Verwaltungsgericht München Urteil, 16. Juli 2015 - M 12 K 15.836

published on 16/07/2015 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 16. Juli 2015 - M 12 K 15.836
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Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 12 K 15.836

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 16. Juli 2015

12. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1334

Hauptpunkte:

Notwendige und angemessene Kosten der Heilbehandlung;

Stationäre Reha-Maßnahme;

Ambulante Maßnahme nicht ausreichend

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

Freistaat Bayern vertreten durch: Landesamt für Finanzen Dienststelle Regensburg Bezügestelle Dienstunfall Bahnhofstr. 7, 93047 Regensburg

- Beklagter -

wegen Dienstunfallfürsorge

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 12. Kammer,

durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Juli 2015 am 16. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 16. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2015 verpflichtet, die Kosten für die vom Kläger beantragte stationäre Rehabilitations-Maßnahme in der ... Klinik in ... für einen Zeitraum von drei Wochen zu übernehmen.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt vom Beklagten Kostenübernahme für eine stationäre Reha-Maßnahme im Rahmen der Dienstunfallfürsorge.

Er ist am ... geboren und erlitt am 12. Oktober 1988 einen Unfall, der mit Bescheid vom 23. November 1988 als Dienstunfall anerkannt wurde. Einschließlich des Erweiterungsbescheids vom 14. November 1989 wurden als Dienstunfallfolgen folgende Verletzungen festgestellt: ACG-Arthrose rechts bei ehemaliger ACG-Sprengung Tossy III rechts sowie eine Armplexusschädigung rechts; Clavikularluxation rechts Grad II (Tossy) mit Ruptur des Ligamentum acromio clavikularae.

Seit 1. Dezember 2010 befindet sich der Kläger wegen Dienstunfähigkeit aus psychischen Gründen im Ruhestand.

Mit Schreiben vom ... November 2014 (Bl. 926 d. Behördenakte - BA) beantragte er die Kostenübernahme für eine stationäre Reha-Maßnahme im Rahmen der Dienstunfallfürsorge. Er legte eine Stellungnahme von Herrn Dr. S., Klinikum ..., vom 23. September 2014 vor (Bl. 927 d. BA), in der über die ambulante Vorstellung des Klägers am 23. September 2014 berichtet wird. In den letzten Wochen hätten sich beim Kläger wieder deutliche Beschwerden im Bereich der rechten Schulter eingestellt. Bei der jetzigen klinischen Untersuchung habe sich die Flexion und Abduktion der Schulter nur bis knapp 50 Grad möglich gezeigt, der Schürzengriff sei nicht möglich, der Nackengriff deutlich eingeschränkt. Insgesamt bestehe eine Kraftabschwächung im gesamten Schultergürtel mit deutlicher Dyskinesie des Schultergürtels. Aufgrund der hochgradigen funktionellen Beeinträchtigung des Patienten werde geraten, die krankengymnastische Behandlung äußerst intensiv durchzuführen, idealerweise wäre nochmal eine stationäre Reha-Maßnahme für drei bis vier Wochen zeitnah zu unternehmen. Sollten diese konservativen Maßnahmen nicht konsequent ausgeschöpft werden, sei in absehbarer Zeit die Implantation einer Schulterendoprothese notwendig.

Herr Dr. W. hatte bereits unter dem 14. Januar 2014 ein orthopädisches Gutachten erstellt (Bl. 786 d. BA). Hiernach seien der hohe Leidensdruck und die damit in Zusammenhang stehenden psychosozialen Probleme Folge einer psychischen Erkrankung, die nicht Folge der Verletzung vom 12. Oktober 1988, sondern in der Persönlichkeit des Klägers zu suchen seien (Bl. 811 d. BA). Zu der Frage, ob wegen der Unfallfolgen weitere Behandlungsmaßnahmen erforderlich seien und über welchen Zeitraum, könnten abgesehen von gelegentlichen krankengymnastischen Behandlungen, etwa zehn Einheiten pro Quartal, keine darüber hinausgehenden weiteren Maßnahmen empfohlen werden. Jeder weitere operative Eingriff dürfte eher zu einer Verschlechterung der Situation, nicht zu einer Verbesserung führen (Bl. 813 d. BA).

Aufgrund des Auftrags des Beklagten vom 24. November 2014 (Bl. 929 d. BA) nahm Dr. W. in Ergänzung zu seinem orthopädischen Gutachten vom 14. Januar 2014 unter dem 10. Dezember 2014 zur Notwendigkeit einer erneuten stationären Reha-Maßnahme Stellung (Bl. 934 d. BA). Zum Bericht von Dr. S. vom 23. September 2014 sei festzustellen, dass der Kläger nicht unter gutachterlichen Gesichtspunkten untersucht worden sei. Ein ähnliches Bewegungsausmaß habe der Kläger auch bei der gutachterlichen Untersuchung am 11. Dezember 2013 demonstriert, er habe jedoch am Ende der Untersuchung durch Gestikulieren eine deutlich bessere, offensichtlich zumindest schmerzarme Beweglichkeit in der rechten Schulter erkennen lassen. Grundsätzlich sei eine wesentliche Verschlechterung wenig wahrscheinlich, jedoch nicht auszuschließen. Das Krankheitsbild sei vorwiegend durch eine psychische Erkrankung geprägt, so dass eine orthopädische Reha-Maßnahme wenig aussichtsreich erscheine. Es käme allenfalls eine psychosomatische Reha-Maßnahme in Frage. Da jedoch durch den Beklagten ein Zusammenhang zwischen der psychischen Problematik und den Unfallfolgen abgelehnt werde, komme eine derartige Reha-Maßnahme nicht in Betracht. Die im Gutachten vom 14. Januar 2014 angesprochenen gelegentlichen krankengymnastischen Behandlungen seien ausreichend, um Funktion und Kraft im betroffenen Schultergürtel aufrecht zu erhalten.

Mit Bescheid vom 16. Dezember 2012 (Bl. 937 d. BA) lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf eine stationäre Reha-Maßnahme im Rahmen der Dienstunfallfürsorge ab. Der Anspruch eines durch Dienstunfall Verletzten auf ein Heilverfahren werde dadurch erfüllt, dass ihm die notwendigen und angemessenen Kosten des Heilverfahrens erstatten würden, um die Folgen des Dienstunfalls zu beseitigen oder - soweit möglich - zu mindern. Dem Gutachten vom 10. Dezember 2014 sei zu entnehmen, dass das Krankheitsbild vorwiegend durch eine psychische Erkrankung geprägt sei und nicht durch die anerkannten Dienstunfallfolgen. Eine orthopädische Reha-Maßnahme erscheine aus diesem Grund nicht aussichtsreich. Der Behandlungsumfang von gelegentlichen krankengymnastischen Behandlungen, etwa zehn Einheiten pro Quartal, sei ausreichend, um Funktion und Kraft im betroffenen Schultergürtel aufrecht zu erhalten.

Am ... Januar 2015 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein (Bl. 941 d. BA). Gegenstand der geplanten Reha-Maßnahme sei eine Behandlung auf orthopädischem Fachgebiet, Einschränkungen der Beweglichkeit der Schulter hätten mit der psychischen Verfassung des Klägers nichts zu tun. Es werde nicht Kostenübernahme für eine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung beantragt, sondern ausschließlich für eine Maßnahme, die sich auf das orthopädische Beschwerdebild beziehe. Der Kläger legte eine Stellungnahme von Dr. S. vom 21. Januar 2015 vor (Bl. 948 f. d. BA), die in Kenntnis des Ablehnungsbescheids verfasst wurde. Darin wird darauf hingewiesen, dass die empfohlene Reha-Maßnahme rein orthopädisch indiziert sei. Eine ambulante physiotherapeutische Behandlung von zehn Anwendungen pro Quartal sei nicht zielführend. Eine relevante psychische Begleiterkrankung des Klägers werde für unwahrscheinlich gehalten und würde nicht die Notwendigkeit und den Sinn einer orthopädischen Rehabilitationsbehandlung stören.

Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2015 (Bl. 951 d. BA) wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die vorgetragenen Einwendungen führten zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts.

Durch Urteil des BayVGH vom 5. Mai 2015 (3 B 12.2148) wurde der Beklagte verpflichtet, dem Kläger Unfallausgleich auf der Grundlage einer dienstunfallbedingten Gesamt-MdE von 50 v. H. beginnend ab 1. Juli 2006 zu gewähren und die Kosten für die am 17. Juni 2006 beantragte psychologisch-ambulante Behandlung zu übernehmen. Für den Senat stehe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass der Dienstunfall vom 12. Oktober 1988 zumindest eine wesentlich mitwirkende Teilursache für die nunmehr manifeste, sich im Laufe der Jahre entwickelte, schwere, andauernde Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom des Klägers sei. Sei der Dienstunfall vom 12. Oktober 1988 ursächlich für die psychischen Beschwerden des Klägers, so sei die Ablehnung der Übernahme der hierfür erforderlichen Behandlungskosten rechtswidrig. Denn die für die Erstattung von Behandlungskosten hinsichtlich der beim Kläger vorliegenden Persönlichkeitsänderung erforderliche Voraussetzung eines Ursachenzusammenhangs zwischen dem Dienstunfall und der Heilbehandlung liege aufgrund der unfallabhängigen Schädigung vor.

Am ... März 2015 hat der Kläger Klage erhoben und beantragt zuletzt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 16. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2015 zu verpflichten, die Kostenübernahme für eine stationäre Reha-Maßnahme in der ...-klinik in ... für einen Zeitraum von drei Wochen erklären.

Die als Dienstunfallfolge anerkannte Schulterverletzung habe in der Vergangenheit dazu geführt, dass sich der Kläger zehn Mal an der Schulter habe operieren lassen müssen. Das Beschwerdebild des Klägers erfordere eine ständige fachorthopädische Behandlung. Der Kläger habe Anspruch auf Erteilung der beantragten Kostenübernahmeerklärung aus Art. 50 Abs. 1 des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (BayBeamtVG). Durch die Stellungnahme vom 23. September 2014 von Dr. S. sei ärztlich bescheinigt, dass die als Unfallfolge anerkannte Schädigung des rechten Schultergelenks eine Behandlung des Klägers in einer stationären Reha-Einrichtung erforderlich mache. Die Stellungnahme von Dr. W. sei nicht nachvollziehbar. Ihr stehe die ergänzende Äußerung von Dr. S. vom 21. Januar 2015 entgegen, worin ausdrücklich darauf hingewiesen werde, dass die empfohlene stationäre Reha-Maßnahme rein orthopädisch indiziert sei. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass Dr. W. kein Amtsarzt sei. Er sei privater Auftragnehmer der Behörde und erhalte von dieser seine Aufträge und seine Bezahlung. Insofern könne er nicht als unabhängiger Gutachter angesehen werden. Der Kläger verweist zusätzlich auf das Urteil des BayVGH vom 5. Mai 2015 (3 B 12.2148). Zur Begründung sei angeführt, dass auch die beim Kläger festgestellten psychischen Beeinträchtigungen auf den Dienstunfall vom 12. Oktober 1988 zurückzuführen seien. Daher stehe fest, dass auch die psychischen Beeinträchtigungen des Klägers als Dienstunfallfolgen einzustufen seien. Damit sei die Begründung des Beklagten zur Ablehnung der beantragten Maßnahme hinfällig. Dr. W. habe sich im Wesentlichen darauf berufen, die Behandlung sei insbesondere im Hinblick auf die psychischen Probleme des Klägers erforderlich, die jedoch keine Dienstunfallfolge darstellten.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Der Antrag des Klägers vom ... November 2014 konkretisiere die Reha-Maßnahme nicht nach Ort und Zeit. Der Gutachter Dr. W. sei zwar kein Amtsarzt, dies sei aber auch nicht erforderlich. In der Stellungnahme von Dr. S. vom 23. September 2014 werde davon gesprochen, „idealerweise“ wäre eine stationäre Maßnahme von drei bis vier Wochen zu unternehmen. Diese Ausdrucksweise lasse vermuten, dass die stationäre Behandlung zwar wünschenswert, nicht aber medizinisch zwingend erforderlich sei. Laut Stellungnahme vom 21. Januar 2015 sei eine rein ambulante physiotherapeutische Behandlung mit zehn Anwendungen pro Quartal nicht zielführend, eine Begründung hierfür werde aber nicht vorgetragen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme der sachverständigen Zeugen Dr. S. und Dr. W. Bezüglich des Ergebnisses wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16. Juli 2015 verwiesen.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet. Die Ablehnung des Antrags war rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Er hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Kostenübernahme für eine dreiwöchige stationäre Reha-Maßnahme.

I. Nach Art. 45 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG wird Unfallfürsorge gewährt, wenn ein Beamter durch einen Dienstunfall verletzt wird. Die Unfallfürsorge beinhaltet nach Art. 45 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBeamtVG das Heilverfahren i. S. d. Art. 50 und 51 BayBeamtVG. Gemäß Art. 50 Abs. 1 Nrn. 1 und 4 BayBeamtVG umfasst das Heilverfahren die notwendige ärztliche Behandlung sowie die notwendige Behandlung in Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen. Nach Art. 50 Abs. 4 BayBeamtVG i. V. m. § 1 der Verordnung über das Heilverfahren nach Dienstunfällen (Bayerische Heilverfahrensverordnung - BayHeilvfV) wird der Anspruch auf Durchführung des Heilverfahrens dadurch erfüllt, dass die notwendigen und angemessenen Kosten des Heilverfahrens erstattet werden. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 BayHeilvfV werden die angemessenen Kosten medizinisch notwendiger Maßnahmen in vollem Umfang erstattet. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 BayHeilvfV i. V. m. § 29 Abs. 5 Satz 1 der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) muss eine stationäre Maßnahme nach begründeter ärztlicher Bescheinigung nach Art und vorgesehener Dauer notwendig und ambulante Maßnahmen nicht ausreichend sein.

1. Der Kläger hat am 12. Oktober 1988 einen Dienstunfall erlitten. Nach Art. 46 BayBeamtVG ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Ausweislich der bestandskräftigen Bescheide vom 23. November 1988 und vom 14. November 1989 wurde der Unfall des Klägers vom 12. Oktober 1988 als Dienstunfall anerkannt.

2. Zu den notwendigen und angemessenen Kosten der Heilbehandlung der Dienstunfallfolgen gehört die Kostenübernahme der vom Kläger beantragten stationären Reha-Maßnahme in ... für drei Wochen. Es handelt sich um angemessene Kosten einer nach Art und vorgesehener Dauer medizinisch notwendigen Maßnahme, ohne dass eine ambulante Maßnahme ausreichend wäre.

a) Soweit der Beklagte einwendet, dass der klägerische Antrag nicht hinreichend nach Zeit und Ort konkretisiert sei, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 16. Juli 2015 erklärt, dass er eine orthopädische stationäre Reha-Maßnahme in der ...-klinik in ... beantrage, und damit seinen Antrag genügend konkretisiert.

b) Die Kosten der vom Kläger beantragten Reha-Maßnahme sind notwendige und angemessene Kosten des Heilverfahrens.

aa) Aus den Stellungnahmen des sachverständigen Zeugen Dr. S. vom 23. September 2014 und vom 21. Januar 2015 sowie aus seinen überzeugenden Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vom 16. Juli 2015 ergibt sich, dass es sich bei der beantragten Reha-Maßnahme um eine medizinisch notwendige Maßnahme handelt. Der sachverständige Zeuge schilderte in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend den Krankheitsverlauf des Klägers betreffend dessen rechte Schulter sowie die bisher durchgeführten Operationen seit der erstmaligen Vorstellung am 9. Juli 2002. Er beschrieb ausführlich, dass beim Kläger eine Kräftigung, Koordinierung und Schulung der schulterblattführenden Muskulatur sowie eine Kräftigung der Nacken- und Brustwirbelmuskulatur erforderlich ist, um die Schulter funktionsfähiger zu machen und zu halten. Dabei machte er plausibel, dass eine regelmäßige Behandlung in Bezug auf physiotherapeutische, manuell-therapeutische und ergotherapeutische Maßnahmen sowie ein neuromuskuläres Koordinationstraining erfolgen muss. Die schlechte Funktion der Schulter des Klägers wird zusätzlich zu den ambulanten Maßnahmen von Zeit zu Zeit - so auch jetzt - eine gebündelte stationäre Maßnahme erforderlich machen, um die derzeitige schlechte Situation zu verbessern.

Das beim Kläger vorhandene chronische Schmerzsyndroms lässt die Notwendigkeit der beantragten Maßnahme nicht entfallen. Nach den anschaulichen Ausführungen des sachverständigen Zeugen ist es kein Einzelfall, dass der Kläger aufgrund seiner Schulterverletzung ein chronisches Schmerzsyndrom entwickelt hat, vielmehr beobachtet er diese Entwicklung bei einem Teil seiner Patienten mit Schultereckgelenksverletzungen. Weiter erklärte er einleuchtend, dass sich beim Kläger das Schmerzsyndrom verschlechtert und eine Eigendynamik entwickelt hat. Es handelt sich also nicht um ein rein orthopädisches Problem. Notwendig ist daher eine stationäre Behandlung unter Leitung eines Arztes, damit der Behandlungsfortgang zwischen den Fachdisziplinen überprüft und koordiniert werden kann. In ... werden eine orthopädische und eine schmerztherapeutische Maßnahme durchgeführt, so dass die Verbesserung der Funktionsfähigkeit der rechten Schulter und eine Behandlung des Schmerzsyndroms möglich sind.

Die Möglichkeit einer etwaigen Operation nimmt der vom Kläger beantragten Reha-Maßnahme nicht ihre Notwendigkeit. Der sachverständige Zeuge erläuterte nachvollziehbar, dass eine Operation dem Kläger nur kurzfristig, nicht aber langfristig helfen kann und dass der Kläger langfristig konservative Maßnahmen zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit seiner Schulter benötigen wird.

bb) Eine ambulante Reha-Maßnahme ist im Fall des Klägers nicht ausreichend. Zwar ist nach Angaben des sachverständigen Zeugen Dr. S. grundsätzlich sowohl eine stationäre als auch eine ambulante Behandlung möglich. Er machte durch seine fundierten Ausführungen jedoch begreiflich, dass im Fall des Klägers eine stationäre Maßnahme zwingend erforderlich ist, da nur diese bezüglich der Intensität und Häufigkeit in einem verlässlichen Rahmen erfolgen kann. Der sachverständige Zeuge erklärte, dass ein einzelner (ambulanter) Physiotherapeut die ineinandergreifenden Maßnahmen durch verschiedene Therapien nicht leisten kann. Der Vorteil einer stationären gegenüber einer ambulanten Maßnahme besteht in der Durchführung eines neuromuskulären Koordinationstrainings. Der sachverständige Zeuge erläuterte hierzu, dass der Kläger im Rahmen der stationären Reha-Maßnahme das Muskelzusammenspiel zu trainieren und verbessern lernt, was ambulante Maßnahmen nicht leisten können.

In Bezug auf den Langzeiterfolg einer stationären im Vergleich zu einer ambulanten Reha-Maßnahme erklärte der sachverständige Zeuge anschaulich und überzeugend, dass der Patient durch die stationäre Reha-Maßnahme aus seiner schlechten Situation herausgeholt und danach sein Zustand stabilisiert wird sowie eine Eigenschulung des Patienten erfolgt. Nach der Entlassung aus der Reha muss der Patient durch einen Arzt mittels psychomentaler Schulung begleitet werden. Der sachverständige Zeuge erläuterte zudem logisch nachvollziehbar, dass sich die Funktion der rechten Schulter des Klägers immer wieder verschlechtern wird, was von Zeit zu Zeit eine intensive und gebündelte stationäre Maßnahme zusätzlich zu den laufenden ambulanten Maßnahmen notwendig macht. Hierzu führte er anschaulich aus, dass die Flexion der Schulter vor der Reha-Maßnahme im September und Oktober 2013 bei 70 Grad, hernach jedoch bei 90 Grad gelegen hat. Aus der Tatsache, dass die Flexion im Februar 2015 bei 45 Grad lag, folgert der sachverständige Zeuge überzeugend, dass die positiven Wirkungen der Reha-Maßnahme mit der Zeit wieder nachlassen. Er erklärte deutlich, dass angesichts des Zustands der Schulter der Kläger langfristig behandlungsbedürftig bleiben wird.

Soweit der Beklagte einwendet, dass die Ausdrucksweise „idealerweise“ im Attest vom 23. September 2014 darauf hindeute, dass eine stationäre Behandlung zwar wünschenswert, nicht aber medizinisch zwingend erforderlich sei, hat der sachverständige Zeuge auf Grundlage seiner überzeugenden Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vom 16. Juli 2015 diesen Ausdruck dahingehend konkretisiert, dass er die stationäre Maßnahme für zwingend erforderlich hält. Beim Krankheitsbild des Klägers sei auf jeden Fall die stationäre Maßnahme einer ambulanten vorzuziehen. Diese Konkretisierung überzeugt, zumal der sachverständige Zeuge schon in seinem Attest vom 23. September 2014 darauf hingewiesen hat, dass in absehbarer Zeit die Implantation einer Schulterendoprothese notwendig werde, wenn die konservativen Maßnahmen nicht konsequent ausgeschöpft würden.

cc) Die Aussage des sachverständigen Zeugen Dr. S. ist glaubhaft. Er hat die Notwendigkeit der vom Kläger beantragten stationären Reha-Maßnahme fundiert, in sich schlüssig und nachvollziehbar erläutert. Er machte sowohl den Krankheitsverlauf beim Kläger als auch die dadurch notwendigen Behandlungsmaßnahmen plausibel. In sich widerspruchsfrei und sachlich erklärte er die medizinischen Zusammenhänge. Es gibt keine Anhaltspunkte, an der Glaubwürdigkeit des sachverständigen Zeugen zu zweifeln.

dd) Der Bewertung, dass es sich bei der beantragten Reha-Maßnahme um eine medizinisch notwendige Maßnahme handelt und eine ambulante Reha-Maßnahme nicht ausreichend ist, steht die Aussage des sachverständigen Zeugen Dr. W. in der mündlichen Verhandlung vom 16. Juli 2015 nicht entgegen.

Zwar war Dr. W. in seinem Gutachten vom 14. Januar 2014 und in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10. Dezember 2014 zu dem Ergebnis gekommen, dass eine orthopädische stationäre Reha-Maßnahme nicht in Betracht komme. Allerdings stützt er diese Aussage vor allem auf die Annahme, dass beim Kläger eine psychische Erkrankung bestehe und vom Beklagten ein Zusammenhang zwischen der psychischen Problematik und den Unfallfolgen des Dienstunfalls vom 12. Oktober 1988 abgelehnt werde. Da die funktionellen Beeinträchtigungen an der rechten Schulter des Klägers vorwiegend psychisch und weniger körperlich bedingt seien, erscheine eine orthopädische Reha-Maßnahme wenig aussichtsreich.

Jedoch hat der sachverständige Zeuge seine Angaben in der mündlichen Verhandlung dahingehend konkretisiert, dass für ihn die psychischen Komponenten der Krankheit im Vordergrund stünden. Beim Kläger sei aus einer im Grunde nicht gravierenden Verletzung ein schweres Krankheitsbild entstanden. Eine stationäre Reha-Maßnahme, deren Schwerpunkt auf der Behandlung der psychischen Erkrankung liege, sei durchaus notwendig. Die Frage, ob aus orthopädischer Sicht eine stationäre der ambulanten Reha-Maßnahme vorzuziehen sei, könne man nicht vom Schmerzsyndrom trennen. Zunächst müsse jedoch das Schmerzsyndrom im Vordergrund stehen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger bereits seit 2006 eine Behandlung des Schmerzsyndroms durchführe, könne dieser durchaus eine stationäre Reha-Maßnahme mit dem Schwerpunkt Psychotherapie machen.

Der sachverständige Zeuge Dr. W. sieht also eine stationäre Reha-Maßnahme ebenfalls als erforderlich an, auch wenn er den Schwerpunkt eher auf die Psychotherapie legt. Er führte aber auch aus, dass man die orthopädische Maßnahme nicht losgelöst vom Schmerzsyndrom betrachten kann. Dies steht im Ergebnis im Einklang mit den Ausführungen des sachverständigen Zeugen Dr. S., der nachvollziehbar erläutert hat, dass die vorhandene Schulterverletzung beim Kläger zu einem chronischen Schmerzsyndrom geführt hat, so dass es sich nicht allein um ein orthopädisches Problem handelt. Mit anderen Worten ist eine saubere Trennung zwischen Schmerzsyndrom und funktioneller Beeinträchtigung der Schulter nicht möglich. Um also eine Verbesserung der Funktionsfähigkeit der durch den Dienstunfall verletzten rechten Schulter zu erreichen, ist die vom Kläger beantragte stationäre Reha-Maßnahme in ... notwendig, die sowohl orthopädische als auch schmerztherapeutische Maßnahmen beinhaltet.

Dieses Ergebnis steht überdies im Einklang mit dem Urteil des BayVGH vom 5. Mai 2015 (3 B 12.2148), in dem der Dienstunfall vom 12. Oktober 1988 zumindest als wesentlich mitwirkende Teilursache für die sich im Laufe der Jahre entwickelte Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom des Klägers angesehen wurde.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren war im Sinne des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO notwendig. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 5.000.- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG
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published on 05/05/2015 00:00

Tenor I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 7. September 2010, der Bescheid des Landesamts für Finanzen vom 19. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landesamts für Finanzen vom 29. Januar 2007 und der Bes
published on 16/07/2015 00:00

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München Aktenzeichen: M 12 K 15.836 Im Namen des Volkes Urteil vom 16. Juli 2015 12. Kammer Sachgebiets-Nr. 1334 Hauptpunkte: Notwendige und angemessene Kosten
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published on 16/07/2015 00:00

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München Aktenzeichen: M 12 K 15.836 Im Namen des Volkes Urteil vom 16. Juli 2015 12. Kammer Sachgebiets-Nr. 1334 Hauptpunkte: Notwendige und angemessene Kosten
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Annotations

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.