Verwaltungsgericht München Urteil, 19. März 2014 - M 16 K 13.30892
Gericht
Tenor
I.
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom ... September 2013 wird in Nrn. 2 bis 4 aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger, ein nach eigenen Angaben am ... 1986 geborener afghanischer Staatsangehöriger paschtunischer Volkszugehörigkeit, reiste auf dem Landweg am 8. März 2012 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 21. März 2012 Asyl.
Am 12. Juni 2012 fand die Anhörung des Klägers vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) statt. Er führte dort im Wesentlichen aus, er habe vor seiner Ausreise in ... gelebt und sei etwa am 27. Oktober 2010 mit seinem Vater geflüchtet und habe sich ca. zwei Monate in Pakistan aufgehalten. Nachdem sein Vater seine Ausreise organisiert habe, sei er über ... weitergereist. Er sei verheiratet; seine Ehefrau sei mit dem gemeinsamen Sohn bei ihren Eltern in A.. Er habe ausschließlich bei ausländischen Organisationen gearbeitet. Der Kläger habe als einfacher Arbeiter angefangen und zuletzt sei er für ein Lebensmittellager verantwortlich gewesen. Er habe seit 2006 bis März 2010 bei der Firma ... in ... gearbeitet. In dem Unternehmen hätten viele Nepalesen, Philippiner und Ausländer gearbeitet. Er sei verantwortlich gewesen für die Einstellung von afghanischen Arbeitern, nachdem die erforderlichen Visa an die Nepalesen und Philippiner nicht mehr erteilt worden seien. Ein Vorarbeiter mit dem Namen ... habe ihm Unterlagen von Afghanen übergeben, von denen fünf eingestellt worden seien. Vor ca. zwei Jahren habe ... ihm Bewerbungsunterlagen übergeben, in denen sich auch Geldscheine befunden hätten. Er habe gesagt, er nehme das Geld nicht an, worauf ... gemeint habe, dass dies von den eingestellten Arbeitern als Dank sei. Diese Vorgehensweise wiederholte sich nochmals. Nachdem er zwei Mitarbeiter beim Chef angezeigt habe, seien diese entlassen worden. Am Tag der Entlassung sei er von einer Behördennummer angerufen worden und es sei ihm erklärt worden, er solle schauen, wie er lebend nachhause komme. Sein Chef habe ihn später gefragt, warum er Geld von Dritten annehme. Er habe dies bestritten. Danach sei er entlassen worden. Drei Tage später habe es an seiner Tür geklopft und er habe ein Auto mit getönten Scheiben und schwarzem Kennzeichen wahrgenommen. Er habe erklärt, er müsse sich noch anziehen und sei geflüchtet. Seiner Mutter hätten die Dritten erklärt, dass sie von der Sicherheit seien und den Kläger finden würden. Der Kläger habe Geld von Dritten angenommen. Nachts sei wieder ein Anruf von einer Regierungsnummer gekommen und der Anrufer habe ihn bedroht. Am nächsten Morgen sei die Familie zu seinem Schwiegervater nach ... gereist. Dort habe er vom 18. Oktober 2010 bis 31. Oktober 2011 als Sicherheitsdienst gearbeitet. Zweimal habe er Anrufe in ... erhalten. Anfang Oktober 2011 sei ein Brief von der Taliban vor dem Haus des Schwiegervaters gefunden worden. In dem Brief sei ausgeführt, dass er der Sklave der Kreuzträger und ein Feind Gottes sei. Er sei zur schwersten Strafe verurteilt worden. Die Flucht habe er durch den Verkauf eines Autos und durch die Unterstützung seines Onkels finanziert. Hinsichtlich der weiteren Angaben des Klägers wird auf die Niederschrift zur Anhörung verwiesen.
Im Rahmen der Anhörung übergab der Kläger dem Bundesamt eine Kopie eines Dienstausweises als Sicherheitsdienst der International Organisation for Migration (im Folgenden: IOM) und eine weitere Kopie eines Ausweises als Sicherheitsdienst bei der UN. Zudem legte er einen Ausweis von der Firma ... sowie zwei Danksagungen und seinen letzten Arbeitsvertrag sowie einen Drohbrief vor.
Mit Bescheid vom ... September 2013, dem Kläger zugestellt am 10. September 2013, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter ab (Nr. 1), stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vorliegen (Nr. 2) und verneinte das Vorliegen der Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (Nr. 3). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach A. oder in einen anderen Staat angedroht, in den der Kläger einreisen dürfte oder der zu seiner Rücknahme verpflichtet sei (Nr. 4).
Mit bei Gericht am 11. September 2013 eingegangenem Schriftsatz erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass der Kläger glaubhaft angegeben habe, dass er für die amerikanische Firma ... und später für die IOM und die Vereinten Nationen gearbeitet habe. Dies bezweifle auch nicht der streitgegenständliche Bescheid. Sämtliche Auskünfte würden davon ausgehen, dass allein eine solche Beschäftigung ein immenses Gefahrenpotential berge. Aus den Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013 gehe hervor, dass Zivilisten, die vermeintlich die Regierung oder die internationale Gemeinschaft unterstützen würden, durch nächtliche Drohbriefe und in anderer Weise unter Druck gesetzt würden. Da die Taliban zwischen den verschiedenen Gruppen nicht differenziere und alle wesentlichen Kräfte und ihre Helfer als Feinde ansehe, sei es sachgerecht, die dort genannten Beispiele zu berücksichtigen und solche Personen als bedroht anzusehen. Das Argument, dem Kläger sei eine anderweitige Wohnsitznahme innerhalb A.s zumutbar, um den Taliban zu entgehen, liege neben der Sache. Das Bundesamt sei in einem anderen Fall davon ausgegangen, dass die Taliban einen Weg finde, um gegen Personen in ... zielgerichtet vorzugehen. Da der Kläger bereits Drohbriefe erhalten habe, greife für den Kläger Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie ein. Der Kläger habe zudem auch Anspruch auf subsidiären Schutz, da sich die Situation in A. seit 2013 vor dem Hintergrund des Rückzugs des westlichen Truppenkontingents im Jahr 2014 kontinuierlich verschlechtere. Der erste Quartalsbericht 2013 zeige einen Anstieg der Attacken um 47% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf. Dies bestätige auch das Update der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 30. September 2013.
Mit Schreiben vom 19. Februar 2014 führte der Klägerbevollmächtigte unter Verweis auf Zeitungsberichte über Anschläge auf UNO- und ISAF-Mitarbeiter weiter aus, dass die Situation in A. weiter schlecht sei. Vorsorglich werde beantragt, zum Beweis, dass die vom Kläger vorgelegten Bescheinigungen und Ausweise echt seien und der Kläger die dort angegebene Tätigkeit ausgeübt habe sowie dass eine Rückkehrgefährdung aufgrund dieser Tätigkeiten bestehe, eine amtliche Auskunft beim Auswärtigen Amt einzuholen.
Der Klägerbevollmächtigte beantragt zuletzt,
den Bescheid der Beklagten vom ... September 2013 aufzuheben,
die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen,
hilfsweise subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen bzw. festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.
Mit Beschluss vom 5. Februar 2014 hat die Kammer den Rechtsstreit auf die Einzelrichterin übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Sitzungsniederschrift sowie die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
Gründe
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten verhandeln und entscheiden, da sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen wurde, dass auch ohne sie verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Insoweit ist der Bescheid der Beklagten vom ... September 2013 rechtswidrig, verletzt den Kläger in seinen Rechten und ist daher aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Der Kläger hat Anspruch auf Feststellung, dass in seiner Person die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylVfG hinsichtlich seines Herkunftslands A. vorliegen. Maßgeblich für die gerichtliche Prüfung dieser Voraussetzungen ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).
Nach dem seit 1. Dezember 2013 geltenden § 3 Abs. 1 und 4 AsylVfG (s. Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28.8.2013, BGBl. I 2013 S. 3474; vgl. auch § 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG) wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Ausschlussvoraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG. Ein Ausländer ist Flüchtling i. S. des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. In den §§ 3 a bis 3 e AsylVfG sind nunmehr in Umsetzung von Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes die Voraussetzungen für Verfolgungshandlungen, Verfolgungsgründe, Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann, und Akteure, die Schutz bieten können, und für internen Schutz geregelt. Nach § 3 c AsylVfG kann eine Verfolgung - anders als im Rahmen von Art. 16 a Abs. 1 GG, der grundsätzlich nur Schutz vor staatlicher Verfolgung gewährt - nicht nur vom Staat (§ 3 c Nr. 1 AsylVfG), sondern auch von Parteien und Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen (Nr. 2), oder von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu gewähren, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Nach § 3 a Abs. 1 AsylVfG gelten als Verfolgung i. S. des § 3 Abs. 1 AsylVfG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen. Eine Verfolgung ist aber ausgeschlossen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht (§ 3 e AsylVfG).
Gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 5 AsylVfG ist unter dem Begriff der politischen Überzeugung insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3 c AsylVfG genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er aufgrund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist. Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden (§ 3 b Abs. 2 AsylVfG).
Es ist mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit im vorliegenden Einzelfall zu erwarten, dass dem Kläger im Fall seiner Rückkehr nach A. aufgrund seiner Tätigkeit für das amerikanische Unternehmen ... und die IOM eine Verfolgung im Sinne des § 3 a AsylVfG droht.
Der Kläger hat in überzeugender Weise sowohl vor dem Bundesamt als auch im Rahmen der informatorischen Anhörung vor Gericht seine Tätigkeiten für ausländische Firmen bzw. Organisationen und die in diesem Zusammenhang sich ereigneten Vorkommnisse geschildert. Er hat in allen Verfahrensstadien hierzu im Wesentlichen einheitliche Angaben gemacht. Der Kläger gab glaubhaft an, dass er von ca. 2006 bis März 2010 in ... bei der Firma ... als einfacher Arbeiter tätig war und später auch eine leitende Position eingenommen hat. Er hat auch glaubhaft dargelegt, dass er danach von Oktober 2010 bis Oktober 2011 in ... bei der IOM gearbeitet hat. In der Behördenakte befinden sich zudem zwei Schreiben mit dem Titel „...“ der Firma ... an den Kläger, wonach er seine Tätigkeit dort am 3. September 2006 begonnen hat und seine Tätigkeit mit „Marshalling Supervisor“ und „Warehouse Operative“ umschrieben wird. Diese Angaben decken sich mit den Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung. Zudem konnte der Kläger die Kopie eines Ausweises der ... vorlegen. Aus den vorgelegten Kopien der Ausweise der IOM und der UN geht hervor, dass der Kläger als Sicherheitsdienst dort gearbeitet. Zwar sind die Kopien teilweise von minderer Qualität, allerdings bestehen keine Anhaltspunkte, die gegen die Echtheit der Dokumente sprechen.
Bei der Firma ... handelt es sich um eine US-amerikanische Firma, die insbesondere das US-Militär in deren Einsatzgebieten mit Nahrungsmitteln versorgt (vgl. http://www...-group...). Die IOM ist eine Hilfsorganisation mit Sitz in G., die keine UN-Organisation ist, aber eng mit dieser zusammenarbeitet und bei der UN-Vollversammlung einen Beobachterstatus innehat (vgl. http://de...org/wiki/...). Die IOM befasst sich weltweit mit dem gesamten Spektrum der Migration, einschließlich Forschung, Beratung, technischer Zusammenarbeit auf nationaler und transnationaler Ebene mit weltweiten Vertretungen, etwa auch in ... (vgl. http://...iom...; Information sheet IOM in A. December 2003). Diese Erkenntnisse decken sich mit den Angaben des Klägers, insbesondere ist glaubhaft dargelegt, dass der Kläger, der bei der der UN nahestehenden IOM gearbeitet hat, auch einen Ausweis als Sicherheitsdienst von der UN hatte.
Der Kläger wurde im vorliegenden Einzelfall auch wegen seiner Tätigkeit bei einer internationalen Hilfsorganisation vor seiner Ausreise aus A. bedroht. Die Angaben des Klägers hinsichtlich des Drohbriefs durch die Taliban sind glaubhaft. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung wie bei der Anhörung beim Bundesamt übereinstimmend angegeben, dass der Vater des Klägers nach einem Moscheebesuch einen Brief von der Taliban vorgefunden hat. Aus der in der Behördenakte befindlichen Kopie des Drohbriefs (Bl. 68 BA) ist ein Logo ersichtlich, dass nach dem Bericht des European Asylum Support Office „Country of origin information report A.: insurgent strategies - intimidation and targeted violence against Afghans“ von Dezember 2012 (EASO-Bericht) ein Logo der Taliban ist. Beispielhaft wurden dort Drohbriefe in Provinzen, in denen die Taliban stark ist, mit demselben Logo aufgeführt (EASO-Bericht, S. 24). Nach der Übersetzung in der mündlichen Verhandlung wird dem Kläger in dem Drohbrief vorgeworfen, dass er für die Kreuzträger und die Feinde Gottes arbeitet und er deshalb zu einer Strafe verurteilt wurde. Dies entspricht den Angaben des Klägers bei der Anhörung beim Bundesamt.
Die Schilderungen des Klägers stimmen auch mit der allgemeinen Auskunftslage überein. Es gibt ein fortwährendes Vorgehen bewaffneter regierungsfeindlicher Gruppen gegen Zivilisten, die die afghanische Regierung oder die internationale Gemeinschaft tatsächlich oder vermeintlich unterstützen. Aus den Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013 geht hervor, dass afghanische Zivilisten, die für die internationalen Streitkräfte als Fahrer, Dolmetscher oder in anderen zivilen Funktionen arbeiten, bedroht und angegriffen wurden. Ebenso werden Zivilisten angegriffen, die Mitarbeiter internationaler oder afghanischer humanitärer Hilfsorganisationen sind, darunter afghanische Staatsbürger, die für UN-Organisationen arbeiten, Mitarbeiter internationaler Entwicklungsorganisationen sowie nationaler und internationaler Nichtregierungsorganisationen (S. 38 f.). Beispielhaft wird ein Vorfall vom 4. Juli 2013 angeführt, nach dem unbekannte bewaffnete Männer drei afghanische Mitarbeiter des Norwegian Refugee Councils entführten (S. 40 Fn. 204). Nach dem EASO-Bericht sind Afghanen die mit dem internationalen Militär oder Nichtregierungsorganisationen zusammenarbeiten, proklamiertes Ziel der Taliban und sind immer wieder Opfer von Anschlägen (S. 53 ff., S. 60 ff.). Dass der Kläger - wie er vorgetragen hat - ausschließlich und auch nach den Ereignissen in ... für internationale Firmen/Organisationen gearbeitet hat, entspricht der Auskunftslage, da die wirtschaftliche Situation des Landes viele Afghanen zwingt, die Risiken zu ignorieren und trotz der Gefahr mit den internationalen Kräften zu kooperieren und für diese zu arbeiten.
Unabhängig davon, dass keine Anhaltspunkte für eine Kausalität zwischen der Tätigkeit bei der amerikanischen Firma ... an sich und den geschilderten Vorfall um die beiden entlassenen Mitarbeiter und die darauf nach dem Vortrag des Klägers folgenden Bedrohungen bestehen, es sich vielmehr um Probleme im Zusammenhang mit der etwaigen Annahme von Geldern geht, greift für den Kläger die in Art. 4 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU normierte Beweiserleichterung ein, da er jedenfalls glaubhaft dargelegt hat, einen Drohbrief der Taliban erhalten zu haben, in dem konkret auf seine Tätigkeit bei einer internationalen Hilfsorganisation Bezug genommen wurde. Die erforderliche Verknüpfung zwischen der Verfolgungshandlung und dem Verfolgungsgrund liegt somit vor.
Die dem Kläger drohende Verfolgung ging auch von einem Verfolger im Sinne des § 3 c AsylVfG aus. Der Kläger hat glaubhaft geschildert, dass er von der Taliban bzw. anderen nichtstaatlichen Akteuren wegen seiner Arbeit bei der Hilfsorganisation IOM einen Drohbrief erhalten hat. Die Islamische Republik A. ist nach der Auskunftslage nicht in der Lage, Schutz vor Verfolgung der nichtstaatlichen Akteure zu bieten. Die gewaltbereite Opposition, insbesondere die Taliban, richten ihre Gewalt ohne Rücksicht auf Zivilisten sowohl gegen Staatsorgane, als auch Vertreter der internationalen Gemeinschaft. Wegen des nur sehr eingeschränkten Funktionierens der Verwaltung und der Justiz werden Entscheidungen nach rechtsstaatlichen Grundsätzen in weiten Teilen verhindert (Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik A. Stand März 2013, S. 4 f., 8).
Für den Kläger besteht entgegen der Begründung des streitgegenständlichen Bescheides auch keine inländische Fluchtalternative im Sinne des § 3 e Abs. 1 AsylVfG. Gemäß § 3 e Abs. 2 Satz 1 AsylVfG sind bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslands die Voraussetzungen nach Abs. 1 erfüllt, die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Art. 4 Richtlinie 2011/95/EU zu berücksichtigen. Der Zumutbarkeitsmaßstab nach § 3 e Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG geht über das Fehlen einer im Rahmen der analogen Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beachtlichen existenziellen Notlage hinaus (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris Rn. 20). Ausschlaggebend kommt es auf die Würdigung der konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls an (vgl. BayVGH, B. v. 13.3.2014 - 13a ZB 14.30043 - juris Rn. 7).
Im vorliegenden Einzelfall ist schon fraglich, ob überhaupt festgestellt werden kann, dass bei dem Kläger in einem Landesteil keine begründete Furcht vor Verfolgung besteht. Vorliegend kommt ihm auch hier die Beweiserleichterung nach Art. 4 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU zugute. Die aufgrund seiner Vorverfolgung bestehende Vermutung, dass für den Kläger in dem von K. südwestlich gelegenen ..., wo er zuletzt gelebt hat, als auch in K., eine begründete Furcht vor Verfolgung besteht, lässt sich nicht mit stichhaltigen Gründen widerlegen. Nach den Erkenntnissen des UNHCR agieren einige Befehlshaber und bewaffnete Gruppen auf lokaler als auch auf zentraler Ebene. In einigen Fällen sind sie eng mit der örtlichen Verwaltung verbunden, während sie in anderen Fällen Verbindungen zu mächtigeren und einflussreichen Akteuren einschließlich auf der zentralen Ebene verfügen und von diesen geschützt werden. Der Staat ist hierbei nicht in der Lage, Schutz vor Gefahren, die von diesen Akteuren ausgehen, zu gewährleisten. Die Verbindungen zu anderen Akteuren kann - abhängig vom Einzelfall - eine Person einer Gefahr aussetzen, die über das Einflussgebiet eines lokalen Befehlshabers hinausgeht, einschließlich in K.. Sogar in einer Stadt wie K., die in Viertel eingeteilt ist, wo sich die Menschen zumeist untereinander kennen, bleibt eine Verfolgungsgefahr bestehen, da Neuigkeiten über eine Person, die aus einem anderen Landesteil oder dem Ausland zuzieht, potentielle Akteure einer Verfolgung erreichen können. Dass die Taliban auch in K. agieren, zeigen die fortwährenden Anschläge. In den südlichen und südöstlichen Provinzen A.s, insbesondere in ..., ist die Taliban verstärkt aktiv (vgl. Auskunft des UNHCR an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 30.11.2009, S. 2, 4; vgl. auch EASO-Bericht, S. 23 f.).
Zudem kann dem Kläger, der verheiratet ist und einen Sohn hat, im vorliegenden Einzelfall nicht zugemutet werden, dass er sich ohne reale Existenzsicherung niederlässt. Kommt die Herkunftsregion als Zielort wegen der dem Ausländer dort drohenden Gefahr nicht in Betracht, kann er nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des Art. 8 Richtlinie 2011/95/EU auf eine andere Region des Landes verwiesen werden (vgl. zu Art. 8 Richtlinie 2004/83/EG BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris). Eine interne Schutzmöglichkeit liegt nur vor, wenn in dem verfolgungsfreien Landesteil für den Ausländer eine ausreichende Existenzgrundlage gegeben ist (vgl. BVerwG U.v. 29.5.2008 - 10 C 11/07 - BVerwGE 131, 186). Hiervon kann beim Kläger nicht ausgegangen werden. Die Lebensbedingungen sind landesweit schlecht. Das Risiko des Einzelnen, zu einem Opfer von Gewalt oder einer Menschenrechtsverletzung zu werden, ist überall - wenn auch mit unterschiedlicher Ausprägung - gegeben. Die Ausweichmöglichkeiten für diskriminierte, bedrohte oder verfolgte Personen hängen maßgeblich vom Grad ihrer sozialen Verwurzelung, ihrer Ethnie und ihrer finanziellen Lage ab. Die größeren Städte bieten aufgrund ihrer Anonymität eher Schutz als kleine Städte oder Dorfgemeinschaften (Auswärtiges Amt, Lagebericht, Stand: 4.6.2013, S. 14). Der Kläger hat sowohl im Rahmen der Anhörung beim Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass er ausschließlich bei ausländischen Organisationen gearbeitet hat. Folglich wird es für ihn schwierig sein, eine Arbeitsstelle, insbesondere unter Berücksichtigung der schlechten wirtschaftlichen Lage in A., auf dem lokalen Arbeitsmarkt zu finden. Da die Familie des Klägers, insbesondere seine Frau und sein Kind, in ... bzw. ... lebt, ist ihm eine Rückkehr an einen anderen Ort auch nicht zumutbar.
Nach alldem war der Klage auf Flüchtlingsanerkennung und der Aufhebung der Nummer 2 des streitgegenständlichen Bescheides statt zugeben. Da der Hauptantrag begründet ist, war über den Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden.
Die Klage ist auch begründet, soweit die Aufhebung der Nummern 3 und 4 des Bescheides vom ... September 2013 begehrt wird. Denn die Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 3 Abs.1 AsylVfG vorliegen, lässt die negative Feststellung des Bundesamtes zu § 4 AsylVfG und § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG angesichts des Eventualverhältnisses gegenstandslos werden (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.1997 - 9 C 19/96 - juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
moreResultsText
Annotations
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.