zu einer schweren psychischen Krise oder ähnlich schwerwiegenden Folgen kommen könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Gebühr anfällt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden.

(2) Über die Fälle des Absatzes 1 hinaus sind die Fingerabdrücke des Beschuldigten für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 zur Einrichtung eines zentralisierten Systems für die Ermittlung der Mitgliedstaaten, in denen Informationen zu Verurteilungen von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen (ECRIS-TCN) vorliegen, zur Ergänzung des Europäischen Strafregisterinformationssystems und zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/1726 (ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2019/818 (ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 85) geändert worden ist, auch gegen dessen Willen aufzunehmen, sofern

1.
es sich bei dem Beschuldigten um einen Drittstaatsangehörigen im Sinne des Artikels 3 Nummer 7 der Verordnung (EU) 2019/816 handelt,
2.
der Beschuldigte rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe verurteilt oder gegen ihn rechtskräftig allein eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
keine Fingerabdrücke des Beschuldigten vorhanden sind, die im Rahmen eines Strafverfahrens aufgenommen worden sind, und
4.
die entsprechende Eintragung im Bundeszentralregister noch nicht getilgt ist.
Wenn auf Grund bestimmter Tatsachen und bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, dass der Beschuldigte sich dieser Maßnahme entziehen werde, dann dürfen die Fingerabdrücke abweichend von Satz 1 Nummer 2 bereits vor der Rechtskraft der Entscheidung aufgenommen werden.

(3) Für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 sind die nach Absatz 1 für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens, die nach Absatz 2 oder die nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen Fingerabdrücke an das Bundeskriminalamt zu übermitteln.

(4) Für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 darf das Bundeskriminalamt die nach den Absätzen 1 und 2 sowie die nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen und ihm übermittelten Fingerabdrücke verarbeiten. Bei den nach Absatz 1 für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens, den nach Absatz 2 Satz 2 und den nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen Fingerabdrücken ist eine über die Speicherung hinausgehende Verarbeitung nach Satz 1 unzulässig, solange die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist. Die Verarbeitung nach Satz 1 ist ferner unzulässig, wenn

1.
der Beschuldigte rechtskräftig freigesprochen wurde,
2.
das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wurde oder
3.
die alleinige Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung gegen den Beschuldigten rechtskräftig unterbleibt.
Satz 3 gilt entsprechend in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2, wenn der Beschuldigte rechtskräftig zu einer anderen Strafe als Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe verurteilt wurde. Ist die Verarbeitung der Fingerabdrücke nach Satz 3 oder 4 unzulässig, so sind die Fingerabdrücke zu löschen.

(5) Für die Verarbeitung für andere Zwecke als die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 gelten die §§ 481 bis 485. Die Verarbeitung der nach Absatz 2 Satz 2 aufgenommenen Fingerabdrücke ist jedoch erst zulässig, wenn die Entscheidung rechtskräftig und die Verarbeitung für die Erstellung eines Datensatzes nicht nach Absatz 4 Satz 3 oder 4 unzulässig ist. Die übrigen Bestimmungen über die Verarbeitung der nach Absatz 1 oder 2 oder nach § 163b aufgenommenen Fingerabdrücke bleiben unberührt.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Kläger seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren gegen den Bescheid der Polizeiinspektion S. vom 8. Dezember 2014 weiter. Mit diesem Bescheid war die erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers angeordnet worden.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, denn die Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegen nicht vor.

Das Verwaltungsgericht hat die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung zu Recht verneint, weil die beabsichtigte Klage des Klägers auf Aufhebung des Bescheides vom 8. Dezember 2014, mit dem seine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO angeordnet wurde, voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.

Zunächst ist der Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Ergehens der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung vom 8. Dezember 2014 Beschuldigter eines Strafverfahrens und damit zulässiger Adressat der angefochtenen Maßnahme gemäß § 81b Alt. 2 StPO war.

Soweit es für die Rechtmäßigkeit der Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen auf die Eigenschaft als Beschuldigter ankommt, ist auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides abzustellen (BVerwG, B. v. 14.7.2014 - BVerwG 6 B 2.14 - juris Rn. 4). Beschuldigter i. S. d. § 81 Alt. 2 StPO ist, gegen wen aufgrund zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte (§ 152 Abs. 2 StPO) das Strafverfahren betrieben wird. Die Beschuldigteneigenschaft wird durch die erste Ermittlungshandlung begründet, die sich gegen eine bestimmte Person richtet. Die ersten Ermittlungshandlungen gegen den Kläger wurden nach der Anzeige wegen des Vorfalls vom 23. April 2014 eingeleitet. Unerheblich für die Beschuldigteneigenschaft des Klägers ist, dass inzwischen wegen dieses Vorfalls am 20. Oktober 2014 Anklage zum Amtsgericht S. wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern erhoben wurde. Denn § 81b Alt. 2 StPO ermächtigt zu präventiv-polizeilichen Maßnahmen der Strafverfolgungsvorsorge und dient, ohne unmittelbaren Bezug zu einem konkreten Strafverfahren, der vorsorgenden Bereitstellung von Hilfsmitteln für die künftige Erforschung und Aufklärung von Straftaten. Dass die erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO nur gegen einen Beschuldigten angeordnet werden darf, besagt lediglich, dass deren Anordnung nicht an beliebige Tatsachen anknüpfen und zu einem beliebigen Zeitpunkt ergehen kann, sondern dass sie aus einem konkret gegen den Betroffenen als Beschuldigten geführten Strafverfahren hervorgehen und sich jedenfalls auch aus den Ergebnissen dieses Verfahrens die gesetzlich geforderte Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung herleiten muss (BVerwG, U. v. 23.11.2005 - 6 C 2.05 - juris Rn. 20). Für die Beschuldigteneigenschaft kommt es somit allein darauf an, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides formell betrachtet Beschuldigter eines Strafverfahrens war. Die Beschuldigteneigenschaft i. S. d. § 81b Alt. 2 StPO entfällt nicht rückwirkend, wie der Kläger wohl meint, wenn das Ermittlungsverfahren abgeschlossen ist und Anklage erhoben wird.

Nicht erheblich ist insoweit, ob die Einleitung des Strafverfahrens nach materiellem Recht ordnungsgemäß erfolgt ist, oder die Rechte des Betroffenen im Ermittlungsverfahren gewahrt wurden. Mit § 81 Alt. 2 StPO und Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 PAG stehen zwei Befugnisnormen für die Vornahme erkennungsdienstlicher Maßnahmen durch die Polizei zur Verfügung, deren Anwendungsbereich sich nur durch die Beschuldigteneigenschaft des Betroffenen abgrenzen lässt und die zueinander in Gesetzeskonkurrenz stehen (Berner/Köhler/Käß, PAG, 20. Aufl. 2010, Art. 14 Rn. 2 und 9), so dass ausschließlich auf die formelle Einleitung des Strafverfahrens abzustellen ist, weil sonst die Polizeibehörden in jedem Einzelfall überprüfen müssten, ob das Strafverfahren gegen einen Beschuldigten zu Recht eingeleitet worden ist (vgl. BayVGH, U. v. 12.11.2013 - 10 B 12.2078 - Rn. 19; BayVGH, B. v. 6.11.2011 - 10 ZB 11.365 - juris Rn. 3; NdsOVG, B. v. 20.11.2014 - 11 LC 232/13 - juris Rn. 25; NdsOVG, U. v. 28.9.2006 - 11 LB 53/6 - juris Rn. 23). Somit kommt es nicht darauf an, ob der Kläger wegen von ihm behaupteten Verfahrensfehlers im Ermittlungsverfahren tatsächlich verurteilt werden könnte. Selbst wenn im Rahmen des Ermittlungsverfahrens das rechtliche Gehör des Klägers verletzt worden wäre, wäre dies allenfalls im Strafverfahren zu berücksichtigen. Auf die Beschuldigteneigenschaft i. S. d. § 81b Alt. 2 StPO wäre dies aber ohne Einfluss. Die Rechtmäßigkeit der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung bezogen auf das Tatbestandsmerkmal der Beschuldigteneigenschaft entfällt nämlich selbst bei einem späteren Freispruch oder der Einstellung des Verfahrens nicht (BVerwG, U. v. 23.11.2005 - 6 C 2.05 - juris Rn. 20; BayVGH, U. v. 12.11.2013 - 10 B 12.2078 - juris Rn. 19; NdsOVG, B. v. 20.11.2014 - 11 LC 232/13 - juris Rn. 25 jeweils m. w. N.).

Die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81 Alt. 2 StPO zu einem Zeitpunkt, in dem der Betroffene noch nicht wegen der ihm zur Last gelegten Straftat rechtskräftig verurteilt ist, widerspricht auch nicht der im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 EMRK). Nach ständiger Rechtsprechung ist die erkennungsdienstliche Behandlung als präventiv-polizeiliche Maßnahme zur vorbeugenden Straftatenbekämpfung zwar von einem fortbestehenden hinreichenden Tatverdacht, nicht aber von einer (rechtskräftigen) strafgerichtlichen Schuldfeststellung abhängig. Die Feststellung eines Tatverdachts ist vielmehr etwas substanziell anderes als eine Schuldfeststellung (vgl. BayVGH, B. v. 29.10.2014 - 10 ZB 14.1355 - juris Rn. 7 m. w. N.). Aufgrund der präventiv-polizeilichen Ausrichtung der Anordnung nach § 81b Alt. 2 StPO als Maßnahme zur Strafverfolgungsvorsorge ist vielmehr unter Würdigung der gesamten Umstände des Falles der Frage nachzugehen, ob mit der Einstellung des Strafverfahrens bzw. mit dem Freispruch der Tatverdacht gegen den Beteiligten vollständig entfallen ist, oder ob ein „Restverdacht“ verbleibt. Widerspricht die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO selbst dann nicht der Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 EMRK, wenn die Beschuldigteneigenschaft nach Erlass der Anordnung durch Verfahrenseinstellung oder Freispruch entfällt und ein Restverdacht verbleibt, so gilt dies erst recht für den Zeitraum, in dem das Strafverfahren noch nicht endgültig abgeschlossen ist.

Die Notwendigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung i. S. d. § 81b Alt. 2 StPO bestimmt sich danach, ob der Sachverhalt, der anlässlich des gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens festgestellt wurde, nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalles Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene in den Kreis der Verdächtigen einer noch aufzuklärenden anderen Straftat einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen, den Betroffenen letztlich überführend oder entlastend, fördern könnten (BVerwG, U. v. 23.11.2005 - 6 C 2.05 - juris Rn. 22 m. w. N.). Es hat stets eine Abwägung zu erfolgen, in die einerseits das Interesse der Öffentlichkeit an einer effektiven Verhinderung bzw. Aufklärung von Straftaten und andererseits das Interesse des Betroffenen einzustellen ist, entsprechend dem Menschenbild des Grundgesetzes nicht bereits deshalb als potentieller Rechtsbrecher behandelt zu werden, weil er sich irgendwie verdächtig gemacht hat oder angezeigt worden ist. Im Falle des Klägers hat der der Anzeige der Großmutter der Geschädigten zugrunde liegende Sachverhalt zur Erhebung der öffentlichen Klage durch die Staatsanwaltschaft und inzwischen wohl auch zur Eröffnung des Hauptverfahrens durch das Amtsgericht geführt. Dieser Sachverhalt rechtfertigt auch die Prognose des Beklagten, der Kläger werde auch in Zukunft Straftaten auf sexueller Basis begehen. Für die Prognose der Wiederholungsgefahr sind alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Art, Schwere und Begehensweise der dem Beschuldigten zur Last gelegten Straftaten, seine Persönlichkeit und der Zeitraum, während dem er strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten ist, als Anhaltspunkte heranzuziehen. Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die Einschätzung des Beklagten, dass nach sachgerechter und vertretbarer kriminalistischer Erfahrung tragfähige Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, der Kläger könne als Beschuldigter einer Sexualstraftat künftig in den Kreis möglicher Tatverdächtiger einer aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden und die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen könne dann ermittlungsfördernd sein, als zutreffend. Sexualdelikte sind regelmäßig von einer besonderen Veranlagung oder Neigung des Täters geprägt und bergen damit statistisch betrachtet eine signifikant höhere Rückfallgefahr, wenn nicht die Tatumstände und alle weiteren bedeutsamen Faktoren auf eine zu erwartende Einmaligkeit der Tat hindeuten (OVG Saarland, B. v. 13.3.2009 - 3 B 34.09 - juris Rn. 33 ff.; BayVGH, U. v. 22.11.2013 - 10 B 12.278 - juris Rn. 25). Gegen die Einmaligkeit der Anlasstat spricht vorliegend bereits, dass die Geschädigte der Tat vom 23. April 2014 ausgesagt hat, dass sie den Kläger bereits im Januar oder Februar 2014 ebenfalls im Hallenbad in S. bei exhibitionistischen Handlungen beobachtet habe. Auch die Begehensweise der Tat in einem Schwimmbad, in dem die anderen Schwimmer nur mit Badekleidung bekleidet sind und sich in unmittelbarer Nähe des Klägers im Schwimmbecken aufhalten, spricht gegen den Kläger. Das von den Stadtwerken S. ausgesprochene Hausverbot in dem Schwimmbad in S. lässt die Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Es ist nicht außerhalb jeglicher Lebenserfahrung, dass der Kläger aufgrund seiner Veranlagung andere Bäder aufsuchen könnte, um dort exhibitionistische Handlungen zu begehen, nachdem ihm für das Hallenbad in S. ein Hausverbot erteilt worden ist.

Der Beklagte hat sich im Bescheid vom 8. Dezember 2014 auch damit auseinandergesetzt, welche erkennungsdienstlichen Unterlagen über den Kläger benötigt werden. Er hat ausgeführt, dass mit Hilfe von Lichtbildern und einer Personenbeschreibung eine Identifizierung möglich ist oder Fahndungsmaßnahmen eingeleitet werden können. Mit Fingerabdrücken könne die Anwesenheit an einem bestimmten Tatort nachgewiesen werden. Die Einwendungen des Klägers, wonach bei Tathandlungen unter Wasser Fingerabdrücke zur Identifizierung nicht geeignet seien und ihm außerdem schon vor ca. 30 Jahren Fingerabdrücke abgenommen worden sein, lassen die im Bescheid vom 8. Dezember 2014 angeordneten erkennungsdienstlichen Maßnahmen nicht unverhältnismäßig erscheinen. Finger- und Handflächenabdrücke unterliegen schon durch den natürlichen Alterungsprozess Veränderungen (vgl. BayVGH, B. v. 20.1.2011 - 10 CS 10.2725 - juris Rn. 12; OVG Lüneburg, U. v. 21.2.2008 - 11 LB 417/97 - juris Rn. 30 ff. m. w. N.). Aus der dem Kläger zur Last gelegten Straftat ergibt sich auch nicht zwangsläufig, dass der Kläger exhibitionistische Handlungen ausschließlich unter Wasser vornehmen würde und daher die Abnahme von Fingerabdrücken zu seiner Überführung nicht notwendig sein könnte. Da es sich bei Sexualstraftaten um Neigungsdelikte handelt, ist durchaus denkbar, dass der Kläger auch außerhalb von Schwimmbädern mit exhibitionistischen Handlungen auffällig wird und dabei Fingerabdrücke hinterlässt.

Bedenken an der Zumutbarkeit der durch den Bescheid vom 8. Dezember 2014 angeordneten Maßnahmen bestehen auch im Hinblick auf die vom Kläger behauptete seelische Belastung durch die erkennungsdienstlichen Maßnahmen nicht. Im konkreten Einzelfall darf zwar die Schwere des mit der konkreten erkennungsdienstlichen Maßnahme verbundenen Grundrechtseingriffs nicht außer Verhältnis zu dem mit der Maßnahme verfolgten öffentlichen Interesse stehen (NdsOVG, U. v. 30.1.2013 - 11 LB 51/12 - juris Rn. 34). Da aber tragfähige Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass der Kläger auch künftig wieder exhibitionistische Handlungen vornehmen könnte und somit eine Gefahr für ein hohes Schutzgut besteht, und demgegenüber nicht ersichtlich ist, inwieweit die Vornahme der angeordneten er-kennungsdienstlichen Maßnahmen den Kläger wegen der von ihm geschilderten Verfolgung durch das SED-Regime in besonderer Weise belasten würde, überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse, ermittlungsfördernde Unterlagen über den Kläger zu erhalten. Insbesondere ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen zu den Opfern des SED-Regimes und dem Vorbringen des Klägers nicht, dass es durch die Vornahme der erkennungsdienstlichen Behandlung beim Kläger zu einer schweren psychischen Krise oder ähnlich schwerwiegenden Folgen kommen könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Gebühr anfällt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Schuldunfähig ist, wer bei Begehung der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt ist.

(1) Soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden.

(2) Über die Fälle des Absatzes 1 hinaus sind die Fingerabdrücke des Beschuldigten für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 zur Einrichtung eines zentralisierten Systems für die Ermittlung der Mitgliedstaaten, in denen Informationen zu Verurteilungen von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen (ECRIS-TCN) vorliegen, zur Ergänzung des Europäischen Strafregisterinformationssystems und zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/1726 (ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2019/818 (ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 85) geändert worden ist, auch gegen dessen Willen aufzunehmen, sofern

1.
es sich bei dem Beschuldigten um einen Drittstaatsangehörigen im Sinne des Artikels 3 Nummer 7 der Verordnung (EU) 2019/816 handelt,
2.
der Beschuldigte rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe verurteilt oder gegen ihn rechtskräftig allein eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
3.
keine Fingerabdrücke des Beschuldigten vorhanden sind, die im Rahmen eines Strafverfahrens aufgenommen worden sind, und
4.
die entsprechende Eintragung im Bundeszentralregister noch nicht getilgt ist.
Wenn auf Grund bestimmter Tatsachen und bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, dass der Beschuldigte sich dieser Maßnahme entziehen werde, dann dürfen die Fingerabdrücke abweichend von Satz 1 Nummer 2 bereits vor der Rechtskraft der Entscheidung aufgenommen werden.

(3) Für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 sind die nach Absatz 1 für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens, die nach Absatz 2 oder die nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen Fingerabdrücke an das Bundeskriminalamt zu übermitteln.

(4) Für die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 darf das Bundeskriminalamt die nach den Absätzen 1 und 2 sowie die nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen und ihm übermittelten Fingerabdrücke verarbeiten. Bei den nach Absatz 1 für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens, den nach Absatz 2 Satz 2 und den nach § 163b Absatz 1 Satz 3 aufgenommenen Fingerabdrücken ist eine über die Speicherung hinausgehende Verarbeitung nach Satz 1 unzulässig, solange die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist. Die Verarbeitung nach Satz 1 ist ferner unzulässig, wenn

1.
der Beschuldigte rechtskräftig freigesprochen wurde,
2.
das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wurde oder
3.
die alleinige Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung gegen den Beschuldigten rechtskräftig unterbleibt.
Satz 3 gilt entsprechend in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2, wenn der Beschuldigte rechtskräftig zu einer anderen Strafe als Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe verurteilt wurde. Ist die Verarbeitung der Fingerabdrücke nach Satz 3 oder 4 unzulässig, so sind die Fingerabdrücke zu löschen.

(5) Für die Verarbeitung für andere Zwecke als die Erstellung eines Datensatzes gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/816 gelten die §§ 481 bis 485. Die Verarbeitung der nach Absatz 2 Satz 2 aufgenommenen Fingerabdrücke ist jedoch erst zulässig, wenn die Entscheidung rechtskräftig und die Verarbeitung für die Erstellung eines Datensatzes nicht nach Absatz 4 Satz 3 oder 4 unzulässig ist. Die übrigen Bestimmungen über die Verarbeitung der nach Absatz 1 oder 2 oder nach § 163b aufgenommenen Fingerabdrücke bleiben unberührt.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 26. August 2015, mit dem die erkennungsdienstliche Behandlung des Antragstellers angeordnet und er zu ihrer Durchführung unter Fristsetzung vorgeladen wurde.

Seinen Eilantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 15. September 2016 abgelehnt. Die Behörde habe das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung ihrer Anordnung in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO noch genügenden Weise begründet und in knapper Form dargelegt, dass der Sofortvollzug aufgrund der vorliegenden Gefahr einer Wiederholung strafbarer Handlungen in naher Zukunft erforderlich sei. Die der Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen zugrunde liegende Gefährdungsprognose trage bereits die Gründe für deren sofortige Vollziehbarkeit in sich. Die auf § 81b 2. Alt. StPO gestützte Anordnung erweise sich als rechtmäßig. Der Antragsteller sei zum maßgeblichen Zeitpunkt Beschuldigter in einem polizeilichen Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit Waffen und damit zulässiger Adressat dieser Anordnung gewesen. Die Anwendung der präventivpolizeilichen Ermächtigungsgrundlage sei nicht von einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Schuldfeststellung abhängig. Die erkennungsdienstliche Behandlung sei notwendig im Sinn von § 81b 2. Alt. StPO, weil der Antragsgegner davon ausgehen habe dürfen, dass beim Antragsteller weiterhin die Gefahr strafrechtlicher Handlungen bestehe. Der Antragsteller habe den Drogenkonsum auch eingestanden. Bei Betäubungsmitteldelikten bestehe eine statistisch signifikant erhöhte Rückfallgefahr, weshalb sogar bei einer erstmaligen Begehung einer solchen Tat eine Wiederholungsgefahr angenommen werden könne, solange nicht weitere Faktoren, die auf eine Einmaligkeit der Tat hindeuteten, vorlägen. Gegen den Antragsteller seien aber bereits im Jahr 2010 im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz Ermittlungen geführt worden, auch wenn das Verfahren damals nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei. Die polizeiliche Prognose einer Wiederholungsgefahr sei insbesondere vor dem Hintergrund nicht zu beanstanden, dass am 16. Oktober 2014 beim Antragsteller ca. 200 g Marihuana sichergestellt sowie eine Cannabis-Plantage mit 18 Pflanzen aufgefunden worden sei. Schließlich spreche der Umstand, dass in unmittelbarer Nähe einer Schreckschusspistole gefunden worden sei, für eine fortgesetzte Tatbegehung und damit für eine Wiederholungsgefahr.

Mit seiner Beschwerde macht der Antragsteller im Wesentlichen geltend, die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Begründung des Sofortvollzugs sei noch ausreichend, treffe nicht zu. Es handele sich vielmehr um eine formelhafte, den spezifischen Einzelfall nicht berücksichtigende Begründung; es werde nicht dargetan, wieso der Sachverhalt nach kriminalistischer Erfahrung Anhaltspunkte für die Begehung erneuter Taten aus dem Betäubungsmittelbereich nahelege. Als Ermächtigungsgrundlage sei vorrangig Art. 14 PAG heranzuziehen, der hier aber nicht eingreifen könne, da der Antragsteller bereits am 4. Dezember 2006 als 19-jähriger erkennungsdienstlich behandelt worden sei. Im Übrigen bestehe keine Wiederholungsgefahr. Der Antragsteller sei durch Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 14. April 2016 (rechtskräftig seit 22.4.2016) wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit vorsätzlichem unerlaubten Anbau von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt worden; weder der Vorwurf des Handeltreibens noch der der Tatbegehung „mit einer Waffe“ sei auch nur zur Anklage gekommen, so dass der Tatbestand eines Verbrechens nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG nicht vorgelegen habe. Der vom Verwaltungsgericht erhobene Vorwurf eines unerlaubten Handeltreibens unter Mitführen von Waffen gehe damit ins Leere. Die Betäubungsmittel hätten ausschließlich zum Eigenbedarf verwendet werden sollen. Der Antragsteller sei auch nicht vorbestraft, denn das Ermittlungsverfahren, in dem es um den Fund einer geringen Menge von Marihuana in einem auch vom Antragsteller benutzten Fahrzeug gegangen sei, habe mangels Tatverdacht eingestellt werden müssen. Dem Antragsteller sei nicht bekannt, dass bereits eine erstmalige Begehung eines Betäubungsmitteldelikts eine erhöhte Rückfallgefahr begründe; hinzutreten müssten für die Annahme einer Wiederholungsgefahr vielmehr weitere Umstände in der Begehungsweise und der Täterpersönlichkeit, wie dies zum Beispiel der Kontakt zu Personen aus dem Drogenmilieu darstelle. Eine Haarprobe vom 1. Juni 2015 habe überdies ergeben, dass der Antragsteller mindest seit zwei Monaten vor der Untersuchung keine Drogen mehr konsumiert habe. Die Anordnung sei auch unverhältnismäßig, weil sich der Verdacht der Begehung eines Verbrechens wegen unerlaubten Handeltreibens in nicht geringer Menge mit Waffen als unbegründet erwiesen habe.

Der Antragsgegner tritt der Beschwerde entgegen. Die ursprünglich vom Antragsteller im Jahre 2006 gewonnenen erkennungsdienstlichen Unterlagen seien im Jahre 2014 als Folge einer fehlerhaften Einschätzung der Situation vernichtet worden. Die Notwendigkeit der neuerlichen erkennungsdienstlichen Behandlung ergebe sich aus der durch Art, Schwere und Begehungsweise der Straftat begründeten Wiederholungsgefahr. Hinsichtlich der Größe der aufgefundenen Menge an Marihuana, die für einen Eigenbedarf bei weitem zu groß sei, sowie der griffbereiten Schreckschusspistole verbleibe es bei einem polizeilichen Restverdacht. Die erkennungsdienstliche Behandlung wäre aber auch anzuordnen gewesen, wenn mit dem illegalen Anbau keine Absicht des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verbunden wäre. Die im Strafverfahren veranlasste Haaranalyse lasse im Übrigen nur einen begrenzten Rückschluss auf den Konsum des Antragstellers von Betäubungsmitteln zu; im Strafverfahren habe er jedenfalls selbst angegeben, über zwei Jahre hinweg regelmäßig Marihuana konsumiert zu haben. Der Antragsgegner habe den Sofortvollzug in ausreichender Form begründet.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Behördenakten sowie der Strafakte Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die in der Beschwerde dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen nicht die beantragte Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts und Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage.

Nach der vom Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdeverfahren vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse an der Vollziehung der verfügten erkennungsdienstlichen Behandlung das Aufschiebungsinteresse des Antragstellers, weil deren Anordnung im angefochtenen Bescheid vom 26. August 2015 nach der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage rechtmäßig ist und auch ein besonderes Vollzugsinteresse besteht.

1. Entgegen der Auffassung des Antragstellers hat der Antragsgegner die Anord-nung zu Recht auf § 81b 2. Alt. StPO gestützt. Diese Vorschrift ermächtigt zu präventivpolizeilichen Maßnahmen der Strafverfolgungsvorsorge und dient - ohne unmittelbaren Bezug zu einem konkreten Strafverfahren - der vorsorgenden Bereitstellung von Hilfsmitteln für die künftige Erforschung und Aufklärung von Straftaten (vgl. BVerwG, U. v. 23.11.2005 - 6 C 2.05 - juris Rn. 18). Die erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b 2. Alt. StPO setzt voraus, dass der betroffene Antragsteller zum Zeitpunkt der streitbefangenen Anordnung noch Beschuldigter in einem gegen ihn geführten Ermittlungs- oder Strafverfahren war; der spätere Wegfall der Beschuldigteneigenschaft infolge der Beendigung des Strafverfahrens durch Einstellung, Verurteilung oder Freispruch lässt die Rechtmäßigkeit der angeordneten Maßnahmen dagegen unberührt (vgl. BVerwG, U. v. 23.11.2005, a. a. O., juris Rn. 20; BayVGH, B. v. 2.4.2015 - 10 C 15.304 - juris Rn. 5). Präventivpolizeiliche (erkennungsdienstliche) Maßnahmen nach Art. 14 Abs. 1 PAG kann die Polizei demgegenüber nur an Personen vornehmen, die im maßgeblichen Zeitpunkt nicht die Stellung eines Beschuldigten im Sinn der Strafprozessordnung innehaben (BayVGH, a. a. O., Rn. 6; Berner/Köhler/Käß, Polizeiaufgabengesetz, 20. Aufl. 2010, Art. 14 Rn. 1, 2, 9).

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Antragsteller zum Zeit-punkt des Erlasses des streitbefangenen Bescheids am 26. August 2015 (noch) Beschuldigter in einem Strafverfahren (Az. 5024-0524/160/15) und damit zulässiger Adressat der angefochtenen Maßnahme war. Die objektiv feststehende Beschuldigteneigenschaft zum maßgeblichen Zeitpunkt wird vom Antragsteller auch nicht bestritten.

2. Nicht zu beanstanden ist auch die durch den Beklagten angestellte Prognose einer Wiederholungsgefahr dahingehend, dass der Antragsteller künftig in ähnlicher Weise im Betäubungsmittelbereich erneut straffällig werden könnte. Die Notwendigkeit der angeordneten erkennungsdienstlichen Maßnahmen beurteilt sich grundsätzlich danach, ob der Sachverhalt, der anlässlich eines gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens festgestellt wurde, nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalles Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene in den Kreis Verdächtiger einer noch aufzuklärenden anderen strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen fördern könnten (vgl. BVerwG, U. v. 23.11.2005, a. a. O.; U. v. 19.10.1982 - 1 C 29.79 - BVerwGE 66, 192/199). Die für diese Prognoseentscheidung maßgeblichen Umstände des Einzelfalls ergeben sich insbesondere aus Art, Schwere und Begehungsweise der dem Beschuldigten im strafrechtlichen Anlassverfahren zur Last gelegten Straftaten, aus seiner Persönlichkeit sowie seinem bisherigen strafrechtlichen Erscheinungsbild (st. Rspr. des Senats; vgl. BayVGH, B. v. 23.11.2009 - 10 CS 09.1854 - juris Rn. 12; B. v. 2.4.2015 - 10 C 15.304 - juris Rn. 8). Aufgrund des präventiven Charakters dieser Maßnahme kann bei der Prognose, ob eine Wiederholungsgefahr vorliegt, der in einem Ermittlungsverfahren erhobene Tatverdacht sogar dann berücksichtigt werden, wenn dieses Ermittlungsverfahren nach den §§ 153 ff. oder § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist (vgl. BVerwG, U. v. 23.11.2005, a. a. O.). Denn die Einschätzung der Strafverfolgungsbehörde, das Ermittlungsergebnis gebe nicht genügenden Anlass zur Anklage, steht einer Bewertung des zugrunde liegenden „Anfangsverdachts“ sowie des Ermittlungsergebnisses nach den Maßstäben kriminalistischer Erfahrung nicht entgegen, wenn trotz Einstellung des Strafverfahrens ein „Restverdacht“ verbleibt (vgl. BayVGH, B. v. 2.4.2015, a. a. O., Rn. 7; NdsOVG, B. v. 20.11.2008 - 11 ME 297/08 - juris Rn. 9 f.).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist die vom Verwaltungsgericht im angefoch-tenen Beschluss vom 15. September 2016 nachvollzogene Gefährdungsprognose, die in Unkenntnis der zu diesem Zeitpunkt bereits rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung vom 14. April 2006 durch das Amtsgericht Nürnberg getroffen wurde, nicht zu beanstanden. Der Antragsteller ist rechtskräftig zu einer immerhin neun-monatigen Freiheitsstrafe wegen des unerlaubten Besitzes von etwa 196 g Marihuana sowie des Anbaus von 18 Cannabispflanzen verurteilt worden; dabei ist das Strafgericht von einem vorangegangenen mehrjährigen Betäubungsmittelkonsum des Antragstellers ausgegangen, den er allerdings seit der polizeilichen Durchsuchung seiner Wohnung am 16. Oktober 2014 aufgegeben habe. Der Senat tritt gleichwohl der Beurteilung des Verwaltungsgerichts bei, dass bei Betäubungsmitteldelikten von einer erheblichen allgemeinen Rückfallgefahr ausgegangen werden muss, so dass auch eine erstmalige Verurteilung wegen einer entsprechenden Tat grundsätzlich die Annahme einer Wiederholungsgefahr begründen kann, wenn nicht besondere Tatumstände, die für eine einmalige Tat sprechen, vorliegen (vgl. a. OVG Saarl, B. v. 13.3.2009 - 3 B 34/09 - juris Rn. 35 f.); derartige Umstände sind aber im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Im Gegenteil sprechen hier der langjährige Konsum von Marihuana - insbesondere auch vor dem Hintergrund des verbotenen Selbstanbaus durch den Antragsteller - sowie die (behauptete) Weitergabe an seinen Vater zum Zwecke der Schmerzlinderung für eine erhöhte Gefahr der erneuten Begehung gleichgerichteter Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. Die demgegenüber im Strafurteil zugunsten des Antragstellers aufgeführten Umstände, die die Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ermöglicht haben, vermögen an der Annahme einer Wiederholungsgefahr nichts zu ändern; dies gilt insbesondere im Hinblick auf fehlende Vorstrafen, sein Schuldeingeständnis, die gezeigte Reue sowie die durch eine Haarprobe im Juni 2015 für einen Zeitraum von zwei Monaten belegte Betäubungsmittelfreiheit. Diese für die Frage der Strafzumessung zweifellos bedeutsamen Umstände haben im Hinblick auf die aus präventivpolizeilicher Sicht zu erstellende Gefahrenprognose nur eine untergeordnete Bedeutung (vgl. zur negativen Gefahrenprognose trotz Aussetzung der Strafe zur Bewährung BayVGH, B. v. 6.12.2011 - 10 ZB 11.365 - juris Rn. 5). Der Senat ist der Auffassung, dass sich bei Betäubungsmitteltätern die Gefahr erneuter Rechtsverstöße gerade nach längerem Drogenkonsum - wie im vorliegenden Fall - erst nach längerer Dauer der Drogenabstinenz verringert.

Soweit die Beschwerde beanstandet, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht im Rahmen seiner Gefahrenprognose auch die nach § 170 Abs. 2 StPO erfolgte Einstellung eines gegen den Kläger im Jahr 2010 geführten Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz in den Blick genommen, ist dem entgegenzuhalten, dass es nach den eingangs dargestellten Grundsätzen keiner rechtskräftigen strafrichterlichen Verurteilung bedarf, um bestimmte Sachverhalte gleichwohl der Gefahrenprognose zugrunde legen zu können. Vielmehr reicht der Fortbestand eines „Restverdachts“ aus; im vorliegenden Fall ergibt sich ein solcher aus den Umständen der damals geführten Ermittlungen, die deshalb eingestellt wurden, weil nicht nachweisbar war, wem die in dem PKW, in dem auch der Kläger saß, aufgefundenen Betäubungsmittel gehörten. Schließlich meint die Beschwerde, eine negative Gefahrenprognose müsse durch weitere Umstände in der Tatbegehung und der Täterpersönlichkeit gestützt werden, wie etwa durch nachgewiesene Kontakte zu Personen im Drogenmilieu. Einen derartigen Rechtssatz stellt der vom Kläger in Bezug genommene Beschluss des Senats vom 6. Dezember 2011 (a. a. O.) jedoch nicht auf, auch wenn der Klägerin des dortigen Verfahrens Kontakte ins Drogenmilieu nachgewiesen werden konnten. Im vorliegenden Fall ist im Übrigen das Fehlen dieses Umstandes schon deshalb ohne Bedeutung, weil der Antragsteller nicht wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt wurde.

Aus der Gesamtschau der dargestellten Aspekte ergeben sich damit hinreichend begründete Anhaltspunkte für die Vermutung, dass der Antragsteller auch zukünftig Anlass zu polizeilichen Ermittlungen im Zusammenhang mit entsprechenden Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz geben könnte. Mit den durch die erkennungsdienstliche Behandlung gewonnenen Unterlagen kann im Rahmen von Ermittlungen dieser Art der Antragsteller leichter als Täter überführt oder aber seine Täterschaft leichter ausgeschlossen werden (vgl. BayVGH, B. v. 23.11.2009 - 10 CS 09.1894 - juris Rn. 15).

3. Gegen die Rechtmäßigkeit der angeordneten erkennungsdienstlichen Maßnah-men ergeben sich auch im Übrigen, insbesondere im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, keine durchgreifenden Bedenken. Die Durchführung der angeordneten Maßnahmen stellt zwar einen schwerwiegenden Eingriff in die Persönlichkeitssphäre des Betroffenen dar (vgl. BayVGH, B. v. 19.5.2005 - 24 CS 05.368 - juris). Demgegenüber rechtfertigt jedoch die Schwere der Betäubungsmitteldelikte, wegen derer der Antragsteller zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe verurteilt wurde, und das damit verbundene Gewicht des mit der Maßnahme verfolgten öffentlichen Interesses (st. Rspr.; vgl. z. B. BayVGH, U. v. 12.11.2013 - 10 B 12.2078 - juris Rn. 26) die angefochtene Anordnung auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit. Hieran ändert auch die unzutreffende Annahme im Beschluss des Verwaltungsgerichts nichts, der Kläger stehe im Verdacht des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit Waffen, also eines Verbrechens mit einer Strafandrohung von mindestens fünf Jahren. Denn auch wenn das Tatgeschehen in dieser Form nicht zur Anklage gekommen ist, ergibt sich die Verhältnismäßigkeit der Anordnung aus dem tatsächlich festgestellten Sachverhalt, der zur Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit vorsätzlichem Anbau von Betäubungsmitteln geführt hat. Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme erfordert nicht die Erfüllung des betäubungsmittelrechtlichen Tatbestands eines Verbrechens.

Schließlich stellt die angefochtene Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen auch nicht deswegen einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte des Klägers dar, weil er bereits einmal im Jahre 2006 als 19-jähriger junger Mann erkennungsdienstlich behandelt worden war. Die vom Verwaltungsgericht insoweit angestellten Erwägungen, vor dem Hintergrund des anzuerkennenden Bedürfnisses der Polizei, aktuelles erkennungsdienstliches Material vorrätig zu halten, bestünden gegen eine erneute erkennungsdienstliche Behandlung nach einem Zeitraum von mehr als fünf Jahren keine rechtlichen Bedenken, sind überholt, nachdem der Beklagte im Beschwerdeverfahren mitgeteilt hat, die im Rahmen der damaligen erkennungsdienstlichen Behandlung gewonnenen und gespeicherten Daten des Antragstellers seien vom Bayerischen Landeskriminalamt inzwischen gelöscht worden (vgl. Schr. v. 17.8.2015, Bl. 93 d. Strafakte: „…da eine weitere Speicherung für nicht erforderlich gehalten wird.“). Damit bedarf es auch keines Eingehens auf den Einwand des Antragstellers, die hier streitgegenständliche erkennungsdienstliche Behandlung komme wegen der bereits 2006 durchgeführten Maßnahme nicht mehr in Betracht. Die Annahme des Beklagten, eine weitere Speicherung der seit 2006 vorgehaltenen Daten zur Person des Klägers sei nicht mehr erforderlich, hat sich gerade als unzutreffend herausgestellt.

4. Schließlich hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass die im konkreten Fall der Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen zugrundeliegende Prognose der Wiederholungsgefahr von Betäubungsmitteldelikten auch die Begründung der sofortigen Vollziehbarkeit dieser Maßnahme in sich trägt. Danach überwiegt bereits für die u.U. längere Dauer eines Hauptsacheverfahrens das besondere öffentliche Interesse an der effektiven Aufklärung von Straftaten das gegensätzliche Interesse des Antragstellers, einstweilen von der angeordneten Maßnahme verschont zu bleiben (vgl. a. NdsOVG, B. v. 20.11.2008 - 11 ME 297/08 - Rn. 21). Die Anordnung des Sofortvollzugs im angefochtenen Bescheid (S. 5) trägt dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 VwGO in ausreichender Form Rechnung, weil sie die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles, auf die sie verweist, in den Blick nimmt und zur Grundlage ihrer Entscheidung macht.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 15. November 2017 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Aufhebung der bei ihm angeordneten erkennungsdienstlichen Behandlung.

2

Mit Urteil des Landgerichts vom 25. April 2018 – 8021 Js 39340/16.1 KLs –, rechtskräftig seit dem 3. Mai 2018, wurde der Kläger wegen gefährlicher Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB zum Nachteil seines zum Tatzeitpunkt knapp zwei Monate alten Sohnes unter Strafaussetzung zur Bewährung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Nach den Feststellungen des landgerichtlichen Urteils schüttelte der Kläger seinen Sohn am 28. Juli 2016 aus Verärgerung über ein fortwährendes Schreien oder aus Überforderung so lange und intensiv, dass das Kind eine Gehirnblutung und hiermit einhergehende lebensbedrohliche Verletzungen erlitt. Nachdem der Kläger zunächst selbst Rettungsbemühungen in Form einer Mund-zu-Mund-Beatmung eingeleitet und anschließend den Notarzt verständigt hatte, musste der Säugling im Krankenhaus intensivmedizinisch behandelt werden. Dort wurden im weiteren Verlauf der durchgeführten Untersuchungen neben den auf das Geschehen vom 28. Juli 2016 zurückzuführenden Verletzungen im Gehirn des Kindes auch so genannte subdurale Hygrome diagnostiziert. Diese wiesen nach Aussage des im Ermittlungsverfahren hinzugezogenen Sachverständigen auf eine bereits längere Zeit zurückliegende so genannte rekurrierende Enzephalopathie (wiederholte subklinische Schüttelepisoden ohne schwerwiegende neurologische Symptomatik) hin. In dem hierzu verfassten Gutachten führte der Sachverständige aus, es könne nicht zweifelsfrei bewiesen werden, ob die diagnostizierten Hygrome – einem oder mehreren – Schüttelvorgängen zuzuordnen seien. In sehr seltenen Fällen seien bei Säuglingen auch angeborene bzw. geburtstraumatische Hygrome zu beobachten, wobei dies vorliegend weitestgehend auszuschließen sei. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wurde deshalb im Hinblick auf den weiteren Tatvorwurf einer Misshandlung in den ersten Lebenswochen mit Verfügung vom 29. Mai 2017 nach § 170 Abs. 2 StPO mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Zur Begründung führte die Staatsanwaltschaft in der Einstellungsverfügung aus, dass die Umstände der Entstehung der Hygrome unklar geblieben seien. Zwar seien diese nach dem Gutachten des Sachverständigen auf eine rekurrierende Enzephalopathie zurückzuführen. Eine Datierung des Vorfalls sei jedoch nicht möglich. Es stehe daher nicht fest, ob und wie der Kläger diese Verletzung herbeigeführt habe.

3

Der Kläger hatte das Schütteln des Säuglings gegenüber dem vor Ort anwesenden Notarzt und auch zu Beginn des Krankenhausaufenthalts zunächst nicht eingeräumt. Dies führte mit dazu, dass das Kind im Krankenhaus mangels feststellbarer äußerer Verletzungen nicht im Hinblick auf seine Gehirnverletzungen, sondern aufgrund einer anfangs vermuteten Lungenentzündung in den ersten Tagen falsch behandelt worden war. Erst auf Vorhalt der sich aus den späteren Untersuchungen ergebenden Verdachtsmomente bestätigte der Kläger zwar, seinen Sohn geschüttelt zu haben, stellte dies – wie auch im Verlaufe des Ermittlungs- und nachfolgenden Strafverfahrens sowie in dem verwaltungsbehördlichen Verfahren – allerdings als Rettungsversuch und als Reaktion auf einen vorausgehenden Krampfanfall bzw. auf eine Atemnot seines Sohnes dar.

4

Vom 5. September bis zum 9. Dezember 2016 fand ein so genanntes stationäres Familienclearing der Caritas-Einrichtung statt, an dem der Kläger zusammen mit der Kindesmutter und seinem Sohn teilnahm. Die Maßnahme wurde erfolgreich beendet. Seitdem lebt die Familie wieder gemeinsam in ihrer Wohnung. Bei dem Kind konnten bisher keine dauerhaften Schädigungen festgestellt werden.

5

Bereits mit Bescheid vom 6. April 2017 ordnete der Beklagte nach Anhörung des Klägers wegen dieses Vorfalls unter der dortigen Ziffer 1 die erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers durch Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken, Aufnahme von Lichtbildern, Feststellung äußerer körperlicher Merkmale und Messungen nach § 81b Alt. 2 StPO an. Zur Begründung führte der Beklagte aus, der Kläger habe sein eigenes Kind durch sein verantwortungsloses Verhalten in Lebensgefahr gebracht. Er habe gegen den zur Tatzeit seiner alleinigen Obhut anvertrauten Säugling Gewalt in massiver Form ausgeübt, obwohl jedem normal intelligenten Menschen bekannt sein müsse, welche gravierenden Folgen dies haben könne. Ein solches Verhalten indiziere ein hohes Maß an Aggressivität und das Fehlen einer angemessenen Impulskontrolle, die im Umgang mit besonders schutzbedürftigen Säuglingen und Kleinkindern unabdingbar sei, um deren körperliche und seelische Unversehrtheit zu gewährleisten. Da er seit Dezember 2016 wieder Zugang zu seinem Sohn habe, ohne dass eine ständige fachkundige Überwachung seines Umgangs mit dem Kind erfolge, bestehe aus kriminalistischer Sicht die konkrete Gefahr von erneutem Kontrollverlust. Damit lägen weitere Gewalthandlungen des Klägers gegen seinen Sohn oder andere künftige Opfer in vergleichbaren Betreuungssituationen, die den Kläger ganz offensichtlich emotional und mental überforderten, nahe. Die bei der erkennungsdienstlichen Behandlung gewonnenen Unterlagen seien wirksame Mittel, die es der Polizei erleichtern würden, dem Kläger zukünftig solche und andere Gewalttaten durch kriminaltechnische Untersuchungen nachzuweisen. Im Idealfall werde sein Wissen über diese kriminalistischen Möglichkeiten den Kläger von weiteren schwerwiegenden Straftaten abhalten, womit das polizeiliche Ziel der Gefahrenabwehr erreicht sei. Der festgestellte Sachverhalt biete nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalls ausreichend Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Kläger künftig mit guten Gründen als Verdächtiger in den Kreis potentieller Beteiligter an einer strafbaren Handlung einbezogen werden könnte. Somit seien die erkennungsdienstlichen Unterlagen geeignet, die polizeilichen Ermittlungen überführend oder entlastend zu fördern. Die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahme sei daher zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich.

6

Der dagegen von dem Kläger am 13. April 2017 erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2017 zurückgewiesen. Über die bereits in dem Ausgangsbescheid genannte Begründung hinaus führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dem Kläger fehle jegliches Unrechtsbewusstsein. Deshalb sei auch in Zukunft mit einem strafbaren Verhalten zu rechnen. Die Lichtbilder würden benötigt, um in Zukunft Straftaten gleicher Art besser aufklären zu können, indem sie möglichen Zeugen vorgelegt würden. Auch die Finger- und Handflächenabdrücke seien geeignet, zukünftige Ermittlungen zu fördern. Hierdurch könnten Tatbeiträge aufgeklärt werden, indem mögliche Spurenträger am Tatort oder an Personen, z.B. an Haut oder Kleidung, auf daktyloskopische Spuren untersucht würden. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass es ausschließlich zu Hause zu Misshandlungen kommen könnte. Sofern der Kläger seinen Sohn im öffentlichen Raum misshandele, könnten Aussagen von Zeugen, die den Kläger persönlich nicht kennen würden, von erheblicher Bedeutung sein.

7

Am 14. Juni 2017 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat im Wesentlichen geltend gemacht, der Beklagte verkenne, dass er sich einer freiwilligen Klinikmaßnahme unterzogen habe und hierbei keinerlei Beanstandungen in Bezug auf die Sorge und den Umgang mit seinem Kind registriert worden seien. Vielmehr habe sich genau das Gegenteil eingestellt. Die Annahme, dass auch in Zukunft die Gefahr eines erneuten Kontrollverlustes und einer Gewaltausübung bestehe, sei mit nichts belegt. Nicht einmal die ihm vorgeworfene Tat könne als Kontrollverlust und Gewaltausübung deklariert werden, da er versucht habe, den Säugling bei einem Atemstillstand wiederzubeleben. Es sei abwegig, dass Lichtbilder benötigt würden, um in Zukunft Straftaten gleicher Art besser aufklären zu können. Er sei kein rechtskräftig verurteilter Krimineller, der in der Öffentlichkeit Straftaten begehe. Ihm werde eine Art häuslicher Gewalt vorgeworfen, welche die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen nicht rechtfertige.

8

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht beantragt,

9

Ziffer 1 des Bescheides des Beklagten vom 6. April 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 2017 aufzuheben.

10

Der Beklagte hat beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Er hat zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen und darüber hinaus im Wesentlichen ausgeführt, aus dem Gutachten ergebe sich, dass die Schüttelbewegungen so stark gewesen sein müssten, dass das potentiell Lebensgefährliche dieses Verhaltens auch medizinisch ungebildeten Personen habe offenseitlich sein müssen. Es bestehe zudem auch eine Wiederholungsgefahr. Der Kläger habe in dieser Angelegenheit offenbar keinerlei Unrechtsbewusstsein. Sofern der Kläger sein gezeigtes Verhalten als adäquat und situationsbedingt richtig einschätze, sei von einer Wiederholungsgefahr auszugehen. Trotz des durchgeführten Familienclearings werde die Tat weiterhin relativiert und trotz der eindeutigen Gutachtenlage als lebensrettende Maßnahme bezeichnet. Die Untersuchungsergebnisse gingen außerdem von zwei Tathandlungen aus, ohne die erste zeitlich eingrenzen zu können.

13

Mit Urteil vom 15. November 2017 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und die in Ziffer 1 des Bescheides vom 6. April 2017 angeordnete erkennungsdienstliche Behandlung und den Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2017 aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, trotz der gegebenen Wiederholungsgefahr scheitere die Rechtmäßigkeit der Maßnahme an dem Merkmal der Notwendigkeit. Aufgrund des ermittelten Sachverhalts begegne es keinen rechtlichen Bedenken, davon auszugehen, dass der Kläger auch zukünftig in den Kreis der in einem Strafverfahren Verdächtigten einbezogen werde. Den Ausführungen des Beklagten sei daher insofern zu folgen, als dass dieser das dem Kläger vorgeworfene Verhalten als Indiz für das Fehlen einer angemessenen Impulskontrolle bewerte, die insbesondere im Umgang mit besonders schutzbedürftigen Säuglingen und Kleinkindern unabdingbar sei. Bei Straftaten im Bereich privater bzw. häuslicher und/oder familiärer Gewalt, bei denen – wie hier auch – der Täter typischerweise bekannt sei und keinerlei Maßnahmen zur Verschleierung seiner Identität unternehme, sei die Anfertigung erkennungsdienstlicher Unterlagen zu präventiven Zwecken jedoch grundsätzlich nicht erforderlich, da diesen regelmäßig keine Bedeutung bei der Aufklärung einer Tatbeteiligung zukomme. Dies gelte unabhängig von der Schwere der im Einzelnen in Rede stehenden Straftaten. Etwas Anderes gelte nur dann, wenn sich aus den Einzelheiten der Tatbegehung und/oder weiteren Straftaten außerhalb des familiären Bereichs Anhaltspunkte als Grundlage für eine Prognose ergäben, dass es auch zu Straftaten außerhalb des privaten bzw. familiären Umfelds der Betroffenen kommen könne. Selbst wenn es auch in Zukunft zu ähnlichen Vorfällen kommen sollte, wäre die Identität des Klägers bekannt. Aus den Verwaltungsakten und der dem Kläger vorgeworfenen Tat ergebe sich kein Anhaltspunkt dafür, dass dieser ein vergleichbares Verhalten außerhalb seines familiären Umfelds und in der Öffentlichkeit zeigen werde. Zwar stehe in Rede, dass es zu einem vorangegangenen Vorfall ähnlichen Gewichts gekommen sein könnte. Die insoweit verfügte Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO sei auch nicht erfolgt, weil diesbezüglich jeder Tatverdacht gegen den Kläger ausgeräumt worden wäre. Jedoch führe allein dieser Umstand nicht zu der Annahme, es habe sich um einen Vorfall außerhalb des familiären Umfelds gehandelt. Dafür sei nichts ersichtlich.

14

Durch Beschluss vom 19. Januar 2018 hat der Senat die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen.

15

Der Beklagte hält an seinem erstinstanzlichen Vortrag fest. Ergänzend nimmt er Bezug auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. März 2004 – 24 CS 03.3324 – über eine als rechtswidrig befundene erkennungsdienstliche Behandlung im familiären Bereich, in welcher beanstandet wurde, dass kein Erfahrungssatz mitgeteilt worden sei, wonach jemand, der Körperverletzungen im häuslich-familiären Bereich begehe, auch gegenüber Dritten außerhalb dieses Bereiches Gewalt anwenden werde. Die kriminalistische Erfahrung zeige aber, dass Tatverdächtige des Deliktsbereichs der Misshandlung von Schutzbefohlenen in hohem Maße auch in Straftaten im außerhäuslichen Umfeld verstrickt seien und zwar überwiegend im Bereich von Gewaltdelikten. Die statistische Auswertung der 83 im Zeitraum vom 1. September 2005 bis zum 18. August 2017 bei der Kriminalinspektion Trier in diesem Deliktsbereich bearbeiteten Fälle ergebe, dass die Tatverdächtigen in 57 Fällen (68,67 %) auch durch andere Delikte, insbesondere durch Gewalttaten bis hin zu einem Tötungsdelikt, in Erscheinung getreten seien. Insgesamt seien zu diesen Tatverdächtigen 569 andere Delikte statistisch erfasst worden, wobei 456 dem außerhäuslichen Bereich zugeordnet werden könnten. Der Schwerpunkt dieser Straftaten liege im Bereich der Körperverletzungsdelikte (117 Fälle) und bei Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz. Es widerspreche nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, sich für die Begründung der Wiederholungsgefahr auf diese Statistik zu stützen. Denn nur durch statistische Erfassungen seien kriminalistische Erfahrungen überhaupt empirisch zu belegen.

16

Der Beklagte beantragt,

17

das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 15. November 2017 abzuändern und die Klage abzuweisen.

18

Der Kläger beantragt,

19

die Berufung zurückzuweisen.

20

Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt ergänzend aus, der Beklagte unterlasse eine individuelle Verhältnismäßigkeitsprüfung in Bezug auf ihn und bediene sich lediglich einer Statistik, was nicht rechtens sein könne. Schließlich habe er sich auch zu keinem Zeitpunkt dem gegen ihn geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren entzogen.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die vorgelegten Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Strafakten der Staatsanwaltschaft Trier – 8021 Js 39340/16 – Bezug genommen. Deren Inhalt ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

22

Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den streitgegenständlichen Bescheid vom 6. April 2017 in der Ziffer 1 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 2017 zu Recht aufgehoben, weil die dort angeordnete erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

23

Rechtsgrundlage für die erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers ist § 81b Alt. 2 StPO. Danach dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden, soweit es für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist. Vorliegend war der Kläger zwar Beschuldigter im Sinne des § 81b Alt. 2 StPO, seine erkennungsdienstliche Behandlung ist aber nicht für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig.

24

Beschuldigter im Sinne des § 81b Alt. 2 StPO ist der Verdächtige, gegen den aufgrund zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte ein Ermittlungs- bzw. Strafverfahren betrieben wird. Nur während der Anhängigkeit eines solchen Verfahrens kann die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung ergehen, wobei der Betroffene nur bei Ergehen der Anordnung und nicht auch noch bei Erlass des Widerspruchsbescheides Beschuldigter gewesen sein muss (BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2018 – 6 C 39.16 –, juris, Rn. 13).

25

Zum Anordnungszeitpunkt am 6. April 2017 war der Kläger Beschuldigter des bei der Staatsanwaltschaft Trier gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens 8021 Js 39340/16, wobei dieses Verfahren zwei Tatvorwürfe beinhaltete, nämlich zum einen das auch der rechtskräftigen Verurteilung zugrunde liegende Geschehen vom 28. Juli 2016 sowie außerdem den Vorwurf, dass der Kläger seinen Sohn bereits in dessen ersten Lebenswochen gewaltsam geschüttelt haben soll. Die Begründung des Bescheides vom 6. April 2017 nimmt auch auf diesen Tatvorwurf Bezug.

26

Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung war jedoch nicht notwendig im Sinne des § 81b Alt. 2 StPO, da nach der maßgeblichen Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1982 – 1 C 29.79 –, BVerwGE 66, 192 = juris, Rn. 33; Beschluss vom 14. Juli 2014 – 6 B 2.14 –, juris, Rn. 5) Anhaltspunkte für die Annahme, dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen künftig gegen den Kläger zu führende Ermittlungen fördern könnten, nicht vorliegen.

27

Das in § 81b StPO gesondert aufgenommene Tatbestandsmerkmal der Notwendigkeit, in dem das Verhältnismäßigkeitsprinzip auf einfachgesetzlicher Ebene seinen Niederschlag gefunden hat (BVerfG, Beschluss vom 8. März 2011 – 1 BvR 47/05 –, juris, Rn. 24), unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff voller gerichtlicher Kontrolle. Damit werden im Anwendungsbereich des § 81b Alt. 2 StPO Fälle ausgefiltert, in denen eine erkennungsdienstliche Behandlung zu Zwecken der Strafverfolgungsvorsorge, insbesondere nach dem Ergebnis des gegen den Betroffenen als Beschuldigten geführten Anlassverfahrens, bereits dem Grunde nach nicht gerechtfertigt ist (BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2018 – 6 C 39.16 –, juris, Rn. 21). Lediglich das der polizeilichen Prognose über das künftige Verhalten des Betroffenen zugrunde liegende Wahrscheinlichkeitsurteil ist einer Kontrolle nur begrenzt zugänglich; diese erstreckt sich nur darauf, ob die Prognose auf zutreffender Tatsachengrundlage beruht und ob sie nach gegebenem Erkenntnisstand unter Einbeziehung des kriminalistischen Erfahrungswissens sachgerecht und vertretbar ist (vgl. HessVGH, Urteil vom 20. Juli 1993 – 11 UE 2285/89 –, juris, Rn. 40; VGH BW, Urteil vom 18. Dezember 2003 – 1 S 2211/02 –, juris, Rn. 39; SächsOVG, Beschluss vom 29. Januar 2010 – 3 D 91/08 –, juris, Rn. 6; OVG Nds., Beschluss vom 31. August 2010 – 11 ME 288/10 –, juris, Rn. 5; SaarlOVG, Urteil vom 5. Oktober 2012 – 3 A 72/12 –, juris, Rn. 57; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28. März 2018 – 3 O 73/18 –, juris, Rn. 7). Hierbei sind die Anforderungen, die an die Wiederholungsgefahr, das heißt an die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Schadenseintritts gestellt werden müssen, umso geringer, je höherwertiger das gefährdete Rechtsgut ist (vgl. BayVGH, Beschluss vom 17. November 2008 – 10 C 08.2872 –, juris, Rn. 12). Die Notwendigkeit von Maßnahmen bemisst sich danach, ob der anlässlich des gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens festgestellte Sachverhalt nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalls – insbesondere angesichts der Art, Schwere und Begehungsweise der dem Betroffenen im strafrechtlichen Anlassverfahren zur Last gelegten Straftaten, seiner Persönlichkeit sowie unter Berücksichtigung des Zeitraums, während dessen er strafrechtlich nicht (mehr) in Erscheinung getreten ist – Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene künftig oder anderwärts gegenwärtig mit guten Gründen als Verdächtiger in den Kreis potentieller Beteiligter an einer noch aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen – den Betroffenen schließlich überführend oder entlastend – fördern könnten (BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1982 – 1 C 29/79 –, juris, Rn. 33).

28

Gemessen an diesen Grundsätzen erscheint jedenfalls die Prognose, dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen künftig oder anderwärts gegenwärtig gegen den Kläger zu führende Ermittlungen fördern könnten, nicht sachgerecht und vertretbar. Daher kann offen bleiben, ob gegen den Kläger im Hinblick auf den durch die Staatsanwaltschaft Trier mit Verfügung vom 29. Mai 2017 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellten Tatvorwurf, seinen Sohn auch schon vor dem 28. Juli 2016 bei einer weiteren Gelegenheit geschüttelt zu haben, aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen Dr. N. in seinem ergänzenden Gutachten vom 15. Mai 2017 noch ein Restverdacht fortbesteht. Offen bleiben kann zudem, ob auch unter Einbeziehung eines insoweit gegebenenfalls fortbestehenden Restverdachts oder auch allein im Zusammenhang mit der rechtskräftig festgestellten Tat vom 28. Juli 2016 angesichts des von dem Kläger während des Strafverfahrens und auch im Verlaufe des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gezeigten Einlassungsverhaltens die Prognose zukünftiger Delinquenz jedenfalls im Hinblick auf gleichgelagerte Straftaten im familiären Bereich gestellt werden kann. Denn jedenfalls die Annahme, dass der Kläger auch im öffentlichen Bereich mit gleichgelagerten Delikten zukünftig in Erscheinung treten könnte, wobei die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen fördern könnten, ist nicht mehr sachgerecht und vertretbar.

29

Im Hinblick auf mögliche und gegebenenfalls im Wahrscheinlichkeitsbereich liegende gleich gelagerte Straftaten im familiären Bereich, also im rein privaten Raum außerhalb der Öffentlichkeit, ist die Geeignetheit erkennungsdienstlicher Unterlagen zur Förderung zukünftiger Ermittlungen nicht feststellbar. Erkennungsdienstliche Maßnahmen sind nicht notwendig, wenn die Tatbegehung nicht in Frage steht, wenn also der Täter von vornherein bekannt ist und es insoweit keiner weiteren Ermittlungen bedarf (vgl. SächsOVG, Beschluss vom 21. Dezember 2017 – 3 D 68/17 –, juris, Rn. 11). Beschränken sich die in Rede stehenden Taten auf den familiären Kreis, wird die Polizei für eventuelle zukünftige Ermittlungen normalerweise keine erkennungsdienstlichen Unterlagen benötigen (OVG RP, Beschluss vom 19. März 2001 – 11 B 10285/01.OVG –). Die Eignung scheidet daher in der Regel aus, wenn davon auszugehen ist, dass der Betroffene zwar erneut strafrechtlich in Erscheinung treten wird, er aber auch ohne die gewonnenen Erkenntnisse ohne Weiteres als potentieller Täter in Betracht gezogen wird, wenn es also um die Frage, wer überhaupt der Täter gewesen sein könnte, nicht (mehr) geht. Hiervon ist im Hinblick auf etwaige zukünftige gleichgelagerte Straftaten im privaten Raum auszugehen. Sollte der Kläger tatsächlich in ähnlicher Art und Weise gegenüber seinem Sohn oder sonstigen seiner Betreuung unterstehenden Personen – Anhaltspunkte für möglicherweise mit Gewalt einhergehende Kontrollverluste gegenüber seiner Lebensgefährtin sind nicht ansatzweise erkennbar – im privaten Bereich straffällig werden, wird dieser schon allein aufgrund seiner einschlägigen Vorverurteilung unmittelbar in den Fokus strafrechtlicher Ermittlungen geraten. Es wurde von Seiten des Beklagten nicht dargelegt, inwieweit erkennungsdienstliche Unterlagen im Zusammenhang mit solchen Tatbegehungen für weitere Ermittlungen zur Einengung des Tatverdachts auf den Kläger förderlich sein könnten. In diesen Konstellationen, in denen sich der Anfangsverdacht bereits auf den Betroffenen fokussiert, wären die Ermittlungsbehörden nicht mehr auf die streitigen erkennungsdienstlichen Unterlagen angewiesen. Die weitere Sachverhaltsaufklärung wäre in solch einer Konstellation im Rahmen einer dann in dem konkreten Ermittlungsverfahren zu veranlassenden erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b Alt. 1 StPO durchzuführen (so auch: OVG NRW, Beschluss vom 14. April 2010 – 5 A 4790/09 –, juris, Rn. 45). Die in dem Ausgangsbescheid noch aufgeführte abschreckende Wirkung wegen des Bewusstseins über die Speicherung der Unterlagen stellt kein in die Notwendigkeitsbeurteilung einstellbares Kriterium dar. Auch unter Zugrundelegung einer im privaten Anwesen gegebenenfalls erfolgenden und – beispielsweise durch von außen einsehbare Fenster oder von außen wahrnehmbares Schreien – in die Öffentlichkeit reichenden zukünftigen Straffälligkeit wäre die Polizei nicht auf erkennungsdienstliche Unterlagen angewiesen, um einen Anfangsverdacht gegen den Kläger begründen zu können. Eine hinreichend sichere Identifizierung des Täters wäre in solch einem Fall schon allein durch die Feststellung des tatsächlichen Wohnungsinhabers bzw. -nutzers möglich.

30

Es verbleibt demnach nur die mögliche Eignung erkennungsdienstlicher Unterlagen zur Förderung der Ermittlungen bei gleichgelagerten Straftaten, die der Kläger in der Öffentlichkeit begehen würde, beispielsweise bei einem mit Gewaltanwendung einhergehenden Kontrollverlust bei einem Einkauf in einem Supermarkt. Anhaltspunkte für die Annahme derartiger zukünftiger Straftaten liegen zur Überzeugung des Senats jedoch nicht vor.

31

Wie bei der vorgeschalteten Wiederholungsprognose im Hinblick auf zukünftig überhaupt zu erwartende Straftaten sind bei der Frage der Erforderlichkeit alle Umstände des Einzelfalls – insbesondere die Art, Schwere und Begehungsweise der dem Betroffenen im strafrechtlichen Anlassverfahren zur Last gelegten Straftat(en), seine Persönlichkeit sowie der Zeitraum, während dessen er strafrechtlich nicht (mehr) in Erscheinung getreten ist – zu würdigen. Hierbei ist prüfen, ob diese Gesamtumstände anlässlich des in dem gegen den Betroffenen geführten Strafverfahrens festgestellten Sachverhalts nach kriminalistischer Erfahrung Anhaltspunkte für die Annahme bieten, dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen zukünftig zu führende Ermittlungen – den Betroffenen schließlich überführend oder entlastend – fördern könnten. Anders ausgedrückt entscheidet sich die Erforderlichkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung danach, ob die erkennungsdienstlichen Unterlagen für die Aufklärung solcher oder vergleichbarer Straftaten, für die eine Wiederholungsgefahr prognostiziert werden kann, geeignet und notwendig sind.

32

Unter Würdigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Einzelfalls stellt die Annahme der zukünftigen Begehung gleichgelagerter Straftaten in der Öffentlichkeit eine bloße Vermutung dar, die nicht durch Anhaltspunkte oder auch nur durch kriminalistische Erfahrungswerte gestützt werden kann und daher als nicht mehr vertretbar erscheint.

33

Zwar ist die Anlasstat, derentwegen der Kläger erkennungsdienstlich behandelt werden soll, von beträchtlichem Gewicht. Es ist auch festzustellen, dass der Kläger das von ihm erst im späteren Verlauf eingeräumte Schütteln durchgehend als Rettungsversuch und als Reaktion auf eine Notsituation dargestellt hat, wofür tatsächlich keine Anknüpfungstatsachen erkennbar sind und ohne dass hierbei die Motivlage für dieses weiterhin bestehende Einlassungsverhalten abschließend hätte aufgeklärt werden können. Schließlich steht auch ein weiteres früheres Geschehen zum Nachteil seines damals erst neu geborenen Sohnes im Raume.

34

Gleichwohl gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass in Anbetracht der hier vorliegenden Gesamtsituation aus diesen Umständen die positive Prognose im Hinblick auf Tatbegehungen in der Öffentlichkeit nicht gestellt werden kann.

35

Anhand der Art der Tat – des gewaltsamen Schüttelns eines Säuglings – lässt sich anders als beispielsweise im Bereich von Sexualstraftaten (vgl. SaarlOVG, Beschluss vom 13. März 2009 – 3 B 34.09 –, juris, Rn. 33 ff.; BayVGH, Beschluss vom 2. April 2015 – 10 C 15.304 –, juris, Rn. 8), im Bereich von Betäubungsmitteldelikten (vgl. BayVGH, Beschluss vom 6. Dezember 2016 – 10 Cs 16.2069 –, juris, Rn. 11) oder bei typischen Aggressionsdelikten (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. Juni 2009 – OVG 1 M 4.08 – n.v.) nicht schon alleine und für sich genommen eine besondere Neigung herleiten, welche die Annahme eines damit möglicherweise einhergehenden Kontrollverlustes in der Öffentlichkeit rechtfertigen könnte.

36

Die Auswertung der Literatur und der strafrechtlichen Rechtsprechung zu dem Schütteltrauma-Syndrom verdeutlicht vielmehr, dass diese regelmäßig im rein privaten Bereich auftretenden Vorfälle durch mannigfaltige Ursachen bedingt und einer grundsätzlichen Betrachtungsweise nicht zugänglich sind. So wird als typische Konstellation etwa das Zusammentreffen eines „Schreikindes“ mit jungen, überforderten Eltern genannt, die unter erhöhtem Erfolgsdruck hinsichtlich unternommener Beruhigungsversuche stehen, gepaart mit einer niedrigen Frustrationstoleranz und mangelnder Impulskontrolle. Nach Erhebungen aus den USA sollen zwischen 50 bis 75 Prozent der Teenager und jungen Erwachsenen keine Kenntnis von der Gefährlichkeit des Schüttelns haben. Bei den Tätern handelt es sich meist um Väter oder neue Lebensgefährten der Mutter (vgl. Matschke, Jakob; Herrmann, Bernd; Sperhake, Jan; Körber, Friederike; Bajanowski, Thomas; Glatzel, Markus: Das Schütteltrauma-Syndrom, Eine häufige Form des nicht akzidentellen Schädel-Hirn-Traumas im Säuglings- und Kleinkindesalter, in: Deutsches Ärzteblatt International, 2009, 106 (13), S. 211-217). Anhaltendes Babyschreien gilt damit als Hauptauslöser für das Schütteln. Der Hauptzeitraum für ein Schütteltrauma liegt zwischen zwei und fünf Monaten ab Geburt und überlappt sich mit dem physiologischen Hauptschreialter. Geständige Täterinnen und Täter geben übereinstimmend das Schreien des Kindes als auslösenden Faktor an. Die tägliche Schreidauer ist bei Babys ab der zweiten bis zur sechsten Lebenswoche mit über zwei Stunden im Durchschnitt am höchsten und sinkt danach deutlich auf durchschnittlich unter eine Stunde nach der zwölften Lebenswoche. Nach einer von der Bundesinitiative „Nationales Zentrum Frühe Hilfen“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Mai 2017 durchgeführten bundesweiten Repräsentationsbefragung zeigte sich ein großer Aufklärungsbedarf sowohl über die Gefahren des Schüttelns als auch über frühkindliches Schreiverhalten. 42 Prozent der Befragten hatten noch nie den Begriff Schütteltrauma gehört. 24 Prozent unterlagen dem Irrtum, dass Schütteln für ein Baby „vielleicht nicht so schön sei, ihm aber auch nicht schade“. 21 Prozent der Befragten meinten, dass Eltern etwas falsch machen, wenn Kinder im Säuglingsalter sehr viel schreien. 18 Prozent der Befragten konnten sich vorstellen, dass Babys manchmal nur schreien, um das Gegenüber zu ärgern (vgl. zu Vorstehendem insgesamt: Nationales Zentrum Frühe Hilfen, Info-Blatt Dezember 2017, Hintergrundinformationen zum Schütteltrauma, m.w.N., verfügbar unter: https://www.fruehehilfen.de/fileadmin/user_upload/fruehehilfen.de/pdf/NZFH_Schuetteltrauma_Infoblatt_Hintergrundinformationen.pdf). Diese Situation spiegelt sich auch im Bereich der strafrechtlichen Rechtsprechung wieder. Hiernach ist bei Schüttelfällen ein bedingter Tötungsvorsatz – so wie auch hier – vielfach nicht feststellbar (BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 – 1 StR 59/08 –, juris, Rn. 12). Selbst unter Zugrundelegung einer allgemein vorherrschenden Kenntnis darüber, dass ein heftiges Schütteln eines Säuglings zu einer erheblichen Beeinträchtigung seines körperlichen Wohlbefindens und zu einer sogar lebensgefährdenden Beschädigung seiner Gesundheit führen kann, ist insbesondere bei nur einmaligem Schütteln in einer erheblichen Stresssituation und bei affektiver Erregung nicht ohne Weiteres ein Körperverletzungsvorsatz anzunehmen (BGH, Urteil vom 24. Juli 2003 – 3 StR 159/03 –, juris, Rn. 9).

37

Dies verdeutlicht, dass die hier rechtskräftig festgestellte Tat vom 28. Juli 2016 in Form der gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung – im Hinblick auf ein im Raume stehendes vorheriges Schütteln des Säuglings fehlen jegliche Anknüpfungspunkte zur Beurteilung einer möglichen Tat(ausführung) – nicht schon für sich genommen die Annahme zukünftiger Kontrollverluste, die sich zudem im öffentlichen Raum zuzutragen hätten, rechtfertigen kann.

38

Auch sonstige Anhaltspunkte als Grundlage einer derartigen Prognoseentscheidung sind nicht feststellbar. Vielmehr sprechen die Umstände der Tatausführung, die Persönlichkeit des Klägers sowie der Zeitraum von mittlerweile nahezu zwei Jahren, der nach der erfolgreichen Absolvierung des dreimonatigen stationären Familienclearings verstrichen ist, und seit dem das Kind wieder bei dem Kläger wohnt, dagegen, eine solche Prognose noch als sachgerecht und vertretbar bewerten zu können.

39

Im Hinblick auf die Umstände der Tatausführung ist zu berücksichtigen, dass der Kläger seinen Sohn nach den Feststellungen des landgerichtlichen Urteils am 28. Juli 2016 zum ersten Mal über einen längeren Zeitraum in seiner alleinigen Betreuung hatte, nachdem die Kindesmutter diese in den ersten Wochen nach der Geburt weitgehend übernommen hatte und der Kläger tagsüber weiter seiner Berufstätigkeit nachgegangen war. Aus Verärgerung über das fortwährende Schreien oder aus Überforderung schüttelte der Kläger den Säugling an diesem Abend schließlich so lange und intensiv, dass dessen Kopf unkontrolliert rotierte und dieser eine Gehirnblutung erlitt.

40

Die danach entscheidenden (Mit-)Ursachen, die Unerfahrenheit und die Unsicherheit des Klägers im Umgang mit Säuglingen, wurden im Rahmen des dreimonatigen Familienclearings im Zeitraum vom 5. September bis zum 9. Dezember 2016 erfolgreich aufgearbeitet und therapiert. Von den in der Therapiemaßnahme eingesetzten Personen wird übereinstimmend beschrieben, dass der Kläger nach anfänglicher Zurückhaltung und Unsicherheit im Verlaufe der Therapie deutliche Entwicklungsfortschritte gemacht habe, dies unter anderem in Bezug auf die Basispflege, das Füttern seines Sohnes sowie auch hinsichtlich der Versorgung mit notwendigen Medikamenten. Der Kläger sei an allem interessiert gewesen und auch aufgeschlossen für Dinge, die er in der Einrichtung habe lernen können. Auch die emotionale Beziehung zu seinem Kind habe sich im Verlaufe des Familienclearings deutlich verbessert. Diese von den Zeugen beschriebenen Entwicklungen finden sich auch in dem umfassenden Bericht über das Stationäre Familienclearing vom 18. März 2017 wieder, welches anstatt der ansonsten üblichen sechsmonatigen Dauer bei der Familie des Klägers aufgrund der gezeigten positiven Entwicklungen auf nur drei Monate reduziert werden konnte. Aus dem dort aufgeführten Unterpunkt 11.7. lassen sich vielmehr Anhaltspunkte gegen ein fortbestehendes Misshandlungsrisiko entnehmen. Dort wird festgestellt, dass beide Eltern reflektionsfähig, intelligent und nach ihren eigenen Angaben selbst nicht geschlagen worden seien. Es liege kein Suchtproblem vor. Beide Eltern seien erwachsen, stünden im Berufsleben und hätten sozioökonomische Bedingungen für die Familiengründung geschaffen. Die vom Deutschen Jugendinstitut als Risiko beschriebenen Faktoren, wie beispielsweise „ausgeprägte negative Emotionalität (Niedergeschlagenheit, depressive Verstimmungen), überwältigende Gefühle des Ausgeliefertseins oder problemvermeidender Bewältigungsstil“ seien nicht zu beobachten gewesen. Ein soziales Netz sei vorhanden. In der Wahrnehmung des Kindes zeigten die Eltern ausweislich des Berichts keine negativ verzerrte Wahrnehmung. Die von den Mitarbeitern in der Einrichtung beschriebenen merklichen Verbesserungen lassen sich schließlich auch den in dem Abschlussbericht vergebenen Bewertungen entnehmen, wonach der Kläger in sämtlichen Bereichen (Physiologisches Kindeswohl, Emotionales Kindeswohl und Paardynamik) signifikante Verbesserungen auf der vorgegebenen Punkteskala hat erreichen können, im Bereich „emotionales Kindeswohl“ sogar fast eine Verdoppelung seines ursprünglichen Wertes. Dass es sich hierbei um Beobachtungen in einer klinischen Situation handelt, vermag den Aussagewert im Hinblick auf den allein zu bewältigenden Alltag nicht zu schmälern, da dies bei der Beurteilung des Misshandlungsrisikos in diesem Bericht berücksichtigt worden ist und zudem keinerlei neuen Erkenntnisse dazu vorliegen, dass sich die dort abzeichnende positive Entwicklung nicht tatsächlich auch im Alltag eingestellt haben könnte, zumal sich auch die Betreuungssituation aufgrund des fortgeschrittenen Alters des Sohnes und der damit einhergehenden erweiterten Kommunikationsmöglichkeiten entspannt haben dürfte.

41

Auch die Persönlichkeit des Klägers spricht gegen die Annahme von in der Öffentlichkeit von ihm zukünftig zu befürchtenden Straftaten. Der Kläger wird von den vernommenen Zeugen ausnahmslos als ruhig, zurückhaltend, teils sogar als introvertiert beschrieben. Vorherige unkontrollierte Wutausbrüche oder eine schon einmal gezeigte Aggressivität lassen sich nicht feststellen. Es steht daher zukünftig nicht zu erwarten, dass sich der Kläger durch ein von ihm gezeigtes Verhalten selbst in den Fokus öffentlicher Beobachtungen stellen könnte. Negative persönliche Einflussfaktoren, wie beispielsweise Probleme mit Suchtmitteln, lassen sich schließlich weder aus den von der Staatsanwaltschaft Trier geführten Ermittlungen noch aus den Feststellungen des landgerichtlichen Urteils vom 25. April 2018 ableiten, welchem eine umfangreiche und mehrtätige Beweisaufnahme unter Einvernahme nahezu sämtlicher den Kläger begleitender Personen vorausgegangen war.

42

Jenseits der am 28. Juli 2016 gezeigten Tatbegehungsweise und der dort hervortretenden Impulskontrolle sind damit keine weiteren Anhaltspunkte greifbar, welche die Prognose von auch in der Öffentlichkeit im Bereich des Möglichen liegenden Straftaten des Klägers rechtfertigen könnten. Kriminalistische Erfahrungswerte zur Begründung solch einer Gefahrenprognose fehlen im Hinblick auf die hier verfahrensgegenständliche Tat ebenfalls.

43

Die von dem Beklagten in diesem Zusammenhang vorgelegte Auswertung von im Zuständigkeitsbereich der Kriminalinspektion Trier im Zeitraum von September 2005 bis August 2017 registrierten 83 Fällen, die im Deliktsbereich der Misshandlung von Schutzbefohlenen erfasst worden sein sollen, ist zur Begründung eines kriminalistischen Erfahrungswertes, wonach Tatverdächtige wie der Kläger auch signifikant häufiger gegenüber Dritten außerhalb des familiär-häuslichen Bereichs Gewalt anwenden werden, in mehrfacher Hinsicht nicht geeignet. Tatsächlich befinden sich unter den herausgefilterten 83 Fällen nicht nur Taten wegen der Misshandlung von Schutzbefohlenen, sondern auch sechs Sexualdelikte, die damit schon dem Grunde nach so nicht vergleichbar sind. Die polizeiliche Ersterfassung des Deliktsbereichs entspricht häufig – wie auch vorliegend – nicht der nach Ermittlungsabschluss seitens der Staatsanwaltschaft vorgenommenen rechtlichen Einordnung der Delikte. Auch das hier zugrunde liegende Delikt wurde anfangs als Misshandlung eines schutzbefohlenen Kindes nach § 225 StGB registriert. Mangels hinreichenden Tatverdachts im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der rohen Misshandlung i.S.d. § 225 StGB – insoweit besteht auch kein Restverdacht mehr – erfolgte die Verurteilung entsprechend der staatsanwaltschaftlichen Würdigung bei Anklageerhebung jedoch wegen gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB und damit wegen eines anderen Deliktsbereiches mit in Vergleich zu den nach § 225 Abs. 3 StGB ansonsten in Betracht zu ziehenden Qualifikationstatbeständen grundverschiedenem Strafrahmen. Ob bei den vom Beklagten aufgeführten Fällen überhaupt ein dem hiesigen Geschehen vergleichbarer Vorfall oder gar ein Schütteltrauma erfasst worden ist, lässt sich nicht feststellen. Es fehlen jegliche Informationen zu den eigentlichen Tatausführungen und zu deren Hintergründen, dem Alter der Tatopfer und zu dem persönlichen Umfeld der Tatverdächtigen, die aber gerade im Hinblick auf die hier maßgebliche Tat aufgrund der oben bereits dargestellten Vielschichtigkeit dieses Deliktes bei einem angestrebten Vergleich als Grundinformationen unerlässlich sind. Bei einer Vielzahl von auch mit weiteren Straftaten in dieser Statistik in Erscheinung getretenen Tatverdächtigen sind darüber hinausgehende und bei dem Kläger gerade nicht feststellbare Einflussfaktoren, wie z. B. Delikte im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität, zu erkennen. Schließlich kann anhand dieser Statistik auch nicht rekonstruiert werden, ob die dort aufgeführten Tatverdächtigen im Zusammenhang mit Misshandlungsdelikten im Anschluss an eine schon vorausgehende Delinquenz erfasst wurden oder ob es sich hierbei um deren erste Straffälligkeit gehandelt hat, die gegebenenfalls in Einzelfällen auch fortgesetzt und wiederholt begangen wurde.

44

Nach alledem gelangt der Senat nach Würdigung sämtlicher Umstände zu dem Ergebnis, dass die Prognose zukünftigen delinquenten Verhaltens jedenfalls in Bezug auf öffentlich begangene Straftaten bei dem Kläger nicht auf tragfähige Anhaltspunkte gestützt werden kann. Dies stimmt mit der Einschätzung des zuständigen Jugendamtes überein, welches nach abgeschlossener stationärer Therapie eine Kindeswohlgefährdung – selbst in Bezug auf den familiären Bereich – nicht mehr angenommen und auf weitere sonstige jugendhilferechtlichen Maßnahmen schon zu diesem Zeitpunkt vollständig verzichtet hat. Die im Rahmen des Strafverfahrens vom Landgericht Trier getroffene positive Sozialprognose streitet auch bei Berücksichtigung der divergierenden Prognosemaßstäbe im Ergebnis jedenfalls mangels dort festgestellter sonstiger negativer Umstände für die Richtigkeit der hier getroffenen Einschätzung.

45

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

46

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

47

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Beschluss

48

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14. Januar 2015 weiter. Mit diesem Bescheid ordnete die Polizeiinspektion N. die erkennungsdienstliche Behandlung des Antragstellers nach § 81b 2. Alt. StPO an.

Anlass für die im Bescheid vom 14. Januar 2015 angeordnete erkennungsdienstliche Behandlung war die Einleitung eines Strafverfahrens wegen Sachbeschädigung. Dem Antragsteller wird zur Last gelegt, in der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember 2014 acht Sachbeschädigungen durch Graffitis begangen zu haben. In den Gründen des Bescheids vom 14. Januar 2015 werden unter dem Stichpunkt „Sachverhalt und Gefahrenprognose“ vier weitere Vorfälle aufgeführt. Es handelt sich dabei um die Vorgänge vom 29. Oktober 2011, 6. Dezember 2012, 11. Mai 2013 und 26. April 2014, bei denen sich der Antragsteller als Mitglied der „Banda di Amici“, einer Fan-Gruppierung des 1. FC Nürnberg, in einer Gruppe von Fußballfans befand, die an Ausschreitungen anlässlich von Fußballspielen beteiligt waren oder sich daran beteiligen wollten. Wegen der Straftaten am 26. April 2014 wurde gegen den Antragsteller wegen Landfriedensbruch ermittelt. Dieses Strafverfahren ist mittlerweile gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Aufgrund der Vorfälle vom 29. Oktober 2011 und 11. Mai 2013 wurde der Antragsteller in Unterbindungsgewahrsam genommen. Zu einem Vorfall vom 6. Dezember 2012 finden sich keine Unterlagen in den Behördenakten. Vorhanden ist ein Schlussvermerk des Polizeipräsidiums Dortmund über Ausschreitungen anlässlich eines Fußballspiels am 20. Oktober 2012. Nach Auskunft des Polizeipräsidiums Dortmund wurde gegen den Antragsteller ein Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruch eingeleitet, das am 23. Mai 2014 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist.

Zur Begründung der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung führte der Antragsgegner an, es sei davon auszugehen, dass der Antragsteller auch in Zukunft an Straftaten, vor allem in Zusammenhang mit Fußballspielen, beteiligt sein werde. Die erkennungsdienstliche Behandlung erstrecke sich auf die Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken, die Fertigung von Lichtbildern und Messungen und einer Personenbeschreibung. Der Antragsteller habe bereits versucht, nach der Tat unerkannt zu flüchten. Er agiere häufig aus geschlossenen Personengruppen heraus, was seine Identifizierung erschwere. In Anbetracht der Bedeutung und Gefährlichkeit der Taten des Antragstellers sei der Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht weniger schwer zu gewichten als das Interesse der Allgemeinheit, vor solchen Straftaten geschützt zu werden. Die sofortige Vollziehung der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung wurde angeordnet.

Der Antragsteller erhob gegen den Bescheid vom 14. Januar 2015 Klage und beantragte zudem, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid vom 14. Januar 2015 wiederherzustellen.

Diesen Antrag lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach mit Beschluss vom 25. Juni 2015 ab. Die auf § 81b StPO gestützte Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung erweise sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig. Zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses sei gegen den Antragsteller ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Sachbeschädigung anhängig gewesen. Als präventiv-polizeiliche Maßnahme zur vorbeugenden Straftatenbekämpfung sei die erkennungsdienstliche Behandlung zwar von einem fortbestehenden hinreichenden Tatverdacht, nicht aber von einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Schuldfeststellung abhängig. Bei der Feststellung der Notwendigkeit der Maßnahme sei insbesondere auf die Art, Schwere und Begebungsweise der dem Antragsteller zur Last gelegten Straftaten, seine Persönlichkeit sowie darauf abzustellen, wie er bislang strafrechtlich in Erscheinung getreten sei. Es sei die Gefahr gegeben, dass der Antragsteller auch künftig durch das Anbringen von Graffitis den Straftatbestand der Sachbeschädigung verwirklichen werde. Dem stehe nicht entgegen, dass die Staatsanwaltschaft nur hinsichtlich einer Anlasstat den Erlass eines Strafbefehls beantragt habe. Denn die Ergebnisse der polizeilichen Ermittlungen wiesen auch hinsichtlich der weiteren dokumentierten Fälle auf einen Tatverdacht gegen den Antragsteller hin. Der Antragsgegner habe die Wiederholungsgefahr auch unter Rückgriff auf andere strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller ermessensfehlerfrei beurteilt. Er sei in Zusammenhang mit Fußballspielen des 1. FC Nürnberg als Teil gewaltbereiter Gruppierungen wiederholt Ziel von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs gewesen. Auch wenn dem Antragsteller nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Wahrscheinlichkeit ein die Strafbarkeit begründender individueller Tatbeitrag nachzuweisen gewesen sei, speise sich aus dem Umstand, dass der Antragsteller in beiden Fällen als Teil der Gruppe festgestellt worden sei, aus der heraus Tatbeiträge erbracht worden seien, ein fortbestehender polizeilicher Tatverdacht. Die gegen den Antragsteller verfügte Ingewahrsamnahme sei bestandskräftig geworden, daran ändere auch die erhobene Schadensersatzklage und die Feststellung, dass die Ingewahrsamnahme gegenüber einer anderen Person rechtswidrig gewesen sei, nichts. Auf dieser Grundlage habe der Beklagte ermessensfehlerfrei die Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken, die Fertigung von Lichtbildern, die Durchführung von Messungen und die Fertigung einer Personenbeschreibung angeordnet.

Im Beschwerdeverfahren beantragt der Antragsteller,

den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 25. Juni 2015 aufzuheben und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage anzuordnen.

Die Verwertung von früheren Ermittlungsverfahren verstoße gegen § 51 BZRG. Diese Vorschrift gelte nicht nur für eine Verwertung im Strafverfahren, sondern auch im Rahmen von Prognoseentscheidungen. Der Vorgang vom 26. April 2014 sei ebenfalls nicht verwertbar, weil dieser Eintrag am 9. April 2015 gelöscht worden sei. Im Zug seien die Personalien von 77 Personen festgestellt worden, an der Auseinandersetzung seien nur 50 Personen beteiligt gewesen. Zudem seien die Einstellungsgründe nie aufgeklärt worden. Bezüglich des Sachverhalts vom 26. Oktober 2011 lägen keinerlei Anhaltspunkte für eine Störung durch den Antragsteller vor. Die Ingewahrsamnahme ändere daran nichts. Die Gefahrenprognose dürfe nicht auf rechtswidrige Maßnahmen gestützt werden, nur weil diese nicht angefochten worden seien. In keinem der angeführten Fälle bestand ein hinreichend konkreter Anfangsverdacht gegen den Antragsteller, es habe sich nur um Vorermittlungen gehandelt. Der Sachverhalt vom 20. Dezember 2012 sei ebenfalls nicht aufgeklärt worden, ebenso wenig der Inhalt der Einstellungsverfügung. Der Sachverhalt vom 11. Mai 2013 könne dem Antragsteller ebenfalls nicht vorgehalten werden. Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung stehe außer Verhältnis zu den dem Antragsteller vorgeworfenen Straftaten. Bei Sachbeschädigung handle es sich nur um eine geringfügige Straftat. Es liege zudem bereits ausreichend Identifizierungsmaterial bei der Polizeiinspektion vor. Der Antragsteller gehöre zudem nicht der Sprayer-Szene an. Es habe sich bei dem Vorgang an dem fraglichen Abend um eine einmalige Verfehlung gehandelt.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sachbeschädigungen durch Graffitis seien nicht per se als Bagatelldelikt zu qualifizieren. Der Antragsteller sei nicht nur verdächtigt, ein Graffiti angebracht zu haben, sondern eine Vielzahl weiterer Graffitis in einer direkten Linie von der Innenstadt zum Bahnhof. Die meisten Graffitis hätten einen Bezug zur Fan-Gruppe „Banda di Amici.“ Angesichts des Alters des Antragstellers zu diesem Zeitpunkt könne auch nicht mehr von einer jugendlichen Verfehlung ausgegangen werden. Das Auffälligwerden des Antragstellers in Zusammenhang mit gewaltbereiten oder randalierenden Fangruppen und seine Zugehörigkeit zur Szene der sogenannten „Ultras“ untermauerten die Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung. Aufgrund des bisherigen In-Erscheinung-Tretens des Antragstellers lägen daher gute Gründe für die Annahme der Notwendigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung vor, etwa in Zusammenhang mit Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs oder erheblicher Sachbeschädigungen durch Graffiti. Im Übrigen werde auf die Stellungnahme des Polizeipräsidiums Mittelfranken vom 25. August 2015 verwiesen. § 51 BZRG stehe einer Verwertung nicht entgegen, da Einstellungsverfügungen nicht in das Bundeszentralregister aufgenommen würden. Für die Nutzung der Daten seien die Vorschriften des Polizeiaufgabengesetzes maßgeblich. Die Löschung der Daten zu dem Vorfall am 26. April 2014 aus dem Datenbestand der Bundespolizei stehe der Verwertbarkeit der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Hanau nicht entgegen, da noch ein Restverdacht bestehe. In der Vergangenheit liegende Strafverfahren und Verfahrenseinstellungen könnten bei der Gefahrenprognose berücksichtigt werden, sofern die Verdachtsmomente nicht ausgeräumt seien. Bezüglich der Ingewahrsamnahme am 29. Oktober 2011 sei festzustellen, dass die konkrete Gefahr der Begehung von Straftaten durch die aufgebrachte Menschenmenge bestanden habe. Eine umfangreiche Beweisaufnahme müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Auch bezüglich des Vorfalls vom 20. Dezember 2012 verbleibe ein Restverdacht, auch wenn das strafrechtliche Ermittlungsverfahrenen eingestellt worden sei. Bezüglich des Vorfalls am 12. Mai 2012 werde dem Antragsteller kein Tatvorwurf im Hinblick auf die Erfüllung eines Straftatbestandes gemacht, es werde lediglich seine Zugehörigkeit zur randalierenden Gruppe im Rahmen der Gefahrenprognose berücksichtigt. Lichtbilder des Antragstellers lägen bei der Polizei noch nicht vor. Die Schadenwiedergutmachung betreffe nur die zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche.

Der Antragsteller erwiderte auf den Schriftsatz der Landesanwaltschaft mit Schreiben vom 28. September 2015 und brachte ergänzend vor, dass die Interessenabwägung des Verwaltungsgerichts fehlerhaft sei.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 25. Juni 2015 hat keinen Erfolg.

Die vom Antragsteller in der Beschwerdebegründung fristgemäß dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 14. Januar 2015 wiederherzustellen. Bei der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen Interessenabwägung überwiegt das Vollzugsinteresse des Antragsgegners das Interesse des Antragstellers, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht erkennungsdienstlich behandelt zu werden, weil die Klage voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird.

Rechtsgrundlage für die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung des Antragstellers ist § 81b 2. Alt. StPO. Danach dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden, soweit es für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist.

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die erkennungsdienstliche Behandlung des Antragstellers notwendig ist. Die Notwendigkeit i. S.d § 81b Alt. 2 StPO bestimmt sich danach, ob der Sachverhalt, der anlässlich des gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens festgestellt wurde, nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalls Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene in den Kreis Verdächtiger einer noch aufzuklärenden anderen Straftat einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen, den Betroffenen letztlich überführend oder entlastend, fördern könnten (BVerwG, U. v. 23.11.2005 - 6 C 2.05 - juris Rn. 22 m. w. N.; BayVGH, U. v. 12.11.2013 - 10 B 12.2078 - juris Rn. 22). Es hat stets eine Abwägung zu erfolgen, in die einerseits das Interesse der Öffentlichkeit an einer effektiven Verhinderung bzw. Aufklärung von Straftaten und andererseits das Interesse des Betroffenen einzustellen ist, entsprechend dem Menschenbild des Grundgesetzes nicht bereits deshalb als potentieller Rechtsbrecher behandelt zu werden, weil er sich irgendwie verdächtig gemacht hat oder angezeigt worden ist (Krause in Löwe-Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Stand 2008, § 81b Rn. 11). Bei dieser Prognoseentscheidung kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Dabei ist insbesondere auf die Art, Schwere und Begehungsweise der dem Beschuldigten im strafrechtlichen Anlassverfahren zur Last gelegten Straftaten, seine Persönlichkeit sowie darauf abzustellen, wie er bisher strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Der unbestimmte Rechtsbegriff der „Notwendigkeit“ unterliegt dabei der vollen gerichtlichen Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte (Krause in Löwe-Rosenberg, a. a. O., Rn. 11).

Der Antragsgegner und das Verwaltungsgericht sind auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Beschwerdeverfahren im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass sich sowohl mit Blick auf die Anlasstat als auch durch das bisherige strafrechtlich relevante Verhalten des Antragstellers sowie seine Persönlichkeit die Notwendigkeit seiner erkennungsdienstlichen Behandlung ergibt. Das Verwaltungsgericht war dabei nicht nur auf die Angaben des Antragsgegners im streitgegenständlichen Bescheid beschränkt, sondern durfte wegen der vollen gerichtlichen Überprüfbarkeit der Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung seiner Entscheidung den gesamten Akteninhalt und danach bekannten Sachverhalt zugrunde legen. Darin liegt entgegen dem Vorbringen des Antragstellers keine Ergänzung des Ermessens des Antragsgegners für die Entscheidung, ob die erkennungsdienstliche Behandlung angeordnet wird.

Das Verwaltungsgericht hat die Anlasstat des Antragstellers zutreffend gewürdigt. Auch wenn nur bezüglich der ihm durch die Videoaufnahme nachgewiesenen Sachbeschädigung ein (noch nicht rechtskräftiger) Strafbefehl erlassen worden ist und bezüglich der übrigen dem Antragsteller zur Last gelegten Graffiti das Verfahren nach § 154 StPO eingestellt worden ist, heißt dies nicht, dass diese Sachbeschädigungen nicht bei der Prüfung der Notwendigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung berücksichtigt werden dürfen. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BayVGH, B. v. 29.10.2014 - 10 ZB 14.1355 - juris Rn. 7) können auch andere gegen den Betroffenen bereits geführte Verfahren Bedeutung gewinnen, die mit einer Einstellung nach §§ 153 ff. bzw. § 170 Abs. 2 StPO oder sogar einem Freispruch geendet haben.

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Tatverdacht bezüglich mehrerer vom Antragsteller in der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember 2014 begangener Sachbeschädigungen trotz der Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 154 StPO fortbesteht. Eine Verfahrenseinstellung nach § 154 StPO lässt gerade nicht den Tatverdacht entfallen, weil sie erfolgt, wenn die Strafe für das eingestellte Verfahren neben einer Strafe, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt. Das Verwaltungsgericht hat bezüglich des fortbestehenden Tatverdachts für die nach § 154 StPO eingestellten Verfahren zutreffend auf den engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang der Sachbeschädigungen und den charakteristischen Schriftzug „BDA“ abgestellt. Es weisen zwar nicht alle, aber jedenfalls weitere in der fraglichen Nacht gesprühte „BDA“-Graffiti eine augenfällige Übereinstimmung mit dem nachweislich vom Antragsteller gesprühten Graffiti auf. Die Anwesenheit weiterer Personen auf dem Video, die nicht an der Sachbeschädigung beteiligt waren, schließt eine Täterschaft des Antragstellers für die anderen Graffiti mit ähnlichem Erscheinungsbild nicht aus. Eine Wiederholungsgefahr entfällt auch nicht deshalb, weil er nach seinen Angaben nicht der Sprayer-Szene angehört und Schadensersatz für den von ihm nachweislich verursachten Schaden geleistet hat. Es handelt sich hierbei um kein besonders zu würdigendes Verhalten, das von einer nachhaltigen Auseinandersetzung mit seiner Straftat zeugt, sondern schlicht um die Erfüllung einer sich aus dem Gesetz ergebenden Verpflichtung. Auch liegt bei der nachgewiesenen Sachbeschädigung kein Bagatelldelikt vor, da immerhin ein Schaden von 470,-- Euro entstanden ist. Ebenso wenig kann von einer einmaligen jugendtypischen Verfehlung gesprochen werden, da der Antragsteller bereits 24 Jahre alt ist. Das Betreiben eines Studiums spricht bezogen auf die Notwendigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung weder für noch gegen den Antragsteller.

Die beiden Ingewahrsamnahmen vom 29. Oktober 2011 und vom 11. Mai 2013 finden bei der Prognoseentscheidung nicht als strafbares Verhalten des Antragstellers Berücksichtigung, sondern lassen lediglich Rückschlüsse auf seine Persönlichkeit zu. Er hält sich als Angehöriger einer Fangruppe der „Ultras“ des Öfteren an Orten auf, an denen es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Fußballfangruppen kommt und geht diesen Konflikten offensichtlich nicht aus dem Weg.

Der angebliche Landfriedensbruch vom 6. Dezember 2012 wirkt sich bei der Prognose, ob der Antragsteller erneut Straftaten begehen wird, nicht zu seinen Lasten aus. Weder befinden sich diesbezüglich aussagekräftige Unterlagen in den Behördenakten (lediglich ein Schlussvermerk zu Vorfällen am 20. Oktober 2012) noch ist aus der Mitteilung, dass das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde, ersichtlich, ob insoweit der Tatverdacht gänzlich ausgeräumt ist.

Auch wenn das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs am 26. April 2014 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist, kann der Tatverdacht fortbestehen, wenn die Einstellung nicht wegen gänzlich ausgeräumten Tatverdachts, sondern aus anderen Gründen erfolgt ist (BayVGH, B. v. 31.10.2007 - 24 C 07.1078 - juris Rn. 5; SächsOVG, B. v. 31.1.2013 - 3 A 565/11 - juris Rn. 7). Für das gänzliche Entfallen des Tatverdachts bezüglich des Landfriedensbruchs ergeben sich weder aus den bei den Akten befindlichen Auszügen aus den Ermittlungsakten noch aus der Einstellungsverfügung noch aus dem Beschwerdevorbringen hinreichende Anhaltspunkte. Laut der Einstellungsverfügung vom 3. November 2014 konnte ein konkreter Nachweis für die Beteiligung einzelner Personen am Landfriedensbruch nicht geführt werden. Dies sagt aber nicht aus, im Ermittlungsverfahren hätte sich herausgestellt, dass der Antragsteller unschuldig sei oder gegen ihn kein (Rest-)Verdacht mehr bestehe, dass er an den Ausschreitungen beteiligt gewesen sei. Die Strafverfolgung scheiterte ausschließlich daran, dass die Fußballfans in Gruppen aufeinander losgegangen sind und so einzelnen Tätern keine Tatbeiträge zugeordnet werden konnten. Auch lässt die Tatsache, dass sich nicht alle im Zug befindlichen Personen, deren Personalien durch die Polizei aufgenommen worden waren, an den Ausschreitungen auf dem Bahnhofsplatz in Hanau beteiligt hatten, den Tatverdacht gegen den Antragsteller nicht automatisch entfallen. Gegen ihn spricht insoweit insbesondere, dass er Mitglied in der „Banda di Amici“ ist und in der Datei „Gewalttäter Sport“ als Gefährder erfasst ist.

Entgegen dem Vorbringen im Beschwerdeverfahren steht § 51 BRZG einer Berücksichtigung des mit Verfügung vom 3. November 2014 eingestellten Strafverfahrens wegen Landfriedensbruch bei der Frage, ob eine Wiederholungsgefahr besteht und daher die erkennungsdienstliche Behandlung notwendig ist, nicht entgegen. § 51 BZRG regelt nur die Tilgung von Eintragungen über Verurteilungen (Tolzmann, Bundeszentralregistergesetz, 5. Aufl., § 51 Rn. 7). Eine analoge Anwendung auf Verfahrenseinstellungen scheidet aus (Tolzmann, a. a. O., Rn. 49).

Ob die nachträgliche Löschung der über den Antragsteller im Vorgangsbearbeitungssystem der Bundespolizei @rtus-Bund und INPOL gespeicherten Daten zum Landfriedensbruch vom 26. April 2014 vorliegend - wie der Antragsteller meint - tatsächlich zu einem Verwendungs- oder Verwertungsverbot mit der Folge führt, dass dieses Verfahren nicht mehr zur Beantwortung der Frage der Notwendigkeit der Maßnahme und der Wiederholungsgefahr herangezogen werden darf, muss im Eilverfahren nicht abschließend geklärt werden. Denn zum einen lagen die Voraussetzungen für eine Datenlöschung nach § 29 Abs. 2 Satz 4 BPolG nicht vor, weil sich aus der Einstellungsverfügung nicht ergibt, dass der Antragsteller die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat (vgl. BVerwG, U. v. 9.6.2010 - 6 C 5.09 - juris Rn. 26 zum wortgleichen § 8 Abs. 3 BKAG).

Zum anderen reichen die Anlasstat, der fortbestehende Tatverdacht bezüglich weiterer Sachbeschädigungen in der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember 2014 sowie die Affinität des Antragstellers zur gewaltbereiten Fußballfanszene aus, um die Prognoseentscheidung, er könnte wieder im Bereich gewalttätiger Auseinandersetzungen unter Fußballanhängern und Sachbeschädigungen straffällig werden, (noch) zu rechtfertigen. Unerheblich ist insoweit, dass im Bescheid vom 14. Januar 2015 zur Begründung der Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht zwischen strafrechtlich relevantem Verhalten und solchen Verhaltensweisen, die Rückschlüsse auf die Persönlichkeitsstruktur des Antragstellers zulassen, unterschieden wurde. Da es sich insoweit um keine Ermessensentscheidung, sondern um einen gerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff handelt, kommt es ausschließlich darauf an, ob der ermittelte Sachverhalt die Prognoseentscheidung trägt.

Bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen wird dem Antragsgegner mit der Vorschrift des § 81b 2. Alt. StPO ein Ermessen eingeräumt, d. h. die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung setzt nach dem Wortlaut der Vorschrift eine Ermessensentscheidung voraus („dürfen“). Die Ermessensbetätigung auf der Rechtsfolgenseite setzt dabei sowohl eine Entscheidung des „Ob“ der Anordnung (Entschließungsermessen) - die Polizei kann erkennungsdienstliche Maßnahmen ergreifen, sie muss dies aber nicht - als auch eine Entscheidung des „Wie“ der Anordnung (Auswahlermessen) - d. h. zu Art und Umfang der erkennungsdienstlichen Maßnahme - voraus (sog. Opportunitätsprinzip). Ermessensfehler des Antragsgegners sind insoweit nicht ersichtlich. Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung ist insbesondere verhältnismäßig. Denn das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen bemisst sich nicht nur nach der Schwere der konkreten Anlasstat, sondern auch nach dem Gewicht und der Wahrscheinlichkeit derjenigen Straftaten, bei denen der Antragsteller zukünftig zum Kreis der potentiellen Beteiligten gehören kann und zu deren Aufklärung die anzufertigenden Unterlagen dienen sollen (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 24.11.2010 - 11 LA 468/10 - juris Rn. 4).

Über den Antragsteller liegen auch noch keine erkennungsdienstlichen Unterlagen beim Antragsgegner vor. Die Aufnahme aus der Videoaufzeichnung kann ein für die Zwecke der erkennungsdienstlichen Behandlung angefertigtes Foto nicht ersetzen. Eine Identifizierung des Antragstellers war nur möglich, weil ein szenekundiger Beamter den Antragsteller aus einer Gefährderansprache kannte. Fingerabdrücke und Daten über eine Vermessung des Antragstellers sind beim Antragsgegner nicht vorhanden. Die Abnahme von Fingerabdrücken ist entgegen dem Vorbringen im Beschwerdeverfahren auch geeignet, den Antragsteller bei etwaigen künftigen Sachbeschädigungen zu überführen, aber auch zu entlasten. Nur weil der Antragsteller möglicherweise nicht der Sprayer-Szene angehört, ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass er nochmals in diesem Bereich aktiv werden wird. Auch bei der verfolgten Tat ist er nicht in Zusammenhang mit Ausschreitungen bei Fußballspielen, sondern mit einer Sachbeschädigung aufgefallen, obwohl er vorher in diesem Bereich unauffällig war.

Soweit der Antragsteller erstmals im Schriftsatz vom 28. September 2015 die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Interessenabwägung rügt und insoweit kritisiert, dass das Erstgericht dabei auf die Erfolgsaussichten der Klage abgestellt habe, liegt dieses Vorbringen außerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO. Der Senat ist aber auf die Prüfung der fristgerecht dargelegten Gründe beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 4 und 6 VwGO). Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass bei einer Interessenabwägung, die nicht auf der Berücksichtigung der Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren basierte, das Interesse des Antragstellers bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht erkennungsdienstlich behandelt zu werden, überwöge. Sollte das Verwaltungsgericht im Klageverfahren tatsächlich zu dem Ergebnis kommen, dass vom Antragsteller keine weiteren Straftaten zu erwarten sind, so könnten die erkennungsdienstlichen Unterlagen wieder vernichtet werden. Die vorübergehende Aufbewahrung von erkennungsdienstlichen Unterlagen ist keine so gravierende Rechtsbeeinträchtigung, dass sie nicht für diesen Zeitraum hingenommen werden könnte, wenn andererseits den Ermittlungsbehörden die Möglichkeit eingeräumt wird, den Antragsteller bei etwaigen erneuten Ausschreitungen in Zusammenhang mit Fußballspielen oder Sachbeschädigungen zu überführen oder auch zu entlasten.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 25. März 2014 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.