Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Juni 2017 - M 17 K 17.1542

published on 22/06/2017 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Juni 2017 - M 17 K 17.1542
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger, der beihilfeberechtigt ist mit einem Bemessungssatz von 70%, beantragte mit Formblatt vom 22. Januar 2017, beim Beklagten eingegangen am 25. Januar 2017, die Gewährung von Beihilfe unter anderem für eine Zahnarztrechnung vom 22. Januar 2016 in Höhe von 1.131,70 € Mit Bescheid vom 26. Januar 2017 lehnte der Beklagte insoweit die Gewährung von Beihilfe ab mit der Begründung, dass die Beihilfe nicht innerhalb eines Jahres nach Entstehen der Aufwendungen oder Ausstellung der Rechnung beantragt worden sei (Art. 96 Abs. 3a und Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BayBG, § 48 Abs. 6 BayBhV). Maßgebend für diese Jahresfrist sei das Eingangsdatum bei der Beihilfefestsetzungsstelle.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 31. Januar 2017 Widerspruch ein. Die versehentliche Verspätung erkläre sich aus der Tatsache, dass er bei seiner privaten Krankenversicherung den Leistungsantrag jährlich stelle, um beurteilen zu können, ob die Leistung oder die Beitragsrückerstattung günstiger sei.

Dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. März 2017, zugestellt am 10. März 2017, zurückgewiesen.

Der vorgetragene Grund für die Fristüberschreitung könne nicht anerkannt werden. Die Entscheidung, den Beihilfeantrag wie bei der privaten Krankenversicherung nur einmal jährlich zu stellen, sei beihilferechtlich nicht erforderlich, da bereits bei Aufwendungen ab 200,- € ein Antrag gestellt werden könne. Auch eine Beitragsrückerstattung gebe es bei der Beihilfe nicht. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei damit nicht zulässig.

Mit Schreiben vom 6. April 2017, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am 10. April 2017, erhob der Kläger gegen den Beihilfefestsetzungsbescheid vom 26. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. März 2017 Klage und beantragte zuletzt,

die Beklagte zu verpflichten, Beihilfe auf die Rechnung vom 22. Januar 2016 zu gewähren.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Jahresfrist unzutreffend berechnet worden sei. Die Rechnung vom … Januar 2016 sei an ihn mit einfachem Brief am … Januar 2016 von der Zahnarztpraxis zur Post gegeben worden. Die Rechnung sei nach der allgemeinen Zugangsvermutung somit erst drei Tage später, am 29. Januar 2016, in seinen Machtbereich gelangt. Frühestens könne ihm die Rechnung am 27. Januar 2017 zugegangen sein, so dass die Jahresfrist am 27. oder 29. Januar 2017 geendet habe. Es könne nicht Sinn des Gesetzes oder Wille des Gesetz- und Verordnungsgebers sein, dass Zeitdifferenzen zwischen Rechnungsdatum und Aufgabe zur Post - verursacht durch organisatorische Büroabläufe des Rechnungsstellers, auf die der Beihilfeberechtigte keinen Einfluss habe - die Jahresfrist beliebig verkürzten. Zumindest seien die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu prüfen.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verwies sie auf die Ausführungen in den streitgegenständlichen Bescheiden sowie auf ein Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 24. April 2017, mit dem eine entsprechende Petition des Klägers abgelehnt worden war. Darin sei zutreffend ausgeführt, dass für den Beginn der Jahresfrist auf das Ausstellen der Rechnung abzustellen sei. Vorsorglich werde bestritten, dass die streitgegenständliche Rechnung vom … Januar 2016 erst am 26. Januar 2016 zur Post gegeben worden sei, zumal sich einem frankierten Briefumschlag regelmäßig nicht das eigentliche Aufgabedatum bei der Post entnehmen lasse.

Mit Beschluss vom 20. Juni 2017 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Gründe

Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten mit Schreiben vom 26. April 2017 bzw. 15. Mai 2017 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung weiterer Beihilfe hat (§ 113 Abs. 5 VwGO); die Bescheide vom 26. Januar 2017 und 9. März 2017 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Da beihilferechtliche Streitigkeiten grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe beantragt wird, zu beurteilen sind (vgl. z.B. BVerwG, U. v. 08.11.2012 - 5 C 4.12 - juris Rn. 12), richtet sich die Beihilfefähigkeit hier nach Art. 96 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juli 2008 (GVBl S. 500), geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2015 (GVBl S. 497), und der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl S. 15) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 29. Juli 2014 (GVBl S. 352, ber. S. 447), weil die streitgegenständliche Rechnung vom 22. Januar 2016 datiert.

2. Ein etwaiger Anspruch des Klägers auf Gewährung von Beihilfeleistungen für die streitgegenständliche Rechnung ist wegen der Versäumnis der Antragsfrist erloschen.

2.1 Nach Art. 96 Abs. 3a BayBG und § 48 Abs. 6 Satz 1 BayBhV in der oben genannten Fassung wird eine Beihilfe nur gewährt, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Entstehen der Aufwendungen oder der Ausstellung der Rechnung beantragt wird. Bei dieser Antragsfrist handelt es sich um eine sogenannte Ausschlussfrist (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 8.7.2009 - 14 C 09.1567 - juris Rn. 2).

2.2 Entgegen der Auffassung des Klägers ist für den Fristbeginn nach dem eindeutigen Wortlaut des § 48 Abs. 6 BayBhV nicht der Zugang der Rechnung, sondern das Datum der Rechnungsausstellung maßgeblich. Denn der Tag des Zugangs der Rechnung lässt sich nachträglich regelmäßig nicht mehr bzw. nicht ohne unpraktikablen Aufwand feststellen (vgl. BayVGH, B.v. 20.11.2012 - 14 ZB 11.2592 - juris Rn. 4; VG Bayreuth, U.v. 16.9.2014 - B 5 K 12.546 - juris Rn. 20; Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Stand 1,1,2017, § 48 BayBhV, Anm. 10 (1), Anm. 11 (2)). Eine andere Beurteilung würde auch dem Sinn der Fristenregelung, Beihilfeansprüche in Interesse einer ordnungsgemäßen Verwaltung öffentlicher Haushaltsmittel möglichst zügig zu klären und abzuwickeln, widersprechen (vgl. OVG Saarland, B.v. 26.9.2012 - 1 A 137/12 - juris Rn. 31ff.). Fristbeginn war somit der 22. Januar 2016.

2.3 Für die Feststellung der Einhaltung der einjährigen Antragsfrist kommt es auf das Datum des Eingangs des Beihilfeantrags bei der Festsetzungsstelle an (vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2012 - 14 ZB 11.1379 - juris Rn. 5 m.w.N.). Im vorliegenden Fall ging der Beihilfeantrag für die Rechnung vom 22. Januar 2016 unstrittig erst am 25. Januar 2017 bei der Beihilfestelle ein. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 6 BayBhV endete gemäß Art. 31 Abs. 1 BayVwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, § 193 BGB jedoch bereits mit Ablauf des 23. Januar 2017 (Montag), so dass der Beihilfeantrag zu spät gestellt wurde.

Demnach ist der Anspruch auf Gewährung von Beihilfeleistungen für die streitgegenständlichen Aufwendungen wegen Versäumung der Jahresfrist gemäß Art. 96 Abs. 3a BayBG und § 48 Abs. 6 Satz 1 BayBhV erloschen.

2.3 Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer solchen materiellen Ausschlussfrist bestehen keine Bedenken (BVerwG, U.v. 28.6.1965 - VIII C 334.63 - BVerwGE 21, 258). Die Ausschlussfrist dient aus haushaltstechnischen Gründen dazu, eine baldige Klärung etwa noch bestehender Beihilfeansprüche herbeizuführen und ist mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar. Im Hinblick auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn ist sie jedenfalls dann unbedenklich, wenn die Möglichkeit besteht, im besonderen Einzelfall Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 5.4.1990 - 3 B 89.2831 - juris Rn. 14; VG München, U.v. 9.6.2016 - M 17 K 15.66 - UA S. 7 f.). Obwohl es sich bei der Jahresfrist nach § 48 Abs. 6 BayBhV um eine materielle Ausschlussfrist handelt, gehen Rechtsprechung und Literatur übereinstimmend von der Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Dies ist auch in den entsprechenden Vollzugshinweisen des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat zu § 48 BayBhV ausdrücklich vorgesehen (vgl. Hinweis Nr. 1 zu § 48 Abs. 7 [= jetziger Abs. 6] BayBhV).

2.4 Die Voraussetzungen für die Gewährung der Wiedereinsetzung in die abgelaufene Ausschlussfrist sind im vorliegenden Fall allerdings nicht erfüllt.

a) Nach Art. 32 BayVwVfG ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (Abs. 1). Der Antrag ist innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (Abs. 2).

b) Der Kläger war hier aber nicht ohne Verschulden darin gehindert, die Jahresfrist einzuhalten.

aa) Verschuldet ist eine Fristversäumnis dann, wenn der Betroffene nicht die Sorgfalt walten lässt, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgerecht wahrnehmenden Beteiligten geboten und ihm nach den gesamten Umständen zumutbar ist (BVerwG, U.v. 8.3.1983 - 1 C 34/80 - BayVBl 1983, 476). Rechtsunkenntnis kann die Fristversäumnis grundsätzlich nicht entschuldigen, ein juristisch nicht vorgebildeter Bürger muss sich vielmehr bei ihm nicht geläufigen juristischen Problemen grundsätzlich in geeigneter Weise juristischen Rat einholen (zum insoweit wortgleichen § 60 VwGO vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 60 Rn. 6; BVerwG U.v. 13.1.1989 - NVwZ-RR 1989, 519).

bb) Der klägerische Vortrag ergibt nicht, dass dieser seine ihm zumutbare Sorgfalt hat walten lassen, um eine rechtzeitige Antragstellung sicherzustellen. Bei einer Ausschlussfrist, auf die die Wiedereinsetzungsregeln ohnehin nur ausnahmsweise Anwendung finden (vgl. oben), sind diese restriktiv zu handhaben, so dass an eine Entschuldigung der Fristversäumnis erhöhte Anforderungen gestellt werden dürfen. Es kommt darauf an, ob dem Beteiligten nach den Umständen des Falls ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass er die Frist versäumt hat (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 32 Rn. 21).

Der Kläger macht hier lediglich geltend, dass er bei seiner privaten Krankenversicherung den Leistungsantrag jährlich stelle, um beurteilen zu können, ob die Leistung oder die Beitragsrückerstattung günstiger sei, und er entsprechend bezüglich der Beantragung von Beihilfe verfahren sei. Es besteht jedoch keinerlei Veranlassung, Beihilfeanträge nur einmal im Jahr zu stellen, da - wie der Beklagte und das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat zutreffend ausführen - ein Beihilfeantrag bereits ab Aufwendungen in Höhe von 200,- € bzw. unter Umständen sogar 15,- € gestellt werden kann (vgl. § 48 Abs. 2 BayBhV) und mangels der Möglichkeit von Beitragsrückerstattungen ein Abwarten der gesamten Jahresaufwendungen nicht zielführend ist. Der Kläger hat somit durch dieses Abwarten nicht sorgfaltsgerecht gehandelt, so dass die Fristversäumnis auch nicht unverschuldet i.S.v. Art. 32 BayVwVfG ist.

2.6 Schließlich wurde auch weder vorgetragen noch liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beklagte die Wahrung der Antragsfrist durch eigenes Fehlverhalten treuwidrig verhindert hat und er sich ausnahmsweise nach dem Rechtsgedanken der §§ 242, 162 BGB nicht auf das Versäumnis einer die Rechtsverfolgung hindernden oder die Anspruchsberechtigung vernichtenden Ausschlussfrist berufen darf (BVerwG, U.v. 18.4.1997 - BVerwG 8 C 38.95 - NJW 1997, 2966 m.w.N.).

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
2 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 09/06/2016 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder H
published on 26/09/2012 00:00

Tenor Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. März 2012 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 6 K 872/11 - wird zurückgewiesen.Die Kosten des Zulassungsverfahrens fallen den Klä
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

Ist an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.